05.02.2015 Aufrufe

Vom Boden aus schneiden und ernten - Kohler-Weine

Vom Boden aus schneiden und ernten - Kohler-Weine

Vom Boden aus schneiden und ernten - Kohler-Weine

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

PFLANZENBAU<br />

Hochstammobstbau<br />

<strong>Vom</strong> <strong>Boden</strong> <strong>aus</strong><br />

<strong>schneiden</strong> <strong>und</strong> <strong>ernten</strong><br />

Ruedi <strong>Kohler</strong> erklärt:<br />

Bis sie etwa<br />

15-jährig<br />

sind, müssen die<br />

Bäume jährlich<br />

geschnitten werden.<br />

Später ist<br />

ein Pflegeschnitt<br />

alle zwei, drei<br />

Jahre nötig.<br />

Auch der Hochstammobstbau<br />

kann mit vertretbarem<br />

Arbeitsaufwand<br />

<strong>und</strong> lohnend betrieben<br />

werden. Dies zeigt das<br />

Beispiel des Steinachhofs<br />

im aargauischen Schinznach-Dorf.<br />

VON MAX WELTER<br />

Die diesjährige Feuerbrandepidemie<br />

hat die Familie <strong>Kohler</strong><br />

in Schinznach-Dorf mit Sorge<br />

beobachtet. Auch ein Sturm hätte sich<br />

Bilder: Max Welter<br />

auf die schwer behangenen Hochstammbäume<br />

des Steinachhofs verheerend<br />

<strong>aus</strong>gewirkt. Der Hochstammobstbau<br />

ist für die Aargauer<br />

Familie nebst dem Weinbau, dem<br />

Ackerbau <strong>und</strong> der Ochsenmast zu einem<br />

wichtigen Standbein geworden.<br />

Spezialitäten<br />

<strong>aus</strong> Hochstammobst<br />

«Mein Vater hat Hochstamm-Obstbäume<br />

gepflanzt, die heute im besten<br />

Alter sind», blickt Ruedi <strong>Kohler</strong> auf<br />

die Entwicklung dieses Betriebszweiges<br />

zurück. «Er wurde seinerzeit<br />

manchmal belächelt, wenn er im<br />

Winter Tag für Tag hinter seinem<br />

Brennhafen sass, um einen Teil des<br />

Obstsegens zu Schnaps zu verarbeiten.<br />

Ruedi <strong>Kohler</strong> brachte es nicht<br />

übers Herz, die Obstbäume zu vernachlässigen,<br />

obschon sie anfänglich<br />

nur wenig abwarfen. Er versuchte<br />

sich ebenfalls im Brennen <strong>und</strong> hatte<br />

eine glückliche Hand. Ein Kirschbrand,<br />

den er an eine Prämierung<br />

sandte, wurde <strong>aus</strong>gezeichnet. Das<br />

gab ihm den Ansporn, Brennkurse zu<br />

besuchen <strong>und</strong> die Brennerei zu vergrössern.<br />

Heute steht eine moderne<br />

Destillationsanlage auf dem Hof, <strong>und</strong><br />

Auszeichnungen von Schnapsforum<br />

<strong>und</strong> Distisuisse dekorieren die Wände<br />

des Hofladens.<br />

Die gegen 20 hofeigenen Destillate<br />

bringen heute die Haupteinnahmen<br />

<strong>aus</strong> dem Obstbau. Neben den Edelbränden<br />

gibt es weitere Obstprodukte<br />

<strong>und</strong> diverse <strong>Weine</strong> <strong>aus</strong> eigener Kelterei<br />

im Hofladen zu kaufen. «Damit<br />

K<strong>und</strong>en wiederholt in den Hofladen<br />

kommen, muss man etwas Besonderes<br />

bieten können», sind <strong>Kohler</strong>s<br />

überzeugt. Auf dem Wochemarkt, wo<br />

Dora <strong>Kohler</strong> jeweils am Samstag an<br />

ihrem Stand anzutreffen ist, findet<br />

vor allem Obst alter Sorten reissend<br />

Absatz. Dennoch wird dort nur ein<br />

kleiner Anteil der Ernte verkauft. Ein<br />

Grossabnehmer für Früchte vom<br />

Steinachhof ist die innovative Mosti<br />

Veltheim, die nebst Süssmost diverse<br />

Obstspezialitäten herstellt <strong>und</strong> damit<br />

zum Aufschwung des Hochstammobstbaues<br />

in der Region beigetragen<br />

hat.<br />

Der Hochstammobstbau floriert<br />

<strong>und</strong> ergänzt die andern drei Betriebszweige<br />

gut; es über<strong>schneiden</strong> sich<br />

keine Arbeitsspitzen. Der Pflegeaufwand<br />

während der Vegetationsperiode<br />

ist deutlich kleiner als im Intensivobstbau.<br />

Die Obsternte folgt auf die<br />

Traubenernte, <strong>und</strong> das Brennen ist<br />

Winterarbeit.<br />

425 Hochstammbäume stehen an<br />

Strassen- <strong>und</strong> Wegrändern <strong>und</strong> auf<br />

geeigneten Parzellen auf dem<br />

Steinachhof. 250 davon haben<br />

<strong>Kohler</strong>s in den letzten acht Jahren gepflanzt.<br />

Sie wurden zum grossen Teil<br />

in Reihen gesetzt. Zwischen den Reihen<br />

sind mulchbare Baumstreifen mit<br />

Blumenwiesen. Sie erleichtern natürlichen<br />

Mäusefeinden die Jagd. Bei so<br />

vielen Bäumen muss rationell gearbeitet<br />

werden.<br />

Baumschnitt<br />

vom <strong>Boden</strong> <strong>aus</strong><br />

Bei der Schnittarbeit konzentriert<br />

sich Ruedi <strong>Kohler</strong> auf die jungen<br />

Bäume. Sie brauchen am meisten<br />

Pflege. «Es ist wie beim Menschen»,<br />

erklärt Ruedi <strong>Kohler</strong>, «wo die Erziehung<br />

in der Jugend wichtig ist.» Die<br />

jungen Obstbäume werden beim Aufb<strong>aus</strong>chnitt<br />

jährlich geformt, bis sie<br />

BETRIEBSSPIEGEL<br />

Der Betrieb der Familie <strong>Kohler</strong> in<br />

Schinznach-Dorf (www.kohlerweine.ch)<br />

umfasst 24 ha landwirtschaftliches<br />

Nutzland, davon<br />

16 ha Ackerkulturen, 6,5 ha Wiesen<br />

<strong>und</strong> 1,5 ha Rebfläche. Ökofläche:<br />

26 %. Produktionsweise:<br />

IP-Suisse, Agrofutura, Hochstamm<br />

Suisse. Auf dem Betrieb stehen<br />

425 Hochstammbäume. Der Grossteil<br />

der Früchte wird in Form von<br />

Edelbränden verwertet. Im Stall<br />

sind 40 Mastochsen. Arbeitskräfte:<br />

Betriebsleiterehepaar, Sohn,<br />

Helfer für die Weinlese.<br />

54<br />

LANDFREUND · 11/2007


zehn- bis fünfzehnjährig sind. Sie haben<br />

dann einen Mitteltrieb <strong>und</strong> vier<br />

gleichmässig verteilte Leitäste, die<br />

nicht alle auf der gleichen Höhe angewachsen<br />

sind.<br />

Den Pflegeschnitt brauchen die<br />

Bäume später dann nicht mehr jährlich.<br />

<strong>Kohler</strong>s <strong>schneiden</strong> pro Jahr etwa<br />

einen Drittel bis die Hälfte der älteren<br />

Bäume. Sie benutzen dazu eine elektrische<br />

Astschere mit Akkubetrieb.<br />

Da diese Schere auf einer Stange<br />

montiert ist, braucht man kaum mehr<br />

auf den Baum zu steigen. <strong>Vom</strong> <strong>Boden</strong><br />

<strong>aus</strong> kann man ohnehin besser beurteilen,<br />

wo geschnitten werden muss.<br />

Deshalb lohnt sich für sie die Investition<br />

von r<strong>und</strong> 3500 Franken in die<br />

Schere <strong>und</strong> von durchschnittlich 170<br />

Franken pro Jahr in Ersatzteile wie<br />

Akku <strong>und</strong> Schneidwerkzeug.<br />

Wurzeln <strong>und</strong> Äste<br />

im Gleichgewicht<br />

➋<br />

➍<br />

➍<br />

➊<br />

➍<br />

➋<br />

➌<br />

➍<br />

➋<br />

➎<br />

PFLANZSCHNITT<br />

Beim Pflegeschnitt geht es darum,<br />

Wasserschosse zu entfernen, die<br />

Krone <strong>aus</strong>zulichten <strong>und</strong> die Äste zu<br />

einem <strong>aus</strong>ladenden Wachstum zu<br />

veranlassen. Man darf nicht zu viel<br />

<strong>schneiden</strong>, damit Wurzel- <strong>und</strong> Astwerk<br />

im Gleichgewicht bleiben. Andernfalls<br />

wuchert die Krone, weil die<br />

Wurzeln zu viel Saft in die Äste liefern.<br />

Wenn dicke Äste zurückgeschnitten<br />

werden müssen, z. B., weil sie abgebrochen<br />

sind, behandelt Ruedi<br />

<strong>Kohler</strong> die Schnittstelle, damit der<br />

Baum nicht zu faulen beginnt. Grössere<br />

Schnittw<strong>und</strong>en sind oft der<br />

älteren Bäume Tod, besonders wenn<br />

Regenwasser schlecht abtropfen<br />

kann.<br />

Hydraulikschüttler<br />

erleichtert die Ernte<br />

Auch bei der Ernte steigen <strong>Kohler</strong>s<br />

kaum mehr auf die Bäume. Der grösste<br />

Teil der Früchte wird geschüttelt.<br />

➊ Mitteltrieb<br />

➋ Leitast<br />

➌ Konkurrenztrieb<br />

➍ Konkurrenzauge<br />

➎ Zugast<br />

Wo nicht bereits in<br />

der Baumschule geschehen,<br />

Konkurrenztrieb<br />

entfernen.<br />

Alle drei oder vier<br />

Leitäste auf nach <strong>aus</strong>sen<br />

gerichtete, starke<br />

Augen auf ungefähr<br />

gleiche Höhe an<strong>schneiden</strong>.<br />

Das<br />

nächstfolgende, nach<br />

innen gerichtete Auge<br />

(Konkurrenzauge)<br />

muss <strong>aus</strong>gebrochen<br />

werden. Den Mitteltrieb<br />

so an<strong>schneiden</strong>,<br />

dass er mit den Leitästen<br />

zusammen eine stumpfe Pyramide bildet.<br />

Die Öschbergkrone ist die verbreitetste Baumform. Daneben sind die<br />

R<strong>und</strong>krone ohne Fruchtäste <strong>und</strong> die Baumspindel weitere gebräuchliche<br />

Möglichkeiten. Die Schnitttechnik lernt man am besten in einem Baumpflegekurs,<br />

wie sie die Obstbauzentralen anbieten. Einen Hinweis finden<br />

Sie auf S. 10 dieser Ausgabe.<br />

(Quelle: Ueli Henauer, BBZ Arenenberg)<br />

Die Greifzange des Hydraulikschüttlers<br />

fasst unterhalb der Krone bis zu<br />

40 cm dicke Stämme <strong>und</strong> schüttelt<br />

den ganzen Baum. Bei grösseren<br />

Bäumen werden die Leitäste geschüttelt.<br />

Die Früchte fallen auf eine Spezialplane,<br />

auf ein leichtes Vlies, das zusammen<br />

mit dem stehenden Gras den<br />

Aufprall der Früchte stark dämpft, sodass<br />

nebst Kernobst <strong>und</strong> Kirschen<br />

zum Brennen auch Tafelzwetschgen<br />

geschüttelt werden können. Die Blätter,<br />

Stiele <strong>und</strong> anderes werden<br />

anschliessend mit dem «Rupfi», einem<br />

kleinen Förderband <strong>aus</strong> fingerdicken,<br />

nah beieinanderliegenden<br />

<strong>und</strong> gegenläufig drehenden Rollen,<br />

wirksam von den Früchten getrennt.<br />

Bis zur Anschaffung des Schüttlers<br />

vor einigen Jahren wurden die Früchte<br />

mit zirka 80 cm langen Stangen<br />

heruntergeschüttelt, die <strong>aus</strong> einem<br />

Rohrstück in der Form eines Fleischhakens<br />

gebogen waren.<br />

Zu den Pflegemassnahmen gemäss<br />

IP-Suisse-Richtlinien wie Schnitt <strong>und</strong><br />

Düngung kam vor einigen Jahren<br />

auch ein zurückhaltender Pflanzenschutz.<br />

Seither sind die Obsterträge<br />

von Jahr zu Jahr viel <strong>aus</strong>geglichener<br />

als früher. Eine Austriebspritzung<br />

führen <strong>Kohler</strong>s nach Bedarf <strong>und</strong> deshalb<br />

nicht jedes Jahr durch. Sie spritzen<br />

wenn nötig gegen Schorf, Mehltau<br />

<strong>und</strong> (vor allem die Kirschbäume)<br />

gegen Monillia <strong>und</strong> gegen den Wurm.<br />

Der Hochstamm-Obstbau ist heute<br />

vom Steinachhof nicht mehr wegzudenken.<br />

«Aber vom Obstbau allein<br />

könnten wir nicht leben», sagt Ruedi<br />

<strong>Kohler</strong>. «Ich bin froh, dass wir mehrere<br />

Betriebszweige haben, die einander<br />

gut ergänzen!»<br />

■<br />

<strong>Kohler</strong>s verarbeiten<br />

einen<br />

Grossteil des<br />

Hochstammobsts<br />

zu Edelbränden.<br />

Ruedi<br />

<strong>und</strong> Dora <strong>Kohler</strong><br />

vor einem Teil<br />

ihres Angebots<br />

im Hofladen.<br />

LANDFREUND · 11/2007<br />

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!