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Die rechtsverletzende Benutzung im Markenrecht

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Besprechung der Monographie<br />

„<strong>Die</strong> <strong>rechtsverletzende</strong> <strong>Benutzung</strong> <strong>im</strong> <strong>Markenrecht</strong>“<br />

von Thomas Nägele, Baden-Baden 1999<br />

vorgestellt bei dem 1. Praktiker-Seminar der Kanzlei am 28.01.2000<br />

Einleitung:<br />

„Brand“, ist das englische Wort für „Marke“. Hiermit bezeichnete man ursprünglich das<br />

Brandzeichen, welches man seinem Vieh ins Fell brannte, um den Bezug zu einem konkreten<br />

Eigentümer herstellen zu können. Das zeigt auch bereits, warum nach der hergebrachten<br />

Auffassung unter der Geltung des Warenzeichengesetzes von der Rechtsprechung und der<br />

überwiegenden Ansicht in der Literatur allein die Herkunftsfunktion eines Warenzeichens,<br />

also allein der kennzeichenmäßige Gebrauch, rechtlichen Schutz genießen sollte und warum<br />

ein Missbrauch fremder Warenzeichen <strong>im</strong> Wege nicht-kennzeichenmäßigen Gebrauchs notgedrungen<br />

mit Vorschriften des Wettbewerbsrechts bekämpft werden musste.<br />

Mit Inkrafttreten des Markengesetzes zum 01.01.1995 auf der Grundlage der Regelungen<br />

der europäischen Markenrichtlinie wurden die Karten neu gemischt, so dass sich auch die<br />

Frage nach der Reichweite des Markenschutzes neu stellt. <strong>Die</strong> Dissertationsschrift des Autors<br />

befasst sich insoweit schwerpunktmäßig mit der Grundfrage, inwieweit eine Marke auch<br />

gegen einen nicht-marken- bzw. nach der bisherigen Terminologie: nicht-kennzeichenmäßigen<br />

Gebrauch durch einen anderen geschützt ist, ob also das <strong>Markenrecht</strong> als vollwertiges<br />

gewerbliches Schutzrecht nunmehr auch Bereiche, welche bisher mit den Vorschriften<br />

des Wettbewerbsrechts geregelt wurden, abdeckt.<br />

Vielleicht noch einmal zur Erinnerung: Markenschutz entsteht nach § 4 des MarkenG dadurch,<br />

dass man entweder sein Zeichen als Marke in das vom Patentamt geführte Register<br />

eintragen lässt, das Zeichen <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr durch die bereits erfolgte <strong>Benutzung</strong><br />

in den beteiligten Verkehrskreisen als Marke Verkehrsgeltung erworben hat oder es sich<br />

hierbei um eine notorisch bekannte Marke handelt.<br />

Wie weit geht nun aber der Schutz dieser Marke, wenn man mit dem Autor davon ausgeht,<br />

dass sich das neue <strong>Markenrecht</strong> allgemein in die Rubrik des Wettbewerbsrechts einordnen<br />

lässt


- Seite 2 -<br />

Ich möchte das Ergebnis gleich vorweg nehmen, denn die ergebnisorientiert geschriebene<br />

Dissertation nötigt einen förmlich dazu. Sie macht wenig Freude be<strong>im</strong> Lesen, dafür ist sie zu<br />

stark <strong>im</strong> abstrakten Bereich verhaftet, geizt mit lebensnahen Beispielen und plustert sich an<br />

denjenigen Stellen auf, wo das bereits von Anfang der Arbeit an unterschwellig suggerierte<br />

Ergebnis möglicherweise bedroht ist.<br />

Wenn man von der bisherigen Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz und der damaligen<br />

Handhabung in der Praxis nichts gehört oder sich damit nicht befasst hat, dann könnte<br />

man mit ein wenig Nachdenken auch zu dem gleichen Ergebnis kommen, wenn man das<br />

neue Markengesetz einmal in Ruhe liest und den Wortlaut für bare Münze n<strong>im</strong>mt.<br />

Hierin liegt letztlich auch der Ansatzpunkt der Arbeit. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG schützt<br />

eine (bekannte) Marke vor einer Beeinträchtigung ihrer Wertschätzung in unlauterer Weise;<br />

hierzu führt § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG noch ergänzend und hervorhebend aus, dass „insbesondere“<br />

die <strong>Benutzung</strong> einer fremden Marke in der eigenen Werbung eine unerlaubte<br />

Verletzungshandlung darstellen kann. Bereits hieraus kann man schließen – und der Autor<br />

tut es eigentlich auch bereits kurz nach der Einleitung – dass es für die Frage des markenrechtlichen<br />

Schutzbereiches nicht auf eine markenmäßige <strong>im</strong> Sinne einer kennzeichenmäßigen<br />

Nutzung ankommt, um generell einen Markenschutz zu bejahen; de lege lata – so weist<br />

der Autor auf den sodann folgenden 180 Seiten nach – spricht weder auf nationaler noch<br />

europäischer Ebene etwas gegen diese Wertung.<br />

<strong>Die</strong> feine Gliederung und zum Teil differenzierte Betrachtung kann insoweit nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass es sich bei der gutachterlichen Ausarbeitung für den Leser um eine<br />

Art verkapptes Urteil handelt.<br />

Ich werde <strong>im</strong> Nachfolgenden die Ausarbeitung zusammenfassen und, soweit sich bei mir<br />

während der Lektüre auch eigene Gedanken regten, hierauf eingehen.<br />

I.<br />

Am 1. Januar 1995 erging das Deutsche Markengesetz in Umsetzung der europäischen<br />

Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988, der sog. Markenrichtlinie. Sie<br />

war Veranlassung für den deutschen Gesetzgeber, das deutsche Kennzeichenrecht zusammenfassen<br />

und teilweise auch neu zu regeln, wodurch zum Einen das Warenzeichengesetz<br />

wegfiel, zum Anderen aber auch Vorschriften, die bisher <strong>im</strong> BGB, UWG oder HGB einen zumindest<br />

auch kennzeichenmäßigen Schutz entfalteten, neu in das MarkenG eingebracht


- Seite 3 -<br />

wurden. Der Autor weist zutreffend darauf hin, dass durch diesen Neuanfang in der Gesetzgebung<br />

auch die Auslegung des neuen Gesetzes nicht an der bisherigen Rechtslage orientiert<br />

werden sollte.<br />

Wie sich <strong>im</strong> späteren Verlauf der Arbeit noch zeigt, lohnt sich auch der Blick über den nationalen<br />

Tellerrand, da es bei der Umsetzung einer europäischen Richtlinie <strong>im</strong> Hinblick auf das<br />

Verständnis derselben durchaus wichtig ist, zu wissen, wie die anderen europäischen Mitgliedstaaten<br />

der EU diese Richtlinie eigentlich verstanden und dann auch umgesetzt haben.<br />

Wenn, und da weiß sich der Autor auf der sicheren Seite, das Ergebnis seiner Auslegung in<br />

den meisten der anderen Mitgliedstaaten auch vorzufinden ist, kann es eigentlich gar nicht<br />

so falsch sein. <strong>Die</strong>ser rechtsvergleichende Ansatzpunkt erscheint mir sehr interessant; er<br />

bietet sicherlich noch Raum für zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen.<br />

Bei einem ersten Überblick zeigt der Autor kurz auf, dass unter der Geltung des Warenzeichengesetzes<br />

sowohl in Rechtsprechung, als auch in der überwiegenden Ansicht <strong>im</strong> Schrifttum,<br />

warenzeichenmäßiger Schutz nur gegen eine dann auch zeichenmäßige <strong>Benutzung</strong>shandlung<br />

auf Seiten des Verletzers gewährt wurde, denn das Warenzeichen wurde als bloßes<br />

Herkunftszeichen verstanden. Demgegenüber sei die Marke nach dem heutigen allgemeinen<br />

Verständnis als sog. produktidentifizierendes Unterscheidungszeichen anzusehen,<br />

welches ganz andere – zumindest neu gewichtete – Markenfunktionen aufweist, die dann<br />

auch durch das MarkenG geschützt werden. Das Bedürfnis für das untersuchte Werk folgt<br />

daraus, dass die Frage nach dem Erfordernis einer markenmäßigen <strong>Benutzung</strong> als Tatbestand<br />

des Verletzungstatbestands des neuen § 14 MarkenG weder auf nationaler noch auf<br />

europäischer Ebene höchstrichterlich endgültig entschieden ist.<br />

Der Autor versucht sich diesem Problem durch eine Auslegung des § 14 MarkenG, welcher<br />

dem Inhaber einer Marke ein ausschließliches Recht einräumt, zu nähern. In diesem Zusammenhang<br />

untersucht er sodann auch den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift<br />

zu § 14 MarkenG, nämlich § 23 MarkenG, und fragt, ob sich aufgrund der Auslegung möglicherweise<br />

eine tatbestands<strong>im</strong>manente Begrenzung des § 23 ergibt. Sodann gibt der Autor<br />

ein paar einführende Beispielsfälle aus den Bereichen „Abgrenzung bloße Benennung/begleitende<br />

<strong>Benutzung</strong>“, „Markenparodie“ und zu sonstigen Fällen der „Rufanlehnung<br />

oder Rufausbeutung“, „Merchandising von Marken“ und „Konfliktpotential Internet-Domain-<br />

Namen“. Schließlich spricht er auch kurz die interessante Fallgruppe der markenrechtlichen<br />

Remonopolisierung urheberrechtlich gemeinfrei gewordener Werke an.


- Seite 4 -<br />

Das Urheberrecht sieht für den Urheber und seine möglichen Rechtsnachfolger mit der in<br />

§ 64 UrhG geregelten zeitlichen Schranke (70 Jahre nach dem Tode des Urhebers erlischt<br />

das Urheberrecht) eine bewusste Begrenzung der aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht folgenden<br />

Rechtsstellung vor. Von daher spricht dem Grunde nach nichts dagegen, eine Remonopolisierung<br />

über das <strong>Markenrecht</strong> vorzunehmen; es ist dabei natürlich zu beachten,<br />

dass das <strong>Markenrecht</strong> etwas völlig anderes ist als das Urheberrecht. Das Urheberrecht bezieht<br />

sich stets auf das Werk als persönliche Schöpfung des Urhebers, während das <strong>Markenrecht</strong><br />

nur die äußere Form des Werkes als Kennzeichen erfassen kann. Der Autor formuliert<br />

insoweit zutreffend: „Das Urheberrecht betrifft die Formgebung, während das <strong>Markenrecht</strong><br />

nur ein Kennzeichen schützt, auch wenn dieses äußerlich dem Werk entspricht.“ Faktische<br />

Kollisionen und damit Einschränkungen der Gemeinfreiheit eines Werkes können sich<br />

natürlich dann ergeben, wenn der Markeninhaber Benutzer des urheberrechtlich gemeinfreien<br />

Werkes abmahnt und seine Rechte aus der Marke geltend macht. Hier kann man <strong>im</strong> Vorfeld<br />

schon überlegen, ob die in einer best<strong>im</strong>mten Branche übliche Verwendung eines gemeinfreien<br />

Werkes nicht auch bereits ein absolutes Eintragungshindernis <strong>im</strong> Sinne von § 8<br />

Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Durchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen) darstellt. Ist es zu<br />

einer Eintragung gekommen, so bieten sich zwei Wege an, gegen eine markenrechtliche<br />

Inanspruchnahme vorzugehen: Zum Einen nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB <strong>im</strong> Rahmen der<br />

hiermit verbunden Güterabwägung oder aber nach § 1 UWG als Schranke einer <strong>Markenrecht</strong>sdurchsetzung,<br />

da das <strong>Markenrecht</strong> selbst einen Teil des Wettbewerbsrechts bildet. Der<br />

Autor wird am Ende seiner Arbeit dazu raten, auf dem letztgenannten Weg vorzugehen.<br />

Bei sämtlichen Fallgruppen fällt auf, dass der Autor bemüht ist, die Beispiele abstrakt zu umschreiben<br />

und den Lebenssachverhalt kurz in der Fußnote anzusprechen. Hier wäre sicherlich<br />

Gelegenheit gewesen, die trockene Thematik leserfreundlicher und lebendiger zu gestalten;<br />

ich meine, dies hätte auch dem Charakter einer Dissertationsschrift nicht widersprochen.<br />

Ansonsten fällt hier auf, dass der Autor die Thematik <strong>im</strong>mer dann sehr eng setzt, wenn es<br />

spannend wird. Der Autor verweist stets auf die erforderliche Einzelfallprüfung, er spricht<br />

praktisch relevante Fragen an und stellt sodann fest, dass diese nicht den Gegenstand der<br />

vorliegenden Arbeit bilden. Das ist aus Sicht des Autors völlig zutreffend, für den nach Praxisnutzen<br />

strebenden Leser aber stellenweise unbefriedigend.<br />

Der Autor weist dann nach, dass nach Auffassung des Gesetzesgebers des Warenzeichengesetzes<br />

der Schutz des Warenzeichens vor einem zeichenmäßigen Gebrauch durch den<br />

Verletzer geschützt war und insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung über Jahrzehnte<br />

dieses Verständnis vertrat. Dem Warenzeichen wurde eine ausschließliche Herkunftskennzeichenfunktion<br />

zugesprochen, so dass der Schutzbereich des Zeicheninhabers


- Seite 5 -<br />

dem korrespondierend auch nur durch eine zweckentsprechende Verwendung seitens eines<br />

Dritten verletzt werden konnte. Der Schutzbereich des Warenzeichens ist daher eng mit der<br />

Frage verknüpft, welche Funktion man dem Warenzeichen einräumt. Sieht man hierin nur die<br />

Funktion, dass die Ware hierdurch be-zeichnet und damit gleichzeitig ge-zeichnet wird, dann<br />

lägen andere wirtschaftliche Verwendungsarten außerhalb des Zeichenrechts nicht <strong>im</strong><br />

Schutzbereich des Warenzeichenrechts.<br />

Der Autor referiert sodann die maßgeblichen Literaturmeinungen, welche ebenfalls Schutz<br />

nur gegen einen warenzeichenmäßigen Gebrauch des Verletzerzeichens einräumen wollten.<br />

Das Warenzeichen wurde insoweit also nur als Unterscheidungsmittel verstanden und die<br />

heutzutage <strong>im</strong> Wesentlichen maßgebende Werbefunktion nur als unselbständige Ableitung<br />

aus dieser Herkunftsfunktion angesehen. <strong>Die</strong> vom Autor genannten Gegenmeinungen, welche<br />

sich durch den wenig aussagekräftigen Wortlaut des § 15 WarenzeichenG, nämlich das<br />

Erfordernis einer „widerrechtlichen <strong>Benutzung</strong> des Warenzeichens <strong>im</strong> geschäftlichen<br />

Verkehr“, nicht an einem anderweitigen Verständnis der Warenzeichenfunktion gehindert<br />

sahen, vertraten dann auch die Meinung, dass die Herkunftsfunktion, gerade entgegengesetzt<br />

der damals herrschenden Ansicht, der Werbefunktion nur diene, da Letztere <strong>im</strong> geschäftlichen<br />

Verkehr eine überragende Bedeutung eingeräumt werde. Dem korrespondiere<br />

auch das vermehrte Auftreten von reinen Phantasiezeichen, welche keinerlei Herkunftshinweis<br />

auf ein konkretes Unternehmen mehr enthielten.<br />

Der Autor äußert unterschwellig Sympathie für die damals vertretene Gegenmeinung, verständlich,<br />

denn diese entspricht auch der von ihm jetzt vertretenen Ansicht, möchte aber den<br />

damaligen Streit nicht entscheiden und benennt daher nur die jeweiligen Argumente. In der<br />

Tat ist es wohl auch so, dass die damals gültigen Gesetzesvorschriften zur Stützung beider<br />

Ansichten taugten, je nach Argumentationsaufwand.<br />

Der Autor bemerkt, dass § 14 MarkenG ausdrücklich kein Erfordernis einer markenmäßigen<br />

<strong>Benutzung</strong> als Tatbestandsmerkmal des markenrechtlichen Verletzungstatbestandes erwähnt.<br />

Er wendet sich dann kurz dem Ausnahmetatbestand des § 23 MarkenG zu und stellt<br />

insoweit fest, dass zumindest dem Wortlaut nach § 23 sowohl markenmäßige als auch nichtmarkenmäßige<br />

<strong>Benutzung</strong>shandlungen gestatte, sofern diese nicht gegen die guten Sitten<br />

verstoßen. Da sich § 14 und § 23 MarkenG als Regel-Ausnahmevorschrift verstehen, muss<br />

die tatbestandliche Reichweite der Regelung <strong>im</strong> Ausnahmetatbestand auch auf die tatbestandliche<br />

Reichweite des Verletzungstatbestandes durchschlagen. Der Autor kommt zum<br />

Schluss, dass der Markeninhaber hiernach alle <strong>Benutzung</strong>shandlungen <strong>im</strong> geschäftlichen<br />

Verkehr verbieten kann, soweit sie nicht unter § 23 Nr. 1-3 MarkenG subsumierbar sind oder


- Seite 6 -<br />

soweit sie in sittenwidriger Weise erfolgen. Der Autor macht an dieser Stelle aber auch deutlich,<br />

dass diese erste Deutungsmöglichkeit des § 23 MarkenG, nämlich mögliche Freistellung<br />

von markenmäßigem und nicht-markenmäßigem Gebrauch des Verletzerzeichens, noch<br />

nicht endgültig ist, sondern nur nach einer genauen Bewertung des § 14 MarkenG abschließend<br />

entschieden werden kann. Wie sich später noch zeigt, gilt für § 23 MarkenG die Anwendungsschranke,<br />

dass die freizustellende (nicht sittenwidrige) <strong>Benutzung</strong> einer beschreibenden<br />

Angabe nicht-kennzeichenmäßig erfolgt.<br />

Der Autor prüft die derzeitige höchstrichterliche Rechtsprechung und kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass sich nur in mehreren obiter dicta des BGH eine gewisse Tendenz andeute, an der<br />

überkommenen Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz hinsichtlich des Erfordernisses<br />

einer warenzeichenmäßigen <strong>Benutzung</strong> seitens des Verletzers auch unter der Geltung des<br />

neuen Markengesetzes festzuhalten. Eine entsprechende Tendenz sei auch bei einigen o-<br />

bergerichtlichen Entscheidungen festzustellen. <strong>Die</strong> Literatur ist nach Auffassung des Autor<br />

gespalten, ohne dass sich eine herrschende Meinung feststellen ließe. Damit ist natürlich<br />

auch das richtige Beet bereitet, um sich <strong>im</strong> Rahmen einer Dissertation mit dieser Frage zu<br />

befassen.<br />

II.<br />

Der Autor legt sodann § 14 MarkenG nach der althergebrachten Auslegungslehre aus. Er<br />

stellt unter dem Aspekt der Wortlaut-Auslegung fest, dass die in § 14 MarkenG aufgeführte<br />

„<strong>Benutzung</strong>“ als solche neutral ist und auch die Verwendung des Begriffs „Zeichen“ in § 14<br />

Abs. 2-5 MarkenG nicht weiterhilft. Ein Zeichen werde erst dadurch zur Marke, dass es in<br />

Bezug zu Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen eines Unternehmens gesetzt wird, für die es Unterscheidungseignung<br />

besitzt. <strong>Die</strong> Begriffe entsprechen sich nicht ganz, da ein „Zeichen“ nach<br />

§ 23 Nr. 2 MarkenG auch rein beschreibend eingesetzt werden kann, also gerade nicht als<br />

Marke <strong>im</strong> kennzeichenrechtlichen Sinn benutzt wird und dennoch verboten werden kann,<br />

wenn die <strong>Benutzung</strong> gegen die guten Sitten verstößt.<br />

Da der Wortlaut der Vorschrift also keine entscheidenden Hinweise liefert, folgt eine gründliche<br />

systematische Auslegung. Der Autor stellt insofern zutreffend fest, dass die Gewährung<br />

eines Ausschließlichkeitsrechts in § 14 Abs. 1 MarkenG über die Reichweite dieses<br />

Rechts noch gar nichts aussagt. Eine derartige Reichweitenbest<strong>im</strong>mung kann zunächst nur<br />

über die in § 14 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG enthaltenen markenrechtlich relevanten Kollisionstatbestände<br />

erfolgen. Der Autor weist darauf hin, dass § 14 Abs. 2 Nr. 2 auch vor einer Verwechslungsgefahr<br />

schützt, eine solche aber gerade durch <strong>Benutzung</strong>shandlungen außerhalb


- Seite 7 -<br />

des Bereichs eines zeichenmäßigen Gebrauchs verursacht werden kann, z. B. <strong>im</strong> dekorativen<br />

Gebrauch einer fremden Marke <strong>im</strong> Hintergrund einer geschalteten Werbeanzeige oder<br />

<strong>im</strong> Bereich des Merchandising. § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG dehnt die Rechte des Markeninhabers<br />

zu dem auf jedwede Verwendung des Zeichens in der Werbung aus; gerade die Werbung<br />

ist aber kein typischer Fall eines kennzeichenmäßigen Gebrauchs. Da die gesamte<br />

Vorschrift einheitlich zu handhaben und auszulegen ist, muss der <strong>Benutzung</strong>sbegriff in den<br />

Nummern 1-3 des § 14 Abs. 2 MarkenG einheitlich verstanden werden und damit nicht nur<br />

über die Nr. 2, sondern auch insgesamt Fälle eines nichtkennzeichenmäßigen Gebrauchs<br />

erfassen. Zumindest, so merkt der Autor an, geben sich auch aus der inneren Systematik<br />

heraus keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung der einzelnen Verbotstatbestände.<br />

Im Rahmen der äußeren Systematik mit den weiteren Vorschriften des Markengesetzes<br />

stellt der Autor angesichts der weiten Fassung des § 23 MarkenG fest, dass dort das Merkmal<br />

eines markenmäßigen Gebrauchs nur ein Indiz <strong>im</strong> Rahmen der Sittenwidrigkeit als<br />

Rückausnahme von der Freistellung des § 23 MarkenG darstelle, was wiederum den<br />

Schluss zulasse, dass auch der Verletzungstatbestand des § 14 MarkenG möglichst weit zu<br />

fassen ist. Der Schutzbereich des § 15 MarkenG, welcher sich mit dem Recht des Inhabers<br />

einer geschäftlichen Bezeichnung befasst, ist ebenfalls weit zu fassen und umfasst jede<br />

<strong>Benutzung</strong> eines zu der geschäftlichen Bezeichnung kollidierenden Zeichens <strong>im</strong> geschäftlichen<br />

Verkehr. Das Markengesetz schützt Marken und Geschäftszeichen in gleicher Weise;<br />

beide sind gleichwertig. Auch dies führt <strong>im</strong> Rahmen einer einheitlichen Auslegung dazu, den<br />

Schutzbereich in § 14 MarkenG möglichst weit zu fassen und auch einen nichtkennzeichenmäßigen<br />

Gebrauch abzudecken.<br />

§ 127 MarkenG regelt den Schutzinhalt für geographische Herkunftsangaben und spricht<br />

in seinem Abs. 3 einen ausdrücklichen Schutz vor Rufausbeutung aus. Rufausnutzungs- und<br />

Rufausbeutungsfälle, insbesondere bei vergleichender Werbung, stellen aber nun gerade<br />

eine Fallgruppe aus dem Bereich außerhalb des kennzeichenmäßigen Gebrauchs dar. Würde<br />

man <strong>im</strong> Rahmen des § 127 Abs. 3 MarkenG zwingend eine kennzeichenmäßige Verwendung<br />

des Kollisionszeichens durch den Verletzer fordern, dann würde bei bekannten Marken<br />

stets auch der Schutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG eingreifen und dann hätte diese Vorschrift<br />

gar keinen eigenständigen Anwendungsbereich. Von daher muss sie Schutz auch<br />

außerhalb des kennzeichenmäßigen Gebrauchs gewähren. Das lässt sich hören. Warum der<br />

Anwendungsbereich des § 14 enger sein soll, ist nach Auffassung des Autors nicht einzusehen.


- Seite 8 -<br />

Der Autor weist schließlich noch darauf hin, dass sich § 26 MarkenG mit dem Begriff der<br />

„rechtserhaltenden <strong>Benutzung</strong>“ befasse, und daher keine Rückschlüsse auf den Begriff der<br />

„<strong>rechtsverletzende</strong>n <strong>Benutzung</strong>“ ermögliche, da die jeweiligen Normen eine unterschiedliche<br />

Schutzrichtung haben. Interessant ist ein Hinweis auf § 24 MarkenG, nämlich den Grundsatz<br />

der EU-weiten Erschöpfung. Ein Verbotsrecht gegenüber einem dritten Markennutzer entfällt<br />

hiernach, wenn die Ware vom Markeninhaber oder mit seiner Zust<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> Bereich der<br />

europäischen Union in den Verkehr gebracht worden ist. Im Vergleich zum bisherigen Richter-Recht<br />

(internationale Erschöpfung) hat daher eine Einschränkung des Erschöpfungsgrundsatzes<br />

stattgefunden, so dass hiermit auch eine Einschränkung der Lehre von der Herkunftsfunktion<br />

verbunden wäre; wenn, so der Autor, die Herkunftsfunktion auch weiterhin<br />

maßgebend sei, dann hätte es ja auch bei dem Grundsatz der internationalen Erschöpfung<br />

verbleiben müssen. Letztlich, so räumt er aber ein, liegt dem Erschöpfungsgrundsatz <strong>im</strong><br />

neuen § 24 MarkenG unstreitig eine rechtspolitische und nicht eine markenfunktionale Erwägung<br />

des Gesetzgebers zugrunde.<br />

Im Rahmen seiner systematischen Auslegung kommt der Autor schließlich zu dem Ergebnis,<br />

dass der Verletzungstatbestand des § 14 auch <strong>im</strong> Bereich der außermarkenmäßigen <strong>Benutzung</strong><br />

schützt.<br />

Bei seiner historischen Auslegung berücksichtigt der Autor die amtliche Begründung des<br />

Regierungsentwurfs zur Reform des <strong>Markenrecht</strong>s, wobei er nachweist, dass sich die dortigen<br />

Ausführungen zur Verwechslungsgefahr auf alle Fälle einer <strong>Benutzung</strong> <strong>im</strong> geschäftlichen<br />

Verkehr beziehen. Der Gesetzgeber spricht insofern nicht von einem Irrtum über die<br />

Herkunftsidentität der Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen, welche als aus einem best<strong>im</strong>mten Herstellerbetrieb<br />

stammend gekennzeichnet sind, sondern über einen Irrtum über die mögliche<br />

Hersteller- oder gar Produktidentität. Anders ausgedrückt: Es genügt nunmehr nach Auffassung<br />

des Gesetzgebers, dass die beteiligten Verkehrskreise ein Kollisionszeichen gedanklich<br />

mit Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen des Markeninhabers in Verbindung bringen.<br />

Der Autor kann schließlich noch aus der amtlichen Begründung zu § 23 MarkenG, dem Ausnahmetatbestand<br />

zu § 14 MarkenG, Honig saugen, denn dort heißt es, dass gemeinsame<br />

Voraussetzung für die in § 23 MarkenG aufgeführten Fallgruppen sei, dass die <strong>Benutzung</strong><br />

nicht gegen die guten Sitten verstoße, also <strong>im</strong> Einklang mit den Grundsätzen eines lauteren<br />

Wettbewerbs steht, so dass es künftig nicht mehr auf die kennzeichenmäßige oder nichtkennzeichenmäßige<br />

Verwendung ankomme. Wenn dem so ist, folgert der Autor, muss der<br />

Verletzungstatbestand des § 14 MarkenG grundsätzlich auch gegen eine nichtmarkenmäßige<br />

<strong>Benutzung</strong> der Marke schützen, weil es sonst eines Ausnahmetatbestandes


- Seite 9 -<br />

(§ 23 MarkenG), der den nicht-markenmäßigen Gebrauch <strong>im</strong> Falle der Lauterkeit freistelle,<br />

nicht bedürfte. Das Argument überzeugt. Da es keine anderslautenden Fundstellen in der<br />

amtlichen Begründung gibt, welche auf das Gegenteil hindeuten, sieht sich der Autor auch<br />

nach der historischen Auslegung in dem bereits eingangs gefundenen Ergebnis bestätigt.<br />

Im Rahmen der nun folgenden teleologischen Auslegung best<strong>im</strong>mt der Autor den Normbereich<br />

des § 14 MarkenG, also den hierdurch zu regelnden Ausschnitt aus der sozialen Lebenswirklichkeit.<br />

Zur Best<strong>im</strong>mung des Schutzbereichs des <strong>Markenrecht</strong>s zieht er sodann alle<br />

festgestellten Markenfunktionen heran und legt deren Verhältnis zueinander und damit ihre<br />

Bedeutung <strong>im</strong> Rahmen des Markenschutzes fest.<br />

Im Rahmen dieser Bewertung kann der Autor auf viele Gesichtspunkte zurückgreifen, die er<br />

bereits <strong>im</strong> Vorstehenden erörtert hat. Er stellt fest, dass die Herkunftsfunktion eines Warenzeichens<br />

nicht mehr deren alleinige Funktion sei, sondern dass auch andere, neue Funktionen<br />

hinzugekommen seien, welche dem <strong>Markenrecht</strong> eine neue eigenständige Prägung geben.<br />

Während das ursprüngliche Warenzeichen sowohl in Entstehung als auch Fortbestand<br />

streng akzessorisch zu dem Geschäftsbetrieb seines Inhabers war und damit für seine Übertragung<br />

grundsätzlich auch die gleichzeitige Übertragung des Geschäftsbetriebes erfolgen<br />

musste, was zur Folge hatte, dass zur Zeit der Geltung des Warenzeichengesetzes die Praxis<br />

zu einer schuldrechtlichen Lizenzgewährung anstelle eines Übertragungsaktes überging,<br />

ist nach § 27 MarkenG eine Marke nunmehr frei übertragbar. <strong>Die</strong>s ist eine Folge ihrer Stellung<br />

als selbständiges Vermögensrecht. <strong>Die</strong>se völlige Loslösung der Marke von einem Geschäftsbetrieb<br />

lässt aber dann keinen Raum mehr für eine Herkunftsfunktion <strong>im</strong> herkömmlichen<br />

Sinne, also einem Hinweis auf eine best<strong>im</strong>mte Herkunftsstätte der Waren; bereits dies<br />

spricht für einen Funktionswandel des Warenzeichens.<br />

Der Autor wird sodann auch noch in der Rechtsprechung des EUGH fündig, welcher die<br />

Herkunftsfunktion eines Warenzeichens als Hauptfunktion bezeichnet, damit aber auch<br />

Raum für weitere Zeichenfunktionen offen lässt.<br />

Der Autor extrahiert sodann aus dem Wortlaut des Markengesetzes die gesetzlich geregelten<br />

und damit anerkannten Markenfunktionen. <strong>Die</strong>s ist zum Einen die in § 3 MarkenG geregelte<br />

Unterscheidungsfunktion als maßgebliche Grundfunktion einer Marke. Marken ohne<br />

jegliche Unterscheidungskraft sind nämlich auch grundsätzlich von einer Eintragung ausgeschlossen<br />

– es sei denn, sie besäßen eine derartige Verkehrsgeltung, dass sie hiermit die<br />

fehlende Unterscheidungskraft überwinden könnten (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Dem korrespondiert<br />

§ 50 MarkenG, welcher die Löschung solcher Marken mit fehlender Unterscheidungs-


- Seite 10 -<br />

kraft regelt. Unterfall der Unterscheidungsfunktion ist die Herkunftsfunktion, welche den<br />

Rückschluss auf ein best<strong>im</strong>mtes Unternehmen des Markeninhabers zulässt.<br />

<strong>Die</strong>se Herkunftsfunktion wird durch eine Reihe weiterer, nunmehr ausdrücklich anerkannter<br />

Markenfunktionen ergänzt, wie insbesondere die Qualitätsfunktion und die Werbefunktion.<br />

Der Autor weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es bereits in den Erwägungsgründen<br />

zur Markenrichtlinie heißt, dass es „insbesondere“ um den Schutz der Herkunftsfunktion<br />

einer Marke gehe. Eine bekannte Marke genießt durch § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG<br />

Schutz ihres Rufes und ihrer Wertschätzung, also einen Schutz des in der Marke verkörperten<br />

good wills. Hierdurch wird auch eine ökonomische Funktion der Marke geschützt, namentlich<br />

die Werbefunktion als, so der Autor, Unterfunktion der „Identifizierungs- und Kommunikationsfunktion“<br />

(letztere als Kommunikation mit dem Markt und den Verbrauchern).<br />

Dass die Werbefunktion eine maßgebliche neue Markenfunktion ist, wird auch durch § 14<br />

Abs. 3 Nr. 5 bestätigt, welcher ausdrücklich den Bereich der Verwendung der Marke in der<br />

Werbung anspricht.<br />

Schließlich beschreibt der Autor auch die sog. Qualitätsfunktion, welche besagt, dass gleich<br />

markierte Produkte eine <strong>im</strong> Wesentlichen gleiche Qualität, also sowohl generell untereinander<br />

als auch <strong>im</strong> Laufe der Zeit <strong>im</strong> Verhältnis zu neuen gleich markierten Produkten, aufweisen.<br />

Der Autor weist unter dem Gesichtspunkt der Schutznormtheorie zutreffend darauf hin, dass<br />

hiermit kein eigenes Klagerecht des Verbrauchers einher geht, mit dem dieser die gleichbleibende<br />

best<strong>im</strong>mte Qualität eines Markenprodukts verlangen könnte.<br />

Der Autor macht <strong>im</strong> Hinblick auf die Qualitätsfunktion einer Marke dann noch deutlich, dass<br />

der Erschöpfungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 MarkenG keine Anwendung findet, wenn sich<br />

der Zustand der Ware nach dem ersten In-Verkehr-bringen verschlechtert hat – was einen<br />

unmittelbaren Schutz der Qualitätsfunktion einer Marke bedeutet – und nach § 30 Abs. 2<br />

Nr. 5 MarkenG ein Markeninhaber aus seinem <strong>Markenrecht</strong> gegen einen Lizenznehmer vorgehen<br />

kann, wenn die Qualität der von dem Lizenznehmer hergestellten und vertriebenen<br />

Waren nicht den Best<strong>im</strong>mungen des Lizenzvertrages entspricht. Insoweit muss man aber<br />

auch noch einmal herausstellen, dass die vom Lizenzgeber erwarteten Qualitätsanforderungen<br />

konkret <strong>im</strong> Lizenzvertrag geregelt werden müssen, um die Rechtsfolge des § 30 Abs. 2<br />

Nr. 5 MarkenG herbeiführen zu können.


- Seite 11 -<br />

Aus dem gegenüber der bisherigen Rechtslage nunmehr ausdrücklichen Schutz der Werbefunktion<br />

und ihrem Zusammenspiel mit den anderen Markenfunktionen folgert der Autor,<br />

dass die Marke gewerbliches Schutzrecht wie alle anderen, bisher existierenden gewerblichen<br />

Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster) ist und diesen in nichts<br />

nachsteht. Von daher ist auch jede Form der vergleichenden Werbung grundsätzlich als<br />

markenrechtliche Verletzungshandlung anzusehen, da sie die Werbefunktion der Marke beeinträchtigt.<br />

Der Autor stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob daneben noch – wie bisher – in der Fallgruppe<br />

der Rufausbeutung bei bekannten Marken auf § 1 UWG (Behinderung <strong>im</strong> Wettbewerb)<br />

und bei berühmten Marken auf § 823 Abs. 1 BGB (Schutz des eingerichteten und<br />

ausgeübten Gewerbebetriebs) zurückgegriffen werden muss. Der Autor stellt fest, dass eine<br />

vollständige Anspruchskonkurrenz zum allgemeinen Wettbewerbsrecht allein aus dem Grunde<br />

nicht mehr gegeben ist, da das <strong>im</strong> Rahmen des UWG erforderliche „konkrete Wettbewerbsverhältnis“<br />

von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht gefordert wird. Da die Rechtsprechung<br />

<strong>im</strong> Rahmen des § 1 UWG den Begriff des „konkreten Wettbewerbsverhältnisses“ extensiv<br />

auslegte, beispielsweise bereits annahm, wenn die verwendete Kennzeichnung objektiv zu<br />

einer Lizenzierung geeignet war, um zu einer Anwendbarkeit des § 1 UWG zu kommen,<br />

meint der Autor, dass es dieser Anstrengungen bei einer Beschränkung auf die Anspruchsgrundlage<br />

des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nicht mehr bedarf, und diese daher einschlägig<br />

sei.<br />

Ich möchte hier aber darauf hinweisen, dass der BGH <strong>im</strong> seiner „MAC Dog“ Entscheidung<br />

aus dem Jahre 1998 (WRP 1998, Seite 1181) bei der parallelen Fallgestaltung der bekannten<br />

geschäftlichen Bezeichnungen (§ 15 Abs. 3 MarkenG) eine gleichzeitige Anwendung des<br />

§ 1 UWG ausdrücklich für den Fall der „Behinderung“ <strong>im</strong> Wettbewerb anerkannt hat, da insoweit<br />

gerade kein Schutz nach dem MarkenG gewährt wird. Dort ist nämlich nur von „Ausnutzung“<br />

oder „Beeinträchtigung“ der Unterscheidungskraft bzw. der Wertschätzung einer<br />

geschäftlichen Bezeichnung die Rede (§ 15 Abs. 2 und 3 MarkenG). Für den wortgleichen §<br />

14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG kann nichts anderes gelten.<br />

Der Autor folgert schließlich aus der gewandelten Funktionenlehre hinsichtlich eines Warenkennzeichens,<br />

dass nunmehr der Markeninhaber auch dann in seinen Rechten verletzt wird,<br />

wenn der Dritte nicht nur seine eigenen Produkte mit der Marke markiert, sondern auch<br />

sonst in unmittelbarer oder mittelbarer Weise die Zuordnung der Marke zum Markeninhaber<br />

und die von ihr erfassten Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen stört, insbesondere in der Form eines<br />

In-Beziehung-Setzens zu seinen eigenen Produkten oder dadurch, dass den Produkten des


- Seite 12 -<br />

Markeninhabers andere Eigenschaften oder ein anderes Image beigelegt wird, als dies der<br />

Markeninhaber durch die Kennzeichnung des Produkts mit der Marke getan hat. <strong>Die</strong> Marke<br />

wird als auch vor der Übertragung eines falschen Images geschützt.<br />

Man möchte hinzufügen, dass diese Auffassung heutzutage gerade unter Jugendlichen stark<br />

ausgeprägt ist, die Marke also nicht nur eine gewisse Qualitätserwartung vermittelt, sondern<br />

auch einen Imagetransfer von der Marke auf den Besitzer eines Produkts, welches mit der<br />

Marke bezeichnet ist, bewirkt. <strong>Die</strong>s spricht in der Tat dafür, dass die von dem Autor ausführlich<br />

begründete Werbefunktion eine <strong>im</strong>mer entscheidendere Bedeutung hat und daher eine<br />

Beeinträchtigung des Markeninhabers in dem Bereich, in welchem er versucht, mit seiner<br />

Marke ein gewisses Unternehmens-Image und eine gewisse Qualitätserwartung der<br />

Verbraucher aufzubauen, nach dem neuen <strong>Markenrecht</strong> untersagt werden kann, insbesondere<br />

aufgrund § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 3 Nr. 5 MarkenG.<br />

All dies zeigt, dass in besonders hervorgehobener Weise die nunmehr gesetzlich anerkannte<br />

Werbefunktion einer Marke gerade durch nicht kennzeichenmäßige <strong>Benutzung</strong>shandlungen<br />

beeinträchtigt werden kann. Der Markeninhaber hat also ein Werbemonopol für die <strong>Benutzung</strong><br />

der Marke in der Werbung, und eine solche kann sowohl kennzeichenmäßig als auch<br />

nicht-kennzeichenmäßig erfolgen. <strong>Die</strong>sem alleinigen <strong>Benutzung</strong>srecht des Markeninhabers,<br />

welches ausdrücklich gesetzlich anerkannt ist, muss dann aber auch ein entsprechendes<br />

Verbietungsrecht korrespondieren.<br />

Der Autor stellt schließlich <strong>im</strong> Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung noch fest,<br />

dass die Generalklausel des § 14 Abs. 1 MarkenG (dem Markeninhaber wird ein ausschließliches<br />

Recht gewährt) die ausreichende Möglichkeit einer Güterabwägung mit kollidierenden<br />

Verfassungswerten <strong>im</strong> Einzelfall ermöglicht. Als Zwischenergebnis steht damit fest, dass der<br />

Markeninhaber bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2<br />

Nr. 1-3 MarkenG sowohl vor einer markenmäßigen als auch vor einer nicht-markenmäßigen<br />

<strong>Benutzung</strong> des Verletzerzeichens <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr geschützt wird. Ich st<strong>im</strong>me dem<br />

zu.<br />

III.<br />

Der Autor überprüft sodann das gefundene Ergebnis <strong>im</strong> Rahmen einer europarechtskonformen<br />

Auslegung an der vom nationalen Gesetzgeber umzusetzenden Markenrichtlinie. Er<br />

stellt insoweit fest, dass die Markenrichtlinie zunächst nur eine Mindestregelung über den<br />

zwingenden markenrechtlichen Schutzstandard in den Mitgliedstaaten der EU trifft. Er führt


- Seite 13 -<br />

aus, dass die Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Markenrichtlinie, welche den Mitgliedstaaten freistellt,<br />

die Marke auch vor einem anderen Gebrauch des Verletzerzeichens als dem zum<br />

Zwecke der Unterscheidung von Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen zu schützen, nicht zwingend<br />

zu der Annahme führt, dass der über die Markenrichtlinie eröffnete Schutz der Marke stets<br />

einen markenmäßigen Gebrauch des Verletzerzeichens voraussetze.<br />

In der Tat belässt der europäische Richtliniengeber den Mitgliedstaaten die Regelungskompetenz<br />

in diesem Bereich, so dass man mit dem Autor sagen kann, dass die Markenrichtlinie<br />

auch Regelungen zum Schutz der Marke gegen einen nicht-markenmäßigen Gebrauch in<br />

originär markenrechtlichen Vorschriften zulässt, insoweit aber selbst keine ausdrückliche<br />

Regelung trifft. Art. 5 Abs. 5 der Markenrichtlinie dient damit gerade als Beleg dafür, dass der<br />

Gesetzgeber ohne weiteres differenzieren konnte:<br />

Das Wettbewerbsrecht mag <strong>im</strong> Hinblick auf den Markenschutz unter der Generalklausel der<br />

Sittenwidrigkeit in § 1 UWG angreifen, das Deliktsrecht sich auf den Unternehmensschutz in<br />

§ 823 Abs. 1 BGB beziehen und das <strong>Markenrecht</strong> die Marke als ausschließliches gewerbliches<br />

Schutzrecht des Markeninhabers regeln. § 14 MarkenG steht es danach frei, den durch<br />

Art. 5 Abs. 5 der Markenrichtlinie offengelassenen Bereich des Markenschutzes außerhalb<br />

des Bereichs des markenmäßigen Gebrauchs zu regeln. Damit kann das bisher vom Autor<br />

gefundene Ergebnis stehen bleiben. Er weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin,<br />

dass das für die Entwicklung der Begründung eines selbständigen Schutzes der Werbefunktion<br />

einer Marke so wichtige Regelungswerk in § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG wortgleich mit<br />

dem Art. 5 Abs. 2 der Markenrichtlinie ist.<br />

Bei einem Seitenblick auf die Gemeinschaftsmarkenverordnung stellt der Autor dann noch<br />

fest, dass diese <strong>im</strong> dortigen Art. 9 Abs. 1 lediglich eine <strong>Benutzung</strong> <strong>im</strong> „geschäftlichen Verkehr“<br />

voraussetze und damit gerade nicht zwingend auf das Erfordernis einer markenmäßigen<br />

<strong>Benutzung</strong> schließen lasse. Im Hinblick auf das pr<strong>im</strong>äre Gemeinschaftsrecht, also den<br />

EWG-Vertrag, zeigt ein Blick auf die den EWG-Vertrag auslegende Rechtsprechung des<br />

EUGH, dass der Markeninhaber davor geschützt werden soll, dass Dritte die Marke und die<br />

dadurch repräsentierte Marktstellung des Markeninhabers beeinträchtigen, indem sie die<br />

Marke widerrechtlich für andere Waren als die des Markeninhabers verwenden. <strong>Die</strong> Fallgruppen<br />

der Markenverwechslung, Marktverwirrung oder auch des Imageschadens der Ware<br />

durch die Inbezugnahme eines Dritten stellen aber gerade Fälle eines außerzeichenmäßigen<br />

Gebrauchs des Kollisionszeichens dar, so dass zum Schutz des spezifischen Gegenstands<br />

des <strong>Markenrecht</strong>s <strong>im</strong> Sinne der Rechtsprechung des EUGH die Marke auch gegen eine<br />

nicht-kennzeichenmäßige <strong>Benutzung</strong> des Verletzerzeichens geschützt werden muss.


- Seite 14 -<br />

Der Autor stellt sodann den interessanten Seitenblick auf die in den weiteren Mitgliedsstaaten<br />

der EU parallel erfolgte Umsetzung der Markenrichtlinie an. <strong>Die</strong>ser Blick über den nationalen<br />

Tellerrand hinaus zeigt das dortige Verständnis eines europaweit einheitlichen Markenschutzes.<br />

Wie sich zeigt, und hier hätte man sich schon eine etwas intensivere Aufarbeitung<br />

gewünscht, scheint <strong>im</strong> Ergebnis eine weite Auslegung des deutschen markenrechtlichen<br />

Verletzungstatbestandes angebracht, um eine europaweit einheitliche Regelung voranzubringen.<br />

<strong>Die</strong> gesetzliche Regelung in den Benelux-Staaten erstreckt den Schutzbereich der Marke<br />

ohne weitere auch auf nicht-markenmäßige <strong>Benutzung</strong>shandlungen.<br />

Auch in Großbritannien führte die Rechtsprechung des High Court, insbesondere in Fällen<br />

der vergleichenden Werbung, zu einem Verständnis des dortigen Umsetzungsgesetzes, wonach<br />

der Markenschutz, da nur irgendeine <strong>Benutzung</strong> <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr vorausgesetzt<br />

wird, keine markenmäßige <strong>Benutzung</strong> des Verletzerzeichens voraussetze.<br />

<strong>Die</strong> französische Regelung ist vom Wortlaut her mehrdeutig, insoweit lässt sich aber feststellen,<br />

dass <strong>im</strong> Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage die dortige Beschränkung auf einen<br />

rein kennzeichenmäßigen Gebrauch in Fortfall gekommen ist. Nach der Rechtsprechung des<br />

Cour de Cassation, ebenfalls herausgebildet in den Fällen vergleichender Werbung, hat sich<br />

daher die Auffassung durchgesetzt, dass auch das französische <strong>Markenrecht</strong> bei der Anwendung<br />

des markenrechtlichen Verletzungstatbestandes nicht zwischen markenmäßigem<br />

und nicht-markenmäßigem Gebrauch unterscheide.<br />

Der Autor stellt dann noch fest, dass nach der spanischen Gesetzeslage wohl nur der<br />

kennzeichenmäßige Gebrauch geschützt sei. Er versucht insoweit mit einer europarechtskonformen<br />

Auslegung zu helfen, verfolgt diesen Ansatzpunkt jedoch nicht weiter.<br />

Gleiches gilt für Griechenland, wo die Frage nach dem Erfordernis einer markenmäßigen<br />

<strong>Benutzung</strong> wiederum nicht ausdrücklich geregelt wird.<br />

In Schweden, Finnland und Dänemark ist die Marke gegen einen nichtkennzeichenmäßigen<br />

Gebrauch des Verletzerzeichens geschützt, in Italien gibt das italienische<br />

Markengesetz zumindest seinem Wortlaut nach keine Beschränkungen des Verletzungstatbestandes<br />

auf eine kennzeichenmäßige <strong>Benutzung</strong> wider, so dass ebenfalls nach<br />

europarechtlichen Maßstäben der Verletzungstatbestand ohne weiteres weit gefasst werden<br />

kann, und daher auch nicht-kennzeichenmäßige <strong>Benutzung</strong>shandlungen umfasst.<br />

Einzige Ausnahme in diesem europäischen Reigen ist das durch das österreichische Markenschutzgesetz<br />

in Form seiner Auslegung durch den österreichischen obersten Gerichts-


- Seite 15 -<br />

hof geschaffene Verständnis, dass ein Unterlassungsanspruch nach dem Markenschutzgesetz<br />

nur dann geltend gemacht werden kann, wenn der Gebrauch des Verletzerzeichens<br />

kennzeichenmäßig erfolgt und ein Schutz gegen einen nicht-markenmäßigen Gebrauch allein<br />

über das Unlauterkeitsrecht erfolgen könne.<br />

Im Ergebnis – lässt man den Ausnahmefall Österreich einmal außer Acht – befindet man<br />

sich mit dem Verständnis von einem möglichst weitgefassten Verletzungstatbestand, welcher<br />

auch nicht-kennzeichenmäßige <strong>Benutzung</strong>shandlungen untersagt, europaweit gesehen in<br />

bester Gesellschaft.<br />

Angesichts des so gefundenen Ergebnisses kann sich der Autor befriedigt zurücklehnen und<br />

die eingangs seiner Arbeit zur Einführung vorgestellten Fallgruppen <strong>im</strong> Bereich eines nichtkennzeichenmäßigen<br />

Gebrauchs abschließend behandeln und das Gesamtergebnis seiner<br />

Arbeit präsentieren.<br />

IV.<br />

<strong>Die</strong> Anwendung der §§ 13 und 23 MarkenG in der Praxis stellt sich damit so dar, dass § 14<br />

MarkenG nunmehr auch die Fälle der nicht-kennzeichenmäßigen Verwendung des Verletzerzeichens<br />

seitens des Dritten umfasst. Der in seinem <strong>Markenrecht</strong> verletzte Inhaber muss<br />

insofern nur die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 MarkenG <strong>im</strong> Streitfall darlegen<br />

und beweisen. Beruft sich der Verletzer dagegen auf eine Freistellung nach § 23 MarkenG,<br />

so hat er dessen Tatbestandsvoraussetzungen und damit auch das Nicht-Vorliegen<br />

eines Gebrauchs als Marke, darzulegen und zu beweisen, da es sich insoweit um eine Einwendung<br />

handelt. Akzeptiert man das vom Autor gefundene Ergebnis hinsichtlich der<br />

Schutzbereichsbegrenzung, dann entspricht es den üblichen Regelungen zur Darlegungsund<br />

Beweislastverteilung.<br />

In den Fällen der Rufausnutzung und Rufausbeutung bzw. -verwässerung umfasst § 14<br />

Abs. 2 MarkenG nunmehr nicht nur den Schutz der bekannten und berühmten Marken, sondern<br />

auch den der einfachen Marken, wenn die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen des<br />

§ 14 Abs. 2 Nr. 1 (absolute Identität) oder Nr. 2 (teilweise Identität oder Ähnlichkeit) erfüllt<br />

sind. Der Markeninhaber kann <strong>im</strong> Bereich der Bezeichnung von Internetdomains grundsätzlich<br />

<strong>Benutzung</strong>shandlungen von identischen oder ähnlichen Zeichen aufgrund seines Ausschließlichkeitsrechts<br />

verbieten. Der Autor weist darauf hin, dass bei rein privaten oder behördlichen<br />

Domain-Adressen kein „Handeln <strong>im</strong> geschäftlichen Verkehr“ gegeben ist, so dass<br />

auch das Verbietungsrecht des Markeninhabers nicht greifen kann.


- Seite 16 -<br />

Im Hinblick auf juristische Personen des öffentlichen Rechts überzeugt das insoweit nicht,<br />

als diese erwerbswirtschaftlich tätig werden können und sich hierbei, wie ihre etwaigen Konkurrenten<br />

in den Rahmen des Wettbewerbsrechts – also auch des Kennzeichenrechts – einfügen<br />

müssen. Der Markeninhaber hat daher gegenüber dem Fiskus zumindest wohl grundsätzlich<br />

ein Verbietungsrecht.<br />

Da die markenrechtliche Remonopolisierung urheberrechtlich gemeinfrei gewordener Werke<br />

dem Grunde nach möglich ist, gibt es bei dem weiten Verständnis vom Verletzertatbestand<br />

auch ein weites Feld von Möglichkeiten für den Markeninhaber, <strong>im</strong> Bereich der nichtkennzeichenmäßigen<br />

<strong>Benutzung</strong>, beispielsweise Nutzung der urheberrechtlich gemeinfrei<br />

gewordenen Werke <strong>im</strong> Bereich der Werbung etc., gegen den Verletzer einzuschreiten. Insoweit<br />

prüft der Autor <strong>im</strong> späteren noch, welche Einschränkungen insoweit zu beachten sind.<br />

Bei einem der eingangs vorgestellten Einführungsfälle, nämlich der Bezugnahme einer Börsenzeitschrift<br />

in seiner Werbung auf den deutschen Aktienindex (DAX), zeigt sich deutlich,<br />

wie der Autor die einzelnen Beispiele abhandelt: Er deutet ein Ergebnis an, verharrt dann<br />

aber weitestgehend <strong>im</strong> Abstrakten und lässt den Leser mit der zu treffenden Einzelfallbewertung<br />

allein. Zitat <strong>im</strong> „DAX-Fall“:<br />

„<strong>Die</strong> Geltendmachung eines Anspruchs aus der Marke kann <strong>im</strong> Einzelfall rechtsmissbräuchlich<br />

sein, wenn zwar formal die Schutzvoraussetzungen …… vorliegen, aber aufgrund<br />

der Besonderheiten des Einzelfalls …… keine Beeinträchtigung der geschützten<br />

Funktionen der Marke zu befürchten ist und damit die <strong>Benutzung</strong> auch dem <strong>Markenrecht</strong><br />

des Markeninhabers insgesamt nicht schadet. Das dürfte indes auf Einzelfälle beschränkt<br />

bleiben und ist auch eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. Der Ausgangsfall unter<br />

A II 2a dürfte indes ein solcher sein.“<br />

Hier hätte ich mir doch gewünscht, dass der Autor die von ihm eingangs gestellten Ausgangsfälle<br />

vom Sachverhalt her so ausreichend ausgestattet hätte, dass er <strong>im</strong> Ergebnis auch<br />

eine nachvollziehbare Einzelfallbewertung hätte treffen können.<br />

Im Rahmen des § 23 MarkenG, der best<strong>im</strong>mte <strong>Benutzung</strong>en, welche nicht gegen die guten<br />

Sitten verstoßen, freistellt, kann es in den Fallgruppen Behinderung, Anlehnung und Ausbeutung<br />

einer Marke ein Indiz für die Sittenwidrigkeit darstellen, dass eine markenmäßige <strong>Benutzung</strong><br />

erfolgt. Allerdings – so räumt der Autor ein – ist § 23 MarkenG nur für die Nutzung<br />

von Zeichen „als Angabe“ beschreibenden Inhalts anwendbar, so dass insbesondere § 23<br />

Nr. 1 u. 2 MarkenG gerade dem Markeninhaber vorbehaltene <strong>Benutzung</strong>en „als Marke“ nicht


- Seite 17 -<br />

freistellen können. Eine Freistellung kann nicht bei einem Gebrauch erfolgen, der die Grundfunktion<br />

der Marke zur Unterscheidung von Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen, also den eigentlichen<br />

kennzeichenmäßigen Gebrauch, betrifft.<br />

<strong>Die</strong> Abgrenzung zwischen einem zulässigen beschreibenden oder einem unzulässigem<br />

Gebrauch als Marke wird in § 23 MarkenG auf der Ebene der Art der <strong>Benutzung</strong> gezogen.<br />

Unzulässig, und damit ungeachtet der Frage der Sittenwidrigkeit nicht freistellbar, ist damit<br />

ein Gebrauch, der die in § 3 Abs. 1 MarkenG geregelte Grundfunktion der Marke zur Unterscheidung<br />

von Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer<br />

Unternehmen betrifft. Werden die Angaben <strong>im</strong> Sinne des § 23 MarkenG „markenmäßig“ gebraucht,<br />

dann sind die Freistellungsregelungen in § 23 MarkenG vom Ansatz her bereits<br />

nicht anwendbar.<br />

§ 14 MarkenG stellt sich insofern als tatbestands<strong>im</strong>manente Begrenzung des § 23 MarkenG<br />

dar. Bevor man also zur weiteren Anwendungsschranke der Sittenwidrigkeit kommt, muss<br />

man <strong>im</strong> Rahmen des § 23 MarkenG überhaupt erst einmal prüfen, ob nicht ein markenmäßiger<br />

Gebrauch der in den Nummern 1 – 3 bezeichneten Angaben erfolgt.<br />

Entscheidend ist insofern ein objektiver Gebrauch als Marke, ohne dass es auf den entsprechenden<br />

Willen des Verletzers ankäme. Eine Unterscheidung hinsichtlich einer möglichen<br />

Freistellung kann mit der Überlegung erfolgen, ob die Verwendung des Verletzerzeichens<br />

einen beschreibenden Charakter oder einen kennzeichnenden Charakter aufweist. Der Autor<br />

weist darauf hin, dass letztlich die Verkehrsauffassung darüber entscheide, ob noch ein beschreibender<br />

oder schon ein Gebrauch als Marke vorliege; letztlich werden in diesem Bereich<br />

wieder eine Fülle neuer Zweifelsfragen aufgeworfen. Als Markeninhaber kann man sich<br />

mit der Beweislastverteilung <strong>im</strong> Rahmen des § 23 MarkenG trösten, wonach der Verletzer<br />

darlegen und beweisen muss, dass der Art seiner konkreten Verwendung der Angabe <strong>im</strong><br />

Vergleich mit der Art der Verwendung der Marke durch den Markeninhaber für die betreffenden<br />

Waren oder <strong>Die</strong>nstleistungen objektiv keine Unterscheidungskraft zukommt, also insoweit<br />

kein markenmäßiger Gebrauch erfolgt.<br />

Es ist also jeweils <strong>im</strong> Einzelfall die Frage zu klären, ob das freizustellende Zeichen <strong>im</strong> Sinne<br />

des § 23 MarkenG nach der Art seiner Verwendung lediglich die Ware oder <strong>Die</strong>nstleistung<br />

eines Dritten beschreibt und kein objektiver Anschein dafür besteht, dass die Angabe <strong>im</strong><br />

Sinne des § 23 MarkenG als Unterscheidungszeichen für diese Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

<strong>im</strong> Sinne einer Unterscheidung von den Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen des Markeninhabers<br />

benutzt wird. Schließlich darf die <strong>Benutzung</strong> auch nicht gegen die guten Sitten verstoßen; <strong>im</strong>


- Seite 18 -<br />

Zweifelsfall muss man sich in die umfangreiche Kasuistik, welche in der Kommentarliteratur<br />

zu § 23 MarkenG zu finden ist, hineinarbeiten und ein Gespür für das entwickeln, was man<br />

noch als lautere Nutzung beschreibender Angaben verstehen darf und was nicht. Es gilt die<br />

Faustregel: Im Zweifelsfall ist zugunsten des Markeninhabers zu entscheiden.<br />

Der Autor stellt die Frage nach einer möglichen markenrechtlichen Freistellung nach § 23<br />

MarkenG für lauterkeitsrechtlich zulässige vergleichende Werbung. Er bejaht eine Freistellungsmöglichkeit<br />

nach § 23 Nr. 2 MarkenG, da hier der Verletzer die Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

in eine gegenseitige Aussagebeziehung setze und damit zugleich Angaben über<br />

Merkmale und Eigenschaften seiner Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen mache, ohne dass hierin<br />

eine Form des speziellen kennzeichenmäßigen Gebrauchs liegen würde.<br />

Der Autor ordnet abschließend das nunmehr von seinem Schutzbereich her weiter ausgestaltete<br />

<strong>Markenrecht</strong> allgemein in das Wettbewerbsrecht ein, so dass <strong>im</strong> Einzelfall die Prüfungsreihenfolge<br />

lautet:<br />

1. § 14 MarkenG (Verbotstatbestand)<br />

2. § 23 MarkenG (mögliche Freistellung)<br />

2. § 1 UWG (Auffangtatbestand, aber auch mögliche Einschränkung des Verbietungsrechts<br />

des Markeninhabers).<br />

Der Autor kommt zu dem Gesamtergebnis, dass die Reichweite des Markenschutzes durch<br />

die Regelungen des Markengesetzes in Umsetzung der europäischen Markenrichtlinie neu<br />

gefasst worden ist. Den Regelungen liegt nunmehr die Konzeption der Marke als eines vollwertigen<br />

gewerblichen Schutzrechts mit Ausschließlichkeitscharakter zugrunde. Der Gesetzgeber<br />

hat sich von den hergebrachten Vorstellungen der Rechtsnatur der Marke als bloßem<br />

Herkunftszeichen gelöst und <strong>im</strong> Rahmen einer Neuorientierung insbesondere auch den Bereich<br />

eines nicht-kennzeichenmäßigen Gebrauchs des Verletzerzeichens in den Schutzbereich<br />

des <strong>Markenrecht</strong>s einbezogen. <strong>Die</strong>s ist das Ergebnis einer Auslegung nach dem klassischen<br />

Auslegungskanon der Wortlautauslegung, der systematischen Auslegung, der historischen<br />

Auslegung, der teleologischen und der verfassungskonformen Auslegung, ergänzt<br />

durch eine europarechtskonforme Auslegung.<br />

<strong>Die</strong> Ausübung des dem Markeninhaber eingeräumten weiten Verbietungsrechts wird durch<br />

den Freistellungstatbestand des § 23 MarkenG eingeschränkt, welcher seinerseits aber so<br />

auszulegen ist, dass er nur einen beschreibenden Gebrauch der in ihm aufgeführten Angaben<br />

freistellen kann. Unter den Freistellungstatbestand kann insbesondere auch eine lauterkeitsrechtlich<br />

zulässige vergleichende Werbung fallen. Wenn der Markeninhaber sich nur auf


- Seite 19 -<br />

sein formales <strong>Markenrecht</strong> beruft, um den Benutzer des Kennzeichens zu behindern, ohne<br />

dass er eine funktionsrelevante Beeinträchtigung seines <strong>Markenrecht</strong>s zu befürchten hätte,<br />

kann darin selbst eine sittenwidrige Behinderungshandlung des Markeninhabers <strong>im</strong> Sinne<br />

des § 1 UWG liegen.<br />

Schließlich lässt die Generalklausel des § 14 Abs. 1 <strong>Markenrecht</strong> Raum für eine verfassungskonforme<br />

Auslegung, bei welcher auch kollidierende Grundrechtspositionen des Verletzers<br />

berücksichtigt werden können.<br />

V.<br />

Ich möchte abschließend noch auf eine aktuelle Entscheidung des EUGH aus 1999 (EuZW<br />

1999, Seite 179) hinweisen, welcher auf einen Vorlagebeschluss des Hoge Raad der Niederlande<br />

hin <strong>im</strong> Interesse des freien Warenverkehrs entschieden hat, dass der Markeninhaber<br />

einem Dritten die <strong>Benutzung</strong> der Marke zum Zwecke der Werbung dann nicht untersagen<br />

kann, wenn die Marke nicht in einer Weise benutzt wird, die den Eindruck erweckt, dass eine<br />

Handelsbeziehung zwischen dem Drittunternehmen und dem Markeninhaber besteht, insbesondere<br />

das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers<br />

angehört oder eine Sonderbeziehung zwischen den beiden Unternehmen besteht. Hier wird<br />

der Verbotstatbestand einer Fremdmarkennutzung in der (vergleichenden) Werbung, also in<br />

einem Bereich des nicht-kennzeichenmäßigen Gebrauchs, recht genau umschrieben. Mit<br />

dieser Entscheidung wird auch deutlich, dass die Präsentation einer Marke viel darüber aussagt,<br />

wie sich das Unternehmen selbst definiert und auch nach außen hin präsentieren<br />

möchte. Wer das <strong>Markenrecht</strong> nicht beachtet und verletzt, beeinträchtigt damit auch den<br />

Unternehmensauftritt des Markeninhabers am Markt und berührt damit unmittelbar dessen<br />

Vermögensinteressen. Eine Marke ist also nicht mehr ein Warenkennzeichen <strong>im</strong> Sinne des<br />

eingangs geschilderten „Brandzeichens“, sie hat sich zu einem Imageträger und wertbildenden<br />

Faktor in der Werbung weiterentwickelt. Der Gesetzgeber hat hierauf mit einer Erweiterung<br />

des Schutzbereiches des <strong>Markenrecht</strong>s reagiert. Markenschutz ist auch ein Stück weit<br />

Unternehmensschutz.<br />

R.R.


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