1 NDR Kultur Autor: Stefan Maelck Titel des Beitrags: Horst Evers ...
1 NDR Kultur Autor: Stefan Maelck Titel des Beitrags: Horst Evers ...
1 NDR Kultur Autor: Stefan Maelck Titel des Beitrags: Horst Evers ...
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<strong>NDR</strong> <strong>Kultur</strong><br />
<strong>Autor</strong>: <strong>Stefan</strong> <strong>Maelck</strong><br />
<strong>Titel</strong> <strong>des</strong> <strong>Beitrags</strong>: <strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong>, Für Eile fehlt mir die Zeit<br />
Länge <strong>des</strong> <strong>Beitrags</strong>:<br />
Geplantes Sendedatum:<br />
Geplante Sendezeit:<br />
Bei Buch-/CD-Rezensionen zudem:<br />
<strong>Titel</strong> <strong>des</strong> Buches/der CD: <strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong>, Für Eile fehlt mir die Zeit<br />
Interpret/<strong>Autor</strong>/(Hörbuch)Sprecher: Verlag/Label: Rowohlt Berlin<br />
Bestellnummer:978 3 87134 682 8<br />
Preis: 14,95<br />
Anmoderation:<br />
<strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong>, Markenzeichen: Rotes Cordhemd, liest und singt regelmäßig in<br />
Soloprogrammen und bei "Der Frühschoppen" und "Mittwochsfazit" in Berlin. Stammt<br />
ursprünglich aus <strong>Evers</strong>horst, bei Diepholz, lebt aber seit 1987 in Berlin und lässt sich<br />
vom Wedding und Kreuzberg zu wunderbaren Texten und Liedern inspirieren. "Er<br />
schreibt am liebsten Texte" sagt er von sich selbst. Einem Genre ist er kaum<br />
zuzuordnen. 2008 erhielt er den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte<br />
"Kleinkunst". In der Begründung der Verleihung hieß es: Damit zeichnet die Jury<br />
einen Geschichtenerzähler aus, der Menschen und Gegenstände genau wie<br />
Ereignisse mit ins Extrem getriebener kindlicher Naivität betrachtet.“ Heute erscheint<br />
eine neue Textsammlung von <strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong>: Für Eile fehlt mir die Zeit – <strong>Stefan</strong> <strong>Maelck</strong><br />
stellt Ihnen das Buch vor:<br />
<strong>Beitrags</strong>-Text:<br />
TEXT: Sonntagmorgen. Im Bahnhof von Bielefeld steht ein mittelmäßig<br />
betrunkener Mann und singt „Another Brick in the wall“ von Pink Floyd: „We<br />
don’t need no education“. Habe fast eine Stunde Aufenthalt. Fast eine Stunde<br />
werde ich das jetzt wohl hören. In einer Art Endlosschleife. (...)<strong>Kultur</strong>stadt<br />
Bielefeld. Hier haben sogar die Bahnhofstrinker Niveau.<br />
<strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong> entwickelt seine Texte aus alltäglichen Situationen. Beim Lesen nickt<br />
man - nicht ein, sondern in Richtung Buch. Denn man kennt diese Situationen nur zu<br />
gut. Besonders als Bahnreisender. In der Bahn spielen <strong>Evers</strong>‘ Geschichten<br />
besonders oft. Oder in Kneipen.<br />
Seine besondere Kunst liegt in der Überspitzung. Etwa wenn <strong>Evers</strong> von Micha<br />
berichtet, der sich plötzlich, wie viele andere, ein Haus in Brandenburg kaufen will.<br />
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Text: In Brandenburg. Für die Familie. Das ist eine großartige Idee. Findet<br />
Micha. So großartig, dass er einige entscheidende und elementare Fragen, die<br />
sich so rund um einen Hauskauf auftun, noch gar nicht richtig bedacht hat.<br />
Fragen wie: Warum Micha starrt mich fassungslos an. Wie warum Ich<br />
präzisiere: Warum willst du ein Haus kaufen Na, weil das total billig ist. C4-<br />
Gewinde-Fräsen-Drehbänke sind im Moment auch total billig. Willst du auch<br />
eine Gewinde-Fräsen-Drehbank kaufen<br />
Im Alltäglichen das Phantastische entdecken und ins Groteske überzeichnen – die<br />
Texte nehmen oft absurde Wendungen – z.B. wenn <strong>Evers</strong> sich angesichts eines<br />
nervtötenden Kneipengesprächs fragt, was wohl Captain Kirk in dieser Situation tun<br />
würde und zu dem Schluss kommt: Die totale Selbstzerstörung einleiten. Oder noch<br />
besser: Sein Gegenüber so sehr reizen, bis der die totale Selbstzerstörung einleitet.<br />
Oder <strong>Evers</strong> vergleicht die dieser Tage überall beschworene Unfähigkeit der<br />
Deutschen Bahn AG mit den Fähigkeiten <strong>des</strong> Serienagenten Jack Bauer: Während<br />
der nämlich innerhalb von 24 Stunden vom Leben in den Tod und wieder zurück und<br />
dann auch noch in die chinesische Botschaft reist, schafft es der Zug, in dem <strong>Evers</strong><br />
sitzt, nicht mal von Eilenburg nach Torgau.<br />
Am Ende findet <strong>Evers</strong> immer einen wunderbaren Überraschungsdreh. Im neuen<br />
Buch hat er die Geschichten in fünf Blöcke unterteilt: Frühling, Sommer, Herbst,<br />
Winter und Zweiter Frühling. Und da der zweite Frühling oft besonders schön sein<br />
soll, erfahren wir dort auch endlich, was die Revolution mit dem Kaffeevollautomaten<br />
zu tun hat. <strong>Evers</strong>‘ Geschichten tun gut, sie gehen tiefer als sie vorgeben, sie sind oft<br />
wie einer warmer Wind, aber niemals heiße Luft.<br />
TEXT: Micha springt auf, stampft mit den Füßen auf den Boden und beginnt<br />
mich zu beschimpfen: Alles würde ich ihm vermiesen, immer nur Probleme<br />
sehen, dann kaufe er das Haus in Brandenburg eben nicht. Ich rufe Claudia an:<br />
Hallo Claudia, ich bin’s. Ja, er wankt zumin<strong>des</strong>t. Früher haben mich höchstens<br />
alle halbe Jahre mal Freunde oder Freundinnen gebeten, mit ihren jeweiligen<br />
Partnern zu reden, weil die plötzlich irgendwelche saubilligen Häuser oder<br />
Bauernhöfe in Brandenburg kaufen wollen. Mittlerweile passiert das fast jede<br />
Woche. Wenn das so weiter geht kann ich meine Anti-Makler-Tätigkeit bald als<br />
Gewerbe anmelden. Von den Gewinnen kaufe ich mir dann vielleicht ein Haus<br />
in Brandenburg.<br />
Abmoderation:<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Maelck</strong> stellte vor: <strong>Horst</strong> <strong>Evers</strong>, Für Eile fehlt mir die Zeit, Rowohlt Berlin, 220<br />
Seiten, 14.95 Euro<br />
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