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PDF-Band-11-Hämatologie - Samuel-Hahnemann-Schule

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<strong>Samuel</strong>-<strong>Hahnemann</strong>-<strong>Schule</strong><br />

- <strong>Band</strong> <strong>11</strong> -<br />

<strong>Hämatologie</strong><br />

Überarbeitete Fassung<br />

Inhaltsverzeichnis fehlt noch<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 1 von 44<br />

A. Krüger, F. Kostadinov, K. Gräbner / <strong>Samuel</strong>-<strong>Hahnemann</strong>-<strong>Schule</strong> ( Heilpraktikerschule )<br />

Mommsenstr. 45 - 10629 Berlin


DAS BLUT<br />

1. Blutplasma und Blutzellen<br />

1.1 Zusammensetzung<br />

- Blut besteht zu ca. 55% aus eiweißreicher Flüssigkeit (Plasma) und zu ca. 45% aus<br />

Blutzellen (Hämatokrit).<br />

- Die Blutmenge eines Erwachsenen beträgt ca. 1/13 bzw. 6-8% seines<br />

Körpergewichts (z.B. 70kg= 5l Blut).<br />

- Das Plasma besteht aus: Wasser (90%), Plasmaproteinen (8%);<br />

Nährstoffe, Elektrolyte, Glukose, Enzyme, Hormone u. a. Stoffwechselprodukte<br />

machen zusammen 1-2% aus.<br />

- Plasma ohne Gerinnungsfaktoren (Fibrin) heißt Serum.<br />

- Der Hämatokrit (Hk), man nennt ihn auch den „korpuskulären Anteil des Blutes“,<br />

setzt sich zusammen aus: Erythrozyten (rote Blutkörperchen) mit 4,5 bis 5,4 Mio. pro<br />

mm³, Leukozyten (weiße Blutkörperchen) mit 4.000 bis 8.000 pro mm³ und<br />

Thrombozyten (Blutplättchen) mit 150.000 bis 300.000 pro mm³.<br />

- Der Hämatokrit wird nach dem Zentrifugieren als prozentualer Anteil bestimmt. Der<br />

durchschnittliche Hk beträgt 35% - 55%, bei Frauen ist er niedriger als bei Männern.<br />

1.2 Aufgaben<br />

- Das Blutplasma dient dem Transport von Nährstoffen (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße,<br />

Mineralstoffe, Vitamine), dem Transport von Wirkstoffen (Hormone, Vitamine,<br />

zugeführte Arzneimittel) und dem Transport von Abbauprodukten<br />

(Stoffwechselprodukte). Nicht zu vergessen wird natürlich auch Wasser mit dem Blut<br />

durch den Körper transportiert.<br />

- Transport von Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2)<br />

- Das Blut dient außerdem als Wärmeverteiler<br />

- Das Blut reguliert den pH-Wert und Ionengehalt<br />

- Das Blut ist an Blutstillung und Blutgerinnung beteiligt<br />

- Es dient mit bestimmten Blutzellen und Antikörpern der Abwehr<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 2 von 44<br />

A. Krüger, F. Kostadinov, K. Gräbner / <strong>Samuel</strong>-<strong>Hahnemann</strong>-<strong>Schule</strong> ( Heilpraktikerschule )<br />

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1.3 Bildung<br />

- Die Bildung des korpuskulären Anteils (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten)<br />

erfolgt beim Fetus im Dottersack und in der Leber, ab dem 7. Monat der<br />

Fetalentwicklung übernimmt dann das Knochenmark diese Aufgabe. Während beim<br />

Neugeborenen in fast allen Knochen Blut gebildet wird, dienen beim Erwachsenen<br />

nur noch ca. 30% des Knochenmarks der Blutbildung (das Mark der kleinen und<br />

platten Knochen, z. B. Becken, Rippen, Wirbelkörper, Sternum, Schädel).<br />

Alle Blutzellen entstammen einer gemeinsamen Stammzelle.<br />

- Eine Gruppe der weißen Blutkörperchen, die so genannten Lymphozyten, stammen<br />

zwar auch aus dem Knochenmark, werden aber auch in den lymphatischen<br />

Organen gebildet, dazu gehören Lymphknoten, Tonsillen, Milz, darmassoziiertes<br />

lymphatisches Gewebe und Thymus.<br />

- Die Erythropoese (Bildung der roten Blutkörperchen) wird gesteuert von<br />

Erythropoetin, welches in der Niere gebildet wird. Erythropoetin wird verstärkt<br />

ausgeschüttet bei fallendem O2-Partialdruck.<br />

- Für die Zusammensetzung des Blutplasmas sind vor allem die Leber (Bildungsort der<br />

Bluteiweiße) und die Niere („Reinigungsanstalt“) verantwortlich.<br />

2. Erythrozyten (rote Blutkörperchen)<br />

2.1 Aufgaben<br />

- Sie transportieren Sauerstoff und Kohlendioxid<br />

- Sie enthalten Hämoglobin (roter Blutfarbstoff), das die Fähigkeit hat, O2 und CO2 zu<br />

binden<br />

- Sie besitzen keinen Zellkern und keine Zellorganellen, aber eine Zellmembran, d. h.<br />

sie sind eigentlich keine vollständigen Zellen, sondern „Blutfarbstoffbehälter“ (das<br />

Hämoglobin macht rund ein Drittel ihres Inhalts aus).<br />

- Sie können sich nicht teilen; ihre Lebensdauer beträgt ca. 100- 120 Tage<br />

2.2 Form und Verformbarkeit<br />

- Sie haben eine bikonkave Form (runde Scheibchen, auf beiden Seiten eingedellt),<br />

was wichtig ist für den Gasaustausch (Oberflächenvergrößerung!).<br />

- Sie haben eine gute Verformbarkeit, so dass sie auch durch kleinste Blutgefäße<br />

hindurch passen.<br />

Die Verformbarkeit nimmt jedoch mit dem Erreichen der „Altersgrenze“ ab. Der<br />

Körper eliminiert diese „unflexiblen“ Erythrozyten vornehmlich über die Milz<br />

(Blutmauserung).<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 3 von 44<br />

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2.3 Klinisch wichtige Größen<br />

- Erythrozyten gesamt: 4,5- 5,4 Mio. pro mm³ Blut<br />

- Das „mittlere korpuskuläre Erythrozytenvolumen“ (MCV) bezeichnet die<br />

durchschnittliche Größe eines einzelnen Erythrozyten; wird errechnet aus HK :<br />

Erythrozytenzahl<br />

- „Mittleres korpuskuläres Hämoglobin“ (MCH oder HbE) wird aus Hb-Wert und<br />

Erythrozytenzahl errechnet. Gibt eine Aussage darüber, mit wie viel Hb ein einzelner<br />

Ery beladen ist.<br />

- „Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration“ (MCHC) errechnet sich aus Hb :<br />

HK und gibt Auskunft über die durchschnittliche Hb- Beladung.<br />

- Referenzbereiche :<br />

Frauen<br />

Männer<br />

Hb 12-16 g/dl 14-18 g/dl<br />

Hk 37-47 % 40-52 %<br />

- MCH macht eine Aussage über die Hämoglobinbeladung des einzelnen<br />

Erythrozyten. Man unterscheidet:<br />

Hypochrom= zu wenig Hämoglobin<br />

Normochrom= normal beladen<br />

Hyperchrom= zu viel Hämoglobin.<br />

Normalwert MCH: 27 – 34 pg (Piktogramm)<br />

- MCV gibt Aufschluss über die Größe der einzelnen Erythrozyten. Man unterscheidet:<br />

Mikrozytär = zu kleine Erythrozyten<br />

Normozytär= normalgroße Erythrozyten<br />

Makrozytär= zu große Erythrozyten<br />

Normalwert MCV: 83 – 95 fl<br />

- MCHC gibt Aufschluss über die durchschnittliche Hb – Beladung des einzelnen<br />

Erythrozyten.<br />

Normalwert MCHC: 32 – 36 g/dl<br />

- Diese Werte sind wichtige Parameter bei der Diagnostik und Bestimmung von<br />

Anämien („Blutarmut“)<br />

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2.4 Blutmauserung<br />

In der Milz geht ein Teil des Blutstroms durch ein Reusen- oder Filtersystem<br />

(Retikulinfasernetz).Gesunde Erythrozyten zwängen sich durch, die alten bleiben<br />

hängen und werden von Milz- Makrophagen (Riesenfresszellen) abgebaut.<br />

Auch das im Ery enthaltene Hämoglobin (Hb) wird abgebaut und gespalten in Häm<br />

und Globin.<br />

Globin besteht aus Eiweiß und wird einfach vom Makrophagen in seine Bestandteile<br />

zerlegt (Aminosäuren), die direkt ins Blut abgegeben werden können.<br />

Häm kann nicht einfach ans Blut abgegeben werden, es muss erst noch weiter<br />

abgebaut werden:<br />

Zuerst wird Eisen (ein Bestandteil des Häms) herausgelöst und als Hämosiderin im<br />

Gewebe gespeichert.<br />

Der Rest wird noch mal gespalten und heißt dann Biliverdin, ein grünlicher Farbstoff.<br />

Biliverdin wird weiter zerlegt in Bilirubin (Bb), ein gelblich- rötlicher Farbstoff.<br />

Der Körper möchte Bb gerne ausscheiden, da es aber nicht wasserlöslich ist, muss es<br />

für den Transport im Blut an eine geeignete Transportsubstanz angebunden werden.<br />

Dieser „Transporter“ heißt Albumin und gehört zur Gruppe der Plasmaproteine.<br />

Das Bb- Albumin gelangt nun über den Blutweg zur Leber und erfährt dort einen<br />

erneuten Umbauprozess:<br />

Die Leberzellen spalten nun das Albumin wieder ab und geben es zurück ins Blut.<br />

Das Bb wird von den Leberzellen an einen neuen wasserlöslichen Transporter<br />

gebunden: Glukuronsäure. Der nun entstandene Stoff heißt Bb- Glukuronid (Bb-<br />

Gluk).<br />

Diesen Prozess in der Leber nennt man Glukuronidierung oder Konjugierung.<br />

Von den Leberzellen wird nun das Bb- Gluk zusammen mit der ebenfalls dort<br />

produzierten Gallenflüssigkeit abgegeben.<br />

Über die Gallengänge gelangt die Gallensäure schließlich in den Dünndarm (12-<br />

Finger- Darm).<br />

Im Dünndarm wird jetzt das Bb von der Glukuronsäure getrennt und die Säure<br />

gelangt über die Darmschleimhaut wieder an das Blut, welches die Säure zur Leber<br />

zurücktransportiert.<br />

Auf diese Weise werden keine „Transportmittel“ verschwendet sondern können<br />

wiederverwertet werden, d. h. die Glukuronsäure kann also schon an das nächste Bb<br />

wieder angehängt werden.<br />

Aus diesem Grund nennt man diesen Vorgang auch Enterohepatischen Kreislauf.<br />

Das im Darm befindliche Bb wird jetzt von Bakterien der Darmflora verzehrt und<br />

abgebaut zu<br />

Sterkobilinogen/ Sterkobilin. Dies ist ein brauner Farbstoff (er färbt den Stuhl!). Ein Teil<br />

des Bb wird zu Urobilinogen abgebaut und gelangt über die Darmschleimhaut zur<br />

Niere und wird als Urobilin im Harn ausgeschieden (Gelbfärbung des Urins).<br />

Ist unsere Darmflora zusammengebrochen (massive Infektionen, starke<br />

Antibiotikagaben o. ä.),<br />

so kann der braune Farbstoff nicht gebildet werden. Der Stuhl wäre dann eigentlich<br />

orange- rot, da er aber oxidiert (mit Sauerstoff/ Luft reagiert) wird er grün (durch<br />

Biliverdin!).<br />

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2.5 Ikterus<br />

Bei Störungen des Bb- Stoffwechsels kommt es typischerweise zum Ikterus<br />

(Gelbsucht).<br />

Die Gelbfärbung entsteht durch das vermehrte Bb, welches sich im Blut befindet. Am<br />

Anfang ist es auf den Schleimhäuten (Skleren), später auch auf der gesamten Haut<br />

sichtbar.<br />

Die 3 Arten des Ikterus:<br />

1) Prähepatischer Ikterus<br />

2) Hepatischer Ikterus<br />

3) Posthepatischer Ikterus<br />

2.5.1 Prähepatischer Ikterus/ Hämolytischer Ikterus<br />

- Die Ursache liegt „vor“ der Leber, d. h. durch einen massiven Zerfall von<br />

Erythrozyten (Hämolyse) fällt sehr viel mehr Bb an, als normal, z.B. Malaria<br />

- Nachweise: Der Urin ist normal - dunkel, der Stuhl sehr dunkel gefärbt<br />

2.5.2 Hepatischer Ikterus<br />

- Die Ursache liegt „in“ der Leber, d. h. durch eine Erkrankung (z. B. Hepatitis,<br />

Leberzirrhose) werden die Leberzellen beeinträchtigt. Sie glukuronidieren zwar das<br />

Bb, können es aber nicht an die Gallenflüssigkeit abgeben und das Bb- Gluk gelangt<br />

zurück ins Blut.<br />

Bb- Gluk ist nierengängig, d. h. es wird in diesem Fall dann über die Niere mit dem<br />

Urin ausgeschieden.<br />

- Nachweise: Der Urin ist braun mit braunem Schüttelschaum, der Stuhl hell bis<br />

hellgelb<br />

2.5.3 Posthepatischer Ikterus<br />

- Die Ursache liegt „hinter“ der Leber, d. h. durch eine Erkrankung der Gallenblase<br />

oder des großen Gallengangs (z. B. Steine, Tumor) ist der Abfluss der Gallensäure<br />

behindert.<br />

Die Gallenflüssigkeit kann also nicht wie sonst in den Dünndarm gelangen, sondern<br />

sie staut sich zurück. Bb- Gluk gelangt dann wieder ins Blut, wird zur Niere transportiert<br />

und mit dem Urin ausgeschieden.<br />

- Nachweise: Der Urin ist braun mit braunem Schüttelschaum, der Stuhl ist weiß und<br />

fettig- glänzend (Steatorrhoe)*<br />

* ohne Gallenflüssigkeit kann der Körper Fett in der Nahrung nicht verdauen!<br />

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2.6 Blutgruppen<br />

-Erythrozyten haben auf ihrer Oberfläche spezifische Blutgruppenantigene und Rh-<br />

Antigene.<br />

Aus diesen ergibt sich die Blutgruppe des einzelnen Individuums (A, B, AB, 0), sowie<br />

auch der Rhesusfaktor (positiv oder negativ).<br />

- Man bildet automatisch Antikörper gegen alle Blutgruppenantigene, die man nicht<br />

selbst besitzt. Beispiele: Ich selbst habe Blutgruppe A, dann habe ich Antikörper<br />

gegen B;<br />

habe ich Blutgruppe B, dann besitze ich Antikörper gegen A;<br />

habe ich Blutgruppe AB, dann besitze ich gar keine Antikörper;<br />

habe ich aber Blutgruppe 0, dann besitze ich Antikörper gegen A und B!<br />

- Medizinische Relevanz haben Blutgruppen bei Bluttransfusionen. Durch die<br />

Antikörper können sich bei der Transfusion mit nicht kompatibler Blutgruppe Gerinnsel<br />

bilden und das Blut zum Verklumpen bringen. Die Folgen sind Lungenembolien und<br />

Schlaganfälle.<br />

Während einer Schwangerschaft kann es ebenfalls zu einer<br />

Blutgruppeninkompatibilität zwischen Mutter und Kind kommen. Dies führt zum M.<br />

hämolyticus neonatorum, der meist mit einem Neugeborenenikterus und einer<br />

leichten Anämie des Neugeborenen einhergeht.<br />

Empfänger A B AB 0<br />

Spender A starke leichte starke<br />

Anti B Verkl. Verkl. Verkl.<br />

B starke leichte starke<br />

Anti A Verkl. Verkl. Verkl.<br />

AB mittlere mittlere sehr starke<br />

Verkl. Verkl. Verkl.<br />

0 leichte leichte leichte<br />

Anti A, B Verkl. Verkl. Verkl.<br />

2.7 Rhesusfaktor<br />

- Man unterscheidet rhesusnegativ (rh -) und rhesuspositiv (Rh +)<br />

- Ist man rh - , bildet man erst nach einem Kontakt mit Rh + Blut Antikörper gegen den<br />

Rhesusfaktor (dies nennt man Sensibilisierung).<br />

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- Der Rhesusfaktor ist relevant bei Bluttransfusionen aber auch bei Frauen in der<br />

Schwangerschaft. Wird eine rh – Mutter durch eine vorangegangene<br />

Schwangerschaft mit einem Rh + Kind sensibilisiert (es kommt also zur<br />

Antikörperbildung), so wird bei einer nachfolgenden Schwangerschaft mit einem Rh<br />

+ Kind das Blut des Kindes von den Antikörpern der Mutter angegriffen.<br />

Es entsteht eine Rhesuskrankheit beim ungeborenen Kind, der so genannte M.<br />

hämolyticus fetalis.<br />

Es kommt zum Blutzerfall und zur Anämie (Blutarmut) mit unterschiedlichen<br />

Schweregraden.<br />

Seltener führt eine Rhesuskrankheit des Kindes auch zum M. hämolyticus neonatorum<br />

(s. o.).<br />

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3. Leukozyten (weiße Blutkörperchen)<br />

3.1 Aufgaben<br />

Sie dienen den Abwehrvorgängen im Körper durch:<br />

a) Phagozytose („Fressen“)<br />

b) Unspezifische Kampfstoffe (zytotoxische und antivirale Substanzen)<br />

c) Spezifische Kampfstoffe (Antikörper)<br />

3.2 Aufenthalt<br />

- Im Gegensatz zu den Erythrozyten bewegen sich die Leukozyten nur<br />

vorübergehend im Blut. Sie benutzen das Blut als Transportmittel (wie Bus und Bahn),<br />

um zu ihren „Arbeitsplätzen“ zu gelangen: Sie treten durch die Wand der Blutgefäße<br />

hindurch (so wie Geister durch die Wände gehen können) und gelangen so ins<br />

Gewebe (diesen Vorgang nennt man Diapedese). Sie werden dabei von<br />

bestimmten chemischen Substanzen angelockt (Chemotaxis).<br />

- Nur ca. 5% der Leukos kreisen im Blut, die anderen sind im Gewebe verteilt, ein<br />

großer Teil davon hält sich in ihren Bildungsstätten auf (dem Knochenmark und den<br />

lymphatischen Organen).<br />

3.3 Arten<br />

- Entsprechend der Vielseitigkeit der Abwehrvorgänge sind auch die Leukozyten<br />

untereinander differenziert. Man unterscheidet:<br />

- Granulozyten - Neutrophile Granulozyten<br />

- Eosinophile Granulozyten<br />

- Basophile Granulozyten<br />

- Lymphozyten - B- Lymphozyten<br />

- T- Lymphozyten<br />

- Monozyten<br />

3.4 Klassifikation nach Herkunft<br />

a) myeloische Zellreihe: im Knochenmark gebildet, dazu gehören Granulozyten und<br />

Monozyten<br />

(aber auch die Erythrozyten und die Thrombozyten- die Blutplättchen)<br />

b) lymphatische Zellreihe: in den lymphatischen Organen gebildet, das sind die<br />

Lymphozyten<br />

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3.4 Anzahl<br />

- Im Blut findet man 4000- 8000 pro mm³<br />

- Sind die Leukozyten vermindert, spricht man von Leukopenie, sind nur die<br />

Lymphozyten vermindert, von Lymphopenie.<br />

- Ist die Zahl der Leukozyten erhöht, spricht man von Leukozytose, z. B. bei<br />

Entzündungen<br />

(v. a. sind hier die Granulozyten erhöht = Granulozytose)<br />

- Bei der Agranulozytose findet man keine oder nur sehr wenig Granulozyten (z. B. bei<br />

Knochenmarkszerstörung durch Vergiftungen oder Strahlenschäden).<br />

3.5 Granulozyten<br />

3.5.1 Neutrophile Granulozyten<br />

- Sie lassen sich weder mit sauren noch mit basischen Farbstoffen anfärben<br />

- Sie stellen mit 50- 70% die stärkste Gruppe der Leukozyten<br />

- Ihre Lebensdauer beträgt einige Tage, die Verweildauer im Blut nur einige Stunden<br />

- Sie erkennen opsonierte Erreger, d. h. sie können mit Hilfe von Rezeptoren die Fc-<br />

Fragmente eines Antikörpers erkennen, der einen Erreger „besetzt“.<br />

- Sie fressen Bakterien und verdauen diese mit Hilfe von Lysosomen- Enzymen. Sie sind<br />

eigentlich „Wegwerfzellen“, die nach einigen Einsätzen zugrunde gehen.<br />

Abgestorbene Neutrophile sind der Hauptbestandteil von Eiter.<br />

3.5.2 Eosinophile Granulozyten<br />

- Sie lassen sich mit Eosin (saurer roter Farbstoff ) anfärben<br />

- Sie stellen im Blut nur ca. 2- 4% der Leukozyten<br />

- Sie enthalten weniger Lysosomen als die Neutrophilen<br />

- Sie sind an Immunreaktionen beteiligt: Sie phagozytieren Antigen- Antikörper-<br />

Komplexe und inaktivieren Histamin (das ist ein Entzündungsmediator). Damit wirken<br />

sie überschießender Immunreaktion (z. B. Allergien) entgegen.<br />

- Man findet sie vermehrt im Blut bei Parasitenbefall (z. B. Würmern) und bei<br />

allergischen Krankheiten (z. B. Heuschnupfen).<br />

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3.5.3 Basophile Granulozyten<br />

- Sie lassen sich mit basischen Farbstoffen (z. B. Methylenblau) anfärben<br />

- Die kleinste Gruppe der Leukozytenarten: nur 0,5- 1%<br />

- Sie enthalten Histamin (Entzündungsmediator, wirkt gefäßerweiternd) und Heparin<br />

(wirkt gerinnungshemmend)<br />

- Sie enthalten kaum Lysosomen, machen nur wenig Phagozytose<br />

- man vermutet, dass sie die Vorstufe zur Gewebsmastzelle sind<br />

3.6 Lymphozyten<br />

- Lymphozyten sind die kleinsten Leukozyten<br />

- Sie stellen etwa ein Viertel der Leukozyten im Blut; ihr Anteil steigt bei Entzündungen<br />

an, vor allem bei chronischen<br />

- Ihre Lebensdauer beträgt Tage bis mehrere Jahre („Gedächtniszellen“)<br />

- ca. 98% der Lymphozyten halten sich in den lymphatischen Organen b. z. w. im<br />

Knochenmark auf. Von dort aus begibt sich ein Teil für ca. eine halbe Stunde auf<br />

Wanderschaft durch den Körper<br />

(man könnte sagen, sie gehen „auf Streife“, ähnlich wie Polizisten).<br />

- Sie sind in der Lage sich zu vermehren. Dies findet hauptsächlich in den<br />

lymphatischen Organen statt. Man nennt sie dann Lymphoblasten.<br />

- Lymphozyten sind Träger der spezifischen Abwehr. Nach ihren Hauptaufgaben<br />

kann man sie in 2 Klassen einteilen, die B- Lymphozyten und die T- Lymphozyten.<br />

3.6.1 B- Lymphozyten<br />

- Sie werden überwiegend im Knochenmark gebildet und im Bursaäquivalent<br />

geprägt (daher der Name B- Zelle!). Das Bursaäquivalent ist beim Menschen<br />

vorgeburtlich die fetale Leber, später bestimmte Teile des Knochenmarks. In<br />

Experimenten fand man bei Vögeln die Bursa fabricii, die den Ort der B- Zellen<br />

Prägung darstellt. Der Mensch besitzt dieses Organ nicht, man fand aber die oben<br />

genannten Prägungsorte. Nach der Prägung besitzen sie verschiedenste Antikörper<br />

auf ihrer Membran.<br />

- B- Zellen können über die Plasmazelle Immunglobuline (Antikörper) bilden, sie<br />

können sich also vermehren.<br />

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- Sie sind dafür verantwortlich, Antigene (also dem Körper feindliche, fremde<br />

Substanzen) zu erkennen und speziell gegen diesen Erreger gerichtete Antikörper zu<br />

produzieren. Das bedeutet, dass sie genau wissen, welchen Erreger sie vor sich<br />

haben. Sie können also genau die Abwehrzellen produzieren, die für den erkannten<br />

Erreger spezifisch sind, also genau auf ihn „passen“.<br />

-Sie stellen die humorale Immunreaktion oder auch humorale Abwehr dar.<br />

- Außerdem kann die B- Zelle auch so genannte Gedächtniszellen bilden, die dann<br />

bis zu 10 Jahre bestehen bleiben und im Falle eines erneuten Erregerkontakts sofort<br />

mit der Bildung von spezifischen Antikörpern beginnen kann. (So funktioniert die<br />

spezifische Immunität, d. h. meine Gedächtniszellen „erinnern“ sich noch Jahre<br />

später an einen Erreger und beginnen sofort mit der Antikörperbildung.)<br />

3.5.2 T- Lymphozyten<br />

- Sie entstehen wie die B- Zellen aus einer Vorläuferzelle im Knochenmark, werden<br />

dann aber<br />

im Thymus geprägt. Daher der Name T- Zelle. Vom Thymus aus wandern sie in die<br />

lymphatischen Organe. Auch sie haben nach der Prägung viele verschiedene<br />

Antikörper auf ihrer Membran.<br />

- Sie stellen die zelluläre Immunreaktion dar. Zusammen mit den Riesenfresszellen<br />

(Makrophagen) wirken sie direkt am Ort des Antigenreizes.<br />

- Die T- Zellen bilden wiederum verschiedene Funktionszellen:<br />

a) T- Helfer- Zellen: Sie sind für die Aktivierung der Antikörperproduktion durch die B-<br />

Zellen verantwortlich, d. h. wenn sie einen Erreger erkannt haben, dann<br />

„präsentieren“ sie das Antigen dem B- Lymphozyten und dieser beginnt daraufhin<br />

sofort mit der Produktion von Antikörpern.<br />

Die T- Helfer- Zellen stimulieren auch andere Abwehrsysteme, z. B. Makrophagen und<br />

Killerzellen.<br />

b) T- Suppressor- Zellen: Sie unterdrücken überschießende Immunreaktionen und<br />

wirken regulierend.<br />

c) Zytotoxische T- Lymphozyten: Sie zerstören virusinfizierte Zellen und Tumorzellen.<br />

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3.5.3 Natürliche Killerzellen (NK)<br />

- werden manchmal auch als T- Killer- Zellen bezeichnet, sind aber eigentlich eine<br />

eigenständige Gruppe. Sie stammen aber ebenfalls aus einer gemeinsamen<br />

Vorläuferzelle im Knochenmark<br />

(so wie die B- Zellen und die T- Zellen).<br />

- Sie besitzen keine Antigen- spezifischen Rezeptoren, sind also Teil der unspezifischen<br />

Abwehr.<br />

- Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Tumorabwehr und bei zahlreichen<br />

infektiösen Erkrankungen.<br />

- Sie vernichten/ vergiften die Zielzellen mit einem Mikrobizid- System.<br />

4. Monozyten<br />

- Sie stellen im Blut ca. 4- 10% der Leukozyten<br />

- Sie halten sich nur kurz im Blut auf und wandern dann in die Gewebe ein, wo sie zu<br />

ganz speziellen Gewebemakrophagen heranreifen.<br />

- Monozyten sind ein wesentlicher Bestandteil des Monozyten- Makrophagen-<br />

Systems, das in allen Organen vorkommt. Auch wenn sie noch im Blut unterwegs<br />

sind, erfüllen sie schon wichtige Abwehraufgaben.<br />

- Man kann sie im Mikroskop gut an ihrem hufeisenförmigen Kern erkennen. Sie sind<br />

außerdem die größten Leukozyten (12- 20 Mikrometer)<br />

- Sie enthalten zahlreiche Lysosomen und sind damit hervorragend zur Phagozytose<br />

geeignet!<br />

- Sie enthalten viele Zellorganellen, vor allem Mitochondrien. So können sie<br />

verbrauchte Enzyme und Membranen problemlos ersetzen. Damit sind sie für eine<br />

lange Lebenszeit ausgerüstet (u. U. Monate bis Jahre)<br />

- Neben der Phagozytose sind sie auch an der Präsentation von Antigenen beteiligt<br />

(siehe B- Lymphozyten!) und besitzen antivirale und zytotoxische Stoffe.<br />

- Im Gewebe und in Organen differenzieren sie sich zu spezielle Makrophagen:<br />

a) Kupfersche Sternzelle: in der Leber (Zelltrümmer, Dreck, Erreger, die mit der<br />

Nahrung aufgenommen wurden. Das Blut aus dem Verdauungstrakt muss durch die<br />

Leber hindurch.)<br />

b) Alveolarmakrophage: in den Lungenbläschen (Erreger, Stäube, die eingeatmet<br />

wurden)<br />

c) Milzmakrophagen: in der Milz (Blutmauserung)<br />

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d) Lymphknotenmakrophagen: in den Lymphknoten (Filterstation der<br />

Lymphflüssigkeit)<br />

e) Exsudatmakrophagen: in der entzündlichen Gewebsflüssigkeit (vernichten Erreger)<br />

- Makrophagen sind auch in der Lage, Pyrogene auszuschütten. Über diese Substanz<br />

wir dann vom Wärmeregulationszentrum des Hypothalamus eine Sollwertverstellung<br />

vorgenommen, die Körpertemperatur steigt, man bekommt Fieber.<br />

5. Thrombozyten (Blutplättchen)<br />

5.1 Aufgaben<br />

- Sie enthalten die für die primäre Blutgerinnung (Koagulation, Hämostase) nötigen<br />

Enzyme.<br />

Da Blut dem Körper wichtig ist, muss er sich vor Blutverlusten bei Verletzungen<br />

schützen.<br />

Blut ist daher fähig, relativ schnell aus dem flüssigen in einen halbfesten Zustand<br />

überzugehen und damit das Leck in der Gefäßwand abzudichten. Dazu befindet<br />

sich im Blutplasma ein bestimmtes Eiweiß (Fibrinogen), das durch das Enzym Thrombin<br />

in einen faserigen Zustand gebracht wird (heißt dann Fibrin). Thrombin wiederum wird<br />

aus auf einem komplizierten Weg aus Prothrombin gebildet. (siehe Thema<br />

Blutgerinnung!)<br />

An diesem ganzen Prozess sind mehr als ein Dutzend Faktoren beteiligt, die z. T. aus<br />

den Blutplättchen selbst, zum Teil aus der Gefäßwand und zum Teil aus dem<br />

Blutplasma stammen.<br />

Ähnlich wie bei einem Banktresor, wo es auch mehrerer Personen mit den passenden<br />

Schlüsseln bedarf, schützt der Körper sich so vor versehentlicher Blutgerinnung.<br />

Denn genauso wichtig wie der Schutz vor Blutverlusten ist auch der Schutz vor<br />

Gerinnselbildung (Schlaganfälle, Herzinfarkte und Lungenembolien können dadurch<br />

verursacht werden).<br />

- Blutplättchen können zur „ersten Hilfe“ einen Gefäßwandschaden abdichten; es<br />

gibt 2 Varianten:<br />

a) Thrombozytenadhäsion: Sie legen sich einfach an die defekte Gefäßinnenwand<br />

an.<br />

Dieser Vorgang wird durch Kontakt mit bestimmten kollagenen Fasern ausgelöst.<br />

b) Thrombozytenaggregation: Sie bilden durch Aneinanderlagern einen Pfropf, mit<br />

welchem kleinere Löcher der Gefäßwand verschlossen werden können. Dies wird<br />

auch durch bestimmte Kollagentypen ausgelöst. Gleichzeitig setzen sie in ihnen<br />

enthaltenes Serotonin frei, was eine Kontraktion der Blutgefäßwand auslöst.<br />

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5.2 Aufbau<br />

- Die Blutplättchen sind eigentlich nur Zellteile, die von Megakaryozyten stammen.<br />

- Sie enthalten: Serotonin (bewirkt die Kontraktion der Gefäßmuskulatur),<br />

Plättchenfaktor III (aktiviert die Blutgerinnung), Thrombosthenin oder Thrombasthenin<br />

(veranlasst das Schrumpfen des Blutgerinnsels, es wird fester) und Fibrinogen (es<br />

ergänzt das Plasmafibrinogen).<br />

5.3 Anzahl<br />

- Das Blut beim Gesunden enthält 150.000- 300.000 Thrombozyten pro mm³.<br />

Die Blutgerinnung ist empfindlich gestört, wenn die Zahl 30.000 unterschritten wird<br />

(man spricht dann von Thrombozytopenie oder Thrombopenie).<br />

- Sie haben eine Lebensdauer von 7- 10 Tagen<br />

6. Die Blutgerinnung<br />

- Für den endgültigen Defektverschluss ist die sekundäre Blutstillung/ Blutgerinnung<br />

verantwortlich.<br />

- Die so genannte Gerinnungskaskade besteht aus einem extrinsischen System<br />

(„Gewebeweg“ oder exogenes System, d. h. dieses System wird durch Einblutungen<br />

ins Gewebe aktiviert) und einem intrinsischen System („intravasaler Weg“ oder<br />

endogenes System, d. h. Kollagenfasern eines zerstörten Gefäßes haben mit dem<br />

Blut Kontakt).<br />

Die Blutgerinnung kann sowohl über das eine, als auch über das andere System<br />

aktiviert werden.<br />

6.1 Extrinsisches System<br />

- Über das ins Gewebe eingedrungene Blut wird Gewebsthromboplastin freigesetzt,<br />

welches den Faktor VII (+ Kalzium) und dann nachfolgend den Faktor X aktiviert. Die<br />

Aktivierung dieses Systems erfolgt in Sekunden.<br />

6.2 Intrinsisches System<br />

- Haben Thrombozyten Kontakt mit geschädigten Gefäßwandzellen oder<br />

Kollagenfasern, kommt es zur Aktivierung des Faktors XII, nachfolgend zur Aktivierung<br />

der Faktoren XI, IX, VIII und schließlich X. Am Ende steht das aktive Enzym Thrombin,<br />

welches Fibrinogen in ein Fibrinnetz umwandelt.<br />

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6.3 Gegenspieler der Blutgerinnung<br />

- Das Gerinnungssystem verfügt über mehrere „Bremssysteme“, die in der Lage sind,<br />

die Blutgerinnung an mehreren Stellen abzuschwächen, b. z. w. überschüssige<br />

Gerinnsel abzubauen.<br />

- Inhibitoren des Gerinnungssystems verhindern überschießende Blutgerinnung und<br />

halten sozusagen das Gleichgewicht mit den gerinnungsfördernden Substanzen.<br />

Dazu gehören folgende Faktoren:<br />

a) Antithrombin: greift an zahlreichen Stellen in die Gerinnungskaskade ein (inaktiviert<br />

Thrombin und Faktor X). Die Wirkung von Antithrombin wird durch Heparin massiv<br />

verstärkt!<br />

b) Vitamin K- abhängige Proteine: inaktivieren den Faktor VIII und aktivieren<br />

Plasminogen<br />

- Das Fibrinolysesystem sorgt für den Abbau von Gerinnseln und löst das Fibrin in<br />

kleine Fragmente auf, so dass diese von Makrophagen „gefressen“ werden können.<br />

Diese Aufgabe übernimmt das im Blut befindliche Plasminogen, welches im<br />

aktivierten Zustand Plasmin heißt.<br />

7. Blutplasma<br />

- Ist der flüssige Anteil der Blutes (Zusammensetzung siehe 1.1)<br />

- Die im Blut gelösten Plasmaproteine machen zusammen ca. 8% des gesamten<br />

Plasmas aus<br />

- Um an das Plasma zu gelangen, wird das Blut zentrifugiert, so dass es sich in seine<br />

festen und seine flüssigen Bestandteile trennt. Im festen Anteil befinden sich die<br />

Blutkörperchen und die Gerinnungsfaktoren, der flüssige Anteil heißt jetzt Serum<br />

(Plasma ohne Gerinnungsfaktoren).<br />

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7.1 Plasmaproteine<br />

- Sie werden in 5 Gruppen unterteilt:<br />

a) Albumine: stellen ca. 60% der Plasmaproteine; ihre Aufgaben bestehen im<br />

Transport von Bilirubin und Vitaminen, sie sind verantwortlich für den Kolloidosmotischen-<br />

Druck.<br />

(Am Ende der kleinsten Kapillargebiete wird Wasser aus den Gefäßen abgepresst.<br />

Sieben Achtel der Flüssigkeit wird aber von den in den Gefäßen zurückgebliebenen<br />

Plasmaproteinen zurück „gezogen“, das eine Achtel, welches im Gewebe bleibt,<br />

beginnt seinen Weg als Lymphe durch das Lymphsystem.)<br />

Hat man einen Mangel an Plasmaproteinen, so funktioniert dieser wichtige<br />

Mechanismus nicht mehr und deutlich mehr Wasser bleibt im Gewebe zurück, es<br />

entsteht eine Schwellung, ein Ödem.<br />

b) Alpha 1- Globuline: ca. 4% der Plasmaproteine; dazu gehören: HDL (ein<br />

Lipoprotein, welches Fett bindet; spielt eine wichtige Rolle bei der Cholesterinwert-<br />

Bestimmung; das so genannte „gute“ Cholesterin), Prothrombin (Teil der<br />

Blutgerinnung) und Transcortin (bindet Cortisol und Cortison).<br />

c) Alpha 2- Globuline: ca. 8% der Plasmaproteine; dazu gehören: Caeruloplasmin<br />

(Protein für den Eisentransport), Serumcholinesterase (Enzym, welches Acetylcholin<br />

spaltet) und Plasminogen (Gegenspieler der Blutgerinnung, Bestandteil des<br />

Fibrinolysesystems).<br />

d) Beta- Globuline: ca. 12% der Plasmaproteine; dazu gehören: LDL (Lipoprotein,<br />

welches Fett bindet; hat einen deutlich höheren Fettanteil als HDL; wird als<br />

„schlechtes“ Cholesterin bezeichnet), Fibrinogen (Faktor der Blutgerinnung) und das<br />

Komplementsystem (opsoniert Erreger und aktiviert die Immunabwehr)<br />

e) Gammaglobuline: ca. 16% der Plasmaproteine; das sind die folgenden Antikörper:<br />

IgM, IgG, IgA, IgE, IgG und ein Teil der IgD (sitzen auf der Oberfläche der<br />

Lymphozyten).<br />

8. Antikörper<br />

- Sie werden von B- Lymphozyten und Plasmazellen gebildet.<br />

- Sie sehen aus wie ein Y, welches auf dem Kopf steht. Die beiden kürzeren Schenkel<br />

werden jeweils als F ab- Fragmente bezeichnet, der „Stiel“ als F c- Fragment.<br />

- Mit den F ab- Fragmenten setzen sie sich auf die Erreger. Die Antikörper können sich<br />

auch an 2 Erreger anheften (mit je einem F ab- Fragment), so dass eine Verklumpung<br />

der Erreger entsteht. Damit sind sie schon an ihrer Ausbreitung und weiteren<br />

Verteilung gehindert (sie passen nun nicht mehr durch enge BGW- Strukturen).<br />

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8.1 IgG<br />

- Der Standard- Antikörper; er macht gute Agglutination (Verklumpung) und er<br />

aktiviert das Komplementsystem (ein Enzym, welches die Membran der Erreger<br />

schädigt; es „bohrt“ sozusagen den Erreger an und Flüssigkeit dringt in ihn ein; der<br />

Erreger platzt b. z. w. stirbt).<br />

Zusätzlich macht IgG eine gute Opsonierung (sorgt dafür, dass die Immunabwehr<br />

angelockt wird) und neutralisiert Viren.<br />

8.2 IgM<br />

- Ist der größte Antikörper (Makroglobulin) und besteht aus 5 einzelnen Antikörpern,<br />

die in einem Ring angeordnet sind. Hat er Erregerkontakt, so klappt er der Länge<br />

nach auf. Er macht sehr gute Agglutination, Komplementaktivierung, Opsonierung<br />

und Virusneutralisation. Nachteil: er ist sehr groß und kommt im Gewebe nur langsam<br />

voran.<br />

8.3 IgA<br />

- Dies ist ein Schleimhautantikörper, der aus 2 Antikörpern zusammengesetzt ist und<br />

zwar verbunden am F c- Fragment. So entsteht ein länglicher Antikörper mit jeweils 2<br />

F ab- Fragmenten an den Enden.<br />

Damit macht er gute Agglutination, gute Virusneutralisation, aber keine<br />

Komplementaktivierung und keine Opsonierung (F c- Fragment ist ja eingebunden!).<br />

8.4 IgE<br />

- Wird am Ende einer Immunreaktion gebildet.<br />

- Viele verschiedene IgE finden dann so ihren Platz auf der Membran der<br />

Gewebsmastzelle. Bei erneutem Kontakt mit einem bekannten Erreger schüttet die<br />

Mastzelle dann Histamin aus und löst damit eine Entzündungsreaktion aus.<br />

8.5 IgD<br />

- Sitzt zum größten Teil auf der Membran der B- Lymphozyten und ist wichtig zur<br />

Erkennung von Erregern.<br />

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HÄMATOLOGIE<br />

<strong>Hämatologie</strong> ist die Lehre der Blutkrankheiten.<br />

Formen:<br />

- Anämien<br />

- Koagulopathien<br />

- Maligne hämatologische Erkrankungen<br />

Allgemeines:<br />

Funktion des Blutes:<br />

Transport von Nährstoffen, Wirkstoffen (Hormone, Vitamine), Abbauprodukten,<br />

Sauerstoff und Kohlendioxid; Wärmeverteiler; pH-Wert- und Ionenregulation;<br />

Blutstillung und Blutgerinnung; Abwehrfunktion<br />

Blut setzt sich zusammen aus Plasma (ca. 55%) und Hämatokrit (ca. 45%). Die<br />

Blutmenge eines Erwachsenen beträgt ca. 6-8% seines Körpergewichts (z.B.<br />

70kg= 5l Blut).<br />

Im Plasma befinden sich:<br />

Plasmaproteine (Albumine, Globuline, Fibrinogen), Nährstoffe, Elektrolyte und<br />

Spurenelemente.<br />

Plasma ohne Fibrin heißt Serum.<br />

Der Hämatokrit setzt sich zusammen aus:<br />

Erythrozyten (4,5 bis 5,4 Mio. pro mm³), Leukozyten (4.000 bis 8.000 pro mm³)<br />

und Thrombozyten (150.000 bis 300.000 pro mm³).<br />

Bildungsstätten:<br />

Die Blutbildung (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) erfolgt beim<br />

Fetus im Dottersack und in der Leber, nach der Geburt im Mark der kleinen<br />

und platten Knochen aus einer gemeinsamen Stammzelle (myeloisches<br />

System).<br />

Lymphozyten (ihre Vorläufer stammen ebenfalls aus dem Knochenmark)<br />

vermehren sich jedoch in den lymphatischen Organen (LK, Milz, Thymus=<br />

lymphatisches System).<br />

Die Erythropoese (Bildung der roten Blutkörperchen) wird gesteuert von<br />

Erythropoetin, welches in der Niere gebildet wird. Erythropoetin wird verstärkt<br />

ausgeschüttet bei fallendem O2-Partialdruck.<br />

Erythrozyten bestehen aus Wasser und Hämoglobin. (Hämoglobin besteht aus<br />

dem Blutfarbstoff Häm und der EW-Verbindung Globin. Häm enthält 2-<br />

wertiges Eisen, welches ein hohes Bindungsvermögen für O2 und CO2 hat.)<br />

Andere notwendige Bausteine für die Erythrozyten sind:<br />

Eisen, Vitamin B12 (Cobalamin) und Folsäure.<br />

Die Leber ist ein wichtiges Speicherorgan für diese Substanzen.<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 19 von 44<br />

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Eisen kommt praktisch nicht in freier Form vor; es ist im Körper gebunden an:<br />

Hämoglobin oder Myoglobin (zusammen ca. 80%), Eisenspeicherproteine<br />

(Ferritin und Hämosiderin, ca. 20%) und Transportproteine (Transferrin).<br />

Diagnostische Verfahren:<br />

Das rote Blutbild gibt Informationen über die Zahl der Erythrozyten, den<br />

Hämoglobinwert sowie den Hämatokrit und spezielle Erythrozytenindizes.<br />

Ein kleines Blutbild ist ein rotes Blutbild plus Leukozyten- und Thrombozytenzahl.<br />

Ein großes Blutbild beinhaltet zusätzl. zum kleinen eine Differenzierung der<br />

Leukos (Blutausstrich, Differenzialblutbild).<br />

Erythrozytenindizes:<br />

- mittleres korpuskuläres Erythrozytenvolumen= MCV (durchschnittl. Größe<br />

eines Erythrozyten; errechnet sich aus HK : Erythrozytenzahl)<br />

- mittleres korpuskuläres Hämoglobin= MCH oder HbE (aus Hb-Wert und<br />

Erythrozytenzahl errechnet)<br />

- mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration MCHC (errechnet sich<br />

aus Hb : HK)<br />

Referenzbereiche :<br />

Frauen<br />

Männer<br />

Hb 12-16 g/dl 14-18 g/dl<br />

HK 37-47 % 40-52 %<br />

MCH macht eine Aussage über die Hämoglobinbeladung des einzelnen<br />

Erythrozyten. Man unterscheidet:<br />

Hypochrom= zu wenig Hämoglobin<br />

Normochrom= normal beladen<br />

27 – 34 pg<br />

Hyperchrom= zu viel Hämoglobin.<br />

MCV gibt Aufschluss über die Größe der einzelnen Erythrozyten. Man<br />

unterscheidet:<br />

Mikrozytär = zu kleine Erythrozyten<br />

Normozytär= normalgroße Erythrozyten 83 – 95 fl<br />

Makrozytär= zu große Erythrozyten<br />

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Diese Werte sind wichtig bei der Differenzierung von Anämien!!<br />

Auch die Anzahl der Retikulozyten kann zur Differenzialdiagnose genutzt<br />

werden<br />

(Retikulozyten sind die Vorstufen der Erythrozyten. Die Retikulozytenzahl gibt<br />

Informationen über die Erythropoese im Knochenmark): 0,8 – 4,1% bei Frauen,<br />

0,8 -2,2% bei Männern<br />

Man unterscheidet hyporegenerative Anämien (= erniedrigte<br />

Retikulozytenzahl; knochenmarksbedingt, zu wenig Retikulozyten, z.B. bei<br />

Eisenmangelanämie) und hyperregenerative Anämien (= erhöhte Anzahl<br />

funktionstüchtiger Retikulozyten, entsteht durch verstärkten Abbau, z.B. bei<br />

einer Blutung oder Hämolyse).<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 21 von 44<br />

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ANÄMIEN<br />

Definition:<br />

Anämie ist eine Verminderung der Sauerstofftransportkapazität des Blutes<br />

aufgrund einer verminderten Erythrozytenzahl oder einer verminderten Hb-<br />

Konzentration.<br />

Anämie ist keine Diagnose, sondern ein Befund mit vielfältigen Ursachen!<br />

Allgemeine Klinik:<br />

Unabhängig von der Ursache finden sich allgemeine Anämiesymptome; sie<br />

werden beeinflusst durch:<br />

den Grad der Anämie, die Zeit der Entwicklung der Anämie und durch die Art<br />

der Anämie.<br />

Pathophysiologie:<br />

Verminderte O2-Transportkapazität führt zu kompensatorischer Steigerung des<br />

Herzzeitvolumens => Tachykardie, Blutdruckamplitude steigt und es gibt evtl.<br />

systol. Herzgeräusche<br />

Weitere typische Symptome:<br />

- Schwäche, Müdigkeit<br />

- Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, Synkopen<br />

- Atemnot (bei Belastung) = Dyspnoe<br />

- Herzklopfen<br />

- Blässe (der Konjunktivalschleimhaut)<br />

- Muskelschmerzen<br />

- Kälteempfindlichkeit<br />

- Schlafstörungen<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 22 von 44<br />

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Einteilung (nach der Pathogenese):<br />

1.) Anämien durch Blutverluste:<br />

Akute Blutungsanämie (normozytäre Anämie)<br />

Chronische Blutungsanämie (mikrozytäre Anämie)<br />

Ursachen:<br />

Traumatische Gefäßrupturen (akut), zu häufige oder zu starke<br />

Menstruationsblutung, Magen- od. 12-Finger-Darmgeschwüre, Hämorrhoiden,<br />

Darmtumore, Blasen- Ca. etc.<br />

Klinik<br />

Erste Symptome bei Blutverlust von 1l<br />

Lebensgefahr bei 2 – 2 ½ l Blutverlust<br />

Grundsymptome für alle Anämien<br />

plus zusätzlich (bei akuter Blutungsanämie)<br />

- Schwäche<br />

- Schweißausbrüche bei jeglicher Belastung<br />

- Blässe (nur kurz vor dem Kollaps)<br />

- schneller, weicher Puls<br />

- Tachypnoe (beschleunigte Atmung)<br />

- Blutdruckabfall<br />

Diagnose:<br />

Anamnese, Klinik, Labor<br />

Bei akuter Blutung Gefahr des Schocks (Schockindex = Puls : RRsys.; 1 bis > 1 =<br />

drohender Schock, Schock; 0,5 = normal)<br />

Labor: (akut) MCV n, Ferritin n, Retikulozyten erhöht<br />

Therapie:<br />

Akut: Blutung stillen, Volumenersatz (Infusion, Plasmaexpander),<br />

kreislaufstabilisierende Maßnahmen. Größere Gefahr für den Patienten ist der<br />

Volumenverlust und der drohende Schock als der Verlust von<br />

Sauerstoffträgern!<br />

Chronisch: Therapie der Ursache, eventuell Eisensubstitution<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 23 von 44<br />

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2.) Anämien infolge verminderter oder ineffektiver Erythropoese:<br />

2.1.) Anämien durch Störung der Häm- oder Globinsynthese (microzytäre,<br />

hypochrome Anämien)<br />

Eisenmangelanämie<br />

(80% aller Anämien sind durch Eisenmangel bedingt, 80% davon sind Frauen,<br />

entwickelt sich langsam, chronischer Verlauf)<br />

Ursachen:<br />

Blutverluste (80%), z.B. Magen-Darm-Ulzera, Karzinome, Regelblutung, Geburt<br />

etc.;<br />

Erhöhter Bedarf b.z.w. mangelnde Zufuhr (SS, Wachstum); mangelnde<br />

Resorption (Säuremangel im Magen, Malassimilation, Gastrektomie); Therapie<br />

mir NSAR (kann zu einer hämorrhagischen Gastritis führen!)<br />

Klinik:<br />

Allgemeinsymptome +<br />

Brüchige Nägel mit Rillenbildung; trockene, rissige Haut, Juckreiz; brüchiges<br />

Haar; atrophische Zunge mit Zungenbrennen (Glossitis),<br />

Mundwinkelrhagaden, Stomatitis;<br />

Je nach Ursache zusätzlich: Teerstuhl, Menorrhagien, Hämaturie etc.<br />

Diagnose:<br />

Anamnese, Klinik<br />

Labor: Typische microzytäre, hypochrome Anämie mit vermindertem Eisen<br />

und erniedrigtem Ferritin! MCV erniedrigt, Serumeisen erniedrigt, Ferritin<br />

erniedrigt, Transferrin erhöht, Retikulozyten erniedrigt<br />

DD:<br />

Anämie bei chronischen, bösartigen Erkrankungen oder Infekten: Fe<br />

erniedrigt, Ferritin n oder erhöht, Transferrin erniedrigt<br />

Grund: es ist genug Eisen vorhanden, aber es kann nicht ausreichend in das<br />

Häm-Molekül eingebaut werden. Eine Eisengabe ist nicht indiziert!!!<br />

Häufigste Ursachen: Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises,<br />

Sarkoidose, chronisch- entzündliche Darmerkrankungen, chronisch- infektiöse<br />

Erkrankungen, Tumorerkrankungen<br />

Therapie:<br />

Ursachenklärung<br />

Gabe von Eisenpräparaten, meist oral; Achtung: Eisentabletten färben den<br />

Stuhl schwarz!<br />

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Sideroachrestische Anämie<br />

Definition:<br />

Anämie, bedingt durch inadäquaten oder anormalen Einbau von Eisen in das<br />

Hämoglobin, trotz ausreichender Eisenkonzentration.<br />

Ursachen:<br />

Störung beim Einbau von Eisen in den Porphyrinring; Eisenverwertungsstörung<br />

2 Formen:<br />

a) angeboren (geschlechtsspezifisch: nur Männer)<br />

b) erworben (idiopathisch als präleukämisches Syndrom) oder durch<br />

Bleiintoxikation, Alkoholkrankheit, bestimmte Medikamente (Chloramphenicol,<br />

Antituberkulotika)<br />

Klinik:<br />

Siehe Eisenmangelanämie<br />

Diagnose:<br />

Labor: Serumeisen erhöht, Ferritin erhöht, Transferrin erniedrigt<br />

Knochenmarksausstrich, Eisenablagerungen im Gewebe<br />

Therapie:<br />

Noxen abstellen, absetzen<br />

Bei lebensbedrohlicher Anämie Bluttransfusion<br />

Cave: wegen möglichen Übergangs ins eine Leukämie regelmäßige<br />

Überwachung des Blutbildes!<br />

2.2.) Anämien durch Erythrozytenreifungsstörungen (makrozytäre,<br />

hyperchrome Anämien)<br />

Perniziöse Anämie; syn: M. Biermer<br />

Definition:<br />

Anämie durch Mangel an Vitamin B 12 (Cobalamin).<br />

Vitamin B 12 ist zusammen mit Folsäure an der Bildung der DNS und der<br />

Ausreifung von Zellen beteiligt. Ein Mangel führt zu einer Verminderung aller<br />

Blutzellen, insbesondere der Erythrozyten.<br />

Pathogenese:<br />

Durch eine verminderte oder fehlende Sekretion des Intrinsic-Faktors aus den<br />

Belegzellen der Magenschleimhaut (Magenschleimhautatrophie, Gastritis Typ<br />

A) kommt es zu einer verminderten Cobalaminresorbtion im Ileum. Vitamin B 12<br />

wird in der Leber in großen Mengen gespeichert, ein Mangel wird erst nach 2-3<br />

Jahren akut.<br />

Die Vorläuferzellen des Blutes werden aufgrund der Synthesestörung zu<br />

Megaloblasten (Vorstufe der veränderten Erythrozyten), dadurch ist die<br />

Erythropoese ineffektiv.<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 25 von 44<br />

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Andere Ursachen:<br />

DüDa- Erkrankungen (M.Crohn), Fischbandwurm-Infektion, seltener: chron.<br />

Pankreatitis, Malabsorptionssyndrom, Mangelernährung (bei strenger<br />

vegetarischer Kost), nach Magen- oder DüDa-OPs<br />

Klinik:<br />

Langsamer, progredienter Verlauf<br />

häufiges Frühsyndrom: Hunter-Glossitis („Lackzunge“, schmerzhaft)<br />

Allgemeine Anämiesymptome +<br />

Gastro-intestinale Beschwerden, z.B. Appetitmangel; neurologische<br />

Symptome wie Parästhesien, Reflexstörungen, Verlust der Tiefensensibilität,<br />

Ataxie im fortgeschrittenen Stadium (durch Myelinbildungs- störungen);<br />

Konzentrationsschwäche; gelbliche (café-au-lait) Haut und Schleimhaut<br />

(durch Hämolyse); Splenomegalie; Euphorie und Benommenheit<br />

Diagnose:<br />

Anamnese, Klinik<br />

Labor: makrozytäre, hyperchrome Anämie, Retikulozyten n oder erhöht,<br />

Ferritin erhöht, MCV erhöht; im Knochenmarksausstrich Megaloblasten (=<br />

megaloblastäre Anämie);<br />

Thrombopenie, Leukopenie; bei 90% der Patienten finden sich Autoantikörper<br />

im Serum gegen Magenschleimhautzellen oder den Intrinsic-Faktor;<br />

Gastroskopie mit Biopsie<br />

Therapie:<br />

Parenterale Substitution von Cobalamin (i. m.); eventuell lebenslang, wenn<br />

Ursache der Resorptionsstörung nicht behoben werden kann; Blutübertragung<br />

in extremen Situationen; unbehandelt: tödlicher Verlauf!<br />

Folsäuremangelanämie<br />

(Anämie durch Mangel an Folsäure)<br />

Ursachen:<br />

Unzureichende Zufuhr (Unterernährung, Alkoholkrankheit, Ernährungsfehler),<br />

gestörte Resorption (Zöliakie/Sprue, Magen- oder 12-Fingerdarm-OPs,<br />

medikamentös bedingt, z.B. Pille), gesteigerter Bedarf (SS), Hemmung der<br />

Folsäuresynthese (Alkohol)<br />

Klinik:<br />

Ähnlich wie Vitamin B12-Mangelanämie, es fehlen aber die neurologischen<br />

Symptome (Myelinsynthese ist nicht gestört) +<br />

Symptome der Grundkrankheit (Alkoholismus etc.)<br />

Diagnose:<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 26 von 44<br />

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Siehe Vitamin B12-Mangelanämie; keine Absenkung des Cobalaminspiegels<br />

im Blut<br />

Therapie:<br />

Beseitigung der Ursache; Folsäuresubstitution (oral)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 27 von 44<br />

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2.3.) Anämie infolge verminderter Erythropoese (normozytäre, normochrome<br />

Anämien)<br />

Aplastische Anämie<br />

Definition:<br />

Anämie durch einen Verlust der Erythrozytenvorstufen in Folge eines<br />

Stammzellendefektes oder einer Panhypoplasie des Knochenmarks mit<br />

begleitender Leukozytopenie und Thrombozytopenie.<br />

Eine Unterfunktion des Knochenmarks betrifft alle drei Zellreihen,<br />

Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten.<br />

Ursachen:<br />

Angeboren: idiopathisch (50%), vor allem Jugendliche und junge Erwachsene<br />

Erworben: chemische Substanzen, z.B. Benzol; ionisierende Strahlen;<br />

Medikamente, z.B. Chloramphenicol, Phenylbutazon (NSAR), Gold, Busulphan<br />

(Zytostatikum)<br />

Klinik:<br />

Schleichender Beginn<br />

Allgemeinsymptomatik +<br />

Wachsbleiche Haut und Schleimhaut, starke braune Pigmentierungen bei<br />

chron. Fällen,<br />

Infektanfälligkeit, Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese)<br />

Diagnose:<br />

Labor: Panzytopenie (starke Verminderung aller 3 Blutzellreihen), BSG erhöht,<br />

BKS(Blutkörperchensenkung) erhöht, HK erniedrigt, Retikulozyten erniedrigt<br />

oder fehlen ganz; Knochenmarkuntersuchung<br />

Therapie:<br />

Blut- und Thrombozytentransfusionen, Immunsuppression<br />

(Autoimmunprozess), Knochenmarksstimulation mit Erythropoetin, Prednison;<br />

Knochenmarktransplantation (besonders bei Patienten unter 30 oder mit<br />

schwerer Form)<br />

Prognose<br />

Tödlich wenn unbehandelt!<br />

Begleitanämien<br />

Beispiele:<br />

- Nierenerkrankungen, z.B. chron. Niereninsuffizienz, diabetische<br />

Nephropathie (Mangel an Erythropoetinbildung und Schädigung der<br />

Knochenmarkszellen durch Harnstoff)<br />

- bei Dialyse (Dialyse-Apparat zerstört Blutkörperchen, Verlust von<br />

Plasmaeisen und Folsäure)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 28 von 44<br />

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- Lebererkrankungen, z.B. chron. Hepatitis, Leberzirrhose (Leber kann<br />

nicht genug EW herstellen => Verminderung der Gerinnungsfaktoren =><br />

vermehrte Blutungsneigung)<br />

- bei starken Infekten (siehe oben)<br />

- Tumoranämie (Tumor kann direkt oder indirekt das Knochenmark<br />

schädigen)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 29 von 44<br />

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3.) Anämien durch gesteigerte Hämolyse:<br />

3.1.) Corpuskuläre (intraerythrozytäre) Störungen<br />

3.1.1) Erythrozytenmembrandefekte<br />

Hereditäre Sphärozytose; syn.: Kugelzellanämie oder: Chron. familiärer Ikterus<br />

oder: Kongenitaler hämolytischer Ikterus<br />

Definition:<br />

Ist eine chron. Erkrankung mit dominanter Vererbung. Sie ist durch eine<br />

Hämolyse kugelzellförmiger Erythrozyten, Anämie, Ikterus und Splenomegalie<br />

charakterisiert.<br />

Pathogenese:<br />

Eine Verkleinerung der Zelloberfläche (Kugelzellbildung) führt zur<br />

Einschränkung in der Flexibilität der Erys => werden verstärkt in der Milz<br />

gemausert => Hämolyse in der Milz<br />

Klinik:<br />

Meist milde Verläufe mit gut kompensierter Anämie.<br />

Schwere Verläufe mit Allgemeinsymptomatik +<br />

Ikterus, Hepatosplenomegalie, Cholelithiasis (Billirubinsteine)<br />

Diagnose:<br />

Labor: Retikulozyten erhöht, Leukozytose (ca. 20% der Fälle)<br />

Ultraschall (Gallensteine)<br />

Therapie:<br />

Splenektomie<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 30 von 44<br />

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3.1.2) Enzymdefekte<br />

Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel; G6PD<br />

Definition:<br />

Ist eine Erbkrankheit, die über das x-Chromosom weitergegeben wird. Sie<br />

betrifft ca. 10% der männlichen afroamerikanischen Bevölkerung, den<br />

weiblichen Anteil etwas seltener. Die Krankheit findet man sonst noch bei<br />

Bewohnern des Mittelmeerraumes (Italiener, Griechen, Araber).<br />

Klinik:<br />

Siehe Erythrozytenmembrandefekte!<br />

Sonderform: Favismus; syn.: Saubohnenkrankheit<br />

Besonders im Mittelmeerraum verbreitet; nach Genuss von Saubohnen kommt<br />

es nach Stunden oder wenigen Tagen zu einer schweren, unter Umständen<br />

auch lebensbedrohlichen hämolytischen Anämie mit Hämoglobinurie<br />

Diagnose:<br />

Labor: Enzymuntersuchungen<br />

Therapie:<br />

Splenektomie<br />

Pyruvatkinase-Mangel<br />

Ursache:<br />

Autosomal-rezessiv vererbt<br />

Klinik:<br />

Siehe Erythrozytenmembrandefekte!<br />

Therapie:<br />

Splenektomie (Symptome der Anämie und der Hämolyse bleiben bei<br />

manchen Patienten bestehen)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 31 von 44<br />

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3.1.3) Hämoglobinopathien<br />

Sichelzellanämie<br />

Definition:<br />

Chron. hämolytische Anämie, die fast ausschließlich in der afrikanischen oder<br />

afroamerikanischen Bevölkerung vorkommt.<br />

Ursache:<br />

Angeborene, autosomal kodominant vererbte Mutation, die zu einem<br />

Austausch einer Aminosäure im Hämoglobin führt.<br />

Pathogenese:<br />

Unter niedrigem Sauerstoffpartialdruck verformen sich die Erythrozyten<br />

sichelartig. Diese verformten und unflexiblen Erythrozyten adhärieren an den<br />

Gefäßwänden und verschließen kleine Kapillaren => Infarzierung und<br />

Schädigung von Niere, Lunge, Knochen, Milz. Außerdem sind die Erys so fragil,<br />

dass sie der mechanischen Beanspruchung im Blutkreislauf nicht standhalten<br />

und hämolysieren, d.h. sie zerfallen.<br />

Klinik:<br />

Homozygote Form: hämolytische Anämie, Ikterus, Symptome der Infarzierung<br />

(Niere, Milz), Knochen- und Gelenkschmerzen, Knochendeformationen, Ulcus<br />

cruris, neurologisch Ausfälle<br />

Heterozygote Form: keine Hämolyse, keine Schmerzattacken, keine<br />

thrombotischen Komplikationen; Gefahr nach ausdauernder, intensiver<br />

körperlicher Belastung<br />

Diagnose:<br />

Labor: Anisozytose (im Blutausstrich findet man unterschiedlich große<br />

Erythrozyten), Sichelzellen; Erythrozyten: 2-3 Mio./mm³; Röntgen<br />

(Knochendeformationen)<br />

Therapie:<br />

Knochenmarktransplantation; ansonsten palliativ: Schmerztherapie,<br />

Vermeidung von Sauerstoffmangel, Transfusionen<br />

Thallasämie<br />

Definition:<br />

Autosomal-rezessiv erbliche hämolytische Anämie, die besonders bei der<br />

Mittelmeerbevölkerung, aber auch in Vorderasien verbreitet ist. Bei der<br />

Thallasämie wird eine AS-Kette des Hämoglobins in ungenügender Menge<br />

produziert.<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 32 von 44<br />

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Klinik:<br />

Siehe Sichelzellanämie!<br />

Therapie:<br />

Stammzelltransplantation; Transfusionen; evtl. Splenektomie<br />

3.2.) Extracorpuskuläre (extraerythrozytäre) Störungen<br />

Beispiele:<br />

- Infektionen (Meningokokken, a- und ß-hämolysierende Streptokokken,<br />

Clostridium perfringens)<br />

- Malaria<br />

- Vergiftungen mit Blei, Arsen, Knollenblätterpilzen, Spinnen- oder<br />

Schlangengiften<br />

- Komplikationen bei Bluttransfusionen (falsche Blutgruppe)<br />

- Rhesuskrankheit (M. hämolyticus fetalis, M. hämolyticus neonatorum)<br />

- Autoimmunerkrankungen<br />

POLYGLOBULIE; POLYCYTHÄMIE<br />

Definition:<br />

Polyglobulie ist eine Vermehrung der Erythrozytenzahl mit entsprechender<br />

Steigerung des Hämatokrits.<br />

Die Erhöhung des Erythropoetins kann durch eine Hypoxämie bedingt sein<br />

(„angemessene Erhöhung“) oder unabhängig von ihr auftreten.<br />

Beispiele:<br />

O2- Mangel (Erythropoetinanstieg angemessen): große Höhe,<br />

Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen, Rauchen<br />

Ohne O2-Mangel (pathologischer Erythropoetinanstieg): tumorassoziiert<br />

(Nierentumore, Nierenzysten, Wilms-Tumor u. a.), paraneoplastisch<br />

(Gehirntumore, Uterusmyome etc.)Hormonale Stimulation (M.Cushing,<br />

M.Conn, Phäochromozytom, Gabe von Androgenen)<br />

Primäre Polyglobulie: Polycythämia vera (siehe unten!)<br />

Klinik:<br />

Plethora („Blutfülle“, Rötung von Gesicht und Extremitäten), Zyanose (ab<br />

einem HK > 55%), Uhrglasnägel, Kreislaufbeschwerden aufgrund der hohen<br />

Blutviskosität (Schwindel, Ohrensausen, Sehstörungen, Atemnot, Angina<br />

pectoris, Nasenbluten, Hypertonie, Thrombose v. a. bei HK > 59%)<br />

Diagnose:<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 33 von 44<br />

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Labor: Erhöhung aller 3 Blutzellreihen, BSG erniedrigt , HK hoch , Erythropoetin<br />

hoch, Hb hoch<br />

Therapie:<br />

Behandlung des Grundleidens; Aderlässe zur Vermeidung von Komplikationen<br />

wie Herzinfarkt, Thrombosen, Schlaganfall<br />

Polycythämia vera<br />

Definition:<br />

Seltene, maligne, chronisch- verlaufende Erkrankung der Stammzellen im<br />

Knochenmark mit autonomer Wucherung (Proliferation), vor allem der<br />

Erythropoese. Es besteht auch eine Leukozytose und eine Thrombozytose,<br />

jedoch mit meist mit Thrombozytenfunktionsstörung.<br />

Ursache:<br />

Unbekannt<br />

Klinik:<br />

Plethora, evtl. Hypertonie, durch steigende Viskosität des Blutes kommt es zur<br />

zerebralen Mangeldurchblutung (Schwindel, KS, Sehstörungen) und zu<br />

peripheren DBS (Akrozyanose), hämorrhagische Diathese, Pruritus, besonders<br />

nach einem warmen Bad<br />

Komplikationen:<br />

Angina pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfall, arterielle und venöse Thrombosen<br />

(besonders Milzinfarkt), Knochenmarksinsuffiziens, akute Leukämie<br />

Diagnose:<br />

Labor: Erhöhung aller 3 Blutzellreihen, BSG erniedrigt , HK hoch , Erythropoetin<br />

hoch, Hb hoch<br />

Therapie:<br />

Aderlässe (symptomatische Therapie), Chemotherapie (Interferon,<br />

Zytostatika) Thrombozytenaggregationshemmer (Vermeidung von<br />

Thrombosen)<br />

evtl. Unterdrückung der Blutbildung im Knochenmark<br />

Prognose (mittlere Überlebenszeit) :<br />

Mit Therapie: 10- 15 Jahre, ohne Behandlung sterben 50% der Patienten<br />

innerhalb 18 Monate nach Diagnosestellung<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 34 von 44<br />

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KOAGULOPATHIEN<br />

Definition:<br />

Sind angeborene oder erworbene Gerinnungsstörungen, verursacht durch<br />

Mangel an oder Funktionsstörungen von Gerinnungsfaktoren.<br />

1.) Vererbte Koagulopathien<br />

Von- Willebrand- Jürgens- Syndrom<br />

Definition:<br />

Häufigste, autosomal- dominant vererbte hämorrhagische Diathese.<br />

Ursache:<br />

Verminderung oder Defekt einer Untereinheit des Faktors VIII (Willebrand-<br />

Faktor) der Blutgerinnung.<br />

Klinik:<br />

Verstärkte Haut- und Schleimhautblutungen (häufiges Nasenbluten),<br />

Hämatome, Petechien, Nachblutungen bei kleineren Verletzungen,<br />

Hämaturie, Menorrhagie oder sehr starke Menstruationsblutungen<br />

Therapie:<br />

(Nur symptomatisch!) Bei schweren Blutungen oder vor einer OP Gaben von<br />

Faktor VIII- Konzentrat, bei Frauen Schwangerschaft und Mens vermeiden.<br />

Hämophilie A und B<br />

Definition:<br />

X- chromosomal- rezessiv vererbtes Blutungsleiden mit Verminderung des<br />

Faktors VIII (A) oder Mangel an Faktor IX (B).<br />

Es kommen auch kombinierte Formen vor.<br />

Hämophilie A kommt 3mal so häufig vor, wie Hämophilie B (A= 1 von 5000<br />

männlichen Neugeborenen, B= 1 von 15.000).<br />

Klinik:<br />

Die Blutungstendenz ist Schwankungen unterworfen, Blutungen entstehen<br />

aber fast immer traumatisch, häufig nach banalen Stößen, Zahnarztbesuchen<br />

(Zahnextraktion) etc.<br />

Mit zunehmendem Alter der Kinder (mehr Aktivität) treten Gelenkblutungen<br />

auf, die mit Bewegungseinschränkungen und Deformierungen einhergehen<br />

(„Blutergelenk“).<br />

Die Ausprägung der Symptome ist aber auch vom Schweregrad der<br />

Hämophilie abhängig:<br />

Schwere Hämophilie: 0- 1% Faktoraktivität (typisches Symptombild)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 35 von 44<br />

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Mittelschwere Hämophilie: 1- 5% Faktoraktivität (seltene Gelenk- und<br />

Muskelblutungen)<br />

Leichte Hämophilie: 5- 15% Faktoraktivität (Gelenk- und Muskelblutungen nur<br />

nach schweren Verletzungen)<br />

Subhämophilie: 15- 35% Faktoraktivität (Blutungsneigung nur nach schweren<br />

Verletzungen und Operationen)<br />

Diagnose:<br />

Untersuchung der Gerinnungsfaktoren<br />

Therapie:<br />

Notversorgung akuter Blutungen, Substitution von Faktor VIII b.z.w. Faktor IX<br />

2.) Erworbene Koagulopathien<br />

Folge von:<br />

- Aplastischer Anämie (starke Thrombozytopenie)<br />

- Lebererkrankung (Mangel an Gerinnungsfaktoren)<br />

- Nierenerkrankungen (durch Urämie wird die Erythropoese im<br />

Knochenmark unterdrückt)<br />

- Vitamin K- Mangel (Vitamin K ist zuständig für die Synthese der Faktoren<br />

VII, IX und X); Mangel kommt vor bei: Therapie mit Vitamin K-<br />

Antagonisten, Resorptionsstörungen (z.B. Veränderung der Darmflora,<br />

Gallengangsverschluss) oder Vergiftung mit Dicumarol (Rattengift)<br />

- Verbrauchskoagulopathie, z.B. Sepsis (Waterhouse- Friderichsen-<br />

Syndrom: lebensbedrohlicher Schockzustand mit Nebennierennekrose<br />

bei Kleinkindern bei Meningokokken- Meningitis),<br />

Geburtskomplikationen (vorzeitige Plazentaablösung), OP, Schock,<br />

Transfusionszwischenfälle, Hämolytische Syndrome<br />

- Autoimmun- Krankheiten (Gerinnungsstörungen entstehen hier durch<br />

Immunglobuline, die hemmend oder störend auf die Blutgerinnung<br />

wirken), z.B. Lupus erythematodes, Allergien<br />

Therapie:<br />

Wenn möglich Grunderkrankung beseitigen, medikamentöse<br />

Gerinnungshemmer<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 36 von 44<br />

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MALIGNE HÄMATOLOGISCHE ERKRANKUNGEN<br />

1.) Leukämien<br />

Definition<br />

Bösartige Erkrankung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) durch<br />

Wucherung unreifer hämatopoetischer Stammzellen. Die unreifen,<br />

krankhaften Zellen streuen ins Blut und verdrängen normale Blutzellen (neben<br />

Leukozyten sind dann auch Erythrozyten und Thrombozyten betroffen).<br />

Ursachen: unbekannt<br />

Mehrere Faktoren werden diskutiert: Chemikalien (z.B. Benzol), Strahlung,<br />

Zytostatika, onkogene Viren (HTLV I), genetische Disposition<br />

Häufigkeit:<br />

Jährlich erkranken ca. 50 pro 1 Mio. Einwohner; mehr Männer als Frauen; bei<br />

Kindern ist Leukämie mit 45% die häufigste bösartige Erkrankung.<br />

Einteilung:<br />

Man unterscheidet nach:<br />

- Entstehungsgeschwindigkeit (akut/ chronisch)<br />

- nach Zelltyp (lymphatisch/ myeloisch -> hier raus entwickeln sich auch die<br />

Erythrozyten und ihre Vorstufen)<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 37 von 44<br />

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1.1) Akute Leukämien<br />

Allgemein:<br />

Akute Leukämien verlaufen unbehandelt in Wochen bis Monaten tödlich.<br />

Klinik:<br />

Anämie und Müdigkeit, Thrombozytopenie mit Schleimhautblutungen und<br />

Blutergüssen, Petechien, durch Mangel an funktionstüchtigen Granulozyten<br />

Neigung zu Infekten( Fieber, eitrige Hautinfektionen), eventuell<br />

Hepatosplenomegalie, Knochenschmerzen (durch Knochenmarkinfiltration)<br />

Diagnose:<br />

Typische Befunde im Knochenmarksausstrich (durch Biopsie);<br />

Leukozytenzahlen können erhöht (50% der Fälle), normal (25%) oder erniedrigt<br />

sein (25%).<br />

Akute lymphatische Leukämie (ALL)<br />

Ca. 80% der ALL entwickeln sich im Kindesalter zwischen 2 und 5 Jahren!<br />

Die Entartung betrifft meist die Vorläufer der B- Zellen, aber auch die der T-<br />

Zellen.<br />

Therapie:<br />

Aggressive zytostatische Therapie schafft bei Kindern eine Fünf- Jahres-<br />

Überlebensrate von 80% und eine Zehn- Jahres- Überlebensrate von 50%. Bei<br />

Erwachsenen kann eine Lebensverlängerung, aber nur selten eine Heilung<br />

erzielt werden.<br />

Außerdem: Knochenmarktransplantation<br />

Akute myeloische Leukämie (AML)<br />

Ca. 80% der AML kommen im Erwachsenenalter vor!<br />

Die Entartung betrifft die Vorläufer der Granulozyten.<br />

Therapie:<br />

Zytostatika und Chemotherapie erreichen oft eine Vollremission, die aber<br />

meist nur wenige Monate anhält (häufige Rezidive).<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 38 von 44<br />

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1.2.) Chronisch-myeloische Leukämie (CML)<br />

Die Entartung betrifft eine oder mehrere Stammzellen und geht mit einer<br />

starken Vermehrung von Granulozyten einher. Die Erkrankung tritt meist im<br />

mittleren Lebensalter (20 – 40) auf und verläuft in Phasen.<br />

Klinik:<br />

Hepatosplenomegalie, Thromboseneigung, Knochenschmerzen, Druck im<br />

Oberbauch, Müdigkeit und Leistungsminderung.<br />

Später zusätzlich B- Symptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust),<br />

erhöhte Infektneigung, Anämie<br />

Diagnose:<br />

Leukozytose mit Linksverschiebung (30 000 – 300 000 Zellen/µl, unreife<br />

Granulozyten); Knochenmarkuntersuchung<br />

Therapie:<br />

Zytostatika, Interferon; Knochenmarktransplantation<br />

Komplikation:<br />

Milzruptur, Myeloblastenschub<br />

Prognose:<br />

Die meisten Patienten sterben innerhalb von 5 Jahren; Tod tritt ein durch<br />

„Myeloblastenkrise“<br />

1.3.) Chronisch- lymphatische Leukämie (CLL)<br />

Die Krankheit tritt meist im höheren Lebensalter auf und betrifft Männer<br />

häufiger als Frauen.<br />

Sie ist nicht heilbar, aber medikamentös gut in Schach zu halten.<br />

Es handelt sich um eine Proliferation eines entarteten B- Zellklons im<br />

Knochenmark (=> defekte B- Lymphozyten).<br />

Die Krankheit verläuft langsam fortschreitend und gilt daher als<br />

niedrigmaligne. Wird auch als Non-Hodgkin-Lymphom eingeordnet.<br />

Klinik:<br />

LK- Schwellung (häufig symmetrisch), Hepatosplenomegalie; aufgrund der<br />

Abwehrschwäche kommt es oft zu Herpes zoster oder Candida- Infektionen;<br />

im fortgeschrittenen Stadium auch B- Symptome<br />

Diagnose:<br />

Leukozytose mit hohem Lymphozytenanteil(bis 50 000/µl);<br />

Knochenmarkuntersuchung<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 39 von 44<br />

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Therapie:<br />

„So spät wie möglich und so wenig wie möglich“; Zytostatika und Prednison<br />

Prognose:<br />

Ca. die Hälfte der Patienten verstirbt im Lauf der Jahre an Infekten.<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 40 von 44<br />

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2.) Lymphome<br />

Definition:<br />

Sammelbezeichnung für Lymphknotenvergrößerungen (benigne und<br />

maligne; benigne sind entzündlich bedingt und treten meist im Rahmen von<br />

Mononukleose, Toxoplasmose, Sarkoidose oder Tuberkulose auf).<br />

2.1.) Maligne Lymphome<br />

Hodgkin- Lymphom; Lymphogranulomatose; M. Hodgkin; Lymphosarkom<br />

Definition:<br />

Malignes Lymphom, das sich von den LK ausgehend über das Lymphsystem<br />

ausbreitet.<br />

Die Erkrankung t ritt bei 3 von 100.000 Einwohnern auf, bei Männern häufiger<br />

als bei Frauen; sie hat 2 Häufigkeitsgipfel: junge Erwachsene zwischen 15- 35<br />

Jahre und ältere Menschen ab 50 Jahre.<br />

Ursache:<br />

Unklar; eventuell onkogene Viren, z.B. EBV (Eppstein-Barr-Virus)<br />

Klinik:<br />

Schmerzlose LK- Schwellung (meist im Halsbereich), bei Palpation als<br />

„Kartoffelsack“ zu charakterisieren, nur teilweise verschieblich, meist mit der<br />

Unterlage „verbacken“ (DD LK- Schwellung bei Infekten: vergrößerte LK sind<br />

eher weich, druckdolent und gut verschieblich); charakteristisch sind<br />

Schmerzen in bestimmten LK- Regionen nach Alkoholgenuss.<br />

Bei ca. 25% der Patienten bestehen B- Symptome (Fieber mit wellenförmigem<br />

Verlauf, Gewichtsverlust, Nachtschweiß); andere Allgemeinsymptome wie<br />

Juckreiz, Schwäche, Hepatosplenomegalie können auftreten.<br />

Diagnose:<br />

Stadienzuordnung (Staging) durch Anamnese (B- Symptome) und CT,<br />

Röntgen, Sonographie<br />

Ann- Arbor- Klassifikation (Stadieneinteilung):<br />

Stadium I: einzelne LK- Region<br />

Stadium II: zwei oder mehr LK- Regionen auf der gleichen Zwerchfellseite<br />

Stadium III: LK- Regionen auf beiden Seiten des Zwerchfells befallen<br />

Stadium III (S): Milzbefall<br />

Stadium IV: diffuser Befall<br />

Script zur Anatomie & Pathologie / <strong>Band</strong> <strong>11</strong> / <strong>Hämatologie</strong> / Seite 41 von 44<br />

A. Krüger, F. Kostadinov, K. Gräbner / <strong>Samuel</strong>-<strong>Hahnemann</strong>-<strong>Schule</strong> ( Heilpraktikerschule )<br />

Mommsenstr. 45 - 10629 Berlin


Alle Stadien werden zusätzlich durch die Parameter A oder B gekennzeichnet<br />

(A= ohne Gewichtsverlust, Fieber und Nachtschweiß;<br />

B= mit Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß).<br />

Zusätzlich: histologische Untersuchung der betroffenen LK (typisch sind<br />

Hodgkin- Zellen und Sternberg- Reed- Riesenzellen im betroffenen<br />

lymphatischen Gewebe), Knochenmarkbiopsie, Skelettszintigraphie<br />

DD:<br />

Non- Hodgkin- Lymphome (keine H- RS- Zellen); infektionsbedingte LK-<br />

Schwellung (s. o.)<br />

Therapie:<br />

Zytostatika, Strahlentherapie<br />

Prognose:<br />

Abhängig vom Stadium; insgesamt in ca. 70% langfristige Remissionen<br />

Non- Hodgkin- Lymphome<br />

Definition:<br />

Gruppe von malignen Erkrankungen der Lymphozyten (B- und T-<br />

Lymphozten), die sich zytologisch vom M. Hodgkin abgrenzen lassen.<br />

Zunächst sind die LK betroffen, von dort aus schreitet die Krankheit über das<br />

Lymphgewebe fort und befällt auch extralymphatische Organe (klinische<br />

Unterscheidung zum M. Hodgkin).<br />

Die Krankheit befällt ca. 10 von 100.000 Einwohnern jährlich, mit zunehmender<br />

Häufigkeit im Alter. Es besteht ein erhöhtes Risiko bei AIDS und bei<br />

medikamentöser Immunsuppression.<br />

Ursachen:<br />

Unklar, eventuell HTLV 1- Viren, EBV (Burkitt- Lymphom)<br />

Klinik:<br />

LK- Schwellung, Allgemeinsymptome mit B- Symptomen, extranodaler Befall<br />

(z. B. der Haut mit papulösen Filtraten und Hautblutungen),<br />

Knochenmarkinfiltration in 30- 50% der Fälle, Splenomegalie<br />

Diagnose:<br />

Histologische LK Untersuchung, Staging (nach Ann- Arbor- Klassifikation)<br />

Therapie:<br />

Strahlentherapie, Chemotherapie<br />

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Prognose:<br />

Ist abhängig vom Typ, Ausdehnung und Lokalisation und dem Lebensalter des<br />

Patienten.<br />

Die mittlere Überlebenszeit beträgt 2- 10 Jahre bei den niedrigmalignen<br />

Krankheitsformen. Hochmaligne Formen führen unbehandelt nach Wochen<br />

bis Monaten zum Tod, mit Therapie ist eine Heilung bei 50% der Patienten zu<br />

erwarten.<br />

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Plasmozytom; Multiples Myelom; Malignes Myelom; M Kahler<br />

Definition:<br />

Der häufigste Tumor von Knochen und Knochenmark mit Wucherung eines<br />

Plasmazellklons und Produktion eines nicht- funktionstüchtigen<br />

Immunglobulins.<br />

Die Erkrankung gehört zu den niedrigmalignen Non- Hodgkin- Lymphomen.<br />

Es erkranken 3 von 100.000 Bewohnern jährlich; die Krankheit tritt selten vor<br />

dem 40. Lebensjahr auf.<br />

Klinik:<br />

Knochenschmerzen (typisches Symptom!), die nicht wie bei Metastasen<br />

nachts, sondern tagsüber bei Bewegung zunehmen; Frakturen; B- Symptome;<br />

Anämie<br />

Diagnose:<br />

BSG stark erhöht („Sturzsenkung“), Anämie im Blutbild, Bence- Jones- Proteine<br />

im Urin nachweisbar; Röntgen: „Schrotschussschädel“, weitere Osteolysen in<br />

der Wirbelsäule, am Becken, Oberschenkel- und Oberarmknochen.<br />

Therapie:<br />

Palliative Zielsetzung (Heilung mit konventioneller Therapie nicht möglich);<br />

Chemotherapie, Strahlentherapie, frühzeitige Antibiotika- Gaben bei Infekten;<br />

Knochenmarktransplantation<br />

Prognose:<br />

Mittlere Lebenserwartung unter Therapie: ca. 30 Monate; mit<br />

Knochenmarktransplantation Heilung möglich<br />

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