PRESSEHEFT - Filmladen
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INTERVIEW mit Fritz Urschitz<br />
Sie haben für Ihren ersten Spielfilm einen historischen Kontext gewählt, was nicht sehr<br />
häufig der Fall ist. Gibt es wahre Begebenheiten bzw. eine Fiktion, die der Geschichte<br />
zugrunde liegt<br />
Darüber möchte ich nicht allzu viel erzählen, weil ich es für die Geschichte nicht relevant ist,<br />
ob da reale Personen dahinter stehen, aber natürlich ist mir das Emigrationsthema durch<br />
meine Tätigkeit fürs das Österreichische Kulturforum in London sehr gut. Auch das Heimweh<br />
dieser Leute, die seit vierzig Jahren auf der Insel sitzen und noch immer Wienerisch reden<br />
und Kaffee trinken. Das spiegelt sich im Kulturforum relativ gut wieder. Deswegen habe mich<br />
mir einmal die Frage nach dem Begriff Heimweh gestellt. Hat es etwas mit Sprache zu tun<br />
Ich bin mir auf alle Fälle sicher, dass Sprache und Emotion einander beeinflussen. Ich glaube,<br />
dass Sprache jedem sein komplettes Lebensbild beeinflusst. Mein Lieblingsbeispiel, es gibt<br />
keinen wirklich exakten Begriff im Englischen für Bekannter. „A friend“, aber man sagt nicht<br />
„acquaintant”, auch wenn es dem am nächsten kommt. Diese Nuancen interessieren mich, ich<br />
glaube, dass sie eine Lebensart beeinflussen. Auch mit dem Wort „Liebe“ pflegt man im<br />
Englischen einen ziemlich saloppen Umgang. Bei uns ist das ein relativ ernstes Wort. Da gibt<br />
es viele Hürden zu nehmen, bevor man es ausspricht. Das hat mich interessiert. Welchen<br />
Einfluss hat es, wenn man mit einer Sprache in ein Land kommt und das an eine andere<br />
Generation weitergibt. Das sind aber nur Nebenstränge der Handlung, die Handlung selbst ist<br />
ja komplett simpel. Die Liebe als etwas, das über jemanden hereinbricht und man lässt sich<br />
auf sie ein, auch wenn sie amoralisch ist. Das ist ja eine der ältesten Geschichten.<br />
Es geht aber auch ums Sich-Loslösen und Erwachsen-Werden<br />
Natürlich, aber das hat ja auch etwas mit Liebe zu tun. Auch die Liebe hat verschiedene<br />
Gesichter und Loyalitäten. Ich habe das Drehbuch selbst von Null auf geschrieben und habe<br />
mir die fünfziger Jahre ausgesucht, weil eben gerade diese zweite Generation der<br />
österreichischen Emigrationsgeschichte ein Thema ist, wo ich mich einigermaßen auskenne<br />
und das mich interessiert. Die Griechen haben es Katharsis genannt, ich glaube, dass man in<br />
der Verfremdung eines Settings die Emotionen vielleicht besser rauskehren kann. Mich<br />
interessiert das mehr als eine dokumentarische Realität, für mich ist das „period piece“ eine<br />
Bühne, wo sich das entfalten kann.<br />
Mehr als die Liebe und die Liebe auf den ersten Blick, hier geht es auch um den Umgang mit<br />
dem ungerechten Schicksal der Geschichte.<br />
Für mich sind Themen wie die Problematik der Restitution, die im Film durch die<br />
vergeblichen Bemühungen des Vaters angerissen wird, nicht das unterschwellige politische<br />
Statement des Films. Das sind Dinge, die Teil einer Entwurzeltheit sind, ebenso wie der<br />
Umstand, dass der Vater dann in einer Traumwelt lebt und Rosemarie das ganze Gerüst<br />
zusammenhält. Dem Ganzen muss man einen Unterbau geben, nicht nur in Österreich gibt es<br />
ungeklärte Restitutionsfragen. Das gehört zur europäischen Geschichte.