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Budapester Zeitung - Handelskammer Schweiz-Ungarn

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2 BUDAPESTER ZEITUNG POLITIK 27. JANUAR - 2. FEBRUAR 2012 • NR. 4<br />

KOMPAKT<br />

� Orbán sieht größte Herausforderung<br />

seiner Karriere. Am vergangenen<br />

Mittwoch erschien in der US-amerikanischen<br />

Wirtschaftstageszeitung Wall<br />

Street Journal ein Interview mit Regierungschef<br />

Viktor Orbán. Der Premier<br />

sagte darin, dass er vor der größten<br />

Herausforderung seiner politischen<br />

Karriere stehe. „Es muss nicht nur eine<br />

Wirtschaftspolitik ausgearbeitet werden,<br />

die die Verschuldung bremst, sondern<br />

auch ein Budget geschnürt werden,<br />

das das Defizit unter 3% drückt.<br />

Nur dass es in der EU derzeit eine<br />

Rezession gibt und das Wachstum auch<br />

in <strong>Ungarn</strong> niedrig ist“, erklärte Orbán.<br />

� Bürgermeister von Szeged prescht<br />

in der MSZP vor. Der sozialistische<br />

Bürgermeister der südostungarischen<br />

Stadt Szeged, László Botka (38), bewirbt<br />

sich bei den oppositionellen Sozialisten<br />

(MSZP) um das Amt des Vorsitzenden<br />

des Parteiausschusses. Die<br />

Wahl wird auf dem MSZP-Parteitag im<br />

März stattfinden. Botka begründete<br />

seine Ambitionen gegenüber der <strong>Zeitung</strong><br />

Népszabadság damit, dass die<br />

MSZP nicht nur eines neuen Stils, sondern<br />

auch einer höheren Tourenzahl<br />

bedürfe, hierbei wolle er aktiv mithelfen.<br />

László Botka gilt als einer der Hoffnungsträger<br />

bei den Sozialisten. Er<br />

wurde bereits 2 Mal als Bürgermeister<br />

von Szeged wiedergewählt (2006 und<br />

2010).<br />

� Meinungsforschungsinstitut sieht<br />

MSZP und Jobbik ex aequo. Aus der<br />

Januar-Erhebung des Meinungsforschungsinstituts<br />

Tárki geht hervor, dass<br />

die oppositionellen Sozialisten (MSZP)<br />

und die rechtsradikale Partei Jobbik<br />

unter allen Befragten mit 11% gleichauf<br />

liegen. In der genannten Umfrage liegt<br />

die Regierungspartei Fidesz mit 18%<br />

voran. Die Partei „Eine andere Politik ist<br />

möglich“ (LMP) liegt bei 4%.<br />

� Europäische Union verschärft Defizitverfahren<br />

gegen <strong>Ungarn</strong>. Am vergangenen<br />

Dienstag beschlossen die<br />

Finanzminister der EU-27 eine Verschärfung<br />

des Defizitverfahrens gegen<br />

<strong>Ungarn</strong>. Konkret heißt das, dass Budapest<br />

2 Monate bekommt, sein Defizit<br />

strukturell und nicht wie bisher durch<br />

Einzelmaßnahmen nachhaltig zu senken.<br />

Da <strong>Ungarn</strong> kein Euroland ist, sind<br />

aber keine finanziellen Sanktionen vorgesehen.<br />

Das Land riskiert jedoch,<br />

dass milliardenschwere Fördergelder<br />

aus EU-Töpfen auf Eis gelegt werden.<br />

Wirtschaftskommissar Olli Rehn hatte<br />

schon vor 2 Wochen gewarnt, dass die<br />

EU ab Januar 2013 Mittel aus dem<br />

Kohäsionsfonds zurückhalten könnte,<br />

sollte <strong>Ungarn</strong> nicht umsteuern. So könnten<br />

<strong>Ungarn</strong>, das auf eine finanzielle<br />

Hilfe von IWF und EU dringend angewiesen<br />

ist, 1,7% des BIPs verlorengehen,<br />

verlautete aus Brüssel.<br />

BUDAPESTER ZEITUNG<br />

ISSN 1419-8770<br />

Verlag: BZT Media Kft.<br />

1037 Budapest, Kunigunda útja 18<br />

Chefredakteur & Herausgeber: Jan Mainka<br />

Tel: 453-0752, 453-0753 Fax: 240-7583<br />

E-Mail: verlag@bzt.hu - redaktion@bzt.hu<br />

Internet: www.bzt.hu<br />

Politik: Peter Bognar<br />

Kultur: Ines Gruber<br />

Fotos: Aaron Taylor<br />

Layout: Zsuzsa Urbán<br />

Marketing & Sales: Jan Mainka<br />

Abo & Distribution: Ildikó Varga<br />

Kioskvertrieb: Hungaropress Kft.<br />

Im Auftrag der MAGPRINT KFT. gedruckt von:<br />

Magyar Közlöny Lap- és könyvkiadó Kft.,<br />

Lajosmizse<br />

Verantwortlicher Leiter /Druck/:<br />

Majláth Zsolt, Generaldirektor<br />

Abonnement:<br />

Tel.: 453-0752 oder E-Mail: verlag@bzt.hu<br />

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THE BUDAPEST TIMES<br />

as war die Botschaft der Pro-<br />

WRegierungs-Demonstration am Samstag? Wofür standen die<br />

Menschen ein? Warum nahmen so<br />

viele teil? Wieviele Menschen haben<br />

auf einem Quadratmeter Platz? Wer<br />

half bei der Organisation der<br />

Kundgebung? – Fragen wie diese<br />

werden in der Öffentlichkeit derzeit<br />

nicht nur von den Sympathisanten,<br />

sondern auch von diversen Politikern<br />

fieberhaft erörtert. Dies ist natürlich<br />

nicht weiter überraschend:<br />

Im politischen Kampf dreht sich alles<br />

um die aktuellen Vor- und<br />

Nachteile. Sachlichkeit und Objektivität<br />

haben da keinen Platz: Jeder<br />

ausgesprochene Satz wird auf die<br />

Waagschale gelegt und instrumentalisiert<br />

– unabhängig von den Absichten<br />

des Sprechers.<br />

Obwohl ich die Regeln dieses<br />

Spiels durchaus verstehe, bin ich<br />

der Meinung, dass die ungarische<br />

Bei anderen gelesen<br />

Ohrenbetäubender Schlachtlärm<br />

Regierungschef Viktor Orbán hatte nach dem erdrutschartigen<br />

Wahlsieg des Fidesz im April 2010<br />

von einer „Revolution in den Wahlkabinen gesprochen“.<br />

Der Begriff „Revolution“ avancierte<br />

fortan zum geflügelten Wort unter Regierungspolitikern,<br />

nicht zuletzt deshalb, um die gewaltigen<br />

Umwälzungen in den vergangenen anderthalb<br />

Jahren verbal zu verdeutlichen.<br />

ie von der Regierung Orbán mit großem<br />

DGetöse vorangetriebene „Revolution“ wollen<br />

Ex-Premier Ferenc Gyurcsány (2004-2009) und seine<br />

Partei Demokratische Koalition (DK) nach den<br />

Parlamentswahlen 2014 rückgängig machen, sozusagen<br />

durch eine Konterrevolution, „Systemrückverwandlung“<br />

heißt das im Jargon der DK.<br />

Vorreiterrolle in Sachen<br />

finanzieller Transparenz<br />

VON GÁBOR TÖRÖK<br />

Während die laufende Legislaturperiode noch nicht einmal ihre Halbzeit<br />

erreicht hat und die Gesetzgeber sich obendrein in der Winterpause befinden,<br />

ist auf der politischen Bühne schon jetzt ein derart ohrenbetäubender<br />

Schlachtlärm und ein dermaßen lautes Kampfgetöse zu hören, dass ich mir<br />

gar keine Vorstellungen machen kann, wie es sein wird, wenn wir uns den<br />

Wahlen nähern werden. Jeder tut seine Aufgabe: Es wird schwadroniert,<br />

interpretiert und manipuliert, was das Zeug hält. Bisweilen wird dies so sehr<br />

auf die Spitze getrieben, dass die echten Fragen auf der Strecke bleiben.<br />

Am kommenden Wochenende hält die Gyurcsány-Partei<br />

in der <strong>Budapester</strong> Syma-Halle ihren ersten<br />

Parteitag ab. Auf diesem wollen sich die DK-<br />

Politik in den kommenden Tagen<br />

und Wochen vor Entscheidungen<br />

steht, die es den Politikern gebieten,<br />

den Kopf ein bisschen aus der<br />

Sandkiste zu heben. Das Treffen<br />

von EU-Kommissionspräsident José<br />

Manuel Barroso und Regierungschef<br />

Viktor Orbán am Dienstag war<br />

nur ein, zweifelsohne aber wichtiges,<br />

Ereignis dieses Prozesses. Der<br />

Zeitpunkt rückt immer näher, da<br />

sich herausstellen wird, welche<br />

Voraussetzungen die Regierung genau<br />

erfüllen muss, um ein Kreditabkommen<br />

mit dem Gespann IWF-<br />

EU schließen zu können. Wenn wir<br />

schon wissen, was zu tun ist, ist die<br />

Fragestellung ziemlich einfach: Ja<br />

oder Nein? Oder mit anderen Worten:<br />

Tun wir dem Genüge, was von<br />

uns gefordert wird? Die größere<br />

Verantwortung liegt – wie immer –<br />

natürlich bei den Regierenden,<br />

doch muss ich auch betonen, dass es<br />

keineswegs unerheblich ist, in welcher<br />

Weise die Opposition sich in<br />

dieser Situation artikuliert.<br />

Von einem Forderungskatalog<br />

ist noch keine Rede<br />

Zahlreiche Mutmaßungen sind<br />

bereits darüber angestellt worden,<br />

welche Auflagen <strong>Ungarn</strong> zu erfüllen<br />

hat, von einem genauen Forderungskatalog<br />

können wir aber noch<br />

nicht sprechen. Die entscheidende<br />

Frage, die sich stellt, ist die, ob auch<br />

Auflagen gestellt werden, die von<br />

der Regierung aus wirtschaftlichen<br />

oder politischen Gründen nur<br />

schwer zu erfüllen sind. Sollten sich<br />

im Forderungskatalog Sparmaßnahmen<br />

wiederfinden, die von weiten<br />

Teilen der Gesellschaft unmittelbar<br />

zu spüren sind oder werden institutionelle<br />

Veränderungen verlangt, die<br />

dem bisherigen Kurs der Regierung<br />

zuwiderlaufen, dann werden die<br />

Regierenden einen denkbar hohen<br />

Preis dafür zahlen müssen, um das<br />

internationale Vertrauen wiederzuerlangen.<br />

Man kann sich natürlich<br />

herausreden und die neue Situation<br />

geschickt überspielen, was der Regierung<br />

wahrscheinlich auch gelingen<br />

wird. Gleichwohl ist anzunehmen,<br />

dass das schlimmste Szenario<br />

wohl kaum als Erfolg der Regierung<br />

Delegierten auf einen Ethik-Kodex einigen. Wie die<br />

<strong>Zeitung</strong> Népszabadság berichtete, ist es Ziel der<br />

Parteiführung um Ferenc Gyurcsány, die Verwendung<br />

öffentlicher Gelder, die der DK vorerst nur<br />

über ihre Parlamentsabgeordneten zufließen, Monat<br />

für Monat vor der Öffentlichkeit offenzulegen. Die<br />

DK will in Sachen Transparenz also offenbar eine<br />

Vorreiterrolle spielen.<br />

Auf dem Parteitag soll auch der Startschuss für<br />

die Ausarbeitung eines Programms fallen. Das<br />

Programm wird laut Népszabadság auf drei Säulen<br />

stehen: Verfassungssystem, Wirtschaftspolitik<br />

und Gesellschaftspolitik. Die DK gibt sich dafür<br />

ein Jahr. Nach Ansicht der Parteiführung müsse<br />

sich das Programm bereits auf die Zeit nach der<br />

Regierung Orbán richten.<br />

Népszabadság will aus vertraulichen Quellen<br />

aber auch wissen, dass die Gyurcsány-Partei es<br />

sich als Hauptziel gesetzt habe, jenes Verfassungssystem<br />

wiederherzustellen, das vor dem<br />

Amtsantritt der Regierung Orbán gültig war und<br />

auf dem Grundgesetz von 1989 beruhte. Eine<br />

„Systemrückverwandlung“ eben. Um eine solche<br />

interpretiert werden dürfte, vor allem<br />

dann nicht, wenn sie der Reihe<br />

nach Gesetze zurücknehmen oder<br />

umschreiben muss, die von ihr verabschiedet<br />

wurden.<br />

Stimmengewirr lenkt von<br />

wirklich Wichtigem ab<br />

Ich gehe davon aus, dass der<br />

Prozess der Ablenkung und Umdeutung<br />

in den nächsten Tagen –<br />

mit dem Näherrücken einer Entscheidung<br />

– neuen Schwung bekommen<br />

wird. Es steht zu erwarten,<br />

dass von da und dort vieles in<br />

den öffentlichen Diskurs geworfen<br />

wird, was mit der Situation an sich<br />

rein gar nichts zu tun haben wird.<br />

Wer nicht will, dass das Stimmengewirr<br />

seine Aufmerksamkeit von dem<br />

ablenkt, was wirklich wichtig ist,<br />

sollte sich jetzt nur auf zwei Dinge<br />

konzentrieren: auf die Forderungen<br />

und auf die Antworten. Über alles<br />

andere – Auswirkungen und Konsequenzen,<br />

Straße und politische<br />

Kraftfelder – sollte eigentlich nur<br />

danach gesprochen werden.<br />

Der Autor ist Politologe. Der hier abgedruckte<br />

Text erschien am 24.<br />

Januar auf seinem Blog www.torokgaborelemez.blog.hu.<br />

AUS DEM UNGARISCHEN<br />

Demokratische Koalition<br />

Ex-Premier Gyurcsány sinnt auf Konterrevolution<br />

„Komm zurück Feri”: Ex-Premier Gyurcsány würde gleich noch gerne die alte Verfassung mitbringen.<br />

MTI / Vajda János<br />

VON PETER BOGNAR<br />

Rückverwandlung mit der nötigen Legitimität zu<br />

unterfüttern, werde allerdings ein breiterer Konsens<br />

notwendig sein, als jener der künftigen<br />

Regierungsparteien.<br />

Konkrete wirtschaftspolitische<br />

Vorstellungen<br />

Gyurcsány und seine Demokratische Koalition<br />

haben aber auch schon konkrete wirtschaftspolitische<br />

Vorstellungen für die Zukunft. So wollen sie<br />

einen zweiten – weit höheren – Einkommensteuersatz<br />

für Vermögende einführen, Immobilien<br />

mit einem Wert von über 50 Millionen Forint sollen<br />

zudem mit einer Vermögenssteuer besteuert<br />

werden, und ab einer Erbschaft von 20 Millionen<br />

Forint soll es auch eine Erbschaftssteuer geben.<br />

Diese Steuermaßnahmen würden nach den Berechnungen<br />

der DK mindestens 200 Milliarden<br />

Forint jährlich in die Staatskasse spülen. Gelder,<br />

die für den öffentlichen Verkehr dringend notwendig<br />

seien. Diesen will die DK nämlich auf<br />

Vordermann bringen.<br />

Kein verpflichtender<br />

Religionsunterricht mehr<br />

Was die Gesellschaftspolitik angeht, hat die DK<br />

auch schon ihre Vorstellungen. Unter anderem<br />

will sie die finanzielle Privilegierung von kirchlichen<br />

Schulen ab- und darüber hinaus auch den<br />

verpflichtenden Besuch des Religions- und<br />

Ethikunterrichts einstellen. Die DK will außerdem<br />

Studiengebühren einführen, den sozial<br />

Benachteiligten jedoch mit Stipendien unter die<br />

Arme greifen. In der Sozialpolitik hingegen will<br />

sie anstelle der jetzigen Steuerbegünstigungen für<br />

Familien das System der Familienbeihilfe stärken.<br />

Ferenc Gyurcsány und die von ihm angeführte<br />

Plattform „Demokratische Koalition“ hatten sich<br />

im Oktober 2011 von den Sozialisten (MSZP)<br />

abgespalten, woraufhin die Partei Demokratische<br />

Koalition ins Leben gerufen wurde. Die neue<br />

Partei hat laut Népszabadság rund 3.400 registrierte<br />

Mitglieder, etwa 400 Anträge auf<br />

Parteimitgliedschaft sollen noch in Bearbeitung<br />

sein.<br />

PB

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