Schulporträt Unesco HS Bürs - Hauptschule Bürs

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Dieter – Porträtierender und selbst Lehrer an einer Tiroler Stadthauptschule – ist verblüfft: Die Kinder der 2a-Klasse wärmen sich zuerst im Sitzkreis auf. Nach 15 Minuten im Rahmen des Sozialen Lernens beginnt die Freiarbeit: sie marschieren alle – ohne viel Aufhebens zu machen – zu den Regalen an der Rückwand, nehmen sich ihre Holzboxen mit den FA-Materialien, suchen sich ihre Arbeitsmappen und beginnen in völliger Ruhe zu arbeiten. Kein „Was soll ich tun?“ oder „Ich finde meine Sachen nicht.“ Alles läuft in Ruhe und Stille ab. Die Schüler/innen erarbeiten sich den Unterrichtsstoff mit Hilfe von Materialien (Arbeitsblättern, Karteikarten, Wischblättern, Spielen und Ähnlichem). Das Klassenlehrer/innenteam stellt die Aufgabensammlungen für den jeweiligen Wochenplan bzw. Monatsplan vorab meist in einem arbeitsteiligen Verfahren in der Schule zusammen und auch her. Josef Fritsche und Gerhard Pocza bestätigen: „Wir machen diese Arbeiten alle in der Schule – zu Hause spüre ich nichts mehr davon.“ Ein vorbestimmter Abgabetermin sorgt dafür, dass die Kinder nicht in einem Fach zu viel und im anderen Fach zu wenig arbeiten – aber sie teilen sich ihre Zeit dafür selbst ein, nur dann und wann greifen die Lehrpersonen ein, um das Kind in eine andere Richtung zu steuern. Die Kontrolle der Aufgaben erfolgt durch Lösungsblätter, andere Schüler/innen oder eine Lehrperson. Die Arbeitspläne sind zweispaltig – links finden die Kinder die Aufgaben für den Kernbereich, den sie unbedingt erfüllen sollen, und rechts die Aufgaben für den Erweiterungsbereich, den sie dann wählen, wenn sie entweder überdurchschnittliche Leistungen zeigen können oder in einer ihrer Begabungen einen Vorteil gegenüber den anderen besitzen. Diese Unterteilung ersetzt die Arbeit von Leistungsgruppen und macht Binnendifferenzierung möglich – aber: sie ist anfänglich mit einem hohen Arbeitsaufwand für die Lehrer/innen verbunden. Auch die Schularbeiten sind so aufgebaut. Um wirklich ein „Sehr gut“ zu erhalten, müssen fast alle Aufgaben aus den Erweiterungsbereichen gelöst werden, alle gelösten Aufgaben des Kernbereichs reichen maximal für ein „Gut“. Um die Neuankömmlinge aus den Volksschulen nicht zu überfordern, erzählt Josef Fritsche, findet in den ersten Monaten nach Schulbeginn ein gezieltes Methodentraining statt, um die Kinder im Umgang mit den für sie neuen Freiarbeitsmaterialien einzuschulen. Wichtig ist in jedem Fall, den Ordnungsrahmen während der Freiarbeit abzustecken und eine verbindliche Lernorganisation aufzubauen. Wie unsere Befragung der Schüler/innen zeigte (siehe: Die Stimme der Schüler/innen), gehört die Freiarbeit zu den Stärken der Schule, gleichzeitig haben wir zwei Aspekte entdeckt, die Anstoß für weitere Entwicklungen sein können: 1. Lernziele: Die auf den Arbeitsblättern formulierten Lernziele haben unterschiedliche Qualität. Manche Ziele sind kompetenzorientiert formuliert, andere wiederum weisen inhaltliche Orientierung auf z.B. „Dialogue fast food restaurant“ als Beispiel für inhaltliche Orientierung vs. der Kompetenz, sich in einem Fast Food Restaurant etwas bestellen zu können. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Schule ist eine reine Kompetenzorientierung der Lernziele erstrebenswert. 2. Materialorientierung: Die Freiarbeit ist materialorientiert, was für die Lehrpersonen einen hohen Arbeitsaufwand bedeutet und die Motivation der Schüler/innen nur bedingt steigert (vgl. Deci & Rayn, 1993). Nach Peschel (2002) liegt eine organisatorische Öffnung des Unterrichts (= Stufe 0) vor. Die Schüler/innen können sich ihre Arbeit selbst organisieren. Die Zeiteinteilung, die Wahl des Arbeitsplatzes und der Arbeitspartner/innen sind frei. Die Lernwege sind jedoch wie im konventionellen Unterricht vorgegeben. Peschel fordert deshalb eine „Individualisierung von unten“ (von den Schüler/innen). Stufe 1 seines Modells beinhaltet neben der organisatorischen Öffnung eine methodische, d.h. die Lernwege der Schüler/innen werden freigegeben. Ein Beispiel dafür ist der Reisetagebuchunterricht, bei dem die Schüler/innen ausgehend von einer zentralen Fragestellung selbst die Lösung erarbeiten. Stufe 2 ist die der methodischen und inhaltlichen Öffnung. Schüler/innen erhalten die stoffbezogene Mit- und Selbstbestimmung (beispielsweise die Didaktik des weißen Blattes). Die dritte Stufe, jene der sozialen Öffnung, zielt in Richtung Demokratie und Innenansichten innovativer Schulen im Netzwerk Seite 8
Selbstverwaltung. Schüler/innen legen ihre sozialen Regeln selbst fest. 1 Wir sehen die Möglichkeit, den Unterricht auf eine höhere Stufe der Öffnung zu heben. Säule 4: Förderkurse für schwache und begabte Schüler/innen Individualisierung des Unterrichts schließt die Förderung von Schüler/innen auf allen Begabungsniveaus mit ein. Wie schon angesprochen, findet die Förderung der Schwachen integrativ statt, ermöglicht durch die Präsenz von zwei Lehrer/innen während der Freiarbeit. Außerdem werden zeitliche Ressourcen durch die 45-Minuten-Einheiten frei. Sarah und Julian in der Wohlfühlecke In den Genuss der ersparten Minuten kommen jene Kinder, die besonders gefördert werden sollen, sei es, weil sie Defizite haben oder besondere Begabungen. Damit ist es möglich geworden, während des Vormittagsunterrichts einzelne und mehrere Kinder gezielt zu fördern, meist integriert in der Klasse während die anderen arbeiten, aber auch in einem der kleinen Zusatzräume. Die am Vormittag eingebaute Förderung wird vor allem für Integrationskinder in Anspruch genommen, weiters für jene Schüler/innen, die lange erkrankt waren und nun Unterrichtsinhalte nachholen müssen, für Kinder mit Sprachproblemen, weil diese ohne Deutschkenntnisse plötzlich den Unterricht besuchen müssen, und für Kinder mit Teilleistungsschwächen. Die ausgebildeten Sonderpädagogen/innen an der Schule erstellen gezielte Förderpläne. 1 Stufenmodell für offenen Unterricht: http://offenes-lernen.ch/?page_id=186 Innenansichten innovativer Schulen im Netzwerk Seite 9
Seite 1 und 2: UNESCO HS Bürs: Eine Schule für a
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Seite 5 und 6: UNESCO HS Bürs: Eine Schule für a
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