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8<br />
|||||||||||||||||<br />
SÄCHSISCHE ZEITUNG<br />
SACHSEN<br />
WWW.SZ-ONLINE.DE/SACHSEN<br />
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DIENSTAG, 2.OKTOBER 2012<br />
Viel Geld für<br />
Forschung am<br />
Lebensbauplan<br />
Der Bund gibt fast zehn<br />
Millionen Euro für ein<br />
Zentrum, das biologischer<br />
Selbstorganisation auf die<br />
Spur kommen will.<br />
R<br />
Leben in zwei Staaten<br />
22 Jahre <strong>de</strong>utsche Einheit – was hofften und fürchteten Jugendliche in <strong>de</strong>r DDR während <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>zeit,<br />
was sagen sie heute Eine einzigartige Studie über 25 Jahre hinweg gibt jetzt Antworten.<br />
Von Klemens Dei<strong>de</strong>r<br />
eiko Seitz ist jemand, <strong>de</strong>r gelernt<br />
hat Zeichen zu setzen –<br />
nicht nur im Beruf, auch im Privaten.<br />
Als Bauleiter im Schil<strong>de</strong>rwerk<br />
Beutha im Erzgebirge fertigt er<br />
Straßenschil<strong>de</strong>r, betreut Baustellen<br />
und koordiniert, wo die Verkehrsschil<strong>de</strong>r<br />
aufgestellt wer<strong>de</strong>n. „Ich<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
<br />
<br />
Eine Serie <strong>de</strong>r Sächsischen Zeitung<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
habe <strong>de</strong>rzeit 23 Baustellen in<br />
Deutschland“, sagt <strong>de</strong>r 40-Jährige.<br />
Das mit <strong>de</strong>m Zeichensetzen fing<br />
bei Reiko Seitz früh an. Seine Eltern<br />
hatten in <strong>de</strong>r DDR einen eigenen<br />
Betrieb: „Sie haben seit 1979 DDRweit<br />
Ampeln gebaut und angeschlossen“,<br />
sagt <strong>de</strong>r Zwickauer, <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>rs als viele junge Ost<strong>de</strong>utsche<br />
nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> nicht gen Westen<br />
aufbrach, um dort zu leben. Er<br />
blieb in Zwickau.<br />
Seit 25 Jahren ist er Teil einer Studie,<br />
die es so kein zweites Mal gibt.<br />
Damals begannen Forscher Jugendliche<br />
in <strong>de</strong>r DDR zu ihrer Meinung<br />
über Staat, Gesellschaft und Zukunftserwartungen<br />
zu befragen.<br />
Sie tun das bis heute. Herausgekommen<br />
ist ein repräsentatives<br />
Stimmungsbild eines Jahrgangs,<br />
<strong>de</strong>s Jahrgangs 73, mit <strong>de</strong>m etwas<br />
sperrigen Namen Sächsische Längsschnittstudie.<br />
Und <strong>de</strong>ren Ergebnisse<br />
sind für viele überraschend. 1990<br />
waren nur gut 72 Prozent <strong>de</strong>r Jugendlichen<br />
von <strong>de</strong>r <strong>Wie<strong>de</strong>rvereinigung</strong><br />
überzeugt.<br />
Seitz war einer von ihnen. „Die<br />
Stimmung zur Wen<strong>de</strong>zeit war eu-<br />
phorisch.“ So empfand er es damals.<br />
Vier Jahre später lebten immerhin<br />
84 Prozent <strong>de</strong>r Befragten<br />
gerne in <strong>de</strong>m neuen, vereinigten<br />
Deutschland. Bis zur letzten abgeschlossenen<br />
Erhebung 2011 stieg<br />
<strong>de</strong>r Wert auf 87 Prozent. „Die Studie<br />
spiegelt das Leben wi<strong>de</strong>r“, fin<strong>de</strong>t<br />
Reiko Seitz.<br />
1989, nach <strong>de</strong>r zehnjährigen POS<br />
machte er seine Lehre als Industrieelektroniker<br />
im Betrieb seiner Eltern.<br />
Als er in <strong>de</strong>n letzten Monaten<br />
<strong>de</strong>s untergehen<strong>de</strong>n Staates für die<br />
NVA gemustert wur<strong>de</strong>, verweigerte<br />
er <strong>de</strong>n Dienst. „Ich war damals gegen<br />
<strong>de</strong>n DDR-Staat – wie mehrere<br />
aus meiner Klasse. Wir hätten in<br />
<strong>de</strong>r NVA an die Grenze gemusst.<br />
Das wollten wir nicht. Das wäre<br />
dort zu gefährlich gewor<strong>de</strong>n.“<br />
Seitz machte später eine Zusatzausbildung,<br />
ging für ein Jahr zur<br />
Bun<strong>de</strong>swehr. Seit 2007 wollte er die<br />
Firma seiner Eltern übernehmen.<br />
2008 musste sie aus wirtschaftlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n schließen. Seitz ist<br />
seit<strong>de</strong>m Angestellter einer Firma,<br />
Zuversicht<br />
Entwicklung<br />
in Ost<strong>de</strong>utschland<br />
Anteil <strong>de</strong>r positiven<br />
Einschätzungen<br />
in Prozent<br />
<strong>Wie<strong>de</strong>rvereinigung</strong> 90<br />
persönliche<br />
Situation<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
1987 90<br />
2000<br />
2011<br />
Quelle: Förster, Berth SZ-Grafik: Gernot Grunwald<br />
die Straßenschil<strong>de</strong>r herstellt. Es<br />
ging ihm besser als vielen Gleichaltrigen.<br />
70 Prozent nämlich, so<br />
fan<strong>de</strong>n die Forscher heraus, waren<br />
min<strong>de</strong>stens einmal arbeitslos. 40<br />
Prozent sogar mehrfach.<br />
Alles wird gut – so sehen es heute<br />
trotz<strong>de</strong>m viele Enddreißiger, die in<br />
Sachsen groß wur<strong>de</strong>n. Allerdings<br />
nur, was die eigene Zukunft angeht.<br />
Fragt man sie, wie sie die Zukunft<br />
ihrer Kin<strong>de</strong>r einschätzen<br />
o<strong>de</strong>r die Ost<strong>de</strong>utschlands, sind sie<br />
<strong>de</strong>utlich pessimistischer. Nur ein<br />
Drittel ist zuversichtlich, was die<br />
Chancen Ost<strong>de</strong>utschlands betrifft.<br />
Nur 40 Prozent glauben an eine gute<br />
Zukunft für ihre Kin<strong>de</strong>r.<br />
„Es gibt keine vergleichbare Untersuchung,<br />
die sich <strong>de</strong>rart intensiv<br />
und ausdauernd mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Einheit beschäftigt“, sagt Hendrik<br />
Berth, Psychologe und Soziologe<br />
an <strong>de</strong>r Universitätsklinik Dres<strong>de</strong>n<br />
und einer <strong>de</strong>r Autoren über die<br />
Studie. Begonnen hat alles 1987.<br />
Eine Zeit, in <strong>de</strong>r Längsschnittstudien<br />
in Mo<strong>de</strong> waren. Etwa 20 <strong>de</strong>r<br />
mehrjährigen Erhebungen mit<br />
jährlichen Befragungen <strong>de</strong>rselben<br />
Teilnehmer führte das Leipziger<br />
Zentralinstitut für Jugendforschung<br />
<strong>de</strong>r DDR seit 1966 durch. Ab<br />
Mitte <strong>de</strong>r 80er-Jahre sollten sie Antworten<br />
liefern, warum sich Jugendliche<br />
immer weniger mit <strong>de</strong>r DDR<br />
und <strong>de</strong>m Sozialismus i<strong>de</strong>ntifizierten.<br />
Für die Sächsische Längsschnittstudie<br />
befragten die Forscher<br />
um <strong>de</strong>n Leipziger Professor<br />
Peter Förster vom Zentralinstitut<br />
für Jugendforschung <strong>de</strong>r DDR damals<br />
1 407 Schüler <strong>de</strong>r achten Klassen<br />
in 41 Polytechnischen Oberschulen<br />
(POS) <strong>de</strong>r DDR-Bezirke<br />
Karl-Marx-Stadt und Leipzig. Die<br />
Schüler waren zumeist im Jahr<br />
1973 geboren. Bis heute beantworten<br />
je<strong>de</strong>s Jahr 300 bis 400 von ihnen<br />
die umfangreichen Fragebögen<br />
– wie eben auch Reiko Seitz.<br />
Er sieht sich als Gewinner <strong>de</strong>r<br />
Keine Liebe zur DDR: Schüler<br />
Reiko Seitz 1987 bei <strong>de</strong>r Jugendweihe.<br />
Foto: privat<br />
Wen<strong>de</strong>: „Ich bin zufrie<strong>de</strong>n im Großen<br />
und Ganzen.“ Nur ein Drittel<br />
<strong>de</strong>r Studienteilnehmer sieht das für<br />
sich ähnlich. Für ein weiteres Drittel<br />
<strong>de</strong>r Befragten ging es dagegen<br />
bergab. Diese heute etwa 40-Jährigen<br />
sehen sich als Verlierer. Ziele<br />
und Wünsche konnten sie nicht<br />
verwirklichen. Das hängt <strong>de</strong>n Erkenntnissen<br />
<strong>de</strong>r Forscher zufolge<br />
vor allem mit <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit<br />
zusammen. Diejenigen, die sich als<br />
Verlierer sehen, waren dreimal so<br />
lange arbeitslos wie die Gewinner<br />
<strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>. Seit 1989/90 traf die Arbeitslosigkeit<br />
Frauen zu<strong>de</strong>m 50 Prozent<br />
länger als Männer.<br />
Reiko Seitz ist<br />
einer <strong>de</strong>r Studienteilnehmer,<br />
<strong>de</strong>nen es im<br />
vereinigten<br />
Deutschland gut<br />
gefällt. Heute<br />
arbeitet er im<br />
Schil<strong>de</strong>rwerk<br />
Beutha. Nicht<br />
alle Befragten<br />
sind so zufrie<strong>de</strong>n<br />
wie er.<br />
Foto: Andreas Kretschel<br />
In ihrer Studie gingen die Experten<br />
auch an<strong>de</strong>ren potenziellen<br />
Konfliktfel<strong>de</strong>rn zwischen Ost<br />
und West nach. Viel diskutiert<br />
wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren<br />
etwa <strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>r Krippenerziehung<br />
in <strong>de</strong>r DDR. Von<br />
<strong>de</strong>n Studien-Teilnehmern besuchten<br />
etwa zwei Drittel in <strong>de</strong>n<br />
1970er-Jahren DDR-Krippen, ein<br />
Drittel nicht. „Vergleicht man<br />
diese bei<strong>de</strong>n Gruppen miteinan<strong>de</strong>r,<br />
so fin<strong>de</strong>t sich: Nichts!“, sagt<br />
Mitautor Hendrik Berth. „Krippenkin<strong>de</strong>r<br />
sind nicht ängstlicher,<br />
<strong>de</strong>pressiver o<strong>de</strong>r politisch an<strong>de</strong>rs<br />
eingestellt – etwa rechts- o<strong>de</strong>r<br />
linksextremistischer – als Kin<strong>de</strong>r,<br />
die nicht in <strong>de</strong>r Krippe waren“,<br />
sagt er.<br />
Künftig planen die Forscher um<br />
Hendrik Berth, auch die Kin<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Studienteilnehmer zu befragen.<br />
Vielleicht auch <strong>de</strong>n siebenjährigen<br />
Sohn von Reiko Seitz<br />
und seiner Frau. Die Forscher<br />
wollen so herausfin<strong>de</strong>n, wie die<br />
Erziehung durch die Eltern dazu<br />
beiträgt, wann junge Erwachsene<br />
ihre eigene Familie grün<strong>de</strong>n.<br />
79 Prozent <strong>de</strong>r Studienteilnehmer<br />
leben <strong>de</strong>rzeit in einer Beziehung,<br />
wobei sich Frauen eher<br />
bin<strong>de</strong>n als Männer. Gleichzeitig<br />
zeigt sich in <strong>de</strong>n Ergebnissen<br />
auch <strong>de</strong>r Trend, die Heirat aufzuschieben,<br />
aber <strong>de</strong>nnoch in festen<br />
Beziehungen zu leben. Damit bestätigen<br />
die Daten an<strong>de</strong>re Studien,<br />
die vor allem für die ost<strong>de</strong>utschen<br />
Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r nichteheliche Lebensgemeinschaften<br />
als charakteristisch<br />
beschreiben.<br />
Er wird wohl trotz<strong>de</strong>m weiter im<br />
Blickfeld <strong>de</strong>r Forscher sein, dieser<br />
Jahrgang 73 Ost.<br />
In <strong>de</strong>r Sächsischen Längsschnittstudie berichten<br />
Teilnehmer, welche Hoffnungen und Ziele sie<br />
früher hatten und ob sie sich erfüllt haben. Die<br />
Sächsische Zeitung stellt in <strong>de</strong>n nächsten Tagen<br />
in einer Serie die wichtigsten Ergebnisse vor.<br />
Dres<strong>de</strong>n. Wie bil<strong>de</strong>t sich ein Finger,<br />
ein ganzer Arm Wie organisieren<br />
sich Zellen und Gewebe so, dass daraus<br />
ein kompletter Organismus<br />
entsteht Solchen Fragen gehen<br />
Wissenschaftler um <strong>de</strong>n Bioinformatik-Pionier<br />
Gene Myers am neu<br />
gegrün<strong>de</strong>ten Zentrum für Systembiologie<br />
<strong>de</strong>r Max-Planck-Gesellschaft<br />
in Dres<strong>de</strong>n nach. Für die disziplinenübergreifen<strong>de</strong>n<br />
Forschungen<br />
am Bauplan <strong>de</strong>s Lebens gab es<br />
gestern eine För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s<br />
in Höhe von mehr als 6,8 Millionen<br />
Euro, eine drei Millionen Euro teure<br />
Mikroskopie-Plattform ist bereits<br />
in Betrieb gegangen. 17 Postdoktoran<strong>de</strong>n<br />
sowie weitere Mitarbeiter<br />
wer<strong>de</strong>n damit in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />
drei Jahren neue Mikroskope und<br />
Analyse-Software entwerfen, mit<br />
<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r gesamte Entwicklungsablauf<br />
biologischer Systeme digital<br />
erfasst wer<strong>de</strong>n kann.<br />
„Wir können je<strong>de</strong>n Teil einer Zelle,<br />
<strong>de</strong>r uns interessiert, kennzeichnen“,<br />
erklärt Gene Myers, Gründungsdirektor<br />
<strong>de</strong>s neuen Zentrums.<br />
Doch um hinter die Vorgänge<br />
in Zellen und Geweben zu kommen,<br />
die die Forscher auf diese<br />
Weise in Fischen, Fliegen o<strong>de</strong>r<br />
Würmern beobachten, müssen sie<br />
riesige Datenmengen auswerten.<br />
Dafür wollen Biologen, Theoretische<br />
Physiker und Informatiker gemeinsam<br />
experimentelle Metho<strong>de</strong>n<br />
und Technologien fin<strong>de</strong>n.<br />
2015 wer<strong>de</strong>n die Systembiologen<br />
dann in ein neues Forschungsgebäu<strong>de</strong><br />
einziehen, das direkt neben<br />
<strong>de</strong>m Dresdner Max-Planck-Institut<br />
für molekulare Zellbiologie und Genetik<br />
gebaut und bis zu 120 Forschern<br />
Platz bieten wird. Sachsens<br />
Lan<strong>de</strong>sregierung hat für <strong>de</strong>n Neubau<br />
26 Millionen Euro im Haushaltsentwurf<br />
eingeplant. (SZ/fi)<br />
Motocross-WM 2013<br />
auf <strong>de</strong>m Lausitzring<br />
Klettwitz. Eine doppelte Premiere<br />
gibt es En<strong>de</strong> Juli 2013 auf <strong>de</strong>m Lausitzring.<br />
Zum ersten Mal wird die<br />
Piste zum Austragungsort eines<br />
Motocross-Rennens. Und zum ersten<br />
Mal überhaupt kommt die Motocross-Weltmeisterschaft<br />
in eine<br />
<strong>de</strong>rartige Renn-Arena. Einer von<br />
16 WM-Läufen fin<strong>de</strong>t jährlich in<br />
Deutschland statt, in Teutschenthal<br />
(Sachsen-Anhalt). Weil dort 2013<br />
schon eine an<strong>de</strong>re Großveranstaltung<br />
im Rennkalen<strong>de</strong>r steht,<br />
springt <strong>de</strong>r Lausitzring ein. Hier<br />
wird es eine sechsstellige Summe<br />
kosten, die Strecke für Motocross<br />
herzurichten. Etwa 1 000 Lkw-Ladungen<br />
Er<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n zu einer kurvenreichen<br />
Waschbrett-Piste, auf<br />
<strong>de</strong>r die gelän<strong>de</strong>gängigen Motorrä<strong>de</strong>r<br />
dann auch für ihre gewagten<br />
Sprünge abheben können. (SZ/tbe)<br />
Östlich <strong>de</strong>r Grenze wer<strong>de</strong>n<br />
neue Anlagen gebaut – und<br />
zwar viel mehr als bislang<br />
bekannt. Tschechen und<br />
Polen hoffen auf gutes Geld.<br />
Von A. Bretschnei<strong>de</strong>r,<br />
J. Grzeszczuk und K. Zimmermann<br />
Tschechien und vor allem Polen<br />
steigen jetzt in das Geschäft mit <strong>de</strong>r<br />
Win<strong>de</strong>nergie ein. Das hat massive<br />
Auswirkungen auf das Landschaftsbild,<br />
das sich <strong>de</strong>rzeit noch von <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Seite bietet.<br />
Seit Anfang September wer<strong>de</strong>n<br />
im tschechischen An<strong>de</strong>lka (Engelsdorf)<br />
Windrä<strong>de</strong>r gebaut. Sechs<br />
Stück stehen bald. Auf polnischer<br />
Seite gibt es noch gravieren<strong>de</strong>re<br />
Pläne: Zwischen Dzialoszyn (Königshain)<br />
und Sulikow (Schönberg)<br />
sind weitere 27 Windkraftanlagen<br />
geplant. Das betrifft <strong>de</strong>n schmalen<br />
Windrad-Wald im Neißetal soll noch dichter wer<strong>de</strong>n<br />
polnischen Landstreifen, in <strong>de</strong>ssen<br />
Höhe auf <strong>de</strong>utscher Seite St. Marienthal,<br />
Ostritz und Leuba liegen.<br />
Dazu gibt es nach wie vor Pläne, auf<br />
<strong>de</strong>r Hal<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Grube Turow einen<br />
großen Windpark mit 52<br />
Windrä<strong>de</strong>rn zu errichten.<br />
Dabei hatte Polen bei <strong>de</strong>n erneuerbaren<br />
Energien zunächst auf<br />
nachwachsen<strong>de</strong> Rohstoffe, wie beispielsweise<br />
Biomasse, gesetzt. Das<br />
nahe Kraftwerk Turow bietet aber<br />
günstige Einspeisebedingungen für<br />
Windstrom, und auch die Höhenzüge<br />
über <strong>de</strong>m Neißetal bieten sich<br />
für die Windrä<strong>de</strong>r an.<br />
Dazu kommen handfeste finanzielle<br />
Interessen: Die polnischen<br />
Ortsvorsteher rechnen für ihre<br />
Dörfer mit stabilen Steuereinnahmen<br />
– setzen damit Pläne um, die<br />
man eigentlich auch in Polen nicht<br />
wollte: Ein weit verstreutes Netz<br />
von Windrä<strong>de</strong>rn. Genau <strong>de</strong>swegen<br />
begann schon vor acht Jahren ein<br />
polnisch-<strong>de</strong>utsches Unternehmen,<br />
auf <strong>de</strong>r Abraumhal<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Braunkohlengrube<br />
Turow die Voraussetzungen<br />
für <strong>de</strong>n großen Windpark<br />
zu schaffen. Doch dort scheint es<br />
nicht recht voranzugehen – und es<br />
scheint unwahrscheinlich, dass die<br />
Ortschaften an <strong>de</strong>m privaten Projekt<br />
beteiligt wer<strong>de</strong>n. Also wird<br />
jetzt auf <strong>de</strong>n Gebieten <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Orte gebaut, damit Geld in die<br />
Kassen fließen kann.<br />
Deutschland ohne Vetorecht<br />
Die gleichen Überlegungen gibt es<br />
in Tschechien. Die sechs Windrä<strong>de</strong>r<br />
in An<strong>de</strong>lka sollten ursprünglich<br />
schon voriges Jahr fertig sein, berichten<br />
tschechische Medien. Doch<br />
auch dort sind die Menschen von<br />
<strong>de</strong>n Plänen nicht begeistert: Proteste<br />
<strong>de</strong>r Einwohner haben <strong>de</strong>n Bau<br />
verzögert. Jetzt aber wird gebaut,<br />
noch dieses Jahr soll <strong>de</strong>r Testbetrieb<br />
starten. So zitiert eine tschechische<br />
Nachrichtenagentur <strong>de</strong>n Chef <strong>de</strong>r<br />
Firma WSB Koncept, die die Windrä<strong>de</strong>r<br />
baut. Künftig sollen die sechs<br />
Windrä<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n ganzen Jahresstromverbrauch<br />
<strong>de</strong>r Region Frydlatsko<br />
(Friedland) <strong>de</strong>cken. Die Investitionen<br />
helfen <strong>de</strong>n Orten, wie<br />
die Bürgermeisterin von An<strong>de</strong>lka,<br />
Vladimira Erbanova, tschechischen<br />
Medien bestätigte. Die Gemein<strong>de</strong><br />
Visnova (Böhmisch Weigsdorf) erhalte<br />
vom Investor nach Bauabnahme<br />
eine Million Kronen (40 000<br />
Euro) und danach je<strong>de</strong>s Jahr ein<br />
Prozent <strong>de</strong>s Gewinns, min<strong>de</strong>stens<br />
aber 100 000 Kronen, also rund<br />
4 000 Euro für je<strong>de</strong> Windkraftanlage.<br />
Dieses Geld solle zuerst im Ortsteil<br />
An<strong>de</strong>lka investiert wer<strong>de</strong>n: in<br />
die Abwasserkanäle, in eine Straße<br />
und eine Kneipe.<br />
Diese sechs tschechischen Windrä<strong>de</strong>r<br />
könnten in <strong>de</strong>r Wahrnehmung<br />
aber künftig untergehen.<br />
Denn die polnischen Pläne <strong>de</strong>r insgesamt<br />
knapp 80 Anlagen lassen<br />
die tschechischen Pläne sozusagen<br />
im Windschatten hinter sich. Die<br />
Die ersten <strong>de</strong>r<br />
neuen Windrä<strong>de</strong>r<br />
in Tschechien<br />
sind von<br />
Ostritz aus an<br />
<strong>de</strong>r B 99 in Höhe<br />
<strong>de</strong>s Klosterparkplatzes<br />
gut<br />
zu sehen.<br />
Foto: Th. Knorr<br />
<strong>de</strong>utsche Seite wur<strong>de</strong> entsprechend<br />
<strong>de</strong>n EU-Vorgaben über die<br />
Pläne informiert. Das Umweltamt<br />
in Zittau hat seit Längerem Kenntnis<br />
von <strong>de</strong>m tschechischen Projekt,<br />
und zumin<strong>de</strong>st über die polnischen<br />
Windrä<strong>de</strong>rn bei Bogatynia (Reichenau)<br />
war Zittau schon vor einigen<br />
Jahren informiert. Einflussmöglichkeiten<br />
haben die Nachbarlän<strong>de</strong>r<br />
in<strong>de</strong>s nicht. So kann man<br />
hier nur gespannt sein, wie sich <strong>de</strong>r<br />
Blick auf die Berge in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />
Jahren verän<strong>de</strong>rn wird.
DONNERSTAG, 4. OKTOBER 2012<br />
SACHSEN ||||||||||||||||| 7<br />
SÄCHSISCHE ZEITUNG<br />
Der Mann mit mehreren I<strong>de</strong>ntitäten<br />
Wie viele in <strong>de</strong>r DDR aufgewachsene und in West<strong>de</strong>utschland leben<strong>de</strong> Menschen fühlt Marc Gensel sich sowohl als Ost- und West<strong>de</strong>utscher.<br />
A<br />
Von Anna Kusserow<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
<br />
<br />
Eine Serie <strong>de</strong>r Sächsischen Zeitung<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
ls Marc Gensel aus Leipzig in<br />
seinen Semesterferien 1996<br />
bei einer Spedition anheuern will,<br />
bekommt er zu hören: „Mit Ossis<br />
arbeiten wir nicht.“ Sechs Jahre<br />
nach <strong>de</strong>r Einheit ist <strong>de</strong>r damalige<br />
23-jährige Stu<strong>de</strong>nt über so einen<br />
Spruch komplett verwun<strong>de</strong>rt. Ost<br />
und West sollte doch eigentlich<br />
kein Thema mehr sein.<br />
Ist es aber. Denn die meisten<br />
Menschen, die bei<strong>de</strong> Systeme erlebt<br />
haben, i<strong>de</strong>ntifizieren sich sowohl<br />
als DDR- als auch als BRD-Bürger.<br />
Auch 22 Jahre nach <strong>de</strong>r Einheit.<br />
Das fan<strong>de</strong>n Forscher in einer Langzeitstudie<br />
heraus. Dazu wer<strong>de</strong>n seit<br />
<strong>de</strong>m Jahr <strong>de</strong>r <strong>Wie<strong>de</strong>rvereinigung</strong><br />
etwa 350 Menschen befragt, die im<br />
Osten gera<strong>de</strong> zur Schule gingen, als<br />
die Mauer fiel. Marc Gensel ist einer<br />
von ihnen. Und wie die meisten<br />
spürt auch er eine „Doppeli<strong>de</strong>ntität“.<br />
Zwischen 70 und 90 Prozent<br />
antworten wie er, dass ihre DDR-<br />
Vergangenheit genau so zu ihnen<br />
gehört wie ihre heutige Staatsbürgerschaft<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik.<br />
Auch wenn die Einheit immer weiter<br />
zurückliegt, die DDR bleibt Teil<br />
ihrer I<strong>de</strong>ntität.<br />
Beleidigen<strong>de</strong> Sprüche hört Gensel<br />
heute nicht mehr. Heute lebt er<br />
mit Frau und Sohn in einem Haus<br />
in Augsburg. Gleich nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong><br />
war er nach West<strong>de</strong>utschland<br />
gezogen, beruflich zog es ihn aber<br />
quer durch Deutschland. Heute<br />
spürt er, in Augsburg, ganz in <strong>de</strong>r<br />
Nähe seiner Arbeitsstätte in München,<br />
angekommen zu sein.<br />
Wie die Studienteilnehmer fühlt<br />
er sich mal mehr, mal weniger als<br />
DDR-Bürger. Über die Jahre fühlen<br />
sich die Befragten immer etwas<br />
mehr als „Ossi“. Das drehte sich En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r 90er um. Doch die DDR verschwin<strong>de</strong>t<br />
nicht, wie zunächst angenommen.<br />
Das Ergebnis von 2001<br />
zeigt am <strong>de</strong>utlichsten, dass bei <strong>de</strong>n<br />
meisten zwei Herzen in einer Brust<br />
schlagen. Alle 83 Prozent, die antworten,<br />
dass sie BRD-Bürger sind,<br />
sagen auch, dass sie DDR-Bürger<br />
sind. In <strong>de</strong>n Jahren danach nimmt<br />
die I<strong>de</strong>ntifikation mit <strong>de</strong>m vergangenen<br />
System sogar noch zu, 2012<br />
ist diese um einen Prozentpunkt<br />
höher als mit <strong>de</strong>r BRD.<br />
Wenn es um politische Diskussionen<br />
zum Thema Ost<strong>de</strong>utschland<br />
geht, merkt Gensel wie<strong>de</strong>r, dass er<br />
seine Jugend bis zum 17. Lebensjahr<br />
in <strong>de</strong>r DDR verbracht hat. Er ist<br />
solidarisch, wenn es etwa um <strong>de</strong>n<br />
Lohnunterschied in alten und neuen<br />
Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag<br />
geht. Dann ist er Ost<strong>de</strong>utscher.<br />
In an<strong>de</strong>ren Situationen<br />
ist es umgekehrt. Über die Jahre in<br />
Bayern, wo er heute lebt und arbeitet,<br />
hat seine Sprechweise einen<br />
leichten bayerischen Einschlag bekommen.<br />
Wenn er sich also als<br />
Leipziger vorstellt, kommt eher die<br />
Reaktion, dass man das ja gar nicht<br />
an seinem Dialekt erkenne. „Tatsächlich<br />
habe ich nie wirklich sächsisch<br />
gesprochen“, sagt <strong>de</strong>r heute<br />
39-Jährige. Man könnte ihn also<br />
auch für einen West<strong>de</strong>utschen halten.<br />
Manchmal fragen historisch Interessierte,<br />
wie er damals <strong>de</strong>n Umbruch<br />
erlebt hat und ob es tatsächlich<br />
keine Bananen gab. Ein patriotischer<br />
DDR-Bürger ist er nie gewesen.<br />
„Ich war froh, dass ich es kennenlernen<br />
durfte“, sagt er heute.<br />
Dabei ist ihm die <strong>de</strong>utsche Einigung<br />
damals nicht so wichtig. Er<br />
protestiert für freie Wahlen. Als die<br />
Demonstranten mit ihrem Ausruf<br />
„Wir sind ein Volk“ die Vereinigung<br />
von Ost und West for<strong>de</strong>rn,<br />
steigt er kurzzeitig aus. „Das habe<br />
ich damals gar nicht unbedingt gewollt“,<br />
sagt er. Mit <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> und<br />
Als Fotograf<br />
fing er an, heute ist Marc<br />
Gensel Produktionstechniker<br />
beim Fernsehen. Das kleine<br />
Bild zeigt ihn um 1987.<br />
<strong>de</strong>m „Jahr <strong>de</strong>r Anarchie“ 1990 eröffnen<br />
sich Gensel vermeintlich<br />
unbegrenzte Möglichkeiten. „Es<br />
war eine große Freiheit und mit <strong>de</strong>r<br />
musste ich erst mal klarkommen“,<br />
erzählt Gensel. Er spürt während<br />
seiner Jahre auf <strong>de</strong>r Suche nach<br />
<strong>de</strong>m richtigen Berufsweg und Arbeitsleben,<br />
dass es auch leichter<br />
sein kann, wenn einem diese Entscheidung<br />
abgenommen wird.<br />
„Der Weg in <strong>de</strong>r DDR war vorgezeichnet“,<br />
erzählt er. Als DDR-Jugendlicher<br />
will er noch Lehrer wer<strong>de</strong>n,<br />
auch, weil ihm als Aka<strong>de</strong>mikerkind<br />
nicht viele Möglichkeiten<br />
bleiben. Nun muss er seinen eigenen<br />
Weg gehen und wo dieser hinführen<br />
soll, ist zunächst nicht klar.<br />
Erst während seines zweiten Studiums<br />
ent<strong>de</strong>ckt er die Kamera, die<br />
fortan sein Arbeitsgerät sein wird.<br />
Über eine Fotografenlehre, Fortbildungen<br />
für Filmkameras, Schnitt<br />
und Reisereportagen kommt er<br />
schließlich als Produktionstechniker<br />
zum Fernsehen, wo er heute arbeitet.<br />
Für eine Fotoreise fährt er 1999<br />
mit 27 Jahren das erste Mal nach<br />
Gambia in Afrika. Im Ausland wird<br />
er we<strong>de</strong>r als DDR- noch als BRD-<br />
Bürger, son<strong>de</strong>rn vor allem als Deutscher<br />
wahrgenommen. So etwas<br />
wie Patriotismus ist ihm fremd.<br />
„Ich bin stolz auf das, was ich geschafft<br />
habe, aber in mein Land bin<br />
ich nur reingeboren“, sagt er. Auf<br />
<strong>de</strong>n Zufall könne man schließlich<br />
nicht stolz sein. Die Frage, ob Gensel<br />
sich als Europäer fühlt, hat er<br />
immer aus vollem Herzen bejaht,<br />
auch weil er die europäische Einigung<br />
gut fin<strong>de</strong>t. Gera<strong>de</strong> bei seinen<br />
Reisen in Afrika wird ihm einmal<br />
mehr bewusst, dass auch <strong>de</strong>r Kontinent,<br />
auf <strong>de</strong>m man aufwächst, eine<br />
I<strong>de</strong>ntität prägen kann.<br />
DDR-Bürger o<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sbürger<br />
Als was sich <strong>de</strong>r Jahrgang 1973 i<strong>de</strong>ntifiziert<br />
Alle Angaben in Prozent<br />
87<br />
90<br />
89<br />
88<br />
87<br />
86<br />
Wohnlandschaft,<br />
Bezug Kunstle<strong>de</strong>r<br />
15403806<br />
83<br />
83<br />
83<br />
84<br />
82<br />
80<br />
79<br />
80<br />
78<br />
76<br />
Quelle: Förster, Berth<br />
DDR-Bürger<br />
Bun<strong>de</strong>sbürger<br />
1992 2001<br />
2012<br />
SZ-Grafik: Gernot Grunwald<br />
74<br />
Klitschko sagt ab<br />
Görlitz. Boxweltmeister Vitali<br />
Klitschko wird <strong>de</strong>n Brückepreis <strong>de</strong>r<br />
Europastadt Görlitz/Zgorzelec später<br />
entgegennehmen. Der 41-Jährige<br />
habe aus persönlichen Grün<strong>de</strong>n<br />
um eine Verschiebung <strong>de</strong>r für morgen<br />
geplanten Preisverleihung gebeten,<br />
sagte <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Brückepreis-Gesellschaft,<br />
Willi Xylan<strong>de</strong>r.<br />
Ein neuer Termin steht noch<br />
nicht fest. Zunächst wolle man mit<br />
<strong>de</strong>m ukrainischen Boxchampion<br />
telefonieren. Die mit 2 500 Euro dotierte<br />
Auszeichnung wird Klitschko<br />
für sein politisches und karitatives<br />
Engagement verliehen. (dpa)<br />
Streit um Neonazi Thomas S.<br />
Als „Vertrauensperson“<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rechte Sachsens<br />
Staatsschutz empfohlen.<br />
Dres<strong>de</strong>n. Die Empörung <strong>de</strong>r Opposition<br />
in Sachsen wegen <strong>de</strong>r schleppen<strong>de</strong>n<br />
Aufklärung <strong>de</strong>r Taten <strong>de</strong>s<br />
Zwickauer Terrortrios NSU hält an:<br />
Nach einer Son<strong>de</strong>rsitzung <strong>de</strong>s Innenausschusses<br />
im Landtag haben<br />
die Linken am Dienstag erneut Ungereimtheiten<br />
ausgemacht. „In dieser<br />
Serie von Ermittlungspannen<br />
ist es typisch, dass niemand bereit<br />
ist, Verantwortung für Fehlleistungen<br />
zu übernehmen und die Schuld<br />
auf die unteren Ränge abgeschoben<br />
wird“, sagte die Abgeordnete Kerstin<br />
Köditz. Wie<strong>de</strong>r einmal habe sich<br />
Toter auf <strong>de</strong>r A4<br />
Chemnitz. Bei einem schweren Unfall<br />
auf <strong>de</strong>r A4 zwischen Meerane<br />
und Schmölln ist am Dienstag <strong>de</strong>r<br />
52-jährige Fahrer eines Lastwagens<br />
gestorben. Der Lkw war wegen eines<br />
geplatzten Reifens in <strong>de</strong>n Gegenverkehr<br />
geraten, stieß dort mit<br />
einem überholen<strong>de</strong>n Auto zusammen<br />
und überschlug sich. Der Fahrer<br />
wur<strong>de</strong> eingeklemmt und starb<br />
noch an <strong>de</strong>r Unfallstelle. Die A4 war<br />
ab mittags in Richtung Erfurt für<br />
mehrere Stun<strong>de</strong>n voll gesperrt. Autofahrer<br />
mussten nach Polizeiangaben<br />
in bei<strong>de</strong>n Fahrtrichtungen mit<br />
Behin<strong>de</strong>rungen rechnen. (dpa)<br />
das Innenministerium als Behör<strong>de</strong><br />
präsentiert, „in <strong>de</strong>r die linke Hand<br />
nicht weiß, was die rechte tut“. Sie<br />
hielt CDU-Innenminister Markus<br />
Ulbig und <strong>de</strong>m Chef <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>skriminalamtes<br />
(LKA), Jörg Michaelis,<br />
vor, „vollkommen unvorbereitet“<br />
im Ausschuss erschienen zu sein.<br />
Hintergrund sind Meldungen,<br />
wonach das LKA Berlin im November<br />
2000 <strong>de</strong>m LKA Sachsen <strong>de</strong>n<br />
Neonazi Thomas S. als „Vertrauensperson“<br />
anbot. Sachsens LKA-Sprecher<br />
bestätigte das. Führungskräfte<br />
aus <strong>de</strong>m LKA, die zuvor vor <strong>de</strong>m<br />
Untersuchungsausschuss ausgesagt<br />
hatten, wollten davon aber nichts<br />
gewusst haben. Sie erklärten vielmehr,<br />
<strong>de</strong>r polizeiliche Staatsschutz<br />
in Sachsen führe we<strong>de</strong>r V-Männer<br />
noch Vertrauenspersonen. (dpa)<br />
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SONNABEND/SONNTAG<br />
6./7.OKTOBER 2012<br />
Verlorene Euphorie<br />
Daniela Hertrich aus <strong>de</strong>m Vogtland hoffte nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> auf mehr Bürgerbeteiligung. Zufrie<strong>de</strong>n ist sie heute eher nicht.<br />
Artist stirbt auf<br />
Rummelplatz<br />
Von Anna Kusserow<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
mit <strong>de</strong>m System<br />
politisch<br />
Quelle: Förster, Berth<br />
in Prozent<br />
wirtschaftlich<br />
SZ-Grafik: Gernot Grunwald<br />
46<br />
44<br />
42<br />
40<br />
38<br />
36<br />
34<br />
32<br />
30<br />
28<br />
26<br />
24<br />
Kohl<br />
Schrö<strong>de</strong>r<br />
Merkel<br />
22<br />
20<br />
1993 1998 2005<br />
2012<br />
Als die Mauer fällt, ist Daniela Hertrich<br />
glücklich. Die 17-Jährige aus<br />
<strong>de</strong>r DDR freut sich etwa darauf,<br />
dass es nun etwas bringen wird,<br />
wählen zu gehen. Endlich kann sie<br />
mitbestimmen. Heute, mit 39 Jahren,<br />
ist ihre Euphorie verklungen.<br />
Sie sieht vieles in Politik und Wirtschaft,<br />
das nicht gut läuft.<br />
So wie Daniela Hertrich geht es<br />
vielen ihrer Generation. Das zumin<strong>de</strong>st<br />
ist das Ergebnis <strong>de</strong>r Sächsischen<br />
Längsschnittstudie, einer<br />
Langzeiterhebung über 25 Jahre,<br />
bei <strong>de</strong>r etwa 350 sächsische Jugendliche<br />
<strong>de</strong>s Jahrgangs 1973 regelmäßig<br />
nach ihrer Zufrie<strong>de</strong>nheit mit<br />
Politik und Wirtschaft befragt wer<strong>de</strong>n.<br />
Hertrich ist eine von ihnen.<br />
Die Studienteilnehmer, die jung<br />
waren, als das neue politische System<br />
für sie begann, sind heute von<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaftsordnung ernüchtert.<br />
Seit 1993 überwiegt <strong>de</strong>r Anteil<br />
<strong>de</strong>r Befragten, die unzufrie<strong>de</strong>n<br />
sind.<br />
Daniela Hertrich besuchte gera<strong>de</strong><br />
die zehnte Klasse, als die Mauer fiel.<br />
Ihren Beruf, <strong>de</strong>n sie nach <strong>de</strong>r Schule<br />
gera<strong>de</strong> erlernte, gab es nicht<br />
mehr. Ihr Ausbildungsbetrieb stellte<br />
um, und so konnte sie Informatikerin<br />
wer<strong>de</strong>n. Sie ist heute für alle<br />
technischen Geräte zuständig, die<br />
im Unternehmen ihres Arbeitgebers<br />
stehen – von <strong>de</strong>r Vi<strong>de</strong>oüberwachung<br />
bis zum Kopierer. Sie wohnt<br />
noch immer in <strong>de</strong>m Haus, das ihre<br />
Familie seit fünf Generationen bewohnt.<br />
Sie ist geblieben. Auch wegen<br />
<strong>de</strong>s Gartens.<br />
Kurz vor <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> interessierte<br />
Hertrich sich eher nicht für die<br />
Staatsordnung. „Politik war für<br />
mich damals kein Thema“, sagt sie.<br />
Politik und Wirtschaftsordnung<br />
waren Dinge, mit <strong>de</strong>nen man sich<br />
arrangieren sollte. Ihr Interesse für<br />
Politik erwachte erst 1989. „Wir<br />
mussten uns zwangsläufig damit<br />
beschäftigen“, erinnert sie sich. Auf<br />
<strong>de</strong>m Weg zu ihrer Ausbildungsstätte<br />
passierte sie je<strong>de</strong>n Tag zweimal<br />
Personenkontrollen. „Wir wollten<br />
wissen, wohin das alles führen<br />
wird“, sagt Hertrich heute. Mit dabei<br />
war damals immer die Angst,<br />
dass die Lage eskalieren könnte.<br />
Durch die Nähe zu Bayern hatte die<br />
Familie Hertrich Westfernsehen.<br />
Sie schauten Tagesschau und Aktuelle<br />
Kamera. Aus Neugier<strong>de</strong> fing sie<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
<br />
<br />
Eine Serie <strong>de</strong>r Sächsischen Zeitung<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
an, zwangsläufig die Systeme miteinan<strong>de</strong>r<br />
zu vergleichen.<br />
Als die Mauer fällt, schöpft sie<br />
Hoffnung. Es ist ihr wichtig, mehr<br />
mitzubestimmen. Die Euphorie<br />
hält vielleicht drei, vier Jahre an,<br />
dann kommen Brüche – wie bei<br />
Daniela Hertrich im<br />
Garten ihres Elternhauses.<br />
Sie ist ernüchtert<br />
vom vereinten<br />
Deutschland,<br />
wünscht sich etwa<br />
mehr aktive Mitbestimmung.<br />
Kl. Bild:<br />
Hertrich 1987 bei ihrer<br />
Jugendweihe.<br />
Fotos: Pastierovic/privat<br />
<strong>de</strong>n meisten Studienteilnehmern.<br />
Ab 1994 sinkt die Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />
von 35 Prozent über die Jahre immer<br />
weiter ab. Nur zwischen 20<br />
und 30 Prozent <strong>de</strong>r Befragten geben<br />
von 1994 bis 1998 an, mit <strong>de</strong>r<br />
Politik glücklich zu sein. Es sind die<br />
letzten Jahre <strong>de</strong>r Ära Kohl.<br />
Als 1998 <strong>de</strong>r Machtwechsel von<br />
CDU zur SPD folgt, Gerhard Schrö<strong>de</strong>r<br />
ins Kanzleramt zieht, steigt die<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit bis 2001 zunächst<br />
wie<strong>de</strong>r an – um dann erneut bis<br />
2005 zu fallen. Erst Angela Merkel<br />
bringt einen leichten Aufschwung,<br />
was die Befindlichkeit angeht.<br />
Trotz <strong>de</strong>r anhalten<strong>de</strong>n Finanzkrise<br />
2011 wird mit 45 Prozent die<br />
höchste Zufrie<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Politik<br />
gemessen. Die Zufrie<strong>de</strong>nen bleiben<br />
trotz<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheit.<br />
Für Daniela Hertrich ist es ein<br />
schleichen<strong>de</strong>r Prozess. Sie hat Fragen<br />
an das vereinte Deutschland.<br />
Sie wünscht sich mehr aktives Mitbestimmen.<br />
„Einen Bürgerentscheid<br />
habe ich in meinem Leben<br />
auf Landkreisebene miterlebt“,<br />
sagt sie.<br />
Ob Landtagswahl, Bun<strong>de</strong>stagswahl<br />
o<strong>de</strong>r Europawahl, vieles ist<br />
ihr zu weit weg, zu abstrakt vom<br />
Einzelnen. Zur Wahl zu gehen, ist<br />
für sie wichtig. Sie hat noch nie einen<br />
Wahltag verpasst, gera<strong>de</strong> auch,<br />
weil sie verhin<strong>de</strong>rn will, dass extreme<br />
Parteien von einer geringen<br />
Wahlbeteiligung profitieren. Sie<br />
hofft, dass sie etwas für die Demokratie<br />
bewirken kann.<br />
In <strong>de</strong>r Sächsischen Längsschnittstudie berichten<br />
Teilnehmer, welche Hoffnungen und Ziele sie<br />
früher hatten und ob sie sich erfüllt haben. Die<br />
Sächsische Zeitung stellt in einer Serie die wichtigsten<br />
Ergebnisse vor.<br />
Leipzig. Ein Motorrad-Artist ist bei<br />
einer Vorführung auf einem Leipziger<br />
Rummelplatz tödlich verunglückt.<br />
Wie die Polizei am Freitag<br />
mitteilte, zog sich <strong>de</strong>r 52-Jährige<br />
bei <strong>de</strong>m Sturz am Tag <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Einheit schwere Verletzungen<br />
zu. Er starb wenig später im<br />
Krankenhaus. Ermittlungen <strong>de</strong>r Polizei<br />
und von technischen Sachverständigen<br />
hätten keine Mängel am<br />
Motorrad o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Anlage auf<br />
<strong>de</strong>r Kleinmesse ergeben. Wahrscheinlich<br />
sei <strong>de</strong>r Unfall auf einen<br />
Fahrfehler <strong>de</strong>s Artisten zurückzuführen.<br />
Das endgültige Ergebnis einer<br />
Obduktion steht noch aus. (dpa)<br />
NACHRICHTEN<br />
||||||||||||||||||||||||||||||<br />
Einbrecher stiehlt<br />
Rentnerin Sterbegeld<br />
Zwickau. Bei einem Einbruch in eine<br />
Zwickauer Wohnung hat ein<br />
Dieb Tausen<strong>de</strong> Euro erbeutet. Er<br />
stahl ein Kuvert mit einem vierstelligen<br />
Bargeldbetrag, <strong>de</strong>n die Mieterin<br />
als Sterbegeld hinterlegt hatte.<br />
Sie ist seit <strong>de</strong>m August im Krankenhaus.<br />
Der Täter drang über ein angekipptes<br />
Fenster ein. (FP)<br />
Insolvenzverwalter<br />
sieht Hoffnung für MZ<br />
Dres<strong>de</strong>n. Der Insolvenzverwalter<br />
<strong>de</strong>s Zschopauer Motorradbauers<br />
MZ, Christoph Junker, sieht gute<br />
Chancen für <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>s<br />
Unternehmens. Er verweist auf <strong>de</strong>n<br />
Erfolg auf <strong>de</strong>r Motorradmesse in<br />
Köln. Dort habe ein verbrauchsarmer<br />
Motor als Weltneuheit für Aufsehen<br />
gesorgt. (dpa)<br />
Minerale Pracht<br />
in Freiberg<br />
Freiberg. Deutschlands schönste<br />
Mineralien sind künftig in Freiberg<br />
versammelt. Die Ausstellung von<br />
1 000 Stücken kröne die seit 2008 in<br />
Schloss Freu<strong>de</strong>nstein gezeigte „terra<br />
mineralia“, teilte die TU Bergaka<strong>de</strong>mie<br />
mit. Für die Fun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> ein<br />
500 Jahre altes früheres Amtshaus<br />
am Schlossplatz saniert. (dpa)<br />
Fotos: Fotolia.com/© Na<strong>de</strong>za Verbenko, Joachim Opelka<br />
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gefährlich. Wer <strong>de</strong>n<br />
Körperschmuck trägt,<br />
riskiert ’ne glatte Sechs.<br />
E<br />
IN BÜGELEISEN durch die<br />
Braue Ein Pfund Metall im<br />
Ohr O<strong>de</strong>r gar unter <strong>de</strong>r Zunge Liebe<br />
junge Sachsen, Ihr müsst Euch<br />
nicht piercen. Eisen im Gesicht verprellt<br />
nicht nur Menschen wie <strong>de</strong>n<br />
knorrigen Mathelehrer mit <strong>de</strong>m<br />
Stoß Prüfungsbögen unterm Arm,<br />
<strong>de</strong>m man eh besser aus <strong>de</strong>m Weg<br />
geht. Auch Wohlgesinnte könnten<br />
irritiert sein. Erst hören sie ein<br />
Rumpeln und Klimpern. Dann fragen<br />
sie sich: Was kann das wohl<br />
sein Ein verirrtes Weltkriegsfahrzeug<br />
vom Tag <strong>de</strong>r Sachsen Schwermetalldiebe<br />
Ach nee, ist doch nur<br />
Mandys Cousin, <strong>de</strong>ssen Nasenflügelpiercings<br />
aneinan<strong>de</strong>rrumsen.<br />
dsd<br />
SO ETWAS kann <strong>de</strong>r Durchstochene<br />
wohl noch aushalten. An<strong>de</strong>rswo<br />
lauern fiesere Probleme. Etwa im<br />
Sportunterricht. Wegen <strong>de</strong>r Verletzungsgefahr<br />
muss <strong>de</strong>r Körperschmuck,<br />
<strong>de</strong>r schmerzhafte Bezeichnungen<br />
wie Expan<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r<br />
Tunnel trägt, entfernt wer<strong>de</strong>n. Damit<br />
nicht genug. „Die dabei entstehen<strong>de</strong><br />
Öffnung in <strong>de</strong>r Haut ist voll-<br />
Mo<strong>de</strong>rner, übersichtlicher und vielfältiger<br />
präsentiert sich seit einigen<br />
Tagen <strong>de</strong>r SZ-Ticketservice im Internet.<br />
Erweitert wur<strong>de</strong> auch das<br />
Angebot an Veranstaltungen, für<br />
die hier Karten gebucht wer<strong>de</strong>n<br />
können. Beliebte Dinge gibt es natürlich<br />
weiterhin. Zum Beispiel die<br />
„Top 10 <strong>de</strong>r Veranstaltungen“. Grüne<br />
und rote Pfeile signalisieren<br />
jetzt aber, ob ein Künstler in <strong>de</strong>r<br />
Gunst gefallen o<strong>de</strong>r gestiegen ist –<br />
was dann schnelle Entscheidungen<br />
herausfor<strong>de</strong>rt. Bei einem einfachen<br />
Strich gab es keinen Platzwechsel.<br />
Dem Wunsch vieler Nutzer entspricht<br />
die Verän<strong>de</strong>rung bei „Erweiterte<br />
Suche“. Jetzt lässt sich <strong>de</strong>r<br />
eigene Favorit schneller fin<strong>de</strong>n.<br />
Neu ist außer<strong>de</strong>m, dass auf <strong>de</strong>r Seite<br />
zukünftig ab und an auch Karten<br />
verlost wer<strong>de</strong>n, beziehungsweise<br />
es Exklusiv-Shows für SZ-Leser gibt.<br />
Und unter „Schnäppchen“ fin<strong>de</strong>t<br />
man Rabatte. (SZ/md)<br />
web www.sz-ticketservice.<strong>de</strong><br />
Schwermetall im Bauchnabel<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
Sächsisch betrachtet<br />
Von Thilo Alexe<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
flächig mit einem Silikon- o<strong>de</strong>r<br />
Gummipfropfen zu verschließen“,<br />
heißt es in einem Hinweis <strong>de</strong>s Kultusministeriums.<br />
Mit Silikon verpfropfte<br />
Pennäler, die in einer nach<br />
altem Schweiß und Reinigungsmitteln<br />
in höchschter Konzentration<br />
miefen<strong>de</strong>n Turnhalle zur Trillerpfeife<br />
hüpfen Nein. Danke.<br />
dsd<br />
ZUMAL die Frage auftaucht: Was<br />
geschieht mit Schmuck an Körperstellen,<br />
die die ohnehin ausgepowerte<br />
Lehrerschaft eigentlich gar<br />
nicht sehen sollte „Schülerinnen<br />
und Schüler können nur dann vollumfänglich<br />
am Sportunterricht ...<br />
teilnehmen, wenn ausnahmslos alle<br />
gefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Gegenstän<strong>de</strong> vom<br />
Körper entfernt wor<strong>de</strong>n sind“,<br />
mahnt das Ministerium. Doch wer<br />
soll das bitteschön wie kontrollieren<br />
Und dann noch dieser ätzen<strong>de</strong><br />
Strafenkatalog. Selbst Vampir-Nägel<br />
wie bei Klaus Kinski gehen<br />
nicht. Lehrer müssen die Kids informieren,<br />
dass „gefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Gegenstän<strong>de</strong><br />
die nur operativ o<strong>de</strong>r nicht<br />
schadlos (z. B. erheblich verlängerte<br />
Fingernägel) ... entfernt wer<strong>de</strong>n<br />
können“, gar nicht erst angebracht<br />
wer<strong>de</strong>n dürfen. Wer sich <strong>de</strong>nnoch<br />
aufbrezelt, kriegt ’ne glatte Sechs<br />
in Sport.<br />
dsd<br />
UND WAS ist eine an sich ehrenhafte<br />
Sechs in <strong>de</strong>m lästigen Fach wert,<br />
wenn sie nicht durch glanzvolle miserable<br />
Leistungen (Schwänzen,<br />
Weitsprung, <strong>de</strong>r rechtzeitig VOR<br />
<strong>de</strong>m Sandkasten en<strong>de</strong>t, umjubelter<br />
Eigentor-Hattrick) ehrlich erkämpft<br />
wur<strong>de</strong> Richtig: Nicht viel.<br />
Ich weiß, wovon ich re<strong>de</strong>. Also, liebe<br />
junge Sachsen: Hängt schlaff am<br />
Reck und schlaft rasch ein, das<br />
Piercen lasst Ihr besser sein.<br />
dsd<br />
VIELLEICHT rammt sich die Freistaats-Jugend<br />
die Metallwaren auch<br />
nur <strong>de</strong>shalb durch Ohren und Näbel,<br />
weil sie traurig ist. Traurig, weil<br />
ihren Dialekt außerhalb <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s<br />
kaum einer mag. Mal<br />
wie<strong>de</strong>r ist das Sächsische per Umfrage<br />
zum unbeliebtesten Idiom gekürt<br />
wor<strong>de</strong>n. Macht nix. Wo man ’s<br />
Renfdl didschd, wenn‘s draußen<br />
plumbt, leben keine miesen Menschen.<br />
Lauscht ihrer Mundart ohne<br />
Häme. Nehmt sie ernst. Dann müssen<br />
sie sich nicht piercen.
8<br />
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DONNERSTAG, 11.OKTOBER 2012<br />
20 Bürger mit<br />
Annen-Medaille gewürdigt<br />
Dres<strong>de</strong>n. 20 ehrenamtlich tätige<br />
Sachsen sind gestern in Dres<strong>de</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>r Annen-Medaille ausgezeichnet<br />
wor<strong>de</strong>n. Damit würdigte<br />
<strong>de</strong>r Freistaat ihren langjährigen<br />
Einsatz für Senioren, Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche,<br />
Behin<strong>de</strong>rte und Migranten.<br />
Die nach <strong>de</strong>r wohltätigen Kurfürstin<br />
Anna von Sachsen aus <strong>de</strong>m<br />
16. Jahrhun<strong>de</strong>rt benannte Medaille<br />
aus Meissener Porzellan wird jährlich<br />
für uneigennützige Dienste für<br />
die Gemeinschaft vergeben. (dpa)<br />
Ursache für Notlandung<br />
eines Airbus weiter unklar<br />
Leipzig. Nach <strong>de</strong>m ungeplanten<br />
Stopp auf <strong>de</strong>m Flughafen Leipzig/<br />
Halle ist noch nicht klar, welche<br />
technischen Probleme eine Maschine<br />
<strong>de</strong>r Air France am Dienstagmittag<br />
zur Landung gezwungen haben,<br />
erklärte Air France KLM<br />
Deutschland gestern. Die Maschine<br />
lan<strong>de</strong>te auf <strong>de</strong>m Weg von Paris<br />
nach St. Petersburg in Leipzig. Die<br />
meisten Passagiere wur<strong>de</strong>n mit einer<br />
an<strong>de</strong>ren Maschine nach St. Petersburg<br />
weitergeflogen. (dpa)<br />
Tausen<strong>de</strong> Akteure sollen<br />
Völkerschlacht nachstellen<br />
Leipzig. Mehrere tausend Akteure<br />
aus ganz Europa sollen im Oktober<br />
2013 Gefechte <strong>de</strong>r Völkerschlacht<br />
bei Leipzig nachstellen. Das kündigte<br />
<strong>de</strong>r Verband Jahrfeier Völkerschlacht<br />
gestern an. Anlass ist <strong>de</strong>r<br />
200. Jahrestag <strong>de</strong>r Schlacht, bei <strong>de</strong>r<br />
Truppen <strong>de</strong>s französischen Kaisers<br />
Napoleon I. und Verbün<strong>de</strong>te einer<br />
Koalition aus Preußen, Russland,<br />
Österreich und Schwe<strong>de</strong>n unterlagen.<br />
Die Schlacht mit über 100 000<br />
Toten gehört zu <strong>de</strong>n blutigsten <strong>de</strong>s<br />
19. Jahrhun<strong>de</strong>rts. (dpa)<br />
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NACHRICHTEN<br />
||||||||||||||||||||||||||||||<br />
Grips:<br />
Mission<br />
Wir sind dabei:<br />
„Soli<strong>de</strong>s Wissen über Zusammenhänge<br />
und das aktuelle<br />
Zeitgeschehen geben jungen<br />
Leuten Selbstbewusstsein und<br />
Sicherheit. Bekanntlich braucht<br />
ja nicht nur unser Unternehmen<br />
kommunikativen gebil<strong>de</strong>ten<br />
Nachwuchs. Ganz klar also,<br />
dass die einzige sächsische<br />
Versicherung die Mission Grips<br />
ausgesprochen gern<br />
unterstützt.“<br />
Gerhard Müller<br />
Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Sparkassen-<br />
Versicherung<br />
Sachsen<br />
Eine Aktion mit Unternehmen aus<br />
Sachsen und <strong>de</strong>r TU Dres<strong>de</strong>n<br />
Karriere mit Kin<strong>de</strong>rn<br />
Arbeiten und Kin<strong>de</strong>r haben ist für Frauen aus <strong>de</strong>r früheren DDR selbstverständlich.<br />
Als Franka Jentzsch als junges Mädchen erstmals in <strong>de</strong>n Westen reist, sieht sie: Es geht auch an<strong>de</strong>rs.<br />
F<br />
Von Anna Kusserow<br />
ür Franka Jentzsch war immer<br />
klar, dass sie auch als Mutter arbeiten<br />
gehen wird. Sie ist in Leipzig<br />
aufgewachsen, dort kannte sie nur<br />
arbeiten<strong>de</strong> Mütter. Deshalb gab es<br />
für sie keinen Zweifel: So wird es<br />
bei mir auch einmal sein.<br />
Fehlen<strong>de</strong> Kita-Plätze o<strong>de</strong>r Arbeitsplatzverlust<br />
sind für Menschen aus<br />
<strong>de</strong>r ehemaligen DDR immer weniger<br />
ein Hin<strong>de</strong>rnis für die Familienplanung<br />
gewor<strong>de</strong>n. Das zeigt eine<br />
Langzeitstudie, die seit 25 Jahren<br />
Menschen <strong>de</strong>s Geburtsjahrgangs<br />
1973 aus Sachsen zu ihrem Leben<br />
befragt. Die Jugendlichen von damals<br />
sind erwachsen gewor<strong>de</strong>n –<br />
und so ist auch die Frage nach <strong>de</strong>m<br />
Familienleben dazugekommen.<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
<br />
<br />
Eine Serie <strong>de</strong>r Sächsischen Zeitung<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
Auch Franka Jentzsch nahm an <strong>de</strong>r<br />
Studie von Anfang an teil. Unter an<strong>de</strong>rem<br />
beantworten die Teilnehmer<br />
regelmäßig die Frage, wie Familiengründung<br />
beeinflusst wird –<br />
durch Finanzen, Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie, Arbeitsplatzsicherheit,<br />
Kin<strong>de</strong>rbetreuungsmöglichkeiten<br />
und Partnerschaft. Das<br />
Ergebnis: Sowohl für Frauen wie<br />
Männer spielt die finanzielle Lage<br />
von jeher eine große Rolle. Männer<br />
machen ihre Familiengründung<br />
aber noch stärker von <strong>de</strong>r Partnerschaft<br />
abhängig. Für Frauen ist es<br />
wichtig, inwieweit sich Beruf und<br />
Familie vereinbaren lassen.<br />
Rollen prallen aufeinan<strong>de</strong>r<br />
Bei Franka Jentzsch ist das geglückt.<br />
Zusammen mit ihrem Partner<br />
hat sie immer Strukturen vorgefun<strong>de</strong>n,<br />
die es ihr ermöglichten,<br />
bei<strong>de</strong>s zu haben: Beruf und Kin<strong>de</strong>r.<br />
Auch, weil nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> das<br />
Netz <strong>de</strong>r Krippen und Kin<strong>de</strong>rgärten<br />
auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r ehemaligen<br />
DDR weiterhin <strong>de</strong>utlich dichter<br />
war als im Westen.<br />
Tatsächlich hat einst in <strong>de</strong>r DDR<br />
das Rollenmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r berufstätigen<br />
Mutter die Frauen stark geprägt.<br />
Später kamen im vereinten<br />
Deutschland zwei weitere Rollenbil<strong>de</strong>r<br />
hinzu: Das <strong>de</strong>r zu Hause bleiben<strong>de</strong>n<br />
Mutter und das <strong>de</strong>r oft kin<strong>de</strong>rlosen<br />
Karrierefrau. In <strong>de</strong>r DDR<br />
waren die meisten Frauen beim ersten<br />
Kind 22 o<strong>de</strong>r 23 Jahre alt. Familie,<br />
Kin<strong>de</strong>r und Partnerschaft stan<strong>de</strong>n<br />
sowohl bei Frauen wie Männern<br />
ganz oben auf <strong>de</strong>r Prioritätenliste<br />
und waren kein Wi<strong>de</strong>rspruch<br />
zum Erwerbsleben. Heute wer<strong>de</strong>n<br />
die Frauen in Ost<strong>de</strong>utschland im<br />
Schnitt mit 27 erstmals Mutter, in<br />
West<strong>de</strong>utschland mit etwa 29.<br />
Franka Jentzsch war bei <strong>de</strong>r Geburt<br />
ihres ersten Kin<strong>de</strong>s 28 Jahre alt.<br />
Drei Viertel <strong>de</strong>r Studienteilnehmer<br />
haben heute Kin<strong>de</strong>r, mehr als<br />
die Hälfte ist verheiratet. Nach <strong>de</strong>r<br />
Wen<strong>de</strong> sanken die Geburtenzahlen<br />
in Deutschland dramatisch und erreichten<br />
1994 <strong>de</strong>n historischen<br />
Tiefststand von 0,77 Kin<strong>de</strong>rn pro<br />
Frau. Wie aus <strong>de</strong>r Studie hervorgeht,<br />
haben die Frauen im Osten<br />
dabei vor allem aus wirtschaftlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n, wegen mangeln<strong>de</strong>r<br />
Flexibilität und <strong>de</strong>s Wunsches nach<br />
Unabhängigkeit ihr Eltern-Dasein<br />
aufgeschoben o<strong>de</strong>r sogar komplett<br />
darauf verzichtet.<br />
Nicht so Franka Jentzsch. Mit ihrem<br />
ersten Sohn bleibt sie nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt zwei Jahre zu Hause, ehe sie<br />
wie<strong>de</strong>r ins Berufsleben einsteigt.<br />
Ob Krippe, Kin<strong>de</strong>rgarten o<strong>de</strong>r Schule,<br />
die Betreuung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r habe<br />
nie im Konflikt zum Arbeitsalltag<br />
gestan<strong>de</strong>n, erzählt sie. Sie ist froh<br />
darüber, <strong>de</strong>nn ihre Arbeit als Berufsberaterin<br />
bei <strong>de</strong>r Arbeitsagentur<br />
ist ihr wichtig. Ihre bei<strong>de</strong>n inzwischen<br />
elf- und fünfjährigen Söhne<br />
weiß sie seit jeher gut betreut,<br />
wenn sie zur Arbeit geht. Ganz an<strong>de</strong>rs<br />
bei ihren Freundinnen und Bekannten<br />
in west<strong>de</strong>utschen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn.<br />
Jentzsch weiß von Frauen,<br />
die nur 15 o<strong>de</strong>r 20 Stun<strong>de</strong>n wöchentlich<br />
arbeiten können, weil<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgarten nur bis 14 Uhr geöffnet<br />
ist. „Das wäre nichts für<br />
mich“, sagt sie.<br />
Mit 18 Jahren reist Franka gemeinsam<br />
mit zehn an<strong>de</strong>ren jungen<br />
Frauen und Männern aus ihrer Heimat<br />
nach Mannheim in Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg. Dort beginnt sie ihre<br />
Ausbildung zur Verwaltungsinspekteurin.<br />
Zum ersten Mal begegnet<br />
ihr dort jenes an<strong>de</strong>re Rollenbild:<br />
Manche ihrer aus <strong>de</strong>m Westen<br />
stammen<strong>de</strong>n Mitschülerinnen wollen<br />
– wenn sie Mutter sind – trotz<br />
Ausbildung zu Hause bleiben o<strong>de</strong>r<br />
nur in Teilzeit arbeiten. Sie kennen<br />
es nicht an<strong>de</strong>rs, so war es auch bei<br />
<strong>de</strong>ren Müttern. Für Franka Jentzsch<br />
ist das keine Option, auch weil sie<br />
es so nie erlebt hat.<br />
Zurück in Leipzig, nimmt sie<br />
nach ihrer Ausbildung in <strong>de</strong>r Beratung<br />
für Arbeitssuchen<strong>de</strong> ihre Tätigkeit<br />
auf. Eine erfüllen<strong>de</strong>, wenn<br />
auch zuweilen sehr anstrengen<strong>de</strong><br />
Arbeit. Sie bekommt alle Wellen<br />
<strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit in Sachsen<br />
Franka<br />
Jentzsch heute<br />
– und vor 23<br />
Jahren (kl. Foto,<br />
Mitte). Als<br />
Berufsberaterin<br />
in Leipzig<br />
ist sie glücklich,<br />
dass sich<br />
Job und Familie<br />
gut vereinbaren<br />
lassen.<br />
Fotos : Anja Jungnickel/<br />
privat<br />
zwar nicht persönlich, aber doch<br />
hautnah mit. Betriebe, die schließen<br />
müssen und massenhaft Mitarbeiter<br />
ohne Arbeit hinterlassen.<br />
Menschen, die dringend einen Vorschuss<br />
benötigen. Sie versucht ihren<br />
Klienten so gut es geht zu helfen<br />
und merkt: Auch im Kleinen<br />
kann sie etwas bewegen.<br />
Sie durchläuft mehrere Stationen<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Agentur für Arbeit.<br />
Mit 27 Jahren wird sie verbeamtet.<br />
Jetzt ist sie Berufsberaterin – und es<br />
macht ihr Spaß. Engagiert versucht<br />
sie je<strong>de</strong>m Absolventen und Schulabgänger<br />
dabei zu helfen, <strong>de</strong>n Start<br />
ins Arbeitsleben zu meistern. In<br />
diesem Jahr feiert sie ihr 20-jähriges<br />
Berufsjubiläum.<br />
Franka Jentzsch ist Teilnehmerin <strong>de</strong>r Sächsischen<br />
Längsschnittstudie, die seit 1987 damalige<br />
Schüler <strong>de</strong>s Geburtsjahrgangs 1973 befragt.<br />
Die Teilnehmer berichten in dieser einzigartigen<br />
Studie, welche Hoffnungen und Ziele sie hatten<br />
und ob diese sich erfüllt haben. Die Sächsische<br />
Zeitung stellt in einer Serie Teilnehmer und Ergebnisse<br />
<strong>de</strong>r Studie vor. Teil 1 erschien am 2.<br />
Oktober, Teil 2 am 7. Oktober.<br />
Lehrer<br />
wollen notfalls<br />
wie<strong>de</strong>r streiken<br />
Weil Sachsen vielen<br />
Pädagogen bislang eine<br />
gerechte Bezahlung<br />
verwehrt, wächst die Wut.<br />
Von Carola Lauterbach<br />
15 000 Lehrer haben am 7. September<br />
vorm Sächsischen Landtag <strong>de</strong>monstriert<br />
– und ihre Wut ist nicht<br />
verraucht. Sie for<strong>de</strong>rn einen Generationenvertrag,<br />
<strong>de</strong>r Altersteilzeitregelungen<br />
anbietet und gleichzeitig<br />
jungen Lehrern gerecht wird.<br />
Und sie wollen – 23 Jahre nach <strong>de</strong>r<br />
gesellschaftlichen Wen<strong>de</strong> – gerecht<br />
eingruppiert wer<strong>de</strong>n. Der von <strong>de</strong>r<br />
Regierung in <strong>de</strong>n Landtag eingebrachte<br />
Haushaltsentwurf sieht all<br />
das nicht vor.<br />
Darüber wird <strong>de</strong>rzeit auf <strong>de</strong>m<br />
zweitägigen Gewerkschaftstag <strong>de</strong>s<br />
Sächsischen Lehrerverban<strong>de</strong>s (SLV)<br />
in Leipzig diskutiert. Das ist auch<br />
das dominieren<strong>de</strong> Thema bei mehr<br />
als 30 Regionalversammlungen <strong>de</strong>r<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
(GEW). Sollte es keine Anzeichen<br />
vonseiten <strong>de</strong>r Regierung<br />
und <strong>de</strong>s Parlaments geben, auf die<br />
For<strong>de</strong>rungen einzugehen, sagt<br />
GEW-Vorsitzen<strong>de</strong> Sabine Gerold,<br />
„steigt die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Lehrer bereits bald erneut<br />
in einen Warnstreik treten“.<br />
Kultusministerin Brunhild Kurth<br />
(parteilos) hat unter<strong>de</strong>ssen öffentlich<br />
erklärt, sie stehe „bei <strong>de</strong>n Gehältern<br />
auf <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r Lehrer“.<br />
Auch aus <strong>de</strong>m Arbeitskreis Schule<br />
<strong>de</strong>r CDU-Fraktion gibt es positive<br />
Signale. Gerold: „Das hören wir mit<br />
Freu<strong>de</strong>, wir brauchen aber Taten.“<br />
Die Höhergruppierung <strong>de</strong>r sächsischen<br />
Lehrer wür<strong>de</strong> sich nach aktuellen<br />
Berechnungen <strong>de</strong>s Kultusministeriums<br />
auf 22 Millionen<br />
Euro pro Jahr belaufen – „vergleichsweise<br />
wenig im Vergleich<br />
zum Weihnachtsgeld für Beamte“,<br />
heißt es bei <strong>de</strong>r GEW.<br />
CDU-Politiker wollen<br />
das Weihnachtsgeld<br />
für Beamte retten<br />
Dres<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r CDU-Landtagsfraktion<br />
gibt es offenbar Überlegungen,<br />
das Weihnachtsgeld für sächsische<br />
Beamte wie<strong>de</strong>r einzuführen. Für einen<br />
solchen Schritt haben sich<br />
mehrere Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s zuständigen<br />
Arbeitskreises ausgesprochen.<br />
Die Son<strong>de</strong>rzahlung war 2011 abgeschafft<br />
wor<strong>de</strong>n und sorgt seit<strong>de</strong>m<br />
für Unmut. Vor allem Beamte<br />
in <strong>de</strong>n unteren Einkommensgruppen<br />
wären durch diesen Einschnitt<br />
über Gebühr belastet wor<strong>de</strong>n, wird<br />
häufig kritisiert. Etliche Betroffene<br />
haben mittlerweile gegen die Kürzung<br />
geklagt. Die Wie<strong>de</strong>reinführung<br />
<strong>de</strong>s Zuschlages wür<strong>de</strong> das<br />
Land Sachsen jährlich rund 30 Millionen<br />
Euro kosten.<br />
Der DGB und auch die Polizeigewerkschaft<br />
in Sachsen haben die<br />
For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s CDU-Arbeitskreises<br />
gestern ausdrücklich begrüßt. (SZ)<br />
Der 49-Jährige ist stolz, <strong>de</strong>n<br />
Aufmarsch von Nazis in<br />
Dres<strong>de</strong>n 2010 erstmals mit<br />
verhin<strong>de</strong>rt zu haben. Seit<br />
gestern steht er <strong>de</strong>shalb<br />
jedoch vor Gericht.<br />
Von Alexan<strong>de</strong>r Schnei<strong>de</strong>r<br />
Linkspolitiker André Hahn beteuert seine Unschuld<br />
Der Landtagsabgeordnete André<br />
Hahn von <strong>de</strong>r Linkspartei ist <strong>de</strong>r<br />
erste sächsische Spitzenpolitiker,<br />
<strong>de</strong>r wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz<br />
vor Gericht<br />
steht. Als damaliger Fraktionschef<br />
soll er am 13. Februar 2010 in Dres<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n jährlichen Nazi-Aufmarsch<br />
mit verhin<strong>de</strong>rt haben.<br />
Der spektakuläre Prozess beginnt<br />
gestern am Amtsgericht Dres<strong>de</strong>n<br />
mit einem Blitzlichtgewitter <strong>de</strong>r<br />
Fotografen. Drei Dutzend Schaulustige<br />
und Medienvertreter verfolgen<br />
die Verhandlung gegen <strong>de</strong>n prominenten<br />
Abgeordneten, <strong>de</strong>r von seinem<br />
Landtags- und Parteikollegen<br />
Klaus Bartl verteidigt wird. Auch<br />
Richterin E<strong>de</strong>ltraut Thaut ist aufgeregter<br />
als sonst. Ihr entgeht, dass ihre<br />
Sitzung minutenlang vor laufen<strong>de</strong>n<br />
Kameras stattfin<strong>de</strong>t – bis nach<br />
Verlesung <strong>de</strong>r Anklage. Erst in einer<br />
Unterbrechung stellt sie klar,<br />
dass auch in ihrem Prozess nicht<br />
gefilmt wird. Das private Drehteam<br />
arbeitet für die Linkspartei.<br />
Zum Prozess ist es gekommen,<br />
weil Hahn Einspruch gegen einen<br />
Strafbefehl über 3 000 Euro (15 Tagessätze)<br />
eingelegt hatte. Laut Anklage<br />
setzte er sich 2010 über ein<br />
„faktisches Versammlungsverbot“<br />
hinweg, in<strong>de</strong>m er eine öffentliche<br />
Fraktionssitzung auf <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n<br />
Nazis geplanten Route am Bahnhof<br />
Dres<strong>de</strong>n-Neustadt mit geplant und<br />
durchgeführt habe. „Das ist eine<br />
Störung von Aufzügen“, so Oberstaatsanwalt<br />
Jürgen Schär. Dann<br />
verliest Hahn eine 17-seitige Erklärung,<br />
in <strong>de</strong>r er darstellt, warum er<br />
sich für unschuldig hält. Erstmals<br />
sei es am 13. Februar 2010 gelungen,<br />
<strong>de</strong>n jährlichen Nazi-Aufmarsch<br />
mit zivilgesellschaftlichem<br />
Engagement zu verhin<strong>de</strong>rn. „Ich<br />
bin stolz darauf, in vor<strong>de</strong>rer Reihe<br />
André Hahn<br />
gestern im<br />
Amtsgericht<br />
Dres<strong>de</strong>n. Dort<br />
muss er sich<br />
wegen <strong>de</strong>r Störung<br />
einer genehmigten<br />
Versammlung<br />
verantworten.<br />
Foto: Robert Michael<br />
dabei gewesen zu sein“, sagt Hahn.<br />
Ein Jahrzehnt lang hätten Neo-Faschisten<br />
<strong>de</strong>n Ge<strong>de</strong>nktag für die Opfer<br />
<strong>de</strong>s Bombenangriffs in Dres<strong>de</strong>n<br />
für ihre nationalistischen und revanchistischen<br />
Zwecke missbraucht.<br />
Erstmals habe sich 2010<br />
ein breites Bündnis <strong>de</strong>n Nazis friedlich<br />
in <strong>de</strong>n Weg gestellt. Es sei ein<br />
Versäumnis <strong>de</strong>r Stadt und <strong>de</strong>r Gerichte<br />
gewesen, an <strong>de</strong>m Tag Dres<strong>de</strong>n<br />
in zwei Zonen zu teilen – die<br />
Nazis auf <strong>de</strong>r Neustädter, die Gegen<strong>de</strong>monstranten<br />
auf <strong>de</strong>r Altstädter<br />
Elbseite. „Es musste je<strong>de</strong>m klar<br />
sein, dass diese Taktik nicht aufgehen<br />
wür<strong>de</strong>“, sagt Hahn.<br />
Aus Protest habe er daher an einer<br />
öffentlichen Fraktionssitzung<br />
teilgenommen. Auf <strong>de</strong>m Weg dorthin<br />
habe die Polizei <strong>de</strong>n Zug in <strong>de</strong>r<br />
Nähe <strong>de</strong>s Bahnhofs gestoppt. „Wir<br />
sind dann einfach geblieben.“ Es<br />
habe keine Auffor<strong>de</strong>rung gegeben,<br />
<strong>de</strong>n Weg freizumachen. Hahn habe<br />
<strong>de</strong>n Ort mittags verlassen und sich<br />
vor <strong>de</strong>m Rathaus in die Menschenkette<br />
<strong>de</strong>r Oberbürgermeisterin eingereiht.<br />
„Wie man eine Versammlung<br />
sprengen kann, ohne überhaupt<br />
vor Ort zu sein, wird das Geheimnis<br />
<strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />
bleiben“, sagt <strong>de</strong>r Angeklagte, <strong>de</strong>r<br />
mehrfach erklärt, ihm wür<strong>de</strong> ein<br />
politischer Prozess gemacht.<br />
Oberstaatsanwalt Schär sieht das<br />
an<strong>de</strong>rs. Durch die Blocka<strong>de</strong> Tausen<strong>de</strong>r<br />
seien die Teilnehmer <strong>de</strong>r rechten<br />
Versammlung in ihrem Grundrecht<br />
beeinträchtigt wor<strong>de</strong>n. „Es<br />
gibt ein Grundrecht auf Meinungsund<br />
Versammlungsfreiheit.“<br />
Hahns Verteidiger Bartl beantragt,<br />
das Verfahren auszusetzen.<br />
Seiner Ansicht nach gebe es keine<br />
gültige Rechtsnorm, da das Sächsische<br />
Versammlungsgesetz vom<br />
Verfassungsgerichtshof gekippt<br />
wor<strong>de</strong>n war. Er stellt 17 Beweisanträge,<br />
um die untergeordnete Rolle<br />
Hahns an <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>r<br />
einst auf <strong>de</strong>r Straße durchgeführten<br />
Fraktionssitzung zu belegen.<br />
Ob es ein unbeabsichtigtes Geständnis<br />
ist, als er sagt, es sei Zweck<br />
dieser Sitzung gewesen, <strong>de</strong>n Nazi-<br />
Aufmarsch zu verhin<strong>de</strong>rn, muss<br />
Richterin Thaut klären. Sie vertagt<br />
<strong>de</strong>n Prozess auf <strong>de</strong>n 23. Oktober.
DIENSTAG, 16. OKTOBER 2012<br />
SACHSEN |||||||||||||||||<br />
5<br />
SÄCHSISCHE ZEITUNG<br />
Gelernte Einzelkämpferin<br />
Im Osten reichte ihr Job nicht zum Leben. Im Westen musste Gerhild Spicale lernen, mit einer an<strong>de</strong>ren Welt klarzukommen.<br />
A<br />
Von Sandro Rahrisch<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
<br />
<br />
Eine Serie <strong>de</strong>r Sächsischen Zeitung<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
cht Jahre nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong><br />
droht Gerhild Spicale ein finanzielles<br />
Desaster. Ihr Abitur hat<br />
die damals 25-jährige Leipzigerin<br />
längst in <strong>de</strong>r Tasche. Und als gelernte<br />
Bürokauffrau arbeitet sie Vollzeit<br />
in ihrer Heimatstadt. Trotz<strong>de</strong>m<br />
muss ihre Mutter 200 Mark monatlich<br />
zuschießen, damit es irgendwie<br />
reicht. „Es war ein schwäbischer<br />
Arbeitgeber, genauso schwäbisch<br />
war die Bezahlung“, sagt Spicale<br />
heute. Damals macht sie sich<br />
klar: Irgendwann muss sie das Geld<br />
ihrer Mutter zurückzahlen. Deshalb<br />
packt sie im Frühjahr 1998 die<br />
Koffer und sucht im Westen nach<br />
einer besser bezahlten Arbeit.<br />
So wie Gerhild Spicale geht es<br />
vielen <strong>de</strong>s Jahrgangs 1973 aus <strong>de</strong>r<br />
ehemaligen DDR. Fast ein Viertel<br />
lebt heute in <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn,<br />
ein geringer Anteil sogar im<br />
Ausland, wie eine Studie von Leipziger<br />
und Dresdner Forschern<br />
zeigt. Seit 25 Jahren lässt sich auch<br />
Gerhild Spicale zu ihren beruflichen<br />
Eindrücken befragen.<br />
In Hannover fin<strong>de</strong>t sie damals<br />
nach ihrem Umzug schnell einen<br />
Job. Beim Reifenhersteller Continental<br />
arbeitet sie zunächst in <strong>de</strong>r<br />
Serviceabteilung, nimmt Aufträge<br />
entgegen und betreut Kun<strong>de</strong>n,<br />
nach kurzer Zeit wechselt sie ins<br />
Rechnungswesen. Neben ihrem Beruf<br />
studiert sie Betriebswirtschaftslehre.<br />
Das Gehalt stimmt, aber<br />
nicht nur bei ihr: 57 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Studienteilnehmer, die im Westen<br />
leben, verdienen heute mehr als<br />
1 500 Euro im Monat. Im Osten sind<br />
es nur 39 Prozent. Größer fällt <strong>de</strong>r<br />
Unterschied im Vergleich von<br />
Mann und Frau aus: Während sich<br />
rund zwei Drittel <strong>de</strong>r Männer als<br />
besserverdienend bezeichnen dürfen,<br />
sind es bei <strong>de</strong>n Frauen nur 24<br />
Prozent.<br />
Finanziell erholt sich Gerhild Spicale<br />
im Westen. Doch als Person<br />
muss sie sich neu fin<strong>de</strong>n. „Ich bin<br />
mehrmals gegen eine Mauer gelaufen,<br />
weil ich Kollegen zu schnell<br />
vertraut habe.“ Im Osten habe sie<br />
einen gewissen Gemeinschaftsgeist<br />
anerzogen bekommen. „Alle saßen<br />
ja im gleichen Boot und mussten<br />
sich irgendwie unterstützen.“ In<br />
Hannover habe sie nicht damit gerechnet,<br />
dass es Kollegen gibt, die<br />
ihre Karriere hart vorantreiben,<br />
auch auf Kosten an<strong>de</strong>rer. „Ich musste<br />
schnell begreifen: Hier herrscht<br />
das System Einzelkämpfer.“<br />
Als sie ihr Studium been<strong>de</strong>t hat,<br />
zieht die junge Frau nach Mühltal<br />
bei Darmstadt und arbeitet von da<br />
an in Frankfurt. I<strong>de</strong>ntitätsprobleme<br />
verspürt sie in <strong>de</strong>r Finanzmetropole<br />
nicht. „Ich komme aus <strong>de</strong>m Osten<br />
und bin ziemlich stolz darauf.<br />
Ich hatte nie Angst, das laut auszusprechen.“<br />
Allerdings ärgert sie<br />
sich oft über Halbwissen zur DDR.<br />
„Ihr wart doch alle Kommunisten“,<br />
habe sie hören müssen. Viele Menschen<br />
wüssten nicht, wie das System<br />
DDR tatsächlich funktioniert<br />
habe und was <strong>de</strong>r Unterschied zum<br />
Keine Sehnsucht nach <strong>de</strong>m Osten:<br />
Gerhild Spicale Anfang September<br />
bei einem Betriebsausflug in Hessen.<br />
Bis 1998 lebte sie mit ihrer<br />
Familie (kleines Bild mit Cousin<br />
und Cousine) in Leipzig. Fotos: privat<br />
Sozialismus sei. „Ich sage: Es war eine<br />
Diktatur. Ich sage aber auch,<br />
dass ich angetan war von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e,<br />
dass es we<strong>de</strong>r Arm noch Reich geben<br />
soll.“ Nur seien diese Ziele in<br />
<strong>de</strong>r DDR nie erreicht wor<strong>de</strong>n.<br />
Die Wen<strong>de</strong> schätzt Gerhild Spicale<br />
als Bereicherung ein. „Mit meiner<br />
großen Klappe wäre ich im alten<br />
System schwer gegen die Wand<br />
gelaufen“, sagt sie.<br />
Auch beruflich ist sie heute zufrie<strong>de</strong>n.<br />
Seit 2004 leitet sie das Büro<br />
einer größeren Frankfurter Anwaltskanzlei.<br />
Als Personalleiterin<br />
schätzt sie die Bildungsunterschie<strong>de</strong><br />
von Bun<strong>de</strong>sland zu Bun<strong>de</strong>sland<br />
als problematisch ein und zieht <strong>de</strong>n<br />
Vergleich zur DDR. „Eine zentrale<br />
Schulbildung gibt es im fö<strong>de</strong>ralen<br />
Deutschland bis heute nicht“, sagt<br />
sie.<br />
Nein, Leipzig vermisst sie nicht.<br />
„Man könnte <strong>de</strong>nken, mir sei <strong>de</strong>r<br />
Weggang schwergefallen“, sagt die<br />
heute 39-Jährige. „Aber ehrlich gesagt,<br />
ich hatte in Leipzig nie das Gefühl,<br />
zu Hause zu sein.“ Vor wenigen<br />
Jahren hat sie herausgefun<strong>de</strong>n,<br />
dass ihre Vorfahren aus Nordhessen<br />
stammen.<br />
Mit ihrem Mann lebt Spicale seit<br />
13 Jahren zusammen. Bei<strong>de</strong> hatten<br />
sich in Hannover kennengelernt<br />
und vor drei Jahren geheiratet. Kin<strong>de</strong>r<br />
wünscht sich das Paar nicht. Es<br />
gibt keine Grün<strong>de</strong> dafür, es ist einfach<br />
so. Ihre bei<strong>de</strong>n Hun<strong>de</strong> sind ihr<br />
größtes Hobby.<br />
Manchmal ist sie auch heute in<br />
Leipzig, aber die Besuche in ihrer<br />
Geburtsstadt sind eher selten gewor<strong>de</strong>n.<br />
„Wenn ich heute nach<br />
Leipzig fahre, fahre ich zu meiner<br />
Mutter – nicht nach Hause.“<br />
Gerhild Spicale ist Teilnehmerin <strong>de</strong>r Sächsischen<br />
Längsschnittstudie, die seit 1987 damalige<br />
Schüler <strong>de</strong>s Geburtsjahrgangs 1973 befragt.<br />
Die Sächsische Zeitung hat in <strong>de</strong>n vergangenen<br />
Tagen in einer Serie Teilnehmer und Ergebnisse<br />
<strong>de</strong>r Studie vorgestellt.<br />
Sachsen <strong>de</strong>n Rücken<br />
gekehrt<br />
ins Ausland<br />
Quelle: Förster, Berth<br />
in die alten<br />
Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r<br />
Abwan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Befragten<br />
<strong>de</strong>s Jahrgangs 1973<br />
in Prozent<br />
1998 2003 2007<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
SZ-Grafik: Gernot Grunwald<br />
5<br />
2012<br />
Heißer Tanz<br />
bei Sachsens<br />
Linken<br />
Die Partei <strong>de</strong>battiert<br />
über Grun<strong>de</strong>inkommen<br />
und Bildung. Zu<strong>de</strong>m gibt<br />
es je<strong>de</strong> Menge Musik.<br />
Von Thilo Alexe<br />
Chemnitz. Der Tanzabend nach<br />
<strong>de</strong>m ersten Tag dürfte spannend<br />
wer<strong>de</strong>n. Womöglich knobeln Sachsens<br />
Linke bei Lipsi und Rumba aus,<br />
wer nach Katja Kipping und André<br />
Hahn auf <strong>de</strong>n insgesamt 15 Listenplätzen<br />
für die Bun<strong>de</strong>stagswahl<br />
kandidieren soll. Offiziell allerdings<br />
spielen solche Personalien beim<br />
zweitägigen Programmparteitag<br />
<strong>de</strong>r Linkspartei im Freistaat am Wochenen<strong>de</strong><br />
keine Rolle.<br />
Statt<strong>de</strong>ssen geht es in Chemnitz<br />
vor allem um bildungs- und sozialpolitische<br />
Leitlinien. Parteichef Rico<br />
Gebhardt nannte am Montag das<br />
Motto: „Fragend schreiten wir voran.“<br />
Erwartet wer<strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
um das von Bun<strong>de</strong>sparteichefin<br />
Kipping favorisierte<br />
bedingungslose Grun<strong>de</strong>inkommen.<br />
Sächsische Sozialpolitiker <strong>de</strong>r<br />
Partei hatten mehrfach darauf hingewiesen,<br />
dass auch dieses Einkommen<br />
erwirtschaftet wer<strong>de</strong>n müsse.<br />
Zu<strong>de</strong>m geht es um die Frage, ob in<br />
<strong>de</strong>n Regionen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>s<br />
strikt gleiche o<strong>de</strong>r doch nur gleichwertige,<br />
also vergleichbare Lebensbedingungen<br />
herrschen sollen.<br />
Rund 80 For<strong>de</strong>rungen – darunter<br />
Investitionen in die Hochschulen<br />
und bessere Betreuungsschlüssel<br />
für Kita und Hort – enthalten die<br />
Leitlinien im Entwurf. Zwei Drittel<br />
müsste <strong>de</strong>r Freistaat finanzieren,<br />
was unrealistisch scheint.<br />
Daher sollen die 190 Delegierten<br />
herausfiltern, mit welchen Schwerpunkten<br />
die Partei in die Landtagswahl<br />
2014 ziehen will, wie Gebhardt<br />
sagte. Derzeit hat Sachsens<br />
Linke 10 410 Mitglie<strong>de</strong>r, rund 400<br />
weniger als vor einem Jahr.<br />
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<strong>de</strong>r einzigartigen, seit 25 Jahren<br />
laufen<strong>de</strong>n sozialwissenschaftlichen Studie<br />
zum Erleben <strong>de</strong>r <strong>Wie<strong>de</strong>rvereinigung</strong>!<br />
W<br />
Mit 25 Erhebungswellen in <strong>de</strong>n Jahren 1987<br />
bis 2012 zählt die Sächsische Längsschnittstudie<br />
zu <strong>de</strong>n weltweit am längsten bestehen<strong>de</strong>n<br />
sozialwissenschaftlichen Untersuchungen.<br />
Es ist die einzige Erhebung, die<br />
über einen <strong>de</strong>rart langen Zeitraum hinweg<br />
das Erleben <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Einheit bei einer<br />
großen Gruppe Ost<strong>de</strong>utscher verfolgt.<br />
Hendrik Berth, Elmar Brähler,<br />
Markus Zenger,<br />
Yve Stöbel-Richter (Hg.)<br />
Innenansichten<br />
<strong>de</strong>r Transformation<br />
25 Jahre Sächsische<br />
Längsschnittstudie (1987–2012)<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Band enthält die aktuellsten<br />
Forschungsbefun<strong>de</strong> und zieht Bilanz, in<strong>de</strong>m<br />
er die zentralen Forschungsfragen und -ergebnisse<br />
<strong>de</strong>r zurückliegen<strong>de</strong>n zweieinhalb<br />
Jahrzehnte exemplarisch wi<strong>de</strong>rspiegelt: die<br />
Transformation Ost<strong>de</strong>utschlands aus sozialwissenschaftlicher<br />
Perspektive, die I<strong>de</strong>ntitätsentwicklung,<br />
die wechselvollen Einschätzungen<br />
<strong>de</strong>s <strong>Wie<strong>de</strong>rvereinigung</strong>sprozesses,<br />
die Verän<strong>de</strong>rungen politischer und gesellschaftlicher<br />
Einstellungen, das psychische<br />
Erleben von Arbeitslosigkeit, Partnerschaft<br />
und Familiengründung.<br />
Mit Beiträgen von Gustav Wilhelm Bathke,<br />
Hendrik Berth, Elmar Brähler, Stephanie<br />
Drössler, Anja Fleischmann, Peter Förster,<br />
Walter Friedrich, Ralf Kuhnke, Rolf Ludwig,<br />
Uta Schlegel, Wilfried Schubarth, Kurt<br />
Starke, Yve Stöbel-Richter, Juliane Ulbricht<br />
und Markus Zenger<br />
360 Seiten • Broschur<br />
Preis Euro (D): 32,90<br />
ISBN 978-3-8379-2227-1<br />
Buchreihe: Forschung Psychosozial<br />
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Berth et al. (Hg.): Innenansichten <strong>de</strong>r<br />
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