Korruptionsbericht 2005 - Deutsche Bahn AG
Korruptionsbericht 2005 - Deutsche Bahn AG
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Interview<br />
Interview<br />
„Wir setzen uns für die<br />
ehrlichen Mitarbeiter ein.“<br />
Seit knapp einem Jahr ist Regina Puls Compliance-Beauftragte der DB <strong>AG</strong>. Als solides Rüstzeug im Kampf<br />
gegen Korruption dienen ihr eine langjährige Berufserfahrung im Bundeskriminalamt und die anschließende<br />
Leitung des Bereichs „Ermittlungen und besondere Aufgaben“ bei der Konzernsicherheit der <strong>Bahn</strong>.<br />
Frau Puls, wo setzen Sie Schwerpunkte Ihrer<br />
Aufgabe als Compliance-Beauftragte<br />
Als besonders wichtig erachte ich es, alle Aktivitäten,<br />
die innerhalb des Unternehmens auf Korruptionsbekämpfung<br />
ausgerichtet sind, zu koordinieren. Der<br />
Lenkungskreis Compliance beurteilt die eingehenden<br />
Hinweise und die ermittelten Sachverhalte in strafrechtlicher,<br />
arbeitsrechtlicher und zivilrechtlicher Hinsicht.<br />
Um zu gewährleisten, dass ein Fall optimal bearbeitet<br />
wird, ist es unbedingt notwendig, alle an diesem Prozess<br />
beteiligten Fachleute eng einzubinden. Dies erhöht<br />
die Effizienz der Arbeit und beschleunigt die<br />
unternehmens internen Abläufe.<br />
Gibt es neue Maßnahmen, die noch größere Erfolge<br />
als bisher versprechen<br />
Die <strong>Bahn</strong> hat in den nunmehr fünf Jahren ihrer intensiven<br />
Arbeit der Korruptionsprävention und -repression<br />
bereits umfassende Maßnahmenpakete umgesetzt, die<br />
sich als äußerst wirksam erwiesen haben. Derzeit ist<br />
kein Bedarf erkennbar, die vorhandenen Instrumentarien<br />
zu erweitern. Wichtig ist vielmehr, die bestehenden<br />
und bereits sehr erfolgreichen Prozesse weiter zu optimieren.<br />
Bei der Korruptionsbekämpfung kommt es<br />
auch nicht auf Schlagwörter wie schneller, höher oder<br />
größer an. Die erzielten Erfolge bestehen darin, dass<br />
Sachverhalte aufgeklärt und, mehr noch, korruptive<br />
Handlungen unterbunden wurden. Wenn Sie so wollen,<br />
wäre der größte Erfolg, einen korruptionsfreien Raum<br />
zu schaffen. Mit unseren Strukturen sind wir diesbezüglich<br />
gut aufgestellt.<br />
Bietet die <strong>Bahn</strong> für ihre Mitarbeiter Schulungen an,<br />
die Grundwerte und Leitlinien vermitteln<br />
Wie meine Vorgänger halte auch ich immer wieder<br />
Vorträge im Unternehmen. Ein festes Schulungsprogramm<br />
besteht jedoch noch nicht. Dies ist aber eine<br />
Aufgabe, die ich in nächster Zeit angehen möchte.<br />
Regina Puls, Compliance-Beauftragte der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Wie häufig kommt es vor, dass sich der Verdacht<br />
einer Straftat im Laufe der Ermittlungen bestätigt<br />
Das ist leider überwiegend der Fall – was aber auch<br />
Rückschlüsse auf die hohe Qualität der Hinweise zulässt.<br />
Befürchtungen, dass es nach Einführung des Lenkungskreises<br />
Compliance und des bahneigenen Systems<br />
zur Korruptionsbekämpfung zu Denunziationen kommt,<br />
waren unbegründet. Das ergab eine Auswertung der in<br />
den zurückliegenden Jahren eingegangenen Hinweise.<br />
Denunziantentum gab es bislang nicht.<br />
Wie lange dauert es in der Regel, bis Klarheit in<br />
einem Verdachtsfall besteht<br />
Da die Sachverhalte sehr unterschiedlich sind, lassen<br />
sich hier keine festen Größen nennen. Jeder Fall muss<br />
individuell behandelt werden. Gegebenenfalls müssen<br />
wir die Strafverfolgungsbehörden einschalten. Es gibt<br />
Fälle, die innerhalb weniger Wochen aufgeklärt werden,<br />
bei kom plexen Sachverhalten können sich die Ermittlungen<br />
hingegen über Jahre hinziehen.<br />
Wie verfährt man in der Zwischenzeit mit dem<br />
betreffenden Mitarbeiter<br />
Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Grundsätzlich<br />
ist es so, dass der Lenkungskreis Compliance dem<br />
Vorgesetzten arbeitsrechtliche Maßnah men empfiehlt,<br />
wenn sich der Verdacht erhärtet hat. Sie reichen von<br />
einer Ermahnung oder der Versetzung auf einen anderen<br />
Arbeitsplatz bis hin zur Kündigung.<br />
Wie gehen Sie vor, um zu vermeiden, dass<br />
Mitarbeiter oder Vertragspartner zu Unrecht<br />
eines Vergehens bezichtigt werden<br />
Indem wir jeden Hinweis gründlich überprüfen. Wichtig<br />
hierbei ist die enge Abstimmung zwischen den Ombudsleuten,<br />
dem Lenkungskreis Compliance sowie dem<br />
feder führenden Ermittler. Glaubwürdigkeit und Plausibilität<br />
der Angaben des Hinweisgebers werden überprüft<br />
und nachvollzogen. Dies geschieht sowohl in seinem,<br />
als auch im Interesse desjenigen, der einer<br />
korruptiven Handlung verdächtigt wird.<br />
Im eigenen Unternehmen Korruptionsfälle aufzudecken,<br />
ist etwas anderes, als wenn Ermittlungsbehörden<br />
Straftaten verfolgen. Worin besteht für<br />
Sie der entscheidende Unterschied<br />
Staatliche Organe verfolgen die Straftat, wir hingegen<br />
unterstützen nur bei der Sachverhaltsaufklärung. Darüber<br />
hinaus kümmern wir uns aber auch darum, zivilrechtliche<br />
Ansprüche gegenüber denjenigen geltend zu<br />
machen, die unser Unternehmen geschädigt haben.<br />
„Jeder Verdachtsfall<br />
muss individuell<br />
behandelt werden.“<br />
Regina Puls,<br />
Compliance-Beauftragte der DB <strong>AG</strong><br />
Kontakt:<br />
Tel: 030 297 614 16<br />
E-Mail: Regina.Puls@bahn.de<br />
Außerdem stärken wir die Unternehmenskultur, indem<br />
arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen die Mitarbeiter<br />
ergriffen werden, die sich an Straftaten beteiligt haben.<br />
Wir setzen uns mit dieser Arbeit zugleich für die Interessen<br />
derjenigen Mitarbeiter ein, die ehrlich ihrer<br />
Tätigkeit nachgehen und stolz darauf sein wollen, in<br />
einem integren Unternehmen zu arbeiten. Und dies<br />
sind die meisten unserer Mitarbeiter.<br />
Wie hoch ist der Anteil der Selbstanzeigen<br />
Leider gleich null. Wir können nur immer wieder darauf<br />
hinweisen: Es gibt zwar keine gesetzliche Kronzeugenregelung,<br />
aber wir können uns dafür einsetzen, dass<br />
eine Selbstanzeige von den Strafverfolgungsbehörden<br />
positiv bewertet wird.<br />
Der Konzern geht offen mit dem Thema Korruption<br />
um. Stehen Sie im Kontakt zu anderen Unternehmen,<br />
um Erfahrungen auszutauschen<br />
Ja. Auch in meinem Arbeitsgebiet ist „networking“<br />
wichtig. Indikatoren, die auf Korruption hindeuten,<br />
sind vielfältig. Und die „Gegenseite“ ist erfinderisch.<br />
Täter ändern ihre Strategien und Vorgehensweisen. Ein<br />
Austausch darüber mit anderen Unternehmen dient<br />
auch dazu, frühzeitig gegensteuern zu können.<br />
Wo steht die <strong>Bahn</strong> mit dem Problem der Korruption<br />
im Vergleich zu anderen Unternehmen, wo steht<br />
Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern<br />
Die <strong>Bahn</strong> hat ein bislang einzigartiges Modell in<br />
Deutschland geschaffen, um effektiv und wirkungsvoll<br />
gegen Korruption im eigenen Unternehmen vorzugehen.<br />
Deutschland insgesamt liegt im Vergleich zu<br />
an deren Industrienationen nur im Mittelfeld. Damit<br />
kann man sich nicht zufrieden geben. Hier bleibt noch<br />
einiges zu tun!<br />
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