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Universität Duisburg-Essen<br />

Fakultät für Gesellschaftswissenschaften<br />

Institut für Politikwissenschaft<br />

NRW School of Governance<br />

Twitter und das Kanzlerduell 2009<br />

Ereignisorientierte Echtzeitkommunikation als neue Form der<br />

politischen Versammlung<br />

Master-Arbeit zur Erlangung des Akademischen Grad des<br />

Master of Arts (M.A.)<br />

Erstgutachter:<br />

Zweitgutachter:<br />

Prof. Dr. Dr. <strong>Karl</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Korte</strong><br />

Dr. Christoph Bieber<br />

Vorgelegt von:<br />

Isabelle Sonnenfeld<br />

Anschrift:<br />

Mauritiuswall 41, 50676 Köln<br />

Telefonnummer: 0163 1700331<br />

E-Mail:<br />

isa.sonnenfeld@gmail.com<br />

Studiengang:<br />

Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung<br />

Matrikel-Nr.: 2243386<br />

Duisburg, 22. Dezember 2010


Danksagung<br />

Ich danke meinen beiden Betreuern dieser Masterarbeit, Prof. Dr. Dr. <strong>Karl</strong>-<strong>Rudolf</strong> <strong>Korte</strong><br />

von der Universität Duisburg-Essen und Dr. Christoph Bieber von der Justus-Liebig-<br />

Universität Gießen für ihre hilfreichen Hinweise und ihre Geduld.<br />

Ein großer Dank gilt auch Dr. Andreas Jungherr M.A. von der Otto-Friedrich-Universität<br />

Bamberg und Pascal Jürgens M.A. von der Johannes Gutenberg Universität Mainz für die<br />

Bereitstellung ihrer zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten empirischen Daten.<br />

Darüber hinaus bedanke ich mich bei Matthias Bianchi M.A. und Byung-Jun Park für die<br />

aufschlussreichen Gespräche, die konstruktive Kritik zu dieser Arbeit und die technische<br />

Unterstützung bei der empirischen Untersuchung.<br />

Meiner Familie gebührt ganz besonderer Dank für ihre fortwährende Unterstützung und<br />

den Zuspruch. Ich widme diese Arbeit meinem Freund Philipp Möhring, in Dank für seine<br />

grenzenlose Unterstützung und unermüdliche Geduld über den gesamten Zeitraum.<br />

Duisburg, 22. Dezember 2010<br />

Isabelle Sonnenfeld<br />

ii


Inhaltsverzeichnis<br />

Danksagung ........................................................................................................................... ii<br />

Abkürzungsverzeichnis........................................................................................................... v<br />

I Untersuchungsrahmen ............................................................................................. 1<br />

1. Einleitung ....................................................................................................................... 1<br />

1.1 Forschungsgegenstand und Forschungsfrage .......................................................... 3<br />

1.2 Forschungsstand- und Aktualität ............................................................................... 5<br />

1.3 Konzeptioneller Zugang ............................................................................................ 7<br />

1.4 Methodische Vorgehensweise und Aufbau ............................................................... 8<br />

1.5 Fallbeispiel: Das „Kanzlerduell 2009“ im Gefüge der crossmedialen Debattenwelt ..11<br />

II Untersuchungsgegenstand ....................................................................................14<br />

2. Öffentlichkeit im Wandel ................................................................................................14<br />

2.1 Das intermediäre System Öffentlichkeit ....................................................................14<br />

2.1.1 Begriffliche Eingrenzung ...................................................................................15<br />

2.1.2 Strukturmerkmale und Funktionen ....................................................................16<br />

2.1.3 Ebenen der politischen Öffentlichkeit ................................................................18<br />

2.1.3.1 Encounter-Ebene ......................................................................................19<br />

2.1.3.2 Öffentliche Veranstaltungen ......................................................................20<br />

2.1.3.3 Medienöffentlichkeit ...................................................................................21<br />

2.1.4 Der Einfluss des Internets auf das System Öffentlichkeit ...................................23<br />

2.1.4.1 Netzöffentlichkeit und das Social Web .......................................................23<br />

2.1.4.2 Politische Online-Kommunikation und Partizipation ...................................26<br />

2.1.4.3 Fragmentierung der Gesellschaft durch das Internet .................................27<br />

2.2 Politische Versammlungen .......................................................................................28<br />

2.2.1 Begriffserklärung und Historie ...........................................................................28<br />

2.2.2 Binnenstruktur: Akteure .....................................................................................31<br />

2.2.3 Binnenstruktur: Kommunikationsdisziplinen ......................................................32<br />

2.2.4 Politische Versammlungen im Internet ..............................................................34<br />

2.3 Politisches Twittern in Deutschland ..........................................................................37<br />

2.3.1 Entwicklungslinien: Reichweite, Akteure, Nutzen ..............................................39<br />

2.3.1.1 Reichweite von Twitter im deutschsprachigen Raum .................................39<br />

2.3.1.2 Reichweite der parteipolitischen Twitter-Nutzung ......................................40<br />

2.3.1.3 Akteure ......................................................................................................41<br />

2.3.1.4 Individueller und kollektiver Nutzen der Echtzeitkommunikation ................42<br />

2.3.2 Nutzungsformen des politischen Twitterns ........................................................43<br />

2.3.2.1 Lifecasting .................................................................................................44<br />

2.3.2.2 Mindcasting ...............................................................................................44<br />

iii


2.3.2.3 Community Building...................................................................................45<br />

2.3.2.4 Crowdsourcing ..........................................................................................45<br />

2.3.2.5 Community RSS ........................................................................................45<br />

2.3.2.6 Medien-Fliegenfalle ...................................................................................46<br />

2.3.3 Kommunikationsformen.....................................................................................46<br />

2.3.3.1 Hashtags ...................................................................................................47<br />

2.3.3.2 @replies....................................................................................................47<br />

2.3.3.3 Retweet .....................................................................................................47<br />

2.3.3.4 Störenpotenzial bei der 140-Zeichen Kommunikation ................................48<br />

2.3.4 Das Phänomen der ereignisorientierten politischen Twitternutzung ..................49<br />

2.4 Zwischenfazit ...........................................................................................................51<br />

III Empirische Untersuchung ......................................................................................53<br />

3. Datenanalyse ................................................................................................................53<br />

3.1 Forschungsfrage und übergeordnete Arbeitshypothesen .........................................53<br />

3.2 Methodik ..................................................................................................................54<br />

3.3 Materiallage und Untersuchungszeitraum ................................................................55<br />

IV Ergebnisse .................................................................................................................57<br />

4. Ergebnisse der Datenanalyse .......................................................................................57<br />

4.1 Fallprofil ...................................................................................................................57<br />

4.1.1 Twitterer ............................................................................................................57<br />

4.1.2 Tweets ..............................................................................................................59<br />

4.1.3 Beziehungsnetzwerk von Friends und Followern...............................................61<br />

4.2 Muster der Echtzeitkommunikation bei Twitter .........................................................67<br />

4.2.1 Sach- und Themenzentrierung der Begleitkommunikation bei Twitter ...............67<br />

4.2.2 140-Zeichen Diskurs in Echtzeit ........................................................................69<br />

4.2.3 Meinungsführerschaft ........................................................................................72<br />

4.3 Twitter als Spiegel des Kanzlerduells - Qualitative Inhaltsanalyse ............................74<br />

4.3.1 Hashtag-Gruppen als Indikator für Themen- und Sachzentrierung ....................75<br />

4.3.2 Höhepunkte der Begleitkommunikation in Echtzeit ............................................77<br />

4.3.3 Störpotenzial bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung ...............79<br />

4.4 Zwischenfazit ...........................................................................................................81<br />

4.4.1 Methodische Einschränkungen .........................................................................82<br />

V Abschluss der Untersuchung .........................................................................................84<br />

5. FAZIT ...........................................................................................................................84<br />

5.1 Schlussfolgerung .....................................................................................................84<br />

5.2 Ausblick ...................................................................................................................87<br />

5.3 Schlusswort..............................................................................................................89<br />

Literaturverzeichnis ..............................................................................................................90<br />

iv


Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 105<br />

Anhang ............................................................................................................................... 106<br />

Selbstständigkeitserklärung ................................................................................................ 121<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Abb.<br />

API<br />

SNS<br />

RSS<br />

RT<br />

- Abbildung<br />

- Application Programming Interface<br />

- Social Network Sites<br />

- Really Simple Syndication<br />

- Retweet<br />

v


Einleitung<br />

I<br />

Untersuchungsrahmen<br />

1. Einleitung<br />

„PS: ohne Twitter hätte ich wohl schon lange abgeschaltet #tvduell“<br />

Twitter-Mitteilung von @zerotalent am 13.09.2010<br />

Am Abend des 13. Septembers 2009 formierte sich parallel zu den Fernsehzuschauern<br />

ein weiteres Publikum, das das Kanzlerduell 2009 zwischen Kanzlerin Angela Merkel und<br />

ihrem Herausforderer Frank-Walter Steinmeier live verfolgte. Nicht das Leitmedium<br />

Fernsehen, sondern die Microblogging-Plattform Twitter konstituierte für dieses Publikum<br />

den Ort des Meinungsaustausches und der Informationsverbreitung. Tweets mit einer<br />

maximalen Länge von 140 Zeichen lieferten für diese Art der Begleitkommunikation in<br />

Echzeit den Input.<br />

Das Phänomen der ereignisorientierten Twitter-Nutzung impliziert eine neuartige<br />

Qualität von distanzierter und niedrigschwelliger Kommunikation. Durch Twitter, das im<br />

Jahr 2006 gegründet worden ist und seitdem in Politik, Medien und Wissenschaft für<br />

Aufmerksamkeit gesorgt hat, erfährt die Echtzeitkommunikation an Präsenz und<br />

Relevanz. Twitter und das Kanzlerduell 2009 stellen ein weiteres prominentes Beispiel in<br />

Deutschland dar, bei dem die Verzahnung von alten und neuen Medien allmählich<br />

erkennbar wird. Crossmediale Veranstaltungen, das bedeutet die Kopplung von Fernseh-<br />

Formaten und Internetangeboten, gewinnen an Beliebtheit in der Medienwelt. So spielt<br />

sich „die Übertragung des offline-Ereignisses (…) im Fernsehen, die Formierung des<br />

Publikums und das Feedback im Internet“ ab (Bieber 2009: 57). Das Wahrgenommene<br />

direkt zu kommentieren und mit anderen Teilnehmern dieser Begleitkommunikation in<br />

Echtzeit Argumente und Meinungen auszutauschen, fügt im Falle des Kanzlerduells 2009<br />

ein weiteres Debattenformat hinzu – eine Art onlinebasierte Echtzeit-Debatte.<br />

Unter den Vorzeichen dieser Beschleunigung von Kommunikation und der<br />

Etablierung neuer Öffentlichkeitsräume im Internet und insbesondere auf den interaktionsund<br />

partizipationsorientierten Plattformen des Social Web 1 , ist das allgemeine System<br />

Öffentlichkeit, basierend auf einer Ebenendifferenzierung, zu überdenken. Die Tatsache,<br />

dass sich Bürger mit Hilfe des Internets stärker vernetzen und sich kommunikativ mehr<br />

und mehr emanzipieren, führt dazu, dass die Kopplung von alten und neuen<br />

Medienkanälen eine logische Konsequenz zu sein scheint. Kommunikationsprozesse<br />

1<br />

Das Social Web lässt sich an dieser Stelle vereinfacht als soziale Komponente des technisch<br />

determinierten Web 2.0 verstehen (vgl. Ebersbachet al.2008). Eine tiefgreifendere Erläuterung dieses<br />

Begriffs findet sich in Kapitel 2.1.4.1.<br />

1


Einleitung<br />

sowie die Informationsherstellung- und Verbreitung erfahren in der<br />

Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts, die von Castells auch als<br />

„Netzwerkgesellschaft“ bezeichnet wird (vgl. Castells 2001), einen deutlichen Wandel.<br />

Was zuvor erst einen Tag später in der Zeitung zu lesen war, ist nun im Echtzeit-Modus<br />

im Internet abzurufen.<br />

Dieser Strukturwandel, der das System Öffentlichkeit in seinen Grundzügen<br />

langfristig verändern wird, übt schon seit einigen Jahren einen deutlichen Einfluss auf die<br />

drei Öffentlichkeitsebenen aus. Die Grenzen zwischen episodischer Encounter-<br />

Öffentlichkeit, Versammlungsöffentlichkeit und Medienöffentlichkeit werden durchlässiger,<br />

so dass eine gegenseitige Einflussnahme die unweigerliche Folge ist. Kommunikations-,<br />

Partizipations-, sowie Meinungsbildungsprozesse finden mitunter vermehrt in offen<br />

zugänglichen Interaktionsräumen des Internets und des Social Web statt. Ad hoc können<br />

sich in diesen Interaktionsräumen Interessengemeinschaften formieren, die<br />

themenzentriert Informationen und Meinungen austauschen. Twitter als Katalysator<br />

dieser interaktiven Echtzeitkommunikation zu betrachten, wäre zu diesem Zeitpunkt zu<br />

weit gegriffen, jedoch bietet die Platattform aufgrund der verkürzten und<br />

niederschwelligen Kommunikation einen Ort, an dem sich Nutzer zu einem<br />

themenzentrierten Dialog und Meinungsaustausch versammeln können. Wie lässt sich<br />

aber diese Art der virtuellen Zusammenkunft beschreiben Welche besonderen<br />

Kommunikationsmuster offenbart die Echtzeitkommunikation bei Twitter Und welche<br />

Rolle spielen die medialen Ereignisse, die aufgrund der allmählichen Verzahnung von<br />

alten und neuen Medienkanälen immer häufiger im Internet begleitet werden<br />

In Bezug auf das Kanzlerduell 2009 scheint sich auf den ersten Blick eine<br />

thematisch zentrierte Diskussionsgemeinschaft bei Twitter geformt zu haben, die<br />

begleitend das offline-Ereignis im Fernsehen verfolgte und kommentierte. Zeichnet sich<br />

unter dem Eindruck dieses Beispiels somit eine neue Art der Versammlungsöffentlichkeit<br />

im Social Web ab, deren besondere Eigenschaft in der interaktiven Begleitkommunikation<br />

in Echtzeit besteht<br />

Die vorliegende Arbeit wird diesen Fragen nachgehen und soll versuchen die<br />

Begleitkommunikation in Echtzeit zum Kanzlerduell 2009, die sich auf der Microblogging-<br />

Plattform Twitter formiert hat, zu systematisieren und in das allgemeine System<br />

Öffentlichkeit unter den Vorzeichen des angesprochenen Strukturwandels einzuordnen.<br />

Hierfür wird das System Öffentlichkeit in seiner aktuellen Form betrachtet und unter dem<br />

Eindruck des zweiten „digitalen Strukturwandels“ (Bieber 1999: 62) diskutiert. Nach der<br />

differenzierteren Auseinandersetzung mit dem Modell der politischen Versammlung, wird<br />

die Historie des politischen Twitterns in Deutschland sowie die grundsätzlichen<br />

2


Einleitung<br />

Eigenschaften von Twitter dargelegt. Die emprische Datenanalyse der<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter zum Kanzlerduell 2009 beginnt deskriptiv und nimmt<br />

anschließend Bezug auf die zuvor diskutierten Merkmale einer politischen Versammlung,<br />

indem sie in Relation zu den Kommunikationsmustern von Twitter gesetzt werden. Das<br />

Fazit bildet einen Rückblick auf die Analyse und lässt Schlüsse auf die Anwendbarkeit<br />

und Möglichkeiten weiterer Forschung zu.<br />

1.1 Forschungsgegenstand und Forschungsfrage<br />

Das Potenzial von Twitter als soziales Kommunikationsnetzwerk, das eine Möglichkeit zur<br />

Begleitkommunikation in Echtzeit zu medialen Ereignisse bietet, ist unlängst von<br />

Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen erkannt worden. Obgleich die hochaktuelle<br />

Debatte um den fortschreitenden Wandel der politischen Kommunikation und den Einfluss<br />

sozialer Netzwerke auf die Ausgestaltung der individuellen politischen Kommunikation<br />

sowie der Meinungsbildung und Partizipation ausgiebiges Interesse seitens der Politikund<br />

insbesondere der Kommunikationswissenschaft geweckt hat, greifen bisherige<br />

Arbeiten zu kurz. Bei der Thematisierung der politischen Twitter-Nutzung als digitaler<br />

backchannel 2 zu medialen Ereignissen und dem Versuch der Einordnung in ein<br />

klassisches Theorienkonstrukt 3 handelt es sich insbesondere aus politikwissenschaftlicher<br />

Perspektive um einen neuen Ansatz. Im Folgenden wird daher der Versuch<br />

unternommen, neben der Herausarbeitung eines theoretischen Rahmens eine<br />

umfassende empirische Analyse der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung zu<br />

leisten.<br />

Die vorliegende Arbeit folgt der allgemeinen Annahme, dass die ereignisorientierte<br />

politische Twitter-Nutzung zum einen den politischen Online-Diskurs im Rahmen<br />

politischer Ereignisse vitalisieren kann sowie als onlinebasiertes ‚Echtzeit-<br />

Stimmungsbarometer„ zur Entschlüsselung der öffentlichen Meinung dienen kann. Zum<br />

anderen wird vermutet, dass neben der Etablierung eines communication backchannel die<br />

politische Echtzeitkommunikation in 140 Zeichen im Rahmen medialer Ereignisse<br />

Strukturen einer politischen Versammlung gemäß dem klassischen Öffentlichkeitsmodell<br />

nach Habermas annimmt. Die forschungsleitende Fragestellung lautet demnach:<br />

2<br />

3<br />

Unter dem Begriff ‚backchannel„ lassen sich „information spaces, in which people complementand cocreate<br />

large-scale events“ verstehen (Dörk et al. 2010). Allgemein kann also von onlinebasierten<br />

Diskussionen gesprochen werden, die parallel zu medialen Offline-Ereignissen stattfinden.<br />

In der Literatur findet sich häufiger die Behauptung, dass die klassischen Öffentlichkeitsmodelle unter<br />

den Vorzeichen der Digitalisierung von Kommunikation als obsolet zu betrachten und dass demzufolge<br />

neue theoretische Modelle zu entwickeln sind, um den neusten Entwicklungen und Veränderungen<br />

gerecht zu werden (vgl. unter anderem Grunwald et al. 2006).<br />

3


Einleitung<br />

Welche Merkmale weist die Echtzeitkommunikation bei Twitter im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 auf und inwieweit lassen sich Dynamiken einer politischen<br />

Versammlung erkennen<br />

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit wird auf der empirischen Analyse der<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter liegen. Das Kanzlerduell 2009 wird als mediales<br />

Ereignis für die empirische Analyse ausgewählt, da es sich sowohl in einen breiteren<br />

politischen Kontext einordnen lässt als auch bei näherer Betrachtung Anzeichen der<br />

Verschmelzung von alten und neuen Informations- und Kommunikationskanälen deutlich<br />

macht. Eine spezialisierte empirische Untersuchung der ereignisorientierten Twitter-<br />

Nutzung zum Kanzlerduell 2009 liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor, so dass<br />

diese Arbeit als exploratives Forschungsvorhaben einzuordnen ist.<br />

Motiviert wurde die vorliegende Arbeit durch die Beobachtung der Wahlkämpfe in<br />

den USA (Präsidentenwahl 2008), Großbritannien (Unterhauswahl 2010) und Australien<br />

(Parlamentswahl 2010). Dort wurden mediale Wahlkampfereignisse – insbesondere die<br />

Debatten zwischen den Spitzenkandidaten – nicht nur in umfassender Weise im<br />

Fernsehen übertragen, sondern in sozialen Netzwerken beobachtet, kommentiert und in<br />

Online-Diskursen erörtert. Twitter und Facebook spielten hier als backchannel zu den<br />

politischen Ereignissen eine entscheidende Rolle hinsichtlich des Online-Diskurses in<br />

Echtzeit.<br />

Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit liegt somit in der Systematisierung der<br />

Echtzeitkommunikation bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung, die in den<br />

theoretischen Rahmen einer klassischen politischen Versammlung eingebettet werden<br />

soll. Mit Blick auf nachfolgende Forschungsvorhaben soll diese Masterarbeit zudem einen<br />

Beitrag zur online-basierten real-time-response-Messung politischer Ereignisse leisten<br />

und erfragen, ob durch eine weitere Verfeinerung und Automatisierung des<br />

Analysevorgangs Twitter als Plattform der Echtzeitkommunikation zur Untersuchung von<br />

Meinungsbildungsprozessen im Internet dienen kann. Was die vorliegende Arbeit aus<br />

politikwissenschaftlicher Sicht interessant macht, ist der Ansatz, politische Online-<br />

Kommunikation im Sinne der Herstellung einer neuen Öffentlichkeitsform aus einer<br />

Perspektive zu betrachten, die neuste Entwicklungen mit klassischen theoretischen<br />

Konzepten verbindet. Somit verspricht die Auswertung der Tweets im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 und ihre Einordnung in das Konzept der politischen Versammlung<br />

neue Erkenntnisse über die politische Echtzeitkommunikation in sozialen Netzwerken<br />

sowie eine Weiterentwicklung des theoretischen Rahmens für den Bereich der Online-<br />

Kommunikation.<br />

4


Einleitung<br />

1.2 Forschungsstand- und Aktualität<br />

So jung wie der Microblogging-Dienst Twitter und das Phänomen der politischen Twitter-<br />

Nutzung selbst ist, so jung ist auch die entsprechende Forschung. Ob insgesamt bereits<br />

von einer eigenen Forschungsdisziplin zu sprechen ist, bleibt fraglich. Zweifelsohne lässt<br />

sich die Erforschung der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung in der hier<br />

vorliegenden Arbeit zum einen an der Schnittstelle von Kommunikations- und<br />

Politikwissenschaft verorten, zum anderen aber konkret in den Forschungsbereich der<br />

politischen Online-Kommunikation einordnen, der seit einigen Jahren weitreichend<br />

bearbeitet wird. 4 Obgleich der Forschungsstand zur politischen Online-Kommunikation<br />

aus interdisziplinärer Perspektive zwar deutlich an Umfang gewonnen hat und die<br />

Aktualität der Thematik der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung von<br />

Wissenschaftlern erkannt wird, beschränkt sich die Literatur hinsichtlich der Bedeutung<br />

von Twitter für den politischen Bereich zumeist auf wissenschaftliche Studien, die im<br />

Rahmen von Konferenzen entstanden sind oder über einen experimentellen Charakter<br />

verfügen. Die Twitterforschung mit Nähe zur Kommunikations- sowie Politikwissenschaft,<br />

die bisher hauptsächlich im angelsächsischen Raum zu verorten ist, befindet sich noch in<br />

der Anfangsphase. So verwundert es wenig, dass die Protagonisten dieser<br />

Forschungsrichtung unterschiedlichen Ansätzen hinsichtlich der Frage „Was ist Twitter“<br />

folgen. Ob als öffentliches Informationsmedium, technisches Kommunikationsinstrument<br />

oder soziales Netzwerk – Twitter weist vielfältige Nutzungs- und Einsatzmöglichkeiten auf,<br />

die folglich zu dieser dichotomen Debatte über die Daseinsberechtigung von Twitter in<br />

wissenschaftlichen Studien führen.<br />

Java et al. (2007) können als Pioniere auf dem Feld der empirischen Twitter-<br />

Forschung verstanden werden. Im Mittelpunkt ihrer groß angelegten Studie von<br />

öffentlichen Twitter-Nachrichten steht eine erste Kategorisierung der Nutzer und ihrer<br />

Intention zum Twittern (siehe ebenfalls Zhao und Rosson 2008). Während sie Twitter als<br />

soziales Kommunikationsnetzwerk begreifen, entwerfen sie jedoch keine Systematik zum<br />

Nutzertypus und seiner Intention. Neben Studien zur Twitter-Typologie befassen sich<br />

verschiedene Untersuchungen demgegenüber mit dem Einfluss einzelner Nutzer auf ihre<br />

Twitter-Gemeinschaft (etwa Cha et al. 2010). Als Kommunikationsnetzwerk<br />

(Krishnamurthy/Gill/Arbitt 2008) mit ungewöhnlichen Kommunikationskonventionen ist<br />

Twitter vermehrt in den Fokus der kommunikationswissenschaftlichen Forschung gerückt,<br />

indem die Syntax und die einzelnen technischen Funktionen auf ihr kommunikatives<br />

4<br />

An dieser Stelle soll nur eine Auswahl der verwendeten Veröffentlichungen genannt werden, die zur<br />

Erarbeitung des theoretisch-konzeptionellen Rahmens beigetragen haben.<br />

5


Einleitung<br />

Potenzial hinsichtlich Kollaboration und Konversation analysiert werden (etwa<br />

Boyd/Golde/Lotan 2009; Boyd et al. 2010; in ähnlicher Weise Honeycutt/Herring 2009).<br />

Ein weiterer Teilaspekt der Twitter-Forschung ist dem Bereich der Sentiment-<br />

Analyse von Online-Kommunikation zuzuordnen. 5 Die im Kontext gesellschaftlicher<br />

Ereignisse einsetzenden Meinungsbildungsprozesse können demnach nicht nur anhand<br />

von repräsentativen Meinungsumfragen, sondern auch anhand von Sentiment-Analysen<br />

öffentlicher Twitter-Nachrichten nachgezeichnet werden (etwa O‟Connor et al. 2010). Das<br />

Aggregat der öffentlichen auf Twitter geäußerten Meinungen kann diesen Studien zufolge<br />

mit Rücksicht auf analytische Einschränkungen zum einen für einen Einblick in das<br />

mediale Ereignis selbst sorgen und zum anderen einen Meinungstrend aufzeigen (etwa<br />

Shamma et al. 2010b). 6 Ein Großteil der wissenschaftlichen Studien, die zumeist<br />

analytisch-empirischer Natur sind, gehen der Frage nach, ob Twitter als soziales<br />

(Kommunikations-)Netzwerk oder nur als zusätzlicher Kanal zur Informationsverbreitung<br />

im Rahmen der Vielkanalfähigkeit des Internets zu begreifen ist (grundlegend Kwak et al.<br />

2010). Besondere Bedeutung wird ebenfalls den sozialen Beziehungen unter den Twitter-<br />

Nutzern zugemessen (u.a. Huberman/Romero/Wu 2009). Die ereignisorientierte Twitter-<br />

Nutzung und generell die Echtzeitkommunikation in sozialen Netzwerken als reaktionäre<br />

und zuweilen auch evaluative Kommunikation hat jedoch erst seit kurzer Zeit für Interesse<br />

seitens der Wissenschaft geweckt. Eine Reihe von Studien zu den US-amerikanischen<br />

Presidential Debates 2008 7 (etwa Shamma et al. 2009; Diakopoulos/Shamma 2010;<br />

Shamma et al. 2010a; Tamasjan et al. 2010), den Unterhauswahlen in Großbritannien im<br />

Frühjahr 2010 (vgl. Erhebung von Tweetminster 2010) sowie den Parlamentswahlen in<br />

Australien im August 2010 8 (Beiträge von Bruns aus 2010) haben dokumentiert, dass<br />

Twitter als live backchannel im Rahmen diverser medialer Ereignisse, die von<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Mittels einer Sentiment-Analyse bei Twitter wird versucht Stimmungen innerhalb der einzelnen Tweets<br />

aufzuspüren, das heißt es werden anhand der 140 Zeichen positive oder negative Meinungen<br />

hinsichtlich eines Objektes abgebildet (vgl. O‟Connor et al. 2010).<br />

Shamma et al. (2010b) weisen im Rahmen ihrer Studie darauf hin, dass politische TV-Debatten<br />

besonders für die Analyse der Echtzeitkommunikation bei Twitter als soziales<br />

Kommunikationsnetzwerk geeignet sind. Denn neben dem festgelegten Sendeformat und dem<br />

zeitlichen Rahmen der politischen TV-Debatten, stellt auch die Twitter-Syntax ein systematisiertes<br />

Instrumentarium für die Analyse dar.<br />

Das US-amerikanische TV-Kanal Current TV hat im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfes<br />

begonnen einen live Twitter-Stream in das allgemeine Fersehprogramm zu integrieren. Dieser<br />

Kampagne unter dem Namen Hack the debate wurde sehr viel Aufmerksamkeit zuteil. Auch CNN und<br />

Facebook setzten auf diese Möglichkeit der begleitenden Echtzeitkommunikation während der<br />

Inauguration von Barack Obama (vgl. Shamma et al. 2010a). Die Plattform Tweetminster hat in<br />

großem Umfang die Twitteraktivitäten der britischen Parlamentsmitglieder aufgezeichnet. Für einen<br />

Blick in den aufschlussreichen Report vgl. Tweetminster 2010. In der britischen Presse wurde die Wahl<br />

bereits als „first social media election” bezeichnet, vgl. exemplarisch Reportr.net 2010. Noch nie wurde<br />

zu einem politischen Ereignis so aktiv getwittert, vgl. Cellan-Jones 2010.<br />

Eine eindrucksvolle Analyse der Twitter-Aktivitäten bei den Parlamentswahlen in Australien 2010 liefert<br />

Axel Bruns, dessen Erkenntnisse umfassend in die Erarbeitung der empirischen Analyse dieser Arbeit<br />

eingeflossen sind.<br />

6


Einleitung<br />

öffentlichem Interesse sind, genutzt wird. Diese Erkenntnisse wurden von<br />

Wissenschaftlern zum Anlass genommen, diese Form der onlinebasierten<br />

Echtzeitkommunikation einer näheren Analyse zu unterziehen. Im deutschsprachigen<br />

Raum hat Twitter nicht nur im Rahmen des Superwahljahres 2009 (etwa Bieber 2010b;<br />

Albers 2010), sondern auch hinsichtlich politischer Kampagnen (grundlegend Beiträge<br />

von Pfeiffer 2009/2010; Bieber 2010b) und großangelegten Protestaktionen<br />

wissenschaftliches Interesse geweckt. 9 Eine grundlegende Betrachtung der Potenziale<br />

von Twitter für den politischen Bereich liefert Andreas Jungherr (vgl. Jungherr 2009).<br />

Wissenschaftliche Impulse im Bereich der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung<br />

wurden zweifelsohne seit der Gründung im Jahr 2006 gesetzt; auch empirische Analysen<br />

widmen sich sukzessive der Thematik, dennoch besitzt das Forschungsdesign der<br />

vorliegenden Arbeit für den politikwissenschaftlichen Forschungsbereich explorativen<br />

Chrakter. Demnach wird versucht sie, angedeutete Lücken zu füllen und den jungen<br />

Untersuchungsstand der ereignisorientierten politischen Twitternutzung aus<br />

politikwissenschaftlicher Perspektive theoretisch und empirisch zu erschließen.<br />

1.3 Konzeptioneller Zugang<br />

Für einen grundlegenden Zugang zur empirischen Analyse und Erschließung des<br />

Bedeutungszusammenhangs zwischen ereignisorientierter politischer Twitter-Nutzung<br />

und den Veränderungen im Bereich der politischen Kommunikation wird das System<br />

Öffentlichkeit 10 als theoretisch-konzeptioneller Ausgangspunkt gewählt. Im Zentrum der<br />

Forschung zur politischen Kommunikation steht häufig das Phänomen der<br />

„fortschreitenden Medialisierung der Gesellschaft“ (Schulz 2008: 13). Anhand des Modells<br />

der Ebenendifferenzierung von Öffentlichkeit nach Habermas, modifiziert durch<br />

Gerhards/Neidhardt (1990) sowie Jarren/Donges (2006), lässt sich dieses Phänomen, das<br />

in den letzten Jahren zu einem deutlichen Strukturwandel von Öffentlichkeit geführt hat,<br />

am deutlichsten zum Ausdruck bringen. Nicht nur das Verhältnis der einzelnen<br />

Öffentlichkeitsebenen zueinander wird durch den postulierten „digitalen Strukturwandel“<br />

(Bieber 1999: 62) beeinflusst, die Grenzen zwischen den Ebenen verschmelzen ebenfalls<br />

kontinuierlich. Mit Blick auf den digitalen Strukturwandel von Öffentlichkeit wird zumeist<br />

die Medienöffentlichkeit in den Mittelpunkt der Forschung gestellt. Jedoch lässt sich die<br />

strukturelle Konvergenz zwischen dem Kommunikationsraum der allgemeinen<br />

Öffentlichkeit und dem online-basierten Kommunikationsraum sozialer Netzwerke, der<br />

9<br />

10<br />

Weitere Studien zur Thematik finden sich u.a. hier: http://digiom.wordpress.com/2009/07/30/acollection-of-<strong>download</strong>able-twitter-papers/.<br />

Die folgenden Ausführungen sind als verkürzte Skizze zu verstehen, die in Kapitel 2.1 und Kapitel 2.2<br />

tiefgehender thematisiert werden.<br />

7


Einleitung<br />

eine neue Form der Öffentlichkeit bildet, am besten auf der zweiten Ebene des<br />

Öffentlichkeitsmodells darstellen. Die Kommunikationsplattform Twitter stellt in diesem<br />

Zusammenhang ein Beispiel für die Ausdifferenzierung des Systems Öffentlichkeit dar.<br />

1.4 Methodische Vorgehensweise und Aufbau<br />

Das Internet stellt für die Wissenschaft ein ergiebiges Datenreservoir dar. Internetdaten 11<br />

als Grundlage für eine qualitative oder quantitative Forschung können „hervorragende<br />

Zugänge zu sozialen Beziehungen und Deutungen“ (Kuckartz et al. 2007: 144) aufzeigen.<br />

Insbesondere die zunehmende Nutzung sozialer Netzwerke als Kommunikationskanal<br />

bedeutet für die Sozialwissenschaft einen Zuwachs an Datenmengen, die menschliches<br />

Verhalten dokumentieren. Die erkenntnistheoretische Orientierung der vorliegenden<br />

Arbeit folgt dementsprechend einem empirisch-analytischen Ansatz.<br />

Die Inhaltsanalyse von Internetdaten dient der Arbeit als Methode (vgl. Kuckartz et<br />

al. 2007). Die Inhaltsanalyse wird im Bereich der Kommunikationswissenschaft aber auch<br />

für die gesamte Sozialforschung verwendet. Sie bietet sich, allgemein gesprochen,<br />

„hervorragend für die Analyse der öffentlichen Kommunikation“ (Westle 2009: 336) an und<br />

hat eine „systemische, regelgeleitete und intersubjektiv nachvollziehbare Beschreibung<br />

von Kommunikationsverhalten“ (Westle 2009: 334) zum Ziel. Aufgrund des divergierenden<br />

Forschungsanspruches – zum einen eine generelle Systematisierung des<br />

ereignisorientierten Kommunikationsverhaltens bei Twitter und zum anderen die<br />

Darstellung der Feinheiten des Online-Diskurses – scheint jeweils eine rein qualitativorientierte<br />

oder eine rein quantitativ-orientierte Inhaltsanalyse der Internetdaten für die<br />

vorliegende Arbeit zu kurz gefasst. Um demnach der Komplexität und Neuartigkeit des<br />

Forschungsvorhabens gerecht zu werden, bietet sich der „Mixed-Method“ Ansatz (ebd.<br />

353) aus qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse als die geeigneteste<br />

Vorgehensweise an. Da beide Forschungstraditionen Vor- und Nachteile im Hinblick auf<br />

die Inhaltsanalyse manifestieren, ermöglicht eine Kombination der selbigen eine<br />

umfassende Bearbeitung der zugrundeliegenden Forschungsfrage. 12<br />

Die qualitative Inhaltsanalyse stellt zum einen „[…] einen Ansatz empirischer,<br />

methodisch kontrollierter Auswertung auch größerer Textcorpora dar, wobei das Material,<br />

in seinen Kommunikationszusammenhang eingebettet, nach inhaltsanalytischen Regeln<br />

ausgewertet wird, ohne dabei in vorschnelle Quantifizierungen zu verfallen“ (Mayring<br />

2000: 5). Das „Verstehen und Erklären subjektiver oder kollektiver Sinn- und<br />

11<br />

12<br />

Als Internetdaten können beispielsweise Beiträge in Chats, Foren oder Mailinglisten ausgemacht<br />

werden (Kuckartz et al. 2007).<br />

Der Mixed Method Ansatz folgt generell dem Modell der Methodenintegration, das zwei<br />

unterschiedliche Konzepte kennt: das Phasemodell und den so genannten Triangulation Ansatz; vgl.<br />

Kuckartz et al. 2007.<br />

8


Einleitung<br />

Erlebniszusammenhänge“ lässt sich als Grundanliegen der qualitativen Inhaltsanalyse<br />

begreifen (Westle 2009: 96), so dass die Untersuchung der kausalen Zusammenhänge in<br />

ihren Feinstrukturen vordergründig ist (vgl. Behnke et al. 2006). Im Gegensatz ist die<br />

quantitative Inhaltsanalyse als „research technique for the objective, systematic, and<br />

quantitative description of the manifest content of communication“ (Berelson 1952, zitiert<br />

n. Westle 2009: 335) zu begreifen. Das Aufspüren von Regelmäßigkeiten sowie die<br />

Erläuterung sozialer Phänome und damit verbundener Prognosen, lässt sich allgemein als<br />

Zielvorstellung der quantitativen Inhaltsanalyse festlegen (vgl. Westle 2009: 75). Auch<br />

wenn in der Literatur vornehmlich eine strikte Trennung der beiden Forschungstraditionen<br />

gefordert wird, zeigt die Forschungspraxis, dass qualitative und quantitative<br />

Forschungsvorhaben zweifelsohne kombinierbar sind. Diese Verknüpfung aus<br />

Tiefgründigkeit bei der qualitiativen und Generalisierbarkeit der Ergebnisse bei der<br />

quantitativen Forschung lässt sich somit als Chance für eine genauere Analyse sozialer<br />

Phänomene begreifen (Behnke et al. 2006: 17). Beide Forschungstraditionen<br />

unterscheiden sich lediglich in ihrer Schwerpunktsetzung, nicht aber in der prinzipiellen<br />

Zielvorstellung, Erkenntnisse über gesellschaftliche Strukturen und Handlungen zu<br />

generieren. Der Mixed-Method-Ansatz 13 , wie bereits angedeutet, stellt eine Kombination<br />

aus qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse dar und sorgt demzufolge mit Hilfe<br />

zusätzlicher Analysemöglichkeiten für einen erweiterten Blickwinkel auf die<br />

Kommunikationsinhalte des vorliegenden Datenmaterials (vgl. Behnke et al. 2006: 20).<br />

Um dem umfangreichen Datenkorpus und der forschungsleitenden Fragestellung in<br />

angemessener Weise gerecht zu werden, erscheint die Inhaltsanalyse der Internetdaten<br />

gemäß des Mixed-Method-Ansatzes durchaus gerechtfertigt. Auf diese Weise können<br />

zum einen Regel- und Gesetzmäßigkeiten in der ereignisorientierten politischen<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter mit Hilfe einer automatisierten quantitativen<br />

Inhaltsanalyse festgestellt werden. Zum anderen ermöglicht die qualitative Inhaltsanalyse<br />

das Betrachtung von ausgewählten Sequenzen dieser Echtzeitkommunikation, indem<br />

zusätzlich auf die angesprochenen Themen in diesen Sequenzen eingegangen werden<br />

kann.<br />

Die Inhaltsanalyse der vorliegenden Arbeit nach dem Mixed-Method-Ansatz ist<br />

gemäß einem „sequenziellen, erklärenden Design[s]“ (Westle 2009: 357) aufgebaut. 14 Der<br />

quantitativen Erhebung und der statistischen Analyse der erhobenen Daten folgt die<br />

qualitative Auswertung einzelner Kommunikationssequenzen. Bei diesem Designtyp liegt<br />

13<br />

14<br />

Mit der Methodenkombination ist allgemein gemeint, dass beide Analysearten – quantitative und<br />

qualitative - im Forschungsprojekt miteinander verbunden werden (Westle 2009). Creswell ordnet dem<br />

Mixed Method Ansatz zudem unterschiedliche Designtypen zu, die verschiedene Kombinationen aus<br />

quantitativen und qualitativen Methoden vorsehen (Creswell 2003, vgl. Westle 2009: 356).<br />

Vgl. hierzu Schaubild 12.4/2a, in: Westle 2009: 357.<br />

9


Einleitung<br />

die Priorität auf der quantitativen Inhaltsanalyse, die lediglich durch die Erkenntnisse der<br />

qualitativen Inhaltsanalyse ergänzt wird (vgl. Crewell 2003: 211f., zitiert n. Westle 2009:<br />

357). Die gesamte Inhaltsanalyse soll wie bereits angedeutet am Beispiel des<br />

Kanzlerduells 2009 operationalisiert werden. Ein Datenset von Tweets, die am 13.<br />

September 2009 im Zeitraum von 20.30:00 Uhr bis 22:30:02 Uhr im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 versendet wurden, bildet die empirische Grundlage. 15<br />

Die übergeordnete Fragestellung der vorliegenden Arbeit wird in zwei Arbeitsschritten<br />

erschlossen:<br />

Teil 1: In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit wird der Untersuchungsgegenstand auf<br />

deskriptive Weise näher beleuchtet. Eine schrittweise Annährung erfolgt über das Modell<br />

der politischen Öffentlichkeit. Kapitel 2.1 befasst sich zunächst mit dem intermediären<br />

System Öffentlichkeit und der dreistufigen Ebenendifferenzierung von Öffentlichkeit. Die<br />

Ebene der Versammlungsöffentlichkeit soll in Kapitel 2.2 besondere Beachtung finden, da<br />

auch auf dieser Ebene neue Formen der Kommunikation, Partizipation und<br />

Meinungsbildung zu finden sind, die sich durch die dezentralen und interaktiven<br />

Strukturen des Internets der zweiten Generation etabliert haben. Kapitel 2.3 beschreibt in<br />

Anlehnung an die im Vorfeld getroffenen Aussagen das Phänomen der politischen<br />

Twitter-Nutzung und widmet sich dieser neuen Form von Öffentlichkeit, in der sich<br />

politische Kommunikation und Meinungsbildung deutlich anders verhält als in anderen<br />

Online-Netzwerken. Twitter als Hybridmedium zwischen Encounterebene, Versammlungsund<br />

Medienöffentlichkeit wird an dieser Stelle exemplarisch für die Verschiebung der<br />

Öffentlichkeitsebenen betrachtet. Bereits in Kapitel 2 wird somit die Auswahl der<br />

Analysekategorien für die quantitative Inhaltsanalyse konkretisiert.<br />

Teil 2: Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der empirischen<br />

Untersuchung in Kapitel 3 und 4. Kapitel 3 nähert sich zunächst dem konkreten Aufbau<br />

der Datenanalyse hinsichtlich Methodik, Untersuchungszeitraum und Materiallage. Hierzu<br />

werden zunächst eine Reihe von Arbeitshypothesen unter Einbezug der<br />

forschungsleitenden Fragestellung und auf Basis der Erkenntnisse aus Kapitel 2<br />

formuliert. Hierauf aufbauend werden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse in Kapitel 4 in<br />

zwei Schritten vorgestellt. Zunächst wird in Kapitel 4.1 die Begleitkommunikation zum<br />

Kanzlerduell 2009 in Form eines Fallprofils umschrieben; Teilnehmeranzahl und Aktivität<br />

spielen hier eine Rolle. Analog hierzu werden die zuvor herausgearbeiteten Kategorien<br />

auf die Muster der ereignisorientierten politischen Echtzeitkommunikation bei Twitter<br />

15<br />

Konstituierend für die gesamte Analyse ist die Feststellung, dass die computergestützte Inhaltsanalyse<br />

die „Kombination von qualitativen und quantitativen Auswertungsprozeduren auf verschiedenen<br />

Ebenen (…)“ (Behnke et al. 2006) zudem allgemein erleichtert.<br />

10


Einleitung<br />

angewendet und in Kapitel 4.2 empirisch überprüft. In Kapitel 4.3 wird der Blick auf die<br />

Feinheiten der begleitenden Echtzeitkommunikation gelegt, indem mit Hilfe der<br />

qualitativen Inhaltsanalyse thematische Korrelationen zwischen der Kommunikation bei<br />

Twitter und dem im Fernsehen übertragenen Kanzlerduell 2009 dargelegt werden sollen.<br />

Ein Zwischenfazit zur empirischen Analyse, unter Berücksichtigung der methodischen<br />

Einschränkungen, wird in Kapitel 4.4 gezogen. Kapitel 5 fasst schließlich die wichtigsten<br />

Ergebnisse der Analyse zusammen und gibt einen Ausblick für nachfolgende<br />

Forschungsvorhaben.<br />

1.5 Fallbeispiel: Das „Kanzlerduell 2009“ im Gefüge der crossmedialen<br />

Debattenwelt<br />

In der vorliegenden Arbeit stellt das Kanzlerduell 2009 das rahmenbedingende Objekt der<br />

empirischen Untersuchung dar. An dieser Stelle sollen demnach die Grundzüge des<br />

Kanzlerduells 2009, das sich in eine gewandelte crossmediale Debattenwelt des<br />

Medienwahlkampfes 2009 einbetten lässt, nachgezeichnet werden. 16<br />

Das Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer,<br />

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, das am 13. September 2009 ab 20:30 Uhr auf ARD,<br />

ZDF, RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurde, markierte den Höhepunkt in einem von<br />

öffentlichkeitswirksamen politischen Gesprächsrunden, Bürgersprechstunden und<br />

täglichen Polit-Talkshows charakterisierten Medienwahlkampf 2009. 17 Auch wenn nur ca.<br />

14 Millionen Zuschauer den Schlagabtausch zwischen Merkel und Steinmeier verfolgten –<br />

beim TV-Duell zur Bundestagswahl 2005 waren es ca. 20 Millionen Zuschauer (vgl.<br />

Hanfeld et al. 2009) – formierte er „die größte medial hergestellte Teilöffentlichkeit“ des<br />

Superwahljahres 2009 (Bieber 2010a: 239). Bereits im Vorfeld wurden jedoch Zweifel an<br />

der Bedeutungs- und Aussagekraft des Duells seitens der Massenmedien und den<br />

politischen Akteuren laut. Die gemeinsame vierjährige Regierungsverantwortung in der<br />

Großen Koalition, die fehlenden Streitpunkte in Grundsatzfragen und dem „quasi<br />

präsidentiellen Gestus“ der Kanzlerin (Bieber 2010a: 245, zitiert n. Blätte i.d.B) sowie ihre<br />

defensive Strategie im Wahlkampf führten zu der Annahme, dass aus dem angekündigten<br />

16<br />

17<br />

Die Entwicklungslinien der politischen Debattenkultur in Deutschland, die ihren Ursprung in der USamerikanischen<br />

great debate hat, können im Rahmen dieser Masterarbeit nicht thematisiert werden;<br />

vgl. hierzu Maurer et al. 2007, sowie Maurer/Reinemann 2003. Für eine nähere Betrachtung zur<br />

Messung von Wahrnehmung im Rahmen von TV-Duellen bieten sich die Beiträge von Thorsten Faas<br />

an; vgl. u.a. Faas 2004<br />

Die unterschiedlichen Debattenformate im Vorfeld des Kanzlerduells verdeutlichen, dass der<br />

Medienwahlkampf 2009 in Deutschland keineswegs unter Innovationsmüdigkeit im Sinne neuer<br />

Gesprächsformate litt. Als Beispiele wären an dieser Stelle 2009 – wir wählen. Zuschauer fragen –<br />

Angela Merkel anwortet (17.05.2009, RTL), Ihre Wahl! (ab dem 23.08.2009, SAT 1.), oder das<br />

Wahlforum (3. Und 15.09.2009, ZDF) zu nennen. Die so genannte „Trielle“ – ein Aufeinandertreffen der<br />

Vertreter der Oppositionsparteien – wurde von ARD, ZDF und RTL ausgestrahlt und kann als<br />

konkreteste Form einer „Debatte-vor-der-Debatte“ verstanden werden; vgl. hierzu Bieber 2010a: 243f.<br />

11


Einleitung<br />

Duell eher ein „Selbstgespräch unter Kabinettsmitgliedern“ (<strong>Korte</strong> 2010: 23) resultieren<br />

würde. Kaum überraschend war daher der Umstand, dass während des gesamten Duells<br />

„eine grundsätzliche Rollenverteilung in defensiv-zurückhaltende Amtsinhaberin und<br />

offensiv-angriffslustigen Herausforderer“ erkennbar war (Bieber 2010a: 246). Von einem<br />

deutlichen Duell-Charakter konnte bei diesem Argumentationsaustausch dennoch nur<br />

bedingt die Rede sein. Neben den beiden Kandidaten, deren Meinungen hinsichtlich der<br />

einzelnen Themenkomplexe nur rudimentäre Differenzen aufwiesen und diese nur<br />

beiläufig angesprochen wurden, machten auch die Themengewichtung sowie die<br />

dominante Rolle der vier Moderatoren – Peter Limbourg, Frank Plasberg, Maybrit Illner<br />

und Peter Kloeppel – aus dem Duell zwischen Merkel und Steinmeier, ein Duett Merkel-<br />

Steinmeier gegen das Moderatorenteam (vgl. Spiegel Online 2009). Die Tatsache, dass<br />

das Kanzlerduell 2009 eher als Duett bewertet werden kann und der Umstand, dass kein<br />

Live-Stream zur Debatte verfügbar war, 18 überraschte nicht, da die Experimentierfreude<br />

von Fernsehanstalten und Parteien hinsichtlich einer Digitalisierung unterschiedlicher<br />

Debatten-Formate während des tatsächlichen Schlagabtausches am 13. September 2009<br />

nicht zu erkennen war. Nichtsdestotrotz entwickelte sich auf vielen Kanälen des Internets<br />

und „im Rücken des Leitmediums Fernsehen“ eine angeregte Debatte (Bieber 2010a:<br />

254). Bieber hält in diesem Zusammenhang fest, dass sich „[o]hne Steuerung und<br />

Koordination (…) ein Online-Mosaik aus kleinen Versatzstücken der digitalen<br />

Echtzeitkommunikation gebildet [hat]“. Hierbei spielten insbesondere das Live-Transkript<br />

der Online-Plattform wahl.de, Live-Blogs, Chats aber auch Facebook und Twitter eine<br />

bedeutende Rolle für die Verlagerung der Begleitkommentierung ins Netz. 19 Die<br />

Wahrnehmung des Kanzlerduells wurde von dem heimischen Sofa in die sozialen<br />

Netzwerke getragen und eröffnete somit einem breiteren Netz-affinen Publikum einen<br />

Einblick in die online-basierte „Echtzeit-Debatte zum Kanzlerduell“ (ebd. 545). Wie bereits<br />

die Beispiele aus den USA, Großbritannien und Australien gezeigt haben, bei denen die<br />

begleitende Online-Debatte über Live-Blogs, Facebook oder Twitter sehr viel<br />

umfangreicher ausfiel, etablierte sich im Rahmen dieses für den Wahlkampf weiterhin als<br />

relevant postulierten Ereignisses eine neue Form von Öffentlichkeit, die am ehesten auf<br />

18<br />

19<br />

Allein der Sender Phoenix entschied sich entgegen aller Abmachungen kurzfristig für einen Live<br />

Stream. Den „Medienbruch“, von dem Bieber in diesem Zusammenhang spricht, konnte diese<br />

Übertragung im Internet jedoch nicht kompensieren (Bieber 201a: 253).<br />

Das Live-Transkript zum Kanzlerduell 2009 findet sich unter: http://www.wahl.de/kanzlerduell.<br />

Unzählige persönliche Live-Blogs, bspw. die Einschätzung von Christian Jung unter<br />

http://www.homopoliticus.de/2009/09/14/live-in-getrennten-welten/ ist zu nennen, aber auch Online-<br />

Formate bei Spiegel Online (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,648018,00.html, Stand<br />

13.09.2009 ) oder ZDF begleiteten das Kanzlerduell im Netz.Georg Watzlawek vom Handelsblatt bietet<br />

eine Übersicht der Live-Blogs an und verweist auf seine eigene Wahrnehmung des Duells, die er auf<br />

seinem Twitter-Account mitteilt; vgl. hierzu http://blog.handelsblatt.com/madagaskar/2009/09/13/keinlive-blog-zum-tv-duell/<br />

(Stand 13.09.2009) und http://gwatzlawek.tumblr.com/post/187143472/livetweet-zum-tvduell<br />

(Stand 13.09.2009).<br />

12


Einleitung<br />

der Ebene einer Versammlung mit undefinierbarem Zielpublikum zu verorten ist (vgl.<br />

Bieber 2010a: 256). Die Verlagerung der ereignisorientierten Echtzeit-Kommunikation auf<br />

Weblogs oder Social Network Sites (SNS) eröffnet demnach neue mediale<br />

Resonanzräume, die von einer undefinierbaren Masse an Nutzern ohne Zugangshürden<br />

genutzt werden können. Die Übertragung des Kanzlerduells 2009 stellte nicht nur ein<br />

weiteres Mal den Höhepunkt des Bundestagswahlkampfes dar, sondern lenkte den Blick<br />

auf eine neue Art der begleitenden, berichtenden Kommunikation: die ereignisorientierte<br />

Echtzeitkommunikation in sozialen Netzwerken.<br />

13


Öffentlichkeit im Wandel<br />

II<br />

Untersuchungsgegenstand<br />

2. Öffentlichkeit im Wandel<br />

Die Herausbildung einer politischen Öffentlichkeit ist demokratiepolitisch von höchster<br />

Relevanz, wenngleich sie nicht der alleinige Garant für Demokratie ist (Grunwald 2006:<br />

69). Die Kommunikation in einer Gesellschaft ist strukturbildend für die allgemeine<br />

Öffentlichkeit, die demzufolge als Kommunikationssystem begriffen werden kann, deren<br />

Zugang prinzipiell für jedermann frei ist (vgl. Strohmeier 2004: 76). Eine begriffliche<br />

Eingrenzung von Öffentlichkeit scheint jedoch schwierig, da sie keine definierbare Größe<br />

darstellt, sondern vielmehr eine „Vielzahl – teilweise miteinander vernetzter – kleinerer<br />

und größerer Kommunikationsforen (...), in denen Informationen und Meinungen<br />

ausgetauscht werden“ (ebd.), umspannt. Öffentlichkeit und Kommunikation sind in der<br />

modernen Gesellschaft 20 unter „neuen Vorzeichen“ (Weidenfeld 2008: 7) zu betrachten.<br />

Die „Medienevolution“ (Leggewie 2003: 116) der letzten Jahre und die mit ihr in<br />

Verbindung stehenden Modifikationen der Informations- und Kommunikations-<br />

Technologien, haben das System Öffentlichkeit und das Kommunikationshandeln<br />

innerhalb einer modernen Gesellschaft maßgeblich beeinflusst (vgl. ebd.). In diesem<br />

Wandel von Öffentlichkeit nimmt das Internet eine bedeutende Rolle ein. Es handelt sich<br />

zwar nicht um „ein brandneues Medium als vielmehr um eine kumulative, multimediale<br />

Evolution, die alles leistet, was alte Medien je für sich zu leisten im Stande [waren, I.S.],<br />

aber vor allem eine Eigenheit aufweist: das interaktive Potenzial“ (Leggewie 2003: 116).<br />

Die Veränderungen verlangen somit nach einer differenzierten Betrachtung von<br />

Öffentlichkeit.<br />

2.1 Das intermediäre System Öffentlichkeit<br />

Idealtypisch sorgt ‚Öffentlichkeit„ im Rahmen von demokratischen Entscheidungs- und<br />

Willensbildungsprozessen für Legitimation und Transparenz. Ein dauerhafter<br />

Kommunikationsprozess zwischen Repräsentanten und Bürgern innerhalb einer Vielzahl<br />

unterschiedlicher Kommunikationsforen 21 bildet die Grundlage für die Öffentlichkeit einer<br />

20<br />

21<br />

Die moderne Gesellschaft kann an dieser Stelle als ein „funktional differenzierte(s)“ System verstanden<br />

werden, dessen Teilsysteme jeweils unterschiedlichen Sinnrationalitäten folgen und unterscheidbare<br />

Funktionen erfüllen (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 7). Das politische System als Teilsystem einer<br />

modernen Gesellschaft erfährt im Rahmen dieser Arbeit die umfassenste Aufmerksamkeit.<br />

Ist heute von Foren die Rede, dann sind in diesem Zusammenhang “kommunikative Strukturen<br />

gemeint, innerhalb derer sich (...) Interessierte gleichermaßen austauschen” (Plake et al. 2001: 29).<br />

Foren sind von Sachlichkeit, der Möglichkeit des Rollenwechsels, aber auch der Spontanität<br />

gekennzeichnet (vgl. ebd.).<br />

14


Öffentlichkeit im Wandel<br />

demokratischen Gesellschaft. Als „intermediäres System, das sich durch Austausch von<br />

Informationen und Meinungen durch Personen, Gruppen und Organisationen konstituiert“<br />

(Jarren/Donges 2006: 103), vermittelt Öffentlichkeit zwischen dem politischen System und<br />

der Gesellschaft. Der prinzipiell freie Zugang zu diesem Kommunikationssystem ist die<br />

allgemeine Zielvorstellung politischer Kommunikation (vgl. Imhof et al. 2006: 12). Ohne<br />

eine gewisse Vermittlungsleistung kann politische Kommunikation zwischen den<br />

unterschiedlichen Öffentlichkeitsakteuren jedoch nicht realisiert werden. In modernen<br />

Gesellschaften übernehmen daher die Massenmedien diese vermittelnde Funktion.<br />

Neben den etablierten Massenmedien wie Hörfunk, Fernsehen und Presse tritt seit<br />

einigen Jahren verstärkt das Internet als Kommunikationssystem und Verbreitungskanal<br />

von Informationen hervor. Die Möglichkeiten der direkten Kommunikation zwischen<br />

Akteuren des politischen Systems und den Bürgern vervielfältigen sich hierdurch, so dass<br />

die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -verbreitung neue Dimensionen erfährt.<br />

2.1.1 Begriffliche Eingrenzung<br />

Das moderne Verständnis von Öffentlichkeit ist ein Produkt der Aufklärung 22 . Mit<br />

Öffentlichkeit sind Angelegenheiten des Staates gemeint, die für die Bürger offen und<br />

zugänglich sein sollten. Das politische Handeln sollte demnach „an das Räsonnement der<br />

Bürger, an deren Meinungen gebunden werden“ 23 (Gerhards/Neidhardt 1990: 4; vgl.<br />

Schaffhauser 1997). Auch in modernen Gesellschaften bildet Öffentlichkeit eine<br />

dauerhafte und wichtige Bezugsgröße, mit der eine „elementar-demokratische Qualität“<br />

(Gerhards/Neidhardt 1990: 3) assoziiert wird. Als verfassungsrechtliche Grundausstattung<br />

von demokratisch-legitimierten politischen Systemen (vgl. Neidhardt 1994: 8) schafft<br />

Öffentlichkeit durch einen auf Dauer angelegten Kommunikationsprozess innerhalb des<br />

politischen Systems und zwischen demselbigen und der Gesellschaft Transparenz und<br />

Legitimation (vgl. Kamps 1999: 9). Die Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen<br />

als herausragende Funktion des politischen Systems in modernen Gesellschaften wird<br />

demnach durch die Öffentlichkeit im Sinne eines Kommunikationssystem und sozialen<br />

Raumes, in dem Öffentlichkeitsakteure miteinander kommunikativ agieren, kontrolliert<br />

(vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 8 / Grunwald et al. 2006: 70). 24 Die Intermediarität dieses<br />

22<br />

23<br />

24<br />

Gleichzeitig wurde mit Öffentlichkeit auch die Absage des Privaten gegenüber dem Öffentlichen<br />

verbunden. Die gesellschaftlichen Akteure treten aus ihrer Privatsphäre heraus und verlagern ihr<br />

Kommunikationshandeln auf eine der im nachfolgenden thematisierten Öffentlichkeitsebenen (Kapitel<br />

2.1.3; vgl. Neidhardt 1994: 7).<br />

Jürgen Gerhards spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Art volonté general“<br />

(Gerhards/Neidhardt 1990: 3). Diesbezüglich kann festgestellt werden, dass dem Öffentlichkeitsbegriff<br />

zwischenzeitlich immer auch ein moralischer Impetus angehaftet wird<br />

Diese Funktionsbestimmung, die dem politischen System im Allgemeinen zukommt, ist in der<br />

Wissenschaft als common sense zu betrachten.<br />

15


Öffentlichkeit im Wandel<br />

ausdifferenzierten „Kommunikationssystem[s] Öffentlichkeit“ (ebd.: 9f.) ermöglicht eine<br />

Rückkopplungsschleife zwischen kollektiv verbindlichen Entscheidungen und den<br />

Meinungen der Bürger. Öffentlichkeit in modernen Gesellschaften trägt demzufolge dafür<br />

Sorge, dass Informationen, Meinungen und Interessen aufgenommen, verarbeitet und<br />

artikuliert werden. „Eine Öffentlichkeit, von der angebbare Gruppen eo ipso<br />

ausgeschlossen wären, ist nicht etwa nur unvollständig, sie ist vielmehr gar keine<br />

Öffentlichkeit“, so Jürgen Habermas in seinem wegweisenden Werk Strukturwandel der<br />

Öffentlichkeit (Habermas 1990: 156). Der relativ freie Zugang zur Öffentlichkeit bedeutet<br />

demzufolge, dass ein Sprecher vor einem Publikum kommuniziert, dessen Größe er nicht<br />

bestimmen kann (vgl. Habermas 1990: 98; vgl. auch Neidhardt 1994: 10). Werden<br />

Informationen und Meinungen über Angelegenheiten der res publica ausgetauscht so<br />

spricht die Literatur oft von politischer Öffentlichkeit (vgl. Sarcinelli 2009: 57). Auch in<br />

diesem gemeinsamen kommunikativen (Ver-) Handlungsraum stellt das Publikum eine<br />

diffuse Größe dar. Der soziale Raum Öffentlichkeit, durch Kommunikationshandlungen<br />

konstituiert, charakterisiert sich demnach im politischen wie auch im allgemein<br />

gesellschaftlichen Bereich durch unstetige Beziehungen unter den<br />

Öffentlichkeitsakteuren, die je nach Öffentlichkeitsebene und Thematik zu differenzieren<br />

sind (vgl. Schulz 2008: 114 ff.; vgl. Perlot 2008: 20). 25<br />

Im intermediären System Öffentlichkeit nehmen die Massenmedien die<br />

Vermittlerrolle zwischen politischem System und Gesellschaft ein (vgl. Jarren/Donges<br />

2006: 103) und beeinflussen, wie sich später zeigen wird, maßgeblich die Meinungs- und<br />

Willensbildungsprozesse innerhalb einer Gesellschaft. Ziel ist die Erzeugung einer<br />

öffentlichen Meinung, „das heißt eine Meinung, die sich in den Arenen öffentlicher<br />

Meinungsbildung weitgehend durchzusetzen vermag“ (Jarren/Donges 2006: 103) und aus<br />

der Fokussierung auf bestimmte Sachverhalte oder Konsens über ein Thema entsteht<br />

(Neidhardt 1994: 7). 26<br />

2.1.2 Strukturmerkmale und Funktionen<br />

Aus einem normativen Verständnis heraus ist Öffentlichkeit als konstituierende Variable<br />

für die Betrachtung der modernen Gesellschaft von hoher Relevanz. Die Funktionen, die<br />

Öffentlichkeit idealtypisch erfüllen soll, werden sowohl anhand der zwei dominierenden<br />

Öffentlichkeitsmodelle – Spiegelmodell (nach Niklas Luhmann) und Diskursmodell (nach<br />

Jürgen Habermas) – als auch unter Bezugnahme der unterschiedlichen<br />

25<br />

26<br />

Zur näheren Betrachtung der Öffentlichkeitsakteure dienen die Ausführungen von Neidhardt (1994)<br />

sowie Gerhards/Neidhardt (1990), Jarren/Donges 2006: 105, sowie Peters 1993.<br />

Inwieweit und unter welchen Bedingungen die öffentliche Meinung auch der Meinung des Publikums<br />

beziehungsweise derer, die am öffentlichen Kommunikationsprozess nicht teilgenommen haben,<br />

entspricht, ist Teil empirischer Untersuchungen.<br />

16


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Demokratietheorien 27 überprüft. Geht man bei der Entstehung von Öffentlichkeit von<br />

einem dreistufigen Prozess aus – Input, Throughout, Output 28 – so lassen sich die<br />

normativen Ansprüche an die (politische) Öffentlichkeit gemäß dreier Prinzipien<br />

überprüfen (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 13ff.):<br />

1. Transparenzfunktion: „Öffentlichkeit soll offen sein für alle gesellschaftlichen<br />

Gruppen sowie für alle Themen und Meinungen von kollektiver Bedeutung“<br />

(Neidhardt 1994: 8f.)<br />

2. Validierungsfunktion: „Öffentlichkeitsakteure sollen mit den Themen und<br />

Meinungen anderer diskursiv umgehen und ihre eigenen Themen und<br />

Meinungen unter dem Druck der Argumente gegebenenfalls revidieren“ (ebd.).<br />

3. Orientierungsfunktionen: „Öffentliche Kommunikation, die von den<br />

Öffentlichkeitsakteuren diskursiv betrieben wird, erzeugt öffentliche Meinungen,<br />

die das Publikum als überzeugend wahrnehmen und akzeptieren kann“ (ebd..).<br />

Resümierend sind demzufolge drei Gütekriterien von Öffentlichkeit wahrzunehmen: a)<br />

Offenheit des Zugangs, b) Diskursivität der öffentlichen Kommunikation, c)<br />

Legitimitätsleistung der Öffentlichkeit für die Politik (vgl. Schulz 2008: 334; vgl. Habermas<br />

1990). Sowohl das Spiegelmodell als auch das Diskursmodell thematisieren die Erfüllung<br />

dieser Funktionen entlang des Prozessverlaufs zur Generierung von Öffentlichkeit. Der<br />

Komplexität dieser beiden Öffentlichkeitsmodelle geschuldet, wird an dieser Stelle nicht<br />

näher auf sie eingegangen. 29 Grundsätzlich unterscheiden sich beide Modelle jedoch<br />

darin, welchen Funktionen sie im öffentlichkeitgenerierenden Prozess die größte<br />

Leistungsfähigkeit zurechnen. Das Potenzial der Funktionserfüllung von Öffentlichkeit<br />

hängt, wie in den folgenden Abschnitten aufgezeigt werden soll, von der jeweiligen Ebene<br />

ab.<br />

27<br />

28<br />

29<br />

Die unterschiedlichen Demokratiemodelle werden aufgrund ihrer Komplexität in dieser Arbeit erwähnt,<br />

jedoch nicht näher bestimmt. Lediglich das deliberative Demokartiemodell findet in Kapitel 2.1.4 in<br />

Ansätzen Verwendung.<br />

Der dreistufige Prozesse zur Bildung von Öffentlichkeit umfasst folgende Schritte: Themen und<br />

Meinungen werden gesammelt (Input), Themen und Meinunungen werden verarbeitet (Throughout),<br />

Themen und Meinungen werden weitergegeben (Output); vgl. hierzu Gerhards/Neidhardt 1991: 42;<br />

Neidhardt 1994: 8.<br />

Da die vorliegende Arbeit eine ausführliche Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen<br />

Öffentlichkeitstheorien- und Modellen aufgrund des eingeschränkten Rahmens nicht leisten kann, vgl.<br />

hierzu Marcinkowski 1993: 118, Gerhards 1994: 87, sowie Jarren/Donges 2006: 98ff.. Generell kann<br />

jedoch festgehalten werden, dass Niklas Luhmann sowie Frank Marcinkowski, einem<br />

systemtheoretischen Ansatz folgend, der Auffassung sind, dass die Massenmedien unter den<br />

Vorzeichen einer Differenzierung der modernen Gesellschaft und der Öffentlichkeit zu einem<br />

eigenständigen Funktionssystem der Gesellschaft avancieren (vgl. Luhmann 1996; Marcinkowski<br />

1993). Demgegenüber wird die gesellschaftstheoretische Perspektive vom liberalen Modell der<br />

politischen (Medien-)Öffentlichkeit geprägt, welches auf die Diskurstheorie und die damit verbundene<br />

Vorstellung einer deliberativen Demokratie nach Jürgen Habermas zurückgeht (Rhomberg 2009: 61).<br />

17


Öffentlichkeit im Wandel<br />

2.1.3 Ebenen der politischen Öffentlichkeit<br />

Wie bereits angedeutet, stellt die politische Öffentlichkeit im Sinne eines offenen<br />

Kommunikationssystems „eine weitgespannte und diffuse Größe dar“<br />

(Gerhards/Neidhardt 1990: 19). Die Differenzierung in mehrere Ebenen gibt Auskunft über<br />

den Grad der strukturellen Verankerung im politischen System. Im Vorfeld lässt sich<br />

bereits anmerken, dass die Anzahl der Kommunikationsteilnehmer steigt, der Grad der<br />

strukturellen Verankerung sowie die Selektion von Themen und die Professionalität der<br />

Leistungsrollen (Sprecher und Vermittler) mit zunehmender Ebene verstärkt wird. Die<br />

Publikumsrolle wird distanzierter, indirekter und passiver, so dass die Öffentlichkeit durch<br />

das politische System oder die etablierten Massenmedien kontrollierbarer und die<br />

Informationsgenerierung, -Verarbeitung, und -Anwendung einfacher wird (Strohmeier<br />

2004: 79). Die verfassungsrechtliche Verankerung der politischen Öffentlichkeit im<br />

demokratischen System rechtfertigt die einzelnen Schritte zu dieser Ausdifferenzierung<br />

(vgl. (Gerhards/Neidhardt 1990: 19). 30<br />

Das idealtypische Modell der differenzierbaren Öffentlichkeitsebenen vom Jürgen<br />

Habermas‟schen Ideenkonstrukt 31 geprägt (vgl. Habermas 1992), durch Friedhelm<br />

Neidhardt argumentativ fortgeführt (vgl. Neidhardt 1994) und in einem Pyramidenmodell<br />

von Jarren und Donges in der Folge zusammengefasst, bildet die Grundlage für die<br />

Betrachtung von Öffentlichkeit unter den Vorzeichen des Strukturwandels (Jarren/Donges<br />

2006: 103 f.). Demzufolge soll nachstehend auf die drei unterschiedlichen Ebenen des<br />

Systems Öffentlichkeit eingegangen werden, um im weiteren Argumentationsverlauf eine<br />

Einordnung der neuen durch das Internet hervorgerufenen Öffentlichkeitsebenen bzw.<br />

Teil- und Gegenöffentlichkeiten zu ermöglichen.<br />

30<br />

Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit manifestieren, wie bereits zu Beginn des Kapitels<br />

erwähnt, diese demokratische Grundvoraussetzung (vgl. ebd.). Siehe hierzu desweiteren Artikel §5<br />

und §8 des deutschen Grundgesetzes unter http://www.bundestag.de/dokumente/ rechtsgrundlagen/<br />

grundgesetz/gg_01.html .<br />

31 In seinem Werk Faktizität und Geltung fasst Habermas seine Idee der Öffentlichkeitsebenen<br />

folgendermaßen zusammen: „Sie [die Öffentlichkeit] stellt ein hochkomplexe Netzwerk dar, das sich<br />

räumlich in eine Vielzahl von überlappenden internationalen, nationalen, regionalen, kommunalen,<br />

subkulturellen Arenen verzweigt; das sich sachlich nach funktionalen Gesichtspunkten,<br />

Themenschwerpunkten, Politikbereichen usw. in mehr oder weniger spezialisierte, aber für ein<br />

Laienpublikum noch zugängliche Öffentlichkeiten gliedert; und das sich nach Kommunikationsdichte,<br />

Organisationskomplexität und Reichweite nach Ebenen differenziert – von der episodischen Kneipen, -<br />

Kaffeehaus- oder Straßenöffentlichkeit über die veranstaltete Präsenzöffentlichkeit von<br />

Theateraufführungen, Elternabenden, Rockkonzerten, Parteiversammlungen oder Kirchentagen bis zu<br />

der abstrakten, über Massenmedien hergestellten Öffentlichkeit von vereinzelten und global<br />

verstreuten Lesern, Zuhörern und Zuschauern“ (Habermas 1992: 425).<br />

18


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Abb. 1: Öffentlichkeitsmodell im Wandel<br />

Leit-<br />

Medien<br />

Medien-<br />

Öffentlichkeit<br />

Folgemedien<br />

Organisationsöffentlichkeit<br />

Selektion<br />

Versammlungs-<br />

Öffentlichkeit<br />

Spontanöffentlichkeit<br />

Quartier – und Betriebsöffentlichkeit<br />

Selektion<br />

Encounter<br />

Spontanöffentlichkeit<br />

Quelle: nach Jarren/Donges 2006: 105<br />

2.1.3.1 Encounter-Ebene<br />

Einfache Interaktionssysteme lassen sich auf der sogenannten Encounter-Ebene<br />

verorten, die den geringsten Grad der strukturellen Verfestigung mit dem politischen<br />

System aufweisen und meist dann entstehen, wenn Menschen an einem Ort<br />

zusammenkommen und kommunizieren. 32 Solche Formen von „kleinen Öffentlichkeiten“ 33<br />

entstehen fast zwangsläufig und sind zeitlich kaum eingrenzbar, sie „bilden die<br />

elementarste Form“ innerhalb des Systems Öffentlichkeit (Gerhards/Neidhardt 1990: 20).<br />

Auf der Encounter-Ebene lässt sich prinzipiell keine „Regelmäßigkeit von Begegnungen<br />

und damit ein Mindestmaß an kommunikativer Kontinuität [sowie] thematischer<br />

Zentrierung“ erkennen (Gerhards/Neidhardt 1990: 20), so dass man von<br />

„Episodencharakter“ für diese einfachen kommunikativen Interaktionssysteme spechen<br />

kann (ebd. 21). Auf Grund der fehlenden Synergieeffekte bezüglich der<br />

Meinungsgenerierung und der geringen Anzahl der dauerhaft partizipierenden<br />

32<br />

33<br />

Die Kommunikationsteilnehmer der einfachsten Interaktionsebene haben meist einen heterogenen<br />

Hintergrund und treffen sich zufällig auf der Straße oder im Café. Diese Orte bilden für Habermas den<br />

„örtlich zentrierten Kommunikationsrahmen“, der für die Etablierung kleiner Öffentlichkeiten sorgt<br />

(Gerhards/Neidhardt 1990: 20; vgl. Habermas 1962: 46 ff.). Die dort entstandene Kommunikation<br />

umschreibt Niklas Luhmann widerum mit „Kommunikation au troittoir“ (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990:<br />

20).<br />

Diese Form von „kleiner Öffentlichkeit“ wird an dieser Stelle möglicherweise irreführend zur<br />

Beschreibung der Encounterebene benutzt, da mit einer kleinen Form von Öffentlichkeit in dieser<br />

Arbeit hauptsächlich die Ebene der Versammlungsöffentlichkeit gemeint ist, vgl. hierzu Kapitel 2.1.3.1<br />

19


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Kommunikationsteilnehmer ist der Einfluss auf die öffentliche Meinung demnach gering.<br />

Machtpolitisch ist die Encounter-Ebene daher relativ wirkungslos, jedoch keinesfalls<br />

bedeutungslos für die allgemeine Öffentlichkeit.<br />

Der offene Zugang und die Möglichkeit der grenzenlosen Informationsbeschaffung<br />

erleichtern ‚einfachen Öffentlichkeitsakteuren„ 34 die Kommunikation, erschweren unter<br />

dem Gesichtspunkt der „Unbestimmtheit (der) Entstehung“ dieser Interaktionsräume<br />

wiederum die Kontrolle durch das politische System (Gerhards/Neidhardt 1990: 22).<br />

2.1.3.2 Öffentliche Veranstaltungen<br />

Unter dieser Ebene sind „thematisch zentrierte Interaktions- oder Handlungssysteme zu<br />

verstehen, bspw. in Form von Veranstaltungen oder Demonstrationen“ (Jarren/Donges<br />

2006: 104). 35 Neben möglicher Spontanität der Zusammenkunft lässt sich dieser<br />

Öffentlichkeitsebene ein höherer Organisationsgrad zuschreiben. Öffentliche<br />

Veranstaltungen sind im Unterschied zur Kommunikation auf der Ecounter-Ebene<br />

demnach an soziale Voraussetzungen gebunden (Neidhardt 1990: 22). Das heißt, es<br />

bedarf der Organisation und Planung von Veranstaltungsort, Experten, Teilnehmern sowie<br />

der Bestimmung des Publikums. Durch den höheren Organisationsgrad vollzieht sich<br />

zusätzlich eine Differenzierung in Leitungs- und Publikumsrollen.<br />

Der Öffentlichkeitstypus ‚Veranstaltung‟ wird in der Literatur prinzipiell auch als<br />

Themenöffentlichkeit oder Versammlungsöffentlichkeit bezeichnet, da diese Form von<br />

Öffentlichkeit themenzentriert und ortsgebunden ist. 36 Eine thematische Festlegung<br />

ebenso wie eine deutliche Ausdifferenzierung zwischen Leistungs- und Publikumsrollen<br />

steigern die Chance der Synthetisierung von Meinungen und in der Folge somit die<br />

Herstellung einer öffentlichen Meinung, auch wenn beim angesprochenen Publikum<br />

Grenzen der Reichweite erkennbar werden (vgl. Neidhardt 1990: 22f.). Je größer die<br />

Stabilität dieser Öffentlichkeitsform ist, desto einfacher gelangen Themen aus der<br />

öffentlichen Versammlung an die Medienöffentlichkeit und erzielen somit allgemeine<br />

Aufmerksamkeit. 37 Nicht nur die Tatsache, dass thematische Fragmente von den<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37<br />

Als Akteure der Peripherie lassen sich allgemein gesprochen Bürger und Personen der<br />

Zivilgesellschaft bezeichnen (Organisationen, Vebänder oder Parteien), jedoch unterscheidet Peters<br />

zusätzlich zwischen innerer und äußerer Peripherie abhängig von der Poisitionierung zum Zentrum;<br />

vgl. Peters 1993.<br />

Die Versammlungsfreiheit nach Artikel §8 GG verankert die Ebene der Veranstaltung bzw.<br />

Versammlung im Rechtssystem (vgl. http://www.bundestag.de/dokumente/ rechtsgrundlagen/<br />

grundgesetz/gg_01.html).<br />

Die Gebundenheit an einen Ort im räumlichen Sinne wird im weiteren Verlauf der Argumentation zu<br />

relativieren sein, da die digitale Form der politischen Versammlung an einen virtuellen Raum gebunden<br />

ist, der aus empirischer Sicht nur schwer einzugrenzen ist.<br />

Journalisten als externe Beobachter von Veranstaltungen/Versammlungen verhelfen Themen durch<br />

Selektion oder detaillierte Aufarbeitung auf die Ebene der Medienöffentlichkeit.<br />

20


Öffentlichkeit im Wandel<br />

etablierten Massenmedien aufgenommen werden, sondern dass diese Ebene von<br />

Meinungsführern ebenfalls häufig „als Testbühne für ein breiteres Publikum“ genutzt wird<br />

(ebd. 23), unterstreicht, dass bereits die Versammlungsöffentlichkeit durchaus<br />

machtpolitische Wirkung erzeugen kann.<br />

2.1.3.3 Medienöffentlichkeit<br />

Die Ebene der Medienöffentlichkeit erzeugt in modernen Gesellschaften die<br />

größtmögliche politische Wirkung (vgl. Strohmeier 2004: 81). Aufgrund der Reichweite der<br />

etablierten Massenmedien und ihrer verfestigten technischen Infrastruktur sorgen sie für<br />

eine dauerhafte und breitflächige Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Die<br />

Öffentlichkeit moderner Gesellschaften ist mit anderen Worten „insbesondere [eine]<br />

massenmedial vermittelte Öffentlichkeit“ (Gerhards/Neidhardt 1990: 23f.). Charakteristisch<br />

für diese Ebene ist die größere, aber auch abstraktere Anzahl von<br />

Kommunikationsteilnehmern, der hohe Grad an institutioneller Regelung von<br />

Kommunikation, beispielsweise durch Rundfunkanstalten, sowie die unbegrenzte<br />

Reichweite: grundsätzlich erreichen die etablierten Massenmedien jeden Bürger (vgl.<br />

Strohmeier 2004: 81). 38 Für die Konstituierung eines öffentlichen Raumes im politischen<br />

System und die Generierung von öffentlicher Meinung, ist es von Bedeutung, dass<br />

Themen und Meinungen die Ebene der Medienöffentlichkeit erreichen (vgl. ebd. 72).<br />

Sowohl Neidhardt als auch Jarren und Donges sehen in den etablierten Massenmedien<br />

auch unter dem Eindruck des umfassenden Einflusses durch das Internet weiterhin den<br />

Garant für die Verbreitung von Informationen und die Herstellung von öffentlicher Meinung<br />

(vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 24; Jarren/Donges 2006). Neben dieser Dominanz, die<br />

sich in der Ausdifferenzierung von Leitmedien zeigt, 39 schränkt die starke<br />

Institutionalisierung auf der dritten Ebene den kommunikativen Gestaltungsraum eines<br />

"mehr oder minder dauerhaft vorhandenen Publikum[s]“ deutlich ein (Jarren/Donges 2006:<br />

104). Insbesondere die Kanalisierung des freien Zugangs zur Öffentlichkeit und der<br />

fehlende Rückkanal seitens der etablierten Massenmedien verringern die Chance der<br />

aktiven Teilnahme am politischen Meinungsbildungsprozess für den einzelnen Bürger. 40<br />

Die hier angesprochenen Defizite der allgemeinen, massenmedial vermittelten<br />

38<br />

39<br />

40<br />

Die gesamte Bevölkerung einer Gesellschaft kann an dieser Stelle idealtypisch als Publikum begriffen<br />

werden, da die etablierten Massenmedien prinzipiell jeden Bürger erreichen können.<br />

Münkler definiert „Leitmedium‟ wie folgt: “Ein Leitmedium wird ein Medium, weil es zu einer bestimmten<br />

Zeit einige Ideen repräsentiert und spezifische Perspektiven auf die Welt eröffnet, welche der<br />

gesellschaftlichen Umgebung angemessen sind – kulturell ebenso wie technisch (...)” (Münkler 2009:<br />

46).<br />

Mitunter geht der kommunikativ-interaktive Zusammenhang zwischen Sprechern und Publikum auf der<br />

Ebene der Medienöffentlichkeit verloren (vgl. hierzu Habermas 1990).<br />

21


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Öffentlichkeit treten im Lichte des Internets als neuen Öffentlichkeitsraum deutlich hervor.<br />

Infolgedessen erfährt das Konzept der Teil- und Gegenöffentlichkeit erneut an Bedeutung.<br />

Mit dem Begriff ‚Gegenöffentlichkeit‟ ist „eine gegen eine hegemoniale Öffentlichkeit<br />

gerichtete Teilöffentlichkeit, die um einen spezifischen gesellschaftlichen Diskurs oder<br />

Standpunkt herum strukturiert ist“ (Zerfaß et al. 2008a: 213) gemeint. Die Aufmerksamkeit<br />

wird auf Themen gerichtet, die von der Bevölkerung oberflächlich unbeachtet bleiben,<br />

jedoch für die Allgemeinheit nichtsdestoweniger von Bedeutung sind. In diesem Sinne<br />

werden Informationen und Meinungen in Umgehung der Massenmedien verbreitet (vgl.<br />

Plake et al. 2001). Indikatoren für die Etablierung von Teil- und Gegenöffentlichkeiten<br />

können einem politökonomischen, gesellschaftlichen und medientechnischen Wandel<br />

zugrunde liegen. Das Internet bietet den Teil- und Gegenöffentlichkeiten in der komplexen<br />

Situation des Strukturwandels und der Verschiebung der Ebenen eine „zusätzliche<br />

öffentliche Bühne“ (Grunwald et al. 2006: 72). Demzufolge lässt sich nicht von einer<br />

radikalen Fragmentierung der Öffentlichkeit in Teil- und Gegenöffentlichkeiten sprechen,<br />

sondern vielmehr von einer „Renaissance von Gegenöffentlichkeiten und eine(r)<br />

digitale(n) Fortführung alternativer Kommunikation“ (Zerfaß et al. 2008a: 210). 41 In diesem<br />

Kontex bleibt festzuhalten, dass ein gegenseitiger Anpassungsprozess erkennbar ist, in<br />

dem sich die alternativen digitalen Teil- und Gegenöffentlichkeiten komplementär zur<br />

massenmedial vermittelten Öffentlichkeit verhalten und somit eine weitere Bühne für<br />

Kommunikation und Meinungsbildung eröffnen.<br />

Die vorgestellte Ebenendifferenzierung zeigt, dass alle drei Ebenen besondere<br />

Stufen im Ausdifferenzierungsprozess eines autonomen Öffentlichkeitssystems darstellen<br />

(vgl. ebd.). Die Annahme, dass mit jeder weiteren Ebene auch die Leistungsfähigkeit<br />

hinsichtlich des Prozesses von Informationssammlung, -verarbeitung, und -anwendung<br />

steigt, ist unter aktuellen Voraussetzungen nicht mehr zu halten. Denn aufgrund der<br />

intermediären Funktionen von Öffentlichkeit und der Etablierung einer neuen Öffentlichkeit<br />

– der Netzöffentlichkeit – kann vielmehr von einer „prinzipielle(n) Gleichrangigkeit“ (ebd.)<br />

gesprochen werden. Anstatt von einer strikten Differenzierung in Ebenen zu sprechen, ist<br />

daher einerseits eine Verschmelzung der klassischen Öffentlichkeitsebenen und<br />

andererseits eine Ausweitung des Systems Öffentlichkeit mit Hilfe von Netzöffentlichkeit<br />

und der aus ihr resultierenden neuen Teil- und Gegenöffentlichkeiten zu beobachten.<br />

41<br />

Bereits mit der Etablierung des Fernsehens als Leitmedium wurde von Teil- und Gegenöffentlichkeiten<br />

gesprochen. Das Konzept ist demnach nicht ausschließlich auf die Nutzung des Internet als<br />

zusätzliches Informations- und Kommunikationsmedium zurückzuführen (gl. Grunwald et al. 2006).<br />

22


Öffentlichkeit im Wandel<br />

2.1.4 Der Einfluss des Internets auf das System Öffentlichkeit<br />

In Anlehnung an das Werk Strukturwandel der Öffentlichkeit von Jürgen Habermas<br />

(Habermas 1990) wird in der Literatur seit vielen Jahren von einem zweiten, einem<br />

„digitalen Strukturwandel“ (Bieber 1999: 62) der Öffentlichkeit gesprochen. Die<br />

Neugestaltung des Systems ‚Öffentlichkeit„ in modernen Gesellschaften stellt die Validität<br />

der klassischen Öffentlichkeitstheorien gewissermaßen in Frage. 42 Zum einen kann das<br />

Internet aufgrund seiner dezentral organisierten Kommunikations- und<br />

Beteiligungsstruktur auf den ersten Blick nur schwer einer der klassischen<br />

Öffentlichkeitsebenen zugeordnet werden. 43 Zum anderen führt genau diese Eigenschaft<br />

des Internets zu einer Verschmelzung der netzbasierten mit der konventionell<br />

massenmedienorientierten politischen Öffentlichkeit sowie zu einer Vermischung<br />

unterschiedlicher Kommunikationsmodi. Um kommunikative Anschlussfähigkeit unter dem<br />

Eindruck des Wandels zu gewährleisten, ist eine Infrastruktur notwendig, bei der die<br />

Selektionsgrenzen der Öffentlichkeitsebenen durchlässiger für Themen und Meinungen<br />

sind (vgl. Plake et al. 2001). Obwohl die etablierten Massenmedien, insbesondere das<br />

Fernsehen, auch weiterhin die öffentliche Themenagenda und den öffentlichen<br />

Meinungsbildungsprozess bestimmen werden, ergänzt das Internet die alten Strukturen<br />

und fügt neue, zu meist koppelbare öffentliche Kommunikationsräume und<br />

Öffentlichkeitsebenen hinzu. 44 Die Verknüpfung alter und neuer Kommunikationskanäle<br />

beschleunigt die Kommunikation und erhöht Reichweite und Umfang des<br />

Informationsflusses. In diesem Sinne lässt sich von einer neuen „Vielkanalöffentlichkeit“<br />

sprechen, innerhalb derer das Internet als Meta-Medium oder auch „Hybrid-Medium“<br />

gesehen werden kann (Perlot 2007: 35). 45<br />

2.1.4.1 Netzöffentlichkeit und das Social Web<br />

Die Netzöffentlichkeit als neue Ausdifferenzierung im Öffentlichkeitsmodell kann als<br />

„komplexes Netzwerk aus miteinander vernetzten Teilöffentlichkeiten gesehen werden,<br />

die in ihrer Gesamtheit zur Entstehung einer Gegenöffentlichkeit beitragen“ (vgl. Bieber<br />

1999: 200). Wie bereits erwähnt, ist die Netzöffentlichkeit nicht von den klassischen<br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

Nichtsdestotrotz dienen die klassischen Theorien als Ausgangspunkt für die Konzeptionalisierung<br />

neuer Ansätze.<br />

Für eine nähere Betrachtung hinsichtlich der allgemeinen kommunikativen Potenziale des Internets,<br />

vgl. Plake et al. 2001;<br />

Es zeichnet sich ein Trend der gleichzeitigen und konvergenten Mediennutzung ab. Obwohl der Nutzer<br />

weiterhin der professionellen Vorselektion und Aufarbeitung durch die etablierten Massenmedien<br />

vertraut, wird er in der Informationsbeschaffung und der Kommunikation mit Hilfe des Internets<br />

souveräner und aktiver.<br />

Mit dem Ausdruck „Hybridmedium” ist die Annahme verbunden, dass das Internet sowohl bilaterale als<br />

auch multilaterale Kontakte ermöglicht. Zusätzlich fungiert es als “Sender für ein disperses<br />

Massenpublikum (vgl. Plake et al. 2001: 49).<br />

23


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Öffentlichkeitsebenen zu trennen, vielmehr kann sie als neuer Bestandteil im komplexen<br />

System Öffentlichkeit verstanden werden (vgl. Grunwald et al. 2006: 72). Die<br />

Netzöffentlichkeit bietet einen alternativen Ort, an dem Bürger in Online-Diskurse<br />

eingebunden werden und zu verstärkter Partizipation am politischen Geschehen angeregt<br />

werden sollen (ebd. 83). Mit der Verfestigung der politischen Netzöffentlichkeit für das<br />

alltägliche Kommunikationshandeln, etabliert sich nach und nach eine neue „architecture<br />

of participation“ (O‟Reilly 2004) im Internet bzw. im Web 2.0. Jedoch ist nicht die<br />

technische Determinante des Web 2.0 an dieser Stelle von Bedeutung, sondern das<br />

soziale Phänomen des Social Web. Stanoevska-Slabeva spricht von einer<br />

„Metamorphose des Internets von einem globalen Informationsmedium zu einem globalen<br />

Mit-Mach-Medium“ (Stanoevska-Slabeva 2008: 36). Die Ausdifferenzierung des Social<br />

Web in einzelne Anwendungen, die sich aus Social Network Sites (SNS) bzw. aus<br />

„Online-Communities oder Soziale(n) Online-Netzwerke(n)“ (Bieber et al. 2009: 54)<br />

konstituieren, verändern neben dem Partizipationsverhalten auch die politische – ob von<br />

etablierten Massenmedien oder Individuen geführte - Kommunikation. Wie in Abbildung 2<br />

darstellt, vernetzt das Social Web Kommunikation und Partizipation, indem Informationen<br />

ausgetauscht sowie Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden, um die kollaborative<br />

Zusammenarbeit und Kommunikation im gesellschaftlichen Kontext zu unterstützen (vgl.<br />

Ebersbach et al. 2008: 31). Gleichermaßen dazu erkennen Dana Boyd und Nicole Ellison<br />

drei wesentliche Merkmale bei Social Network Sites (SNS): „die Konstruktion eines<br />

öffentlichen oder halb-öffentlichen Profils innerhalb eines begrenzten Systems (1), die<br />

Darstellung einer Liste mit Kontakten beziehungsweise Verbindungen zu anderen<br />

Personen innerhalb eines Netzwerkes (2) sowie die Möglichkeit, sich die Kontakte<br />

anderer Personen anzusehen und als Verbindung zu Dritten zu nutzen (3)“ (Boyd/Ellison<br />

2007, zitiert nach Bieber et al. 2009: 55). 46 Sowohl für die gesamtgesellschaftliche als<br />

auch für die persönliche politische Kommunikation im Netz nimmt das Social Web somit<br />

eine Katalysator-Funktion ein (vgl. Bräuer et al. 2008). 47<br />

46<br />

47<br />

Beispielhaft für SNS sind hier u.a. Facebook.com, Studivz.net oder Twitter.com zu nennen<br />

Die Alltäglichkeit der Nutzung von Social Media Angeboten macht das Internet zu einem zentralen<br />

Medium der Persönlichkeitsentfaltung, weit über die politische Kommunikation, Partizipation oder<br />

Meinungsbildung hinaus.<br />

24


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Abb. 2: Dreiecksmodell des Social Web<br />

Quelle: nach Ebersbach et al. 2008: 35<br />

Weblogs, Microblogs wie beispielsweise Twitter oder die andere SNS – wie<br />

Facebook.com, Studivz.net oder myspace.com – zählen mittlerweile zum<br />

Standardrepertoire des Social Web. 48 Neben der einschlägigen<br />

„Empfehlungskommunikation“ (vgl. Bieber et al. 2009: 13) und der Möglichkeit zur<br />

Echtzeitkommunikation als Reaktion auf massenmediale Ereignisse, die dank der<br />

dezentralen und auf Interaktion ausgerichteten Struktur des Social Web möglich ist,<br />

unterstützen die individuellen Nutzerprofile als kommunikative Knoten die<br />

personenzentrierte Kommunikation (vgl. ebd. 56). 49<br />

Allgemein bietet die Netzöffentlichkeit und im Speziellen das Social Web Akteuren,<br />

deren Zugang zur politischen Öffentlichkeit im Vorfeld relativ eingeschränkt war, einen<br />

erleichterten Eintritt in eine neue, virtuelle Sprecherarena. Hier können sie als Sender und<br />

Empfänger, bzw. als Produzent und Konsument von Informationen agieren. Durch die<br />

Detailtiefe und -vielfalt der Netzöffentlichkeit unterscheiden sich die Online-Medien und<br />

Angebote des Social Web deutlich von den etablierten Massenmedien. Denn das „Internet<br />

als Social Web (…) bietet seinen Nutzern eine Plattform grenzenloser Meinungsbildung“<br />

(Zerfaß et al. 2008b: 210), 50 die vermehrt von weiten Teilen der Bevölkerung und<br />

politischen Akteuren im Alltag genutzt wird. In der gesamten Debatte um den digitalen<br />

Strukturwandel von Öffentlichkeit und die Verbreitung der politischen Kommunikation im<br />

48<br />

49<br />

50<br />

An dieser Stelle können der Vielfältigkeit der SNS und ihrer Spielereien geschuldet nur einige Beispiele<br />

exemplarisch genannt werden.<br />

Vgl. hierzu weiterführend Wehner 2008: 202 ff.<br />

Die aktuelle ARD/ZDF Online-Studie 2010 attestiert der Online-Nutzung in Deutschland einen<br />

deutlichen Anstieg. Auch die Anwendungen des Web 2.0 bzw. Social Web erfahren gesteigerten<br />

Zuspruch, obwohl der Zuwachs an Aktivität im Vergleich zum Vorjahr etwas gesunken ist. Das<br />

„Mitmach-Netz“ ist der Online-Studie zufolge weiterhin beschränkt eine kleine Gruppe von aktiven<br />

Nutzern; vgl. hierzu ARD/ZDF Online-Studie 2010.<br />

25


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Netz, ist zu berücksichtigen, dass nicht die Rolle der medialen Artefakte, sondern die<br />

Charakteristika ihrer Nutzung zu analysieren sind.<br />

2.1.4.2 Politische Online-Kommunikation und Partizipation<br />

Jede historische Medienevolution impliziert erhebliche Modifikationen der politischen<br />

Kommunikation. Die Vervielfältigung der Kommunikationsarenen und somit die bereits<br />

erwähnte Segmentierung von Öffentlichkeit, spiegelt gleichzeitig die „Individualisierung<br />

und Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Teilsystem(e)“ einer modernen Gesellschaft<br />

wieder (vgl. Schulz 2008: 132f.; Bieber et al. 2009: 89), die im Zuge der Globalisierung<br />

stetig zunimmt. An die Stelle der one-to-many-Kommunikation etablierter Massenmedien<br />

oder einfacher Websites, tritt die meist dezentral organisierte many-to-many oder manyto-some-Kommunikation<br />

(vgl. Kamps 2007: 311). Basierend auf der Annahme, dass<br />

politische Kommunikation seit der umfassenden Nutzung des Internet nicht mehr nur dem<br />

Top-down-Prinzip folgt, sondern auch Bottom-up-Kommunikation ermöglicht, deutet sich<br />

eine starke Veränderung des Denken und Handelns an (vgl. Bieber 2010c).<br />

In den sehr spezifischen Teil- und Gegenöffentlichkeiten des Internets wird die<br />

Aufmerksamkeit für Informationen gebündelt. Rezipienten schaffen sich mit Hilfe<br />

technischer Infrastrukturen im Netz ein themenspezifisches Informationsrepertoire (vgl.<br />

Schmidt 2006: 138). Obgleich der dezentrale Nutzungscharakter von Online-Medien<br />

häufig dem Vorwurf der kommunikativen Beliebigkeit unterliegt, scheinen Online-Medien<br />

und Angebote im Social Web der „Schlüssel zur Enthierarchisierung der politischen<br />

Kommunikation und Partizipation“ (Kamps 2007: 310) zu sein. Ihnen wird ein<br />

unbestreitbar großes Potenzial zugesprochen, den Sprecherraum der politischen<br />

Öffentlichkeit zu erweitern und Bürgern größere Partizipationsmöglichkeiten<br />

zuzusprechen (vgl. Zerfaß et al. 2008: 190). Die Integrationsleistung des Systems<br />

Öffentlichkeit, unterschiedlichsten Akteuren ein Forum der Kommunikation, Partizipation<br />

und Meinungsbildung zu bieten, wird mit Hilfe des Internets verstärkt. Unterstützt wird<br />

diese Entwicklung zudem durch den allmählichen Wegfall der Gatekeeper-Funktion<br />

etablierter Massenmedien. Unter den Vorzeichen des digitalen Strukturwandels von<br />

Öffentlichkeit wird somit jeder Bürger zu „einem Mitbeobachter, Mitjournalisten,<br />

Mitmoderator und Mitaktivisten in öffentlichen Angelegenheiten“ (Rolke 2002: 20, zitiert in<br />

Perlot 2007: 31). Getragen durch die Möglichkeiten des Social Web stehen Interaktivität,<br />

Vernetzung sowie das neue Konzept der „Produtzung“ 51 , die gemeinschaftliche Schaffung<br />

von Inhalten, im Mittelpunkt dieser Entwicklungen (Bruns 2009: 67f.).<br />

51<br />

Produtzung beschreibt die Verschränkung von Produktion und Nutzung geschaffener Inhalte.<br />

„Produtzung erfolgt in einem Umfeld, in dem die Gemeinschaft als Grundlage für die verteilte, vernetzte<br />

Schöpfung von Werten durch inkrementelle, iterative, und evolutionäre Prozesse fungiert“ (Bruns 2009:<br />

69).<br />

26


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Die Niederschwelligkeit der Zugangshürden sowie die relative Anonymität innerhalb der<br />

Netzöffentlichkeit bieten diesbezüglich einen strukturellen Vorteil (vgl. Kamps 1999: 36).<br />

In diesem digitalen Öffentlichkeitsraum ist demnach eine kontinuierliche Verlagerung von<br />

Passivität zu Aktivität hinsichtlich der politischen Kommunikation und Beteiligung zu<br />

erkennen.<br />

2.1.4.3 Fragmentierung der Gesellschaft durch das Internet<br />

Das „Schlagwort der Fragmentierung von Öffentlichkeit“ (Rhomberg 2009: 231), wie<br />

bereits angesprochen, nimmt für die Debatte um den Einfluss des Internets auf Politik und<br />

Gesellschaft eine wichtige Rolle ein. Die dichotome Debatte über die Ausdifferenzierung<br />

und Vernetzung der Informations- und Kommunikationssysteme sowie deren Einfluss auf<br />

das Handeln und Denken der Menschen bewegt sich insofern zwischen Faszination und<br />

Zweifel (vgl. Kamps 1999: 11). Auf der einen Seite wird von einer Revitalisierung der<br />

Demokratie durch vermehrte Partizipationsmöglichkeiten und vielseitige<br />

Kommunikationsräume für die Bürger gesprochen. Auf der anderen Seite postulieren<br />

Kritiker eine Fragmentierung der Gesellschaft. Fragmentierung, die die „Zersplitterung des<br />

Publikums in viele Zielpublika“ sowie die „Fragmentierung der politischen Öffentlichkeit in<br />

aufgefächerte, unstete Teilöffentlichkeiten“ meint (Rössler 2000, zitiert von Perlot 2007:<br />

26). Eine Verschärfung des Wettbewerbs um Aufmerksamkeit sowie die Ausweitung der<br />

gesellschaftlichen Kluft zwischen Informierten und nicht-Informierten, d.h. der „digital<br />

divide“ (Plaser/Ulram 2004: 93), wäre die unmittelbare Folge.<br />

Der Gefahr einer Fragmentierung von Öffentlichkeit und Gesellschaft im Zuge des<br />

digitalen Strukturwandels kann entgegnet werden, dass die Öffentlichkeit moderner<br />

Gesellschaften von Beginn an nicht homogen, sondern bereits seit der Etablierung des<br />

Fernsehens als Massenmedium in Gegen- und Teilöffentlichkeiten differenziert war (vgl.<br />

Grunwald et al. 2006). Dieser ‚neue‟ Pluralismus von unterschiedlichen Segmenten im<br />

System Öffentlichkeit bietet respektive vielmehr eine Chance für die Vielfalt und die<br />

Erweiterung von Kommunikations- und Partizipationsräumen (vgl. Perlot 2007: 32 f.). 52 In<br />

diesem Sinne schaffen neue Orte im Netz Raum für den schnelleren, direkteren und<br />

interaktiveren Austausch von Informationen und Meinungen. Die Nutzung des Internets<br />

und insbesondere von Social Network Sites oder anderen Online-Angeboten ist jedoch in<br />

keinem Fall als Königsweg für mehr bürgerliche Partizipation, direktere Kommunikation<br />

oder Meinungsbildungsprozesse nach deliberativem Ideal zu begreifen. Vielmehr<br />

ergänzen die onlinebasierten Angebote die politische Kommunikation und schaffen neue<br />

politische Teil- und Gegenöffentlichkeiten.<br />

52<br />

Kamps (2007) sowie Jarren/Donges (2006) machen im Zuge der Debatte auf die Risiken und Gefahren<br />

der Ausweitung des Internets auf Gesellschaft und politisches System aufmerksam.<br />

27


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Grundsätzlich bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass die Komposition des<br />

intermediären Öffentlichkeitssystems sich im Sinne einer Verschmelzung der Ebenen,<br />

einer Vervielfältigung der Kommunikationsmodi und einer Vereinfachung der Partizipation<br />

an Meinungsbildungsprozessen verändert. Das Internet sowie die multiplen Möglichkeiten<br />

im Social Web scheinen dieser Entwicklung als Motor zu dienen.<br />

2.2 Politische Versammlungen<br />

Gewissermaßen als Prototyp politischer Veranstaltungen gelten Versammlungen 53 , die<br />

rechtswissenschaftlich als „Zusammenkunft von mindestens drei Personen an einem<br />

bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit zu dem gemeinsamen Zweck, bestimmte<br />

Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu erörtern, kundzugeben oder zu<br />

entscheiden“ verstanden werden (Hurrelmann et al. 2002: 549, vgl. Bieber et al. 2009:<br />

56). Die Kommunikation unter Anwesenden erschließt sich als zentrale Ressource für die<br />

Verständigung innerhalb politischer Versammlungen.<br />

Im Gegensatz zur Dominanz etablierter Massenmedien in modernen<br />

Gesellschaften sorgen öffentliche Veranstaltungen für die Verfestigung eines autonomen<br />

Öffentlichkeitssystems (vgl. Gerhards 1992: 765). Insbesondere für nicht-etablierte<br />

Öffentlichkeitsakteure bietet diese Ebene prinzipiell einen Zugang zur allgemeinen<br />

Medienöffentlichkeit (vgl. Neidhardt 1994: 10). Die Versammlung eröffnet Akteuren der<br />

Peripherie ein Forum, in dem sie erstmals zu Sprechern in der politischen Öffentlichkeit<br />

werden (vgl. Gerhards/Neidhardt/Rucht 1998: 35).<br />

Netzbasierte Versammlungsöffentlichkeiten als eine neue Form des<br />

themenzentrierten Austauschs von Argumenten unterstützen diese kommunikative<br />

Ermächtigung der Akteure und fördern die Deliberation, wie in den nachfolgenden<br />

Abschnitten erläutert werden soll.<br />

2.2.1 Begriffserklärung und Historie<br />

Die politische Forderung nach Versammlungsfreiheit hat den Weg für die öffentliche<br />

Versammlung geebnet. Auch wenn das Grundgesetz in Artikel §8 54 keine genaue<br />

Begriffserklärung von ‚öffentlich„ angibt, ist „eine örtliche Zusammenkunft mehrerer<br />

Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung<br />

gerichteten Erörterung oder Kundgebung“ (Halberstadt/Hensel 1990: 90) als öffentliche<br />

Versammlung zu verstehen. Hierbei ist der Teilnehmerkreis, der unter Einsatz von<br />

53<br />

54<br />

Trotz Differenzierung folgt die Arbeit der ihr zugrunde liegenden Literatur und verwendet den Begriff<br />

„politische Veranstaltung‟ synonym mit „politische Versammlung‟.<br />

Vgl. hierzu http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01.html.<br />

28


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Diskussion oder Demonstration eine gemeinsame Aussage zum Ziel hat, nicht<br />

eingrenzbar. Trotz der unbestimmten Teilnehmeranzahl dient die verbindliche<br />

Willensbildung im Rahmen einer öffentlichen Angelegenheit als übergeordnetes Ziel (vgl.<br />

ebd.). Neben einer öffentlichen Versammlung sind jedoch auch nicht-öffentliche, geplante,<br />

spontane, in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel stattfindende politische<br />

Veranstaltungen in dieses Konzept einzubeziehen, so zum Beispiel Parteitage,<br />

Mitgliederversammlungen von Bürgerinitiativen, Demonstrationen oder auch politische<br />

Online-Diskurse (vgl. Halberstadt/Hensel 1990: 151; vgl. Bieber 2003).<br />

Aus einer verstärkt politikorientierten Perspektive lassen sich politische<br />

Versammlungen zum einen grundsätzlich als kleine Form von Öffentlichkeit im Sinne<br />

eines Kommunikationssystems beschreiben. Zum anderen sind Versammlungen auf der<br />

Ebene der Mikropolitik zu klassifizieren (vgl. Gerhards 1992: 767; Hurrelmann et al. 2002:<br />

549). Beide Definitionen sind nicht trennscharf voneinander zu betrachten, sondern<br />

beanspruchen im Hinblick auf die Frage nach dem Deliberationspotenzial gleichermaßen<br />

Relevanz. Die politische Versammlung als Öffentlichkeitsform beruht einerseits auf einer<br />

Kommunikationsform, die sich durch nicht-technikvermittelte Multimedialität, Interaktivität<br />

und den Austausch von Argumenten auszeichnet. 55 Die Anwesenheit der<br />

Kommunikationsakteure sowie die thematische Zentrierung des Kommunikationshandelns<br />

sind strukturbildend für die Versammlung (vgl. ebd. 548), die sich als Ort eines oft<br />

diskursgeleiteten Meinungsaustauschs konstituiert. In diesem Sinne definiert Jürgen<br />

Gerhards politische Versammlungen als „kleine Öffentlichkeiten“ (Gerhards 1992: 767),<br />

da sie im Gegensatz zum System Öffentlichkeit keine Plattform für eine Vielzahl von<br />

Meinungen bieten, aus der eine öffentliche Meinung generiert wird. Ausgehend von einem<br />

relativ homogenen Teilnehmerkreis bei politischen Versammlungen, hat deren<br />

Zusammenkunft somit nicht das Räsonnement mehrerer Meinungen, sondern die<br />

Mobilisierung einer bestimmten öffentlichen Meinung zum Ziel (vgl. ebd.). 56<br />

Betrachtet man politische Versammlungen andererseits aus einer mikropolitischen<br />

Perspketive, handelt es sich um „zeitlich begrenzte Interaktionssysteme (…), die in eine<br />

organisatorische und institutionelle Umwelt eingebettet sind“ (Hurrelmann et al. 2002:<br />

549) und in einem relativ begrenzten Personenkreises stattfinden. Die Effektivität der<br />

öffentlichen Meinungsgenerierung bei politischen Versammlungen ist grundsätzlich jedoch<br />

von der Tatsache abhängig, inwieweit die diskutierten Themen auf die Ebene der<br />

Medienöffentlichkeit gelangen und dort von der Gesellschaft und dem politischen System<br />

55<br />

56<br />

Vgl. Kapitel 2.1.3.2<br />

In diesem Zusammenhang attestiert Habermas der politischen Versammlungsöffentlichkeit Merkmale,<br />

die er eigentlich den Massenmedien zuschreibt. Er bezeichnet diese Öffentlichkeitsebene als „eine<br />

vermachtete Ebene von Öffentlichkeit, die von den Parteien und Interessengruppen penetriert ist“ (vgl.<br />

hierzu Gerhards 1992: 778).<br />

29


Öffentlichkeit im Wandel<br />

wahrgenommen werden. „Die politische Versammlung braucht und sucht [daher]<br />

Öffentlichkeit“ (Halberstadt/Hensel 1990: 136).<br />

Beide Erklärungen von politischer Versammlung verweisen auf ein hohes<br />

Potenzial zur Deliberation in Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozessen. Mitunter<br />

steht diese Form der kleinen Öffentlichkeit somit häufig im Fokus demokratietheoretischer<br />

Forschung. 57 Im Sinne der deliberativen Demokratietheorie wird angenommen, dass<br />

politische Versammlungen aufgrund des diskursiven Kommunikationsverhaltens der<br />

Teilnehmer einen Beitrag zur Deliberation einer Gesellschaft leisten können, jedoch nur<br />

unter der Voraussetzung, dass sie allein durch Sozialdisziplinierung zustande kommen<br />

(vgl. Hurrelmann et al. 2002). Deliberation soll hier „als Erzeugung eines kollektiven<br />

Willens durch Äußerung und Austausch von Argumenten, die sich an Kriterien der<br />

Validität und Unparteilichkeit messen lassen müssen“ (ebd. 546), verstanden werden. 58<br />

Um generell von einer deliberativen Praxis im Rahmen einer politischen Versammlung<br />

sprechen zu können, sind jedoch idealtypische „Minimalbedingungen“ (Hurrelmann et al.<br />

2002: 547) zu erfüllen, die im Folgenden kurz skizziert werden:<br />

1. Zugangsfreiheit ist gesichert. Jeder Teilnehmer besitzt die Möglichkeit seine<br />

Argumente ohne Einschränkung zu äußern.<br />

2. Nichtbehinderung ist garantiert. Die Beteiligten dürfen sich nicht gegenseitig an<br />

der kommunikativen Partizipation hindern.<br />

3. Sachzentrierung ist sichergestellt. Der Diskurs soll sach- und themenorientiert<br />

verlaufen.<br />

4. Argumentativität ist gewährleistet. Alle eingebrachten Argumente können auf<br />

Nachfrage begründet werden.<br />

5. Aufmerksamkeit ist sichergestellt. Die Diskussionsteilnehmer sollen allen<br />

Beiträgen die nötige Aufmerksamkeit schenken, um dem Verlauf der<br />

Versammlung folgen zu können.<br />

6. Zurückhaltungsverbot ist umgesetzt. Relevante Argumente, insbesondere<br />

Gegenargumente, sollen von den Diskutanten nicht zurückgehalten werden.<br />

7. Reaktionsgebot gilt. Durch argumentative, aber auch Ja/Nein- Stellungnahmen<br />

zu einzelnen Beiträgen ist eine konsensorientierte Entscheidungsfindung und<br />

57<br />

58<br />

Dieser Aspekt der konzeptionellen Auseinandersetzung mit dem Deliberationspotenzial politischer<br />

Versammlungen erfährt an dieser Stelle nur eingeschränkte Aufmerksamkeit, da nicht das<br />

Deliberationspotenzial im Fokus steht, sondern die Frage, ob sich das Modell in die Online-Welt<br />

übertragen lässt und ob Dynamiken erkennbar sind; hierzu vertiefend vgl. Hurrelmann et al. 2002.<br />

Nach Habermas stellt Deliberation den Modus dar, der mit Hilfe eines rationalen Diskurses kollektiv<br />

verbindliche Entscheidungen zum Ziel hat (Habermas 1992: 138). Der Begriff ‚rationaler Diskurs„ kann<br />

auch als ‚argumentative Diskussion‟ bezeichnet werden, bei der nicht die Abgleichung der eigenen<br />

Präferenzen im Vordergrund, sondern vielmehr der Austausch unterschiedlicher Argumente im Fokus<br />

der Diskussion steht, um im Anschluss die eigenen Ansichten weiterzuentwickeln gemäß eines<br />

‚kognitiven Lernens„. Idealtypisch verlaufen deliberative Diskurse „frei, egalitär, rational und<br />

konsensorientiert“ ab (vgl. Hurrelmann et al. 2002: 546).<br />

30


Öffentlichkeit im Wandel<br />

idealerweise auch eine repräsentative Meinungsbildung möglich (vgl. Hurrelmann<br />

et al. 2002: 547).<br />

Der Output politischer Versammlungen hängt neben der Einhaltung der<br />

Minimalbedingungen in großem Maße von der Beschaffenheit der Akteursstruktur ab,<br />

die je nach Versammlungstypus und Thematik unterschiedlich determiniert sein kann.<br />

2.2.2 Binnenstruktur: Akteure<br />

Aus einer akteursspezifischen Perspektive ist die Beschaffenheit des Teilnehmerkreises<br />

einer öffentlichen politischen Versammlung strukturbildend für den Verlauf der<br />

Veranstaltung und spielt zusätzlich eine maßgebliche Rolle für den Entscheidungs- und<br />

Meinungsbildungsprozess. Die Versammlungsforschung spricht in diesem<br />

Zusammenhang von der sogenannten „attentive public“ 59 (Gerhards 1992: 768). Eine<br />

Differenzierung der attentive public in unterschiedliche Subgruppen kann einerseits durch<br />

eine soziostrukurelle Bestimmung und andererseit gemäß der politischen und<br />

wertmäßigen Orientierung der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen geleistet werden.<br />

Geschlecht, Alter, Bildungsgrad, Einkommen und die Erwerbsklasse dienen u.a. der<br />

strukturellen Bestimmung nach soziodemografischen Aspekten (Gerhards 1992: 768).<br />

Anhand dieser Variablen können erste Aussagen über die Hierarchiebildung dieser<br />

divergenten gesellschaftlichen Gruppen getroffen werden (ebd.). Die Kriterien<br />

Parteipräferenz, Werteorientierung und allgemeine politische Orientierung ermöglichen<br />

wiederum Rückschlüsse auf die Repräsentanz politischer Interessengruppenanhänger in<br />

politischen Versammlungen (ebd.). 60 Unterschiedliche wissenschaftliche Arbeiten,<br />

beispielsweise von Lipset und Rokkan (Lipset/Rokkan 1967, zitiert in Gerhards 1992:<br />

768), haben gezeigt, dass der Prozess der politischen Willens- und Meinungsbildung „ein<br />

nach Konfliktlinien strukturierter Prozess ist“ (Gerhards 1992: 773). 61 Dieses Merkmal ist<br />

auch politischen Versammlungen inhärent, indem ihre Akteursstruktur ein sozialstrukturell<br />

und/oder ideologisch relativ homogenes Bürgersegment repräsentiert (vgl. ebd.).<br />

Bestimmte gesellschaftliche Gruppen sind demnach unter- oder überrepräsentiert, sodass<br />

die Generierung einer öffentlichen Meinung dem Anspruch der Repräsentativität nicht<br />

59<br />

60<br />

61<br />

Mit „attentive public“ sind jene Bürger gemeint, die politische Versammlungen verfolgen und aktiv an<br />

ihnen teilhaben (vgl. hierzu Devine 1970: 64, zitiert in: Gerhards 1992: 768).<br />

Für eine tiefgehendere Auseinandersetzung mit der Struktur und Zusammensetzung des<br />

Teilnehmerkreises von politischen Versammlungen, vgl. die Untersuchung von Gerhards (Gerhards<br />

1992). Sie dient als adäquate Grundlage für weitere Analysen der Binnenstruktur politischer<br />

Versammlungen.<br />

Mit dem Begriff ‚Konfliktlinie‟ ist in diesem Zusammenhang die unter Akteuren divergierende Meinung<br />

hinsichtlich politischer Fragestellungen gemeint.<br />

31


Öffentlichkeit im Wandel<br />

vollends entsprechen kann. Ein so genannter bias 62 im Meinungsbildungsprozess kann<br />

eine Verzerrung der in Versammlungen generierten Meinung zur Folge haben (vgl.<br />

Noelle-Neumann 1982, zitiert in: Gerhards 1992: 767). Politische Versammlungen<br />

spiegeln demnach nur das Aggregat von Meinungen einer relativ homogenen<br />

Teilöffentlichkeit wieder. Erreichen die Themen der Versammlungsöffentlichkeit die Ebene<br />

der Medienöffentlichkeit, kann der allgemeine Meinungs- und<br />

Entscheidungsfindungsprozess aufgrund des bias nur in begrenztem Maße beeinflusst<br />

werden.<br />

Wie jede Öffentlichkeitsform folgt auch eine politische Versammlung - ob als<br />

Kommunikationssystem im Sinne einer ‚kleinen Öffentlichkeit„ oder als mikropolitische<br />

Praktik verstanden - Einzelregeln und Erwartungen, die ihren Ablauf strukturieren. Neben<br />

den sieben angeführten Minimalbedingungen sorgen die anschließend skizzierten<br />

„Kommunikationsdisziplinen“ (Hurrelmann et al. 2002: 550) sowohl für ein geordnetes<br />

Kommunikationshandeln unter den Teilnehmern als auch für die Förderung von<br />

Deliberation.<br />

2.2.3 Binnenstruktur: Kommunikationsdisziplinen<br />

Kommunikationsdisziplinen in Form von Ordnungen oder Konventionen regeln die Redeund<br />

Handlungspraxis der Versammlungsteilnehmer und schüren zudem Erwartungen<br />

hinsichtlich Verlauf und Output im Sinne der öffentlichen Meinungsgenerierung. Sie<br />

verweilen zumeist auf einer Meta-Ebene, wohingegen Kommunikationsdisziplinen den<br />

kommunikativen Akt des Verständigens und Verstehens auf der Mikro-Ebene<br />

systematisch konkretisieren. „[I]ndividuelle Selbstdisziplin“ und „zwischen den Subjekten<br />

wirksame Sozialdisziplin“ (Hurrelmann et al. 2002: 550f.) lassen sich als zwei<br />

Grundformen der Kommunikationsdisziplin bei politischen Versammlungen determinieren.<br />

Hurrelmann, Liebsch und Nullmeier entwickeln eine typologisierte Darstellung der<br />

Kommunikationsdisziplinen für politische Versammlungen, die im Folgenden in gekürzter<br />

Form dargestellt werden soll:<br />

62<br />

Gerhards schlussfolgert aus der Über- bzw. Unterrepräsentation bestimmter geselleschaftlicher<br />

Gruppen, dass die in öffentlichen Veranstaltungen generierte Meinungen eine besondere Gewichtung<br />

einer Meinung aufweist (vgl. Gerhards 1992: 771).<br />

32


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Abb. 3: 10 Kommunikationsdisziplinen in politischen Versammlungen<br />

1. Disziplin der zeiträumlichen Koordinierung: Die potenziellen Teilnehmer müssen über Ort und Zeit der<br />

Versammlung Bescheid wissen, damit eine Zusammenkunft von Personen überhaupt gewährleistet wird.<br />

2. Zugangsdisziplin: Für Organisationsmitglieder, ernannte Vertreter oder spezielle Personengruppen kann eine<br />

Zugangsregelung gelten. Nichtsdestotrotz können jedoch auch Spontanversammlungen mit freiem Zugang<br />

zustande kommen.<br />

3. Raum-, Körper- und Medienordnung: Die interne Struktur des Raumes wird festgelegt. Gleichzeitig werden<br />

Handlungsnormen bestimmt, die das Verlassen der Versammlung von Einzelpersonen erkennbar machen<br />

(z.B. Protest, Schweigen).<br />

4. Zeitstrukturierungsdisziplin: Die zeitliche Einheit (Beginn und Ende) soll mit Hilfe von Ritualen festgelegt<br />

werden.<br />

5. Disziplin des Gewaltaustausches: Die Störung der Versammlung in Form von physischer Gewalt soll durch<br />

ausgewählte Ordnungshüter verhindert werden.<br />

6. Disziplin der Aufmerksamkeitsregulierung: Die Entscheidung zur Teilnahme und die Konzentration auf<br />

einzelne Redebeiträge kann als „focused interaction“ bezeichnet werden und wird verfehlt, wenn die<br />

Versammlung in kleine Interaktionssysteme zerfällt oder der erhöhte Geräuschpegel die Unaufmerksamkeit<br />

der Teilnehmer ausdrückt.<br />

7. Disziplin der sachlich-thematischen Zentrierung: Der Diskurs über gemeinsame Angelegenheiten ist die<br />

Zweckbestimmung einer Versammlung. Die Themenzentrierung kann durch ‚Pfeifen, Buhen, Schreien‟<br />

verloren gehen und muss bspw. mit Hilfe von Tagesordnungen gesichert werden.<br />

8. Disziplin der Redesequenzierung: Eine Reihenfolge der Diskussionsbeiträge ist in vielen Fällen notwendig,<br />

um das allgemeine „Rauschen“ zu verhindern.<br />

9. Disziplin der Verbindlichkeitserzeugung: Verbindliche Beschlussverfahren sollen die effektive<br />

Entscheidungsfindung in politischen Versammlungen garantieren.<br />

10. Die Dokumentation bindender Entscheidungen ist für weitere Beschlüsse notwendig.<br />

Quelle: vgl. Hurrelmann et al. 2002: 551f.<br />

Die Wirksamkeit dieser Kommunikationsdisziplinen kann neben der Bestimmung des<br />

Teilnehmerkreises und mit Hilfe einer Rollendifferenzierung gesichert werden. Eine<br />

Klassifizierung der Versammlungsteilnehmer nach aktiven, passiven oder störenden<br />

Teilnehmern, einem Versammlungsleiter oder Wortführer trägt demnach ebenfalls zur<br />

spezifischen Gestaltung einer Versammlung bei und vereinfacht die Disziplinierung von<br />

Kommunikation (vgl. Hurrelmann et al. 2002: 553). In Weiterführung der anfangs<br />

aufgezeigten Minimalbedingungen hinsichtlich Deliberation bei politischen<br />

Versammlungen, die nur gewährleistet ist, wenn sie allein durch die Sozialdisziplin<br />

sichergestellt wird, werden die zehn Kommunikationsdisziplinen anhand der<br />

Unterscheidung zwischen Selbstdisziplin und Sozialdisziplin kategorisiert. Hurrelmann,<br />

Liebsch und Nullmeier stellen in ihrer Analyse fest, dass ausschließlich die ersten drei<br />

Bedingungen durch Sozialdisziplin und die restlichen Konventionen nur mit Hilfe von<br />

33


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Selbstdisziplinierung der Versammlungsteilnehmer umsetzbar sind. Demzufolge ist<br />

festzuhalten, dass eine politische Versammlung trotz entsprechender Ausgestaltung der<br />

Kommunikationsdisziplinen nicht maßgeblich zu Deliberation führt (vgl. ebd. 555). 63<br />

Dennoch scheint eine politische Versammlung einen Beitrag zur Deliberation zu leisten,<br />

da sie gerade nicht-etablierten Öffentlichkeitsakteuren eine kommunikative Plattform zum<br />

diskursiven Austausch und zur Meinungs- und Entscheidungsbildung bietet. Auch wenn<br />

diese ‚kleine Form von Öffentlichkeit„, wie Gerhards die politische Versammlung<br />

beschreibt, nicht den Ansprüchen einer deliberativen Praktik entspricht, so stellt sich doch<br />

die Frage, ob es andere themenzentrierte Kommunikationsgemeinschaften gibt, die<br />

diesem Ideal näher kommen. Im Rahmen des digitalen Strukturwandels von Öffentlichkeit<br />

hat die Versammlungsforschung Internetforen und Online-Versammlungen als Idealtypen<br />

angesichts der Deliberation des Meinungsbildungsprozesses entdeckt und ihr Potenzial<br />

untersucht.<br />

2.2.4 Politische Versammlungen im Internet<br />

Unter den Vorzeichen der vermehrten Verlagerung von Kommunikations- und<br />

Meinungsbildungsprozessen ins Internet und im Speziellen in die interaktiven Räume des<br />

Social Web, sind neue Formen der Versammlungsöffentlichkeit entstanden, bei der<br />

jedoch weder eine physische Anwesenheit der Versammlungsteilnehmer noch ein<br />

simultaner Kommunikationsvorgang erforderlich ist.<br />

Eine virtuelle Versammlungsöffentlichkeit kann „(…) ein Platz sein, an dem<br />

politische Partizipation durch die Einbindung von Bürgern in Online-Diskurse stattfindet<br />

und sich vor allem in der Mitgestaltung der öffentlichen Agenden und der<br />

gesellschaftlichen Problemwahrnehmung äußert“ (Grunwald et al. 2006: 83). Diese<br />

Online-Diskurse finden zumeist zwischen „entfernten und diachron kommunizierenden<br />

Teilnehmern“ (Leggewie 2003: 8f.) statt. Um das Potenzial der Deliberation von<br />

politischen Online-Versammlungen erschließen zu können, müssen zunächst die<br />

Unterschiede zwischen der klassischen und der onlinebasierten Versammlungsform<br />

dargestellt und im Folgenden auf ihre Fähigkeit der Selbst- bzw. Sozialdisziplinierung<br />

untersucht werden.<br />

Der diskursive Austausch von Argumenten sowie die Meinungs- und<br />

Entscheidungsbildung in Online-Foren setzen im Allgemeinen voraus, dass die<br />

potenziellen Teilnehmer über Ort und Zeit der virtuellen Zusammenkunft informiert sind.<br />

Unter Einbeziehung technischer Hilfsmittel (z.B. Passwort oder Einladung über<br />

63<br />

Deliberation ist potenziell nur möglich, indem Sozialdisziplin und Selbstdisziplin wechselseitig<br />

stabilisiert werden und wenn vom strikten Verständnis der Deliberation abrückt wird und mithin die<br />

Argumentativität innerhalb einer politischen Versammlung als sozialen Prozess versteht (vgl.<br />

Hurrelmann et al. 2002: 562).<br />

34


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Mitgliedschaft) lassen sich diese Veranstaltungen zeitlich, thematisch und strukturell im<br />

Sinne eines ausgewählten Teilnehmerkreises organisieren (vgl. Hurrelmann et al. 2002:<br />

555). Bestimmte Zugangsdisziplinen können somit den Teilnehmerkreis virtuell<br />

abgrenzen. Die Raumordnung entfällt bei Online-Versammlungen, da die synchrone<br />

Anwesenheit der Teilnehmer durch den dezentralen Charakter der Kommunikationsräume<br />

im Netz nicht zu realisieren ist. Es entstehen flexiblere Anfangs- und Beendigungsrituale,<br />

die oft nur unzureichend nachvollziehbar sind. Auch der Ausschluss von<br />

Gewaltanwendung entfällt aufgrund der fehlenden ortsgebundenen Anwesenheit der<br />

Teilnehmer. Obgleich Online-Versammlungen nicht vor externem Einwirken,<br />

beispielsweise in Form von einem ‚Hackerangriff‟ gewahrt sind, der das<br />

Kommunikationshandeln der gesamten Plattform gefährden kann. Mitunter kann<br />

Kommunikatonshandeln im Sinne beleidigender, unsachlicher oder provozierender<br />

Äußerungen einzelner Teilnehmer auch in virtuellen Versammlungen als Störung<br />

betrachtet werden. Sowohl die Vermeidung von Störungen als auch die Gewährleistung<br />

der thematisch-sachlichen Zentrierung kann, wie auch bei klassischen politischen<br />

Versammlungen, in Online-Versammlungen mit Hilfe einer Rollendifferenzierung<br />

ermöglicht werden (vgl. Hurrelmann et al. 2002: 555). Die Rolle des Moderators, die zwar<br />

nicht in jedem Internet-Forum bzw. jeder Online-Versammlung Verwendung findet, kann<br />

die Redebeiträge in der Form auswählen, dass sie dem (thematischen) Zweck der<br />

virtuellen Zusammenkunft entsprechen. Trotz Moderator stellt eine Online-Versammlung<br />

dennoch kein Instrumentarium bereit, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu<br />

regulieren. Die zu jeder Zeit mögliche Exit-Option 64 verhindert somit eine soziale<br />

Disziplinierung der Aufmerksamkeit und eine Verbindlichkeit im Sinne der<br />

Entscheidungsfindung, sollte die virtuelle Zusammenkunft diesem Zwecke dienen (vgl.<br />

ebd. 555f.).<br />

„Die wesentlichen Unterschiede liegen folglich in der Abwesenheit von Raum- und<br />

Körperdisziplinen, in den veränderten zeitlichen Strukturierungen, in der nicht zu<br />

sichernden Aufmerksamkeit der Teilnehmer und in der fehlenden Verbindlichkeit der<br />

Beschlüsse - aber auch in der (…) sachlichen Zentrierung der Diskussion“, so Hurrelmann<br />

et al. (vgl. ebd. 556). Nur bei einer entsprechend strengen Ausformung der<br />

Kommunikationsdisziplinen können die wichtigsten Voraussetzungen für die Deliberation<br />

in politischen Online-Versammlungen – Sach- und Themenzentrierung, Argumentativität,<br />

und Verbindlichkeit von Entscheidungen – realisiert werden. 65 Eine Überlegenheit von<br />

64<br />

65<br />

Mit Exit-Option ist der zeitlich-ungebundene Ausstieg aus der argumentativen Diskussion gemeint.<br />

Das deliberative Potenzial von Online-Versammlungen wird an dieser Stelle in Verbindung mit<br />

Entscheidungsprozessen gesehen, die meist nur in institutionalisierten u.a. von Parteien oder<br />

Verbänden organisierten netzbasierten Veranstaltungen von Bedeutung sind. Der allgemeine<br />

Meinungsbildungsprozess verlangt jedoch nur eine auf den Diskurs gerichtete Auseinandersetzung.<br />

35


Öffentlichkeit im Wandel<br />

(politischen) Online-Versammlungen gegenüber dem klassischen Versammlungsmodell<br />

ist nicht festzustellen, da auch im virtuellen Raum der Diskurs ein großes Maß an<br />

Selbstdisziplin der Teilnehmer verlangt und Deliberation nur in manchen Fällen eher<br />

möglich ist als bei einer ‚Zusammenkunft unter Anwesenden„. Politische Versammlungen<br />

im Netz sind somit vielmehr als Ergänzung und neue Form des Diskurses unter ‚virtuell„<br />

anwesenden Versammlungsteilnehmern zu verstehen. Sie können aufgrund der<br />

Interaktivität, Responsivität und des depersonalisierten Argumentierens der Teilnehmer<br />

sowohl deliberationsfördernd- als auch hinderlich sein, je nachdem wie die<br />

Minimalbedingungen umgesetzt und die Kommunikationsdisziplinen eingehalten<br />

werden. 66 Hurrelmann, Liebsch und Nullmeier resümieren daher, dass „Deliberation (…)<br />

Versammlungen [benötigt], weil nur sie in der Lage sind, jene Verpflichtungen zu<br />

erzeugen, die eine Gruppe von Personen auf Argumentation und die Einhaltung der<br />

argumentativ getroffenen Entscheidungen festlegt“ (Hurrelmann et al. 2002: 562). Aus<br />

ihrer Perspektive weisen nur Versammlungen unter Anwesenden die notwendige<br />

Sozialdisziplin auf, die für deliberative Praktiken unerlässlich ist.<br />

Nichtsdestotrotz sollte das Potenzial von politischen Online-Versammlungen<br />

hinsichtlich der Deliberation und der im Vorfeld bereits erläuterten kommunikativen<br />

Ermächtigung nicht unterschätzt werden. Mit zunehmender Verlagerung der politischen<br />

Kommunikation sowie der Meinungsbildung und Partizipation ins Internet gewinnen die<br />

Netzöffentlichkeit und im speziellen die onlinebasierten Teil- und Gegenöffentlichkeiten an<br />

Bedeutung, insbesondere, da die „technische Hemmschwelle(n) für die<br />

Teilnahmebeteiligung“ (Wehner 2008: 201) gering ist. Ungeachtet der Euphorie<br />

hinsichtlich kommunikativer Ermächtigungen in themenzentrierten Online-Foren, Chats<br />

oder offenen Kommunikationsplattformen, ist zu bedenken, dass die many-to-many-<br />

Kommunikation besser als few-to-few-Kommunikation zu verstehen ist, so dass das<br />

mögliche Deliberationspotenzial nur einer ausgewählten Gruppe von aktiven Nutzern<br />

zugute kommt (vgl. Strohmeier 2004: 61). Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass die<br />

strukturbildenden Elemente einer klassischen politischen Versammlung – unter anderem<br />

die Sach- und Themenzentrierung als Voraussetzung für die Zusammenkunft, die<br />

Diskursivität des Argumentationsaustauschs und die Herausbildung von<br />

Meinungsführerschaften – ebenfalls bei politischen Online-Versammlung Anklang finde.<br />

Unter dem Eindruck deutlicher Einschränkungen bezüglich dieser Annahme soll das<br />

folgende Kapitel eine grundlegende Phänomenbeschreibung der politischen Twitter-<br />

Nutzung in Deutschland vornehmen, um im Zwischenfazit die grundlegenden<br />

Analysekriterien für die empirische Untersuchung zu abstrahieren.<br />

66<br />

Der Grad der Einhaltung der aufgeführten Konventionen hängt selbstverständlich auch von der<br />

technischen Infrastruktur der netzbasierten Versammlungsplattform ab.<br />

36


Öffentlichkeit im Wandel<br />

2.3 Politisches Twittern in Deutschland<br />

Als Barack Obama mit seinem Online-Wahlkampf die Amerikaner mobilisierte und die<br />

Wahlkampfstrategen in Deutschland begeisterte, war der Kurznachrichten-Dienst Twitter<br />

im politischen Alltagsgeschäft hierzulande noch bedeutungslos. Doch mit dem Wahlerfolg<br />

Barack Obamas und der Annahme sein Wahlkampf wäre „die perfekte Realisierung eines<br />

dezentralen Netzwerkes mit einem wirkungsvollen Kernbereich gewesen“ (Bieber 2010b:<br />

24), wurden das Internet und insbesondere die sozialen Netzwerke auch von deutschen<br />

Parteien, Politikern und Wahlkampfstrategen sowie ihren Teams ernster genommen. Die<br />

hessische Landtagswahl im Januar 2009, in unmittelbarer zeitlicher Abfolge zum USamerikanischen<br />

Präsidentschaftswahlkampf, brachte den sogenannten „Obama Effekt“<br />

(Bieber 2010b: 32) nach Deutschland. Sie wird zudem oft als Startschuss für das<br />

politische Twittern 67 in Deutschland angesehen, so dass neben Facebook, StudiVZ oder<br />

YouTube insbesondere Twitter zum Inbegriff des modernen Online-Wahlkampfes in<br />

Deutschland avancierte (vgl. Jungherr 2009). Twitterten bis zum September 2008 nur die<br />

wenigsten deutschen Politiker, so nahm ihre Zahl in den darauffolgenden Monaten<br />

drastisch zu. Um die politische Twitter-Nutzung nachhaltigkeit unter den politischen<br />

Akteuren zu etablieren, half nicht allein Obamas Umgang mit den sozialen Netzwerken als<br />

Vorbild. 68 Vielmehr führten parteiinterne Lernprozesse dazu, dass der Umgang mit Twitter<br />

seit der hessischen Landtagswahl 2008 professioneller und beständiger wurde (vgl.<br />

Jungherr 2009: 113). Für diesen Landtagswahlkampf lässt sich zweifelsohne konstatieren,<br />

dass die Parteien mit Twitter als Wahlkampfinstrument erste Versuche unternahmen. Eine<br />

deutliche Unterscheidung hinsichtlich des Umganges mit Twitter ist zwischen<br />

persönlichen Kampagnen der einzelnen Kandidaten und den gesteuerten Kampagnen der<br />

Parteizentralen zu treffen. Insbesondere für vormals eher unbekannte Politiker sowie für<br />

die kleinen Parteien ergab sich mit Twitter eine Möglichkeit, über die Selektionsgrenzen<br />

der etablierten Massenmedien hinaus politische Kommunikation zu lancieren. 69 Erst mit<br />

dem Ende des Wahlkampfes in Hessen entwickelte sich eine intensive Diskussion rund<br />

um die politische Nutzung von Twitter. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen<br />

erkannten die etablierten Massenmedien die Relevanz von Twitter für den Online-<br />

Wahlkampf in Deutschland erst spät und schenkten der Plattform erst im weiteren Verlauf<br />

67<br />

68<br />

69<br />

Durch die technische Infrastruktur und die kommunikativen Konventionen, sind drei wesentliche<br />

Eigenschaften zu erkennen, die allgemein zum Erfolg von Twitter beigetragen haben: 1) Bildung der<br />

Community of Interest um Personen und Themen herum, 2) schwache Bindung („weak ties“) zwischen<br />

verschiedenen Twitter-Feeds, und 3) die „Aysmmetrie des Folgens“ (Jungherr 2009: 102).<br />

An dieser Stelle ist anzumerken, dass Barack Obama Twitter eher als Instrument für die<br />

Informationsverbreitung genutzt hat als für den direkten und reziproken Dialog mit den Bürgern (vgl.<br />

hierzu Jungherr 2010).<br />

Im Gegensatz zu allen vertretenen Parteien besaß Die LINKE im hessischen Landtagswahlkampf kein<br />

Twitter-Profil.<br />

37


Öffentlichkeit im Wandel<br />

des ‚Superwahljahres„ gesteigerte Aufmerksamkeit (vgl. Bieber 2010b: 49). Die etablierten<br />

Massenmedien standen dem neuen Wahlkampfinstrument Twitter jedoch von Beginn an<br />

nicht nur positiv gegenüber, so dass twitternde Politiker bis in die heiße Phase des<br />

Bundestagswahlkampfes hinein „reichlich Spott und Häme“ (ebd.) ertragen mussten.<br />

Zumeist wurden die getwitterten Alltagsbanalitäten der Politiker als Aufhänger für die eher<br />

einseitige Berichterstattung genutzt; die Bedeutungslosigkeit von Twitter für die politische<br />

Kommunikation stand zunächst im medialen Fokus. Der erste richtige Twitter-Skandal,<br />

der im Zusammenhang „mit dem vorab verkündeten Auszählungsergebnis der<br />

Bundespräsidentenwahl“ (Bieber 2010b: 50; Jungherr 2009) für Diskussion sorgte, verhalf<br />

Twitter somit nur begrenzt zu einer Image-Verbesserung.<br />

Nach sogenannten Startproblemen in der Aufwärmphase, richteten mit Beginn des<br />

Superwahljahres 2009 jedoch alle Parteien ihre Aufmerksamkeit im Online-Wahlkampf auf<br />

die sozialen Netzwerke, so dass Twitter als Plattform für Echtzeitkommunikation endgültig<br />

zum relevanten Politikum wurde. Die zeitlich nah aufeinander folgenden Wahlen auf<br />

Kommunal, -Landes, -Bundes,- und Europaebene haben politische Akteure – seien es<br />

einzelne Politiker, Parteizentralen oder die jeweiligen Wahlkampfteams – schnell zur<br />

Nutzung dieser Kommunikationsplattform bewegt. Mit der zunehmenden ‚Politisierung‟ der<br />

sozialen Netzwerke verzeichnete aber auch die Twitternutzung unter ‚Otto-Normal-<br />

Twitterern‟ einen stetigen Zuwachs.<br />

Grundsätzlich sind die Nutzung sozialer Netzwerke als „Schlüsselformat der<br />

Online-Kampagne zur Bundestagswahl“ (Bieber 2010b: 45) und die neuen Ansätze zur<br />

politischen Kommunikation aller Parteien rückblickend als Experiment zu bewerten, da die<br />

Parteien größtenteils an ihren innerparteilichen Organisationsstrukturen gescheitert sind. 70<br />

Die hohen Erwartungen an einen „Mit-Mach-Wahlkampf“ (ebd.) nach US-amerikanischen<br />

Vorbild wurden im deutschen Superwahljahr 2009 nicht erfüllt. Dennoch unterstreichen<br />

vereinzelte Online-Aktivitäten sowie die allmähliche Öffnung der hierarchischen<br />

Kommunikationsstrukturen der Parteien, dass ein Umdenken hinsichtlich der politischen<br />

Kommunikation zwischen politischen Akteuren und Bürgern einsetzt. Mit etwas Abstand<br />

zur Twitter-Rezeption zu Beginn des Superwahljahres 2009 und unter Berücksichtigung<br />

des anfänglichen Gegenwindes seitens der etablierten Massenmedien und einer Art<br />

„digitale[n] Enthaltsamkeit“ (Bieber 2010b: 46) nach der Bundestagswahl, scheint die<br />

Politik nichtsdestoweniger „eine Vorreiter-Rolle für die Nutzung und Verbreitung des<br />

Dienstes gespielt zu haben“ (Bieber 2010b: 50). Als „Twitter-affinste Branche in<br />

Deutschland“ (Pfeiffer 2010d) hat die Politik weit über die Wahlkampfphasen hinaus den<br />

70<br />

Die Piraten Partei stellt im Superwahljahr eine Ausnahme dar. Eine Studie zur Piratenpartei liefert die<br />

Konrad-Adenauer-Stiftung. Zur tieferen Auseinandersetzung vgl. KAS 2010 unter<br />

http://www.kas.de/wf/doc/kas_18785-544-1-30.pdf101007130323; für eine politikwissenschaftliche<br />

Annäherung vgl. Bieber 2010b / Albers 2010: 233.<br />

38


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Mehrwert der Twitter-Nutzung für die politische Kommunikation zwar erkannt, jedoch nur<br />

in Ansätzen in das alttägliche Kommunikationshandeln integriert (vgl. Jungherr 2009:<br />

116).<br />

Die Zuwendung bzw. Ausrichtung des Online-Wahlkampfes aller Parteien im Jahr<br />

2009 hat sowohl zur sukzessiven Etablierung sozialer Netzwerke und anderer<br />

‚Spielereien„ des Social Web im politischen Bereich geführt, als auch zur weiteren<br />

Ausdifferenzierung der allgemeinen politischen Öffentlichkeit in onlinebasierte Teil- und<br />

Gegenöffentlichkeiten. Twitter stellt in diesem Zusammenhang einen völlig neuen<br />

Öffentlichkeitstypus dar, der sowohl Spontankommunikation in Echtzeit, Diskussionsforum<br />

oder reichweitenstarkes Informationsmedium unter Umgehung der Massenmedien sein<br />

kann.<br />

2.3.1 Entwicklungslinien: Reichweite, Akteure, Nutzen<br />

Wie bei den meisten Social Media Anwendungen bewegt sich die Debatte um das<br />

Potenzial von Twitter für die politische Kommunikation auch hier zwischen Euphorie und<br />

Skepsis. Für die einen bedeutet Twitter der ‚direkte Draht‟ zwischen Politikern und<br />

Bürgern, für die anderen ist es nur ein weiteres interaktives Instrumentarium, das zum<br />

‚bunten Informationsrauschen„ des Netzes beiträgt (vgl. Jungherr 2009). Auch wenn sich<br />

das Denken und Handeln von politischen Akteuren durch die Nutzung von Twitter im<br />

politischen Bereich noch nicht radikal verändert hat, zeigen sich dennoch Veränderungen<br />

in der öffentlichen politischen Kommunikation. Echtzeitkommunikation und die<br />

Rückkanalfähigkeit derselbigen fungieren in diesem Zusammenhang als<br />

Schlüsselbegriffe. Die Entwicklungslinien der politischen Twitter-Nutzung in Deutschland<br />

lassen sich unter dem Eindruck der Reichweite dieser neuen Kommunikationsplattform<br />

und mit Bezug auf die Akteure in den nachfolgenden Abschnitten am deutlichsten<br />

nachzeichnen.<br />

2.3.1.1 Reichweite von Twitter im deutschsprachigen Raum<br />

Seit den Anfängen der politischen Twitter-Nutzung in Deutschland ist eine kontinuierliche<br />

Vergrößerung der Reichweite erkennbar, die jedoch bisher nur in wenigen empirischen<br />

Untersuchungen analysiert wurde. Diesen kontinuierlichen Zuwachs an Aktivität zeigt ein<br />

von Thomas Pfeiffer im Oktober 2010 veröffentlichter Twitter-Zensus hinsichtlich der<br />

Twitter-Nutzerzahlen im deutschsprachigen Raum. 71 Im Oktober 2010 haben ca. 350.000<br />

71<br />

Der deutschsprachige Raum umfasst Deutschland, Österreich, die deutschsprachige Schweiz, und<br />

Lichtenstein (vgl. Pfeiffer 201a). Ausschließlich aktive Nutzer, die mindestens einmal pro Woche einen<br />

Tweet absetzen, finden in der Studie Erwähnung. In einer weiterführenden Twitterumfrage fand Pfeiffer<br />

heraus, dass 7,2% weniger als einmal pro Woche twittern und weitere 11,7% ihren Account geschützt<br />

haben, so dass diese Accounts nicht in der Untersuchung erfasst werden (vgl. Pfeiffer 2009).<br />

39


Öffentlichkeit im Wandel<br />

aktive Accounts auf Deutsch getwittert, basierend auf einer Erhebung von 11,1 Mio.<br />

Tweets. Ein Jahr zuvor waren es erst 185.000 aktive Accounts, so dass von einer<br />

jährlichen Wachstumsrate von 89% gesprochen werden. Doch der Vergleich mit der<br />

Twitter-Aktivität vor einem Vierteljahr zeigt demgegenüber eine Wachstumsrate von 1,8%.<br />

Somit kann nur von einer sukzessiven Steigerung der aktiven Twitter-Nutzung im<br />

deutschsprachigen Raum gesprochen werden (vgl. Pfeiffer 2010e).<br />

Das Wachstum der allgemeinen Reichweite der Twitter-Nutzung im<br />

deutschsprachigen Raum lässt darauf schließen, dass die Kommunikationsplattform nicht<br />

nur für den Bereich der politischen Kommunikation, sondern auch für andere<br />

gesellschaftliche Bereiche einen Mehrwert schafft. Nichtsdestoweniger scheint die<br />

dezentrale Struktur und der Rückkanal bei Twitter für die politische Kommunikation und<br />

die Partizipation an politischen Online-Diskursen die erkennbarsten Potenziale zu<br />

implizieren. Gemeinhin weist die Ausbreitung der parteipolitischen Twitter-Nutzung in<br />

Deutschland auf die Tatsache hin, dass Twitter allmählich im politischen Berufsalltag<br />

Anwendung findet.<br />

2.3.1.2 Reichweite der parteipolitischen Twitter-Nutzung<br />

Spätestens seit der Bundestagswahl 2009 verfügen alle im Bundestag vertretenen<br />

Parteien über aktive Twitter-Accounts. Das Online-Portal Wahl.de hat im Oktober 2010<br />

die Twitter-Aktivität von Politikern seit der Bundestagswahl 2009 in einer Vergleichsstudie<br />

untersucht. 72 Dieser Vergleich der Tweet-Anzahl in der Woche vor der Bundestagswahl<br />

2009 und in der entsprechenden Woche ein Jahr später lässt erahnen, wer Twitter als<br />

ernsthaftes Instrument der politischen Kommunikation gebraucht. Die Zahlen<br />

verdeutlichen zudem die Differenzen in der Nutzung entlang parteipolitischer Linien.<br />

Durchschnittlich 118 Tweets pro Mandat hat Bündnis90/Grüne seit der Bundestagswahl<br />

2009 versendet und nimmt somit die Spitzenreiterposition unter den fünf<br />

Bundestagsparteien ein. Gefolgt werden die Grünen von der FDP mit 105 Tweets und der<br />

SPD mit 87 Tweets pro Bundestagsmandat. Die CSU liegt mit 77 Tweets pro Sitz im<br />

Mittelfeld. Die Abgeordneten der Fraktion Die LINKE twitterten noch seltener, nur 62<br />

Tweets pro Mandat. Das Schlusslicht der parteipolitischen Twitterer pro<br />

Bundestagsmandat ist die CDU mit 51 Tweets seit der Bundestagswahl 2009 (vgl.<br />

Wahl.de 2010). Analog hierzu führen SPD und Grüne die Liste der ‚Top 10 der aktivsten<br />

Twitterer‟ mit drei Nennungen an, gefolgt von der FDP mit zwei aktiv twitternden MdBs.<br />

Jeweils ein MdB von Die LINKE und der CSU befindet sich unter den Top Ten der aktiven<br />

parteipolitischen Twitterer. Das erste twitternde CDU-Mitglied findet sich erst auf Platz 14<br />

72<br />

In der Untersuchung wurden die Twitter-Aktivitäten der aktuellen MdBs analysiert, vgl. hierzu<br />

http://politik-kommunikation.de/_files/twitter.pdf.<br />

40


Öffentlichkeit im Wandel<br />

der Auflistung. Die aktivsten Politiker haben seit der Bundestagswahl 2009 größtenteils<br />

mehr als 2.000 Tweets versendet. 73 Diese hohe Frequenz an Tweets zeigt, dass die<br />

Mandatsträger Twitter kontinuierlich als Informationskanal und Kommunikationsnetzwerk<br />

nutzen, wenn sie Themen, Ideen und programmatische Vorstellungen mit ihrer<br />

Community of Interest teilen und hinterfragen möchten. Zum einen sagen Zahlen allein<br />

wenig über die Qualität der einzelnen Tweets aus, so dass nicht alle Tweets der<br />

twitternden Politiker politisch relevante Informationen enthalten – doch gerade die<br />

Mischung aus persönlichen und politisch informativen Nachrichten scheint für den<br />

Mehrwert zu sorgen, der wiederum den Erfolg von Twitter im politischen Bereich<br />

ausmacht. Zum anderen sind viele Twitter-Accounts von politischen Akteuren unmittelbar<br />

nach der Bundestagswahl 2009 verstummt (vgl. Bieber 2010c), demzufolge die<br />

Vermutung naheliegt, dass die Nutzung von Twitter im politischen Bereich<br />

phasenabhängig ist.<br />

2.3.1.3 Akteure<br />

Für den Bereich der politischen Twitter-Nutzung lassen sich Aussagen über die Nutzer<br />

und ihre Einordnung in soziokulturelle Gruppen relativ mühelos treffen, jedoch ist eine<br />

Charakterisierung des durchschnittlichen Twitterers nur in groben Zügen möglich.<br />

Zusätzlich zur monatlichen Erhebung des Twitter-Zensus für den<br />

deutschsprachigen Raum hat Pfeiffer im November 2009 daher eine Twitterumfrage mit<br />

1.707 Teilnehmern durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen ein ähnliches<br />

Bild wie die ARD/ZDF Online-Studie 2010 (vgl. ARD/ZDF Online-Studie 2010). Der<br />

Umfrage von Pfeiffer zufolge ist der durchschnittliche Twitterer jung, männlich und<br />

gebildet. Sein Durchschnittsalter liegt bei 31 Jahren; er verfügt über einen akademischen<br />

Abschluss oder befindet sich zum Zeitpunkt der Erhebung noch im Studium (65%). Zwei<br />

von drei Twitterern führen zusätzlich zu ihrem Twitter-Account ein eigenes Blog. Themen<br />

wie Web 2.0 und Technik dominieren in den 140-Zeichen-Nachrichten, aber auch Kunst,<br />

Literatur und Politik werden in den Tweets aufgegriffen. 74 Als Grund für die Twitter-<br />

Nutzung gab mehr als die Hälfte der Befragten das ‚Phänomen Twitter‟ selbst an. Der<br />

hohe Grad an Neugierde kann allgemein eine Erklärung dafür sein, dass die<br />

Neuanmeldungen im deutschsprachigen Raum zwar konstant steigen, nichtsdestotrotz<br />

nur ein Teil der angemeldeten Nutzer auch nachhaltig aktiv twittert. Zwar geben vier von<br />

73<br />

74<br />

Halina Wawzyniak (Die LINKE) mit 2.617 Tweets, Gabriele Hiller-Ohm von der SPD mit 2.497 Tweets,<br />

gefolgt von Sven-Christian Kindler von den GRÜNEN mit 2.127 Tweets, Klaus Kelber (SPD) mit 2.023<br />

und Volker Beck (GRÜNE) mit 1.610 Tweets zählen im Oktobert 2010 zu den fünf aktivsten Twitterern<br />

unter den Abgeordneten des Bundestages (vgl. Wahl.de 2010).<br />

Interessenverteilung bei der Twitter-Nutzung: Web 2.0 (30,8%), Musik, Film, Literatur (26,2%), Technik<br />

(24,8%), Politik/Gesellschaft (23,7%), Lifestyle (17%), Fotografie (11,5%), Wirtschaft (8,4%); vgl. hierzu<br />

Pfeiffer 2009).<br />

41


Öffentlichkeit im Wandel<br />

fünf Nutzern an, neben dem Lesen auch selbst zu schreiben. Allerdings geben etwa 14<br />

Prozent der Befragten zu, Twitter eher passiv und als reines Informationsmedium zu<br />

nutzen (vgl. Pfeiffer 2009a).<br />

Ein Blick auf die Liste der 100 reichweitenstärksten aktiven Twitter-Accounts im<br />

deutschsprachigen Raum, gemessen an der Follower-Anzahl, zeigt eine Mischung aus<br />

Online-Medien, Größen der Blogosphäre, Vertretern der Unterhaltungsbranche, Social<br />

Media Experten und politischen Parteien. 75 Erst auf Platz 11 findet sich als einziger<br />

Twitter-Nutzer aus dem politischen Bereich, die Piraten Partei mit ihrem offiziellen<br />

Account (vgl. Pfeiffer 2010f). Grundsätzlich lässt sich daher festhalten, dass eine<br />

Bestimmung des durchschnittlichen Twitter-Nutzers nur schemenhaft möglich ist und dass<br />

die politische Nutzung der Plattform zweifelsohne Grenzen der Reichweite aufweist, trotz<br />

genereller Ausbreitung der Aktivitäten im politischen Bereich.<br />

2.3.1.4 Individueller und kollektiver Nutzen der Echtzeitkommunikation<br />

Neue Kommunikations- und Informationsinstrumente werden in der Regel nach ihrem<br />

Nutzen beurteilt. Der individuelle Nutzen mag hierbei deutlich vom gesellschaftlichen<br />

Nutzen divergieren, doch insbesondere mit Blick auf die erkennbaren generellen<br />

Veränderungen der politischen Kommunikation im Rahmen des digitalen Strukturwandels,<br />

hängt der Nutzen maßgeblich von der Art und Weise der Nutzung ab, die nachfolgend<br />

thematisiert wird.<br />

Im Bezug auf Twitter ist die punktuelle und schnelle Kommunikation für politische<br />

Akteure von besonderer Bedeutung; eine Kommunikation auf Augenhöhe mit den eigenen<br />

Followern ist hier die Zielvorstellung. Insbesondere Berufspolitiker agieren nicht länger im<br />

Schatten ihrer eigenen Partei oder sind angewiesen auf die Gatekeeper-Funktion der<br />

etablierten Massenmedien. Vielmehr können sie die eigenen Parteimitglieder sowie ihre<br />

potenziellen Wähler direkt ansprechen, Diskurse entstehen lassen und Meinungsbilder<br />

über ihr Handeln einholen. Die einfache Kommunikationsstruktur von Twitter ermöglicht<br />

beispielsweise das Aufgreifen von Partizipationsangeboten in Echtzeit, die in der Offline-<br />

Welt Anwendung finden (vgl. Bieber 2010c). Twitter als Medium für direkte<br />

Kommunikation, erweiterte Form von Öffentlichkeitsarbeit, die in Kombination steht mit<br />

anderen onlinebasierten Plattformen, oder als Instrument für die einfache<br />

Informationsgewinnung – in jedem Fall lässt sich der Nutzen nur eingeschränkt<br />

kategorisieren. Mitunter spiegelt die Heterogenität der Twittersphäre die Flexibilität der<br />

Twitter-Nutzung wieder. Ob als persönliches Marketinginstrument, Wissensreservoir,<br />

75<br />

Die Messgröße ‚Follower-Anzahl„ vermittelt zwar einen Eindruck über die Reichweite und Popularität<br />

spezieller Twitter-Accounts, jedoch kann nur ein relativer Wert aufgezeigt, wie sich in Kapitel 4<br />

herauskristallisieren wird.<br />

42


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Informationsquelle, sowie als soziales Netzwerk, um mit Bekannten in Kontakt zu bleiben,<br />

oder zur Multiplikation für das eigene Netzwerk – Twitter lässt sich im politischen Bereich<br />

auf manigfaltige Weise verwenden vgl. Jungherr 2009: 110).<br />

Ein Nutzen für die Gesellschaft entsteht in diesem Zusammenhang nicht<br />

notwendiger Weise. Twitter wird gesellschaftlich erst dann interessant, wenn das<br />

Aggregat aller Tweets in den Fokus gerückt wird. „Jeder Twitterer wird [prinzipiell, I.S.] zu<br />

einem Sensor, der Signale über seinen Zustand und den Zustand der direkten Umwelt<br />

sendet“ (Jungherr 2009: 111). Die Potenziale dieses „Echtzeitsensoren-Netzwerkes“<br />

(ebd.) für die Kommunikation innerhalb einer Gesellschaft werden insbesondere unter<br />

dem Eindruck der politischen Twitter-Nutzung im Rahmen politischer Entscheidungen<br />

oder Ereignisse deutlich (vgl. Kapitel 2.3.4).<br />

Der politische und gesellschaftliche Nutzen dieser Kommunikationsplattform und<br />

die Frage, inwieweit Twitter neue Formen der politischen Kommunikation sowie<br />

Partizipation unterstützt und folglich einen neuen Öffentlichkeitstypus konstituiert, lassen<br />

sich jedoch nicht umfassend ohne Bezug auf die unterschiedlichen Nutzungsformen zu<br />

nehmen, erläutern.<br />

2.3.2 Nutzungsformen des politischen Twitterns<br />

Eine offzielle „Gebrauchsanweisung“ (Bieber 2010c: 51) für die Twitter-Nutzung gibt es<br />

nicht, da die Offenheit der Plattform die Wahl der richtigen Anwendung von jedem Nutzer<br />

selbst getroffen wird. 76 Die politische Echtzeitkommunikation bei Twitter lässt sich auf den<br />

ersten Blick nicht kategorisieren, obgleich sich bestimmte Nutzungsformen für die<br />

öffentliche politische Kommunikation herauskristallisieren. Grundsätzlich ist die<br />

Kommunikation bei Twitter als „öffentlicher Dialog“ (Jungherr 2009: 108) zu begreifen. In<br />

Anlehnung an die Kategorisierung der Nutzungsformen nach Java et al. (2007) lassen<br />

sich gerade für die politische Twitter-Nutzung weitaus differenziertere Nutzungsformen<br />

erkennen. Nichtsdestotrotz kann auch an dieser Stelle nur von Idealtypen ausgegangen<br />

werden, die bei der Umsetzung in die Praxis zumeist jedoch als Mischform auftauchen.<br />

Indem Jungherr zwischen twittern als Lifecasting, Mindcasting, Community Building,<br />

Crowdsourcing, Community RSS, und twittern als Medien-Fliegenfalle“ (Jungherr 2009:<br />

116) unterscheidet, nimmt er eine erste Kategorisierung der Twitternutzung im politischen<br />

Bereich vor. 77<br />

76<br />

77<br />

Die offene API (Application Programming Interface) ermöglicht Drittanbietern Twitter stetig um neue<br />

Anwendungen zu erweitern.<br />

Eine einheitliche Kategorisierung der Nutzungsformen bei Twitter lässt sich in der Literatur nicht finden,<br />

dennoch ist die Annäherung nach Jungherr eine relevante Basis für die empirische Untersuchung der<br />

vorliegenden Arbeit.<br />

43


Öffentlichkeit im Wandel<br />

2.3.2.1 Lifecasting<br />

Der einschlägige Erfolg von Twitter begann mit 140-Zeichen langen Nachrichten über<br />

alltägliche Geschehnisse, die mit Blick auf den öffentlichen Twitter-Feed einen Eindruck<br />

darüber vermittelten, was den Nutzer bewegt. „Was gibt‟s Neues“ – diese Frage spielt<br />

beim Twittern als Lifecasting eine herausragende Rolle. 78 Gerade Politiker haben in der<br />

Frühphase der politischen Twitternutzung diese Form adaptiert und so Einblicke in ihr<br />

Privatleben oder den beruflichen Alltag gewährt. Wie bereits angedeutet, sind genau<br />

diese Lifecasting-Tweets von Politikern oft als „Belege für die scheinbare Infantilität und<br />

den unbegrenzten Hedonismus“ (Jungherr 2009: 109) unter den Twitter-Nutzern von<br />

Kritikern aufgegriffen worden, um Twitter mögliches Potenzial für einen Wandel der<br />

politischen Kommunikation abzuschreiben. Für viele Nutzer, aber auch Beobachter, ist<br />

jedoch gerade politisches Twittern als Lifecasting ein Signal für eine „Enthierarchisierung<br />

der politischen Kommunikation“ zwischen Politikern und Bürgern (ebd.). In diesem Fall<br />

wird versucht, Nähe zum und direkte Kommunikation mit den Bürgern herzustellen. Ob<br />

die politische Kommunikation bei Twitter in Form von Lifecasting-Nachrichten zu einer<br />

größeren Bürgernähe beiträgt „oder bloß zu einer neuen, anderen Form der politischen<br />

Inszenierung führt“, ist jedoch fraglich (Jungherr 2009: 117).<br />

2.3.2.2 Mindcasting<br />

Substantieller ist im politischen Bereich das Twittern als Mindcasting. Der Twitter-Feed<br />

wird von Politikern, aber auch von Akademikern, Journalisten oder<br />

Kommunikationsberatern, als Ergänzung zu ihrer Persona genutzt. Informationen aus<br />

dem beruflichen Alltag in Form von Artikeln, Aufsätzen oder Veranstaltungshinweisen<br />

werden gezielt an die Community of Interest weitergleitet. „[F]ür Mindcaster ist das<br />

Twitter-Netzwerk ein Netz aus Sensoren, auf das sie editierend Einfluss nehmen“ können<br />

(Jungherr 2009: 117). Mit Mindcasting-Tweets weist der Nutzer seine Community of<br />

Interest nicht nur auf wichtige Ereignisse hin; gerade der einzelne Politiker erschafft sich<br />

so einen individuellen politischen Nachrichten- und Ereignisstrom, um zu verdeutlichen,<br />

„vor welchem Wirklichkeitshintergrund seine politischen Handlungen zu verstehen sind“<br />

(ebd.). Im Berufsalltag dient Twitter als bespielbare Plattform, mit der ein Politiker<br />

Aufmerksamkeit erzeugen, lenken und wichtige Informationen an bestimmte Personen<br />

vermitteln kann.<br />

78<br />

Beim Aufrufen der Plattform wird jedem Nutzer diese Frage gestellt, vgl. www.twitter.com.<br />

44


Öffentlichkeit im Wandel<br />

2.3.2.3 Community Building<br />

Das Beziehungsnetzwerk aus Followern und Friends lässt sich als Community of Interest<br />

bezeichnen. Jungherr versteht unter Community Building den „aktiven Versuch (...), sein<br />

persönliches Netzwerk und seine Community of Interest zu erweitern“ (Jungherr 2009:<br />

118). 79 Durch ein gezieltes Retweeten von Nachrichten interessanter Nutzer oder die<br />

Teilnahme an On- und Offline Twitter-Veranstaltungen, wie beispielsweise Twittwochs<br />

oder Followfridays 80 , lässt sich das Community Building verstärken. In den jeweiligen<br />

Twitter-Netzwerken setzen politische Akteure in diesem Zusammenhang gezielt ihre<br />

Multiplikatorenfunktion ein, indem sie die Aufmerksamkeit auf interessante Community-<br />

Mitglieder lenken, um so die internen Verknüpfungen ihres persönlichen Twitter-<br />

Netzwerkes zu vervielfältigen. Das Community Buildung fördert die Etablierung von<br />

effektiveren Kanälen der Informationsverbreitung und liefert twitternden Politikern neue<br />

Quellen für die politische Unterstützung (vgl. ebd.).<br />

2.3.2.4 Crowdsourcing<br />

Die Community of Interest ist für politische Akteure von besonderer Bedeutung, denn<br />

neben der Kommunikation mit Kollegen sowie den Bürgern, dient Twitter auch als<br />

Plattform für Mobilisierungsvorhaben. In Form von Hinweisen zu Unterschriftenaktionen,<br />

Wahlkampfveranstaltungen oder als einfacher Aufruf zum Mitmachen, weist das Twittern<br />

als Crowdsourcing auf „die Schnittstelle zwischen Online-Kommunikation und kollektiver<br />

Handlung“ (Jungherr 2009: 119) hin. Damit Twitter jedoch zu einem effektiven<br />

Mobilisierungsinstrument avancieren kann, ist eine Übertragung der politischen Aktivität<br />

und Unterstützung vom virtuellen Raum auf die Straße erforderlich. Die Online-<br />

Mobilisierung sollte demnach in offline Aktivismus umgesetzt werden. Die Twitter-<br />

Nachrichten fungieren in dieser Hinsicht wie eine Art Gruppen-SMS an einen virtuellen<br />

Unterstützerkreis (vgl. ebd.).<br />

2.3.2.5 Community RSS<br />

Barack Obama ist wohl der bekannteste politische Twitterer, der die 140-Zeichen als<br />

reines RSS-Feed 81 genutzt hat. Aber auch andere politische Twitter-Feeds beinhalten<br />

79<br />

80<br />

81<br />

Der Versuch die bestehende Community of Interest und insbesondere einzelne Mitglieder derselbigen<br />

zu halten und aktiv einzubinden, lässt sich mit Community Grooming beschreiben (vgl. Jungherr 2009:<br />

118).<br />

Der Twittwoch hat sich als Veranstaltungsform in Großstädten bereits etabliert. Hier treffen sich aktive<br />

Twitter-Nutzer und diskutieren face-to-face über einschlägige Themen rund um Entwicklungen im Netz.<br />

Followfridays (#ff) dienen dazu, dass sich Nutzer gegenseitig empfehlen können und somit ihre<br />

Community of Interest erweitern können; eine Konvention, die sich in der Anfangsphase etabliert hat.<br />

RSS steht für Really Simple Syndication und beschreibt Webformate, die das Abonnieren von Inhalten<br />

unterschiedlicher Webseiten ermöglicht (vgl. Jungherr 2009: 119f).<br />

45


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Links zu Pressemitteilungen oder neuen Einträgen auf der eigenen Webseite. Diese eher<br />

unattraktive Form der Twitter-Nutzung wird äußerst kritisch beäugt, gerade weil sie bei<br />

vielen Politikern noch Anwendung findet. Gegen eine eingeschränkte Nutzung von Twitter<br />

als RSS-Feed im Sinne der reinen Informationsverbreitung ist nichts entgegenzubringen,<br />

doch als alleinige Nutzungsform spricht sie der Plattform jeglichen kommunikativen<br />

Mehrwert ab (vgl. Jungherr 2009: 119).<br />

2.3.2.6 Medien-Fliegenfalle<br />

Insbesondere aus dem Grund, dass die politische Kommunikation in sozialen Netzwerken<br />

noch nicht durchgängig zum Standard der politischen Kommunikation geworden ist,<br />

haben Tweets von Politikern mit hohem Unterhaltungs- und Nachrichtenwert zumeist in<br />

Wahlkampfphasen den Weg auf die Ebene der Medienöffentlichkeit geschafft. Für<br />

Politiker ist die politische Kommunikation in sozialen Netzwerken, neben dem direkten<br />

Draht zum Bürger, daher auch von kurzfristigem aufmerksamkeitserzielenden Nutzen (vgl.<br />

Jungerherr 2009: 120f.)<br />

Die Art und Weise wie Twitter im politischen Bereich genutzt wird und ob Politiker durch<br />

ihre 140-Zeichen Nachrichten das ‚bunte Rauschen‟ in sozialen Netzwerken noch<br />

vergrößern oder ob sie, meist aus einer exklusiven Teilnehmer-Perspektive, ihre<br />

Community of Interest mit Informationen hinsichtlich politischer Entscheidungen oder<br />

Ereignissen versorgen, unterliegt grundlegend normativen Bewertung. Festzuhalten ist<br />

jedoch, dass zum einen oder anderen Zeitpunkt fast alle Twitter-Feeds von Politikern<br />

mehrere Elemente der von Jungherr gebildeten Kategorien aufweisen (vgl. Jungherr<br />

2009: 112). Die Formen der politischen Twitter-Nutzung in ihrer Gesamtheit machen<br />

deutlich, dass die politische Kommunikation einem deutlichen Wandel unterliegt. Inwieweit<br />

eine 140-Zeichen Nachricht bei Twitter explizit zur ‚Enthierarchisierung der politischen<br />

Kommunikation„ und zur Verringerung der kommunikativen Kluft zwischen Bürgern und<br />

Politikern beiträgt, ist fraglich. Der persönliche Charakter vieler Politiker-Tweets sowie die<br />

Neuheit eines Rückkanals senkt im Allgemeinen jedoch die Kommunikationshürden. Die<br />

Differenzierung der unterschiedlichen Nutzungformen, die an dieser Stelle auf die<br />

politische Kommunikation von Politikern eingeht, lässt sich unweigerlich auch auf die<br />

Twitter-Nutzung aller gesellschaftlicher Akteure übertragen.<br />

2.3.3 Kommunikationsformen<br />

Das spezifische Nutzungsverhalten bei Twitter ist nicht ohne Blick auf die Konventionen,<br />

die für die Kommunikation bei Twitter gelten, sowie die ungewöhnliche Syntax<br />

nachzuvollziehen. Die festgelegten Nutzungs-Konventionen geben der<br />

46


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Informationsverbreitung und Echtzeitkommunikation die notwendige Struktur. Zu den<br />

wichtigsten Elementen der Twitter-Syntax zählen Hashtags, @replies und Retweets. 82<br />

2.3.3.1 Hashtags<br />

Hashtags können als Metabegriff für ein bestimmtes Thema oder ein Schlagwort<br />

bezeichnet werden und sind mit dem Rautezeichen (#) gekennzeichnet. Bei der<br />

unübersichtlichen öffentlichen Timeline von Twitter ermöglichen Hashtags neben einer<br />

Sach- und Themenzentrierung zusätzlich die „Einordnung oder Archivierung des<br />

übermittelten Textes” Bieber 2010b: 56). In der Vergangheit politischer Twitter-Nutzung<br />

hat sich gezeigt, dass sich bestimmte Schlagworte in kürzester Zeit sowohl innerhalb der<br />

Twitter-Gemeinschaft etablierten als auch zu weiterer themen- und personenbezogener<br />

Netzwerkbildung beitrugen (vgl. Jungherr 2009: 104).<br />

2.3.3.2 @replies<br />

Twitter im Sinne eines öffentlichen Dialogs zeichnet auf den ersten Blick ein<br />

unübersichtliches Bild der Kommunikation ab. Die @-Zeichen fokussieren die<br />

Kommunikation auf einen oder mehrere Adressaten. “In this noisy environment, use of the<br />

@sign is a useful strategy for relating one tweet to another and indeed for making<br />

coherent exchanges possible” (Honeycutt/Herring 2009: 3). Die Frequenz der<br />

verwendeten @Zeichen gibt demnach Auskunft über den Grad des auf Twitter geführten<br />

Diskurses. Insbesondere für politische Akteure, die den direkten Kontakt mit den Bürgern<br />

suchen, markiert das @Zeichen die Bereitschaft zum unmittelbaren öffentlichen Diskurs,<br />

da ihr Tweet sich an eine Person richtet (vgl. Jungherr 2009: 108f.).<br />

2.3.3.3 Retweet<br />

Die Retweet-Funktion, mit einem RT gekennzeichnet, kommt dem Weiterleiten einer<br />

Email gleich. Diese Funktion hat dazu beigetragen, dass Twitter hinsichtlich der reinen<br />

Informationsverbreitung in Echtzeit eine Besonderheit unter den sozialen Netzwerken<br />

darstellt. Nicht nur das einfache kopieren oder weiterleiten von Nachrichten ist von<br />

Bedeutung, sondern “the practice [also] contributes to a conversational ecology in which<br />

conversations are composed of a public interplay of voices that give rise to an emotional<br />

sense of shared conversational context“ (Boyd 2010: 1).<br />

Durch die Zeichenbegrenzung werden Retweet-Nachrichten oft gekürzt oder<br />

paraphrasiert; die Rückverfolgung des originalen Tweets ist somit in vielen Fällen<br />

82<br />

An dieser Stelle sind unter anderem auch die Funktionen Direct Message oder Listings zu nennen, die<br />

jedoch nicht weiter erläutert werden sollen, vgl. hierzu www.twitter.com.<br />

47


Öffentlichkeit im Wandel<br />

kompliziert (Boyed et al. 2010: 3). Viele Informationen, die über Twitter verbreitet werden,<br />

werden demnach nur als Retweet-Nachricht rezipiert (vgl. Kwak et al. 2010: 6). Bei der<br />

Auswertung von Kommunikationsvorgängen kann die Häufigkeit und die Verteilung der<br />

Retweets auf die Twitter-Nutzer, Auskunft darüber geben, wessen Meinung und<br />

Informationen von der Community of Interest und darüber hinaus besonders hoch<br />

bewertet werden. Somit können sich bei Twitter Meinungsführerschaften etablieren.<br />

2.3.3.4 Störenpotenzial bei der 140-Zeichen Kommunikation<br />

Die Kommunikation auf Twitter verläuft auf den ersten Blick mit Hilfe der zuletzt<br />

aufgeführten Koventionen zumeist geordnet. Dennoch kann sich auch in 140-Zeichen<br />

Störpotentzial zeigen, das den Informationsstrom sowie den Kommunikationsablauf<br />

beeinträchtigen kann – zumindest würde im Rahmen von Analysen zu Twitter ein<br />

verzerrtes Bild entstehen. Störenfriede oder Provokateure, die durch provozierendes oder<br />

normenverletzendes Verhalten große Aufmerksamkeit anstreben, bedienen sich zumeist<br />

zusätzlicher Hilfsmittel.<br />

Kwak et al. deuten in ihrer Untersuchung unter anderem an, dass Störenfriede<br />

“add as many trending topics as possible to appear in the top results for any search in<br />

Twitter” (Kwak et al. 2010: 2). 83 Neben der unverhältnismäßig häufigen Verwendung von<br />

Hashtags innerhalb eines Tweets, lancieren Provokateure auch mit Hilfe der Retweet-<br />

Funktion Nachrichten in hoher Frequenz, die in der Folge ein falsches Meinungsbild<br />

ergibt. Zusätzlich können @-Replies genutzt werden, um bestimmte Nutzer mit<br />

Informationen zu beeinflussen, beispielsweise in Form von Spam-Nachrichten.<br />

Eine eindeutige Defintion im Bezug auf die Kommunikation bei Twitter liegt bislang<br />

nicht vor, obgleich das Kommunikationsverhalten keineswegs frei von Provokation und<br />

Störung ist. 84 Die Plattform selbst hat daher Verhaltensregeln für die Kommunikation in<br />

140 Zeichen aufgestellt, die eine erste Charakterisierung provozierender und störender<br />

Twitterer zulässt; sie umfasst unter anderem folgende Verstöße: 1. ein oder mehrere<br />

Themen mit Hashtags anreichern, obwohl der Tweet sich nicht thematisch damit<br />

auseinandersetzt; Ziel ist die Aufmerksamkeitsgenerierung. 2. Tweets, die jedes Trending<br />

Topic 85 aufgreifen, um mehr Verkehr für den eigenen Twitter-Feed zu bekommen. 3.<br />

Mehrfacher Versand von @-Replies und Retweet-Nachrichten, um öfter auf der<br />

öffentlichen Twitter-Timeline aufzutauchen (vgl. Twitter 2010). Inwieweit dieses Verhalten<br />

83<br />

84<br />

85<br />

Mit “trending topics“ sind Themen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt die öffentliche Timeline<br />

dominieren.<br />

Provokateure und Störenfriede der Echtzeitkommunikation auf Twitter im Rahmen des Kanzlerduells<br />

2009 finden innerhalb der qualitativen Analyse erneut Erwähnung (vgl. Kapitel 4.3.3).<br />

Mit trending topics sind jene Wörter, die durch häufiges twittern oder in Folge eines Ereignisses die<br />

Kommunikation bei Twitter dominieren, siehe hierzu ‚Twitter auf einen Blick„ im Anhang.<br />

48


Öffentlichkeit im Wandel<br />

unter dem Eindruck des dezentral organisierten öffentlichen Informations- und<br />

Meinungsaustausches auf der Plattform zu identifizieren ist, kann nur mit Hilfe konkreter<br />

Kriterien aufgezeigt werden.<br />

2.3.4 Das Phänomen der ereignisorientierten politischen Twitternutzung<br />

Obgleich der Mehrwert der Twitter-Nutzung für den Bereich der politischen<br />

Kommunikation unlängst erkannt worden ist, gewinnt die ereigniorientierte Twitter-<br />

Nutzung einen neuen Stellenwert in der Debatte um das Potenzial von Twitter für<br />

Kommunikation, Partizipation und Meinungsbildung. „Twitterer [haben] die Möglichkeit, in<br />

Echtzeit die Reaktionen ihrer persönlichen Community of Interest zu noch ablaufenden<br />

gesellschaftlichen Ereignissen abzurufen und zu beeinflussen“ (Jungherr 2009: 108).<br />

Unzählige Beispiele der letzten zwei Jahre verdeutlichen die wachsende Bedeutung der<br />

funktionellen Weiterentwicklung bei der Twitter-Nutzung. Zu unterscheiden ist an dieser<br />

Stelle zwischen einer reinen Begleitkommunikation beispielsweise im Rahmen von<br />

Konferenzen oder Fernsehereignissen und einer neuen Form von Protestkommunikation<br />

in Echtzeit. Beide Formen der ereignisorientierten Twitter-Nutzung besitzen das Potenzial<br />

bei angemessener Reichweite eine alternative Öffentlichkeit im Internet zu schaffen, die<br />

sich durch Umgehung der etablierten Massenmedien formiert.<br />

Als „communication backchannel to social events“ (Jungherr 2010: 3) wurde<br />

Twitter anfangs „zunehmend bei Tagungen, Kongressen oder Podiumsdiskussionenn als<br />

Medium zur Live-Kommentierung der Vorträge und Gespräche [eingesetzt]“ (Münkler<br />

2009: 11). Der realen Kommunikationssituation fügt Twitter eine zweite, virtuelle Ebene<br />

hinzu, auf der das Geschehen kommentiert und diskursiv aufgearbeitet wird.<br />

Insbesondere bei Konferenzen – exemplarisch lassen sich das Politcamp 2010 86 oder<br />

ähnliche Barcamp-Veranstaltungen nennen – entsteht sowohl auf der Bühne als auch in<br />

den die Veranstaltung begleitenden Online-Diskursen eine hektische<br />

Kommunikationssituation. Bei diesen Online-Diskursen dienen die Hashtags als<br />

Markierung, anhand derer die Diskussionsstränge systematisiert werden. Unter dem<br />

Eindruck einer retrospektiven Betrachtung dieser begleitenden Diskurse dienen<br />

insbesondere die Hashtags der Rekonstruktion.<br />

Ereignisse, die von hoher politischer Relevanz sind, werden ebenfalls in großem<br />

Umfang auf Twitter begleitet. Die Bundespräsidentenwahl 2009 und 2010, der Prozess<br />

der Koalitionsverhandlung zwischen CDU/CSU und FDP nach der Bundestagswahl 2009<br />

86<br />

Insbesondere im Rahmen der beiden Politcamps 2009 und 2010 spielte Twitter und die<br />

Nachvollziehbarkeit der Veranstaltungsthemen über die so genannte Twitterwall eine wichtige Rolle,<br />

vgl. hierzu Politcamp 2010 unter http://politcamp.org/.<br />

49


Öffentlichkeit im Wandel<br />

sowie die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 lassen sich exemplarisch<br />

nennen.<br />

Weitere Ausprägung findet die ereignisorientierte Twitter-Nutzung im Bereich der<br />

Protestkommunikation, die zwar bereits seit einigen Jahren auch online geführt wird,<br />

durch die denzentrale Struktur der sozialen Netzwerken jedoch einem Wandel unterliegt,<br />

wie Beispiele der letzten eineinhalb Jahre verdeutlichen. An dieser Stelle sind unter<br />

anderem die #zensursula-Kampagne Anfang des Jahres 2009, die „neue Maßstäbe für<br />

die digitale Kampagnenführung“ setzte und „inzwischen als eines der erfolgreichsten<br />

dieser kleinteiligen Internet-Phänomene“ gilt (Bieber 2010c: 56), oder die bundesweiten<br />

Studentenproteste nach österreichischem Vorbild im Herbst 2009 zu nennen. Und auch<br />

die Debatte um den Bahnhofsbau in Stuttgart im Herbst 2010, auf Twitter markiert mit<br />

dem Hashtag #s21, zeigt, wie onlinebasierte Protestkommunikation zur umfangreichen<br />

und in manchen Fällen überregionalen Mobilisierung beitragen kann. Die politische<br />

Online-Kommunikation und Beteiligung im Netz sind unter dem Eindruck der<br />

Protestkommunikation in Echtzeit über Twitter, Facebook oder themenspezifische Blogs<br />

an einem Wendepunkt angelangt. Bieber spricht in diesem Zusammenhang von einer<br />

Entwicklung hin zu einer neuen politischen Kommunikationskultur (vgl. Bieber 2010c).<br />

Eine explizite Auseinandersetzung mit diesem Phänomen, das sich auch auf<br />

anderen Plattformen des Social Web zeigt, deckt Gesetzmäßigkeiten in der Art und Weise<br />

der Echtzeitkommunikation auf. Zum einen werden wichtige Informationen mit Hilfe von<br />

Retweets lanciert, um somit die Reichweite zu erhöhen und die Informationsverbreitung<br />

zu beschleunigen. Die @reply-Funktion dient zudem sowohl der direkten Kommunikation<br />

als auch der weiteren Vernetzung, die wiederum ein hohes Potenzial an Spontanaktivität<br />

in sich birgt. Die breite Mobilisierung in sozialen Netzwerken hat sich bereits beispielhaft<br />

in Demonstrationen zur #zensursula-Kampagne oder zu Stuttgart21 wiedergespiegelt. Es<br />

zeigt „wie sich eine breite Kampagne aus Online-Medien heraus entwickelt hat“ ( Bieber<br />

2010b: 15). Der bundesweite Hochschulstreik hat zudem neue Maßstäbe in der<br />

Echtzeitübertragung politischer Veranstaltungen ins Internet und der<br />

grenzüberschreitenden Vernetzung synchroner Protestkampagnen gesetzt (Bieber 2010b:<br />

62f.) Mit Twitter konnte eine Binnenkommunikation unter den Protestierenden ermöglicht<br />

werden, die sich auch bei #s21 als wirkungsvoll gezeigt hat. An diesen Beispielen wird<br />

deutlich, dass die politische Echtzeitkommunikation nicht von politischen Amtsträgern<br />

gesteuert wurde, sondern von Aktivisten, die sich mit Hilfe von #zensursula, #unibrennt<br />

oder #s21 als Sympathisanten der Protestbewegung identifizierten (vgl. Bieber 2010b:<br />

54). Folglich findet in Ansätzen politisches Handeln außerhalb klassischer<br />

Beteiligungsmuster statt, so dass Bürger zu Akteuren einer neuen politischen<br />

Öffentlichkeit werden. Twitter fungiert in manchen Fällen daher als Knotenpunkt für<br />

50


Öffentlichkeit im Wandel<br />

Kommunikation, Mobilisierung und den Informationsausstausch. In Echtzeit entsteht<br />

daher eine ‚Begleitöffentlichkeit„.<br />

2.4 Zwischenfazit<br />

Unter dem Eindruck der technologie-orientierten Entwicklungen in Gestalt des Web 2.0<br />

und dem Social Web hat sich seit einigen Jahren ein neues Verständnis vom System<br />

Öffentlichkeit etabliert. Die Verschmelzung der unterschiedlichen Kommunikationsmodi<br />

lässt keine trennscharfe Differenzierung der drei Öffentlichkeitsebenen mehr zu. Das<br />

Social Web und die immanenten Angebote liefern unter den Vorzeichen des „digitalen<br />

Strukturwandel[s]“ (Bieber 1999: 62) neue Impulse für politische Kommunikations- und<br />

Partizipationsprozesse, bei denen die Bürger die Rolle des passiven Konsumenten gegen<br />

den aktiven Produzenten von Inhalten und Meinungen eintauschen können. Hierbei<br />

spielen die Grenzen der Öffentlichkeitsebenen nur noch eine untergeordnete Rolle. Der<br />

attestierte Wandel der Öffentlichkeit scheint somit einen „Wandel von einer medialen zu<br />

einer politischen Beteiligungskultur“ (Bieber et al. 2009: 53), die anhand von<br />

„gemeinschaftliche[r] Inhaltserstellung“ (Bruns 2009: 70) charakterisiert ist, zu implizieren.<br />

Politische Verssammlungen, von Gerhards als kleine Form von Öffentlichkeit<br />

bezeichnet, erfahren als Ort des diskursgleiteten Meinungsaustausches mit Hilfe des<br />

interaktionsorientierten und partizipationsfördernden Social Web neue Beachtung. Die<br />

zentralen Merkmale der klassischen politischen Versammlung – Themen-und<br />

Sachzentrierung, Diskurs und Meinungsführerschaft – zeichnen sich bereits schemenhaft<br />

in konventionellen digitalen Versammlungsöffentlichkeiten, wie beispielsweise in Chats<br />

oder Online-Diskursplattformen, ab. An dieser Stelle bleibt jedoch die Frage offen,<br />

inwieweit das Gelingen der Versammlung im Internet von der Sozial- bzw. der<br />

Selbstdisziplin abhängt.<br />

Die Kommunikationsplattform Twitter als Hybrid-Medium zwischen<br />

Kommunikationssystem, Informationskanal und sozialem Netzwerk, scheint einen neuen<br />

Öffentlichkeitstypus darzustellen. Die dezentrale Struktur, die vielfältigen Nutzungsformen<br />

und die eingängigen Kommunikationsmuster ermöglichen Kommunikation und<br />

Meinungsbildung sowohl auf der Encounterebene als Spontankommunikation als auch auf<br />

Ebene der Versammlungsöffentlichkeit im Sinne eines Dialogs, sowie als Medium der<br />

Informationsverbreitung und Nachrichtenberichterstattung auf der Ebene der<br />

Medienöffentlichkeit, wenn Twitter-Nachrichten von den etablierten Massenmedien<br />

aufgegriffen werden. Insbesondere unter dem Eindruck der ereignisorientierten politischen<br />

Twitter-Nutzung konnte festgestellt werden, dass sich durch Twitter eine alternative bzw.<br />

begleitende Öffentlichkeit manifestiert. Abschließend kann nach genauerer Betrachtung<br />

des Untersuchungsgegenstandes festgehalten werden, dass das Öffentlichkeitskonzept<br />

51


Öffentlichkeit im Wandel<br />

der politischen Versammlung als geeignete theoretische Grundlage respektive eine<br />

geeignete Analyseperspektive für die Forschungsfrage darstellt. Dies ist einerseits damit<br />

zu begründen, dass sich die Ebenen des Systems Öffentlichkeit unter dem Eindruck des<br />

Internets und dem immanenten Social Web wandeln und dass sich Interaktivität und<br />

Partizipation am deutlichsten in einer digitalen Versammlungsform realisieren lassen.<br />

Für die nachfolgende Analyse werden somit folgende Kategorien zur Untersuchung der<br />

Dynamiken einer politischen Versammlung bei Twitter formuliert:<br />

Themen- und Sachzentrierung der Begleitkommunikation<br />

diskursgeleiteter Argumentations- und Meinungsaustausch<br />

Meinungsführerschaft.<br />

52


Datenanalyse<br />

III<br />

Empirische Untersuchung<br />

3. Datenanalyse<br />

Die nachfolgenden Abschnitte dienen der Annäherung an die empirische Untersuchung.<br />

Hier sollen grundlegende Informationen hinsichtlich des Datenmaterials, seiner Auswahl<br />

sowie des Untersuchungszeitraumes dargelegt werden. Zusätzlich wird erneut<br />

schemenhaft auf die Methodik eingegangen, um die einzelnen Schritte der empirischen<br />

Untersuchung transparent und nachvollziehbar zu machen.<br />

3.1 Forschungsfrage und übergeordnete Arbeitshypothesen<br />

Aufgrund der bisher sehr eingeschränkten theoretischen Auseinandersetzung mit dem<br />

Phänomen der politischen Twitter-Nutzung und der begleitenden Echtzeitkommunikation<br />

im Rahmen von medialen Ereignissen, dient das sich unter den Vorzeichen des<br />

postulierten digitalen Strukturwandels verändernde Öffentlichkeitsmodell nach Habermas<br />

und Gerhards/Neidhardt der theoretisch-konzeptionellen Annäherung. Mit besonderem<br />

Fokus auf die Ebene der Versammlungsöffentlichkeit sollte der Versuch unternommen<br />

werden, bereits im Vorfeld eine inhaltliche Verzahnung zwischen dem klassischen Modell<br />

der politischen Versammlung und der politischen Twitter-Nutzung als neue Form einer<br />

online-basierten Versammlungöffentlichkeit anzudeuten, die in den folgenden Kapiteln<br />

einer empirischen Überprüfung unterliegt. Das Interesse an den kommunikativen<br />

Eigenheiten der politischen Twitter-Nutzung und der theoretischen Verortung auf der<br />

Ebene der Versammlungsöffentlichkeit führt zu der folgenden forschungsleitenden<br />

Fragestellung für die empirische Untersuchung: Welche Merkmale weist die<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter im Rahmen des Kanzlerduells 2009 auf und inwieweit<br />

lassen sich Dynamiken einer politischen Versammlung erkennen<br />

Die Arbeitshypothesen für die nachfolgende quantitative Inhaltsanalyse<br />

erschließen sich auf Grundlage der theoretisch-konzeptionellen Annahmen wie folgt:<br />

Arbeitshypothesen zur quantitativen Inhaltsanalyse:<br />

H1: Die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells<br />

2009 findet in Form einer aktiv begleitenden Echtzeitkommunikation statt.<br />

H2: Die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells<br />

2009 ist sach- und themenzentriert.<br />

H3: Bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung sind diskursive Elemente in<br />

der Echtzeitkommunikation zu erkennen. Der Diskurs findet in einem begrenzten<br />

Nutzerkreis statt.<br />

53


Datenanalyse<br />

H4: Bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung etabliert sich eine<br />

Meinungsführerschaft.<br />

3.2 Methodik<br />

Zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellung wird das erhobene<br />

Datenmaterial sowohl einer quantitativen als auch einer qualitativen Inhaltsanalyse<br />

unterzogen und folgt wie bereits in Kapitel 1.4 ausführlich beschrieben dem Mixed-<br />

Method-Ansatz der Inhaltsanalyse. Der Fokus der vorliegenden empirischen<br />

Untersuchung liegt, bedingt durch das umfangreiche Datenmaterial, deutlich auf der<br />

quantitativen Inhaltsanalyse. Die qualitative Inhaltsanalyse dient anschließend der<br />

verfeinerten Betrachtung einzelner Elemente der ereignisorientierten politischen<br />

Twitternutzung beim Kanzlerduell 2009. Demzufolge soll sie relevante Aspekte<br />

aufdecken, die mit einer quantitativen Inhaltsanalyse nicht entschlüsselbar sind. Die<br />

Kategorienbildung der quantitativen Inhaltsanalyse erfolgt auf deduktive (theoriegeleitete)<br />

Weise und nimmt demnach Bezug auf die Ausführungen im Untersuchungsgegenstand.<br />

Demgegenüber sieht die qualitative Inhaltsanalyse mit meist explorativem<br />

Forschungscharakter eine induktive Kategorienbildung vor, so dass die Analysekategorien<br />

am Datenmaterial geprüft, erweitert und dementsprechend konzipiert werden (vgl. Westle<br />

2009: 98, 340). An dieser Stelle wird ein Kategoriensystem auf Basis der im Rahmen der<br />

quantitativen Analyse erarbeiteten Ergebnisse Anwendung finden, so dass die<br />

Formulierung der Kategorien für die qualitative Inhaltsanalyse entsprechend offen<br />

gestaltet wird. Ziel dieser methodischen Vorgehensweise ist sowohl die Erhöhung der<br />

Validität der Ergebnisse als auch der generellen Aussagekraft. Voraussetzung für den<br />

Erkenntnisgewinn ist, dass sich beide Methoden auf denselben Gegenstand beziehen, um<br />

in der Folge zur wechselseitigen Validierung ihrer Ergebnisse eingesetzt werden zu<br />

können. 87<br />

Die quantitative Analyse beruht hauptsächlich auf einer Häufigkeitszählung<br />

hinsichtlich der unterschiedlichen Kommunikationsmuster bei Twitter, so dass Gesetzund<br />

Regelmäßigkeiten fest gestellt werden können. Im Rahmen der qualititativen<br />

Inhaltsanalyse, die einzelne Aspekte vertiefend thematisieren soll, werden die Twitter-<br />

Nachrichten anhand ihres Inhalts kodiert. An dieser Stelle wird geprüft, ob eine<br />

Ausprägung vorliegt oder nicht. Die Verarbeitung und Dokumentation der Erhebungsdaten<br />

87<br />

Die Konstruktion und Anwendung eines multimethodischen Designs, bei dem qualitative und<br />

quantitative Verfahren parallel eingesetzt und die Ergebnisse aufeinander bezogen werden, verlangt,<br />

dass die Wahl der methodischen Instrumente in Beziehung zu den theoretischen Annahmen gesetzt<br />

wird. Ziel sollte demnach in der theoretischen Konvergenz qualitativer und quantitativer<br />

Forschungsergebnisse bestehen (vgl. Kuckartz et al. 2007: 50ff.).<br />

54


Datenanalyse<br />

wird anhand der jeweiligen Analyseraster mit Hilfe eines computergestützten Verfahrens<br />

realisiert. 88<br />

3.3 Materiallage und Untersuchungszeitraum<br />

Das Datenmaterial, das für die empirische Untersuchung der vorliegenden Masterarbeit<br />

genutzt wird, entstammt einer groß angelegten Twitter-Erhebung im Rahmen der<br />

Bundestagswahl 2009. Dr. Andreas Jungherr und Pascal Jürgens haben im Zeitraum vom<br />

18.06.2009 bis zum 30.09.2009 Tweets mit politischen Hashtags von ca. 32.000<br />

deutschen Twitter-Nutzern erfasst und für die wissenschaftliche Weiterverwendung<br />

archiviert (vgl. Jungher/Jürgens 2011). Für die empirische Untersuchung der<br />

ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells 2009<br />

wurden zunächst alle Tweets ausgewählt, die im Zeitraum vom 12.09.2009 (0Uhr) bis<br />

zum 14.09.2009 (0Uhr) versendet wurden und die entweder ein #-Hashtag oder einen @-<br />

Reply beinhalteten. Der zunächst sehr weitgefasste Untersuchungszeitraum wurde<br />

gewählt, um die ereignisorientierte politische Echtzeitkommunikation bei Twitter sowohl im<br />

Sinne einer „Netzdebatte vor der Debatte“ (Bieber 2010b: 253) als auch hinsichtlich einer<br />

digitalen Nachberichterstattung gänzlich zu erfassen. Das Datenset von 264.075 Tweets<br />

und die darin enthaltenen 46.288 verschiedenen #-Hashtags erschienen für das<br />

empirische Vorhaben dieser Masterarbeit jedoch als nicht erfassbar. Um dem<br />

umfassenden Datenmaterial Rechnung zu tragen, wurden daher unterschiedliche<br />

Einschränkungen vorgenommen. Für die gänzliche Erfassung der Dynamiken der<br />

politischen Echtzeitkommunikation bei Twitter unter dem Eindruck eines medialen<br />

Ereignisses, wurde zum einen der Untersuchungszeitraum an die Sendezeit des<br />

Kanzlerduells angepasst, so dass das vorliegende Datenset nur Tweets beeinhaltet, die<br />

am 13.09.2009 zwischen 20:30:00 Uhr und 22:30:02 Uhr abgesetzt wurden. Das<br />

zusätzliche Zeitfenster nach offizieller Beendigung des Kanzlerduells 2009 wurde<br />

eingeräumt, da der Annahme gefolgt wurde, dass besonders die Kommentierung nach<br />

dem medialen Ereignis bei Twitter deutlich zunimmt (vgl. Shamma et al. 2009;<br />

Diakopoulos/Shamma 2010). Die Tweets wurden sekündlich erfasst und abgebildet. Zum<br />

anderen wurde in der Phase der Datensortierung eine Hashtag-Familie definiert, die<br />

vornehmlich der Minimierung des Datenmaterials diente, aber zusätzlich für eine erste<br />

thematische Zentrierung der Tweets sorgen sollte. In einem Pre-Test wurde geprüft,<br />

welche Hashtags die Begleitkommunikation auf Twitter sowohl dominieren als auch<br />

thematische Analogien zum medialen Ereignis an sich aufweisen. Aufgrund des<br />

88<br />

Die gesamte Dokumentation der Vorgehensweise bei der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse<br />

wird in einem Kodierleitfaden zusammengefasst und gemeinsam mit den Ergebnissen in digitalisierter<br />

Form auf einem CD-ROM Datenträger der Arbeit beigefügt.<br />

55


Datenanalyse<br />

umfangreichen Datenmaterials wurden somit folgende Hashtags ausgewählt: #cdu,<br />

#CDU, #spd, #SPD, #merkel, #Merkel, #steinmeier, #Steinmeier, #btw09, #kanzlerduell,<br />

#Kanzlerduell, #duell09, #tvduell. Es lässt sich daher anmerken, dass alle Tweets des in<br />

der vorliegenden Arbeit verwendeten Samples mindestens eines dieser Hashtags<br />

beinhalten. Generell umfasst das Sample die Twitter-ID der Nutzer, Autorenname, Anzahl<br />

der Friends und Follower, Datum und Uhrzeit des Tweets sowie den Tweet-Text.<br />

56


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

IV<br />

Ergebnisse<br />

4. Ergebnisse der Datenanalyse<br />

4.1 Fallprofil<br />

Für die Analyse der politischen Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells 2009 und<br />

den Versuch, die ereignisorientierte Echtzeikommunikation im Sinne einer neuen Form<br />

der Online-Versammlungsöffentlichkeit zu systematisieren, dient eine deskriptive<br />

Beschreibung des Datenmaterials an dieser Stelle als argumentatives Grundgerüst für die<br />

Analyse.<br />

Alle hier abgebildeten Ergebnisse sind unter Vorbehalt zu betrachten, da die<br />

Auswahl des Datenmaterials auf der Grundlage von bestimmten Hashtags vorgenommen<br />

wurde. So fallen Tweets, die sich zwar inhaltlich mit dem Kanzlerduell 2009 befasssen,<br />

jedoch nicht eines der ausgewählten Hashtags enthalten, aus diesem Sample<br />

möglicherweise heraus. Ebenfalls sind die Angaben zu Friends- und Follower-Zahlen als<br />

relative Werte zu betrachten, da sie sich seit dem 13. September 2009 mit aller<br />

Wahrscheinlichkeit verändert haben. Zusätzlich fallen Nachrichten, die @replies oder<br />

Retweets beinhalten, aus dem Sample, sobald sich diese Nachrichten an Twitterer<br />

richten, die im Antwort-Tweet nicht eines der ausgewählten Hashtags eingesetzt haben.<br />

Die Darstellung der Ergebnisse unterliegt demzufolge einer stetigen Reflektion über die<br />

empirischen Hürden hinsichtlich späterer Generalisierbarkeit.<br />

4.1.1 Twitterer<br />

Das Kanzlerduell 2009 zwischen Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Steinmeier schauten<br />

neben den ca. 14 Millionen Menschen vor den Fernsehern ebenfalls 3.507 Twitterer<br />

(identifiziert durch die genannten Auswahlkriterien), die auf der Plattform zu dem<br />

Geschehen in Echtzeit Stellung nahmen. Aufgrund der Vorauswahl von Tweets anhand<br />

der Hashtag-Familie kann die reale Anzahl der an der Begleitkommunikation in Echtzeit<br />

partizipierenden Twitter-Nutzer deutlich höher ausfallen, gesetzt dem Fall, dass diese<br />

Nutzer keines der ausgewählten Hashtags bei der Kommentierung des Kanzlerduells<br />

2009 verwendet haben.<br />

Unter den 3.507 Twitterern, die zwischen 20:30:00 Uhr und 22:00:02 Uhr das Duell<br />

kommentiert haben, zeichnet sich eine Unterscheidung gemäß der Aktivität der einzelnen<br />

Twitterer ab, so dass eine kleine Nutzergruppe überdurchschnittlich viele Kommentare in<br />

140-Zeichen abgesendet hat und der Großteil jedoch nur unregelmäßig über die Plattform<br />

kommuniziert hat. Abbildung 3 zeigt die 30 aktivsten Twitterati, die die begleitende<br />

57


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Echtzeitkommunikation dominiert haben. 89 Sofern die Namen der nachfolgend<br />

aufgeführten Twitterati keine unmittelbare Auskunft über die Person hinter dem Account<br />

geben, ist eine soziokulturelle Einordnung in Subgruppen sowie eine Einschätzung über<br />

die politische und wertmäßige Orientierung dieser attentive public nur in wenigen Fällen<br />

möglich. Nichtsdestoweniger kann hinsichtlich dieser Gruppe, die im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 aktiv getwittert hat, in gewissem Maße von Repräsentativität<br />

gesprochen werden, da einerseits für die Vorsortierung der ereignisorientierten Tweets<br />

generalistische Hashtags ausgwählt wurden und andererseits die ausgewählte<br />

Nutzergruppe in ihrer Diversität Ähnlichkeiten mit anderen Untersuchungen aufweist.<br />

Mitunter befinden sich unter den 3.507 Twitterern beispielsweise politische Akteure,<br />

(politische) Blogger, Online-Formate klassischer Medien(kanäle), politische Online-<br />

Plattformen oder politisch-interessierte Twitter-affine Personen.<br />

Abb. 4: Tweet-Verteilung (Top 30)<br />

Twitterer<br />

Anzahl Tweets<br />

1 @andremoch 93<br />

2 @tagesschau 87<br />

3 @wahlenrt 85<br />

4 @MH120480 83<br />

5 @Wahlergebnis09 78<br />

6 @sternde 73<br />

7 @chris_politicus 68<br />

8 @merkelnein 61<br />

9 @ralf_tannert 55<br />

10 @Wahlkampfarena 52<br />

11 @Guenther0815 51<br />

12 @MariVicto 50<br />

13 @Nordhessische 49<br />

14 @justusmarten 47<br />

15 @yathina 46<br />

16 @DerBruesseler 46<br />

17 @SteffiLemke 44<br />

18 @hansfritz 44<br />

19 @zeitjung_news 44<br />

20 @JonathansTV 43<br />

21 @HannesGrosch 41<br />

22 @Cleanthinking 41<br />

23 @hauptstadtgoere 41<br />

24 @TC_Stahl 41<br />

25 @jenswf 40<br />

26 @alleswasbewegt 40<br />

27 @spdhannover 39<br />

28 @henrikMS 39<br />

29 @jrutzen09 39<br />

30 @danieljohnr 38<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

89<br />

Der Begriff Twitterati umschreibt jene Twitter-Nutzer, die zum einen die Plattform sehr aktiv nutzen und<br />

zum anderen von überdurchschnittlich vielen Personen gelesen werden, da ihre Tweets mehr<br />

Aufmerksamkeit erfahren als Tweets eines „Otto-Normal-Twitterers“ (vgl. Urban Dictionary 2009). In<br />

diesem Kontext wird der Begriff jedoch synonym für diejenigen Nutzer verwendet, die im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 die Begleitkommunikation in Echtzeit dominiert haben.<br />

58


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Bei der Analyse des Kommunikationsverhaltens einzelner Personen wird oft die Frage<br />

nach ihrem Einfluss auf die öffentliche sich bei Twitter entwickelte Meinung gestellt.<br />

Jedoch lässt sich der Einfluss der Twitterer, die das Kanzlerduell 2009 in 140 Zeichen<br />

kommentiert haben, nur unter Vorbehalt bestimmen. Wie sich in den nachfolgenden<br />

Kapiteln zeigen wird, ist die reine Aktivität – das häufige Versenden von Tweets – keine<br />

zufriedenstellende Messgröße, sondern kann nur als zusätzliche Variable in Betracht<br />

gezogen werden. Dennoch ist festzuhalten, dass die 30 aktivsten Twitterati ein hohes<br />

Interesse an dem Kanzlerduell bzw. an der Online-Diskussion auf Twitter zeigen. Zudem<br />

veranschaulicht die Verteilung der Tweets auf die einzelnen Twitterer, dass neben einigen<br />

wenigen heavy usern der Großteil der Teilnehmer an der Online-Begleitkommunikation in<br />

Echtzeit eher das mediale Ereignis am Fernsehbildschirm und nur nebenbei die<br />

Diskussion auf Twitter verfolgt.<br />

4.1.2 Tweets<br />

Die Anzahl der Tweets, die parallel zum Kanzlerduell 2009 versendet worden sind, lässt<br />

erahnen, in welchem Umfang eine begleitende Online-Debatte in Echtzeit stattgefunden<br />

hat. Von den 3.507 Twitter-Nutzern wurden zwischen 20:30:00 Uhr und 22:30:02<br />

insgesamt 17.932 Tweets versendet. Konkret im Zeitraum des Kanzlerduells von<br />

20:30:00Uhr bis 22:00:00Uhr wurden mit 14.904 Tweets 83 % der insgesamt 17.932<br />

Tweets verschickt. Die verbleibenden 3.028 Twitter-Nachrichten wurden erst nach der<br />

offziellen Beendigung des Kanzlerduells abgesendet. Abbildung 5 zeitgt die Aktivität bei<br />

Twitter und veranschaulicht analog dazu die Schwankungen hinsichtlich des Interesses<br />

der Twitterer am Duell. Deutlich werden an dieser Stelle Abschnitte mit sehr hoher<br />

beziehungsweise sehr niedriger Aktivität. Trotz Ausschlägen ist festzuhalten, dass sich für<br />

das Kanzlerduell 2009 eine konstante Begleitkommunikation bei Twitter attestieren lässt,<br />

die zum Ende des Duells gegen 22:00:00 Uhr noch einmal deutlich ansteigt, um<br />

vermutlich die Schlussstatements beider Kandidaten zu kommentieren und um zusätzlich<br />

ein persönliches Fazit zum Duellverlauf zu ziehen. Der deutliche Anstieg der Aktivität bei<br />

Twitter zum Ende des medialen Ereignisses wurde bereits in anderen Studien beobachtet<br />

(vgl. Beiträge von Shamma et al.). Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Aktivitätsanstieg<br />

damit zu erklären ist, dass die Twitter-Nutzer nach offizieller Beendigung des<br />

Kanzlerduelle 2009 ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die Diskussion bei Twitter lenken<br />

konnten und demzufolge mehr getwitterert haben als während des Duells selbst.<br />

59


Anzahl Tweets<br />

Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 5: Aktivität<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

+ 1 St.Abw.<br />

Durchschnitt<br />

100<br />

50<br />

- 1 St.Abw.<br />

0<br />

20:30h 20:40h 20:50h 21:00h 21:10h 21:20h 21:30h 21:40h 21:50h 22:00h 22:10h 22:20h 22:30h<br />

Anzahl Tweets pro Minute<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Im gesamten Zeitraum setzt durchschnittlich jeder Twitterer 5,11 Tweets ab. Diese sehr<br />

hohe Tweet-Dichte kommt durch die ungleichmäßige Verteilung der Aktivität einzelner<br />

Twitterer zustande, die überdurchschnittlich viel getwittert haben. Dieses<br />

Kommunikationsverhalten der so genannten Outlier 90 führt folglich zu einer gewissen<br />

Verzerrung des Bildes. Um das Gleichgewicht zwischen den Outliern und den ‚Normal-<br />

Twitterern„ herzustellen und um eine erwartbare Tweet-Dichte abzeichnen zu können,<br />

wird der Median 91 gebildet. Entsprechend liegt der Median-Wert bei zwei Tweets pro<br />

Twitterer, so dass die eine Hälfte der 3.507 Online-Diskussions-Teilnehmer mehr als zwei<br />

Tweets und die andere Hälfte weniger als zwei der 140-Zeichen Nachrichten versendet<br />

hat. Somit ist auch mit Blick auf die Anzahl der abgesetzten Tweets im Rahmen des<br />

Kanzlerduells folglich eine Power Law Verteilung erkennbar. 92 2.405 Tweets wurden von<br />

insgesamt 1.826 Twitterern abgesendet, die entweder nur einen oder zwei Tweets<br />

während der Übertragung des Rededuells zwischen Merkel und Steinmeier verschickt<br />

haben. Diese ‚Wenig-Twitterer„ machen mit ihren 1-2 Tweets 13% aller Tweets aus und<br />

90<br />

91<br />

92<br />

In der Statistik wird mit Outlier u.a. ein Messwert gemeint, der zum einen nicht den Erwartungen<br />

entspricht und zum anderen sich nicht in eine erwartete Messreihe einfügt. Hinsichtlich die Twitter-<br />

Nutzung lassen sich Outlier als Twitterer bezeichnen, die entgegen der Erwartungen mehr twittern als<br />

andere und somit das Bild der durchschnittlichen Nutzung verzerren, vgl. http://en.wikipedia.org/<br />

wiki/Outlier.<br />

Der Median wird gegenüber dem Durchschnitt - dem arithmetischen Mittel - bevorzugt, da er<br />

resistenter gegenüber extrem abweichenden Werten ist. Da er die gesamte Stichprobe in zwei<br />

identische Hälften teilt, ergibt sich ein nachvollziehbarer Wert. Der Median wird in der gesamten hier<br />

dargestellten empirischen Untersuchung zum Zweck einer anschaulichen Darstellung der Verteilung<br />

verwendet.<br />

„A power law applies to a system when large is rare and small is common“ (Findlay 2010) und stellt<br />

somit eine nicht-linerare Regression dar. EIne Power Law Verteilung stellt bei der Analyse von sozialen<br />

Netzwerken keine Seltenheit dar.<br />

60


Anzahl der Tweets pro Nutzer<br />

Ergebnisse der Datenanalyse<br />

stellen 52% aller an der Online-Kommunikation bei Twitter partizipierenden Teilnehmer<br />

dar (1.826 Nutzer). Analog hierzu machen die Tweets der Top 30 Twitterati ganze 8% der<br />

insgesamt 17.932 versendeten Nachrichten aus. Ihr Anteil gemessen an allen 3.507<br />

Teilnehmern liegt dabei bei nur 0,86%. Obgleich die Gruppe der Top 30 Twitterati nur<br />

einen kleinen Teil der Gesamtteilnehmerzahl einnimmt, ist ihre Teilnahme an der<br />

begleitenden Online-Diskussion in Echtzeit geprägt von einer hohen Aktivität. In der<br />

nachfolgenden Grafik ist der Long Tail der vielen ‚Wenig-Twitterer„ im Unterschied zu den<br />

wenigen Outliern deutlich zu erkennen.<br />

Abb. 6: Verteilung Tweets auf Nutzer<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Anzahl der Nutzer mit X Tweets<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

4.1.3 Beziehungsnetzwerk von Friends und Followern<br />

Das persönliche Beziehungsnetzwerk zwischen den Twitter-Nutzern beruht auf dem<br />

technischen Design und den gesellschaftlichen Konventionen, die für die Kommunikation<br />

auf dieser Plattform gelten. Über die Netzwerkeffekte im Rahmen des Kanzlerduells 2009<br />

können zwar nur begrenzt Aussagen getroffen werden, nichtsdestoweniger ermöglicht ein<br />

Blick auf die Verteilung der Friends und Follower Vermutungen über die Reichweite der<br />

online-basierten Begleitkommunikation und die Relevanz einzelner Twitterer zu treffen.<br />

Die insgesamt 3.507 Twitterer besitzen durchschnittlich 281 Follower und folgen<br />

demgegenüber selbst im Durchschnitt 228 Accounts (Friends). Der Median liegt jedoch<br />

nur bei 99 Followern, das bedeutet die Hälfte der 3.507 Twitterer hat mehr als 99<br />

Follower, die andere weniger. Der Median der Friends, also derjenigen, denen der<br />

einzelne Twitterer individuell folgt liegt bei 94. Die Wahl des Median als Messgröße ist<br />

besonders hinsichtlich der Followerzahlen relevant, da es einige wenige Twitterer unter<br />

61


Anzahl Fiends<br />

Ergebnisse der Datenanalyse<br />

den 3.507 Teilnehmern gibt – bspw. @TorstenNeumann oder @wildwasser 93 – die<br />

auffallend viele Follower haben und somit die Verteilung deutlich verschieben (vgl. Abb.<br />

7); diese Verzerrung könnte zu Missdeutungen führen (vgl. Pfeiffer 2010b). Beim<br />

Ausschluss der zwei exemplarisch genannten Accounts aus der Analyse, wird eine<br />

deutliche Diskrepanz zum Durchschnitt sichtbar. Die durchschnittliche Anzahl der<br />

Follower nach neuer Berechnung liegt insofern bei 262 Followern (im Vgl. 281 Follower<br />

mit Outliern) und bei 208 Friends (im vgl. 228) – ein nicht trivialer Einfluss, wenn man<br />

bedenkt, dass es sich um weniger als 0,03 Prozent der Twitterer insgesamt handelt. Der<br />

Median beider Größen verändert sich unter dem Eindruck der neuen Berechnung jedoch<br />

nicht. Abbildung 7 zeigt analog zu Abbildung 6, dass auch hinsichtlich der Friends- und<br />

Followerzahlen eine Power Law Verteilung zutrifft, erkennbar am Long Tail. 94<br />

Abb. 7: Power Law Verteilung der Friends<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

Friends<br />

Durchschnitt Friends<br />

Median Friends<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

1 3500<br />

Twitter-Nutzer<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

93<br />

94<br />

Vollständiges Nutzerprofil, vgl. hierzu http://twitter.com/torstenneumann; http://twitter.com/wildwasser.<br />

Der Begriff beschreibt eine Häufigkeitsverteilung in der Statistik, bei der auf der rechten Seite der long<br />

tail und auf der linken Seite sind wenige Personen zu sehen die jedoch dominieren. Prägend für den<br />

Begriff ist die Long-Tail-Theorie im Jahr 2004 von Chris Anderson, obgleich Clay Shirky 2003 bereits<br />

auf seinem Blog vom Long Tail gesprochen hat; vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Long_Tail.<br />

62


Anzahl Follower<br />

Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 8: Power Law Verteilung der Follower<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

Follower<br />

Durchschnitt Follower<br />

Median Follower<br />

2000<br />

0<br />

1 3500<br />

Twitter-Nutzer<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Der Median von Friends und Followern offenbart ein geringes Übergewicht der Follower-<br />

Anzahl gegenüber der Friends-Anzahl. Es lässt vermuten, dass sich unter den 3.507<br />

Twitterern einige reichweitenstarke Accounts befinden, die beispielsweise im Bereich der<br />

Medien anzusiedeln sind oder bekannte deutsche Blogs betreiben bzw. bekannte<br />

Netizens sind (vgl. etwa Beispiele aus dem Sample: @tagesschau, @prosieben,<br />

@saschalobo, @tauss, @netzpolitik) und somit einen großen Leserkreis haben. Die im<br />

Folgenden dargestellte Tabelle (Abb. 8) veranschaulicht die Verteilung der Friends und<br />

Follower auf 30 Twitterer, die die meisten Friends bzw. Follower aufweisen:<br />

63


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 9: Liste Top 30 Friends/Follower-Verteilung<br />

Twitterer Anzahl Friends Twitterer Anzahl Follower<br />

1 @TorstenNeumann 40081 @TorstenNeumann 38059<br />

2 @wildwasser 29868 @wildwasser 28859<br />

3 @ProSieben 8428 @saschalobo 19476<br />

4 @qintermac 8257 @tauss 10534<br />

5 @BMOnline 5410 @netzpolitik 9448<br />

6 @Abendzeitung 4475 @sixtus 8904<br />

7 @Die_Gruenen 4057 @tagesschau 8267<br />

8 @DerWesten 3901 @Die_Gruenen 8096<br />

9 @mark_henckel 3711 @ProSieben 7721<br />

10 @Hochbahnopfer 3569 @intermac 7523<br />

11 @RobVegas 3450 @klauseck 6778<br />

12 @derfreitag 3350 @BMOnline 6129<br />

13 @qweinvkn 3289 @DerWesten 5845<br />

14 @Ibo 3131 @Ibo 5505<br />

15 @Nico 3049 @sternde 5103<br />

16 @dwitter_com 2861 @cdu_news 4686<br />

17 @DocSibylle 2443 @Abendzeitung 4533<br />

18 @farbwolke 2295 @derfreitag 4410<br />

19 @daniellegrossi 2286 @Nico 4360<br />

20 @Hoertrich 2153 @spdde 4289<br />

21 @f_schaeffler 2067 @csommer 4139<br />

22 @germanstudent 2014 @damitdasklaas 4004<br />

23 @wahljahr09 2005 @PickiHH 3991<br />

24 @Stecki 2003 @dwitter_com 3648<br />

25 @thomasabecker 2001 @weltonline 3587<br />

26 @klingbeil09 2000 @manniac 3491<br />

27 @Boomel 2000 @weinvkn 3482<br />

28 Michi_cooly 2000 @Hochbahnopfer 3477<br />

29 sozendissen 2000 @RobVegas 3476<br />

30 bernhardjenny 1995 @mark_henckel 3475<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Obgleich diverse wissenschaftliche Studien eine theoretische Reichweite anhand der<br />

Summe der Followerzahl von partizipierenden Twitterern errechneten, wird hierbei der<br />

Anschein erweckt, der einzelne Twitterer hätte nur Unique Follower 95 (in diesem Fall lässt<br />

sich auch von einem theoretischen Publikum der begleitenden Online-Diskussion bei<br />

Twitter sprechen). Für das Kanzlerduell 2009 ergäbe sich unter dem Eindruck dieser<br />

deutlichen Einschränkungen der Messmethode eine theoretische Reichweite von<br />

6.290.564 Twitterern. Da jedoch viele Twitterer den selben Accounts folgen, würde die<br />

Summe der Followerzahl von 3.507 Twitterern eine größere theoretische Reichweite<br />

ergeben als dies in der Realität für Twitter der Fall ist. Nichtsdestoweniger sind zu den<br />

Lesern der Tweets im Rahmen des Kanzlerduells 2009, die über die Plattform direkt<br />

rezipiert werden, ebenfalls Leser einzubeziehen, die beispielsweise die Tweets zum<br />

95<br />

Mit Unique Followern sind eindeutige Nutzer gemeint. Für die Berechnung wird eine TwitterAPI<br />

benötigt, die alle Follower der einzelnen Sender läd und abfragt. Die technischen Möglichkeiten der<br />

vorliegenden Arbeit waren diesbezüglich jedoch nicht gegeben.<br />

64


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Kanzlerduell 2009 durch eine automatisierte Weiterleitung auf Facebook oder Blogs<br />

lesen. Die Followerzahl zur Errechnung der theoretischen Reichweite ist grundsätzlich<br />

somit eine eher irrelevante Größe. 96 Nichtsdestotrotz wird in einem anderen Kontext<br />

erneut auf die Followerzahl Bezug genommen – bei der Berechnung der Relevanz<br />

einzelner Twitterer (vgl. Kapitel 2.1.3.2).<br />

Anhand zweier Beispiele aus dem vorliegenden Sample zeigt sich diese attestierte<br />

Ungenauigkeit, die die Messgröße Follower-Anzahl aufweist (vgl. hierzu Abbildung 8). Der<br />

Blogger Sascha Lobo 97 befindet sich aktuell auf Platz 2 der Liste der reichweitenstärksten<br />

deutschsprachigen Twitter-Accounts (vgl. Pfeiffer 2010f). Mit 19.476 Followern zum<br />

Zeitpunkt der Datenerhebung rangiert er im vorliegenden Sample auf Rang 3. Mit zwei<br />

Tweets gehört Sascha Lobo im Rahmen des Kanzlerduells jedoch zu den ‚Wenig-<br />

Twitterern„:<br />

@saschalobo: „Celebrity Dös Match. #tvduell“ (21:44:28)<br />

@saschalobob: „Zuschauer, die diese Sendung gesehen haben, kauften auch:<br />

Kuschelrock 27/9. #tvduell“ (22:08:56)<br />

Nichtsdestotrotz werden seine zwei Tweets 42 Mal geretweetet. Diese exponentielle<br />

Weiterleitung verdeutlicht zum einen die große Reichweite seiner Tweets und zum<br />

anderen die ihnen zugesprochene Relevanz – sieht man vom inhaltichen Gehalt dieser<br />

Tweets erst einmal ab. Im Vergleich wird der Account von @TorstenNeumann 98 ,<br />

Schatzmeister der Jungen Liberalen in Schleswig-Holstein, von 38.509 Followern<br />

gelesen; er führt die Rangliste der Twitterer gemessen an der Anzahl der Follower. Auch<br />

er hat während des Kanzlerduells nur zwei Tweets abgesendet:<br />

@TorstenNeumann: „#tvduell Sieger unbekannt Verlierer sind die Zuschauer nix<br />

neues und langweile pur... da kann man lieber DFB vs Asabeidjan anschauen...“<br />

96<br />

97<br />

Gerald Bäck hat zusammen mit Max Kuckartz im Rahmen einer Twitter-Analyse zu den<br />

österreichischen Studentenprotesten 2009 die theoretische Reichweite wie errechnet, indem die<br />

Summe aller Follower pro Tweet wurde ermittelt wurde. Bei den erfassten 66.329 Tweets ergibt das<br />

eine durchschnittliche Reichweite pro Tweet von 323 Followern und insgesamt eine theoretische<br />

Reichweite von 21.425.836 Nutzern, vgl. hierzu Gerald/Kuckartz 2009. Anhand der der neuen Funktion<br />

Listings wäre möglicherweise eine aussagekräftigere Reichweite zu berechnen, dieser Ansatz soll hier<br />

jedoch nicht weiter thematisiert werden, bietet jedoch einen interessanten Analysepunkt für weitere<br />

Studien, die nach der wirklichen Reichweite von ereignisorientierter Echtzeitkommunikation in sozialen<br />

Netzwerken fragen.<br />

Die Persona ‚Sascha Lobo„ wird in der deutschen Blogosphäre und im Bereich Social Media, aber<br />

insbesonders in den Massenmedien als Web-Promi dargestellt; mehr zur Persona vgl.<br />

http://saschalobo.com/ und das vollständige Twitter-Profil, vgl. www.twitter.com/saschalobo.<br />

98 Vgl. hierzu den Twitter-Account von @TorstenNeumann: http://twitter.com/TorstenNeumann; die<br />

Angaben im Profil können eine mögliche Erklärung für die überdurchschnittlich hohe Anzahl an<br />

Followern sein.<br />

65


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

@TorstenNeumann: „RT @johannesvogel Nachtrag: Wo war eigentlich die<br />

Innenpolitik Schade, dass sie nie zur Lage der Bürgerfreiheiten gefragt<br />

wurden.#tvduell“<br />

Im Unterschied zu @saschalobo wurde @TorstenNeumann im Rahmen des vorliegenden<br />

Samples überhaupt nicht geretweetet.<br />

Wie in Kapitel 4.2.3 vertiefend dargestellt werden soll, besitzt die Häufigkeit der<br />

Retweets eine höhere Relevanz im Sinne von Einfluss auf die Meinung der Twitterer als<br />

die Anzahl der Follower eines Twitterers; in manchen Fällen können beide Werte jedoch<br />

gleichermaßen Relevanz ausdrücken. Im Bereich der Social Media Forschung wird auf<br />

Grundlage einer hohen Followerzahl von Relevanz gesprochen, da davon ausgegangen<br />

wird, dass ein Twitter-Account, der von vielen Personen gelesen wird, relevante<br />

Informationen twittert. Fälschlicherweiser spielt der Inhalt des Tweets demnach kein Rolle.<br />

Festzuhalten ist daher, dass Relevanz und Einfluss von Twitterern als normative Werte<br />

begriffen werden müssen, deren Berechnung durch viele Einschränkungen fast unmöglich<br />

ist. Der Inhalt der Tweets, die weitergeleitet werden, spielt in diesem Zusammenhang eine<br />

untergeordnete Rolle, da eine objektive Einschätzung des inhaltlichen Gehalts der Tweets<br />

nicht machbar ist.<br />

Grundsätzlich ist unter dem Eindruck der generellen Analyse des Fallprofils eine<br />

aktive Begleitkommunikation in Echtzeit zu identifizieren. Die ereignisorientierte politische<br />

Twitter-Nutzung zeigt im Rahmen des Kanzlerduells 2009 zwischen Angela Merkel und<br />

Frank-Walter Steinmeier neben einer konstanten Aktivität, die zweifelsohne auch<br />

Einschnitte im Kommunikationablauf verzeichnet, einen beachtlichen Teilnehmerkreis. Auf<br />

den ersten Blick wird deutlich, dass bezüglich des Engagements zur begleitenden<br />

Echtzeikommunikation eine kleine Gruppe von Twitterern, die so genannten Outlier, durch<br />

ihre hohe Tweet-Frequenz auffällt. Die Hypothese (H1) hinsichtlich einer aktiv<br />

begleitenden Echtzeitkommunikation bei Twitter lässt sich im Wesentlichen mit Hilfe der<br />

Ergebniss aus dem ersten Teil der quantitativen Analyse bestätigen.<br />

66


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

4.2 Muster der Echtzeitkommunikation bei Twitter<br />

Auf Grundlage des erarbeiteten Fallprofils, das Auskunft über die Teilnehmer und den<br />

Umfang der ereignisorientierten Begleitkommunikation bei Twitter gibt, sollen im<br />

Folgenden die strukturbildenden Elemente einer klassischen politischen Versammlung –<br />

Themen- und Sachzentrierung, Diskursivität und Meinungsführerschaft – anhand der<br />

Muster der Echzeitkommunikation bei Twitter thematisiert und empirisch überprüft<br />

werden.<br />

4.2.1 Sach- und Themenzentrierung der Begleitkommunikation bei Twitter<br />

Hashtags sind ein zentrales Identifikationsmerkmal sowohl für eine sachorientierte als<br />

auch in manchen Fällen für eine personenorientierte Kommunikation bei Twitter. Sie<br />

ermöglichen eine Kategorisierung der Tweets und erleichtern die Analyse des Tweet-<br />

Inhaltes. Aufgrund der Vorauswahl der Tweets anhand von acht Hashtags wurde eine<br />

Themen- und Sachzentrierung der archivierten Tweets in gewisser Weise<br />

vorweggenommen. Dennoch zeigt die quantitative Analyse an dieser Stelle, dass trotz der<br />

Vorauswahl sowohl eine breite Varianz an verwendeten Hashtags als auch divergente<br />

Hashtags zu erkennen sind, die die Begleitkommunikation in Echtzeit bei Twitter während<br />

des Kanzlerduells dominieren.<br />

Im Hinblick auf das Sample lässt sich feststellen, dass alle 17.932 Tweets<br />

mindestens ein Hashtag beinhalten, so dass sich eine Hashtag-Dichte von 1,58 Hashtags<br />

pro Tweet ergibt. Verteilt auf die Gesamtanzahl an Tweets wurden im<br />

Untersuchungszeitraum insgesamt 28.296 Hashtags verwendet. 99 Aus diesen 28.296<br />

Hashtags konnten 1.452 unterschiedliche Hashtags herausgefiltert werden; ohne die im<br />

Vorfeld ausgewählten Hashtags ergibt sich eine entsprechende Gesamtzahl von 1.444<br />

unterschiedlichen Hashtags. Die ausgewählten Hashtags 100 finden insgesamt 20.348 Mal<br />

Anwendung und bilden somit einen Anteil von 72% bezogen auf alle verwendeten<br />

Hashtags. Ohne die Auswahl ergibt sich entsprechend ein Anteil von 28%. An dieser<br />

Stelle ist bereits festzuhalten, dass die ausgewählten Hashtags die Begleitkommunikation<br />

im Rahmen des Kanzlerduells umfangreich abdecken. Abbildung 10 veranschaulicht die<br />

meistverwendeten Hashtags zum Kanzlerduell 2009, ausgenommen der Auswahl-<br />

Hashtags. Obgleich sich in dieser Hinsicht bereits im Vorfeld eine thematische<br />

Zentrierung der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung attestieren lässt, wird bei<br />

99 Die Summe der verwendeten Hashtags umfasst alle Hashtags samt Dopplung und fehlerhafter<br />

Schreibweise. Diese Anzahl ist deutlich von den 1.452 Hashtags zu differenzieren, da diese von<br />

Dopplungen bereinigt sind.<br />

100<br />

Der Auswahl liegen folgende Hashtags zugrunde: #cdu/#CDU, #spd/#SPD, #merkel/#Merkel,<br />

#steinmeier/#Steinmeier, #btw09, #kanzlerduell/#Kanzlerduell, #duell09, #tvduell.<br />

67


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

näherer Betrachtung der untschiedlichen Hashtags deutlich, dass sich thematische<br />

Analogien unter den Hashtags abzeichnen. Eine Einteilung der 1.452 unterschiedlichen<br />

Hashtags in Themengruppen soll in der nachfolgenden qualitativen Inhaltsanylse<br />

Anwendung finden, um somit das Merkmal der Sach- und Themenzentrierung der<br />

ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung differenzierter zu betrachten. Mitunter<br />

zeigt jedoch bereits die Varianz der 1.452 Hashtags, dass sich die meisten Tweets mit<br />

dem Kanzlerduell in deskripitver Weise auseinandesetzen. Hier spielen folglich Themen<br />

wie die Bundestagswahl, das Duell oder der Wahlkampf eine Rolle. Aber auch<br />

unerwartete Themenkomplexe werden mit Hashtags angesprochen, wie beispielsweise<br />

‚#simpsons„ oder ‚#piraten+„.<br />

Abb. 10: Verwendete Hashtags ohne Auswahl<br />

68<br />

Quelle: Eigene Darstellung


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Eine Sach- und Themenzentrierung der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung in<br />

Gestalt von Begleitkommunikation in Echtzeit ist mit Hilfe einer Vorauswahl von Hashtags<br />

bereits teilweise determiniert worden. Nichtsdestoweniger offenbart Abbildung 10 101 , dass<br />

neben der allgemeinen thematischen Fokussierung der Kommunikationsinhalte (Tweets)<br />

auf das Kanzlerduell und die beiden Duellkandidaten, weitere Themen in den Mittelpunkt<br />

der Begleitkommunikation gerückt werden. Unter Berücksichtigung der formalen<br />

Einschränkungen kann Hypothese H2 102 daher nicht vollständig verifiziert werden. Eine<br />

verfeinerte Analyse ist an dieser Stelle notwendig.<br />

4.2.2 140-Zeichen Diskurs in Echtzeit<br />

Der öffentliche Dialog zählt, wie bereits im Vorfeld der empirischen Untersuchung<br />

erwähnt, zu den wichtigsten Charakteristika der Kommunikation bei Twitter. Mit der<br />

Verwendung des @-Zeichen zur Markierung eines Tweets, dessen Information sich an<br />

eine Person richtet, findet der öffentliche Dialog seine funktionale Verfestigung. Im<br />

Rahmen der ereignisorientierten Twitter-Nutzung wird darüber hinaus angenommen, dass<br />

das @-Zeichen zur Ausweitung des Dialogs mit diskursiven Elementen beiträgt, auch<br />

wenn sich dieser Diskurs als Austausch von Argumenten und ‚Konversation im Kleinen„<br />

interpretieren lässt.<br />

Im Untersuchungszeitraum zwischen 20:30:00 Uhr und 22:30:02 Uhr wurden 940 @-<br />

Replies abgesetzt. Von den insgesamt 3.507 Twitterern haben 595 Twitterer eine @-<br />

Nachricht erhalten und 589 Twitterer einen @-Reply versendet. Für das Empfangen eines<br />

@-Replies ergibt sich bei einem Durchschnitt von 1,58 @-Replies pro Nutzer eine Dichte<br />

von 0,17. Der Median der emfangenen @-Replies liegt bei 1. In Bezug auf das Absenden<br />

von @-Replies lässt sich ein Durchschnitt von 1,60 @-Replies und ein Median-Wert von<br />

ebenfalls 1 feststellen; auch hier ergibt sich eine Dichte von 0,17 @-Replies. Folglich<br />

haben 17% der insgesamt 3.507 Twitterer dieses Samples eine direkte @-Reply<br />

Nachricht erhalten, ebenso wie 17% aller Twitterer einen @-Reply abgesetzt haben. Die<br />

identische @-Reply-Dichte scheint zunächst zu überraschen, da eine Differenz zwischen<br />

der Anzahl der Sender (589) und der Anzahl der Empfänger (595) der 940 @-Reply-<br />

Nachrichten auszumachen ist. Überdies wirkt die Vorauswahl der anfangs aufgezeigten<br />

Hashtag-Familie prinzipiell limitierend auf die Aussagekraft einiger Ergebnisse. Allerdings<br />

ist die Diskrepanz zwischen Sender- und Emfängeranzahl derart gering, dass die<br />

101 Abb. 10 wird in Form einer Word Cloud dargestellt, einer Art ‚Schlagwortwolke„, die Worte nach<br />

unterschiedlicher Gewichtung darstellt. Als Methode zur so genannten Informationsvisualisierung wird<br />

die Schlagwortwolke im Social Media Bereich häufig eingesetzt; vgl. http://www.wordle.net/.<br />

102 Zur Erinnerung, Hypothese H2: Die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 ist sach- und themenzentriert.<br />

69


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

vorgestellten Ergebnisse durchaus mit der Wirklichkeit einer öffentlichen, nicht<br />

vorsortierten Twitter-Timeline übereinstimmen, bei der die Summe der @-Reply-Sender<br />

und Emfänger absolut identisch ist. Dieser Beobachtung liegt der Dialog zwischen zwei<br />

Twitterern zugrunde.<br />

In Anbetracht dessen kann von einer gewissen Repräsentativität des Samples<br />

dieser vorliegenden Arbeit ausgegangen werden – trotz einschränkender<br />

Auswahlkriterien. Eine Illustration des Interaktionsnetzwerkes hinsichtlich der<br />

Dialogführung zwischen den 589 Sendern und 595 Emfängern ist an dieser Stelle nicht<br />

möglich, da auf der Grundlage der vorhandenen Daten keine direktionale Bestimmung<br />

des Diskurses getroffen werden kann. 103 Nichtsdestoweniger verdeutlicht die Identifikation<br />

der aktivsten @-Reply-Sender zum einen die Bereitschaft, Argumente im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 in diskursiver Weise mit einem anderen Twitterer auszutauschen; zum<br />

anderen formen jene Twitterer, die häufig eine @-Reply-Nachricht erhalten haben eine<br />

Gruppe, deren abgesetzte Tweets für Redebedarf sorgen und deren Umgang mit dem<br />

ereignisorientierten Twittern vom Dialog geprägt ist. Die Verteilung der @-Replies auf<br />

Sender und Emfänger, wie tabellarisch in Abbildung 11 dargestellt, veranschaulicht, dass<br />

einige wenige Twitterer sowohl überdurchschnittlich viele @-Replies versenden als auch<br />

empfangen (bspw. @DerBruesseler 104 ).<br />

103 Die Bestimmung der Interaktivität basierend auf der Verteilung der @-Reply-Nachrichten im Rahmen<br />

eines medialen Ereignisses kann mit entsprechenden technischen Mittel Gegenstand weiterer<br />

Untersuchungen sein, mit dem Ziel den öffentlichen Dialog innerhalb der Begleitkommunikation in<br />

Echtzeit bei Twitter aufzuzeigen.<br />

104 @DerBruesseler ist laut seinem Twitter-Profil „Koffeinsüchtiger Paneuropäer, der im Norden gestrandet<br />

ist...“, vgl. hierzu http://twitter.com/DerBruesseler.<br />

70


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 11: @-Reply Verteilung (Emfänger / Sender)<br />

Emfänger Anzahl @ Sender Anzahl @<br />

1 @tagesschau 21 DerBruesseler 18<br />

2 @ihrewahl 14 andremoch 11<br />

3 @tauss 14 yathina 11<br />

4 @DWDL 11 Lichtmalerin 9<br />

5 @sternde 11 chris_politicus 8<br />

6 @Scherzinfarkt 9 Del_Pierro 7<br />

7 @SteffiLemke 8 Gorion_X 7<br />

8 @weltkompakt 8 hmjahnel 7<br />

9 @BoehningB 7 jaekaebee 7<br />

10 @Chikatze 7 dodomedia 6<br />

11 @frederics 7 neubauerlaw 6<br />

12 @henrikMS 7 spic 6<br />

13 @Stecki 6 m0d3 5<br />

14 @teamdeutschland 6 _free_and_easy_ 5<br />

15 @343max 5 68miT 5<br />

16 @cdu_news 5 alleswasbewegt 5<br />

17 @DerBruesseler 5 DSuelberg 5<br />

18 @her_life 5 nielsbock 5<br />

19 @Ibo 5 Scholle10719 5<br />

20 @imbatman 5 Spoonator 5<br />

21 @JuLisThueringen 5 sternde 5<br />

22 @Junge_Union 5 brabies 4<br />

23 @MissBeehaving 5 Cappellmeister 4<br />

24 @muentefering 5 Joachim_Joe 4<br />

25 @RobVegas 5 justusmarten 4<br />

26 @wahlimweb 5 kceid 4<br />

27 @_Saraaah 4 MrWheel 4<br />

28 @Abendzeitung 4 mufflkuchen 4<br />

29 @berlinIntern 4 pramesan 4<br />

30 @derfreitag 4 problemkerze 4<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Gemäß Hypothese H3 sind bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im<br />

Rahmen des Kanzlerduells 2009 diskursive Elemente in der Echtzeitkommunikation zu<br />

erkennen, obgleich keine Aussage über die Netzwerkstrukturen dieser Interaktivität<br />

getroffen werden können. Zudem liefert das vorliegende Sample nur Aussagen über das<br />

Versenden und Emfangen von @Reply-Nachrichten, die mindestens ein Auswahl-<br />

Hashtag beinhalteten. In summa ist der Austausch von Argumenten und Meinungen im<br />

Sinne der hier aufgezeichneten Twitter-Nutzung als ‚Diskurs im Kleinen„ zu begreifen.<br />

Offen bleibt an dieser Stelle die Frage, ob sich der ‚Diskurs im Kleinen‟ als multipler<br />

Monolog mit sporadischen, unstetigen und loseverbundenen Dialogstücken zwischen<br />

vielen unterschiedlichen Nutzern oder als ein reger, interaktiver Argumentationsaustausch<br />

innerhalb einer begrenzten Nutzer-Gruppe manifestiert. 105<br />

105 Aufgrund technischer sowie methodischer Eischränkungen an dieser Stelle kann zu dieser Frage keine<br />

Aussage im Rahmen dieser Arbeit getroffen werden und obliegt somit weiterführender<br />

Untersuchungen.<br />

71


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

4.2.3 Meinungsführerschaft<br />

Der Begriff ‚Meinungsführerschaft„ im Zusammenhang mit der dezentral organisierten<br />

Online-Kommunikation bezieht sich auf Personen, die im Falle von Twitter die öffentliche<br />

Kommunikation auf der Plattform beeinflussen, entweder aufgrund brisanter Informationen<br />

und polarisierenden Meinungsäußerungen oder dank ihrer hohen Twitter-Aktivität. Wie<br />

bereits angesprochen, gibt es in der Twitterforschung mehrere Zugänge, Meinungsführer<br />

bzw. Meinungsmacher zu bestimmen. Anstatt anhand der Follower-Anzahl eines<br />

Twitterers den Einfluss zu messen, ermöglicht die Analyse der Retweet-Funktion bei<br />

Twitter hier eine Bestimmung der Meinungsführer im Rahmen des Kanzlerduells 2009.<br />

Der Fokus liegt diesbezüglich allein auf der Verteilung der Retweet-Nachrichten auf die<br />

insgesamt 3.507 Twitterer und nicht auf dem Inhalt dieser Retweets.<br />

Im Verlauf der ereignisorientierten Twitter-Nutzung zum Kanzlerduell 2009 wurden<br />

insgesamt 2.353 Retweet-Nachrichten von insgesamt 1.037 Personen versendet. Die<br />

2.353 Retweets verteilen sich auf 971 Twitterer (Emfänger), deren Tweets weitergeleitet<br />

wurden. In Bezug auf alle Teilnehmer der Online-Begleitkommunikation bei Twitter zum<br />

Duell ergibt sich eine Retweet-Dichte von 0,67. 106 Die durchschnittliche Anzahl liegt bei<br />

2,42 empfangenen und bei 2,27 versendeten Retweets pro Twitterer, jedoch befindet sich<br />

der Median-Wert in beiden Fällen bei 1, demnach hat die Hälfte der 3.507 Twitterer mehr<br />

und die andere Hälfte weniger als eine Retweet-Nachricht emfangen beziehungsweise<br />

versendet. Einen gewissen Einfluss auf die Verteilung der abgesendeten Retweets<br />

beanspruchen auch in dieser Stelle zwei Outlier – @tagesschau und @Wahlenrt. Beide<br />

Accounts haben zusammen 152 Retweet-Nachrichten, das heißt 6% der 2.353 Retweets,<br />

abgesendet und lassen sich aufgrund der Annahme, dass beide Accounts die Retweet-<br />

Funktion eher als Multiplikator zur Informationsverbreitung denn als Möglichkeit der<br />

Bewertung eines Tweets nutzen, aus dem Sample separieren. Mitunter ergibt sich<br />

demnach eine Gesamtsumme von 2.201 Retweets im Rahmen der Begleitkommunikation<br />

zum Kanzlerduell 2009 bei Twitter. Sowohl die Word Cloud in Abbildung 12 als auch die<br />

Tabelle der Abbildung 13, die die Namen in Relation zur Anzahl der emfangenen<br />

Retweet-Nachrichten setzt, zeigt eine deutliche Verteilung der Retweets auf einige wenige<br />

Twitterer, deren Tweets aufgrund der darin enthaltenen Informationen<br />

überdurchschnittlich häufig weitergeleitet worden sind. Im Sinne des Verständnisses von<br />

Meinungsführerschaft lassen sich demzufolge einige Meinungsführer bei der<br />

ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells 2009<br />

ausmachen.<br />

106 Die Dichte der Retweets, das heißt wie häufig wurden Tweets eines Nutzers aus Gründen eines hohen<br />

Informations- oder Nachrichtengehalts weitergeleitet, scheint eine größere Aussagekraft zu besitzen.<br />

Pfeiffer nennt diese Form der Relevanz „themeninduzierte Relevanz“ (Pfeiffer 2010c).<br />

72


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 12: Meinungsführerschaft bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung<br />

Quelle:Eigene Darstellung<br />

Bei einem Vergleich der Twitter-Aktivität dieser häufig geretweeteten Accounts, zeigt sich<br />

beispielsweise unter den 10 meist geretweeteten Accounts eine deutliche Diskrepanz zu<br />

ihrer allgemeinen Akvitiät während des Kanzlerduells 2009. Beispielsweise rangieren<br />

@saschalobo und @sixtus auf Platz 2 und 4 (Abb. 12), obgleich sie nur jeweils zwei<br />

Tweets im gesamten Untersuchungszeitraum abgesetzt haben. Wie das Beispiel in<br />

Kapitel 4.1.3 unlängst verdeutlicht hat, besitzen ihre (wenigen) Tweets für einen<br />

bestimmten Kreis von Twitterern eine hohe Relevanz, die somit zu einer großen Retweet-<br />

Frequenz führt. Inwieweit dabei der Inhalt der Tweets für die Relevanz und das<br />

Retweeten eine Rolle spielt unterliegt einer normativen Bewertung. Zudem lässt sich<br />

keine Kopplung zwischen einer hohen oder niedrigen Twitter-Aktivität und der Retweet-<br />

Frequenz feststellen, wie das Beispiel des Twitter-Nutzer @TorstenNeumann aus Kapitel<br />

4.1.3 verdeutlicht hat. Anzumerken bleibt an dieser Stelle daher, dass bei der<br />

ereignisorientierten Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells eine deutliche<br />

Meinungsführerschaft erkennbar ist, die sich jedoch nur aus einer kleinen Gruppe von<br />

Twitterern heraus konstituiert. Hypothese H4 107 kann diesbezüglich verfiziert werden,<br />

jedoch nur unter der Prämisse, dass die Erkenntnisse allein auf Basis der erhaltenen<br />

Retweet-Nachrichten erlangt werden.<br />

107 Wie in Kapitel 3.1 ausgeführt, lautet die Hypothese H4 wie folgt: Bei der ereignisorientierten politischen<br />

Twitter-Nutzung etabliert sich eine Meinungsführerschaft.<br />

73


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Abb. 13: Meinungsführerschaft bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung (Top 30)<br />

extra3<br />

jungeliberale<br />

Stecki<br />

turbotommi<br />

Agent_Dexter<br />

RobVegas<br />

SPIEGEL_live<br />

teamdeutschland<br />

frederics<br />

JuLisThueringen<br />

henrikMS<br />

cdu_news<br />

jkleske<br />

nordkurve09<br />

Nadim_A<br />

spreeblick<br />

Nico<br />

tomaschek<br />

mneisen<br />

tauss<br />

Die_Gruenen<br />

DWDL<br />

Scherzinfarkt<br />

11<br />

11<br />

11<br />

11<br />

11<br />

12<br />

12<br />

12<br />

13<br />

13<br />

13<br />

14<br />

14<br />

15<br />

16<br />

16<br />

16<br />

16<br />

18<br />

18<br />

19<br />

19<br />

19<br />

derfreitag<br />

SteffiLemke<br />

BoehningB<br />

24<br />

26<br />

27<br />

sixtus<br />

33<br />

sternde<br />

saschalobo<br />

40<br />

42<br />

tagesschau<br />

50<br />

Quelle:Eigene Darstellung<br />

4.3 Twitter als Spiegel des Kanzlerduells - Qualitative Inhaltsanalyse<br />

Die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung im Sinne einer Begleitkommunikation in<br />

Echtzeit wurde mit Hilfe der quantitativen Inhaltsanalyse auf ihre Eigenarten überprüft.<br />

Hierbei standen die Kategorien Themen- und Sachzentrierung, Diskurs und<br />

Meinungsführerschaft als Hauptelemente für eine politische Versammlung im Mittelpunkt<br />

der Analyse. Um jedoch einem ganzheitlichen Bild der Echtzeitkommunikation bei Twitter<br />

näher zu kommen und um der Frage nachzugehen, inwieweit die Tweets, d.h. die<br />

Kommunikationsinhalte der Begleitkommunikation, das mediale Geschehen im Fernsehen<br />

konkret widerspiegeln, werden zwei Analysekategorien im Rahmen einer qualitativen<br />

Inhaltsanalyse vertiefend thematisiert. Hierzu werden anhand der gesammelten<br />

Erkenntnisse aus der quantitativen Inhaltsanalyse folgende Arbeitshypothesen konzipiert:<br />

74


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Arbeitshypothesen zur qualitativen Inhaltsanalyse:<br />

H5: Sachpolitisch-orientierte Hashtags stellen eine Ausnahme bei der ereignisorientierten<br />

Twitter-Nutzung dar.<br />

H6: Die Twitter-Nachrichten der Echtzeitkommunikation orientiertieren sich thematisch am<br />

medialen Ereignis.<br />

H7: Der öffentliche Diskurs bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im Rahmen<br />

des Kanzlerduells weist Störpotenzial auf.<br />

4.3.1 Hashtag-Gruppen als Indikator für Themen- und Sachzentrierung<br />

Die Themen- und Sachzentrierung der ereignisorientierten Twitter-Nutzung wurde bereits<br />

in Kapitel 4.2.1 anhand der Verteilung und Varianz der verwendeten Hashtags geprüft. An<br />

dieser Stelle zeigte sich, dass einerseits die Vorauswahl von Hashtags eine erste<br />

inhaltliche Zentrierung ergab. Andererseits konnte festgestellt werden, dass die 1.452<br />

unterschiedlichen Hashtags untereinander gewisse thematische Parallelen aufzeigten, so<br />

dass angenommen wurde, dass sich diese verschiedenen Hashtags in Hashtag-<br />

Themengruppen einteilen lassen würden. Auf Basis dieser Ergebnisse aus der<br />

quantitativen Inhaltsanalyse der 17.932 Tweets wird daher geschlussfolgert, dass neben<br />

einer generellen thematischen Zentrierung bezüglich des Kanzlerduells 2009 spezifische<br />

Themenkomplexe in den Tweets Erwähnung finden und mit einem entsprechenenden<br />

Hashtag markiert sind.<br />

In diesem Kontext zeigt Abbildung 10 die meistgenutzten der 1.452 verschiedenen<br />

Hashtags (mit Auswahl-Hashtags), die während des gesamten Untersuchungszeitraumes<br />

Verwendung fanden. Für eine verfeinerte Analyse werden jene acht Auswahl-Hashtags<br />

sowie Hashtags, die nur eine Nennung während des Kanzlerduells aufweisen, bei dieser<br />

qualitativen Analyse hinsichtlich der Themen- und Sachzentrierung der<br />

Begleitkommunikation aussortiert. 108 Somit ergibt sich eine Gesamtsumme von 450<br />

Hashtags, die in folgende Kategorien eingeteilt werden sollen: Deskriptiv, Partei, Politiker,<br />

Moderatoren, Sendeformat, Sachpolitisch, Wertung deskripitv, Wertung politisch, Nicht<br />

bestimmbar. 109 Diese Kategorienbildung wird auf Basis einer ersten Prüfung von 100<br />

Hashtags vorgenommen. Wiederkehrende Sinnzusammenhänge zwischen<br />

unterschiedlichen Hashtags wurden demnach zum Anlass für die Gruppenbildung<br />

genommen und in einem zweiten Schritt modifziert. Für die Einordnung der Hashtags in<br />

108 Hashtags mit nur einer Nennung entfallen an dieser Stelle, da sie entweder Rechtschreibfehler,<br />

Wortfehler oder im Allgemeinen als bedeutungslos eingestuft werden.<br />

109 Deskriptiv = D, Partei = P, Politiker = O, Moderatoren = M, Sendeformat = F, Sachpolitisch = SP,<br />

Wertung deskripitv = W, Wertung politisch = WP, Irrelevant = X. Zur besseren Nachvollziehbarkeit der<br />

Analyse werden die jeweiligen Hashtag-Gruppen im Kodierleitfaden erläutert und mit Beispielen<br />

angereichert, siehe Anhang.<br />

75


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

die neun Kategorien wird die so genannte Dummy-Variable (binäre Variable) verwendet,<br />

die anzeigt, ob eine Ausprägung vorliegt (1) oder nicht (0). Zur übersichtlichen Darstellung<br />

wurde die Kodierung mit dem Wert 0 an dieser Stelle nicht kenntlich gemacht. Folgende<br />

Abbildung 14 gibt ausschnittsweise einen Einblick in diese Kategorisierung der Hashtags.<br />

Abb. 14: Hashtag-Gruppen<br />

Hashtags Deskriptiv (D) Partei (P) Politiker (O) Moderatoren (M) Sendeformat (F) Sachpolitisch (SP) Wertung Deskripitv (W) Wertung politisch (WP) Nicht bestimmbar (X)<br />

0 1 1<br />

CDU- 1<br />

spd- 1<br />

spd+ 1<br />

fail 1<br />

fws 1<br />

cdu+ 1<br />

ard 1<br />

simpsons 1<br />

fb 1<br />

Piraten+ 1<br />

wahl 1<br />

Merkel- 1<br />

rzduell 1<br />

tvduell09 1<br />

piraten 1<br />

zdf 1<br />

RTL 1<br />

0vs0 1<br />

fdp 1<br />

FDP+ 1<br />

annewill 1<br />

Piratenpartei 1<br />

plasberg 1<br />

tvduett 1<br />

sat1 1<br />

illner 1<br />

Frank 1<br />

fsa09 1<br />

opel 1<br />

tvmuell 1<br />

duell 1<br />

hassmartin 1<br />

steinmeier+ 1<br />

Bundestagswahl 1<br />

sdr 1<br />

FDP- 1<br />

tv 1<br />

wahlkampf 1<br />

fw 1<br />

Angela 1<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Nach vollständiger Kodierung zeigt sich auf der Grundlage von Häufigkeitszählungen der<br />

Ausprägungen, verteilt auf die neun Kategorien, ein deutliches Übergewicht der<br />

Kategorien Deskriptiv (56), Sachpolitisch (92) und Wertung deskriptiv (64), wobei<br />

‚sachpolitisch„ geprägte Hashtags als größte einzelne Gruppe aus der Analyse<br />

hervorgehen, wie in Abbildung 14 dargestellt ist. 110 Exemplarisch lassen sich als<br />

sachpolitische Hashtags unter anderem #opel, #Afghanistan, #mindestlohn oder<br />

#atomausstieg nennen.<br />

Obgleich jene Hashtags, die deskriptiv oder wertend für einen Tweet verwendet<br />

wurden, einen nennenswerten Anteil ausmachen und in ihrer Gesamtheit zweifelsohne<br />

die Begleitkommunikation in Echtzeit bei Twitter dominieren, verdeutlicht die hohe Anzahl<br />

sachpolitischer Hashtags, dass neben der im Vorfeld allgemein attestierten Themen- und<br />

110 Deskriptive Hashtags markieren einen Tweet, der im Allgemeinen das Duell oder die Bundestagswahl<br />

thematisieren. Unter der Kategorie ‚Wertung deskriptiv„ lassen sich Gefühlsbekundungen oder<br />

Zustimmung bzw. Ablehnung fassen. Sachpolitische Hashtags kennzeichnen Tweets, die auf die<br />

besprochenen Themen während des Kanzlerduells 2009 eingehen. Zu berücksichtigen ist an dieser<br />

Stelle, dass einige Twitter-Nutzer Hashtags sehr willkürlich und ohne thematische Zentrierung<br />

verwenden. die als ‚Nicht bestimmbar„ kategorisierten Hashtags können insichtlich der Auswertung<br />

vernachlässigt werden, vgl. hierzu Kodierleitfaden.<br />

76


Anzahl Ausprägung<br />

Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Sachzentrierung eine kleinteiligere Zentrierung auf die konkreten Themen des<br />

Kanzlerduells zu erkennen ist. Nichtsdestoweniger zeigt Abbildung 14, dass die 92<br />

sachpolitischen Hashtags nicht das Übergewicht jener Hashtags ausbalancieren können,<br />

die Bezug auf die Rahmenbedingungen des Duells, der Bundetagswahl, der Sendung und<br />

ihrer Moderatoren aber auch auf persönliche Empfindungen nehmen.<br />

Abb. 15: Hashtag-Gruppenbildung<br />

140<br />

Deskriptiv (D)<br />

Partei (P)<br />

122<br />

120<br />

Politiker (O)<br />

Moderatoren (M)<br />

Sendeformat (F)<br />

100<br />

Sachpolitisch (SP)<br />

Wertung Deskripitv (W)<br />

92<br />

Wertung politisch (WP)<br />

80<br />

Nicht bestimmbar (X)<br />

64<br />

60<br />

56<br />

40<br />

32<br />

30<br />

19<br />

23<br />

20<br />

12<br />

0<br />

Deskriptiv (D) Partei (P) Politiker (O) Moderatoren<br />

(M)<br />

Sendeformat<br />

(F)<br />

Hashtag-Gruppen<br />

Sachpolitisch<br />

(SP)<br />

Wertung<br />

Deskripitv (W)<br />

Wertung<br />

politisch (WP)<br />

Nicht<br />

bestimmbar<br />

(X)<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Die Annahme, dass sachpolitisch-orientierte Hashtags nur eine Ausnahme bei der<br />

ereignisorientierten Twitter-Nutzung darstellen (H5), lässt sich folglich nur teilweise<br />

bestätigen. Obwohl die abgesendeten Tweets zum Kanzlerduell mit vornehmlich<br />

deskriptiven Hashtags versehen wurden, ist eine Auseinandersetzung mit den<br />

sachpolitischen Themen des Duells nicht von der Hand zu weisen. Inwieweit die<br />

Begleitkommunikation bei Twitter konkret auf die einzelnen Themenkomplexe des Duells<br />

eingeht und ob die 3.507 Twitterer in Echtzeit Stellung zu den Argumenten der Duellanten<br />

Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier nehmen, lässt sich am deutlichsten an einer<br />

einzelnen Sequenz dieser Begleitkommunikation zeigen.<br />

4.3.2 Höhepunkte der Begleitkommunikation in Echtzeit<br />

Die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung zum Kanzlerduell wird charakterisiert<br />

durch eine konstante Begleitkommunikation, die zusätzlich jedoch markante Höhe- und<br />

Tiefpunkte in der Aktivität aufweist (vgl. Abb.16; Kapitel 4.1). Durch die im Vorfeld<br />

77


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

gemachte Beobachtung, dass die Twitterer zwar größtenteils das Duell in deskriptiver<br />

Weise kommentiert haben, die sachpolitische Auseinandersetzung dennoch einen<br />

beachtlichen Anteil bei der Begleitkommunikation einnimmt, wird in diesem Kapitel<br />

folgende Hypothese geprüft: Die Twitter-Nachrichten der Echtzeitkommunikation<br />

orientieren sich thematisch am medialen Ereignis (H6). Im Mittelpunkt steht demnach die<br />

Frage, in welchem Umfang die zu analysierenden Tweets auf die Argumentation der<br />

Kandidaten eingehen. Hierfür wurde die Aktivität der ereignisorientierten politischen<br />

Twitter-Nutzung mit den im Kanzlerduell 2009 angesprochenenen Themenkomplexen<br />

verglichen, um die Höchstwerte der Twitter-Aktivität mit den Inhalten des Duells in<br />

Relation zu setzen. Eine Aufzeichnung des Kanzlerduells diente an dieser Stelle als<br />

Grundlage zur Bestimmung der einzelnen Themenkomplexe (vgl. Kanzlerduell 09„).<br />

Abbildung 16 verbindet somit einzelne Höhepunkte der Kommunikation auf Twitter mit<br />

den im Duell angesprochenen Themen.<br />

Abb. 16: Thematische Höhepunkte der Echtzeitkommunikation bei Twitter<br />

Quelle:Eigene Darstellung<br />

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus Kapitel 4.2.1 und 4.3.1 befasst sich der dritte Teil<br />

der qualitiativen Inhaltsanalyse einer dreiminütigen Sequenz der Begleitkommunikation im<br />

Zeitraum von ca. 21:00:11 Uhr bis 21:03:00 Uhr. 111 Das Thema dieser Sequenz ist<br />

‚Atomenergie„. In einem ersten Schritt wurde die dreiminütige Sequenz aus dem<br />

gesamten Sample (n=17.932) separiert, so dass ingesamt 793 Tweets für die Analyse<br />

zurückblieben. In einem zweiten Schritt wurden die ersten 150 Tweets auf<br />

111<br />

Dieser Zeitraum kann aufgrund der fließenden Übergänge zwischen einzelnen Themenkomplexen<br />

beim Kanzlerduell 2009 nur mit einem ungefähren Wert eingegrenzt werden.<br />

78


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

wiederkehrende Wortnennungen überprüft, auf Basis dessen folgende Regel aufgestellt<br />

wurde: Wenn ein Tweet eines der entsprechenden Worte enthält, wird er als<br />

themenzentriert eingestuft. Beispielhaft lassen sich Atomenergie, Atomkraft,<br />

Energiepolitik, Atom, Kernenergie, Atomfrage oder Brücken-Kernkraft als wiederkehrende<br />

Wortnennungen aufführen; mit Hilfe der Dummy-Variable werden die Ausprägungen<br />

entsprechend kodiert. 112<br />

Unter dem Eindruck dieser verfeinerten Analyse ist festzuhalten, dass von den 793<br />

Tweets, die innerhalb der ausgewählten Sequenz abgesetzt wurden nur 30% den<br />

Themenkomplex ‚Atomenergie„ zur Sprache bringen. Hingegen sind diese 240 Tweets mit<br />

nur 34 themenspezifischen Hashtags versehen. 113 Eine konkrete Orientierung der<br />

Begleitkommunikation bei Twitter an den Argumenten bzw. an den einzelnen<br />

Themenkomplexen des Kanzlerduells ist zwar in Ansätzen erkennbar, jedoch zu<br />

geringfügig ausgeprägt, um an dieser Stelle davon sprechen zu können, dass die Höhe<br />

der Aktivität bei Twitter auf das Interesse am jeweiligen Themenkomplex zurückzuführen<br />

ist. Die Ergebnisse des vorherigen sowie dieses Kapitels verdeutlichen, dass eine<br />

thematische Zentrierung im Bezug auf das Kanzlerduell 2009 mit Hilfe der Analyse von<br />

verwendeten Hashtags im Allgemeinen aber auch sehr spezifisch anhand von Hashtag-<br />

Gruppen erkennbar ist. Hinsichtlich der sequentiellen Analyse von Tweets zum Thema<br />

‚Atomenergie„ hat sich jedoch gezeigt, dass nur 30% der in diesem Zeitraum abgesetzten<br />

Tweets konkret Bezug zum Themenkomplex ‚Atomenergie„ und den Argumenten der<br />

Duellanten nahmen. Zusätzlich fällt die Verwendung der als sachpolitisch-definierten<br />

Hashtags in diesem Beispiel mit nur 4% äußerst gering aus. Festzuhalten ist somit, dass<br />

die Höhepunkte der Twitter-Aktivität aufgrund der hohen Tweetanzahl in gewisser Weise<br />

großes Interesse am Duell widerspiegeln, obwohl nur weniger als die Hälfte der Tweets<br />

dieser Sequenz thematisch auf den Themenkomplex und die vorgebrachten Argumente<br />

der Duellkandidaten eingeht. Die zugrundeliegende Hypothese (H6) ist insofern zu<br />

widerlegen.<br />

4.3.3 Störpotenzial bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung<br />

Jeder Kommunikationsprozess, an dem eine Vielzahl unterschiedlicher Teilnehmer mit<br />

divergenten Meinungen beteiligt ist, kann neben einem oftmals funktionierenden und<br />

geordneten Kommunikationsverhalten auch Störungen und Provokationen seitens einiger<br />

Teilnehmer aufweisen. So wie politische Versammlungen im Ablauf durch ‚Buhrufe„ oder<br />

112 Nach weiterer Durchsicht der Tweets wurden Brückentechnologie, Krümmel, Asse, Ausstieg und<br />

Abschalten zur Kategorie hinzugefügt.<br />

113 Die Hashtags, die sich am Thema ‚Atomenergie„ orientierten wurde mit dem Wert 2 kodiert. Die<br />

gesamte Kodierung ist dem Kodierleitfaden zur qualitativen Inhaltsanalyse im Anhang zu entnehmen.<br />

79


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Gewaltanwendungen beeinträchtigt werden können, so ist auch die ereignisorientierte<br />

Begleitkommunikation bei Twitter, insbesondere aufgrund des offenen Zugangs und der<br />

dezentralen Struktur, vor Störungen nicht geschützt (vgl. Hurrelmann et al. 2002; Kapitel<br />

2.2.3). Da eine Auseinandersetzung mit Störungen in der ereignisorientierten politischen<br />

Twitter-Nutzung bisher noch nicht empirisch untersucht worden ist, wird mit Hilfe einer<br />

einfachen Regel und in explorativer Weise versucht, Störungen und Provokationen für die<br />

Echtzeikommunikation bei Twitter zu identifizieren. Inwieweit diese störenden Elemente<br />

konkrete Auswirkungen auf die Kommunikation bei Twitter haben, soll zunächst außer<br />

Acht gelassen werden. Vielmehr steht der Versuch, diese Elemente aufzuspüren, im<br />

Vordergrund.<br />

Die in Kapitel 4.2.3 bereits analysierte dreiminütige Sequenz zum Thema<br />

‚Atomenergie„ dient an dieser Stelle erneut als Datengrundlage. Rückbeziehend auf die<br />

Erkenntnisse von Kwak et al. (2002), die eine Störung der Kommunikation bei Twitter von<br />

einer unverhältnismäßig häufigen Verwendung von Hashtags abhängig machen, ergibt<br />

sich für diesen Versuch der Erkennung von Störung und Provokation folgende Regel:<br />

Wenn in einem Tweet mehr als drei Hashtags vorkommen, wird dieser Tweet als Störung<br />

bzw. Provokation für die Begleitkommunikation bei Twitter verstanden. Grundsätzlich wird<br />

der Annahme gefolgt, dass der öffentliche Diskurs der ereignisorientierten politischen<br />

Twitter-Nutzung im Rahmen des Kanzlerduells 2009 Störpotenzial erkennen lässt (H7).<br />

Wie bereits anlässlich der vorangegangenen Analysen, wird auch an dieser Stelle mit der<br />

Ziffer 1 kodiert, wenn die Ausprägung vorliegt, dass heißt wenn ein Tweet drei oder mehr<br />

Hashtags beinhaltet. Die Ziffer 0 wird gewählt, wenn die Ausprägung nicht vor liegt (< 3<br />

Hashtags). Zudem werden Tweets mit der Ziffer 2 kodiert, die mehr als drei Hashtags<br />

aufweisen, um ein differenzierteres Bild der Hashtag-Verwendung zu erhalten. 114<br />

Bei der Analyse der 793 Tweets aus der Kommunikationssequenz zum Thema<br />

‚Atomenergie von ca. 21:00:11 Uhr bis 21:03:00 Uhr weisen 47 Tweets (6%) drei<br />

Hashtags auf, weitere 37 Tweets (5%) enthalten mehr als drei Hashtags. Insgesamt weist<br />

die ausgewählte Sequenz somit 84 (11%) Tweets auf, die mit drei oder mehr Hashtags<br />

‚markiert„ sind. Obgleich der Anteil jener Tweets mit drei oder mehr Hashtags relativ<br />

gering ist, überrascht die Tatsache, dass die höchste Frequenz von verwendeten<br />

Hashtags verteilt auf maximal 140 bei 7 Hashtags liegt, wie folgende Beispiele<br />

verdeutlichen: (1) „Steinmeier: Es muss beim Atomausstieg bleiben! #fw #fws #spd #jusos<br />

#spddee #tvduell #steinmeier (21:03:36),“ (2) „#TV-Duell 2009: Mit Verlaub. Frau Merkel<br />

sieht heute wie #Graf #Zahl aus der #Sesamstraße aus. Sympathisch! #Merkel #Frank<br />

#Steinmeier (21:03:38).“ Beide Beispiele lassen darauf schließen, dass die vielfache<br />

114 Das Kodierschema zum Versuch Störfaktoren bei Twitter aufzuzeigen ist ebenfalls im Kodierleitfaden<br />

erläutert und dargestellt, vgl. hierzu Anhang.<br />

80


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Verwendung der Hashtags nicht dem Ziel dient, besonders wichtige Informationen zu<br />

lancieren, sondern vielmehr entsteht der Eindruck, dass möglichst viele Hashtags benutzt<br />

wurden, um Einfluss auf die Trending Topics 115 auszüben. Eine andere Erklärung für die<br />

ungezielte Hashtag-Nutzung kann auch Unvermögen der Nutzer hinsichtlich der<br />

Kommunikationskonventionen bei Twitter sein.<br />

Obgleich diese komprimierte qualitative Analyse hinsichtlich des Störpotenzials bei<br />

der Begleitkommunikation auf Twitter deutlich explorativen Charakter besitzt und im<br />

Rahmen weiterer Analysen vertieft werden sollte, lässt sich grundsätzlich festhalten, dass<br />

der unverhältnismäßige Gebrauch von Hashtags ein Störfaktor für die Kommunikation bei<br />

Twitter ist. Der Inhaltsgehalt wird auf ein Minimum verringert und für eine<br />

wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der ereignisorientierten politischen Twitter-<br />

Nutzung bedeuten diese Nachrichten eine potenzielle Fehlerquelle für spätere<br />

Forschungsergebnisse. Für die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung kann dieses<br />

Kommunikationsverhalten zudem eine Verringerung des Informationswertes und eine<br />

Beeinträchtigung für den Ablauf des Diskurses bedeuten. Obgleich der Anteil von Tweets<br />

mit drei oder mehr Hashtags im Verhältnis zur ganzen Sequenz relativ gering ausfällt, ist<br />

Störpotenzial hinsichtlich des Kommunikationsprozesses bei Twitter in Ansätzen zu<br />

erkennen, so dass Hypothese 7 unter Vorbehalt bestätigt werden kann.<br />

4.4 Zwischenfazit<br />

17.932 Tweets, die von 3.507 Twitterern versendet wurden und 1.452 unterschiedliche<br />

Hashtags bei insgesamt 28.296 verwendeten Hashtags, sowie 940 @-Replies und 2.353<br />

Retweets aufwiesen – das ist die Bilanz der empirischen Untersuchung in Zahlen. Doch<br />

Zahlen allein können den auf den ersten Blick den unübersichtlichen<br />

Kommunikationsprozess bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 nur unzureichend erklären, auch wenn ihnen die Erkenntnis zu<br />

Grunde liegt, dass die Begleitkommunikation in Echzeit deutliche Gesetz- und<br />

Regelmäßigkeiten impliziert.<br />

Für das Aufspüren dieser Gesetz- und Regelmäßigkeiten sowie der Dynamiken<br />

der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung wurde in Kapitel 4 der theoretische<br />

Bezugrahmen mit den Ergebnissen aus der empirischen Datenanalyse abgeglichen. Die<br />

für die vorliegende Arbeit als relevant betrachteten strukturbildenden Merkmale einer<br />

politischen Versammlung wurden somit in Beziehung zu den Kommunikationsmustern bei<br />

115 Im Rahmen dieser explorativen Analyse wird hauptsächlich Bezug auf die Studie von Kwak et al.<br />

(2010) genommen, die einen ersten Versuch unternommen haben, Störpotenzial in der Kommunikation<br />

bei Twitter zu identifizieren. Die Beeinflussung der Trending Topics steht im Fokus der Studie von<br />

Kwak et al.. Somit stellt dieser Teil der Analyse ebenfalls nur einen Versuch dar, dieses Phänomen zu<br />

erkennen (vgl. Kwak et al. 2010).<br />

81


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Twitter gesetzt. Die Kategorien Sach- und Themenzentrierung, Diskurs und<br />

Meinungsführerschaft standen somit im Fokus der quantitativen und der anschließenden,<br />

vertiefenden qualitativen Inhaltsanalyse der Begleitkommunikation.<br />

Der deskriptive Analyseteil in Kapitel 4.1 zeigte, dass die Begleitkommunikation<br />

bei Twitter deutliche Schwankungen in der Aktivität aufwies, insbesondere zum Ende<br />

steigt die Aktivität drastisch an. Wie bereits andere Studien zu Twitter gezeigt haben, ist<br />

der Anstieg darauf zurückzuführen, dass einerseits die Nutzer ein Reümee des<br />

Kanzlerduells 2009 ziehen und zum anderen können sie ihre Aufmerksamkeit verstärkt<br />

dem Echtzeit-Diskurs bei Twitter widmen. Grundsätzlich konnte sowohl die quantitative<br />

als auch die qualitative Analyse zeigen, dass alle gewählten Kategorien, die auf Basis der<br />

wichtigsten Merkmale einer klassischen politischen Versammlung formuliert wurden, bei<br />

der ereignisorientierten Echtzeitkommunikation über Twitter ihre Anwendungen während<br />

des Kanzlerduells 2009 gefunden haben. Technische und methodische Einschränkungen<br />

im Rahmen der Analyse implizieren jedoch eine ständige Reflexion über die Aussagekraft.<br />

Somit konnte die empirische Untersuchung sehr deutliche Gesetz- und Regelmäßigkeiten<br />

für die ereignisorientierte Echtzeitkommunikation im Rahmen des Kanzlerduells 2009 bei<br />

Twitter feststellen: Ein kleiner Kreis von sehr aktiven Nutzern kommuniziert sach- und<br />

themenzentriert. Dabei bilden sich deutliche Meinungsführerschaften unter den<br />

Diskussionsteilnehmern heraus. Obgleich die begleitende Echtzeitkommunikation ein<br />

hohes Maß an Aktivität aufgezeigt hat, wurde Störpotenzial innerhalb der derselbigen<br />

ermittelt.<br />

Das Kanzlerduell 2009 zeichnete für das Publikum somit eine rege, jedoch<br />

zwischenzeitlich eher deskriptive Begleitung des medialen Ereignisses auf.<br />

4.4.1 Methodische Einschränkungen<br />

Das explorative Forschungsdesign der vorliegenden Arbeit unterliegt insbesondere in<br />

Bezug auf die empirische Untersuchung drei grundlegenden Limitationen, die nachfolgend<br />

kurz erläutert werden sollen.<br />

Die erste Einschränkung besteht darin, dass das Datenmaterial der vorliegenden<br />

Arbeit Teil einer großangelegten Datenerhebung zur Nutzung von Twitter im Rahmen der<br />

Bundestagswahl 2009 ist. Ohne die Bereitstellung der Daten wäre dieses<br />

Forschungsvorhaben nicht möglich gewesen, nichtsdestotrotz ergeben sich durch diesen<br />

Umstand Grenzen bezüglich der Kategorienbildung für die Analyse, da das Sample<br />

bestimmte Daten nicht aufführt. Unter anderem zeigt sich dieser Umstand bei der<br />

Bestimmung der theoretischen Reichweite der Begleitkommunikation in Echtzeit sowie bei<br />

der Frage nach dem Grad des Diskurses, d.h. welche Nutzer untereinander diskursiv<br />

kommunizieren.<br />

82


Ergebnisse der Datenanalyse<br />

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Archivierung<br />

der Twitter-Nachrichten im Rahmen des Kanzlerduells 2009 einen sehr umfangreichen<br />

Datenkorpus ergeben hat, der einerseits nur mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse<br />

bewältigt werden konnte, so dass beispielsweise auf die Inhalte der Tweets sowie die<br />

Profile der einzelnen Twitterer für eine soziografische Bestimmung des Teilnehmerkreises<br />

nicht explizit eingegangen werden konnte. Andererseits wurde das Datenmaterial anhand<br />

von im Vorfeld definierten Hashtags eingegrenzt, das heißt, es wurden für den<br />

Untersuchungszeitraum nur Tweets ausgewählt, die mindestens ein Auswahl-Hashtag<br />

aufwiesen. Alle Ergebnisse der Frequenzanalyse von Hashtags, @-Replies und Retweets<br />

mussten diesbezüglich konsequent reflektiert werden. In diesem Kontext ist ebenfalls die<br />

Anwendung einer qualitativen Analysemethode zu sehen. Sie wurde aufgrund des<br />

umfangreichen Datenmaterials nur als zusätzliches methodisches Werkzeug zur<br />

Erfassung der Kommunikationsabläufe eingesetzt, um Aspekte der quantitativen Analyse<br />

vertiefend zu untersuchen.<br />

Die dritte Limitation bezieht sich ebenfalls auf das explorative Forschungsdesign<br />

der vorliegenden Arbeit sowie den Umfang des Datenmaterials. Die ereignisorientierte<br />

Twitter-Nutzung in Form einer begleitenden Echtzeitkommunikation konnte diesbezüglich<br />

nur anhand jener Gesichtspunkte analysiert werden, die in Bezug auf die strukturellen<br />

Parallelen zur politischen Versammlung von Bedeutung waren. Diese punktuelle Analyse<br />

liefert grundsätzlich jedoch unzählige Anknüpfungspunkte, die jeweils Potenzial für eine<br />

eigenständige empirische Untersuchung aufweisen.<br />

83


FAZIT<br />

V<br />

Abschluss der Untersuchung<br />

5. FAZIT<br />

5.1 Schlussfolgerung<br />

Das System Öffentlichkeit ist ebenso wie die Kommunikation einer modernen Gesellschaft<br />

unter neuen Vorzeichen zu betrachten. Das Internet hat das Denken und Handeln der<br />

‚Netzwerkgesellschaft„ des 21. Jahrhunderts verändert.<br />

Der theoretische Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte aufzeigen, dass das Internet<br />

und insbesondere das interaktionsorientierte und partizipationsfördernde Social Web<br />

deutliche Modifikationen für das System Öffentlichkeit impliziert. Für Kommunikations-,<br />

Partizipations-, und Meinungsbildungsprozesse ergeben sich neue Impluse, die<br />

herkömmlichen Kommunikationsmodi mit neuen Formen verschmelzen lassen. Zudem<br />

konnte deutlich gemacht werden, dass unter dem Eindruck des digitalen Strukturwandels<br />

eine klassische dreistufige Ebenendifferenzierung von Öffentlichkeit nicht mehr zu tragen<br />

ist. Medienöffentlichkeit, Versammlungsöffentlichkeit und die Spontanöffentlichkeit auf der<br />

untersten Ebene werden durch die neuen digitalen Öffentlichkeitsräume beeinflusst und<br />

ergänzt.<br />

In Kapitel 2.2 wurde das Interesse auf die Ebene der Versammlungsöffentlichkeit<br />

gelenkt. Die politische Versammlung, in dieser Arbeit synonym mit dem Begriff<br />

Versammlungsöffentlichkeit verwendet, ist für das Öffentlichkeitssystem einer modernen<br />

Gesellschaft von besonderer Relevanz, da nicht-etablierten Öffentlichkeitsakteuren hier<br />

eine Sprecharena geboten wird. Im klassischen Sinne wird sie als Zusammenkunft von<br />

mindestens drei Personen an einem bestimmten Ort zum Zwecke des diskursgeleiteten<br />

Argumentations- und Meinungsaustausches definiert. Gerhards spricht an dieser Stelle<br />

daher von einer ‚kleinen Form von Öffentlichkeit„. Neben dem auf Diskurs ausgerichteten<br />

Argumentationsaustausch beruht die politische Versammlung auf einer Sach- und<br />

Themenzentrierung des selbigen. Obleich eine politische Versammlung aus einem relativ<br />

homogenen Teilnehmerkreis konstitutiert ist, kristallisieren sich Meinungsführerschaften<br />

heraus, die erheblichen Einfluss auf den generellen Meinunungsbildungsprozess ausüben<br />

können. Dieser themenzentrierte Austausch unter Anwesenden zeigt sich nach und nach<br />

in ähnlicher Weise auch in unterschiedlichen Öffentlichkeitsräumen des Internets. Am<br />

Beispiel der Microblogging-Plattform Twitter sollte diese Entwicklung dargestellt werden.<br />

Twitter, wie in Kapitel 2.3 verdeutlicht, kann sowohl als ein öffentlicher<br />

Informationskanal, ein Kommunikationssystem und als ein soziales Netzwerk begriffen<br />

werden, in dem die Nutzer-Profile die sozialen Knotenpunkte bilden. Nach den<br />

Erkenntnissen dieser Arbeit etabliert sich mit Twitter ein neuer Öffentlichkeitstyp.<br />

84


FAZIT<br />

Aufgrund der vielfältigen Einsatz- und Nutzungsmöglichkeiten, den eingängigen<br />

Kommunikationsmustern sowie der dezentralen Struktur wurde daher der Annahme<br />

gefolgt, dass Twitter als Teil des digitalen Strukturwandels prinzipiell auf allen Ebenen des<br />

klassischen Öffentlichkeitsmodells Anwendung finden kann, jedoch größte Ähnlichkeiten<br />

mit dem themenzentrierten Zusammentreffen einer politischen Versammlung aufweist.<br />

Twitter avancierte in Deutschland mit der hessischen Landtagswahl und verstärkt<br />

mit der Bundestagswahl 2009 zu einem Politikum und relevanten<br />

Kommunikationsinstrument. Auch wenn die Verbreitung der Twitter-Nutzung in<br />

Deutschland insbesondere hinsichtlich der direkten Kommunikation zwischen politischen<br />

Akteuren und Bürgern nur allmählich voranschreitet, offenbart sich das Potenzial der 140-<br />

Zeichen-Kommunikation ganz besonders im Rahmen medialer Ereignisse. So verhalf die<br />

Echtzeitkommunikation über Twitter beispielsweise Protestkampagnen zu gestalten,<br />

darunter die Zensursula-Debatte, die landesweiten Studentenproteste oder die Diskussion<br />

um Stuttgart 21. Der Informations- und Meinungsaustausch in Echtzeit führte in diesem<br />

Zusammenhang zu spontanen Mobilisierungs- und Meinungsbildungsprozessen, die in<br />

manchen Fällen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung hatten. Zudem konnte<br />

verdeutlicht werden, dass die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung einen so<br />

genannten ‚social communication backchannel„ zu den jeweiligen medialen Ereignissen<br />

etablierte. Ereignisse von öffentlichem Interesse konnten über Twitter nachvollzogen und<br />

begleitet werden. Im Lichte dieser besonderen Form der politischen Twitter-Nutzung<br />

konnten Eigenschaften hervorgehoben werden, die bereits im Rahmen der Betrachtung<br />

klassischer politischer Versammlungen in den Mittelpunkt gerückt waren.<br />

Auf Grundlage dieser Parallelen zwischen einer klassischen politischen<br />

Versammlung unter Anwesenden und der ereignisorientierten Echtzeitkommunikation bei<br />

Twitter wurde die Twitter-Nutzung während des Kanzlerduells 2009 anhand von drei<br />

Hauptkriterien empirisch analysiert: Sach- und Themenzentrierung der Kommunikation,<br />

Diskurs und Meinungsführerschaft.<br />

Als Ergebnis der Analyse kann grundsätzlich festgehalten werden, dass die<br />

ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung sich durch eine konstante, mit vereinzelten<br />

Hoch- und Tiefpunkten in der Aktivität geführte Begleitkommunikation in Echtzeit<br />

konstituiert, die zudem einen Teilnehmerkreis mit beachtlicher Größe aufweist. Das<br />

beständige Engagement zur begleitenden Kommunikation im Rahmen des Kanzlerduells<br />

2009 beschränkt sich zwar auf eine kleine Gruppe von sehr aktiven Nutzern, die<br />

überdurchschnittlich viele Beiträge absetzten, dennoch verdeutlichen die insgesamt<br />

17.932 versendenten Tweets, dass das Kanzlerduell 2009 von einem aktiv-twitternden<br />

Publikum online begleitet worden ist.<br />

85


FAZIT<br />

Zusätzlich zu einer prinzipiellen Sach- und Themenzentrierung konnten diskursive<br />

Elemente herausgarbeitet werden, obgleich die ereignisorientierte politische Twitter-<br />

Nutzung auf den ersten Blick eher reaktionäre oder evaluative Kommentare zum<br />

Kanzlerduell 2009 aufzuzeigen scheint. Neben der Dominanz der Begleitkommunikation<br />

durch Twitterer, die überdurchschnittlich viel getwittert haben, ließ sich anhand einer<br />

Frequenzanalyse von Retweet-Nachrichten eine weitere Eigenheit aufzeigen: die<br />

Meinungsführerschaft einzelner Twitterer. Ihre Nachrichten zum Kanzlerduell wurden von<br />

vielen Teilnehmern für den Kommunikationsablauf als relevant eingestuft und daher als<br />

Retweet-Nachrichten an die unterschiedlichen Communities of Interest weitergeleitet.<br />

Die qualitative Analyse zeigte unter dem Eindruck der bereits<br />

zusammengetragenen Ergebnisse zusätzliche Aspekte der Echtzeitkommunikation bei<br />

Twitter. So verdeutlichte die Einteilung der verschiedenen Hashtags in Themen-Gruppen,<br />

dass die allgemeine Sach- und Themenzentrierung auf enger fokussierte<br />

Themenkomplexe reduziert werden kann, die in den Tweets Erwähnung finden. Die<br />

sequenzielle Analyse der Kommunikationseinheit zum Themenkomplex ‚Atomenergie„<br />

unterstrich zusätzlich die Erkenntnis, dass die getwitterten Kommunikationsinhalte zwar<br />

Bezug auf die angesprochenen Themen und Argumente während des Kanzlerduells 2009<br />

nehmen, eine sachpolitische Diskussion unter Twitterern jedoch nur im Ansatz zu<br />

erkennen ist. So zeigte sich am Beispiel des Themenkomplexes ‚Atomenergie„, dass nur<br />

30% der Tweets, die zu dieser Sequenz erfasst wurden, thematisch in den Kontext<br />

einzubetten sind.<br />

Ein Aspekt, der bisher noch kaum im Umfeld der ereignisorientierten<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter untersucht worden ist, ist das Störpotenzial innerhalb<br />

einzelner Tweets für den Kommunikationsablauf. Der Versuch, dieses Störpotenzial<br />

anhand einer überdurchschnittlichen Verwendung von Hashtags in einem Tweet<br />

aufzuzeichnen, verdeutlichte, dass die Begleitkommunikation bei Twitter in Ansätzen<br />

durchaus durch Störungen und provokantes Kommunikationsverhalten beeinträchtigt<br />

werden kann.<br />

Hinsichtlich des ersten Teils der forschungsleitenden Fragestellung, welche<br />

Merkmale die ereignisorientierte Echtzeitkommunikation bei Twitter im Rahmen des<br />

Kanzlerduells 2009 aufweist, kann geschlussfolgert werden, dass die Merkmale Sachund<br />

Themenzentrierung, Diskurs sowie Meinungsführerschaft auf Basis des hier<br />

analysierten Datenmaterials bei Twitter zu erkennen waren. Jede Merkmalsausprägung<br />

konnte jedoch nur unter deutlichen methodischen Einschränkungen aufgezeigt werden, so<br />

dass hier nur von Ansätzen die Rede sein kann. Eine tiefgehendere Analyse der<br />

jeweiligen Merkmale ist daher notwendig.<br />

86


FAZIT<br />

In Bezug auf den zweiten Teil der Forschungsfrage ist festzustellen, dass sich Dynamiken<br />

einer politischen Versammlung nur auf Grundlage der drei definierten Merkmale bei der<br />

ereignisorientierten Echtzeitkommunikation bei Twitter erkennen lassen. Diese Erkenntnis<br />

bestätigt jedoch nicht abschliessend das Zustandekommen einer politischen<br />

Versammlung, da dies von mehr als diesen drei Kriterien abhängt. Die<br />

Begleitkommunikation bei Twitter zeigt beispielsweise keinen Start- und keinen Endpunkt,<br />

es ist vielmehr ein fortlaufender Kommunikationsprozess, der nur im Rahmen medialer<br />

Ereignisse an Reichweite und Intensität gewinnt. Mitunter bezieht sich auch die<br />

thematische Zentrierung des Argumentationsaustausches nur begrenzt auf das<br />

Wahrgenommene, vielmehr steht ein reaktionäres und evaluatives<br />

Kommunikationsverhalten im Vordergrund.<br />

Grundsätzlich konnte diese Arbeit verdeutlichen, dass klar Parallelen zwischen<br />

einer klassischen politischen Versammlung und der ereignisorientierten<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter sichtbar sind. Um jedoch ein neues Modell einer<br />

„politischen Online-Versammlung in Echtzeit“ konzipieren zu können, sind weiterführende<br />

Analysen von Twitter notwendig, die insbesondere die detailierte Textanalyse der Tweets<br />

in den Fokus stellen sollten, um einerseits ein klares Bild der Kommunikationsinhalte<br />

aufzuzeigen. Andererseits könnten mit einer dieser Vorgehensweise inhaltliche Parallelen<br />

zwischen der Echtzeitkommunikation bei Twitter und dem medialen Ereignis noch<br />

deutlicher hervorgehoben werden.<br />

5.2 Ausblick<br />

Für eine dezidiert politikwissenschaftliche Analyse der Twitter-Nutzung lassen sich<br />

abschließend zwei Bereiche aufdecken, die für weiterführende Studien von Interesse sein<br />

können.<br />

1. Parteipolitische Twitter-Nutzung im Rahmen medialer Ereignisse<br />

Mediale Großereignisse wie beispielsweise das Kanzlerduell 2009 stellen für politische<br />

Parteien und Wahlkampfteams eine große Herausforderung dar. Auf möglichst vielen<br />

Kanälen soll der eigene Spitzenkandidat gepriesen und für die Stimme am Wahltag<br />

geworben werden. Twitter als communication backchannel zum medialen Ereignis könnte<br />

in diesem Zusammenhang zur direkten Kommunikation mit twitternden Bürgern eingesetzt<br />

werden. Ein direkter Argumentations- und Meinungsaustausch auf Augenhöhe wäre das<br />

Ziel. Aus politikwissenschaftlicher Sicht stellt sich jedoch die Frage, wie diese<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter zu kontrollieren bzw. in der Weise zu steuern ist, dass<br />

der Spitzenkandidat, die Partei oder bestimmte parteipolitische Aussagen im richtigen<br />

Lichte stehen. Sollte die Begleitkommunikation in Echtzeit unmittelbar in das Sendeformat<br />

der jeweiligen Fernsehanstalt eingebunden werden, dann stellt sich zudem die Frage<br />

87


FAZIT<br />

nach der redaktionellen Moderation dieser Form der Online-Versammlung in Echtzeit. Es<br />

wäre daher zu klären, wie zum einen Fernsehanstalten die Echtzeitkommunikation auf<br />

Twitter und anderen Social Web Plattformen steuern und inwieweit die politischen<br />

Parteien Einfluss auf den Inhalt dieser Kommunikation nehmen können. Idealerweise<br />

würden diese crossmedialen Veranstaltungen bspw. im Rahmen von Wahlkämpfen zu<br />

einer interaktiveren Diskussionskultur zwischen Politikern und Bürgern im Internet<br />

beitragen.<br />

2. Twitter als digitales Abbild der öffentlichen Meinung<br />

Begreift man die ereignisorientierte Echtzeitkommunikation bei Twitter als digitalisierte<br />

Form einer politischen Versammlung, so steht am Ende die Generierung einer<br />

öffentlichen Meinung. Die öffentliche getwitterte Meinung ist keineswegs repräsentativ und<br />

würde im Rahmen einer Bewertung des Kanzlerduells 2009 ein unscharfes Bild abgeben.<br />

Nichtsdestotrotz bieten sich soziale Netzwerke als Stimmungbarometer an. In diesen<br />

interaktiven Kommunikationsräumen wird diskutiert, Meinungen etablieren sich. Im<br />

Rahmen von politischen Ereignissen könnte Twitter in naher Zukunft als nützliches<br />

Instrument zur Abbildung von Meinungsbildungsprozessen in sozialen Netzwerken<br />

dienen. Unterschiedliche Studien haben sich bereits diesem Feld der so genannten<br />

Sentiment-Analyse im Umfeld von Twitter genähert, jedoch den politischen<br />

Meinungsbildungsprozess bisher außer Acht gelasssen.<br />

Bei einer Verfeinerung der Analysetechnik und mit verbesserten technischen<br />

Möglichkeiten könnte die ereignisorientierte Twitter-Nutzung in Echtzeit Auskunft über das<br />

Meinungsbild eines bestimmten Bevölkerungsanteils geben. Obgleich es bereits im<br />

Umfeld der Bundestagswahl verschiedene Meinungsumfragen gab, die über Twitter<br />

lanciert wurden, würde eine gezielte Nutzung von Twitter durch Fernsehanstalten oder<br />

Meinungsforschungsinstitute einen neuen Aspekt der Meinungsforschung offenbaren. Die<br />

Hürden liegen hier jedoch deutlich auf Seiten der technischen Machbarkeit. Die<br />

Schwierigkeit besteht in einer Sentiment-Analyse eines sich stetig verändernden<br />

Datenstroms; neue Analysemethoden, die die Beschleunigung der Online-Kommunikation<br />

erfassen können, sind daher zu modifizieren.<br />

Die Visualisierung der ereignisorientierten Echtzeitkommunikation bei Twitter<br />

wurde in der vorliegenden Arbeit auf der Grundlage der vorhandenen Daten durchgeführt<br />

und weist daher Grenzen auf. Ein weiterführendes Forschungsvorhaben könnte<br />

beispielsweise die Visualisierung der Netzwerkeffekte einerseits in Bezug auf die Friendsund<br />

Followerbeziehung und andererseits hinsichtlich der Dialogführung unter einzelnen<br />

Twitterern in den Fokus stellen.<br />

88


Abschließend ist anzumerken, dass bei aller Hektik und Unsicherheit über die Potenziale<br />

des Social Web und insbesondere von Twitter für die politische Kommunikation, ein Blick<br />

auf die politikwissenschaftlichen Debatten der Vergangenheit durchaus erhellend sein<br />

kann. Die Erschließung neuer Kommunikationsräume und die Erweiterung der<br />

allgemeinen Öffentlichkeit durch das Internet haben in der Vergangenheit stets dazu<br />

geführt, dass klassische Theoriemodelle für nichtig erklärt wurden und die<br />

Konzeptionalisierung neuer Modelle Wissenschaftler der unterschiedlichen<br />

Fachrichtungen für Jahre beschäftigt hat. Die Realtität zeigt indes, dass sich die<br />

technischen und sozialen Entwicklungen durchaus anhand bekannter Modelle deuten<br />

lassen. Die ereignisorientierte Echtzeitkommunikation bei Twitter ist zwar nicht das<br />

digitalisierte Pendant zur politischen Versammlung, dennoch lässt sich dieses neuartige<br />

Phänomen in Ansätzen mit dem klassischen Modell systematisieren.<br />

5.3 Schlusswort<br />

Obwohl Twitter erst seit wenigen Jahren existiert und seit noch kürzerer Zeit als wichtiges<br />

Medium wahgrenommen wird, ließ sich in dieser Analyse eine deutliche Entwicklung zu<br />

einer neuen Öffenltichkeitsform feststellen. Das schnelle Wachstum der Plattform und<br />

ihrer Akzeptanz in Medien und im Bereich politischer Kommunikation sollte somit noch<br />

reichlich Stoff für zukünftige Untersuchungen und Analysen bringen, bevor das Phänomen<br />

ausreichend verstanden ist. Die vorliegende Arbeit gibt einen ersten Ausblick auf die<br />

Bedeutung der Echtzeitkommunikation und die Möglichkeiten der Analyse zum<br />

Verständnis der zugrunde liegenden Dynamiken. Wie aus internen Dokumenten im<br />

Sommer 2009 bekannt wurde, möchte Twitter in Zukunft den „pulse of the planet“<br />

abbilden (TechCrunch 2009). Zumindest im Rahmen des Kanzlerduells 2009 scheint<br />

diese Vision nicht allzu weit hergeholt.<br />

89


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f.<br />

104


Abbildungsverzeichnis<br />

Soweit nicht anders vermerkt waren alle Online-Dokumente am 21. Dezember 2010<br />

abrufbar.<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: Öffentlichkeitsmodell im Wandel ......................................................................... 19<br />

Abb. 2: Dreiecksmodell des Social Web .......................................................................... 25<br />

Abb. 3: 10 Kommunikationsdisziplinen in politischen Versammlungen ............................ 33<br />

Abb. 4: Tweet-Verteilung (Top 30) ................................................................................... 58<br />

Abb. 5: Aktivität ............................................................................................................... 60<br />

Abb. 6: Verteilung Tweets auf Nutzer .............................................................................. 61<br />

Abb. 7: Power Law Verteilung der Friends....................................................................... 62<br />

Abb. 8: Power Law Verteilung der Follower ..................................................................... 63<br />

Abb. 9: Liste Top 30 Friends/Follower-Verteilung ............................................................ 64<br />

Abb. 10: Verwendete Hashtags ohne Auswahl ................................................................ 68<br />

Abb. 11: @-Reply Verteilung (Emfänger / Sender) .......................................................... 71<br />

Abb. 12: Meinungsführerschaft bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung ................... 73<br />

Abb. 13: Meinungsführerschaft bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung (Top 30) ..... 74<br />

Abb. 14: Hashtag-Gruppen .............................................................................................. 76<br />

Abb. 15: Hashtag-Gruppenbildung .................................................................................. 77<br />

Abb. 16: Thematische Höhepunkte der Echtzeitkommunikation bei Twitter ..................... 78<br />

Abb. 17: Twitter auf einen Blick ..................................................................................... 107<br />

Abb. 18: Beispielausschnitt 1 zum quantitativen Analyseraster ..................................... 114<br />

Abb. 19: Beispielausschnitt 2 zum quantitativen Analyseraster ..................................... 115<br />

Abb. 20: Beispielausschnitt 1 zum qualitativen Analyseraster ........................................ 119<br />

Abb. 21: Beispielausschnitt 2 zum qualitativen Analyseraster ........................................ 120<br />

105


Anhang<br />

Anhang<br />

Der explorative Charakter der vorliegenden Arbeit verlangt insbesondere hinsichtlich der<br />

quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse Transparenz, um die empirische Analyse<br />

sowie das generelle Forschungsdesign nachvollziehbar zu gestalten.<br />

Demzufolge enthält der Anhang einen Kodierleitfaden, der einerseits die quantitative und<br />

andererseits die qualitative Analyse näher erläutert. Zusätzlich umfasst er Ausschnitte<br />

einzelner Kodierschemata. In Rücksprache mit dem Erstprüfer dieser Arbeit werden die<br />

Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse in PDF-Form auf einem CD-ROM-<br />

Datenträger angehängt.<br />

Zunächst wird das Interface von Twitter unter dem Eindruck seiner unterschiedlichen<br />

Funktionen und Spezifika vorgestellt und anhand von kurzen Erklärungen erläutert.<br />

106


Anhang<br />

Twitter auf einen Blick<br />

An dieser Stelle werden in verkürzter Form ausgewählte Funktionalitäten von Twitter<br />

erklärt, um ein besseres Verständnis der Nutzungsmöglichkeiten von Twitter und der im<br />

Vorfeld erläuterten Kommunikationsmuster zu erhalten.<br />

Abb. 17: Twitter auf einen Blick<br />

Quelle: Screenshot www.twitter.com (19.12.2010)<br />

# Begriff Bedeutung Erklärung<br />

1 Twitter Online-Plattform, die die „Gezwitscher“ im Englischen<br />

Nachrichten-Kommunikation<br />

revolutioniert hat<br />

2 Twittern Aus dem Englischen „to in 140 Zeichen kommunizieren<br />

tweet“ bedeutet „zwitschern“<br />

2 Tweet Kurznachricht mit maximal 140<br />

Zeichen<br />

3 Tweeter /<br />

Twitterer<br />

Twitter-Nutzer<br />

107


Anhang<br />

# Begriff Bedeutung Erklärung<br />

4 Timeline Zeitleiste Öffentliche Timeline = alle<br />

Nachrichten aller Twitter-Nutzer<br />

5 Following Jemandem folgen Tweets eines bestimmten Nutzers<br />

lesen bzw. abonnieren<br />

5 Follower Ein „Folgender“ Nutzer, der einem anderen<br />

Twitterer folgt (Empfänger von<br />

Tweets)<br />

6 Friend Ein Nutzer, dem gefolgt wird. Nutzer, dem ein anderer Twitterer<br />

folgt (Sender von Tweets)<br />

Unfollow Jemandem „ent-folgen“ Die Tweets eines bestimmten<br />

Nutzers nicht weiter lesen<br />

7 Retweet /<br />

RT<br />

Eine Nachricht, die weitergeleitet<br />

wurde<br />

8 DM Direct Message Direkte Nachricht, die nur der<br />

einzelne Twitter-Nutzer lesen<br />

kann an den sie adressiert ist<br />

9 # Rautezeichen steht für<br />

Hashtag (Raute=hash)<br />

10 @ Mit dem @-Zeichen kann<br />

jemand direkt und öffentlich<br />

angesprochen werden<br />

11 Trending<br />

Topics<br />

Momentan oft benutzte<br />

Wörter/Themen<br />

Wird zur Verschlagwortung von<br />

Tweets genutzt; Hashtags dienen<br />

im klassischen Sinne dazu,<br />

Tweets von verschiedenen Usern<br />

zu einem gemeinsamen Thema<br />

zu bündeln, um die Suche nach<br />

diesen Nachrichten zu erleichtern<br />

(bsp. #tvduell)<br />

Alle Tweets mit @Nutzer<br />

erreichen diesen Twitter-Nutzer<br />

und sind im Twitterprofil sichtbar<br />

Die Twitter-Website zeigt<br />

momentan viel besprochene<br />

Themen an.<br />

108


Anhang<br />

Kodierleitfaden und Analyseraster zur quantitativen Analyse<br />

Unter den Vorzeichen eines zweiten (digitalen) Strukturwandels von Öffentlichkeit<br />

verschmelzen die Ebenen von Öffentlichkeit, alternative Öffentlichkeiten etablieren sich.<br />

Die allgemeine Kommunikation fungiert als strukturbildendes Element von Öffentlichkeit in<br />

einer modernen Gesellschaft. So ist auch die Kommunikation deutlichen Veränderungen<br />

ausgesetzt, die insbesondere im Umfeld des interaktiven und partizipationsorientierten<br />

Social Web zum Tragen kommen. Die Tatsache, dass sich die Öffentlichkeit und mit ihr<br />

das Kommunikationsverhalten einer Gesellschaft wandelt, verändert das Verständnis von<br />

Öffentlichkeit und Kommunikation. Parallelen zwischen klassischen<br />

Öffentlichkeitsmodellen und den neuen digitalen Kommunikationsorten, die offenkundig<br />

bisher wenig thematisiert werden, sollen daher aufgezeigt werden. Grundsätzlich wird<br />

demnach auf einen möglichen Bedeutungszusammenhang zwischen der klassischen<br />

politischen Versammlung unter Anwesenden und der ereignisorientierten politischen<br />

Twitternutzung hingewiesen. 116 Im Mittelpunkt der Analyse stehen der politischen<br />

Versammlung inhärente Merkmale, die unter Berücksichtigung technischer<br />

Besonderheiten der Kommunikationsplattform Twitter auf die ereignisorientiere<br />

Echtzeitkommunikation bei Twitter übertragen und empirisch überprüft werden. Im Vorfeld<br />

der empirischen Untersuchung wird ein theoretischer Zugang geschaffen, der eine<br />

Kategorienbildung ermöglicht. Das System Öffentlichkeit, die Ebenendifferenzierung mit<br />

Fokus auf der Ebene der Versammlungsöffentlichkeit, sowie das Phänomen der<br />

politischen Twitter-Nutzung dienten dienen der theoretischen Annäherung.<br />

Zugrundeliegende Forschungsfrage: Welche Merkmale weist die Echtzeitkommunikation<br />

bei Twitter im Rahmen des Kanzlerduells 2009 auf und inwieweit lassen sich Dynamiken<br />

einer politischen Versammlung erkennen<br />

Kodierleitfaden:<br />

Um die zentralen Dynamiken der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im<br />

Rahmen des Kanzlerduells 2009 identifizieren zu können, wird eine Kategorienbildung<br />

von Kommunikationsmustern vorgenommen, die sich an der allgemeinen Syntax von<br />

Twitter orientiert.<br />

Dieser Kategorienbildung von Kommunikationsmustern, die im Mittelpunkt der<br />

quantitativen Analyse stehen, wird eine Kategorisierung des allgemeinen Fallsprofils<br />

vorangestellt. Auf diese Weise lässt sich der Umfang sowie der Teilnehmerkreis der<br />

Begleitkommunikation auf Twitter bereits zu Beginn bestimmen.<br />

116 Vgl. Kapitel 1.2<br />

109


Anhang<br />

Prinzipiell ist die vorliegende quantitative Analyse als Frequenzanalyse angelegt, so<br />

dass die Häufigkeit des Auftretens der entwickelten inhaltlichen Kategorien festgestellt<br />

wird. Diese Frequenzanalyse bezieht alle 17.932 Tweets (Sample) mit ein.<br />

Inhaltlich handelt es sich bei einem Tweet um eine thematische Einheit, die aus<br />

maximal 140 Zeichen besteht.<br />

Im Vorfeld der Untersuchung wurde sichergestellt, dass alle Texteinheiten thematisch<br />

an das Fallbeispiel gebunden sind. Die zeitliche Fixierung durch den festgesteckten<br />

Zeitrahmen des Kanzlerduells 2009 sowie die thematische Fixierung mit Hilfe von acht<br />

Auswahl-Hashtags grenzt das Sample ein.<br />

Kodierungsrelevant sind neben den Tweets, die Namen der Twitterer, die Anzahl ihrer<br />

Friends und Follower, sowie der Zeitpunkt des Absendens einer Twitter-Nachricht. 117<br />

Durch Beispiele aus dem Datenmaterial werden die einzelnen Kategorien<br />

veranschaulicht.<br />

Die Kodierung erfolgt wie bereits erwähnt durch eine reine Häufigkeitszählung, die mit<br />

Hilfe von Excel 2007 vorgenommen wird.<br />

Aufbau des Analyserasters:<br />

Generell (Fallprofil)<br />

1. Untersuchungszeitraum<br />

20:30:00 Uhr – 22:30:02 Uhr, 13. September 2009<br />

Das Kanzlerduell 2009 als mediales Ereignis konstitiuert den Untersuchungszeitraum,<br />

obgleich ein zusätzliches Zeitfenster eingeräumt wird, um Erkenntnisse anderer<br />

Studien zur Begleitkommunikation in Echtzeit bei Twitter von Beginn an zu<br />

berücksichtigen und in das Analysevorhaben zu integrieren.<br />

2. Teilnehmer<br />

Definition: Als Teilnehmer im Rahmen dieser Analyse werden alle Twitterer<br />

berücksichtigt, die im festgelegten Untersuchungszeitraum einen Tweet versendet<br />

haben.<br />

Für eine genaue Errechnung des Teilnehmerkreises werden alle Sender der Twitter-<br />

Nachrichten vom restlichen Material heraussortiert und in der Folge von Dopplungen<br />

bereinigt.<br />

N = 3.507 (Twitterer)<br />

117 Das gesamte Datenmaterial wird vor Beginn der Analyse von verschlüsselten Umlauten (Ü = ü)<br />

bereinigt, da sie für den Analyseprozess eine Beeinträchtigung darstellen.<br />

110


Anhang<br />

Jeder Nutzer wird in Verbindung mit seinen Tweets dargestellt, sodass sich eine<br />

Verteilung der Nachrichten pro Nutzer ausrechnen lässt.<br />

3. Kommunikationsinhalte (Tweets)<br />

Definition: Die Twitter-Nachrichten haben eine maximale Länge von 140 Zeichen und<br />

können neben einfachen Wortfolgen zusätzlich Links zu externen Webseiten<br />

behinhalten, die als verkürzte URL-Adressen auftreten.<br />

N = 17.932 (Tweets)<br />

Die Tweets werden im Sample in chronologischer Reihenfolge dargestellt, ihre simple<br />

Zählung wird ergänzt, indem die Anzahl der Tweets in Verbindung mit dem Zeitpunkt<br />

des Absendens gesetzt wird, so dass Aussagen über Schwankungen in der Aktivität<br />

bei der ereignisorientierten Twitter-Nutzung getroffen werden können.<br />

4. Friends- und Follower-Beziehung<br />

Definition: Die Information über die Anzahl der Friends (Personen, denen der Nutzer<br />

selbst folgt) und die Anzahl der Follower (Personen, die dem Nutzer folgen) lässt sich<br />

zusammen mit dem Nutzer-Namen aus dem Profil erschließen, so dass eine Erhebung<br />

dieser Zahlen ohne Weiteres technisch möglich ist. Besonders die Anzahl der Follower<br />

eines Nutzers gibt Aufschluss darüber, wie viele Twitterer theoretisch die Tweets des<br />

Nutzers lesen; somit können unter Berücksichtigung deutlicher Einschränkungen<br />

theoretische Reichweiten der Begleitkommunikation bei Twitter bestimmt werden.<br />

N = 288 (Friends)<br />

N = 281 (Follower)<br />

Neben der Häufigkeitszählung und Verteilung von Friends und Followern auf die<br />

Twitter-Nutzer, wird für eine höhere Aussagekraft zusätzlich zum Durchschnittswert der<br />

Median-Wert gebildet.<br />

Kommunikationsmuster<br />

1. Themen- und Sachzentrierung der Begleitkommunikation bei Twitter<br />

Definition: Mit der Analyse aller abgesendeten Tweets unter dem Gesichtspunkt der<br />

Themen- und Sachzentrierung soll geprüft werden, inwieweit sich die<br />

Begleitkommunikation in Echtzeit am medialen Ereignis orientiert. Neben der<br />

generellen Zentrierung durch die Vorauswahl des Datenmaterials auf der Grundlage<br />

von acht Hashtags, wird an dieser Stelle nach weiteren thematischen Fokussierungen<br />

gesucht. Zusätzlich soll geschaut werden, in welchem Umfang die kommunikativen<br />

Konventionen bei Twitter Anwendung finden, das heißt inwieweit von Hashtags<br />

Gebrauch gemacht wird. Der Aspekt Themen- und Sachzentrierung von<br />

Kommunikation nimmt bei der politischen Versammlung unter Anwesenden eine<br />

111


Anhang<br />

bedeutende Rolle ein, so dass für die Kommunikation bei Twitter dieser Aspekt erneut<br />

im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse aufgegriffen werden.<br />

Hashtags, gekennzeichnet mit einem Rautezeichen (#) bilden für diese Kategorie die<br />

Kodiereinheit. Der Tweet stellt die Kontexteinheit dar.<br />

Unterschieden wird zwischen den verwendeten Hashtags verteilt auf die Gesamtzahl<br />

der Tweets und den verwendeten Hashtags ohne Doppelnennungen.<br />

N = 8 (Auswahl-Hashtags)<br />

N = 28.296 (Verwendete Hashtags)<br />

N = 1.452 (Unterschiedliche Hashtags)<br />

Beispiel: „Zamonia: Das TV-Duell gerät zur Rechtfertigung für die letzten vier Jahre der<br />

Großen Koalition gegenüber den Journalisten. #tvduell #wahl09“ (21:30:08,<br />

13.09.2009).<br />

Neben der Häufigkeitszählung wird eine Word Cloud erstellt, die anhand der<br />

unterschiedlichen Hashtags einen ersten groben Eindruck über die Inhalte der<br />

ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im Sinne einer Begleitkommunikation in<br />

Echtzeit verschaffen soll.<br />

Die Berechnung der Dichte von Hashtags verteilt auf alle versendeten Tweets gibt<br />

zudem an, wie viele Hashtags in einem Tweet vorkommen und lässt Vermutungen<br />

über den Grad der Themen- und Sachzentrierung zu.<br />

2. 140-Zeichen Diskurs in Echtzeit<br />

Definition: Die Kommunikation bei Twitter ist grundsätzlich als öffentlicher Dialog<br />

zwischen den Nutzern angelegt worden. Durch die ‚Institutionalisierung„ der<br />

Verwendung des @-Zeichen zur Kennzeichnung einer personenorientierten Twitter-<br />

Nachricht, hat sich eine Form des Diskurses bei Twitter etabliert, die unter dem<br />

Eindruck der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung stärker ausgeprägt zu<br />

sein scheint. Da für eine politische Versammlung der Diskurs unter Anwesenden<br />

strukturbildenden Charakter besitzt, soll an dieser Stelle zum einen die Häufigkeit der<br />

@-Reply-Nachrichten als Merkmal für Dialog und zum anderen die Verteilung auf<br />

Sender und Emfänger dieser direkten Nachrichten errechnet werden.<br />

N = 940 (@-replies)<br />

Beispiel: „DerBruesseler @henrikms Der Wahlkampf ist lahm, aber das #TVDuell<br />

macht es nicht besser sondern ist ein gutes Beispiel für das aktuelle politische Niveau“<br />

(21:10:27, 13.09.2009)<br />

Eine Bestimmung der Richtung des Diskurses in 140-Zeichen, das heißt welche Nutzer<br />

untereinander Argumente austauschen, kann aufgrund der eingeschränkten<br />

technischen Möglichkeiten im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden.<br />

112


Anhang<br />

Neben der Häufigkeitszählung, werden zusätzlich der Durchschnittswert sowie der<br />

Median-Wert berechnet, um die Verteilung der @-Reply-Nachrichten auf die<br />

Gesamtzahl der Twitterer aufzuzeigen.<br />

3. Meinungsführerschaft<br />

Definition: Öffentliche Kommunikation in einem definierten Teilnehmerkreis unterliegt<br />

der Annahme, dass die kommunikative Beteiligung auf Gleichberechtigung basiert.<br />

Demzufolge können alle Teilnehmer in gleichem Umfang an der Kommunikation<br />

partizipieren. Mitunter zeigt sich jedoch in den meisten Fällen, dass der Austausch von<br />

Meinungen und Informationen von einer kleinen Teilnehmergruppe dominiert wird.<br />

Abgesehen von ihrem aktiveren Kommunikationsverhalten, spielt insbesondere die<br />

Wiedergabe ihrer Argumente durch andere Teilnehmer eine wichtige Rolle. Durch<br />

diese Wiedergabe etabliert sich im Verlauf eine von Teilen des Teilnehmerkreises<br />

akzeptierte Meinung. Diese so genannten ‚Meinungsmacher„ oder Meinungsführer<br />

beeinflussen somit grundlegend den Ablauf der Kommunikation sowie die aggregierte<br />

Meinung. Die in politischen Versammlungen zumeist ausgeprägte<br />

Meinungsführerschaft, soll für die ereignisorientierte Twitter-Nutzung mit Hilfe der<br />

Retweet-Funktion untersucht werden. Diese Funktion dient der unmittelbaren<br />

Weitergabe von Tweets, die vom jeweiligen Nutzer als ‚wichtig„ eingestuft werden. Als<br />

Meinungsführer der Begleitkommunikation bei Twitter sollen Nutzer bezeichnet<br />

werden, deren Tweets überdurchschnittlich häufig weitergeleitet wurden.<br />

N = 2.353 (Retweet-Nachrichten)<br />

Beispiel: „LiterallySimon: RT @SteffiLemke: Merkel verspricht, Gesundheitsfonds<br />

aufrecht zu halten. Garantie zum Geldverbrennen und Zweiklassenmedizin. #tvduell“<br />

(21:35:07, 13.09.2009)<br />

Differenziert wird in diesem Zusammenhang deutlich zwischen Sendern und<br />

Emfängern eines Retweets, obgleich die Retweet-Emfänger für die Frage nach einer<br />

Meinungsführerschaft im Fokus der Analyse stehen. Die Häufigkeitszählung der<br />

Retweets wird ergänzt durch den Durchschnittswert und den Median-Wert im Bezug<br />

auf die Verteilung der Retweets auf alle Nutzer.<br />

Augenmerk soll unter dem Eindruck anderer Studien zur Kommunikation bei Twitter auf<br />

so genannte Outlier gelegt werden. Twitterer, die überdurchschnittlich häufig Tweets<br />

anderer retweeten, können das Bild der Meinungsführerschaft verfälschen. An dieser<br />

Stelle lohnt ein tieferer Blick in die das Profil dieser Twitterer, um die Intention dieses<br />

Verhaltens zu erschließen.<br />

Hinsichtlich der Kodierregeln für die drei Kategorien der quantitativen Analyse ist<br />

festzuhalten, dass die jeweilige Kodiereinheit kodiert wird, sobald eine Ausprägung (z.B.<br />

ein @-Reply-Zeichen im Tweet) vorliegt. Für die gesamte quantitative Inhaltsanalyse gilt,<br />

113


Anhang<br />

dass aufgrund technischer Einschränkungen und fehlender Informationen zum<br />

Datenmaterial jeder Analyseschritt einer stetigen Reflexion hinsichtlich der Grenzen der<br />

Generalisierbarkeit unterliegt.<br />

Abb. 18: Beispielausschnitt 1 zum quantitativen Analyseraster<br />

At Reply Emfänger<br />

Tweets mit @reply (gekürzt) Reply to (ungeordnet) Reply to (geordnet nach Freq) Freq<br />

.@DerBruesseler http://twittbee.com/tvduell/ #twitterwall #tvduell .@DerBruesseler @tagesschau 21<br />

.@Guenther0815 kleiner Tipp, sehr interessant: http://bit.ly/5QwVG FDP Ortsgruppe Gö .@Guenther0815 @ihrewahl 14<br />

twittert .@silkchen79 auch… @sebastianroming #tvduell @mellowtraxer #tvduell #Simpsons sind eine adäquate .@silkchen79 @tauss 14<br />

Alternative .@tagesschau ) Hier im Schwarzwald gab's bisher noch kein schwarzes Bild. (ZDF/Sat) .@tagesschau @DWDL 11<br />

#tvduell @ lutschbirne, ne die is eingeschlafen...#tvduell @ @sternde 11<br />

@_free_and_easy_ hab ich beides schon gesehen. denke #musik wirds wohl werden. das @_free_and_easy_ @Scherzinfarkt 9<br />

#tvduell @_Saraaah ist nicht Aber gerade Angie der hat eine beste ganz kreative andere background. Gewichtsklasse. Die boxt dem gleich eine! @_Saraaah @SteffiLemke 8<br />

#kanzlerduell<br />

@_Saraaah Guck doch mal Angie ins Gesicht. Die hat Kampferfahrung ôo #kanzlerduell @_Saraaah @weltkompakt 8<br />

@_Saraaah Wetten wir wem als erstes die Hand ausrutscht XD #kanzlerduell @_Saraaah @BoehningB 7<br />

@_Saraaah Woher weiß sie wasein Friseurbesuch kostet XD #kanzlerduell #fies @_Saraaah @Chikatze 7<br />

@10jin Guido ist dann der Willi Von dem ich ja auch glaube, das der mehr auf Jungs steht @10jin @frederics 7<br />

#tvduell @343max da bringste dir mal besser die ganze Flasche mit. #schön #steinmeier #wodka @343max @henrikMS 7<br />

#tvduell @343max Die Sendung #tvduell + #Twitter war sogar fast unterhaltsam ... @343max @Stecki 6<br />

@343max Eigentlich gucke ich immer Frauentausch aber das Format #tvduell hat ja so fast @343max @teamdeutschland 6<br />

das @343max selbe Niveau Gute Idee! #tvduell @343max @343max 5<br />

@343max Pulle schon leer -)) #tvduell @343max @cdu_news 5<br />

@415s Bisher ist für mich aber noch nicht viel entscheidendes passiert. Ich finde es werden @415s @DerBruesseler 5<br />

nur @46149Oberhausen bekannte Programme danke runtergeredet. für den Link zu #tvduell Phoenix/TV-Duell, läuft bestens!<br />

@46149Oberhausen @her_life 5<br />

http://www.phoenix.de/livestream/ @50hz Juhuuhh! Ich followe eine Berühmtheit #tvduell #phoenix :D #tvduell @50hz @Ibo 5<br />

@50hz wir brauchen es keine weiteren vier Jahre aushalten, da wir ab dem 27. einen neuen @50hz @imbatman 5<br />

Kanzler @90elf_Kuepper haben. #duell09 Ist sie noch da Ich höre nur den Ton! :o) #illner #tvduell @90elf_Kuepper @JuLisThueringen 5<br />

@Abendzeitung #tvduell: Und sie lieben sich doch @Abendzeitung @Junge_Union 5<br />

@Abendzeitung Duell Duett! #tvduell @Abendzeitung @MissBeehaving 5<br />

@Abendzeitung Ein #tvduell zwischen Horst Schlämmer & Martin Sonneborn von Die @Abendzeitung @muentefering 5<br />

PARTEI @Abendzeitung wäre wesentlich Kanzlerkuscheln sinnvoller für als Millionen das hier. #tvduell @Abendzeitung @RobVegas 5<br />

@achim naja, die bilder dazu kann ich mir spaeter anschauen. dafuer refreshe ich das @achim @wahlimweb 5<br />

#tvduell @Agent_Dexter im sekundentakt Carneol. und Und amuesiere nein, dass mich sind keine praechtig. Fleischstücke. #kette #tvduell @Agent_Dexter @_Saraaah 4<br />

@agent_dexter plasberg ist auch der einzige ohne krawatte da - bleibt sich treu! :-)<br />

kloeppels krawatte ist ja wohl ein fehlgriff #tvduell<br />

@agent_dexter @Abendzeitung 4<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

114


Anhang<br />

Abb. 19: Beispielausschnitt 2 zum quantitativen Analyseraster<br />

Friends- und Follower-Beziehung<br />

Nutzer Friends Follower<br />

TorstenNeumann 40081 38059<br />

wildwasser 29868 28859<br />

saschalobo 1805 19476<br />

tauss 443 10534<br />

netzpolitik 432 9448<br />

sixtus 261 8904<br />

tagesschau 2 8267<br />

Die_Gruenen 4057 8096<br />

ProSieben 8428 7721<br />

intermac 8257 7523<br />

klauseck 1194 6778<br />

BMOnline 5410 6129<br />

DerWesten 3901 5845<br />

Ibo 3131 5505<br />

sternde 872 5103<br />

cdu_news 1503 4686<br />

Abendzeitung 4475 4533<br />

derfreitag 3350 4410<br />

Nico 3049 4360<br />

spdde 1688 4289<br />

csommer 1517 4139<br />

damitdasklaas 168 4004<br />

PickiHH 1442 3991<br />

dwitter_com 2861 3648<br />

weltonline 1520 3587<br />

manniac 1928 3491<br />

weinvkn 3289 3482<br />

Hochbahnopfer 3569 3477<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

115


Anhang<br />

Kodierleitfaden und Analyseraster zur qualitativen Analyse<br />

Die qualitative Inhaltsanalyse dient der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit<br />

als unterstützende Methode für die Analyse der Kommunikationsmuster und Eigenarten<br />

der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung im Sinne einer Begleitkommunikation<br />

in Echtzeit. Somit werden die Kategorien für die qualitative Analyse auf induktive Weise<br />

anhand des bereits verwendeten Datenmaterials sowie im Bezug auf die bereits<br />

gebildeten Kategorien (Themen- und Sachzentrierung, Diskurs, Meinungsführerschaft)<br />

formuliert. Die Verfeinerung dient dazu, Aspekte aus der der quantitativen Untersuchung<br />

zu vertiefen, die mit ausschließlich quantitativen Methoden nicht aufzuzeigen sind.<br />

Kodierleitfaden:<br />

Die Kategorien der quantitativen Analyse Themen- und Sachzentrierung und Diskurs<br />

sollen tiefgehender analysiert werden.<br />

Zu jeder Kategorie wird ein Bezug zu Ergebnissen der quantitativen Analyse<br />

hergestellt, um den Kontext zu verdeutlichen.<br />

Die Kategorieregeln divergieren hinsichtlich der zu analysierenden Kategorien,<br />

obgleich für die gesamte qualitative Analyse gilt, dass die Kodierung mit Hilfe der<br />

‚Dummy-Variable„ also einer numerischen Kodierung durch die Ziffer 1 (= Ausgrägung<br />

vorhanden) und die Ziffer 0 (= Ausprägung nicht vorhanden) erfolgt.<br />

Die Kodierung mit der Ziffer 0, wenn eine Ausprägung nicht zu erkennen ist, wird zur<br />

besseren Darstellung mit einem leeren Feld illustriert.<br />

Aufbau des Analyserasters:<br />

1. Themen- und Sachzentrierung: Hashtag-Gruppen<br />

Definition: Die Hashtags stellen für die Kommunikation bei Twitter ein Instrument dar,<br />

um den Inhalt der Tweets zu markieren und sie in einen thematischen Kontext – ein<br />

Metathema – einzubetten. Die grobe Betrachtung der Hashtags im Rahmen der<br />

quantitativen Analyse zeigt eine prinzipielle Zentrierung der Kommunikationsinhalte auf<br />

das Kanzlerduell 2009, jedoch wird in diesem Zusammenhang deutlich, dass sich die<br />

verwendeten Hashtags zusätzlich in unterschiedliche ‚Themen-Gruppen„ einordnen<br />

lassen. Somit soll eine Aussage darüber getroffen, wie differenziert diese Themen- und<br />

Sachzentrierung der Begleitkommunikation in Echtzeit bei Twitter ist.<br />

N = 9 (Hashtag-Gruppen)<br />

Grundlage für diese Analyse bilden die 1.444 verschiedenen Hashtags, die zum<br />

Kanzlerduell 2009 verwendet wurden; die Hashtag-Vorauswahl wird hier nicht<br />

berücksichtigt sowie jene Hashtags, die im gesamten Zeitraum nur einmal Erwähnung<br />

finden.<br />

116


Anhang<br />

450 Hashtags unterliegen der Kodierung in thematische Hashtag-Gruppen; die<br />

Kodiereinheit bilden die Worte, die vor das Hashtag gestellt sind.<br />

Nach Prüfung der ersten 100 Hashtags führen häufig wiederkehrende<br />

Sinnzusammenhänge unter den Hashtags zur Bildung von Themen-Gruppen, die in<br />

Folge einer 2. Prüfung nach 200 Hashtags modifiziert werden sollen. Folgende<br />

Hashtag-Gruppen werden gebildet:<br />

Deskriptiv: Allgemeine Bemerkungen zum Kanzlerduell, der Bundestagswahl oder dem<br />

Wahlkampf werden mit diesen Hashtags versehen (z.B. #tvduett, #ihrewahl, #0)<br />

Partei: Da die Hashtags #SPD und #CDU Teil der Auswahl-Hashtags sind, erfahren hier<br />

auch die anderen Parteien der Bundestagswahl Nennung (z.B. #jusos, #grüne,<br />

#Piratenpartei).<br />

Politiker: Neben den Duellkandidaten Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier spielen<br />

auch andere Politiker für die Begleitkommunikation bei Twitter ein Rolle (z.B.<br />

#westerwelle, #schröder, #trittin)<br />

Moderatoren: Äußerungen hinsichtlich der Moderatoren und ihrer Leistung während des<br />

Kanzlerduells werden entsprechend markiert (z.B. #illner, #Kloepel, #moderatoren ).<br />

Sendeformat: Die Fernsehsender, die das Kanzlerduell ausstrahlen, sowie andere<br />

Sendeformate, die im Umfeld des Duells eine Rolle spielen, finden Erwähnung (z.B.<br />

#RTL, #phoenix, #zatoo, #livestream).<br />

Sachpolitisch: Hashtags, die dieser Gruppe zuzuordnen sind beziehen sich explizit auf<br />

sachpolitische Themen, die entweder während des Kanzlerduells selbst angesprochen<br />

werden oder im Bundestagswahlkampf prinzipiell von Bedeutung sind (z.B. #opel,<br />

#Afghanistan, #mindestlohn oder #atomausstieg).<br />

Wertung deskriptiv: Diese Gruppe von Hashtags umfasst Gefühlsäußerungen und die<br />

Beschreibung des Gemütszustandes eines Twitterers. Für die non-verbale nur durch<br />

Schriftsprache vermittelte Kommunikation bei Twitter fungieren diese Hashtags als grobes<br />

Stimmungsbarometer (z.B. #fail, #gähn, #peinlich, #zickig)<br />

Wertung politisch: In dieser Gruppe finden sich Äußerungen im Sinne von Zustimmung<br />

und Ablehnung gegenüber Parteien oder Politikern, die mit + oder – Zeichen kenntlich<br />

gemacht sind (z.B. #CDU+, #Merkel-, #Piraten+)<br />

Irrelevant: Diese Hashtags können nicht zugeordnet werden und entsprechen einer<br />

willkürlichen Verwendung von Hashtags (z.B. #252, #gestik, #Vodka, #blackout); sie<br />

entfallen aus der Analyse.<br />

Kodierregel: Für alle Kategorien gilt, dass Hashtags mit der Ziffer 1 kodiert werden,<br />

wenn die Ausprägung vorliegt und mit der Ziffer 0, wenn keine Einordnung in eine<br />

Gruppe möglich ist.<br />

117


Anhang<br />

2. Höhepunkte der Begleitkommunikation in Echtzeit<br />

Definition: Wird die ereignisorientierte politische Twitter-Nutzung in der vorliegenden<br />

Arbeit als Begleitkommunikation zu einem medialen Ereignis betrachtet, stellt sich die<br />

Frage, inwieweit sich die Begleitkommunikation inhaltlich am Verlauf des Duells<br />

orientiert. Mit Hilfe einer sequenziellen Betrachtung der Begleitkommunikation sollen<br />

mögliche Parallelen der Argumentationsstränge zwischen dem Kanzlerduell 2009 und<br />

der Begleitkommunikation in Echtzeit bei Twitter aufgezeigt werden.<br />

Auf Basis einer Aufzeichnung des Kanzlerduells 2009 soll ein Themenkomplex<br />

ausgewählt werden und anhand der Sendezeit eine Sequenz der Twitter-Nachrichten<br />

aus dem Datenmaterial isoliert werden.<br />

N = 793 (Tweets)<br />

Grundsätzlich bilden die Tweets der ausgewählten Sequenz die Kontexteinheit und die<br />

Worte oder Wortpaare formen die Kodiereinheit der Analyse. Auf Basis einer ersten<br />

Prüfung von 150 Tweets hinsichtlich wiederkehrender Wortnennung sollen die<br />

thematische-zentrierten Hashtag-Gruppen konzipiert.<br />

Der Themenkomplex ‚Atomenergie„ liefert die Grundlage für das Wortfeld.<br />

Kodierregel: Alle Tweets, die einen der bestimmten Begriffe enthält, wird mit 1 kodiert<br />

(= Ausprägung vorhanden); diejenigen Tweets, die keinen der Begriffe aufweisen<br />

werden mit der Ziffer 0 kodiert.<br />

3. Störpotenzial bei der ereignisorientierten politischen Twitter-Nutzung<br />

Definition: Der Austausch von Argumenten, sowohl in einer politischen Versammlung<br />

als auch bei der begleitenden Echtkommunikation bei Twitter, verläuft nicht nur<br />

geordnet. Die Produktion von Kommunikationsinhalten kann auch durch einzelne<br />

Teilnehmer gestört werden. Wie bereits erwähnt, werden Tweets durch die<br />

Verwendung von Hashtags in einen inhaltlichen Kontext gesetzt. Da die<br />

Kommunikation bei Twitter grundsätzlich mit Hilfe von Hashtags, @Replies oder<br />

Retweets strukturiert wird, soll versucht werden Störpotenzial und Provokateure der<br />

Begleitkommunikation bei Twitter anhand von überdurchschnittlich häufigem Gebrauch<br />

von Hashtags zu identifizieren. Diese Vorgehensweise erschließt sich aus einer<br />

stichprobenartigen Durchsicht aller Twitter-Nachrichten und beruht auf einer Studie von<br />

Kwak et al. (2002), die eine Obergrenze von verwendeten Hashtags auf drei pro Tweet<br />

festgesetzt haben. Anhand dieser Obergrenze identifizieren sie störende und<br />

provozierende Twitter-Nutzer, die den Kommunikationsablauf bei Twitter negativ<br />

beeinfluss können. Diesem Verfahren soll an dieser Stelle Folge geleistet werden.<br />

N = 793 Tweets (Tweets der im Vorfeld ausgewählten Sequenz)<br />

118


Anhang<br />

Das einzelne Hashtag bildet die Kodiereiheit; der zugehörige Tweet bildet die<br />

Kontexteinheit.<br />

Kodierregel: Wenn ein Tweet drei oder mehr Hashtags beinhaltet, dann wird diese<br />

Nachricht als störend für den Kommunikationsfluss bei Twitter und der Absender als<br />

‚Provokateur„ eingestuft; kodiert wird dieser Tweet mit der Ziffer 1 (= Ausprägung liegt<br />

vor). Die Kodierung mit der Ziffer 0 drückt aus, dass nur 1-2 Hashtags im Tweet<br />

erkannt werden.<br />

Abb. 20: Beispielausschnitt 1 zum qualitativen Analyseraster<br />

At Reply Emfänger<br />

Tweets mit @reply (gekürzt) Reply to (ungeordnet) Reply to (geordnet nach Freq) Freq<br />

.@DerBruesseler http://twittbee.com/tvduell/ #twitterwall #tvduell .@DerBruesseler @tagesschau 21<br />

.@Guenther0815 kleiner Tipp, sehr interessant: http://bit.ly/5QwVG FDP Ortsgruppe Gö .@Guenther0815 @ihrewahl 14<br />

twittert .@silkchen79 auch… @sebastianroming #tvduell @mellowtraxer #tvduell #Simpsons sind eine adäquate .@silkchen79 @tauss 14<br />

Alternative .@tagesschau ) Hier im Schwarzwald gab's bisher noch kein schwarzes Bild. (ZDF/Sat) .@tagesschau @DWDL 11<br />

#tvduell @ lutschbirne, ne die is eingeschlafen...#tvduell @ @sternde 11<br />

@_free_and_easy_ hab ich beides schon gesehen. denke #musik wirds wohl werden. das @_free_and_easy_ @Scherzinfarkt 9<br />

#tvduell @_Saraaah ist nicht Aber gerade Angie der hat eine beste ganz kreative andere background. Gewichtsklasse. Die boxt dem gleich eine! @_Saraaah @SteffiLemke 8<br />

#kanzlerduell<br />

@_Saraaah Guck doch mal Angie ins Gesicht. Die hat Kampferfahrung ôo #kanzlerduell @_Saraaah @weltkompakt 8<br />

@_Saraaah Wetten wir wem als erstes die Hand ausrutscht XD #kanzlerduell @_Saraaah @BoehningB 7<br />

@_Saraaah Woher weiß sie wasein Friseurbesuch kostet XD #kanzlerduell #fies @_Saraaah @Chikatze 7<br />

@10jin Guido ist dann der Willi Von dem ich ja auch glaube, das der mehr auf Jungs steht @10jin @frederics 7<br />

#tvduell @343max da bringste dir mal besser die ganze Flasche mit. #schön #steinmeier #wodka @343max @henrikMS 7<br />

#tvduell @343max Die Sendung #tvduell + #Twitter war sogar fast unterhaltsam ... @343max @Stecki 6<br />

@343max Eigentlich gucke ich immer Frauentausch aber das Format #tvduell hat ja so fast @343max @teamdeutschland 6<br />

das @343max selbe Niveau Gute Idee! #tvduell @343max @343max 5<br />

@343max Pulle schon leer -)) #tvduell @343max @cdu_news 5<br />

@415s Bisher ist für mich aber noch nicht viel entscheidendes passiert. Ich finde es werden @415s @DerBruesseler 5<br />

nur @46149Oberhausen bekannte Programme danke runtergeredet. für den Link zu #tvduell Phoenix/TV-Duell, läuft bestens!<br />

@46149Oberhausen @her_life 5<br />

http://www.phoenix.de/livestream/ @50hz Juhuuhh! Ich followe eine Berühmtheit #tvduell #phoenix :D #tvduell @50hz @Ibo 5<br />

@50hz wir brauchen es keine weiteren vier Jahre aushalten, da wir ab dem 27. einen neuen @50hz @imbatman 5<br />

Kanzler @90elf_Kuepper haben. #duell09 Ist sie noch da Ich höre nur den Ton! :o) #illner #tvduell @90elf_Kuepper @JuLisThueringen 5<br />

@Abendzeitung #tvduell: Und sie lieben sich doch @Abendzeitung @Junge_Union 5<br />

@Abendzeitung Duell Duett! #tvduell @Abendzeitung @MissBeehaving 5<br />

@Abendzeitung Ein #tvduell zwischen Horst Schlämmer & Martin Sonneborn von Die @Abendzeitung @muentefering 5<br />

PARTEI @Abendzeitung wäre wesentlich Kanzlerkuscheln sinnvoller für als Millionen das hier. #tvduell @Abendzeitung @RobVegas 5<br />

@achim naja, die bilder dazu kann ich mir spaeter anschauen. dafuer refreshe ich das @achim @wahlimweb 5<br />

#tvduell @Agent_Dexter im sekundentakt Carneol. und Und amuesiere nein, dass mich sind keine praechtig. Fleischstücke. #kette #tvduell @Agent_Dexter @_Saraaah 4<br />

@agent_dexter plasberg ist auch der einzige ohne krawatte da - bleibt sich treu! :-) @agent_dexter @Abendzeitung 4<br />

kloeppels krawatte ist ja wohl ein fehlgriff #tvduell<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

119


Anhang<br />

Abb. 21: Beispielausschnitt 2 zum qualitativen Analyseraster<br />

Störung / Provokation des 140-Zeichen Diskurses<br />

ZEIT TWEET Störung JA (< 3 #) Störung JA (= 3 #)<br />

21:01:52 Jeder Popel fährt nen Opel. Nur Merkelmeier nicht. #TVDuell #BTW09 #Duell09 1<br />

21:01:52 Das Duell ist irgenndwie komisch. #tvduell<br />

21:01:53 Spielt keine Rolle, ob Merkel oder Steinmeier die Fragen kannten, sie antworten ja sowieso nicht drauf. #tvduell<br />

21:01:53 @tauss nicht direkt ... machen die auch mal aussagen #tvduell<br />

21:01:53 #FWS über die Opel-Verhandlungen: Ich war dabei. Wie großartig, da hat er sich glatt einen Keks verdient. #tvduell<br />

21:01:53 Seit wann ist Atomkraft umweltfreundlich Fr. Merkel #tvduell<br />

21:01:53 Ich nehme an, dass sich Frank und Angela am Ende umarmen. Vielleicht küssen sie sich sogar. #tvduell<br />

21:01:53 und diese zwei Leute da im Fernseher, die sind wirklich aus zwei Parteien #00 #Kanzlerduell<br />

21:01:53 NEWS - #TVDUELL - Doppelpass-Spiel zwischen #Merkel und #Steinmeier<br />

21:01:54 Kernkraft ist NIEMALS sicher #Merkel #Fail #TVDUELL 1 2<br />

21:01:54 RT das #tvduett wird zum #tvduell aber nicht kanzler gegen kandidat sondern eher Moderator gegen Kandidaten ^^ (via @Abbelmentos)<br />

21:01:54 Energie muss sicher im Sinne von versorgungssicherheit sein - Atomkraft olé laut Merkel... eijeijei #fail #CDU- #Cleantech+ 1 2<br />

21:01:54 Zu früh gefreut. Sind sich doch wieder einig und wollen wohl doch händchenhaltend in die nächste große Koalition. #tvduell<br />

21:01:55 Das Duell lautet: Merkel u. Steinmeier VS Die Reporter #tvduell<br />

21:01:56 Wo ist der Hut aus dem die Überraschungen gezaubert werden #tvduell<br />

21:01:56 Ich trink nen Weizen, hab Hunger #tvduell<br />

21:01:56 Jetzt wirds interessant. Atomfrage #tvduell<br />

21:01:56 RT @JimmyJamaica:RT @onkelpeppy warum darf eigentlich niemand von den RTL2-Action-News Fragen stellen #tvduell<br />

21:01:57 Immer noch nicht glorios, aber: Bisher der beste TV-Auftritt von FWS in diesen Wahlkampf (rk) #tvduell<br />

21:01:57 Doppelpass #merkel #steinmeier - hallo - wir sind im Wahlkampf! Jetzt #merkel mit ihrer Brücken-Kernkraft<br />

21:01:57 Kleine Elektroschocks, wenn jemand vom Thema abschweift #tvduell<br />

21:01:57 Da haben sich Merkel und Steinmeier klar gegen die Moderatoren durchgesetzt! :D #kanzlerduell<br />

21:01:57 Schön wie die Beiden sich immer wieder einige sind. Echt spannend das Duell. #tvduell<br />

21:01:57 wieso ist merkel für atomkraft, argumentiert aber irgendwie dagegen! #duell09<br />

21:01:57 Am schlechtesten beim Duell sind die Moderatoren. So was banales ist ein Offenbarungseid des deutschen Journalismus!!! #tvduell #duell09<br />

21:01:58 #tvduell #tvduett #tvmuell eigentlich extrem guter konzentrierer, falle jetzt aber immer wieder in Sekundenschlaf. gottlob nicht auf A9! 1 2<br />

21:01:58 Hui, jetzt geht es richtig los -) #schlammschlacht #tvduell http://www.altona.info/wall #merkel #steinmeier #bundestag #wahlen 1<br />

21:01:58 Ob #zensursula auch noch Thema wird #tvduell<br />

21:01:59 ist das der Sinn des Duells, am Ende doch übereinzustimmen :p / die Moderatoren versuchen aber immernoch ihr Bestes... #tvduell<br />

21:01:59 bin eingeschlafen beim #tvduell kam schon was interesanntes geht es #Deutschland noch gut ich zahl übrigens 9,95 beim #Friseur<br />

21:02:00 also labialfaltentechnisch sind die zwei voll auf dem gleichen level. #00 #tvduell<br />

21:02:00 Neenee, @moewi, eher arbeitsintensiv so wie Götz Alsmann oder Morrissey #tvduell<br />

21:02:00 Das ist doch kein Duell.. Da fehlen die Echten Gegenkandidaten. #00 #tvduell<br />

21:02:00 #krümmel - der beste grund gegen #atomkraft #tvduell 1 2<br />

21:02:00 Wir brauchen keinen #Mindestlohn, wir brauchen #Buergergeld! #00 #tvduell #btw09 1<br />

21:02:00 HELL, was zur Hölle ist eine Brückentechnologie Frau Merkel ist gegen Krümmel, ich schmeiß mich weg #tvduell<br />

21:02:01 Warum kam von der SPD damals wo sie drann waren nichts zum Thema Mindestlohn #Steinmeier #Merkel<br />

21:02:01 Kernenergie ist nicht umweltverträglich und sicher auch nicht! #tvduell<br />

21:02:01 @Dr_Michael_Paul diskutiert mit Mitgliedern der @ju_koeln über das #tvduell . Da ist noch Luft nach oben!<br />

21:02:02 #Merkel und Steinmeier vs. Moderatoren beim Thema #Opel #tvduell<br />

21:02:02 Atomenergie sit nicht umweltfreundlich, Fr. Merkel! Ui, Krümmel also direkt abschalten. Bitte sofort! #tvduell<br />

21:02:02 Der Erfolg der #OPEL Rettung muss sich doch noch erst unter Beweis stellen. Magna wird wohl mehr Menschen entlassen als gedacht #tvduell<br />

21:02:02 @kneissler jap! da gibts wenigstens was zum lachen... #tvduell<br />

21:02:02 RT @lstrojny: Steinmeier ist ein würdiger Gegner für Frau Merkel. Und das ist kein Kompliment #tvduell #00<br />

21:02:03 Sollten die Moderatoren nicht etwas neutraler sein #tvduell #spd<br />

21:02:04 Komisches Duell: Bundeskanzler-Kanidaten gegen Moderatoren. #tvduell<br />

21:02:04 #tvduell ... Angie, nach dem Motto über Sieben Brücken musst Du gehn Politischer Nuklearabfall!<br />

21:02:04 #tvduell hin oder her, aber die Moderatoren gehen mir solangsam auf den Sack. Sind ja wie #hassmartin und fallen denen dauernd ins Wort!<br />

21:02:04 RT @dwitter_com: Die aktuellen Twitter-TopThemen (24h): #tvduell #fsa09 #hassmartin #sdr #piraten http://dwitter.com 1<br />

21:02:05 Für mich es sehr entscheidend, dass es einen #Atomausstieg gibt. Aber nicht um den Preis der Steinkohle! #tvduell<br />

21:02:05 angie und frank-walter in trauter zweisamkeit beim thema opel!selten soetwas in einem wahllampf erlebt. also doch ein traumpaar #tvduell<br />

21:02:05 RT @monimays: #Tvduell mit Twitter macht viel mehr Spaß als ohne :)<br />

21:02:06 ATOMAUSSTIEG! Uns zwar JETZT! #tvduell #kanzlerduell !<br />

21:02:06 Es ist wie bei einem Verkehrsunfall, man muss einfach hingucken... #RTL #TVDuell<br />

21:02:06 Die beiden arbeiten echt gut im Team, wollen die wirklich gegeneinander antreten #kanzlerduell<br />

21:02:07 Atomenergie, jetzt bin ich mal gespannt! Brückenenergie (#merkel) seit wann das #tvduell<br />

21:02:07 Merkel sucht ihr persönliches Endlager #tvduell<br />

21:02:07 #tvduell bereue gerade meine entscheidung gegen die #simpsons<br />

21:02:07 RT @wiespaet: Es ist Sonntag, der 13.09.2009, 21:00 Uhr #tvduell<br />

21:02:08 Atommerkel Brückenenrgie ins nächste Jahrtausend #00 #duell09<br />

21:02:08 Für Atomenergie, gegen Mindestlöhne. Das ist Angela Merkel. #tvduell #cdu-<br />

21:02:09 Pizza-Essen ist spannender! #btw09 #tvduell<br />

21:02:09 AKWs sind doch keine Brücken noch irgendwie sicher Frau Merkel #tvduell<br />

21:02:10 Merkel: Lokale Mindestlöhne. Aber: ist das praktikabel #duell09 Was denkt ihr<br />

21:02:10 Merkel: Atomkraft als Brückentechnologie ok Ja spinnt die denn #tvduell<br />

21:02:10 vaguerasAKW´s wirtschaftlich #rofl #lol #tvduell #merkel 1<br />

21:02:10 RT @SPIEGEL_live: Bildnachteil für Merkel - die Kamera zeigt sie häufig etwas missmutig http://spiegel.de/kanzlerduell #tvduell #duell09<br />

21:02:11 Merkel eröffnete Kanzlerduell mit einer Grimasse. #TV #Skandal #Kanzlerduell #TVDuell 1<br />

21:02:11 ich mach mal den abwasch #tvduell<br />

21:02:11 merkel schafft es drei lügen in einen satz zu packen #atomausstieg #tvduell<br />

21:02:12 Haben die Moderatoren eigentlich auch ne Rede-Zeit-Uhr #TVDuell<br />

21:02:12 ein bisschen süß sind Steinmeier und Merkel ja schon #TVDuell #Wahl-Frieden statt #Wahl-kampf 1<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

120


Selbstständigkeitserklärung<br />

Selbstständigkeitserklärung<br />

Hiermit versichere ich,<br />

Isabelle Sonnenfeld, geboren am 18. Januar 1985,<br />

dass ich die vorliegende Masterarbeit mit dem Thema:<br />

„Twitter und das Kanzlerduell 2009 - Ereignisorientierte Echtzeitkommunikation als neue<br />

Form der politischen Versammlung“<br />

selbstständig verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel<br />

benutzt, sowie Zitate kenntlich gemacht habe.<br />

Duisburg, 22. Dezember 2010<br />

Isabelle Sonnenfeld<br />

121

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