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1 Kornelia Schneider Orte für Kinder – Lebensraum ...

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<strong>Kornelia</strong> <strong>Schneider</strong><br />

<strong>Orte</strong> für <strong>Kinder</strong> – <strong>Lebensraum</strong>, Handlungsspielraum, Bildungsraum<br />

Qualitätskriterien für die Jüngsten 1<br />

1. Zugang zum Thema: Freiraum für Raumgedankenspiele<br />

Raum und Räume – Das ist ein großes Thema. Es reicht vom kleinsten Winkel bis zum<br />

Fußballstadion, vom Keller bis zum Himmelszelt, vom Zimmer bis zum Weltraum, vom<br />

greifbaren, klar umgrenzten Ort bis ins Unendliche und Ungreifbare (= Stoff für ein Seminar<br />

von mindestens einer Woche). Auch wenn wir es eingrenzen auf Raum und Räume für<br />

<strong>Kinder</strong>, bleibt es zu umfangreich, um alle Aspekte an einem Nachmittag aufzugreifen.<br />

Machen wir einen kleinen Versuch:<br />

1. Was fällt Ihnen ein zu Raum => Sammeln/ Ordnen der Antworten<br />

2. Woran denken Sie beimThema: Raum und kleine <strong>Kinder</strong> => Sammeln/ Ordnen<br />

Assoziationsrahmen<br />

Raumbegriff(e) und Raumwelten<br />

• Ort, Platz, Stätte, Zone, Bereich, Gebiet, Landschaftsraum<br />

• Fluchtraum, Freiraum, Schon-/Schutzraum, Sozialraum, Spielraum, Zeitraum, rechtsfreier R.<br />

Was kennzeichnet Raum<br />

• 3 Dimensionen: Höhe, Tiefe, Breite<br />

– Innen heißt das: Wände, Fußboden, Decke; draußen: bis in die Unendlichkeit.<br />

• Innenraum – Außenraum – Zwischenraum<br />

• Geschlossener – offener Raum<br />

• Grenzen – Öffnungen (nach innen und nach außen)<br />

• Eingang – Ausgang<br />

• Enge – Weite<br />

• Zugang – Ausschluss<br />

• Gewachsener – gebauter Raum<br />

• Privater – öffentlicher Raum<br />

• Besetzter – freier (flexibel nutzbarer) Raum<br />

• Begehbarer – unbegehbarer Raum<br />

Raumarten – Raumformen – Raumbilder – Raumkonzepte<br />

Raumwelt:<br />

• Raumgliederung, Raumordnung, Raummaß(e), -bemessung, Raumeinteilung,<br />

Raumzuschnitt, Raumausstattung<br />

• Raumtemperatur, -atmosphäre, -klima, -licht<br />

• Klangraum, Schallraum, Sichtraum<br />

Raumnutzung:<br />

• Raumbegrenzung – Raumererweiterung<br />

• Erlaubte – verbotene Räume<br />

Raumerfahrung – Erfahrungsraum – Vorstellungsraum (Fantasie, gedanklicher Raum):<br />

materiell erfahrbarer Raum und geistig gedachter symbolischer (bildhafter) Raum<br />

Spielraum: Entscheidungs-, Ermessens-, Gestaltungs-, (Ver-)Handlungsspielraum<br />

1 Einführungsvortrag für das Forum „Raum für <strong>Kinder</strong>“ bei der Internationalen Fachtagung „<strong>Kinder</strong>betreuung<br />

hat Zukunft“, Interlaken, 30.05.-01.06.2007<br />

1


Ich habe für diesen Nachmittag ein paar Aspekte ausgewählt, die mir aus fachlicher Sicht<br />

wesentlich erscheinen für die Gestaltung von Räumen, in denen Säuglinge und Kleinkinder<br />

leben. Ich werde zur Anschauung auch Bildmaterial verwenden. Meinen Vortragsteil verstehe<br />

ich als Diskussionsbeitrag, d.h. ich werde eher Fragen aufwerfen, als Lösungen zu vermitteln.<br />

Ich hoffe, das regt Sie an, hier einzubringen und evtl. zu überdenken, was Sie selbst bisher<br />

über Raumkonzepte für die Altersgruppe der Jüngsten gehört oder gelernt haben, was Sie<br />

selbst an Räumen für <strong>Kinder</strong> vorgefunden oder eingerichtet haben, was für Ideen Sie haben,<br />

was Ihnen als Ideal vorschwebt und was Sie beobachtet haben, wie die Räume auf <strong>Kinder</strong><br />

wirken und wie <strong>Kinder</strong> sie nutzen.<br />

2. <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen als Raum für <strong>Kinder</strong><br />

Eine Selbstverständlichkeit für uns heutzutage. Aber was steht dahinter „<strong>Kinder</strong> ohne Raum“<br />

oder „<strong>Kinder</strong> ohne passenden Raum“ in unserer Gesellschaft<br />

Als die ersten Tageseinrichtungen für <strong>Kinder</strong> als Bewahranstalten geschaffen wurden, war der<br />

Grund: „<strong>Kinder</strong> ohne Aufsicht und ohne Erziehung“, d.h. drohende Verwahrlosung, vor der<br />

sie – und auch die Gesellschaft – bewahrt werden sollten. Es ging um <strong>Kinder</strong> der Armen, um<br />

<strong>Kinder</strong> aus Arbeiterfamilien, für die die Eltern nicht sorgen konnten, weil sie außer Haus<br />

erwerbstätig waren. Der Raum dieser <strong>Kinder</strong> war – sobald sie halbwegs sicher auf den Beinen<br />

waren – „die Straße“, von der man sie wegholen wollte. <strong>Kinder</strong> mit zu viel Raum<br />

Vor gut 150 Jahren gab es dann mit Fröbels Idee der <strong>Kinder</strong>gärten ein neues Konzept: Es<br />

sollte ein erweiterter Raum geschaffen werden für die Bildung der <strong>Kinder</strong> des Bürgertums<br />

nach den ersten drei Jahren in der Wohnstube oder der „guten <strong>Kinder</strong>stube“. In beiden Fällen<br />

handelt es sich um gehegten Raum für <strong>Kinder</strong> in umgrenzten Arealen. Aber es macht natürlich<br />

einen Unterschied, was für ein Konzept hinter diesem installierten Raum für <strong>Kinder</strong> steht, ob<br />

es eine „Anstalt“ oder ein „Garten“ ist, die oder den die <strong>Kinder</strong> besuchen, ob die <strong>Kinder</strong><br />

verpflichtet oder eingeladen sind, dort zu verweilen, ob dort der Bildungshorizont abgesteckt<br />

oder erweitert werden soll.<br />

<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen sind <strong>Orte</strong> für <strong>Kinder</strong>, eigens für <strong>Kinder</strong> eingerichtet: d.h.<br />

Exklusivraum. Exklusiv bedeutet nun aber nicht nur eigen und besonders, sondern auch<br />

„ausschließend“. <strong>Kinder</strong> sind heute tatsächlich weitgehend ausgeschlossen aus dem<br />

gesellschaftlichen, öffentlichen Leben. Sie haben wenig Raum im Sinne von Platz, aber sie<br />

nehmen auch wenig Raum ein im Sinne von Stellenwert in der Politik und der öffentlichen<br />

Debatte. Auch wenn sich das zurzeit gerade etwas ändert, weil mehr öffentlich geförderte<br />

Plätze in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen in der Diskussion sind – und das auch schon für die<br />

Jüngsten –, geht es doch immer noch in erster Linie um die Möglichkeiten der Lebensgestaltung<br />

von Erwachsenen, um die Erwerbschancen von Frauen. Es wird zwar auch<br />

gefordert, dass mehr Augenmerk auf Bildung gelegt werden muss: „Bildung von Anfang an“,<br />

aber dieses Argument tritt – zumindest in Deutschland – als Beweggrund für den Ausbau des<br />

Systems der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen praktisch nicht auf. <strong>Kinder</strong> haben keine Lobby.<br />

Wir als Fachleute müssen uns der Frage stellen: Welche Qualität haben <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen<br />

als <strong>Orte</strong> für <strong>Kinder</strong> Wie müssen sie sein, damit <strong>Kinder</strong> sie als ihren <strong>Lebensraum</strong><br />

empfinden und sich dort wohlfühlen, damit <strong>Kinder</strong> dort machen können, was ihnen naheliegt<br />

– und wozu sie an anderen <strong>Orte</strong>n zu wenig Gelegenheit haben. Und wie müssen diese <strong>Orte</strong><br />

sein, damit sie speziell Säuglingen und Kleinkindern optimale Bildungschancen bieten<br />

Kleine <strong>Kinder</strong> können nicht allein dorthin gelangen. Sie werden hingebracht und wieder<br />

abgeholt. Wie weit können sie, wenn sie dort sind, selbständig agieren Und können sie von<br />

2


dort aus Bezüge zur Welt draußen herstellen Können sie Streifzüge in die Umgebung<br />

unternehmen Und was kommt von der Welt draußen herein<br />

Ende der 70-er Jahre kam im Zuge der Reformbewegung der <strong>Kinder</strong>gartenerziehung in<br />

Westdeutschland der Begriff der „vermauerten Kindheit“ (Jürgen Zimmer) auf.<br />

<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen wurden als ausgegrenzter Ort für <strong>Kinder</strong> kritisiert, als<br />

Veranstaltung für <strong>Kinder</strong>, die ihnen wenig Gelegenheit bietet, selbst etwas zu gestalten und<br />

am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der Situationsansatz, der zu Beginn der 70-er Jahre<br />

im Deutschen Jugendinstitut entwickelt wurde, hat dafür gesorgt, dass die Lebenssituation der<br />

<strong>Kinder</strong> als Ausgangspunkt für Angebotsstrukturen und -inhalte von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen<br />

ins Zentrum gerückt wurde. Das institutionelle Eigenleben wurde hinterfragt. <strong>Kinder</strong>gärten<br />

sollten nicht länger Ghetto für <strong>Kinder</strong> sein. Öffnung und Gemeinwesenorientierung,<br />

Einbeziehung von Eltern und Nachbarschaft, alters- und sogar generationenübergreifendes<br />

Lernen, Einbettung von Sachlernen in soziale Zusammenhänge, Beteiligung von <strong>Kinder</strong>n an<br />

der Planung, Vernetzung und Kooperation sind die Schlagworte dazu. Im Situationsansatz<br />

beruhen curriculare Überlegungen zu Bildungsangeboten im Rahmen von<br />

<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen auf Situationsanalysen des <strong>Kinder</strong>lebens.<br />

Unter dem Gesichtspunkt der Wirkung von Raum haben Situationsanalysen die Frage zu<br />

beantworten: Auf welche Art prägt der umgrenzte Raum von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen das<br />

<strong>Kinder</strong>leben (im allgemeinen und speziell in dieser Einrichtung, die ich vor Augen habe)<br />

Wie passt der Raum zu den jeweiligen Besonderheiten des Alters und der Entwicklung der<br />

<strong>Kinder</strong> Welchem Zweck dienen Mauern und Zaun, die diesen Raum abgrenzen Was<br />

bewirken die Grenzen von innen und von außen aus betrachtet, was schließen sie ein, was<br />

schließen sie aus 2<br />

Wie ist das Verhältnis von<br />

- Raum begrenzen – Raum schaffen<br />

- Raum als umschlossener Raum – Raum als zu entdeckender Raum<br />

- Einschränkung des Horizonts – Erweiterung des Horizonts für <strong>Kinder</strong><br />

Sind unsere <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen eher „geschlossene Anstalt“ oder Ausgangspunkt für<br />

Entdeckungen drinnen und draußen Halten wir <strong>Kinder</strong> in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen<br />

„umfriedet“ wie in „Gehegen“ oder bieten wir ihnen mit geschützten Räumen Gelegenheiten<br />

für raumgreifende Erfahrungen<br />

<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen können auch Zentrum für die Vertretung von Interessen der <strong>Kinder</strong><br />

in der Öffentlichkeit sein. Alle möglichen Arten von „Freiland-Pädagogik“ haben hier ihren<br />

Ausgangspunkt: Waldkindergarten, Wald- und Wiesentag, Exkursionen, Stadterkundung ….<br />

Stadtteilaktionen für <strong>Kinder</strong> wie „Platz da“ oder „Spielraum Stadt“, die dazu dienen, <strong>Kinder</strong>n<br />

mehr Raum in der Stadt zu gewähren, können in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen angesiedelt sein.<br />

Im Zentrum der Analyse von Raumbedingungen steht: Wofür sorgt die Raumbegrenzung, was<br />

eröffnet sie – was engt sie ein Was gibt den <strong>Kinder</strong>n Schutz im Sinne der Sicherung eines<br />

angemessenen Erfahrungsraums – wo stoßen die <strong>Kinder</strong> an Grenzen für die Ausübung ihrer<br />

Interessen Wie weit sind <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen tatsächlich das Reich der <strong>Kinder</strong><br />

Wir tragen Verantwortung für die Potenziale, die wir <strong>Kinder</strong>n mit Räumen eröffnen oder<br />

verschließen. Deshalb ist eine entscheidende Frage:<br />

Was räumen wir <strong>Kinder</strong>n ein Welche Erfahrungen räumen Räume ein<br />

2 Das können wir auch auf unser eigenes Denken beziehen: Wie weit begrenzen wir unsere Ideen zur<br />

Raumgestaltung durch die Anpassung an den gewohnten Rahmen und wie können wir uns neuen Überlegungen<br />

öffnen<br />

3


Bevor wir uns damit beschäftigen, wie es für <strong>Kinder</strong> in den KiTa-Räumen ist, die wir ihnen<br />

zur Verfügung stellen, sollen uns folgende Fragen in Bezug auf uns selbst die Wirkung von<br />

Räumen näher bringen.<br />

Wie bewegen wir uns in unterschiedlichen Räumen<br />

Welche unterschiedlichen Erfahrungen bieten verschiedene Räume<br />

Wie fühlen wir uns in unterschiedlichen Räumen<br />

Wozu regen uns Räume an Was möchten und was können wir darin machen<br />

Was lehren uns Räume<br />

Welche Räume trauen wir uns nicht zu betreten und auszuloten<br />

Welche Räume halten uns In welche Räume ziehen wir uns gern zurück<br />

Aus welchen Räumen würden wir am liebsten gleich wieder verschwinden<br />

Wie bewegen wir uns von Raum zu Raum<br />

3. Bildung durch Räume<br />

„Räume bilden“ – das wird so gesagt, u.a. als Buchtitel verwendet. Wir sollten das genauer<br />

unter die Lupe nehmen.<br />

Räume sind Gebilde, gebildet von der Natur oder von Menschen und Maschinen.<br />

Welche Räume wir zugänglich machen und wie wir Räume bilden, d.h. errichten, bauen,<br />

anordnen und ausstatten, hat Auswirkungen auf die Erfahrungs- und Bildungsmöglichkeiten<br />

der <strong>Kinder</strong>.<br />

Räume bilden oder verhindern Erfahrungsmöglichkeiten. Sie bilden jedoch nicht die <strong>Kinder</strong><br />

–ebenso wie wir <strong>Kinder</strong> nicht bilden können. Das tun die <strong>Kinder</strong> selbst. <strong>Kinder</strong> wählen aus<br />

den vorhandenen Möglichkeiten das, was sie interessiert und was für sie von Bedeutung ist.<br />

Sie konstruieren sich ihr Weltbild selbst – wie jeder Erwachsene auch. Sie bilden sich in<br />

Auseinandersetzung mit den Menschen, die ihnen begegnen und wichtig für sie sind, mit<br />

Erwachsenen und mit <strong>Kinder</strong>n, und in der Auseinandersetzung mit der dinglichen und<br />

geistigen Welt. Der Anregungsgehalt von Beziehungen und von Räumen bietet die Grundlage<br />

für eine mögliche Vielfalt von Erfahrungen und für die Wahlmöglichkeiten der <strong>Kinder</strong>.<br />

Insofern tragen Räume zu den Bildungsmöglichkeiten der <strong>Kinder</strong> entscheidend bei.<br />

Welche Räume müssen wir für kleine <strong>Kinder</strong> bereithalten und was müssen Räume für kleine<br />

<strong>Kinder</strong> enthalten, um der bestmöglichen Bildung zu dienen Was tragen Räume, was tragen<br />

Bezugspersonen dazu bei, dass jedes Kind nach seinem Rhythmus, gemäß seiner Ressourcen<br />

und seiner Interessen sein Bildungspotenzial ausschöpfen, seine Lerndispositionen und sein<br />

Forschungskonzept weiter entfalten kann Sind die <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen für <strong>Kinder</strong> unter<br />

3 Jahren „Kompetenzzentren“, wo erwachsene Fachkräfte kompetent dafür sorgen, dass der<br />

aktuelle Wissensstand über die Entwicklung in den ersten Jahren so Eingang findet, dass die<br />

Bildung der <strong>Kinder</strong> geschützt und unterstützt wird<br />

4. Kleine <strong>Kinder</strong> und Raum<br />

Der erste Raum des Kindes ist klein:<br />

im Mutterleib gerade ausreichend angepasst (und mitwachsend),<br />

nach der Geburt abhängig davon, wie viel ihm eingeräumt wird – in der Regel: Schlafstätte,<br />

Wickeltisch und Körper der Bezugsperson(en). D.h. es geht stark um Beziehungsraum und<br />

Rückzugsraum, weniger um Bewegungsraum.<br />

Das Kind ist darauf beschränkt, seinen Nahraum zu erkunden, der ihm von anderen<br />

angetragen wird. Es hat nur geringe Möglichkeiten, aktiv Raumerfahrungen zu initiieren,<br />

wenn auch die Augen und Ohren und die Vorstellungswelt schon darüber hinausgehen.<br />

4


Der Erfahrungsraum muss allmählich von den Erwachsenen erweitert werden entsprechend<br />

dem Wachstum des Kindes und erweitert sich auch ein Stück von selbst durch die<br />

Entwicklung des Kindes, durch die Ausdifferenzierung von (angelegten) Fähigkeiten über die<br />

Aktivitäten des Kindes. Der Aktionsradius wird größer mit den fortschreitenden<br />

Bewegungsmöglichkeiten. Allerdings kann ein Säugling erst dann, wenn er auf den Boden<br />

oder eine andere große Fläche gelegt wird, wo er sich frei bewegen kann, selbständig den<br />

Raum um sich herum nutzen. Spezielle Funktionsbereiche brauchen die Jüngsten nicht, sie<br />

müssen an Ort und Stelle so viel Bewegungsfreiraum haben, dass sie etwas ausprobieren und<br />

erkunden und sich immer zwischendurch ausruhen können, wenn ihnen danach ist.<br />

Entscheidende Fragen sind:<br />

Welchen Aktionsraum bieten die Beziehungen und die nächste Umgebung Wie muss sich<br />

der Aktionsraum mit dem Wachsen des Kindes verändern Was brauchen Säuglinge, was<br />

Krabbelkinder, was Laufkinder Was brauchen <strong>Kinder</strong> unmittelbar vor der Phase des Laufens,<br />

wenn sie gerade dabei sind, sich aufzurichten und frei stehen zu lernen Wie verändern die<br />

wachsenden Bewegungsfähigkeiten die Raumwahrnehmung Was geschieht im Verhältnis<br />

zum Raum durch das Einnehmen der Seiten- und Bauchlage, das Anheben des Kopfes, die<br />

Aufrichtung des Körpers zum Sitzen und zum Stehen, die Fortbewegung in unterschiedliche<br />

Richtungen Wie verändern sich die Sicht und die Reichweite Welche Raumbedingungen<br />

unterstützen ein Kind beim Erobern des Raums auf jeder neuen Entwicklungsstufe der<br />

Bewegungsfähigkeit<br />

Folgende Symbole aus dem Medienpaket „Wach, neugierig, klug – <strong>Kinder</strong> unter 3“<br />

(Bertelsmann-Stiftung/IFP 2006, Begleitheft, S. 16) veranschaulichen die unterschiedliche<br />

Lage der <strong>Kinder</strong> im Zusammenhang mit der Entwicklung ihrer Bewegungsfähigkeiten.<br />

(Die Rückenlage, die nach Pikler 1988 die Grundlage ist, fehlt hier.)<br />

5


In der englischen Originalfassung „Birth to three matters” werden die <strong>Kinder</strong> nach<br />

Haupttätigkeiten in unterschiedlichen Entwicklungsaltersspannen bezeichnet:<br />

0 – 8 months Heads Up, Lookers and Communicators<br />

8 – 18 months Sitters, Standers and Explorers<br />

18 – 24 months Movers, Shakers and Players<br />

24 – 36 months Walkers, Talkers and Pretenders<br />

Es geht mir nicht darum, diese Bezeichnungen zu übernehmen – sie sind z.T. fragwürdig 3 und<br />

vernachlässigen Aspekte der Raumererfahrung –, sondern sich klar darüber zu werden, was<br />

für gewaltige Unterschiede es macht, wie ein Kind sich im Raum bewegen kann und welche<br />

Perspektiven sich dabei ergeben.<br />

<strong>Kinder</strong>, deren Aktionsradius sich auf Tätigkeiten im Liegen beschränkt, und <strong>Kinder</strong>, die sich<br />

selbständig durch den ganzen Raum bewegen, <strong>Kinder</strong>, die gerade gelernt haben, aufrecht zu<br />

sitzen, und <strong>Kinder</strong>, die auf den Beinen stehen und rennen können – können <strong>Kinder</strong> mit so<br />

unterschiedlichen Fähigkeiten und Interessen im gleichen Raum ihren bevorzugten<br />

Tätigkeiten nachgehen, ohne sich gegenseitig zu stören Lässt sich ein Raum passend machen<br />

für so unterschiedliche Vorlieben<br />

Filmsequenz: Edouard (aus dem Film „Spiel Baby, spiel“ von Vincent Guillaume, gesendet<br />

in ARTE am 30.04.1995) – das erste Mal ohne Ton, das zweite Mal mit Ton = Kommentar<br />

1. Was habenSie gesehen (auf den ersten Blick)<br />

2. Wo wäre Edouard einzordnen bei den englischen Kategorien<br />

• Bewegung im Raum und Wahrnehmung von Raumdimensionen<br />

Die Säuglingsforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv damit befasst, wie viel<br />

und wie <strong>Kinder</strong> in den ersten Lebenswochen und –monaten wahrnehmen. Forscher/innen<br />

haben herausgefunden, dass Säuglinge bereits zu differenzierten Wahrnehmungsleistungen in<br />

der Lage sind, dass sogar kreuzmodale Wahrnehmungen schon von Geburt an funktionieren,<br />

d.h. das Herstellen von Verbindungen zwischen unterschiedlichen Wahrnehmungskanälen,<br />

z.B. zwischen dem, was sie sehen und gefühlt haben, oder zwischen dem, was sie sehen und<br />

hören (vgl. Dornes 1993, S. 43 ff). Ausgiebig untersucht wurden die visuelle und die auditive<br />

Wahrnehmung (Sehen und Hören) in Verbindung mit der taktilen (Fühlen).<br />

Zur Raumwahrnehmung und zur Orientierung im Raum gibt es nur wenig Forschung. Aber es<br />

gibt ein paar Untersuchungsergebnisse, die damit zu tun haben: „Bereits Neugeborene wissen<br />

offenbar, dass wir in einer dreidimensionalen Welt leben und dass etwas, das rund aussieht,<br />

sich auch rund anfühlen wird“ (Gopnik/Kuhl/Meltzoff 2000, S. 84). Bestimmte Reaktionen<br />

zeigen, „dass sie Entfernungen verstehen. Wenn man Babys einen Ball zeigt, der sie<br />

´bedroht´– einen Ball, der aussieht, als ob er schnell auf sie zukäme –, dann schrecken sie<br />

zurück und halten sogar schützend die Hände vor den Körper“ (ebd. S. 89). „Sogar ganz<br />

kleine Babys verfügen schon über so genannte Größenkonstanz“, dass heißt, sie können<br />

einberechnen, „dass weiter entfernte Gegenstände kleiner aussehen“ (ebd., S. 89). „Sie<br />

wissen, wie man die Welt mit Hilfe von Rändern und Bewegungsmustern in separate Dinge<br />

unterteilt. Sie wissen etwas über die typischen Bewegungen dieser Dinge. Sie wissen, dass<br />

diese Dinge Teil eines dreidimensionalen Raums sind“ (ebd., S. 91). Eine Versuchsanordnung,<br />

bei der <strong>Kinder</strong> über eine erhöhte Platte aus Glas kriechen, die den Blick in die Tiefe<br />

ermöglicht, hat gezeigt, dass <strong>Kinder</strong> eine Vorstellung von Tiefe haben. <strong>Kinder</strong> kommen<br />

anscheinend schon mit einem Vorwissen über Raumdimensionen auf die Welt, d.h. einem<br />

Wissen, das nicht durch Erfahrung gewonnen wurde.<br />

Unabhängig davon, was <strong>Kinder</strong> schon mitbringen auf dieWelt, sind Erfahrungen notwendig,<br />

um sich weiteres Wissen anzueignen und Handlungsfähigkeiten zu erwerben. Raumerfahrung<br />

3 Es passiert leicht beim Typisieren, dass die Ganzheitlichkeit der Erfahrung von <strong>Kinder</strong>n kaputt gemacht wird.<br />

6


durch Bewegung ist für <strong>Kinder</strong> im ersten Lebensjahr ein außerordentlich wichtiges<br />

Tätigkeitsfeld und der entscheidende Motor für die Denkentwicklung.<br />

• Zusammenhang von Wahrnehmung, Bewegung, Handeln und Denken<br />

Säuglinge und Kleinkinder erschließen sich ihre Umwelt durch Wahrnehmung und<br />

Bewegung. „Je jünger ein Kind ist, umso ausschließlicher kann es den eigenen Körper, andere<br />

Personen oder Lebewesen, Dinge oder Beziehungen zwischen Menschen nur durch<br />

Wahrnehmung (Sehen, Hören, Tasten, Gleichgewicht, Spüren über den Bewegungssinn, aber<br />

auch Riechen und Schmecken) oder durch Bewegung (eigenes aktives Einwirken auf<br />

Personen und Gegenstände, Experimentieren mit dem eigenen Körper und seinen Funktionen)<br />

kennen lernen“ (Herm 2006, S. 20 f). Im Zusammenspiel von Wahrnehmung und Bewegung<br />

erlebt ein Kind, dass es seinen Körper einsetzen kann, dass es dadurch handlungsfähig wird<br />

und etwas bewirken kann, dass es diese Kompetenz immer weiter ausbauen kann. Es sammelt<br />

Wissen und prägt sich Bilder ein, es stellt Verknüpfungen her zwischen dem, was es selbst tut<br />

oder was andere tun und was es erlebt, es bildet basale Konzepte aus, wie die Welt ist und<br />

funktioniert. Im Hirn entstehen Verknüpfungen zwischen Nervenbahnen, die die Erfahrung<br />

widerspiegeln. Auf diese Verknüpfungen baut das Kind bei allen weiteren Erfahrungen auf.<br />

Das ist die Grundlage des Lernens und Denkens. Dabei gibt es zwei Ebenen der<br />

Erfahrungsintegration. „Das Gehirn ist auf Neues angelegt, aber das ist nicht alles. Der<br />

nächste Schritt ist, die basalen Konzepte immer wieder neu zu öffnen: wie, war das alles<br />

Kann ich nicht noch mehr herausholen, etwas anderes daraus machen Kann der Kochlöffel<br />

noch mehr, ich und der Kochlöffel“ (Elschenbroich 2005, S. 56)<br />

<strong>Kinder</strong> bewegen sich im Raum und machen dabei Raumerfahrungen, die mathematische und<br />

physikalische Grunderfahrungen sind, sie lernen Verhältnisse kennen, nutzen ihr Wissen, das<br />

als Körpererfahrung gespeichert ist, bei neuen Erkundungen, bilden Hypothesen und<br />

erforschen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten. Sie überprüfen, ob immer wieder das<br />

Gleiche passiert, wenn sie das Gleiche wiederholen.<br />

Es lohnt sich für Erwachsene, deren Aufgabe es ist, <strong>Kinder</strong> in ihrem Lernen zu begleiten, sich<br />

zu vergegenwärtigen, was da alles geschieht: Was heißt es, die Welt mit dem Körper kennen<br />

zu lernen<br />

Der Bewegungsradius ist zu Beginn eingeschränkt auf Bewegungen, die möglich sind, wenn<br />

das Kind auf einer stabilen Unterlage auf dem Rücken liegt, aber die eigene Position im Raum<br />

noch nicht selbständig verändern kann:<br />

<strong>Kinder</strong> bewegen als Erstes ihre Augen in den Raum. Dabei nehmen sie Licht und Muster wahr<br />

(vgl. dazu die Beschreibungen von Stern 1991). Sie fixieren mit den Augen, was sie<br />

interessiert. Die Augen nehmen häufig Bewegungen vorweg, d.h. die Augen sind schon da,<br />

wohin das Kind die Gliedmaßen seines Körpers im Raum bewegen will. Die Hände<br />

bekommen eine besondere Bedeutung: Nachdem das Kind seine Hände und das Spiel der<br />

Hände entdeckt hat, wird es allmählich dazu kommen, mit den Händen etwas zu ergreifen und<br />

sie als ein Forschungswerkzeug einzusetzen (vgl. Weinrich 2003).<br />

<strong>Kinder</strong> beginnen ihre Bewegungsmöglichkeiten in jeder Position, in die sie gebracht werden,<br />

zu erkunden. Sie versuchen so bald wie möglich, selbst ihre Position zu verändern. Dabei<br />

bewegen sie ihren Körper im Raum, zunächst, indem sie ihre Körperhaltung auf der<br />

Liegefläche verlagern, Gliedmaßen und Kopf anheben, zum Rollen kommen, dann zum<br />

Robben, zum Krabbeln … bis zum freien Laufen (genaue Beschreibung von Abläufen der<br />

Bewegungsentwicklung finden sich bei Pikler1988).<br />

7


Sobald sie sich im Raum fortbewegen können, verändern sie ihre Perspektive mit den<br />

Bewegungen, und ihr Körper bekommt auch eine Funktion als Maßeinheit, denn sie<br />

experimentieren, wenn sie sich im Raum in die Höhe bewegen, automatisch „mit Masse,<br />

Schwerkraft, Reibung, schiefen Ebenen“ (Elschenbroich 2005, S. 15).<br />

Sie erklimmen Schrägen und Höhen, steigen von oben nach unten, krabbeln in Kuhlen,<br />

bewegen sich zwischen Dingen, um Dinge herum, darüber hinweg und darunter hindurch.<br />

<strong>Kinder</strong> bewegen beim Hantieren Dinge im Raum, im Verhältnis zum Raum, zu anderen<br />

Dingen und im Verhältnis zu ihrem Körper.<br />

<strong>Kinder</strong> bewegen Räume im Raum, wenn sie ein Ding in ein anderes stecken und wieder<br />

herausholen, wenn sie verschiedene Dinge transportieren, einwickeln oder<br />

auseinandernehmen.<br />

<strong>Kinder</strong> verbinden Dinge und Räume im Raum, wenn sie von einem Ort zum anderen kriechen<br />

oder laufen, wenn sie etwas einkreisen, etwas vor sich her schieben oder hinter sich her<br />

ziehen, wenn sie Schnüre spannen, den Schnuller fallen lassen, Papierschnipsel regnen lassen.<br />

<strong>Kinder</strong> schaffen sich selbst Räume im Raum, z.B. wenn sie in Kartons klettern, wenn sie<br />

Türme bauen, Straßen legen, mit Decken Höhlen bauen, Verstecke aufsuchen, durch Tunnel<br />

kriechen, etwas auf- oder abbauen, …<br />

Bei alledem erkennen sie Muster im Raum und am Raum, erfahren Relationen durch Ertasten,<br />

Erfassen, Erlaufen, Erklettern, schaffen neue Relationen. Und sie schaffen auch Muster im<br />

Raum.<br />

Sie erleben ihren Körperraum als Innenraum und als Raum im Raum, auch als Werkzeug<br />

im Raum.<br />

Sie erfahren mit jeder Bewegung, wie sich einerseits das Verhältnis der Gliedmaßen zum<br />

Rumpf (Tiefen- oder Bewegungssinn) und das Gleichgewicht im Körper und andererseits<br />

die Position des Körpers im Verhältnis zum Raum (Raum-Lage-Verhältnis) verändern. Es<br />

ist ein ständiges Erproben von Bewegung und Stabilität und dem spannenden Moment<br />

dazwischen: Wie muss ich mit dem Gleichgewicht spielen, um mich in Bewegung zu setzen<br />

Wie sichere ich mich, wenn ich das Gleichgewicht riskiere, wie komme ich wieder ins<br />

Gleichgewicht Wie falle ich geschickt und wie komme ich wieder hoch Wie kann ich<br />

erreichen, was ich will, ohne mich zu gefährden<br />

Allmählich werden alle Dimensionen des Raumes ausgelotet, wenn sich die<br />

Bewegungsmöglichkeiten immer weiter entwickeln, und gleichzeitig differenzieren sich die<br />

Bewegungsfähigkeiten allmählich immer mehr durch die Erforschung des Raums:<br />

Die Fläche/Horizontale wird erkundet duch Robben, Krabbeln, Kriechen, entlang Hangeln an<br />

Handläufen, an der Tischkante, durch Gehen, Rennen und Fahren auf ebenem Grund.<br />

Die Vertikale wird erkundet beim Aufrichten, Hochziehen, Hochkrabbeln oder -steigen,<br />

Herunterkrabbeln oder –steigen.<br />

Die Diagonale wird erkundet beim Hinauf- und Herunterkriechen von Stufen, Hinauf- und<br />

Herunterklettern von schrägen Leitern, beim Rollen von Schrägen, beim Durchmessen und<br />

Erfassen des Raums in alle Richtungen, beim Hinaufschauen, von oben Herabschauen, hinter<br />

etwas oder in etwas Schauen oder Kriechen …<br />

Dabei entwickeln <strong>Kinder</strong> zugleich auch Vorstellungen über den konkret erfahrbaren oder<br />

einsehbaren Raum hinaus, vor allem, wenn es Öffnungen, Durchblicke und Einblicke gibt, die<br />

Verbindungen zu anderen Räumen herstellen.<br />

Durch Bewegung im Raum und durch Wahrnehmung mit allen Sinnen entstehen:<br />

8


Raumwahrnehmung, Raumentdeckung, Raumeroberung, Raumabschätzung,<br />

Raumgefühl, Raumveränderung<br />

Im Raum bewegt zu werden: aus dem Bett gehoben, auf den Schoß, an die Brust genommen,<br />

getragen, gefahren zu werden, stimuliert andere Nerven und Nervenverbindungen als sich<br />

selbst zu bewegen.<br />

5. Foto-Beispiele zur Anschauung für<br />

• Raumgestaltung, Raumausstattung und Raumanordnung, die Bewegung anregen<br />

• Raum im Raum, Grenzen, Öffnungen und Übergänge im Raum<br />

• Raumgefüge, Raumverbindungen, Übergänge: von einem Raum zum anderen,<br />

Durchblick, Durchlass<br />

• Gestaltungsraum und Individualraum im Rahmen von Gruppenräumen<br />

• Die Welt im Raum: Was ist von der Welt drinnen vorzufinden (z.B. Erfahrungen von<br />

Elementen und Naturgesetzen), was kommt von draußen herein<br />

• Die Welt draußen<br />

6. Zur Rolle der Erwachsenen<br />

Es kommt nicht darauf an, Musterräume zu schaffen, die ein für alle Mal fertig gestaltet sind,<br />

sondern eher darauf herauszufinden, wie die Räume und Materialien genutzt werden, ob jedes<br />

Kind das vorfindet, was es gerade braucht, was den Bedürfnissen und Fähigkeiten noch mehr<br />

entgegen kommen würde, was neu eingeführt oder verändert werden könnte, um den<br />

Anregungsgehalt entsprechend der Bildungsinteressen zu erhöhen. Dazu gehört zu<br />

beobachten, was ein Kind gerade erforscht oder ausprobiert, womit es sich auseinandersetzt,<br />

wohin es gelangen will. Das erfordert Neugier, einen aufmerksamen Blick, Geduld und<br />

Reflexion.<br />

Da es bisher kaum Forschung zu den Raumerfahrungen von kleinen <strong>Kinder</strong>n und zu den<br />

Auswirkungen von Raumerfahrungen gibt, sind Erzieherinnen gefragt als Praxisforscherinnen.<br />

Das heißt: Beobachten – Diskutieren – Fragen Sammeln – Hypothesen Bilden<br />

und Ideen Entwickeln, wie man diese überprüfen könnte, also:<br />

Erproben – Entdecken – und vielleicht Staunen und neue Fragen Aufwerfen …<br />

– genau so wie die <strong>Kinder</strong>, wenn sie sich die Welt erschließen.<br />

Der Raum ist wie ein Prüfstein oder eine „Visitenkarte“ für Professionalität. Das<br />

Raumkonzept sagt etwas aus über das pädagogische Konzept. Am Raum für die <strong>Kinder</strong> zeigt<br />

sich, welche Erziehungsziele die pädagogischen Fachkräfte verfolgen und welches<br />

Fachwissen sie haben. Gleichzeitig eignet sich die Analyse von Raumbedingungen gut als<br />

Denkanstoß für die Bereicherung der eigenen Qualifikation.<br />

Ich hoffe, ich konnte Ihnen Anregungen geben, die Ihnen Lust machen, sich auf eigene<br />

Entdeckungsreisen zu begeben.<br />

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Literatur:<br />

Allwörden, Margret von/Wiese, Marie: Vorbereitete Umgebung für Babys und kleine <strong>Kinder</strong>.<br />

Handbuch für Familien, Krippen und Krabbelstuben. Pikler Gesellschaft. Berlin 2002<br />

Beek, Angelika van der: Bildungsräume für <strong>Kinder</strong> von Null bis Drei. verlag das netz.<br />

Weimar/Berlin 2006<br />

Beek, Angelika van der: Pampers, Pinsel und Pigmente. Ästhetische Bildung von <strong>Kinder</strong>n<br />

unter drei Jahren. verlag das netz. Weimar/Berlin 2007<br />

Beek, Angelika van der/Buck, Matthias, Rufenach, Annelie: <strong>Kinder</strong>räume bilden. Ein<br />

Ideenbuch für Raumgestaltung in Kitas. Ein Werkstattbuch. Beltz. Weinheim/Basel 2. erw.<br />

Aufl. 2006 (1. Aufl. 2001)<br />

Bertelsmann Stiftung/ IFP (Hrsg.): Wach,neugierig, klug – <strong>Kinder</strong> unter 3. Ein Medienpakte<br />

für Kitas, Tagespflege und Spielgruppen. Bertelsmann Verlag. Gütersloh 2006<br />

Dornes, Martin: Der kompetente Säugling.Die präverbale Entwicklung des Säuglings.<br />

Fischer. Frankfurt/Main1993<br />

Elschenbroich, Donata: Weltwunder. <strong>Kinder</strong> als Naturforscher. Kunstmann. München 2005<br />

Gopnik, Alison/Kuhl, Patricia/Meltzoff, Andrew: Forschergeist in Windeln. Wie ihr Kind die<br />

Welt begreift. Ariston/Hugendubel. Kreuzlingen/München 2000<br />

Herm, Sabine: PsychomotorischeSpiele für <strong>Kinder</strong> in Krippen und <strong>Kinder</strong>gärten. Beltz.<br />

Weinheim/Basel, 12. Aufl. 2006<br />

Hermann, Gisela/Wunschel, Gerda: Erfahrungsraum Kita. Anregende <strong>Orte</strong> für <strong>Kinder</strong>, Eltern<br />

und Erzieherinnen. Beltz. Weinheim/Berlin/Basel 2002<br />

Lange, Udo/Stadelmann, Thomas: Spielplatz ist überall. Lebendige Erfahrungswelten mit<br />

<strong>Kinder</strong>n planen und gestalten. Luchterhand. Neuwied/Kriftel/Berlin, 4. aktualisierte,<br />

erweiterte Aufl. 2001, jetzt: Cornelsen Scriptor<br />

Lange, Udo/Stadelmann, Thomas: Das Paradies ist nicht möbliert. Räume für <strong>Kinder</strong>. Beltz.<br />

Weinheim/Basel/Berlin, 2. Aufl. 2001, jetzt: Cornelsen Scriptor<br />

Lange, Udo/Stadelmann, Thomas: Sand - Wasser – Steine. Spielplatz ist überall. Beltz.<br />

Weinheim/Basel/Berlin 2002, jetzt: Cornelsen Scriptor<br />

Österreicher, Herbert/Prokop, Edeltraud: <strong>Kinder</strong> wollen draußen sein. Natur entdecken,<br />

erleben und erforschen. Kallmeyer bei Friedrich in Velber. Seelze 2006<br />

Pikler, Emmi: Lasst mir Zeit. Die selbständige Bewegungsentwicklung des Kindes bis zum<br />

freien Gehen. Pflaum. München 1988<br />

Schäfer, Gerd E.: Der Raum als erster Erzieher. In: Theorie und Praxis der Sozialpädagogik<br />

(=TPS), Heft 1/2005, S. 6-9<br />

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<strong>Schneider</strong>, <strong>Kornelia</strong>: Krippen-Bilder. Gruppen-Erfahrungs-Spielräume für Säuglinge und<br />

Kleinkinder. FIPP-Verlag. Berlin 1989, 2. Aufl. 1993 (vergriffen, Restexemplare erhältlich<br />

bei derAutorin)<br />

<strong>Schneider</strong>, <strong>Kornelia</strong>: Raumstruktur, Pädagogik und Kommunikation(sstruktur). In: Hollmann,<br />

Elisabeth/Hoppe, Jörg R. (Hrsg.): <strong>Kinder</strong>gärten pädagogisch/architektonisch konzipieren und<br />

bauen. Ein Anregbuch für Architekten und Pädagogen. Materialien für die sozialpädagogische<br />

Praxis (MSP) 25. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge: Frankfurt/M. 1994,<br />

S. 70-81<br />

<strong>Schneider</strong>, <strong>Kornelia</strong>: Raum für <strong>Kinder</strong> – Räume für <strong>Kinder</strong>. Zur Wechselwirkung von<br />

Baukonzeption und pädagogischer Konzeption. In: Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): <strong>Orte</strong> für<br />

<strong>Kinder</strong>. Auf der Suche nach neuen Wegen in der <strong>Kinder</strong>betreuung. DJI-Verlag: München<br />

1994, S. 75-104<br />

<strong>Schneider</strong>, <strong>Kornelia</strong>: Kita-Architektur als "gebaute Gruppen-Pädagogik". In:<br />

Senatsverwaltung für Jugend und Familie Berlin (Hrsg.): Stein auf Stein. Architektur und<br />

Raumgestaltung. <strong>Kinder</strong>tagesstätten in Berlin. Teil 1. Dokumentation zum<br />

Veranstaltungszyklus Räume für <strong>Kinder</strong>. Berlin 1995, S. 124-141<br />

<strong>Schneider</strong>, <strong>Kornelia</strong>: Und was hast du heute gemacht Fragen zur Bildung im Krippenalter.<br />

In: Bertelsmann Stiftung/ IFP (Hrsg.): Wach, neugierig, klug – <strong>Kinder</strong> unter 3. Ein<br />

Medienpaket für Kitas, Tagespflege und Spielgruppen. Bertelsmann Verlag. Gütersloh 2006<br />

Stern, Daniel: Tagebuch eines Babys. Piper. München/Zürich 1991<br />

Theorie und Praxis der Sozialpädagogik (=TPS): Thema „Lern-Räume“, Heft 1/2005<br />

Weinrich, Alfred: Am Anfang war die Hand …. In: Theorie und Praxis der Soziapädagogik<br />

(TPS), Heft 1/2003 (s. auch Textor, Martin R. (Hrsg.): <strong>Kinder</strong>gartenpädagogik – Online-<br />

Handbuch – (www.kindergartenpaedagogik.de)<br />

Weinrich, Alfred: Fertige „Bildungsräume“ gibt es nicht! Drei Bücher zur „vorbereiteten<br />

Umgebung“ für <strong>Kinder</strong> unter drei – ein Vergleich. In: www.rahmenplan.de/R35.html (2006)<br />

Weinrich, Alfred: Müssen, sollen, dürfen wir unsere <strong>Kinder</strong> einsperren Schlüsselsituation<br />

Festung. In: Textor, Martin R. (Hrsg.): <strong>Kinder</strong>gartenpädagogik – Online-Handbuch –<br />

(www.kindergartenpaedagogik.de) (o.J.)<br />

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