23.01.2015 Aufrufe

Kaiser Maximilian I. und seine Zeit - Zirl

Kaiser Maximilian I. und seine Zeit - Zirl

Kaiser Maximilian I. und seine Zeit - Zirl

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Referat zur Jahreshauptversammlung 1997<br />

von Hauptmann Josef Schneider<br />

„<strong>Kaiser</strong> <strong>Maximilian</strong> I. <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“<br />

Für das heurige Referat habe ich mir das Thema „<strong>Kaiser</strong> <strong>Maximilian</strong> I. <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong>“ ausgewählt,<br />

da wir ja im vergangenen Jahr an <strong>seine</strong>r Geburts- <strong>und</strong> Begräbnisstätte, an der Burg in Wiener Neustadt<br />

gewesen sind. Auch das zunehmende Interesse vieler Menschen an dieser historischen Persönlichkeit<br />

sind heute aktueller denn je. Gerade deshalb haben sich in letzter <strong>Zeit</strong> die Tourismuswerbung<br />

<strong>und</strong> Theatermacher dieser Persönlichkeit angenommen. Das für Tirol <strong>und</strong> den Schützen<br />

bedeutende Landlibell von 1511, die Erbauung des Goldenen Dachls, die Schwarzen Mander in<br />

der Hofkirche, <strong>seine</strong> Jagdabenteuer in der Martinswand <strong>und</strong> sein Bezug zu <strong>Zirl</strong> sind euch bestimmt<br />

hinlänglich bekannt. Deshalb möchte ich versuchen, den <strong>Kaiser</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>Zeit</strong> einmal anders darzustellen.<br />

<strong>Kaiser</strong> <strong>Maximilian</strong> I. wurde 1459 in der Burg von Wiener Neustadt in bescheidenen Verhältnissen<br />

geboren. Sein Vater, <strong>Kaiser</strong> Friedrich III. war wegen <strong>seine</strong>r Spannungen mit <strong>seine</strong>m ehrgeizigen Bruder<br />

Albrecht <strong>und</strong> mit dem Ungarnkönig Matthias Corvinus, der jahrelang Wien <strong>und</strong> Teile Niederösterreich<br />

besetzt hielt, zu einer bescheidenen <strong>und</strong> sparsamen Hofhaltung gezwungen. Aus Wien<br />

wurde er sogar einmal unter schmählichen Umständen samt <strong>seine</strong>r Familie vertrieben.<br />

Sein Taufpate war ein bosnischer Kriegsflüchtling, ein Fürst, der von den Türken aus <strong>seine</strong>r Heimat<br />

vertrieben wurde. Die drangen zu dieser <strong>Zeit</strong> immer weiter nach Europa vor.<br />

Seinen Namen <strong>Maximilian</strong> erhielt er nach dem Märtyrerbischof von Pannonien. Damit sollte dem<br />

jungen Prinzen <strong>seine</strong> Lebensaufgabe, die Bekämpfung der Türken, schon im Namen vorgegeben<br />

werden. Diese Vorgabe konnte er aber nicht einlösen, da er beinahe in <strong>seine</strong>r gesamten Regierungszeit<br />

mit Kriegen an allen anderen Ecken <strong>seine</strong>s Reiches voll beschäftigt war.<br />

In <strong>seine</strong>r Erziehung war der Blick mehr auf das Alte gerichtet. Das Ergebnis dieser Schule war nach<br />

des <strong>Kaiser</strong>s eigenen Worten nur ein Reiterlatein. Dafür übte sich der junge <strong>Maximilian</strong> ausgiebig im<br />

Rennen <strong>und</strong> Stechen der Turniere in der Jagd <strong>und</strong> in allen jenen sportlichen Leistungen, die ihm<br />

später die Bew<strong>und</strong>erung der hohen Herren <strong>und</strong> des einfachen Mannes eintrug.<br />

Als 14 jähriger begleitete er <strong>seine</strong>n Vater nach Trier, wo über <strong>seine</strong> Heirat mit Maria, der Erbtochter<br />

Herzog Karls des Kühnen von Burg<strong>und</strong> verhandelt wurde. Der Hof Karls war die Verkörperung der<br />

verfeinerten, von Luxus überhöhten höfischen Kultur <strong>und</strong> Macht – das Gegenteil des dürftigen Hofes<br />

<strong>seine</strong>s knauserigen Vaters. Kein W<strong>und</strong>er, dass <strong>Maximilian</strong> diesem Zauber des Rittertums verfiel.<br />

Als jedoch 1477, nur drei Jahre später, der burg<strong>und</strong>ische Herzog im Kampf gegen Schweizer<br />

Knechte fiel, erkannte <strong>Maximilian</strong>, dass der Glanz von Trier das letzte Blühen des Rittertums gewesen<br />

war. Er war daher nicht nur der letzte Ritter, sondern auch der erste Fußknechthauptmann,<br />

der die Zeichen der neuen <strong>Zeit</strong> wohl verstanden hat, dass die kommenden Kriege nicht mit Rittern<br />

sondern mit Landsknechten <strong>und</strong> Feuerwaffen gewonnen werden.<br />

Seine Hochzeit mit Maria von Burg<strong>und</strong> war eine glückliche Verbindung. Dies war in <strong>Zeit</strong>en der<br />

Ehestiftung eher selten. Doch der frühe Tod <strong>seine</strong>r geliebten Gattin durch einen Reitunfall beendete<br />

diese glückliche Verbindung.<br />

Seine zweite Ehe mit Maria Blanca Sforza aus Mailand war eine typische Fürstenehe dieser <strong>Zeit</strong>, bei<br />

der Liebe <strong>und</strong> Zuneigung keine Rolle spielte.<br />

Als glanzvoller Kämpfer im Turnier, tapferer Soldat <strong>und</strong> kühner Jäger, sympathisch <strong>und</strong> leutselig im<br />

Wesen, fand er unter der deutschen Fürstenjugend genügend gleichgesinnte, die unter <strong>seine</strong>r Führung<br />

<strong>und</strong> in <strong>seine</strong>n Diensten an den Aufbruch in eine neue <strong>Zeit</strong> glaubten, weshalb er 27jährig zum<br />

1


Römischen König gekrönt wurde. Er ist aber immer noch ein Fürst ohne Land, da sein Vater auf die<br />

Regentschaft in Österreich bis zu <strong>seine</strong>m Tod 1493 nicht verzichtet hat.<br />

Als Erzherzog Sigm<strong>und</strong> (der Münzreiche) 1490 von den Tiroler Landständen entmachtet wird, tritt<br />

<strong>Maximilian</strong> sein Erbe an, da er das Vertrauen der Tiroler erhielt. Bei diesen Sitzungen lernte <strong>Maximilian</strong><br />

das enge menschliche Band kennen, das in Tirol Fürst <strong>und</strong> Volk umschloss. Man sagte sich<br />

laut die Wahrheit ins Gesicht <strong>und</strong> mochte sich eigentlich doch ganz gerne. Dieses Erlebnis war für<br />

<strong>Maximilian</strong> neu. Er kleidete dieses neue Gefühl in einen Satz, der heute noch unvergessen ist: „Tirol<br />

ist ein grober Bauernkittel, aber er wärmet gut“. Er hatte mit Tirol nicht nur sein erstes Land erworben<br />

(1490), sondern er hatte hier auch die Heimat <strong>seine</strong>s Herzens gef<strong>und</strong>en.<br />

Tirol war eine natürliche Festung <strong>und</strong> der Kreuzungspunkt wichtiger Fernstraßen, besonders der<br />

<strong>Kaiser</strong>straße nach Italien. Diesen strategischen Stützpunkt baute er geschickt zur Schaltstelle Europas<br />

aus. So fand <strong>Maximilian</strong> in Tirol ein Land, das ihm freudig als neuen Landesfürsten huldigte <strong>und</strong><br />

ihm Sicherheit <strong>und</strong> Rückhalt bot.<br />

Er hat dafür die Tiroler Freiheiten zeitlebens geachtet <strong>und</strong> sie sogar gemehrt <strong>und</strong> im Einvernehmen<br />

mit den Ständen regiert, die stets eine offene Hand für <strong>seine</strong> Geldnöte hatten. Er selbst erklärte einmal:<br />

„Tirol ist eine offene Geldbörse, in die man nie umsonst greift“.<br />

Tirol wurde von ihm zur „Gefürsteten Grafschaft“ gemacht <strong>und</strong> der Tiroler Adler trägt vermutlich seit<br />

dieser <strong>Zeit</strong> das grüne „Ehrenkränzel“ über dem Haupt.<br />

Sein Sohn, Philipp der Schöne, heiratete dank <strong>seine</strong>r Diplomatie die spanische Königstochter Johanna<br />

<strong>und</strong> der spanische Kronprinz Juan <strong>seine</strong> Tochter Margarethe. Spaniens Flotte war zu dieser<br />

<strong>Zeit</strong> gerade im Begriff, die neue Welt zu erobern. Durch diese Hochzeit wird der Gr<strong>und</strong>stein für das<br />

„Habsburgische Weltreich“ gelegt.<br />

In <strong>seine</strong>r Regierungszeit erhält Tirol annähernd jene Grenzen, die bis 1918, dem Ende des I. Weltkrieges<br />

gültig sind. Lienz <strong>und</strong> das Pustertal, die Gegend um Rovereto <strong>und</strong> die Gerichtsbezirke Rattenberg,<br />

Kitzbühel <strong>und</strong> Kufstein werden ihm zugesprochen.<br />

Sein Ziel, die <strong>Kaiser</strong>krönung durch den Papst in Rom, löst er auf <strong>seine</strong> Weise. Frankreich <strong>und</strong> Venedig<br />

verweigerten ihm den Durchzug durch ihre Gebiete. Aus dieser schwierigen Lage fand er jedoch<br />

einen Ausweg. Er ließ im Dom von Trient verkünden, dass er den Titel eines „Erwählten Römischen<br />

<strong>Kaiser</strong>s“ angenommen habe. Diese <strong>Kaiser</strong>proklamation markierte einen wichtigen Schritt für die<br />

deutschen <strong>Kaiser</strong> auf dem Weg zur Unabhängigkeit der <strong>Kaiser</strong>würde von Rom.<br />

Die <strong>Kaiser</strong>proklamation von Trient war auch jener geschickte Schachzug, der sein Eingreifen gegen<br />

Venedig moralisch rechtfertigte. Die Venedigerkriege, in denen Tirol immer die vorderste Front war,<br />

waren auch Anlass für die neue Wehrverfassung Tirols, das bedeutende Landlibell von 1511.<br />

Die um Innsbruck angesiedelten Plattnerwerkstätten <strong>und</strong> Gießereien mussten ihre Leistungsfähigkeit<br />

in kriegerischen <strong>und</strong> künstlerischen Belangen beweisen. Innsbruck wurde das Zentrum der<br />

Waffentechnik <strong>und</strong> der Kunst, in der von der modernsten Kanone bis hin zu den „Schwarzen Mandern“<br />

alles geschaffen wurde.<br />

Der Salz-, Silber- <strong>und</strong> Kupferbergbau erreichen in Tirol ihre Hochblüte <strong>und</strong> bringen die nötigen<br />

„Devisen“ ins Land.<br />

Seine Liebe galt neben der Jagd <strong>und</strong> den ritterlichen Tournieren vor allem der Kunst, die er in all<br />

ihren Bereichen großzügig förderte. Die namhaften Künstler <strong>und</strong> Kulturschaffenden werden von ihm<br />

verpflichtet. Die erste Hofmusikkapelle, die heute der Gardemusik entspricht <strong>und</strong> die Vorgänger der<br />

Wiener Sängerknaben wurden von ihm gegründet.<br />

<strong>Maximilian</strong> wandelt auch den mittelalterlichen Lehensstaat in eine für die damalige <strong>Zeit</strong> modernen<br />

Verwaltung mit Beamten.<br />

Die Münzstätte in Hall prägte in <strong>seine</strong>m Auftrag auch die erste Münze auf der der Name Europa aufscheint.<br />

2


<strong>Maximilian</strong> ist auch der Schöpfer der ersten Postlinie im deutschsprachigen Raum <strong>und</strong> zwar von<br />

Innsbruck nach Mechelen im heutigen Belgien.<br />

<strong>Maximilian</strong> hat in <strong>seine</strong>m Leben alle Höhen <strong>und</strong> Tiefen erfahren. Vom gefeierten Fürsten bis hin zum<br />

im Stich gelassenen <strong>und</strong> Geschmähten hat er alles erlebt. Er blieb jedoch immer der zähe Kämpfer<br />

der nie aufgab. Er zählt zweifellos zu jenen Persönlichkeiten, die die Geschichte unserer Heimat <strong>und</strong><br />

die Europas geformt <strong>und</strong> geprägt haben.<br />

Als der <strong>Kaiser</strong> im Jänner 1519 stirbt, ist sein Prunkgrab in der Hofkirche noch lange nicht fertig. Er<br />

wurde deshalb in den einfachen Holzsarg gelegt, den er bereits seit einigen Jahren auf all <strong>seine</strong>n<br />

Reisen mitgeführt hatte, <strong>und</strong> nach Wiener Neustadt <strong>seine</strong>r Geburtsstätte gebracht. Dort wurde er<br />

unter dem Hochaltar in der Burg zu Wiener Neustadt zwischen Himmel <strong>und</strong> Erde in einem schmucklosen<br />

Grab beigesetzt.<br />

Wenn auch das Grabmal in der Hofkirche, das das größte des Abendlandes sein soll, leer ist, hat<br />

<strong>Maximilian</strong> sein großes Ziel doch erreicht, das er im Weißkunig verkündet hat.<br />

„Wer sich in <strong>seine</strong>m Leben kein bleibendes Gedenken schafft, wird nach dem Tode bereits nach<br />

dem ersten Glockenschlag vergessen sein“.<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!