Regelwidrige Kopfstände und -lagen
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<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong><br />
1. Übersicht<br />
Unter dem Begriff der «regelwidrigen Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong>» werden die folgenden Regelwidrigkeiten<br />
verstanden:<br />
• tiefer Querstand<br />
• hoher Gradstand<br />
• hintere Hinterhauptslage (hiHHL)<br />
• Deflexions<strong>lagen</strong> (Stecklage des Kopfes verschiedenen Grades)<br />
• Vorderhauptslage (VoHL)<br />
• Stirnlage<br />
• Gesichtslage<br />
Klinisch äussern sich solche Lage- <strong>und</strong> Haltungsanomalien durch einen Geburtsstillstand über oder im<br />
Beckeneingang trotz guter Wehen. In gewissen Fällen (zB. hiHHL) tritt der Geburtsstillstand auch erst<br />
auf Beckenboden auf <strong>und</strong> muss dann von einer sek<strong>und</strong>ären Wehenschwäche abgegrenzt werden.<br />
Differentialdiagnostisch muss erwogen werden:<br />
• enges Becken bzw. Beckenmissbildungen<br />
• kindliche Missbildung (Hydrocephalus)<br />
• Tumoren im Becken der Mutter<br />
• Armvorfall<br />
• Verengung der weichen Geburtswege<br />
• (Wehenschwäche)<br />
2. Tiefer Querstand<br />
Beim tiefen Querstand verläuft die Pfeilnaht des auf Beckenboden stehenden Kopfes quer, da die<br />
Drehung des quer ins Becken eingetretenen Kopfes während des Beckendurchtritts ausgeblieben ist.<br />
Dies alleine stellt noch keine Pathologie per se dar, da sich die Drehung in den geraden Durchmesser<br />
auch noch in dieser Phase der Geburt vollziehen kann. Erst wenn zusätzlich eine Verzögerung der<br />
Austreibungsperiode hinzukommt, besteht eine pathologische Situation.<br />
Die Häufigkeit des tiefen Querstandes beträgt 1.5-1.9% aller Schädel<strong>lagen</strong>, je nach Stellung der kleinen<br />
Fontanelle unterscheidet man zwischen einem I. (linken) <strong>und</strong> II. (rechten) tiefen Querstand.<br />
Klinisch tasten sich kleine <strong>und</strong> grosse Fontanelle gleichermassen, da der Kopf ebenfalls eine leichte<br />
Streckhaltung eingeht. Die Spinae können nicht mehr erreicht werden, da der Kopf auf BB steht, die<br />
Pfeilnaht verläuft quer.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 2<br />
Ätiologie<br />
• kleine r<strong>und</strong>liche oder grosse Köpfe: Hier kommt der tiefe Querstand gehäuft vor, da in diesen<br />
Fällen ein zu kleiner bzw. zu grosser Weichteilwiderstand die Beugung des Kopfes <strong>und</strong> damit die<br />
Drehung des Kopfes ausbleiben lässt.<br />
• sek<strong>und</strong>äre Wehenschwäche: Mangel an Geburtskräften zur Kopfdrehung<br />
• Beckenform: Platt-rachitisches Becken <strong>und</strong> Trichterbecken<br />
Behandlung: Initial abwartende Behandlung, der tiefe Querstand ist per se keine Indikation zur operativen<br />
Geburtsbeendigung.<br />
• Therapeutische Lagerung<br />
Allgemeine Lagerungsregel*: Man lagert die Frau auf die Seite, auf derjenigen der Teil des<br />
Kopfes liegt, welcher tiefer treten, nach vorne rotieren <strong>und</strong> die Führung übernehmen soll.<br />
* Erklärung: Durch diese Lagerung fällt der Uterus zur Seite, der Druck der Fruchtachse verläuft dann schräg<br />
nach oben, sodass die untenliegende Seite weniger am Becken ansteht als die obenliegende, womit sich eine<br />
Drehung <strong>und</strong> ein Tiefertreten der untenliegenden Seite einstellt.<br />
Das heisst also, dass beim tiefen Querstand auf die Seite der kleinen Fontanelle gelagert wird<br />
• Wehenstimulation bei sek<strong>und</strong>ärer Wehenschwäche<br />
• Operative Entbindung mit Zange oder Vakuum<br />
• Forceps bei tiefem Querstand: Die Zange lässt sich aus technischen Gründen nicht biparietal<br />
bzw. frontookzipital anlegen, stattdessen muss sie in diesem Fall schräg angelegt werden.<br />
Man nimmt an, dass der Kopf bereits im entsprechenden schrägen Durchmesser liegt <strong>und</strong><br />
legt die Zange so an (dh. I. tiefer Querstand = Annahme I. schräger Dm dh. Anlegen der<br />
Zange im II. schrägen Dm). Bei diesem Beispiel wird zuerst der linke Löffel, dann der rechte<br />
Löffel eingelegt, wobei der rechte Löffel um den Kopf herum nach vorne rechts wandern<br />
muss. Durch diese Manipulationen bewegt sich der Kopf oft etwas in den schrägen Durchmesser,<br />
die Zange wird so ausgeführt, dass die kleine Fontanelle sich nach vorne dreht.<br />
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• Vakuum bei tiefem Querstand: Beim tiefen Querstand wird die Vakuumextraktion empfohlen,<br />
da sich hierbei der Kopf von selbst drehen kann. Wichtig ist, dass der Vakuumextraktor<br />
nicht auf die Leitstelle, sondern auf das Hinterhaupt angelegt wird, damit der Kopf sich<br />
nebst der Rotation nach vorne auch noch beugen kann.<br />
3. Hoher Gradstand<br />
Beim hohen Gradstand steht der Kopf im oder über dem Beckeneingang mit der Pfeilnaht im graden<br />
Durchmesser; er ist gewissermassen das Gegenstück zum tiefen Querstand.<br />
Unterschieden werden der vordere hohe Gradstand (Hinterhaupt schambeinwärts gerichtet) <strong>und</strong> der<br />
hintere hohe Gradstand (Hinterhaupt kreuzbeinwärts gerichtet), die Häufigkeit beträgt 0.7-1.6%. Der<br />
vordere hohe Gradstand ist 2-3x häufiger als der hintere.<br />
Ursachen:<br />
• Beckenanomalien: Langes, allgemein-verengtes oder plattes Becken.<br />
Diagnose:<br />
• Äussere Untersuchung: Palpatorisch schmaler Kopf von vorne über der Symphyse tastbar (3. Leopold'scher<br />
Handgriff).<br />
• Herztonableitung: Die Herztöne können genau in der Mittellinie am besten abgeleitet werden.<br />
• Vaginaluntersuch: Die Pfeilnaht tastet sich im geraden Durchmesser.<br />
Verlauf <strong>und</strong> Prognose:<br />
• Der hohe Gradstand ist eine geburtsunmögliche Kopfeinstellung, wenn sie sich nicht ändert, die<br />
nur in etwa 50% zur Spontangeburt führt. Hierbei sind erhebliche Schädelkonfigurationen nötig,<br />
damit sich dieser im geraden Durchmesser in Zick-Zack-Bewegungen um das Promontorium bewegen<br />
kann. Die Geburtsdauer ist dann stark verlängert. Bei pathologischen Beckenformen ist<br />
die Spontangeburt sehr in Frage gestellt, mit zunehmender Geburtsdauer wächst die Gefahr der<br />
Uterusruptur.<br />
• Mortalität: kindliche 8.2%, mütterliche 1.5%.<br />
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Behandlung des hohen Gradstands:<br />
• Durch wechselnde Seitenlagerung ("Schaukellagerung") <strong>und</strong> Tokolyse kann versucht werden,<br />
den Kopfeintritt zu erreichen.<br />
• Bei vollständigem Mutterm<strong>und</strong> kann der Versuch einer manuellen Stellungskorrektur ("Liepmann'scher<br />
Kegelkugelhandgriff") gemacht werden.<br />
• Bei engem oder langem Becken wird primär die Sektio durchgeführt. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die abdominale<br />
Sektio heute beim Versagen der konservativen Massnahmen die Therapie der ersten<br />
Wahl beim hohen Gradstand.<br />
4. Hintere Hinterhauptslage<br />
Bei einer hinteren oder dorsoposterioren Hinterhauptslage befindet sich der Kopf in einer normalen<br />
Hinterhauptslage, der Rücken ist jedoch nach hinten gerichtet. Das Hinterhaupt führt gleich wie bei<br />
der normalen HHL, dieses steht aber hinten bzw. die ist die Stirne des Kindes symphysenwärts gerichtet.<br />
Die Häufigkeit der hiHHL beträgt 0.5-1% aller Schädel<strong>lagen</strong>.<br />
Untersuchungsbef<strong>und</strong> <strong>und</strong> Diagnose:<br />
• Es tritt ein Geburtstillstand auf Beckenboden, gelegentlich auch bereits in Beckenmitte auf.<br />
• Die Pfeilnaht steht korrekt im schrägen Durchmesser, jedoch tastet man die grosse Fontanelle<br />
vorne bzw. die kleine Fontanelle hinten. Diese Tastbef<strong>und</strong> ist nicht leicht, da Geburtsgeschwulst<br />
<strong>und</strong> unvollständige Palpierbarkeit der Fontanellen diese Diagnose erschweren.<br />
Geburtsverlauf:<br />
• Gr<strong>und</strong>sätzlich kann sich das Hinterhaupt nach vorne drehen, womit sich die Kopfstellung in eine<br />
normal HHL wandelt, oder das Hinterhaupt kann sich nach hinten drehen, womit dann eine<br />
hiHHL sich ergibt. Eine Rotation nach vorne zur regulären HHL findet in 50% der Fälle auf Beckenboden<br />
statt!<br />
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• Dreht sich der Kopf auf Beckenboden nach hinten, liegt eine hiHHL mit der Pfeilnaht im geraden<br />
Durchmesser, einer hintenliegen (führenden) kleinen Fontanelle dh. auf die Brust gebeugten<br />
kindlichen Kopf. Die Austrittsbewegung um die Symphyse herum kann der bereits stark auf die<br />
Brust gebeugte Kopf nur machen, indem dieser diese Beugung noch mehr verstärkt <strong>und</strong> das<br />
Kinn mit äusserster Kraft in die Brustbeingegend hineindrückt.<br />
Die Form des Geburtskanals ("Knie") drängt dem Kopf diese Zwangshaltung auf <strong>und</strong> erzeugt<br />
wesentlich verstärkte Reibungskräfte zwischen Geburtskanal <strong>und</strong> kindlichem Kopf, was zu einer<br />
verlängerten Austreibungsperiode mit entsprechender kindlicher Gefährdung führt.<br />
Der Austritt des Kopfes geht nur, indem dieser sich noch stärker beugt (1), das Hinterhaupt wird<br />
über den Damm geboren. Hypomochlion ist dabei die Gegend der grossen Fontanelle, die sich<br />
gegen den Unterrand der Symphyse stemmt. Sind Hinterhaupt <strong>und</strong> Nacken entwickelt hört der<br />
Zwang zur Beugung auf, der Kopf kann sich strecken (2), Vorderhaupt, Stirn <strong>und</strong> Gesicht werden<br />
unter der Symphyse hervor geboren.<br />
Das Durchtrittsplanum ist genau wie bei der normalen HHL das Pl. suboccipito-bregmaticum<br />
(32cm).<br />
Die beträchtliche Verlängerung der Austreibungsperiode begründet sich also folgendermassen:<br />
• maximale Zwangsbeugehaltung des Kopfes mit erhöhten Reibungskräften zwischen Kopf<br />
<strong>und</strong> Geburtskanal.<br />
• Geburt des breiteren Hinterhaupts über den Damm, welcher vermehrt angespannt <strong>und</strong> ausgewalzt<br />
wird<br />
• das viel breitere Vorderhaupt (im Vergleich zum Nacken) muss sich als Hypomochlion an der<br />
Symphyse anstemmen, womit der Kopf sich weiter nach dorsal dislozieren muss, um die enge<br />
des Schambogens zu überwinden.<br />
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Daraus resultiert zusätzlich eine grössere Beckenbodentraumatisierung mit der Gefahr von Levator-Zerreissungen<br />
<strong>und</strong> tiefgreifenden Dammrissen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist das Anlegen einer<br />
grosszügigen Episiotomie indiziert.<br />
Das Kind wird durch eine protrahierte Austreibungsperiode durch eine Hypoxie gefährdet.<br />
Behandlung der hiHHL:<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich soll die hiHHL zuerst einmal abwartend behandelt werden, über 90% gebären<br />
spontan.<br />
• Mit einer Seitenlagerung auf die Seite des Hinterhaupts (entsprechend der allgemeinen Lagerungsregel)<br />
soll versucht werden, das Tiefertreten des Kopfes zu erleichtern.<br />
• Bei Bedarf Wehenstimulation mit Syntocinon.<br />
Erst wenn Mutter oder Kind gefährdet sind durch langdauernde Geburt, unüberwindliche sek<strong>und</strong>äre<br />
Wehenschwäche, starke Erschöpfung oder Fieber der Mutter bzw. fetal distress oder Azidose<br />
des Kindes, ist die vaginal-operative Entbindung mit Forceps oder Vakuum indiziert. Eine Zangenentbindung<br />
bei hiHHL soll sehr zurückhaltend durchgeführt werden, da diese technisch<br />
schwierig, grosse Zugkräfte voraussetzen <strong>und</strong> für die Mutter traumatisch sind (tiefgehende<br />
Damm- <strong>und</strong> Scheidenrisse, Absprengung eines Levatorenschenkels, Atonie). Auch das Kind wird<br />
durch die grossen Zugkräfte <strong>und</strong> die Dauer der Extraktion stark gefährdet.<br />
• Erst bei Kopf auf Beckenboden kann eine Forcepsextraktion ausgeführt werden. Wichtig ist<br />
eine grosszügige Episiotomie.<br />
• Die Zange wird gleich wie bei der normalen HHL angelegt, zuerst wird der linke, dann der<br />
rechte Löffel eingelegt.<br />
• Bei einer im geraden Durchmesser stehenden Pfeilnaht bzw. beim Entscheid des Operateurs,<br />
das Kind aus einer hiHHL zu entwickeln, wird zuerst geradeaus <strong>und</strong> leicht nach oben gezogen,<br />
bis die Leitstelle (kleine Fontanelle) sichtbar wird, zusätzlich wird gegebenenfalls eine<br />
leichte Rotation ausgeführt, um die Pfeilnaht ganz in den geraden Durchmesser zu bringen.<br />
Die grosse Fontanelle (Hypomochlion) erreicht die Symphyse. (1)<br />
• Dann wird die Zange angehoben, um das Hinterhaupt über den Damm zu entwickeln, diese<br />
Bewegung muss langsam <strong>und</strong> sorgfältig geschehen, um den Beckenboden nicht übermässig<br />
zu traumatisieren. Der Operateur tritt auf die linke Seite der Frau, hält die Zange mit der rechten<br />
Hand <strong>und</strong> führt gleichzeitig mit der linken Hand den Dammschutz aus. (2)<br />
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• Ist das Hinterhaupt über den Damm geboren, wird die Zange wieder gesenkt, damit sich der<br />
Kopf strecken kann <strong>und</strong> Stirn <strong>und</strong> Gesicht entwickelt werden können. (3)<br />
• Als Alternative existiert noch die Scanzoni'sche Zange, eine Technik des doppelten Zangenanlegens<br />
mit dem Ziel, durch die Rotation des Kopfes nach vorne eine normale HHL herbeizuführen.<br />
Dabei wird zuerst die Zange entsprechend dem Durchmesser, in dem die Pfeilnaht<br />
steht angelegt, dann wird der Kopf durch Rotation um 45° in einen tiefen Querstand gebracht.<br />
Dann wird die Zange erneut analog dem tiefen Querstand schräg angelegt <strong>und</strong> die<br />
restliche Rotation wird ausgeführt, bis die kleine Fontanelle vorne steht, das Kind wird dann<br />
aus dieser Stellung ohne den Sitz der Zange zu verändern entwickelt.<br />
Die Idee hinter dieser Methode ist die, dass hierbei der mütterliche Beckenboden geschützt<br />
wird.<br />
• Die Vakuum-Extraktion ist der schwierigeren Zangenentwicklung vorzuziehen, wobei darauf<br />
geachtet werden muss, die Saugglocke auf die Leitstelle (kleine Fontanelle) aufzusetzen. Der<br />
Kopf kann bei der Vakuum-Extraktion selbst in die dorsoanteriore Stellung rotieren.<br />
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5. Deflexions<strong>lagen</strong> = Streck<strong>lagen</strong><br />
Bevor der Kopf ins Becken eintritt, befindet er sich in einer zwanglosen Mittelstellung zwischen Beuge-<br />
<strong>und</strong> Streckhaltung. Im Verlaufe der weiteren Geburt mit Eintritt ins Becken geht der Kopf in eine<br />
Beugehaltung über, mit der führenden kleinen Fontanelle <strong>und</strong> vorne stehendem Rücken vollziehen<br />
sich über 90% aller Geburten.<br />
Bei einem kleinen Teil der Schädel<strong>lagen</strong> bleibt diese Beugebewegung aus, der Kopf nimmt eine verschieden<br />
hochgradige Streck- oder Deflexionshaltung an, wobei sich das Kinn mehr oder weniger<br />
weit von der Brust weg entfernt. Damit besteht eine Deflexionslage.<br />
Die Deflexions<strong>lagen</strong> sind nicht nur durch eine mehr oder weniger starke Streckhaltung, sondern auch<br />
zusätzlich durch einen nach hinten gerichteten Rücken gekennzeichnet. Die Deflexions<strong>lagen</strong> gehören<br />
also zu den dorsoposterioren Lagen dh. bei der Geburt sieht das Gesicht zur Decke.<br />
NB: Dorsoanteriore Deflexions<strong>lagen</strong> sind eine grosse Seltenheit <strong>und</strong> gehören zu den geburtsunmöglichen<br />
Lagen!<br />
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Je nach dem Grad der Streckhaltung des Kopfes wird zur Leitstelle entweder<br />
• die grosse Fontanelle (= Vorderhauptslage)<br />
• die Stirn (= Stirnlage)<br />
• das Gesicht (= Gesichtslage).<br />
Vorderhauptslage (VoHL)<br />
Die Vorderhauptslage stellt den geringsten Grad einer Streckhaltung des Kopfes dar <strong>und</strong> verläuft<br />
praktisch immer mit nach hinten gerichtetem Rücken. Führender Teil ist das Vorderhaupt mit der<br />
grossen Fontanelle, das Durchtrittsplanum hat einen Umfang von 34cm (HHL hat 32cm).<br />
Klinisch ist die Geburt verzögert <strong>und</strong> der Damm durch starke Dehnung gefährdet.<br />
Untersuchungsbef<strong>und</strong> <strong>und</strong> Diagnose:<br />
• Beim Vaginaluntersuch palpiert sich die grosse Fontanelle vorne als Leitstelle, diese steht tiefer als<br />
die eventuell ebenfalls tastbare kleine Fontanelle. Eine Kopfgeschwulst befindet sich bei der grossen<br />
Fontanelle.<br />
Die Pfeilnaht steht schräg <strong>und</strong> dreht sich später in den geraden Durchmesser.<br />
Ätiologie:<br />
Eine Vorderhauptslage findet sich bei:<br />
• Frühgeburten <strong>und</strong> toten Kindern (fehlende Haltungsspannung des Kopfes)<br />
• brachyzephale Kopfform des Kindes (Kurzkopf)<br />
• Veränderungen im atlanto-okzipital Gelenk des Kindes<br />
• enges, platt-rachitisches Becken (Kopfdurchtritt mit dem schmalen Vorderhaupt in das gerade<br />
verengte Becken im Sinne eines Knopflochmechanismus)<br />
• Andere: Vorliegen einer Hand, Plazentatiefsitz, Zervixtumoren u.a.<br />
Oft findet sich jedoch keine Erklärung für das Vorliegen einer Deflexionslage.<br />
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Geburtsverlauf:<br />
• Beim Eintritt ins kleine Becken übernimmt die grosse Fontanelle die Führung, der Rücken ist nach<br />
hinten gerichtet, die Pfeilnaht verläuft im schrägen Durchmesser. Am Knie des Geburtskanals<br />
wendet sich das Gesicht nach vorne, die Pfeilnaht dreht sich in den geraden Durchmesser.<br />
• Der Austrittsmechanismus besteht wie bei der hiHHL aus einer Beuge- <strong>und</strong> einer Streckbewegung.<br />
Durch die Beugebewegung (1) des Kopfes werden Vorderhaupt, Scheitel <strong>und</strong> Hinterhaupt geboren,<br />
wobei die Stirn-Haar-Grenze als Hypomochlion am Schambogen fungiert. Ist das Hinterhaupt<br />
geboren, werden in einer Streckbewegung (2) Stirn <strong>und</strong> Gesicht geboren.<br />
Besonderheiten der Vorderhauptslage:<br />
• Protrahierter Geburtsverlauf - insbesondere der Austreibungsperiode. Diese liegt in der stärkeren<br />
Dehnung von Weichteilrohr <strong>und</strong> Damm begründet, infolge<br />
- grösserem Durchtrittsplanum<br />
- quere Dammdehnung durch breiteres Hinterhaupt<br />
- breite Stirn als Hypomochlion führt zu sagittaler Dehnung mit zusätzlicher Dammbelastung.<br />
Dieser protrahierte Geburtsverlauf gefährdet das Kind auch mehr (CTG).<br />
• Ausnahme: Bei Frühgeburten mit kleinem Kopf kann die VoHL sehr rasch verlaufen.<br />
Differentialdiagnose:<br />
• Die hintere Hinterhauptslage (hiHHL) ist die wesentlichste DD zur VoHL, da beides dorsoposteriore<br />
Lagen mit hinten liegender kleiner Fontanelle sind. Der Unterschied liegt in der Kopfhaltung:<br />
Bei der hiHHL ist der Kopf stark (zur Brust) flektiert, während der Kopf bei VoHL leicht gestreckt<br />
in einer Deflexionshaltung ist. Dies hat verschiedene Durchtrittsebenen zur Folge: hiHHL 32cm,<br />
VoHL 34cm. Beiden gemeinsam ist der stark protrahierte Geburtsverlauf.<br />
Die Unterscheidung geschieht durch den Vaginaluntersuch mit der richtigen Identifikation der<br />
Leitstelle (kleine bzw. grosse Fontanelle), wobei dies durch eine Geburtsgeschwulst erschwert o-<br />
der verunmöglicht werden kann. Die Diagnose kann dann oft erst retrospektiv nach Geburt des<br />
Kindes gestellt werden.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 11<br />
Behandlung der VoHL:<br />
• Gr<strong>und</strong>sätzlich wird auch die VoHL primär abwartend behandelt. Die Frau wird gemäss der allgemeinen<br />
Lagerungsregel zuerst auf die Seite der kleinen Fontanelle gelagert, mit der Hoffnung,<br />
dass sich die VoHL in eine regelrechte HHL wandelt. Zeigt das Hinterhaupt keine Neigung, nach<br />
vorne zu rotieren, lagert man entsprechend der Leitstelle dh. auf die Seite der grossen Fontanelle.<br />
Zusätzlich Syntocinon-Stimulation bei Wehenschwäche.<br />
• Bei mütterlicher oder kindlicher Gefährdung ist die vaginal-operative Entbindung angezeigt, wobei<br />
diese wenn möglich vermieden werden soll (schwierige Entbindung gegen grosse Weichteilwiderstände<br />
mit entsprechender Gefahr von Beckenbodenverletzungen). Zur Vermeidung von<br />
Beckenbodenverletzungen sollte die Zange erst bei Pfeilnaht im geraden Durchmesser angelegt<br />
werden, um ein ziehendes Drehen zu vermeiden. Grosse Episiotomie!<br />
Entsprechend der Stellung der Pfeilnaht werden die Zangenlöffel biparietal angelegt, wobei zuerst<br />
der linke, dann der rechte Zangenlöffel eingelegt wird.<br />
Die Extraktion erfolgt in drei Phasen, da der Kopf zuerst in eine Beugungs- <strong>und</strong> anschliessend<br />
Streckhaltung gebracht werden muss.<br />
* Zug in Richtung der Griffe zur Entwicklung des Vorderhaupts dh. Zug geradeaus <strong>und</strong> leicht<br />
nach oben, bis die Leitstelle (grosse Fontanelle) in der Vulva sichtbar wird. Damit ist die Stirn-<br />
Haar-Grenze (Hypomochlion) unter der Symphyse angekommen.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 12<br />
• Heben der Zangengriffe zur Entwicklung des Vorder- <strong>und</strong> Hinterhaupts, indem der Operateur<br />
auf die linke Seite der Frau tritt, mit der linken Hand den Dammschutz macht <strong>und</strong> mit der<br />
rechten Hand die Zange führt, wobei das Hinterhaupt langsam <strong>und</strong> vorsichtig über den stark<br />
gedehnten Damm geboren wird.<br />
• Zuletzt senken der Zangengriffe zur Entwicklung von Stirne <strong>und</strong> Gesicht, wobei die linke<br />
Hand am Damm bleibt <strong>und</strong> die Bewegung langsam <strong>und</strong> vorsichtig ausgeführt wird.<br />
• Als Alternative kommt die ebenfalls empfohlene Vakuum-Extraktion in Frage.<br />
Stirnlage<br />
Nächsthöherer Grad der Streckhaltung nach der VoHL, wobei die Stirn die Führung übernimmt.<br />
Das Durchtrittsplanum beträgt 35-36cm (das grösstmögliche Planum). Sehr selten: 0.08-0.15%.<br />
Infolge des grösstmöglichen Durchtrittsplanums von 36cm <strong>und</strong> des für eine Schädelkonfiguration<br />
ungeeigneten Kopfabschnitts ist die Stirnlage die ungünstigste <strong>und</strong> gefährlichste aller gebärfähigen<br />
Schädel<strong>lagen</strong> (wenn man vaginal entbinden will). Die kindliche Mortalität beträgt 5-10%.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 13<br />
Ätiologie:<br />
• Beckenverengung: häufigste Ursache<br />
• Spitzkopf des Kindes (oxyzephale Kopfform)<br />
• Missbildungen des Kindes<br />
• Narbenstenosen der Zervix<br />
Untersuchungsbef<strong>und</strong>:<br />
• Äusserer Untersuchungsbef<strong>und</strong> ähnlich wie bei Gesichtslage: HT auf der Seite der kleinen<br />
Teile besser hörbar.<br />
• Vaginale Untersuchung: Auf der einen Seite palpiert man die grosse Fontanelle, auf der anderen<br />
die Augenbrauen <strong>und</strong> die Nasenwurzel. Die Stirnnaht verläuft meistens quer (seltener<br />
schräg).<br />
NB: Ist das Kinn erreichbar, dann liegt keine Stirn-, sondern eine Gesichtslage vor!<br />
• Steht der Kopf noch hoch über dem Beckeneingang, dann kann erst von einer Stirnhaltung<br />
gesprochen werden, welche eine Übergangshaltung zur Gesichtslage darstellen kann. Erst<br />
wenn der Kopf beim Tiefertreten bzw. nach Blasensprung dies Haltung beibehält, kann von<br />
einer Stirnlage gesprochen werden.<br />
Geburtsmechanismus bei Stirnlage:<br />
• Führender Teil ist die Mitte der Stirnnaht bzw. die Glabella, diese Naht tastet man bis zum<br />
Beckenboden im schrägen Durchmesser, bis sie sich dann in den geraden Durchmesser dreht,<br />
wobei das Hinterhaupt normalerweise hinten liegt.<br />
• Jochbein oder Mitte des Oberkiefers stemmen sich als Hypomochlion hinter der Symphyse an<br />
• Der Austritt erfolgt durch eine Beugebewegung zur Geburt von Scheitelgegend <strong>und</strong> Hinterhaupt,<br />
welche von einer Streckbewegung zur Entwicklung des Gesichts gefolgt wird. Hierbei<br />
kommt der grösste Umfang des Planum maxillo- bzw. zygomatico-parietale von 35-36cm<br />
zum Tragen!<br />
• NB: Dreht sich die Stirn nach hinten, liegt eine nasoposteriore Stirnlage vor, was eine Geburtsunmöglichkeit<br />
darstellt! Zum Kopfaustritt wäre eine weitere Streckung notwendig, welche<br />
nicht geleistet werden kann.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 14<br />
Behandlung der Stirnlage:<br />
• Eine Spontangeburt ist nur bei kleinen Köpfen bzw. sehr geräumigem Becken möglich. Nur<br />
in 30-40% aller Fälle ist eine solche möglich.<br />
• Eine Forcepsextraktion ist bei der Stirnlage kontraindiziert, da diese eine schlechte Prognose<br />
hat bzw. mit einer hohen kindlichen Mortalität einhergeht sowie die mütterlichen Weichteile<br />
stark belastet. In vermindertem Mass gilt das auch für die Vakuumextraktion.<br />
• Die abdominale Sectio ist bei hochstehendem Kopf <strong>und</strong> Stirnlage die Entbindung der Wahl.<br />
Gesichtslage<br />
Die Gesichtslage ist die Deflexionslage mit dem stärksten Grad der Streckhaltung des Kopfes, die<br />
Leitstelle ist das Kinn. Der Rücken ist praktisch immer hinten (dorsoposterior). Der Umfang des<br />
Durchtrittsplanums beträgt 34cm.<br />
NB: Die mentoposteriore Gesichtslage ist ebenfalls eine geburtsunmögliche Lage.<br />
Äussere Untersuchung:<br />
• Oberhalb der Symphyse tastet sich das prominente kugelige Hinterhaupt. (1)<br />
• Zwischen Kopf <strong>und</strong> Rücken findet sich ein tiefer Einschnitt. (2)<br />
• Die Herztöne sind auf der Seite der kleinen Teile am besten abzuleiten, da die Brust der Uteruswand<br />
am nächsten liegt. (3)<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 15<br />
Vaginale Untersuchung:<br />
• Beim VU werden Kinn, M<strong>und</strong>, Nase <strong>und</strong> Augenbrauengegend ertastet.<br />
Differentialdiagnose:<br />
• Die Öffnung des M<strong>und</strong>es kann mit dem After bei Steisslage verwechselt werden.<br />
• M<strong>und</strong>: Finger lässt sich leicht einführen, Zahnleisten, Zunge <strong>und</strong> Saugbewegungen können<br />
verspürt werden, die Kinder machen zappelnde Bewegungen.<br />
• After: Der Finger lässt sich nicht oder nur unter bohrendem Druck einführen, Mekonium.<br />
Geburtsmechanismus:<br />
• Zu Beginn stellt sich der Kopf über dem Beckeneingang als Stirnhaltung ein mit der Stirn als<br />
Leitstelle, das Gesicht sieht dabei zur Seite.<br />
• Die Gesichtslinie (Verlängerung der Stirnnaht bzw. Mittellinie) steht zuerst im queren<br />
Durchmesser, beim Beckeneintritt verstärkt sich die Streckhaltung <strong>und</strong> das Kinn übernimmt<br />
die Führung.<br />
• Diese maximale Streckhaltung mit querverlaufender Gesichtslinie wird bis Beckenboden beibehalten.<br />
• Austrittsmechanismus: Das Kinn dreht sich nach vorne <strong>und</strong> der gestreckte Kopf muss sich zur<br />
Überwindung des Knies des Geburtskanals nun beugen.<br />
Die Streckhaltung bleibt zuerst bestehen, bis Kinn, M<strong>und</strong>, Nase <strong>und</strong> Augen geboren sind.<br />
Dann stemmt sich das Zungenbein als Hypomochlion gegen den Schambogen, in einer Beugebewegung<br />
werden dann Vorder- <strong>und</strong> Hinterhaupt über den Damm geboren.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 16<br />
• Durchtrittsplanum ist das Planum hyo- oder tracheopariteale (34cm).<br />
• Die Geburtsgeschwulst sitzt bei der Gesichtslage auf der vorangehenden Wange<br />
Geburtsverlauf:<br />
• Die Geburt bei Gesichtslage dauert häufig länger als bei HHL wegen:<br />
- grösseres Durchtrittsplanum (34cm anstatt 32cm)<br />
- das Gesicht als vorangehender Teil weitet die Weichteile schlechter als das Hinterhaupt<br />
- hohe Streckhaltespannung mit Erhöhung des Reibungswiderstandes<br />
- starke quere Dammdehnung bei Durchschneiden des Kopfes (Dammschutz, Episiotomie).<br />
Prognose:<br />
• Der grösste Teil aller mentoanterioren Gesichts<strong>lagen</strong> verlaufen völlig spontan.<br />
• Es besteht eine erhöhte Gefahr eines Dammrisses.<br />
• Besteht eine mentoposteriore Gesichtslage, liegt eine geburtsunmögliche Lage vor, klinisch<br />
besteht ein Geburtsstillstand. Der maximal überstreckte Kopf kann das Knie des Geburtskanals<br />
nicht durch eine weitere Streckung überwinden kann.<br />
Ätiologie:<br />
• Dolichozephale Schädelform <strong>und</strong> enges Becken.<br />
• Tumoren an der Vorderseite des Halses (zB. Struma, Hygrom)<br />
• Dauerkontraktion der Nackenmuskulatur (zentrale Hirndefekte, auch bei normalen Kindern)<br />
• Zervixmyome bzw. andere Tumoren des Geburtskanals.<br />
Behandlung der mentoanterioren Gesichtslage:<br />
• Primär konservativ-abwartendes Vorgehen <strong>und</strong> entsprechende Lagerung. Steht der Kopf als<br />
Stirnhaltung im Beckeneingang, kann durch Lagerung auf die Seite des Kinns versucht werden,<br />
eine Gesichtslage zu erzielen.<br />
• Operative Geburtsbeendigung bei fetaler oder mütterlicher Gefährdung primär durch Sectio<br />
bei beweglichem Kopf über dem Becken oder bei Kopf in Beckenmitte.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002
<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 17<br />
• Eine Forcepsextraktion soll wenn möglich umgangen werden, da diese technisch sehr<br />
schwierig ist <strong>und</strong> durch die sehr starke Dehnung des Weichteilrohres zu schweren Verletzungen<br />
der Mutter führen kann. Ist eine Zange nicht zu umgehen, muss abgewartet werden, bis<br />
die Gesichtslinie im geraden Durchmesser auf Beckenboden steht. Man muss sich auch vergewissern,<br />
dass das Kinn nicht hinten steht, da in diesem Fall die vaginale Geburt unmöglich<br />
ist.<br />
• Zangenlöffel wie üblich einführen, aber vor dem Schliessen muss die Zange zuerst angehoben<br />
werden, damit diese das stark nach hinten geneigte Hinterhaupt fassen können.<br />
• Die Extraktion erfolgt in zwei Arbeitsgängen: Zuerst wird in Richtung der Zangengriffe gezogen,<br />
bis das Kinn geboren ist, wobei die Zangenlöffel mit beiden Händen quer gefasst werden<br />
müssen, dann tritt der Operateur auf die linke Seite der Frau <strong>und</strong> führt die Zange mit der<br />
rechten Hand bogenförmig um die Symphyse, während die linke Hand den Dammschutz<br />
ausführt.<br />
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<strong>Regelwidrige</strong> Kopfstände <strong>und</strong> -<strong>lagen</strong> Seite 18<br />
• Ausgiebige Episiotomie!<br />
Bei mentoposteriorer Gesichtslage, bei welcher das Kinn seitlich hinten im Beckeneingang o-<br />
der in Beckenmitte steht, kann durch eine Seitenlagerung versucht werden, das Kinn nach vorne<br />
zu bringen.<br />
• Lagerung auf die Seite des Kinns<br />
• Dreht sich das Kinn nach hinten, liegt eine mentopostiore dh. geburtsunmögliche Lage vor,<br />
das Kind kann nur noch durch Sectio entb<strong>und</strong>en werden. Ein Zuwarten würde Mutter <strong>und</strong><br />
Kind gefährden durch Uterusruptur, Fieber, Sepsis <strong>und</strong> Blasenscheidenfistel.<br />
Hebammenschule am KSSG • Dr. P. Böhi 13.6.2002