aktuelle Heft - Hospital zum Heiligen Geist

Rund um den Glockenturm
Liebe Menschen im und um das Hospital!
»Der Herr ist freundlich dem, der auf
ihn harrt, und dem Menschen, der
nach ihm fragt.« (Klagelieder 3,25)
Unser Geist hat ein riesengroßes
Potential zum Vergessen. Ich meine
nicht das alltägliche Vergessen von
Schlüsseln oder Brillen, nicht das Vergessen
von Fristen und Terminen. Ich meine ein viel
tieferes Vergessen, das Vergessen, Gott zu
danken für alles, was wir geschenkt bekommen,
für die Ho�nung, die uns in unserem
Leben erfüllt und auf die wir setzen.
Manche mögen dieses Vergessen für
unmöglich halten, aber trotzdem schleicht
es sich immer wieder ein, wenn diese
Geschenke für uns selbstverständlich werden.
Es kann Jahre brauchen, bis wir uns an
die Quelle aller Gaben erinnern:
Ein Kind wird geboren – und wir er�ehen
Gottes Schutz und Segen, sind urplötzlich
mit allem Leben tief verbunden, alles
kommt uns klar vor, das Singen und Beten,
die Taufe, das Licht, die alten Worte. Oder
das eigene Herz fühlt sich wie eingeschnürt –
ein Mensch ist gestorben, den wir lieben. Mit
einem Schlag wachen wir auf und begreifen:
Die Zeit ist knapp geworden! Im Stillen bitten
wir Gott, er möge seine Hand schützend
über alle halten, die wir lieben, und fragen
uns selber, was wir für das Leben und unsere
menschlichen Beziehungen tun können,
damit sie gelingen und von Achtung und
Wertschätzung erfüllt sind.
Wie �üchtig solche innigen Gedanken
und Emp�ndungen sein können, das hält
man in den bewegten Momenten seines
Lebens für unmöglich. Doch wir müssen
wieder und wieder feststellen: Unser Geist
hat ein riesengroßes Potential zum Vergessen.
Jeremia, von dem der Monatsspruch
stammt, ist der einzige Prophet im Alten
Testament, von dem zwei Bücher aufgeho-
ben sind. Eines der Bücher heißt »Klagelieder«.
Darin steht:
»Der Herr ist freundlich dem, der
auf ihn harrt, und dem Menschen,
der nach ihm fragt.« Im Jahr 587 wird
die Oberschicht Israels nach Babylonien
ins Exil verschleppt; in den »Klageliedern«
wird die Glaubensgeschichte Israels
erzählt. Der Prophet klagt über die Vernichtung
der Stadt Jerusalem, die Zerstörung des
Tempels, das Auseinanderreißen der Menschen
und die Leiden des Volks in der Verbannung.
Das Klagen ist aber nur ein Teil
dieser Überlieferung; die Erinnerung an die
Verheißung der Rückkehr in die Heimat, an
Gottes Hilfe im Leben und die Ho�nung, die
die Kinder Gottes haben dürfen, diese Erinnerung
steht der Klage gegenüber. Mit den
Menschen damals verbindet uns heute, dass
auch wir dazu neigen, tiefe Erfahrungen der
Bewahrung beiseite zu schieben, dem Vergessen
preiszugeben, und anderem Vordergründigen
den Vorzug zu geben.
Geistlich ist ein Schritt voran getan, wenn
wir keine einschneidenden Anlässe benötigen,
um der Treue und Liebe zu Gott, die im
Herzen wohnen, Raum zu geben. Bei Gott
bleiben und immer wieder nach seinem Willen
und seinen Geboten fragen, darauf liegt
sein freundlicher Segen.
Mit herzlichen Grüßen!
Pastorin Hanna Hirt
Vorschau: Am Freitag, den 2. November,
besuchen uns Mitglieder der Basisgemeinschaft
»Brot und Rosen« im Hospital und
berichten von ihrer wichtigen Arbeit in der
Diakonischen Basisgemeinschaft. Wir treffen
uns von 15.30 bis 17.00 Uhr in der Friesenstube.
Für Ka�ee, Tee und Plätzchen ist
gesorgt. Bitte an der Rezeption anmelden.
Die Anmeldeliste liegt ab 20. Oktober aus.
4 Oktober 2012