Sexuelle Gewalt Klimaschutz Zivilcourage - Verlag Deutsche ...
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Vernachlässigung von Kindern<br />
Foto: www.ccvision.de<br />
Ich war dann auch in einigen Gremien nicht mehr<br />
drin und habe gute Angebote ausgeschlagen. Das<br />
war für mich nicht einfach, weil ich dadurch auch ein<br />
Stück an Einfluss verloren habe. Wenn ich jetzt zum<br />
Beispiel eine neue Arbeit anfange, schaue ich, wie<br />
es mit meiner Kraft aussieht und ob ich eine Pause<br />
brauche. Ich höre jetzt wieder mehr auf meinen<br />
Körper. Die Gartenarbeit ist zum Beispiel sehr verführerisch.<br />
Ich arbeite nun aber wirklich nur so lange<br />
meine Kraft geht und mache dann eine Pause. So<br />
bin ich nicht mehr einen ganzen Tag hindurch im Garten<br />
tätig, sondern mehrere Tage in der Woche. Und<br />
ich merke, es macht mir viel mehr Spaß. Jetzt ist wieder<br />
mehr Freude dabei. Eine weitere gute Regel ist:<br />
Immer nur eine Sache machen. Wenn ich zum Beispiel<br />
in der Pause Tee trinke, lese ich nicht nebenbei<br />
noch Zeitung. Dadurch ist das Leben wieder klarer.<br />
So nehme ich alles bewusster wahr und fühle mich<br />
nur noch selten so getrieben.<br />
Arbeitssucht war<br />
meine Lebenseinstellung<br />
Meine Familie ist im Grunde ganz normal. Jedoch<br />
haben alle in der Familie ein sehr hohes Leistungsdenken.<br />
Ob das nun mein Mann ist oder meine Kinder,<br />
wir waren eigentlich immer bestrebt, mehr zu<br />
tun. Wir waren auch im sozialen und politischen<br />
Bereich sehr engagiert und müssen immer eher darauf<br />
achten, weniger zu tun. So erlebe ich das auch bei<br />
den Kindern, da scheint schon so eine<br />
Grundstruktur vorhanden zu sein. Mir war<br />
immer wichtig, dass die Familie nicht zu<br />
kurz kam. Meinen Schreibtisch habe ich<br />
beispielsweise im Esszimmer gehabt. Ich<br />
wollte mich nicht zurückziehen ins Büro<br />
und da meine Arbeit machen. Ich glaube,<br />
die Kinder hatten nie das Gefühl, zu<br />
kurz gekommen zu sein. Ich vermute aber,<br />
dass ich oft nicht so präsent war, dass im<br />
Kopf immer die Arbeit war. Ich erlebe das<br />
jetzt mit den Enkeln ganz anders. Wenn<br />
ich mit ihnen zusammen bin, bin ich wirklich voll präsent<br />
und genieße das auch. Mit meinen Kindern hatte<br />
ich immer diese arbeitssüchtige Brille auf. Familie<br />
hat bei mir einen hohen Wert. Ich bin ein Familienmensch<br />
und habe dabei ganz viel Freude. Letztendlich<br />
war aber auch die Familie Teil der Sucht, auch<br />
da war ich getrieben und hatte den Anspruch, ein<br />
perfektes Familienleben zu führen. Dazu kam natürlich<br />
auch noch die gesellschaftliche Debatte über<br />
Rabenmütter, so dass ich als berufstätige Mutter noch<br />
zusätzlich dafür gesorgt habe, dass die Familie nie<br />
zu kurz kam.<br />
Heute habe ich für mich erkannt, dass ich arbeitssüchtig<br />
bin und in dem Programm der AAS Hilfe<br />
gefunden habe. Das wissen meine Kinder auch.<br />
Und teilweise rede ich mit ihnen darüber, aus der<br />
Sorge heraus, dass auch sie zu viel tun. Wir haben<br />
einen guten Kontakt, ich vertraue ihnen und hoffe,<br />
dass sie nicht an einen Tiefpunkt kommen müssen.<br />
Ich würde nicht sagen, dass sie arbeitssüchtig sind.<br />
Ich bin aber dennoch wachsam und gebe meine<br />
Unterstützung, so gut ich kann, indem ich so ehrlich<br />
wie möglich über mich berichte. Es ist bei dieser Sucht<br />
schwer zu erkennen, was noch gesund ist und wann<br />
ein Verhalten süchtige Strukturen hat. Dabei muss<br />
jeder für sich sein Maß finden. Wenn ich wieder viele<br />
Ideen habe und mein Mann das Gefühl hat, dass<br />
ich innerlich von mir weggehe, dann bremst er mich<br />
immer mal wieder. Eine Regel bei uns ist aber, dass<br />
er mir mitteilt, was er wahrnimmt und mir nicht sagt,<br />
was ich tun soll. Ich könnte das nicht annehmen,<br />
wenn er es so oberlehrerhaft sagen würde. Es gab<br />
deshalb auch schon Konflikte zwischen uns, weil man<br />
nicht sagen kann, ob das Arbeiten für den anderen<br />
gerade gut ist oder nicht. Mein Mann hatte natürlich<br />
auch gemeint, ich müsste nicht mehr zu den Treffen<br />
gehen, wenn ich nicht mehr berufstätig bin, aber<br />
Arbeitssucht ist eine Lebenseinstellung.<br />
Für mich war das Programm der AAS wirklich lebensrettend,<br />
ich befürchte, ich hätte sonst ein Burnout<br />
bekommen. Ich hätte so nicht mehr weiterarbeiten<br />
dürfen. Und jetzt führe ich ein viel freudvolleres,<br />
lebendigeres, und erfülltes Leben. Es lohnt sich also<br />
wirklich, das anzugehen. (AK)<br />
858817<br />
31<br />
Die Kriminalpolizei<br />
rät