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Meine Heimat

A culture magazine for tourists.

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Ausgabe 1/2014 – märz 2014 – Deutschland – Preis 6,40€<br />

<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong><br />

DAs Kulturmagazin für Kunst, reise und Landschaft<br />

Iran<br />

Frauen und<br />

ihre Rechte<br />

Religion / Sprache / Kulinarik /Geschichte / Sehenswürdigkeiten


Die Deutsche Bahn<br />

lässt Sie nicht im Stich<br />

Reisen Sie mit dem ICE-Zug schnell<br />

und pünktlich ab nur 49€ pro Strecke.<br />

2


Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

ist man unterwegs in einem fremden Land oder einer<br />

unbekannten Stadt, ist es wichtig, gut informiert zu<br />

sein. Denn nur so kann der Urlaub halten, was man<br />

sich im Vorfeld von ihm versprochen hat.<br />

Der Iran mag kontrovers sein, aber er fasziniert und<br />

überrascht jeden Besucher: grüne Wälder, schneebedeckte<br />

Berge, die Weite des Kaspischen Meeres und<br />

schließlich endlose Wüsten. Auf einer Rundreise von<br />

Täbris über Teheran und Isfahan nach Schiras entdecken<br />

Sie sagenhafte kulturelle Schätze und kommen<br />

immer wieder in Kontakt mit der gastfreundlichen Bevölkerung.<br />

Hier tauchen Sie ein in eine Welt wie aus<br />

1001 Nacht. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht,<br />

Ihnen mit unserem vielfältigen Magazin einen Einblick<br />

in dieses wunderbare Land mit all seinen schillernden<br />

Facetten zu ermöglichen.<br />

Wir zeigen Ihnen die spannendsten Ecken und Sehenswürdigkeiten<br />

des Iran, wandeln mit Ihnen auf den<br />

Spuren der geheimnisvollen Kultur des Alten Persiens<br />

und lassen Sie mit interessanten Interviews hinter die<br />

iranischen Kulissen blicken. Lassen Sie sich einfach<br />

von der Schönheit dieses mystischen Landes mitreißen<br />

und genießen Sie die märchenhafte Reise durch<br />

unser Magazin.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen dabei!<br />

Omid Ghafouri<br />

Herausgeber<br />

3


52<br />

22<br />

80<br />

28<br />

36<br />

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58<br />

78<br />

40<br />

4


INHALT<br />

Entrée 06-11<br />

Überblick / Allgemeine Iranische Regeln für Frauen 12-13<br />

Geschichte / Iranische Königreich bis Revolution 14-21<br />

Religion 22-26<br />

Kultur 28-29<br />

Sehenswürdigkeiten 30-37<br />

Architektur / Alt-, Neubau 38-41<br />

Sprache und Redewendungen 42-44<br />

Musik 46-47<br />

Kulinarik 48-51<br />

Natur 52-53<br />

Tradition 55-61<br />

Kunst 62-63<br />

Reserve 66-67<br />

Politik 68-71<br />

Frauen und ihre Rechte / Das Hauptthema 74-99<br />

Schlusswort 100-101


Entrée– Persischer Volk<br />

Die Perser<br />

Die Perser sind eine Ethnie im Großraum<br />

Vorder- und Zentralasiens.<br />

Das persische Volk wird durch den<br />

Gebrauch der persischen Sprache<br />

als seine Muttersprache definiert.<br />

Jedoch hat der Begriff Perser auch<br />

eine supra-ethnische Bedeutung<br />

und wurde historisch verwendet, um<br />

einen Teil des iranischen Volkes zu<br />

bezeichnen, das Teile des iranischen<br />

Hochlands bevölkerte.<br />

Um 500 v. Chr. begannen die antiken<br />

Perser von der Region Persis<br />

im Süden des Iran aus, inklusive der<br />

Provinz Fars, durch Eroberungen anderer<br />

Gruppen ihre Sprache und Kultur<br />

in weiteren Teilen des iranischen<br />

Hochlandes zu verbreiten. Dieser<br />

Prozess der Anpassung wurde durch<br />

die griechische, arabische, mongolische<br />

und türkische Invasion weitergeführt<br />

bis zur islamischen Zeit. Viele<br />

Dialekte und regionale Identitäten<br />

haben sich deshalb im Laufe der Zeit<br />

während einer persischen Orientierung<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts im<br />

Iran und in Afghanistan manifestiert.<br />

persische Volk bildete sich aus einer<br />

vielschichtigen Gruppierung heraus,<br />

die die persische Sprache als Haupterbe<br />

teilt. Diverse Populationen in<br />

Zentralasien, wie die der Hazaras, zeigen<br />

Spuren mongolischer Herkunft.<br />

Da Persisch die lingua franca des Iranischen<br />

Hochlandes war, wurde es<br />

von vielen Gruppierungen, inklusive<br />

türkischen und arabischen, als Zweitsprache<br />

gesprochen. Während die<br />

meisten Perser im Iran Anhänger der<br />

Schia wurden, blieben viele im Osten<br />

des Landes Sunniten, ausgenommen<br />

die Farsiwan und die meisten Hazaras.<br />

Kleine Gruppen von Persern gehören<br />

weiterhin den Bahai, dem Zoroastrismus,<br />

dem Christentum oder<br />

dem Judentum an.<br />

Ähnliche Entwicklungen waren auch<br />

im Osmanischen Reich, in Europa,<br />

im Kaukasus und in der arabischen<br />

Welt zu beobachten. Mit dem Zerfall<br />

des letzten Persischen Reiches, der<br />

Afschariden- und Kadscharen-Dynastie,<br />

wurden territoriale Gebiete im<br />

Kaukasus und in Zentralasien entweder<br />

unabhängig vom Iran oder dem<br />

Russischen Reich zugesprochen. Das<br />

6


Entrée – Das Land Iran<br />

Das Land „IRAN “<br />

Der Iran ist ein eher ungewöhnliches Reiseziel in Vorderasien.<br />

„IRAN“ bedeutet übersetzt „Land der Arier“!<br />

Der offizielle Name lautet Islamische Republik Iran.<br />

Das Land liegt in Südostasien, im<br />

sogenannten Nahen Osten und hat<br />

eine Fläche von 1.648.195 Quadratkilometern.<br />

Diese Angaben basieren<br />

auf die Volkszählung im Jahr 1390<br />

und hat eine Bevölkerungsdichte von<br />

etwa 76.091.000. Die größte Stadt<br />

und zugleich Hauptstadt des Iran ist<br />

Teheran.<br />

GRENZEN:<br />

Im Norden grenzen an den Iran die<br />

Länder Aserbaidschan, Armenien<br />

und Turkmenistan, im Osten Afghanistan<br />

und Pakistan, im Westen die<br />

Türkei und der Irak, außerdem im<br />

Norden das Kaspische Meer und im<br />

Süden der Persische Golf und das<br />

Oman Meer.<br />

Nicht nur die einzigartigen Landschaften<br />

machen den Iran zu einem<br />

durchaus lohnenswerten Urlaubsziel;<br />

viele der kulturellen Schätze sind zudem<br />

älter als der Islam selbst.<br />

Um in den Iran einzureisen, benötigen<br />

deutsche Staatsbürger ein Visum.<br />

Zur Beantragung dieses Visums ist<br />

ein gültiger Reisepass ebenso erforderlich<br />

wie ein aktuelles Lichtbild und<br />

eine Einladung aus dem Iran. Beabsichtigt<br />

man, religiöse Stätten im Iran<br />

zu besuchen, sollte man persönlich<br />

beim Generalkonsulat vorsprechen.<br />

Auch an die empfohlenen Impfungen<br />

sollte man vor einer Reise in den Iran<br />

denken. Hierzu zählen Impfungen gegen<br />

Tetanus, Masern und Diphtherie<br />

ebenso wie gegen Hepatitis A und B.<br />

Flagge:<br />

Die Flagge besteht aus drei gleich großen,<br />

horizontalen Streifen: oben grün,<br />

in der Mitte weiß und unten rot. Dabei<br />

symbolisiert grün den Islam, weiß<br />

Frieden und Freundschaft und rot Mut<br />

und vergossenes Blut im Krieg.<br />

Die Monate von April bis Juni sowie der<br />

September eignen sich für einen Urlaub<br />

im Iran am besten. Viele Reisende<br />

meiden den Iran während der Zeit des<br />

Ramadan und tatsächlich haben dann<br />

einige Geschäfte geschlossen.<br />

8


Entrée – Hauptstadt<br />

Teheran<br />

Die Metropole am Elbrurz gebirge<br />

Teheran ist Haupt- und größte Stadt der Islamischen<br />

Republik Iran. Sie liegt im Süden des Elburs-Gebirges,<br />

in einer von Erdbeben gefährdeten Zone im iranischen<br />

Hochland. In rund 70 km Entfernung erreicht man im<br />

Norden das Kaspische Meer. Mehr als 7 Mio. Menschen<br />

leben in der iranischen Metropole Teheran, und ganze 12<br />

Mio. sind es im weiteren Stadtgebiet.<br />

Das heutige Teheran, das größtes<br />

Industrie- und Handelszentrum des<br />

Iran, ist eine pulsierende Stadt am<br />

Fuße des Elburs-Gebirges, das sich<br />

nordöstlich von Teheran erhebt und<br />

den höchsten Berg des Nahen und<br />

Mittleren Ostens in seiner Umgebung<br />

besitzt, den Demawend (5.610 Meter).<br />

Ein unglaubliches Netz an Highways<br />

rückt die Stadt in die Nähe typischer<br />

asiatischer Metropolen. Zahlreiche<br />

Museen, Kunstzentren, Palast-Komplexe<br />

und Kulturzentren geben ihr<br />

zusätzliches kulturelles Leben. Die<br />

verschiedensten ethnischen Gruppen<br />

leben hier. Es sind u. a. Armenier,<br />

Kurden und Juden. Sie gaben<br />

und geben der Stadt einen teilweise<br />

multireligiösen Charme, der sich architektonisch<br />

in diversen Moscheen,<br />

Kirchen und sogar Synagogen widerspiegelt.<br />

So wurde Teheran auch<br />

„Stadt der 72 Nationen“ genannt.<br />

10


Der 45 Meter hohe Azadi–Turm<br />

steht auf dem Azadi Square, von<br />

dem 1978 die iranische Revolution<br />

ihren Ausgang nahm. 1971 wurde<br />

der Turm vollendet in Erinnerung an<br />

den 2.500sten Geburtstag des Persischen<br />

Reiches. Für den Entwurf<br />

des Turmes zeichnete sich Mohandes<br />

Hossein Amanat aus. Der Azadi<br />

Tower gilt heute als ein Wahrzeichen<br />

Teherans. Er kann mit einem Lift befahren<br />

werden, der Besucher zu einer<br />

Aussichtsplattform bringt, von der<br />

aus man einen herrlichen Blick über<br />

Teheran genießen kann.<br />

Entrée – Hauptstadt


Überblick – Allgemeine Iranische Regeln für Frauen<br />

Der Iran<br />

und seine Gesetze für Frauen<br />

Vorschriften:<br />

Der Iran verlangt die Einhaltung von<br />

Vorschriften wohl mehr als jedes andere<br />

Land, und das im wörtlichen<br />

Sinne. Denn das Verhalten ist gesetzlich<br />

vorgeschrieben und betrifft somit<br />

auch Ausländer. Wie Mann/Frau<br />

sich zu kleiden hat, wie der Kontakt<br />

bzw. eher Nicht-Kontakt zwischen<br />

Mann und Frau auszusehen hat oder<br />

wie öffentlich aufgetreten wird, dafür<br />

sind spezielle Regeln einzuhalten.<br />

Zu der Kleiderordnung für Frauen<br />

gehört z.B. das Tragen eines Kopftuchs,<br />

das Haar und Hals bedeckt, eines<br />

Mantels oder mindestens knielangen<br />

Kleides, möglichst in dunklen,<br />

nicht schmückenden Farben, natürlich<br />

langärmlig und nicht figurbetont.<br />

Männer kommen da mit dem Tragen<br />

von langen Hosen relativ glimpflich<br />

davon. Auch beim Auftreten in der Öffentlichkeit<br />

haben es die Männer leichter.<br />

Frauen müssen den Männern Respekt<br />

zollen und sich devot verhalten.<br />

Körperkontakt:<br />

Es wird viel dafür getan, dass es auch<br />

nicht dazu kommt. Im Bus ist der hintere<br />

Bereich für Frauen durch eine<br />

Querstange vom Bereich der Männer<br />

getrennt. Auch in der Metro gibt<br />

es extra Abteile für Frauen und sogar<br />

separate Taxis sieht man. Dies sind in<br />

der Hauptsache die Regeln, die man<br />

in irgendeiner Weise während seines<br />

Aufenthalts beachten sollte.<br />

Aber natürlich gibt es noch viele weitere<br />

Richtlinien, die das Zusammenleben<br />

zwischen Frau und Mann bzw.<br />

die Unterordnung der Frau und die<br />

Vorherrschaft der Männer regeln.<br />

Körperkontakt<br />

zwischen Mann und Frau<br />

in der Öffentlichkeit<br />

ist tabu.<br />

VERHALTEN:<br />

Frauen dürfen/sollen z. B. erst sprechen,<br />

wenn sie angesprochen wurden,<br />

zu langer und intensiver Augenkontakt<br />

kann als Anmache und sexuelle<br />

Aufforderung aufgefasst werden. Vor<br />

allem durch die Eroberung des amerikanischen<br />

und europäischen Fernsehens<br />

hat sich ein ziemlich „triebhaftes“<br />

Bild von westlichen Frauen verbreitet.<br />

Mahboobeh Golestani<br />

Studentin: Wirtschaft<br />

Provinz: Shiraz<br />

12


Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />

König und Königin<br />

Mohammad Reza Schah Pahlavi Arya Mehr<br />

(König der Könige)<br />

Kindheit und Jugend:<br />

Der König des Iran (1941–1979 ) wurde in Teheran am 26.Oktober 1919 als<br />

ältester Sohn von Reza Shah geboren. Er absolvierte seine Grundschule in<br />

der Schweiz, kehrte in den Iran im Jahr 1935 zurück und schrieb sich in einer<br />

Teheraner Militärschule ein, die er im Jahr 1938 abschloss. Mohammad Reza<br />

heiratete zweimal im Iran, im Jahr 1950 Soraya Esfandiari und 1959 Farah Diba.<br />

Amtseinsetzung:<br />

Am 25. August 1941 marschierten<br />

britische und sowjetische Truppen<br />

in den Iran ein und zwangen seinen<br />

Vater Reza Schah zur Abdankung.<br />

Mohammad Reza wurde am 17. September<br />

1941 als der zweite Schah<br />

der Pahlavi-Dynastie im Parlament<br />

(Madschles) vereidigt. Im Jahr 1959<br />

heiratete er in dritter Ehe Farah Diba,<br />

die ihm 1960 den Thronfolger Kyros<br />

Resa gebar.<br />

Reza Schah war im Gegensatz zu seinem<br />

Sohn davon überzeugt, dass der<br />

Klerus eines der Haupthindernisse<br />

auf dem Weg des Irans in die Moderne<br />

darstellte. Er traf daher Maßnahmen,<br />

die den Einfluss der Geistlichkeit<br />

minimierten. Am Ende kamen<br />

die iranischen Abgeordneten der<br />

britischen Besatzungsmacht zuvor<br />

und vereidigten Mohammad Reza<br />

als Schah, noch bevor die britischen<br />

Truppen in Teheran einmarschiert<br />

waren. Die Ablösung der Pahlavis<br />

durch einen Kadscharen wurde von<br />

den Briten auch in den 1950er Jahren<br />

während der Abadan-Krise in<br />

Betracht gezogen.<br />

Als problematisch erwies es sich<br />

dieses Mal, dass Hamid, der Sohn<br />

Mohammad Hassans, der ebenfalls<br />

als Thronprätendent in Frage kam,<br />

inzwischen den Nachnamen Drummond<br />

angenommen hatte, britischer<br />

Staatsbürger geworden war, in der<br />

britischen Handelsmarine diente und<br />

kein Wort Persisch sprach. Die wichtigste<br />

Änderung nach der Abdankung<br />

Reza Schahs betraf das Verhältnis<br />

der Monarchie zum Klerus.<br />

Er beschnitt ihr Einkommen durch<br />

die Abschaffung der geistlichen Gerichtsbarkeit<br />

und die Einführung eines<br />

säkularen Rechtssystems und<br />

er verringerte ihren kulturellen und<br />

gesellschaftlichen Einfluss durch die<br />

Einführung eines modernen, koedukativen<br />

Bildungssystems. Reza<br />

Pachlewi´s Ziel war es eine wiederbelebung<br />

und eine Stärkung der Armee<br />

und hatte bis zu letzt die größte Streitmacht<br />

in Mittleren-ost erschaffen.<br />

Seit mehr als 36 Jahren ist Mohammad<br />

Reza Pahlavi im Iran an der<br />

Macht. Für einen Grossteil der 37 Millionen<br />

Iranerinnen und Iraner ist der<br />

Schah die Verkörperung einer fast<br />

überirdischen Macht. Dem Schah<br />

ist es gelungen, den Iran von einem<br />

Entwicklungsland zu einem entscheidenden<br />

Machtfaktor im mittleren Osten<br />

zu machen. Doch Pahlavi ist umstritten:<br />

Im Land selber besteht eine<br />

tiefe Kluft zwischen einer reichen Elite,<br />

die in Prunk lebt, und einem Heer<br />

von Armen und Ärmsten in den Dörfern<br />

und den städtischen Slums. Gegen<br />

Kritiker und Oppositionelle geht<br />

der Schah mit harter Hand vor.<br />

Schon der Schah von Persien, Reza<br />

Pachlewi, lancierte in den 50ger Jahren<br />

ein Atomprogramm, das unter Revolutionsführer<br />

Chomeini nach der Revolution<br />

1979 dann aber ausgesetzt wurde.<br />

14


Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />

Die Krönung:<br />

Im Jahr 1967 krönte sich Mohammad Reza selbst als König der Könige<br />

(Kaiser des Iran) und seine Frau Farah Diba als Shahbanoo (Kaiserin).<br />

Die Krönung war von Festlichkeiten<br />

begleitet, die eine Woche andauerten.<br />

Die Bevölkerung, die in den<br />

Nachkriegsjahren hart gearbeitet<br />

hatte, um den Iran von einem Agrarstaat<br />

zu einem modernen Industriestaat<br />

zu machen, nahm regen Anteil<br />

an den Feierlichkeiten.<br />

durch einen kaiserlichen Kalender, der<br />

mit der Gründung des persischen Reiches<br />

mehr als 25 Jahrhunderte früher<br />

begann. Diese Aktionen wurden als antiislamisch<br />

angesehen und führten zu<br />

religiöser Opposition. Das Schah-Regime<br />

unterdrückte und marginalisierte<br />

dabei seine Gegner mit Hilfe der iranischen<br />

Sicherheits-und Nachrichtendienstorganisation<br />

SAVAK. Unter Berufung<br />

auf die Öleinnahmen, die Ende<br />

1973 stark erhöht waren, verfolgte der<br />

Schah sein Ziel der Entwicklung des<br />

Iran als eine mächtige regionale<br />

persische Monarchie:<br />

Der Schah sah sich als Erbe der Könige<br />

des alten Iran und veranstaltete<br />

1971 eine extravagante Feier 2.500<br />

Jahre persische Monarchie. Die 2500–<br />

Jahr–Feier der Iranischen Monarchie<br />

vom 12. bis zum 16. Oktober 1971<br />

bestand aus einer Reihe von Feierlichkeiten,<br />

um an das Todesjahr des<br />

Gründers des Altpersischen Reichs<br />

Kyros II. vor 2500 Jahren zu erinnern.<br />

Ziel der Propagandaveranstaltung<br />

war es, durch Rückbeziehung auf<br />

den ersten „Schah“ und die Geschichte<br />

des Iran, sowie eine Leistungsschau<br />

der „Erfolge“ des amtierenden<br />

Schahs Mohammad Reza<br />

Pahlavi und seines Vaters Reza<br />

Schah Pahlavi das internationale Ansehen<br />

und Legitimation als persische<br />

Herrscher zu stärken.<br />

Die Veranstaltung geriet sehr schnell<br />

in die Kritik; wegen der enormen<br />

Kosten aber auch wegen des despotischen<br />

persischen Regimes: sowohl<br />

Stimmen in der amerikanischen<br />

Presse, als auch der spätere Revolutionsführer<br />

Ajatollah Chomeini sahen<br />

gerade darin die Kontinuität der<br />

iranischen Monarchien. Im Jahr 1976<br />

ersetzte er den islamischen Kalender<br />

16


Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />

Macht. Bis Mitte der 1970er Jahre<br />

regierte der Schah inmitten weit verbreiteter<br />

Unzufriedenheit über die<br />

anhaltende Repressivität seines Regimes,<br />

sozioökonomische Verände<br />

rungen, die einige Klassen auf Kosten<br />

der anderen profitieren ließen, und<br />

die zunehmende Kluft zwischen der<br />

herrschenden Elite und der unzufriedenen<br />

Bevölkerung. Islamischen Führer,<br />

insbesondere der im Exil lebende<br />

Ayatollah Khomeini, waren in der<br />

Lage, diese Unzufriedenheit mit einer<br />

populistischen Ideologie verknüpfen<br />

und forderten den Sturz bunden an<br />

islamischen Prinzipien zu des Schahs.<br />

Zusammenbruch der Regierung:<br />

Mohammed Reza Pahlavi, der persische<br />

Monarch stellte vom 1941<br />

bis zum Sturz durch die Islamische<br />

Revolution von 1979 den Schah von<br />

Persien (Iran) und damit den letzten<br />

Herrscher auf dem Pfauenthron. Für<br />

fast vier Jahrzehnte konnte der Königssohn<br />

seine Herrschaft über das<br />

Reich am Golf behaupten. Dabei<br />

stützte sich Mohammed Resa auf ein<br />

autoritär-diktatorisches Regime, das<br />

trotz weltweiter Proteste die Unterstützung<br />

der USA und Westeuropas<br />

genoss, aber am 11. Februar 1979<br />

an der von ihm provozierten „islamischen<br />

Revolution“ zerbrach.<br />

Die Schah-Regierung brach nach<br />

zahlreichen Aufstände in den Jahren<br />

1978–1979 zusammen und es übernahm<br />

eine islamische Republik die<br />

Nachfolge seines Regimes. Bedrängt<br />

von Krebs im fortgeschrittenen Stadium,<br />

verließ der Schah den Iran im<br />

Januar 1979, um ein Leben im Exil zu<br />

beginnen. Er lebte in Mexiko, in Marokko,<br />

auf den Bahamas und in Ägypten,<br />

wo er seinem Krebsleiden erlag.<br />

17<br />

17


Geschichte – Die Revolution im Iran<br />

Revolution und Krieg<br />

unter Ajatollah Khomeini<br />

Islamische Republik im Iran:<br />

Als sich die Iraner im März 1979 zu<br />

98 Prozent für eine islamische Republik<br />

aussprachen, wussten nur<br />

wenige, was dies konkret bedeuten<br />

würde. Das Volk folgte seinem Führer<br />

Ajatollah Khomeini, der es soeben<br />

von der Diktatur des Schahs und<br />

seines Geheimdienstes erlöst hatte.<br />

„Ich stimme Ja für die Islamische<br />

Republik“, verkündete der greise<br />

Kleriker nun von Plakaten herab.<br />

Referendum:<br />

Seinem Beispiel zu folgen, war auch<br />

für die 60 Prozent Analphabeten unter<br />

den 21 Millionen Wahlberechtigten<br />

nicht schwer: Mit dem grünen<br />

Abschnitt des Wahlzettels stimmte<br />

man für den Islam; mit dem roten<br />

gegen Gott.Für Beobachter zeichnete<br />

sich indessen ab, dass mit dem<br />

Referendum (01. April 1979) eine<br />

Auseinandersetzung aufbrach, bei<br />

der sich die in ihrer Stoßrichtung<br />

gegen den Schah vereinten islamistischen,<br />

liberalen und marxistischen<br />

Kräfte nun gegeneinander kehrten.<br />

Herrschaft des Rechtsgelehrten:<br />

Als Studenten am 4. November die<br />

US-Botschaft in Teheran besetzten,<br />

trat Bazargan zurück. Khomeini aber<br />

nutzte die antiamerikanische Agitation<br />

der Geiselkrise, um den Einfluss<br />

der Demokraten auf die Ausarbeitung<br />

der Verfassung zu beschneiden.<br />

So konnte er sich im Dezember 1979<br />

bis 99 Prozent Zustimmung für eine<br />

Verfassung sichern, die ihm kraft<br />

der Doktrin der „Herrschaft des<br />

Rechtsgelehrten“ (velayat-e faqih)<br />

die überragende Machtstellung im<br />

Staat sicherte. Die ersten Jahre der<br />

Republik waren von Gewaltexzessen<br />

geprägt, mit denen nach den Liberalen<br />

auch militante islamo-marxistische<br />

Oppositionsgruppen ausgeschaltet<br />

wurden. Bis 1988 wurden<br />

Tausende Oppositionelle getötet. Im<br />

Zuge einer rigorosen Kulturrevolution<br />

wurde zugleich die Islamisierung<br />

des Justiz- und Bildungswesens<br />

sowie der Wirtschaft und Medien<br />

betrieben. Für die Bevölkerung vollzogen<br />

sich diese Entwicklungen im<br />

historischen Rahmen der so genannten<br />

„heiligen Verteidigung“ gegen<br />

den Irak, dessen Panzer am 22.<br />

September 1980 auf breiter Front in<br />

iranisches Territorium eindrangen.<br />

Ministerpräsident Bazargan:<br />

Insbesondere der von Khomeini zum<br />

Ministerpräsidenten berufene Mehdi Bazargan,<br />

der eine „Demokratisch-Islamische<br />

Republik“ forderte, musste im<br />

Oktober 1979 die Machtlosigkeit seiner<br />

Übergangsregierung eingestehen: „Das<br />

Sagen hat Khomeini, samt seines Revolutionsrats,<br />

den Komitees und seiner Beziehung<br />

zu den Massen.<br />

18


Geschichte – Die Revolution im Iran<br />

Ein Krieg begann, der Hunderttausenden<br />

das Leben kosten sollte, zumal<br />

der Iran ab 1982 selbst in die Offensive<br />

ging. Als Mythos opferbereiten<br />

Standhaltens gegen Aggressoren im<br />

solidarischen Glauben an die Revolution<br />

prägt die Verklärung des Krieges<br />

zum Bestandteil einer irano-schiitischen<br />

Heilsgeschichte noch heute<br />

Gesellschaftsmodell und Selbstverständnis<br />

der Islamischen Republik.<br />

Die „Erste Islamische Republik“<br />

Die ersten zehn Jahre des Systems<br />

standen ganz im Zeichen der charismatischen<br />

Herrschaft Khomeinis, der<br />

ab Herbst 1978 unbestrittener Führer<br />

und Integrationsfigur eines breiten,<br />

unterschiedliche politische Kräfte<br />

umfassenden Oppositionsbündnisses<br />

war. Diesem Bündnis gelang es<br />

schließlich, durch zumeist friedlichen<br />

Widerstand in Form von gewaltigen<br />

schen Machtkämpfe der ersten Jahre,<br />

entstand ein weltweit einzigartiges<br />

Hybridsystem, dessen Verfassung<br />

republikanisch-demokratische<br />

und theokratisch-autoritäre Elemente<br />

in sich vereinigte, wobei jedoch<br />

letztere eindeutig dominierten.<br />

Sie waren an der Ausarbeitung der<br />

Verfassung vom Dezember 1979<br />

beteiligt und hatten teilweise noch<br />

Insgesamt kann man festhalten, dass sich<br />

die Khomeini-Dekade der ersten Islamischen<br />

Republik durch zwei Charakteristika<br />

auszeichnete: Zunächst gab es eine dauerhafte<br />

Konsolidierung der revolutionären<br />

Strukturen und Institutionen, die das System<br />

so stabil machten, dass ihm selbst<br />

der Tod Khomeinis und die ihm vorausgegangene<br />

Krise um die Nachfolgeregelung<br />

nichts anhaben konnten.<br />

Zweitens entwickelte sich eine seit 1982<br />

erkennbare und ab 1988 immer deutlicher<br />

ausgeprägte Tendenz zur De-Radikalisierung<br />

der Innen- und Außenpolitik des<br />

Systems, die damit einherging, dass dem<br />

Systemerhalt und dem pragmatischen Nationalinteresse<br />

im Zweifelsfall stets Priorität<br />

vor ideologischem Dogmatismus eingeräumt<br />

wurde. Diese Tendenz sollte sich<br />

unbeschadet kurzer episodenhafter Rückfälle<br />

in radikale Aktionsmuster, wie etwa<br />

im Fall der Massenexekutionen von 1988<br />

und Khomeinis Rushdie-Fatwa im Februar<br />

1989, bis zum Zeitpunkt von Khomeinis<br />

Tod und darüber hinaus in der „Zweiten Republik“<br />

dauerhaft verstetigen.<br />

Massendemonstrationen und landesweiten<br />

Streiks das nationalistische<br />

und proamerikanische Regime<br />

der Pahlavi-Monarchie zu stürzen.<br />

Von 1979 bis 1982 durchlief das neu<br />

etablierte Revolutionsregime nicht<br />

nur eine Phase von heftigen inneren<br />

Turbulenzen und Machtkämpfen,<br />

sondern führte auch seit September<br />

1980 einen acht Jahre währenden<br />

Krieg gegen den Nachbarn Irak. Unter<br />

dem Eindruck der innenpoliti<br />

bis 1981 in Staat und Regierung beträchtlichen<br />

Einfluss. Zu ihren Symbolfiguren<br />

zählten unter anderem<br />

Mehdi Bazargan und Abolhasan<br />

Bani-Sadr. Bazargan, Führer der<br />

islamisch-liberalen Iranischen Freiheitsbewegung“,<br />

leitete ab Februar<br />

1979 auf Geheiß Khomeinis eine provisorische<br />

Revolutionsregierung aus<br />

moderaten Nationalisten und national-religiösen<br />

Technokraten.<br />

19


Religion – Islam<br />

Islam<br />

die Hauptreligion<br />

Prophet MOHAMMED:<br />

Mohammed, ca. 570 bis 8. Juni 632<br />

n. Chr., gilt im Islam als Prophet<br />

(nabi) und Gottesgesandter (rasūl<br />

Allāh), dem mit dem Koran das Wort<br />

Gottes (Allahs) offenbart wurde. Im<br />

Koran wird er als „das Siegel der<br />

Propheten“ bezeichnet. Dies wird<br />

so gedeutet, dass er der letzte aller<br />

Propheten war, die von Gott entsandt<br />

wurden.<br />

Der fromme Muslim ist verpflichtet,<br />

bei jeder Nennung Mohammeds die<br />

Eulogie Sallā Llāhu alaihi wa-sallam<br />

Gott segne ihn und schenke ihm<br />

Heil‘) hinzuzufügen. Diese Formel wird<br />

als Tasliya bezeichnet. Entsprechend<br />

der ihm beigemessenen Unfehlbarkeit<br />

(ʿIsma) hat die durch Hadithe überlieferte<br />

Prophet Mohammad<br />

Handlungsweise Mohammeds für Muslime<br />

verbindlichen Vorbildcharakter.<br />

Koran:<br />

Der Koran oder Qur‘an (Lesung, Rezitation,<br />

Vortrag) ist die Heilige Schrift<br />

des Islam, die gemäß dem Glauben<br />

der Muslime die wörtliche Offenbarung<br />

Gottes (arab. Allah) an den<br />

Propheten Mohammed enthält, vermittelt<br />

durch „Verbalinspiration“ des<br />

Engels Gabriel („Diktatverständnis“<br />

des Korans).<br />

Er ist in einer speziellen Reimprosa<br />

abgefasst, die auf Arabisch als sadschʿe<br />

bezeichnet wirdDer Koran besteht<br />

aus 114 Suren, diese bestehen<br />

wiederum aus einer unterschiedlichen<br />

Anzahl an Versen. Alle folgenden<br />

Koranzitate stammen aus der<br />

Übersetzung Rudi Parets. In der Erforschung<br />

des Lebens Mohammeds<br />

als Religionsgründer und historische<br />

Figur im 7. Jahrhundert betrachtet<br />

die Islamwissenschaft den Koran<br />

stets als grundlegende Quelle.<br />

Der islamischen Tradition zufolge,<br />

wurde der Koran von einigen Anhängern<br />

Mohammeds von Anfang<br />

an (ab ca. dem Jahre 610) schriftlich<br />

festgehalten, zunächst als Sammlungen<br />

loser Blätter, überwiegend auf<br />

Pergament, hergestellt aus tierischen<br />

Häuten. Diese Sammlungen nannte<br />

man maṣaḥif. Die wichtigste Quelle<br />

über Mohammeds Wirken als Prophet<br />

ist somit der Koran. Mohammed<br />

selbst wird im Offenbarungstext<br />

zu unterschiedlichen Anlässen<br />

viermal genannt.<br />

schiitischen:<br />

Die Iraner gehören der schiitischen<br />

Richtung innerhalb des Islam an. Anlass<br />

zur Abspaltung von der ursprünglichen<br />

Gemeinde war – nach Mohammeds<br />

Tod im Jahre 632 n. Chr. – die Frage<br />

nach der rechtmäßigen Stellvertretung,<br />

des Kalifats (Kalife= Stellvertreter).<br />

Muhammed hatte keinen männlichen<br />

Nachkommen hinterlassen und keine<br />

eindeutige Nachfolgeregelung getroffen.<br />

Die ersten Kalifen stammten aus<br />

dem unmittelbaren Freundeskreis des<br />

Propheten und fanden auf dem Wege<br />

des Konsensus Anerkennung. Dann<br />

entwickelten sich Rivalitäten, bei denen<br />

sich auf der einen Seite die Adelsfamilie<br />

der Omaiyaden durchsetzte und eine<br />

Kalifendynastie begründete. Auf der<br />

Gegenseite stand eine Partei, die die<br />

Prophet<br />

Mohammad<br />

Heilige GOTT<br />

3.Imam<br />

Hosein<br />

1.Imam<br />

Ali<br />

2.Imam<br />

Hasan<br />

Legitimität der ersten Wahlkalifen und die<br />

Ansprüche der Omaiyaden bestritt und<br />

die Meinung vertrat, dass von vornherein<br />

22


Religion – Islam<br />

nur Ali, der Vetter und Schwiegersohn<br />

des Propheten, und dessen Nachkommen<br />

als nächste Verwandte berechtigt<br />

wären, Kalifen zu sein, da in<br />

der Familie des Propheten ein göttliches<br />

Charisma wirke, das über die<br />

Nachkommen weitergereicht werde.<br />

Sunniten:<br />

Alis Anhängerschaft, die ( „schi‘at<br />

‚Ali“= Partei‘ Alis),“= Partei Alis), bald<br />

nur noch („schi‘at“ Schia) genannt,<br />

erkannte nach dem Tode Alis, der als<br />

vierter Kalif (656–661) dem Omaiyaden<br />

Mu‘awiya unterlag und ermordet<br />

wurde, die Omaiyaden-Kalifen der<br />

(„sunnitischen“ = rechtgeleiteten)<br />

Richtung nicht an und glaubte weiter<br />

an die Bestimmung der Nachkommen<br />

Alis als Nachfolger des Propheten.<br />

Dabei sah sie in den Nachkommen<br />

Alis nicht nur das jeweilige weltliche<br />

Oberhaupt – wie die Sunniten –, sondern<br />

auch den Träger der geistig-religiösen<br />

Führerschaft der muslimischen<br />

Gemeinde als (Imam = religiöser<br />

Vorsteher). Daher wurden die Anhänger<br />

Alis auch als Imamiten bezeichnet.<br />

Der Islam kam unter den Wahlkalifen‚<br />

Omar von (634-644) und‚ Osman von<br />

(644-656) nach Iran und verbreitete<br />

sich dort in der sunnitischen Richtung.<br />

Die Eroberer hatten zunächst kein<br />

Interesse an einer zwangsweisen Bekehrung,<br />

da die Nicht-Muslime zum<br />

Steuerzahlen verpflichtet waren und<br />

sie diese Finanzquelle nicht entbehren<br />

konnten. Der Finanzdruck der<br />

Steuern und die allgemeine soziale<br />

und kulturelle Schlechterstellung legte<br />

den Nicht-Muslimen jedoch den<br />

Übertritt nahe, zumal der traditionelle<br />

Glaube, der Zoroastrismus, erstarrt<br />

war und die sozial führende Schicht<br />

des vergangenen Sassanidenreiches<br />

sich aus Gründen der Besitzstandswahrung<br />

an die neuen Herren angelehnt<br />

und deren Glauben frühzeitig<br />

angenommen hatte.<br />

Die Islamisierung des Irans:<br />

Die Schlacht von Nihawand (642),<br />

in der die Sassaniden entscheidend<br />

geschlagen wurden und die die Überflutung<br />

des iranischen Hochlandes<br />

durch die muslimischen Araber vorbereitete,<br />

kann unter dem Gesichtspunkt<br />

der heute lebenden Generation<br />

Prophet<br />

Mohammad<br />

3.Imam<br />

Osman<br />

Heilige GOTT<br />

1.Imam<br />

Abubakr<br />

2.Imam<br />

Omar<br />

als das folgenschwerste Ereignis in<br />

der iranischen Geschichte bezeichnet<br />

werden: Es leitete die Islamisierung<br />

des Irans ein, brachte den Iranern eine<br />

neue – wenngleich für ihre Sprache<br />

wenig passende – Schrift und verknüpfte<br />

den Iran nicht nur in religiöser,<br />

sondern auch in kultureller Hinsicht –<br />

und hier in empfangender und gebender<br />

Weise – mit dem arabisch-muslimischen<br />

Herrschaftsbereich, der<br />

von Zentralasien und Indien bis nach<br />

Nordafrika und Spanien reichte. Die<br />

Islamisierung des Iran erfolgte dabei<br />

nicht schlagartig.<br />

Die einfache Bevölkerung folgte dann<br />

vielfach ihren Herren. Was zunächst<br />

Opportunismus war, wurde in den<br />

folgenden Generationen echtes Bekenntnis.<br />

Trotz der Islamisierung<br />

und der den Iranern gewährten Wirkungsmöglichkeiten<br />

im Abbaassiden-Reich<br />

sind ein defensives Verhältnis<br />

zur arabischen Herrenschicht<br />

und ein Verlangen nach nationaler<br />

Selbstbehauptung erhalten geblieben.<br />

Das hat dazu geführt, dass sich<br />

die Iraner der Schia, die ursprünglich<br />

eine arabische Bewegung war, zugewandt,<br />

sie mit iranischem Geistesgut<br />

durchsetzt und schließlich zu ihrer eigenen<br />

Sache gemacht haben.<br />

La Elaha El Allah, Moham Rasul Allah<br />

Es gibt nur einem Gott, den Muhammed<br />

seinem Prophet ist.<br />

23


Religion – Zarathustrismus<br />

Zoroastrismus „Ahura Mazda“<br />

alte persische Religion<br />

Der Zoroastrismus (auch genannt<br />

Zarathustrismus, Mazdaismus oder<br />

Parsismus) war die vorherrschende<br />

Religion in Persien, bevor die Araber<br />

dem Land den Islam brachten. Diese<br />

monotheistische Religion, die in<br />

ihren frühsten Ausprägungen auch<br />

den Dualismus beinhaltete, entstand<br />

im heutigen Iran etwa zwischen<br />

1800–600 v. Chr. Noch immer gibt es<br />

zwischen 120.000 und 150.000 Zoroastrier<br />

(bzw. Zarathustrier) oder auch<br />

Parsen, wie die indischen Anhänger<br />

genannt werden.<br />

Zu den bekanntesten Zoroastriern<br />

gehörten neben historischen Personen<br />

wie den beiden persischen<br />

Großkönigen Xerxes I. und Schapur<br />

I. (der Große) auch zeitgenössische<br />

Persönlichkeiten wie etwa Freddie<br />

Mercury (Frontmann der Rockband<br />

„Queen“) oder der gefeierte Dirigent<br />

Zubin Mehta.<br />

„Herr der Weisheit“ Ahura Mazda<br />

Zarathustras Lehre war ein monotheistisches<br />

Glaubensprinzip. Als<br />

„Herr der Weisheit“ galt Ahura Mazda.<br />

Zarathustra, wie er seit Nietzsche hier<br />

bekannt ist, wird in Persien Zardosht<br />

genannt. Die Wissenschaft vermutet<br />

sein Auftreten im 6. Jhd. v. Chr.<br />

Finsternis miteinander ringen. Die reine<br />

Lehre des Zardosht ist in der Sammlung<br />

„Avesta“ niedergelegt, von der leider<br />

nur ein ganz geringer Teil bis heute<br />

erhalten geblieben ist.<br />

Hinweise für die Gläubigen enthalten<br />

die „Zend-Schriften“, Jahrhunderte<br />

später geschriebene Kommentare<br />

zum „Avesta“. Die Verehrung des<br />

heiligen Feuers hat den Zardosht-Anhängern<br />

irrtümlich den Ruf der „Feueranbeter“<br />

eingetragen.<br />

Neben dem Feuer sind auch Wasser,<br />

Erde und Sonne heilig, darum<br />

konnten ihre Toten – denn der Tod gilt<br />

als unrein – keinem dieser heiligen<br />

Elemente anvertraut werden. Die Toten<br />

wurden in den sogenannten „Türmen<br />

des Schweigens“ ausgesetzt, wo<br />

die Leichen von den Geiern aus der<br />

Welt geschafft wurden. In den Jahrhunderten,<br />

die mit dem Achaemidenreich<br />

beginnen und mit der Eroberung<br />

durch die Araber enden, war der<br />

Glaube des Zardosht Staatsreligion.<br />

Gute Taten<br />

Priester hüteten die Heiligen<br />

Feuer in den Tempeln; das Feuer<br />

erschien den Gläubigen überhaupt<br />

als das reinste Element, das vorstellbar<br />

war. Reines Reden, reines Handeln<br />

und reines Denken, das waren<br />

die Hauptansichten dieser Religion<br />

des alten Persiens. Im heutigen Iran<br />

leben mindestens 25.000 Zoroastrismusanhänger,<br />

sie werden wie andere<br />

religiöse Minderheiten von der islamischen<br />

Regierung unterdrückt, wenn<br />

sie ihre Religion ausüben wollen.<br />

Kerman, Yazd und Teheran sind die<br />

Städte, wo die meisten Anhänger<br />

dieser alten persischen Religion leben.<br />

Sie werden als Träger des Geistesgutes<br />

von Persiens stolzer Vergangenheit<br />

betrachtet.<br />

Gute Gedanken<br />

Gute Wörter<br />

Zardosht entstammte einer fürstlichen<br />

Familie. Er verkündete ein rein dualistisches<br />

Weltprinzip, auf der einen Seite<br />

stehe der Lichtgott „Ahura Mazda“,<br />

auf der anderen der Böse „Ahriman“,<br />

die beide als Symbole von Licht und<br />

24


25<br />

Prophet Zartosht


Religion – Christen – Juden – Bahais<br />

Die religiösen Minderheiten<br />

CHRISTEN<br />

Christen lebten im Iran lange vor dem Einzug des Islam. Über 90 % der Christen<br />

im Iran gehören zu den traditionell christlichen Armeniern, welche zuerst<br />

in Jolfa – an der Nord-West-Grenze des Irans – sesshaft waren, dann übersiedelten<br />

sie in der Zeit von Shah Abbas I nach „Neu Jolfa“ in Esfahan. Es<br />

gibt aber auch kleine Gemeinden von Protestanten, Katholiken, Orthodoxen,<br />

Evangelisten und anderen. Kirchen gibt es in großen Städten des Irans, wie<br />

Orumiye‘, Tabriz, Teheran, Esfahan (besonders im Vorort von Jolfa), Shiraz<br />

und in der Provinz Azarbaayjan.<br />

JUDENTUM<br />

Juden gehören zu den ältesten Bewohnern des Iran und bereits unter den<br />

Elamiten partizipierten sie am gesellschaftlichen und höfischen Leben. Juden,<br />

Ägypter, Phönizier und Aramäer machten miteinander Geschäfte, heirateten<br />

untereinander und übten gegenseitig Toleranz aus. Im alten Persien<br />

war das Konzept des „Falschen Glaubens“ unbekannt. Jüdischen Chroniken<br />

beschreiben die parthische Periode im alten Persien als die beste ihrer<br />

Geschichte. Die islamischen Eroberungen beendeten diese lange Phase<br />

des multikulturellen Lebens und der Religionsfreiheit. Das Verhältnis heute<br />

zwischen dem Iran und Israel ist nicht freundschaftlich.<br />

Bahaitum<br />

Eine andere Religionsminderheit ist die 1844 im Iran gegründete Glaubensrichtung<br />

Ba‘hai. Bei der Konstitution von 1979 wurde diese Religion jedoch nicht<br />

anerkannt. Viele Ba‘hai-Anhänger haben das Land verlassen und sind ins Ausland<br />

emigriert. Das Bahaitum ist eine weltweit verbreitete Religion mit etwa<br />

fünf bis acht Millionen Anhängern, die sich auf die Lehren des Religionsstifters<br />

Baha‘ullah (1817–1892) berufen und nach ihm als Bahai bezeichnet werden.<br />

26


Kultur – Zivilisation<br />

Iran<br />

ein Land mit mehr als 2500 Jahre Zivilisation<br />

Über 2500 Jahre ist es her, dass Zivilisationen in den zentralen Ebenen des<br />

Iran Gestalt angenommen haben. Dabei gibt es nicht viele Informationen<br />

über diese Zivilisationen. Archäologen haben erste Funde an der alten<br />

Seidenstraße nahe der heutigen Provinz Kashan gefunden, die auf über 6.000<br />

Jahre datiert werden konnten.<br />

Kern der persischen Kultur:<br />

ist ihr geistiger Aspekt. Das wichtigste<br />

Merkmal der persischen Kultur ist<br />

das Bewusstsein, dass das Transzendente<br />

in jedem Aspekt des Lebens<br />

gegenwärtig ist, was sich nicht nur<br />

in sublimen Werken über Metaphysisches<br />

und Gotterkenntnis zeigt, sondern<br />

auch im alltäglichen Gespräch,<br />

bei dem unweigerlich auf Grundsätzliches<br />

Bezug genommen wird, auf<br />

Transzendentes, dessen Allgegenwart<br />

stets hervorgehoben wird.<br />

Im vorislamischen Persien war die der<br />

Avicenna (Ibn Sina) der lateinischen<br />

Welt-, der Persönlichkeiten wie Thomas<br />

von Aquin und Duns Scotus stark<br />

beeinflusste.<br />

Es gibt Kreise, auch wenn diese nicht<br />

sehr groß sind, in denen versucht<br />

wird, arabische Wörter aus der Alltagssprache<br />

zu verbannen und stattdessen<br />

nur noch persische zu benutzen.<br />

Dies ist aufgrund der hohen Zahl arabischer<br />

Wörter kein einfaches Unterfangen<br />

und führt teilweise zu allzu gekünstelt<br />

klingenden Neukonstruktionen. In den<br />

großen Städten haben längst „moderne“<br />

Errungenschaften Einzug gehalten,<br />

die die Alltagskultur prägen.<br />

Der Kyros-Zylinder wird oft<br />

auch als die<br />

„erste Menschenrechtscharta“<br />

bezeichnet.<br />

Die ältesten Quellen über Kyros sind<br />

in Keilschrift verfasst. Den Kyros-Zylinder<br />

und eine in Ur 1850 gefundene,<br />

vierzeilige Backsteininschrift ließ<br />

der Perserkönig selbst verfassen.<br />

Der Kyros-Zylinder:<br />

Der Kyros-Erlass oder das Kyros-Edikt<br />

enthält die Proklamation des achämenidischen<br />

(altpersischen) Königs Kyros<br />

des Großen, die er nach 538 v. Chr.<br />

auf einem Tonzylinder abfassen ließ,<br />

um aus seiner Sicht die Gründe des<br />

Sturzes des letzten neubabylonischen<br />

Königs Nabonid darzulegen. „Die Erziehung<br />

des Kyros“, das etwa 160 bis 180<br />

Jahre nach dem Kyros-Erlass entstand<br />

und zu den Formulierungen im Alten<br />

Testament Ähnlichkeiten aufweist.<br />

Als die Philosophie als selbständige<br />

Wissenschaft nach Ibn Ruschd<br />

oder Averroes (1126–1198) in der<br />

westislamischen Welt ausstarb, trugen<br />

hauptsächlich zwei Persönlichkeiten<br />

zu seiner Wiederbelebung in<br />

Persien bei: Sohrawardi, der Meister<br />

der Aufklärung (eschrdq), der das<br />

Erbe Zarathustras und Platos im Licht<br />

der islamischen Gnosis verband, und<br />

Khaadsche Nasir od-Din Tusi<br />

(1201–1274), der intellektuelle Riese<br />

der mongolischen Zeit, der Philosoph,<br />

Mathematiker und Theologe war.<br />

28


Kultur – Zivilisation<br />

Der Stolz auf die großen nationalen<br />

Poeten Hafez, Saadi und Ferdousi<br />

ist ungebrochen.<br />

Abulghasem Firdausi, geboren 940<br />

oder 941 in Baz, einem Dorf im Bezirk<br />

Tus (bei Maschhad), war ein persischer<br />

Dichter und einer der größten<br />

Epiker. Er ist der Autor des monumentalen,<br />

etwa 60.000 Verse umfassenden<br />

Schahname (Buch der Könige), des<br />

Nationalepos der persischsprachigen<br />

Welt, das zu einem kleinen Teil von<br />

dem Dichter Daghighi begonnen wurde.Eigen-<br />

und Vatersname Firdausis<br />

wurden unterschiedlich überliefert.<br />

Mit dem Schahname<br />

hat Firdausi<br />

das weltgrößte Epos<br />

eines Einzeldichters<br />

geschaffen.<br />

SPUREN IRANISCHER IDENTITÄT<br />

IN FIRDAUSIS SHAHNAMEH:<br />

Der als Motto gewählte Vers zeigt, dass<br />

sich Firdausi dreißig Jahre lang mit seinem<br />

Epos bemüht hat, um den Iranern<br />

ihre einstige Vergangenheit und kulturelle<br />

Identität vors Auge zu führen, Iranern<br />

also, die von Arabern abwertend<br />

als Ajam ( Araber ) bezeichnet wurden.<br />

basi ranj bordam dar in sal si<br />

Ajam zende kardam bedin parsi


Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Isfahan<br />

Isfahan<br />

auch genannt: „Die Hälfte der Welt“<br />

Die iranische Stadt Isfahan ist nach<br />

Teheran und Mashhad die drittgrößte<br />

Stadt der Islamischen Republik Iran.<br />

Die Hauptstadt der gleichnamigen<br />

Provinz ist der bei Touristen wohl beliebteste<br />

Ort des Landes.<br />

Allein der erste Anblick wird unvergesslich<br />

bleiben, wenn man auf<br />

dieses türkisfarbene, urbane Häusermeer<br />

inmitten der Wüste schaut<br />

und die Geschichte zurückverfolgt,<br />

die Isfahan als einstigen Sitz der<br />

bedeutendsten Herrscherdynastien<br />

ausweist. Diese Geschichte wurde<br />

ab dem Jahre 643 islamisch geprägt.<br />

Wer immer auf den Namen Isfahan<br />

stößt, wird schnell einen wichtigen<br />

Namen hören, der klanglich mit dem<br />

Isfahans zu verschmelzen scheint:<br />

Shah Abbas I. „der Große“. Er machte<br />

Isfahan 1598 zu seiner Hauptstadt<br />

und stattete die herrliche Stadt mit<br />

großen Straßen, beeindruckenden<br />

Gärten und einem königlichen Palast<br />

aus. Herz der Stadt ist der Naghsh-i<br />

Jahan Platz, der Imam-Platz.<br />

Er gilt als einer der größten Plätze der<br />

Welt und symbolisierte bzw. vergegenwärtigt<br />

dem erstaunten Besucher<br />

das einstige Machtzentrum der Saffawid-Dynastie.<br />

Von allen Seiten wird<br />

der Platz von großen Mauern und<br />

prächtigen Bauwerken umgeben. Im<br />

Süden steht die herrliche Imam-Moschee,<br />

im Osten die Sheikh Lotfollah<br />

Moschee, der Ali Qapu Palast im<br />

Westen und schließlich der Eingang<br />

zum Großen Bazaar im Norden.<br />

30


Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Isfahan<br />

Aber allein die Lage Isfahans ist beachtlich.<br />

Niemand wird den Anblick<br />

der kalt-blauen Fliesen an den religiösen<br />

Gebäuden und den Brücken der<br />

Stadt vergessen, wie sie sich vordem<br />

kontrastierenden Hintergrund der<br />

trockenen Landschaft abzeichnen.<br />

Der Zayandeh Rud, der idyllische<br />

Fluss der Stadt, teilt Isfahan in zwei<br />

fruchtbare Oasentäler, die über wunderschöne<br />

historische Arkadenbrücken<br />

miteinan der verbunden werden.<br />

Bestimmend für die Stadt sind<br />

die Paläste, die unzähligen Minarette<br />

der Moscheen, welche mit ihren<br />

blauen Kuppeln ihre Aufwartung machen.<br />

Unzählige Universitäten ziehen<br />

Tausende von Studenten in die<br />

Stadt und halten sie jung. Es kommt<br />

also nicht von ungefähr, dass Duke<br />

Ellington einen Song mit dem Titel<br />

Isfahan schrieb, dass Noah Gordon<br />

seinen Medicus durch die Straßen Isfahans<br />

laufen lässt und dass ein altes<br />

Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert<br />

besagte:<br />

„wer Isfahan gesehen hat, der habe<br />

die Hälfte der Welt gesehen“.<br />

Die 33er Brücke wurde von der UNESCO auf<br />

die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.<br />

33-Bogen-Brücke in Isfahan:<br />

Über 33 Bögen verfügt diese Brücke, die unter Shah Abbas dem Großen erbaut<br />

worden ist. Sie verbindet Isfahan mit dem ar menischen Viertel Jolfa.<br />

Mit ihren 295 Metern stellt sie die bei weitem längste Brücke Isfahans dar.<br />

31


Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Kashan – Perspolis<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

berühmte Orte<br />

Kaschan:<br />

Kaschan liegt in der Provinz Isfahan am<br />

nördlichen Rand des Kuhrud-Gebirges<br />

am Rande der zentraliranischen Wüste<br />

– rund 190 km südlich von Teheran. Die<br />

Stadt verfügt über eine bedeutende<br />

Textilindustrie, hier befinden sich z.B.<br />

die meisten Teppichwebstühle des Iran.<br />

Kaschan hat etwa 276.000 Einwohner.<br />

Die Stadt gab den Kaschanteppichen<br />

ihren Namen. Des Weiteren ist Kaschan<br />

eines der Zentren der Produktion von<br />

Rosenwasser im Iran.<br />

Persepolis :<br />

Persepolis (auch Parsa) – die altpersische<br />

Residenzstadt wird auch<br />

Tacht-e Dschamschid genannt,<br />

Thron des Dschamschid, und ehrt<br />

damit einen früheren Herrscher dieses<br />

Namens. Sie fungierte einst als<br />

eine der stolzen Hauptstädte des antiken<br />

Perserreichs. Gegründet wurde<br />

diese „Stadt der Perser“ im Jahre<br />

520 v. Chr. vom berühmten Herrscher<br />

Dareios I. (522–485 v. Chr.), der damit<br />

einem Weltreich ein urbanes Zentrum<br />

setzte, das sich unter ihm von<br />

Ägypten bis Kleinasien und bis zum<br />

Indus zog. Heute sind viele Gebäude<br />

wieder ausgegraben und zu sehen.<br />

Vor allem für iranische Besucher ist<br />

die Palaststadt von einst ein wichtiger<br />

Identifikationsort.<br />

Persepolis, dieses wundervolle<br />

Glanzlicht altpersischer Macht,<br />

steht natürlich auch auf der Liste<br />

des UNESCO-Weltkulturerbes.<br />

32


Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Mashhad<br />

Maschhad:<br />

Maschhad ist zudem (nach Teheran)<br />

die zweitgrößte Stadt des Landes<br />

und ein Ort zahlreicher fantastischer<br />

Sehenswürdigkeiten. Die Stadt wurde<br />

um das Jahr 823 gegründet. Der<br />

Name (arabisch „Ort des Märtyrers“)<br />

entstand, weil dort das Grabmal des<br />

achten schiitischen Imams Ali ibn<br />

Musā ar-Rezā liegt, der dort der schiitischen<br />

Überlieferung zufolge auf<br />

Geheiß des Kalifen Al-Ma’mun vergiftet<br />

wurde. Davor war die Stadt ein<br />

eher unbedeutendes Dorf mit dem<br />

Namen Sanābād, das sich nach dem<br />

Tod des Imams zu einer wichtigen<br />

Wallfahrtsstätte entwickelte. Ein Heiligtum<br />

zu Ehren des Imams wurde errichtet,<br />

das heute eine der reichhaltigsten<br />

Sammlungen von Kunst- und<br />

Kulturgütern des Iran beherbergt.<br />

Verschiedene theologische Schulen<br />

des schiitischen Islam nahmen von<br />

hier ihren Anfang. Obwohl hauptsächlich<br />

von Moslems bewohnt, gab<br />

es in der Vergangenheit einige religiöse<br />

Minderheiten in Maschhad, hauptsächlich<br />

Juden, die im Jahr 1839 ge<br />

waltsam zum Islam bekehrt wurden.<br />

Sie wurden bekannt als Jadid<br />

al-Islam („Neulinge im Islam“). Äußerlich<br />

passten sie sich der islamischen<br />

Lebensweise an, bewahrten<br />

jedoch häufig heimlich ihren Glauben<br />

und ihre Traditionen. Die Stadt<br />

profitierte durch ihre Lage an der<br />

Seidenstraße. So war sie ein Handelspunkt<br />

auf dem Weg zwischen<br />

West und Ost. Die Verkehrsanbindung<br />

durch die Seidenstraße half<br />

der Stadtentwicklung und auch für<br />

Pilger attraktiv zu werden.<br />

33 33


Qom:<br />

Qom gehört zu den heiligen Städten<br />

der Schia. Die Stadt ist nicht nur<br />

wegen ihrer vielen Grabstätten persischer<br />

Könige, sondern insbesondere<br />

wegen der Gräber schiitischer<br />

Heilige einer der bedeutendsten Wall<br />

fahrtsorte des Iran. Die wohl größte<br />

Sehenswürdigkeit der Stadt ist die<br />

um 1600 entstandene Grabmoschee,<br />

welche den Schrein von Fāteme-ye<br />

Ma‘sūme enthält, der Schwester des<br />

8. Imam ‚Alī ar-Ridā.<br />

Hamedan:<br />

Die imposante und irgendwie sympathische<br />

Zitadelle des Karim Khan<br />

breitet sich im Zentrum von Shiras<br />

am Schohada-Platz aus und wurde<br />

im 18. Jahrhundert erbaut. Sie<br />

erstreckt sich auf einer Fläche von


4.000 qm und setzt sich aus vier hohen<br />

Mauern zusammen, die durch vier<br />

jeweils 14 Meter hohe Ecktürme unterbrochen<br />

werden. Das Eingangstor zeigt<br />

Fliesen, auf denen während der Kadscharenzeit<br />

mythische Geschichten<br />

abgebildet wurden.<br />

Fungierte die Zitadelle des Karim Khan zunächst<br />

als Regierungs- und Wohnpalast,<br />

wurde sie später als Gefängnis und Mausoleum<br />

genutzt. Heutige Besucher finden<br />

in ihr ein Museum, das von der Iranischen<br />

Kulturerbeorganisation unterhalten wird.<br />

Schiras:<br />

Schiras, die Hauptstadt der Provinz<br />

Fars, zählt mit ihren rund 1,3 Millionen<br />

Einwohnern zu den fünf größten Städten<br />

des Iran. Sie breitet sich ungefähr<br />

700 km südlich von Teheran und rund<br />

380 km südlich von Isfahan aus und<br />

liegt mitten im südlichen Zagrosgebirge.<br />

Wer nach Schiras reist oder eine<br />

Reise dahin plant, wird von Iranern<br />

immer wieder gerne zu hören bekommen,<br />

dass jeder die Art und Weise der<br />

Schirasi liebt – herzlich, etwas spinnert,<br />

ehrlich und positiv. Und ja, warum sollte<br />

man das nicht glauben, denn immerhin<br />

können sich die Einwohner der heutigen<br />

Hauptstadt der zentralen Südprovinz<br />

Fars entspannt zurücklehnen und einfach<br />

stolz darauf sein, dass ihr Schiras<br />

für 2000 Jahre das Herzland Persiens<br />

gewesen war. Das zu den fünf größten<br />

Städten des Iran gehörende Schiras<br />

ist im Laufe seiner Geschichte ein Synonym<br />

für Bildung, Nachtigallen und<br />

Wein geworden, und auch für Dichtkunst,<br />

lebten und wirkten hier doch die<br />

beiden Nationaldichter Hafis und Saadi,<br />

deren pittoreske Mausoleen zu veritablen<br />

Pilgerstätten geworden sind.


Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten –Persepolis<br />

Persepolis<br />

„Weltkulturerbe“<br />

Die altpersische Residenzstadt<br />

Persepolis war eine der Hauptstädte<br />

des antiken Perserreichs unter den<br />

Achämeniden und wurde 520 v. Chr.<br />

von Dareios I. im Süden des heutigen<br />

Iran in der Region Persis gegründet.<br />

Der Name „Persepolis“ stammt aus<br />

dem Griechischen und bedeutet<br />

„Stadt der Perser“; der persische<br />

Name bezieht sich auf Dschamschid,<br />

einen König der Frühzeit.<br />

Als man die frühere Residenz Pasargad<br />

um 50 km hierher verlegte,<br />

wurde am Fuße des Berges Kuh-e<br />

Mehr, auch Kuh-e Rahmat (aus dem<br />

Arabischen) genannt, eine 15 Hektar<br />

große Terrasse angelegt. Über 14<br />

Gebäude wurden auf dieser Plattform<br />

unter Darius I und seinen Nachfolgern,<br />

u. a. Xerxes, Artaxerxes I.<br />

und Artaxerxes II., errichtet. Weitere<br />

Paläste wurden unmittelbar am Fuß<br />

der Terrasse ausgegraben.<br />

Die Palaststadt wurde 330 v. Chr.<br />

durch Alexander den Großen zerstört,<br />

aber ihre (teils wieder aufgebauten)<br />

Reste können auch heute<br />

noch besichtigt werden. Sie zählen<br />

zum Unesco-Weltkulturerbe und sind<br />

rund 60 km nordöstlich der Großstadt<br />

Schiraz auf der Hochebene<br />

von Marvdascht in der Provinz Fars<br />

(900 km südlich von Teheran) zu bewundern.<br />

In Schiraz sind die zwei<br />

berühmtesten Dichter Persiens in<br />

anmutigen Mausoleen am Stadtrand<br />

begraben: Hafis (1320 bis 1398) und<br />

Saadi (1184 bis 1282). Hafez, geboren<br />

1320 in Schiraz, ist der beliebteste<br />

der persischen Dichter. Wenn ein<br />

Buch der Poesie ist es, in einem persischen<br />

<strong>Heimat</strong> gefunden werden,<br />

ist es wahrscheinlich zu dem Diwan<br />

(Gedichtsammlung) von Hafez sein.<br />

Über das Privatleben von Hafez ist<br />

wenig bekannt.<br />

36


Vermutet wird, dass Hafez zumindest<br />

einmal verheiratet war und einen<br />

Sohn hatte, der als Kind starb.Überliefert<br />

ist, dass Hafez mit 60 Jahren<br />

mit seinem Freundeskreis eine 40-tägige<br />

meditative Nachtwache begann,<br />

an deren Ende er eine Art Bewusstseinserweiterung<br />

erlebte. Diese beschreibt<br />

er in seinem Diwan folgendermaßen:<br />

Jüngst in eines Morgens Dämmer<br />

ward ich meines Grams entbunden,<br />

Ließ man mir im nächt’gen Dunkel<br />

helles Lebenswasser munden<br />

In Europa ist Hafez vor allem durch<br />

den „Diwan“ bekannt, der selbst Goethe<br />

angeregt hat (West-östlicher<br />

Diwan, 1819). Viele seiner Linien geworden<br />

sprichwörtliche Redewendungen.<br />

Es gibt wenige, die nicht<br />

einige seiner Texte, ganz oder teilweise,<br />

auswendig rezitieren können.<br />

Er ist ein Dichter der Dichter. Sein Diwan<br />

ist weit verbreitet in Bibliotheken<br />

weltweit. Kein anderer persischer<br />

Dichter war Gegenstand von so vielen<br />

Analysen, Kommentaren und Interpretationen.<br />

war Gegenstand von<br />

so viel Analyse , Kommentar und Interpretation.


Architektur – Persische Architektur<br />

Persische Architektur<br />

Altbau<br />

Die persische Baukunst zeichnet<br />

sich durch Kontinuität aus. Einmal<br />

gefundene räumliche Konzepte werden<br />

über Jahrhunderte beibehalten<br />

bzw. langsam verändert und weiterentwickelt.<br />

Zu den wichtigsten<br />

Schöpfungen der persischen Baukunst<br />

gehören der Iwan, die Trompenkuppel<br />

sowie die Trompenkuppel<br />

auf vier Bögen, die zum ersten Mal<br />

bei sassanidischen Feuertempeln,<br />

sogenannten Tschahar Tâgh, auftauchte.<br />

Als Muqarnas (Mukarnas)<br />

wird ein Stilelement der islamischen<br />

Architektur bezeichnet.<br />

Es wird in der Regel als oberer Abschluss<br />

von Nischen verwendet oder<br />

in den Zwickeln beim Übergang zwischen<br />

einer viereckigen Basis und<br />

einer Kuppel. Muqarnas bestehen in<br />

der Regel aus einer großen Anzahl<br />

spitzbogenartiger Elemente, die inund<br />

übereinander gesetzt sind, um so<br />

einen Übergang zwischen der Nische<br />

und der Wand bzw. zwischen den<br />

Wänden und der Kuppel zu bilden.<br />

Komplexe, kunstvoll ausgebildete Muqarnas<br />

erinnern fast an Tropfsteinhöhlen<br />

und werden daher auch als Stalaktitendekoration<br />

bezeichnet.<br />

Sie kamen Mitte des 10. Jahrhunderts<br />

als Architekturelement auf und verbreiteten<br />

sich schnell im gesamten islamischen<br />

Herrschaftsgebiet von Spanien<br />

bis Zentralasien, gelegentlich sogar bis<br />

Indonesien. Die baulichen Zeugnisse<br />

aus der alten iranischen Geschichte<br />

stammen größtenteils aus der achämenidischen<br />

Zeit. Sie befinden sich in Susa<br />

und Estakhr (Istachr), vor allem aber in<br />

Persepolis; sie zeigen griechischen, assyrischen<br />

und babylonischen Einfluss.<br />

Ihre Erhaltung verdanken die Gebäude<br />

dem erstmaligen Gebrauch von behauenen<br />

Steinen. Unter den Parthern kam<br />

der Bau mit Ziegelsteinen steinen und<br />

Mörtel in Gebrauch; der hierdurch geprägte<br />

Baustil erreichte unter den Sassaniden<br />

seinen Höhepunkt.<br />

Die herausragende architektonische<br />

Leistung dieser Zeit ist die Entwicklung<br />

des Kuppelbaus, der später von<br />

den Römern übernommen wurde.<br />

Aus der Zeit der Sassaniden stammt<br />

auch der Aiwan, ein rechteckiger<br />

überwölbter Raum, der zum Charakteristikum<br />

iranischer Moscheebauten<br />

wurde und die islamische Architektur<br />

maßgeblich beeinflusste. Nach der<br />

arabisch-islamischen Eroberung erreichte<br />

die iranische Architektur neue<br />

Höhepunkte in seldschukischer und<br />

safawidischer Zeit.


Architektur – Persische Architektur<br />

Persische Architektur<br />

Neubau<br />

40


Sprache – Farsi<br />

Die Amtssprache im Iran<br />

Persisch ist andere Wort für Farsi<br />

Die persische Sprache ist eine plurizentrische Sprache in Zentral- und Südwestasien.<br />

Sie gehört zum iranischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie<br />

und ist Amtssprache in Iran, Afghanistan und Tadschikistan.<br />

Persisch ist die wichtigste indogermanische<br />

Sprache in West- und Zentralasien<br />

und wird von 60–70 Millionen<br />

Menschen als Muttersprache und von<br />

weiteren 50 Millionen als Zweitsprache<br />

gesprochen.<br />

Etwa 41 Millionen Muttersprachler<br />

leben im Iran, weitere 15 Millionen in<br />

Afghanistan und 15 Millionen in Zentralasien<br />

(vor allem in Tadschikistan<br />

und in Usbekistan) und auf dem Indischen<br />

Subkontinent. Daneben gibt<br />

es bedeutende persischsprachige<br />

Gemeinden im Irak und in den Golfstaaten<br />

(in Bahrain, den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten und in Kuwait).<br />

Weitere kleine Sprachinseln existieren<br />

unter anderem in Georgien, in<br />

Aserbaidschan und im Pamir-Gebirge.<br />

Aufgrund der hohen Zahl iranischer<br />

und afghanischer Auswanderer<br />

und Flüchtlinge haben sich besonders<br />

in den letzten Jahrzehnten auch<br />

in Europa und in den USA persischsprachige<br />

Gemeinden entwickelt.<br />

Traditionell wird diese Sprache in den<br />

europäischen Ländern als Persisch<br />

bezeichnet – benannt nach der alten<br />

persischen Kernprovinz Fars<br />

(Pars) im Süden des Iran. Der Eigenname<br />

der Sprache lautete in der<br />

Sassanidenzeit Pārsīk oder Pārsīg<br />

und seit der arabisch-islamischen Eroberung<br />

Persiens Fārsī da)‏ die arabische<br />

Sprache den p-Laut nicht kennt<br />

bzw. der ursemitische p-Laut im<br />

Arabischen zu f wurde). Zudem kam<br />

für die neupersische Schriftsprache<br />

die Bezeichnung Farsi-e Dari – „die<br />

Sprache des königlichen Hofes“ –<br />

auf, von der die heute in Afghanistan,<br />

Pakistan und Indien gebräuchliche<br />

Kurzform Dari abgeleitet ist. Die<br />

neupersischen Dialekte Zentralasiens<br />

werden seit der Sowjet-Ära als<br />

„Tadschikische Sprache“ bezeichnet.<br />

Im Iran hat sich mit der Zeit der Teheraner<br />

Dialekt als im ganzen Land<br />

gesprochene Standardsprache (im<br />

Gegensatz zum offiziellen Schriftpersisch<br />

und den übrigen Dialekten)<br />

durchgesetzt.<br />

Das Neupersische entwickelte sich<br />

im Mittelalter zur bedeutendsten<br />

Gelehrten- und Literatursprache der<br />

östlichen islamischen Welt und hatte<br />

so großen Einfluss auf die benachbarten<br />

Turksprachen (auf die Osmanische<br />

und Tschagataische Sprache),<br />

Paschtu, Brahui sowie auf die Sprachen<br />

Nordindiens, insbesondere auf<br />

Urdu. Viele persische Wörter wurden<br />

auch in europäische Sprachen übernommen.<br />

Im Deutschen kennt man<br />

unter anderem die Wörter „Basar“<br />

(bazaar), „Scheck“, „Karawane“,<br />

„Pistazie“, Paradies (heute arabisierte<br />

Form Ferdous für Paradies;<br />

siehe auch Ferdows bzw. Firdausi)<br />

„Schach“, „Schal“ und „Magier“.<br />

Die persische Literatur gehört zu<br />

den bekanntesten und einflussreichsten<br />

der Welt und hat mit Dichtern<br />

wie Rumi, Omar Khayyam, Hafis,<br />

Saadi, Nezami, Dschami oder<br />

Ferdousi, die u. a. auch europäische<br />

Dichter wie Goethe beeinflusst haben,<br />

Weltruhm erlangt.<br />

Neupersisch entwickelte sich bis<br />

zum 9. Jahrhundert als internationale<br />

Standardsprache Zentral- und<br />

Südwestasiens. Das in hebräischer<br />

Schrift geschriebene Persisch-Jüdisch<br />

ist als frühestes Zeugnis der<br />

42


Sprache – Farsi<br />

In seiner Allgemeinheit ist das Neupersische eine<br />

Mischung der wichtigsten Sprachen des antiken Iran.<br />

neupersischen Sprache von besonderer<br />

Bedeutung. . Es besitzt neben<br />

parthischen und mittelpersischen<br />

Anteilen auch solche aus anderen iranischen<br />

Sprachen. Auch wenn die<br />

Sprache heute Persisch heißt, sind<br />

ihre Ursprünge nicht ausschließlich<br />

dem aus der Provinz Fars stammenden<br />

Alt- oder Mittelpersischen<br />

zuzuordnen. Da sich die Sprache<br />

in Zentralasien entwickelte, ist es<br />

wahrscheinlich, dass auch die ostiranischen<br />

Sprachen (Baktrisch,<br />

Sogdisch) diese Sprache erheblich<br />

beeinflusst haben.<br />

Die Anzahl parthischer und sogdischer<br />

Lehnwörter im modernen Neupersisch<br />

(die parthischen waren allerdings schon<br />

in mittelpersischer Zeit eingedrungen,<br />

und Parthisch ist eine nordwestiranische<br />

Sprache) ist beträchtlich, aber<br />

im Kernbereich ist die ursprüngliche<br />

persische (südwestiranische) Basis<br />

immer noch erkennbar. Neupersisch<br />

hat eine regelmäßigere und daher einfachere<br />

Grammatik als Mittelpersisch<br />

sowie ein einfaches Lautsystem und<br />

sehr viele arabische Lehnwörter. Viele<br />

altpersische Flexionen gingen verloren<br />

(z. B. die Kasusflexion), ebenso wie<br />

das grammatische Geschlecht. Solche<br />

Sprachvereinfachungen (insbesondere<br />

bei Flexionen) treten in<br />

vielen modernen europäischen Sprachen<br />

auf – z. B. im Englischen oder im<br />

Französischen.Das Standardwerk der<br />

neupersischen Sprache ist Dehkhodas<br />

Lexikon.<br />

Neupersisch ist heute die<br />

Kultur- und Amtssprache im<br />

Iran, in Afghanistan und in<br />

Tadschikistan und wird seit<br />

der Islamisierung Persiens in<br />

arabischer Schrift geschrieben.<br />

Um jene Laute wiedergeben zu können,<br />

die es im (mit dem Persischen nicht verwandten)<br />

Arabischen nicht gab, wurde<br />

das arabische Alphabet allerdings um<br />

vier zusätzliche Buchstaben erweitert,<br />

sodass das persische Alphabet insgesamt<br />

32 Buchstaben umfasst.<br />

alef<br />

be<br />

pe<br />

te<br />

ce<br />

djim<br />

tsche<br />

he<br />

khe<br />

dal<br />

zal<br />

re<br />

ze<br />

zje<br />

sin<br />

schin<br />

sat<br />

zat<br />

ta<br />

za<br />

eyn<br />

gheyn<br />

faf<br />

ghaf<br />

kaf<br />

gaf<br />

lam<br />

mim<br />

nun<br />

waw<br />

he<br />

ye<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

43<br />

43


persischen Redewendungen – Umgangsformen<br />

Die wichtigsten Umgangsformen<br />

Begriffe und ihr Gebrauch<br />

mobaarake:<br />

eine Glückwunschformel (etwa:<br />

Möge Segen bringen). Dieser Ausdruck<br />

hat aber in Verbindung mit anderen<br />

passenden Worten einen weiteren<br />

Gebrauchsbereich.<br />

Wenn man jemanden zum ersten Mal<br />

in einem neuen Anzug bzw. Kleid<br />

sieht, sagt man:<br />

lebaasse no mobaarake<br />

(lebaase no = neuer Anzug, neues<br />

Kleid).<br />

Bei der Geburt eines Kindes heißt es:<br />

Ghadame no’resside mobaarake<br />

(Möge der Neuangekommene Segen<br />

bringen) usw.<br />

tschaschme schomaa ro‘schan:<br />

(Mögen Ihre Augen<br />

erhellt sein) bedeutet etwa: Möge Ihr<br />

Herz froh sein.<br />

. Wenn jemand von einer Reise zurückgekehrt<br />

ist, beglückwünscht man<br />

seine Angehörigen damit. Ihm selber<br />

drückt man seine Freude wie folgt aus:<br />

tschaschme ma ro‘schan<br />

oder safar bi khatar<br />

heißt etwa: Ich hoffe, dass Sie eine<br />

gute Reise hinter sich haben.<br />

dast marizaad<br />

oder ey‘valla:<br />

ist ein Ausdruck, mit dem man eine<br />

Tat, Handlung oder Handfertigkeit<br />

bewundert.<br />

khodaa ghovvat:<br />

ist ein Gruß an Arbeiter bes. Bauarbeiter<br />

bei der Arbeit (Möge Gott Ihnen<br />

Kraft geben).<br />

tabrik arz mikonam:<br />

ist eine Glückwunschform anlässlich eines<br />

Festes oder eines Erfolges. Die Antwort<br />

auf alle diese Glückwünsche ist:<br />

moteschakkeram (Ich bedanke mich).<br />

daste schomaa dard nakone:<br />

(Mögen Ihre Hände<br />

nicht schmerzen) ist ebenfalls eine<br />

umgangssprachliche Danksagung,<br />

die besonders bei handwerklichen<br />

Dienstleistungen gebraucht wird;<br />

auch ironisch.<br />

khasste nabaaschid:<br />

(Seien Sie nicht müde) bedeutet etwa:<br />

Hoffentlich hat Sie das nicht sehr angestrengt.<br />

So sagt man zu einem,<br />

der eine mühsame Arbeit, eine große<br />

Anstrengung hinter sich gebracht<br />

hat – auch ironisch, wenn einer dabei<br />

keinen Erfolg erziel hat.<br />

be salaamati:<br />

zum Wohle, Prost (beim Trinken)<br />

be‘bakh‘schid:<br />

Entschuldigung, ist gleichzeitig auch<br />

eine Danksagung!<br />

AAfi‘at baasche:<br />

etwa Gesundheit (nach dem Nießen<br />

und nach dem Baden! und nach dem<br />

Baden!)<br />

khodaa nakarde:<br />

(Gott bewahre, schütze) wenn man<br />

von der Möglichkeit eines Leides, eines<br />

Unglücks oder Todesfalles spricht.<br />

tsche ajab:<br />

(welch ein Wunder) u. a., wenn einer<br />

nach langer Zeit zu Besuch kommt.<br />

ekhtiaar daarin:<br />

(Sie haben die Befugnis) ein sehr gebräuchlicher,<br />

verbreiteter Ausdruck;<br />

bedeutet etwa: Aber ich bitte Sie.<br />

baa ejaaze:<br />

(mit Ihrer Erlaubnis) heißt etwa: Darf<br />

ich Dies sagt man, indem man<br />

gleichzeitig das Beabsichtigte tut,<br />

ohne auf eine Antwort zu warten. Die<br />

Antwort darauf: khaahesh mikonam<br />

(Ich bitte).<br />

44


Musik – Traditionelle Musik<br />

Musik<br />

Alte Persische Musik<br />

Auf dem Gebiet der Musik und der Literatur hat die persische<br />

Kultur eine tiefe und vielfältige Tradition, die durch die Kulturen<br />

anderer Völker und Nationen bereichert worden ist.<br />

Die persische Musik ist die einzige<br />

noch bestehende Musiktradition,<br />

die mit dem heute verlorenen klassischen<br />

griechischen System, auf<br />

dem Pythagoras seine Philosophie<br />

aufbaute, verwandt ist. Die persische<br />

Musik geht auf die alte ägyptische<br />

Musik zurück, von der sie gewisse<br />

Instrumente übernommen hatte. In<br />

der sassanidischen Zeit konnte sich<br />

die Musik stark ausbreiten. Es wurden<br />

Systeme entwickelt, die nicht<br />

nur bis in die islamische Epoche bestanden,<br />

sondern wegen der Rolle<br />

der persischen Musiker am abbasidischen<br />

Hof in Bagdad auch die arabische<br />

Musik beeinflussten.<br />

(oboeähnliches Blasinstrument). Seit<br />

Ende des Zweiten Weltkrieges hat die<br />

westliche Musik in Form der leichten<br />

Unterhaltungsmusik starken Einfluss<br />

im Iran gewonnen.<br />

Die Hauptinstrumente sind „tar“ (ähnlich<br />

wie die Laute, mit sieben Saiten, unterteiltem<br />

Klangkörper und langem Hals),<br />

„se-taar“ (kleinere, archaische Form<br />

der taar, mit drei Saiten; auch „do-taar“<br />

mit zwei Saiten), „santur, (Hackbrett),<br />

„kamantsche“ (ein violinenähnliches<br />

Streichinstrument, das auf dem Boden<br />

steht), „dayire“ (Tamburin), „zarb“ oder<br />

„,donbak“ (mit den Fingern geschlagene<br />

Trommel) und „nay“ (Rohrflöte).<br />

Zu den volkstümlichen, bei den Stämmen<br />

beliebten Instrumenten gehören<br />

die „tabl“ (kleine, vor dem Bauch getragene,<br />

längliche und zweiseitig geschlagene<br />

Trommel) und die „Sorna“<br />

46


Kulinarik – Persische Küche<br />

Persische Küche<br />

Gesund und Vitaminreich<br />

Die iranische Küche ist sehr gesund und vitaminreich. Besonders berühmt<br />

ist sie für ihre phantasievollen und reichhaltigen Reisgerichte. Im Allgemeinen<br />

sind die meisten iranischen Speisen gesund und nahrhaft. Zwei Besonderheiten:<br />

Im Iran isst man mit Löffel und Gabel, das Messer gehört nicht zum<br />

traditionellen Gedeck. Auch ist es in manchen Gegenden noch Sitte, das Essen<br />

auf dem Teppich sitzend einzunehmen. Dabei platziert man die Speisen<br />

auf einer großen „Tischdecke“ (Sofreh).<br />

Wegen der stark angestiegenen Bevölkerung<br />

kann der Reiskonsum heute<br />

nicht mehr mit dem in den niederschlagsreichen<br />

Provinzen Gilan und<br />

Mazandaran am Kaspischen Meer<br />

angebauten und besonders wohlschmeckenden<br />

Reis gedeckt werden,<br />

so dass zunehmend Reis aus Südostasien<br />

importiert muss. Somit ist Reis<br />

auch weiterhin eines der Grundnahrungsmittel<br />

im Iran, zu dem jede/r iranische<br />

Koch/Köchin ein umfangreiches<br />

Rezeptangebot bereithält.<br />

Die persische Küche<br />

basiert vor allem auf Brot,<br />

Reis, frischen Gemüsen,<br />

Kräutern, Fleisch-Lamm,<br />

Schaf, Rind, Huhn und Fisch.<br />

Olivenöl, Zwiebeln, Safran und Salz<br />

eingelegte und auf dem Holzkohleofen<br />

gebratene Hähnchenstücke.<br />

Hauptgerichte:<br />

Alle Provinzen Irans haben ihre eigenen<br />

Spezialitäten. Aber das nationale Gericht<br />

ist Reis. Es gibt kaum ein Hauptgericht,<br />

das nicht auf Reis beruht oder<br />

zumindest mit Reis gegessen wird.<br />

Tschelo: Tschelo ist eine Art der<br />

Reiszubereitung, die meistens mit<br />

Safran garniert wird.<br />

Verschiedene KabAb sorten<br />

Kabab: Oberbegriff für gegrillte Speisen,<br />

vor allem Fleisch auf Spießen,<br />

das hauptsächlich auf Holzkohle zubereitet<br />

und in Verbindung mit Duftreis<br />

serviert wird.<br />

Kabābs werden im Iran meistens im<br />

Restaurant (den sog. Tschelo Kabāb<br />

oder auch Djujeh Kabāb) gegessen,<br />

da sie dort am besten (mit den entsprechend<br />

notwendigen Öfen) zubereitet<br />

werden können.<br />

Tschelo Kabāb (mit Kabab-e Barg):<br />

Iranisches Nationalgericht bestehend<br />

aus Kabāb (Rind-, Lamm- oder<br />

Kalbfleischfilet, das in einer Marinade<br />

aus Zwiebeln, Knoblauch, Joghurt,<br />

Limonensaft, Salz und Safran eingelegt<br />

und dann auf dem Holzkohleofen<br />

gegrillt wird) und Reis.<br />

Dschudsche Kabab (Hähnchenkabab):<br />

In einer Marinade aus Limonensaft,<br />

KHORESHT<br />

Khorescht: Fleischsoße – typisches<br />

persisches Gericht in verschiedenen<br />

Variationen, das mit lockerem Duftreis<br />

serviert wird. Von den Khoreschts<br />

gibt es viele verschiedene Variationen.<br />

Diese Art von Gericht wird meist<br />

zu Hause gekocht und ist in Restaurants<br />

eher selten zu finden. Außerhalb<br />

des Irans stehen Khoreschts jedoch<br />

oft auf den Speisekarten.<br />

48


Khoresht-e fesenjān, Walnuss-Granatapfelsaftsirup-Fleischsoße<br />

mit<br />

Duftreis.<br />

Khoresht-e fesenjān, Bestehend<br />

aus gemahlenen Walnüssen, Hühner-<br />

oder Lammfleischwürfeln, Granatapfelsirup<br />

und Gewürzen.<br />

Khorescht-e Ghorme-Sabsi, Eines<br />

der beliebtesten Khoreschts auf der<br />

Grundlage von roten Bohnen, diversen<br />

Kräutern und Fleischwürfeln.<br />

Beilagen<br />

Zu allen Speisen wird eine Beilage aus<br />

gemischten Kräutern (Sabzi) – meist<br />

Petersilie, Schnittlauch, Basilikum –<br />

und rohen Zwiebeln gereicht, die man<br />

selbst mit Öl, Zitronensaft und Knoblauch<br />

würzen kann. Im privaten Bereich<br />

verbreitet sind saure Einlegegemüse<br />

(torschi). Es gibt auch eine andere Beilage,<br />

die Mast-O-Khiar genannt wird<br />

(persisch: Joghurt und Gurke). Der<br />

Joghurt, der mit kleinstgeschnittener<br />

Gurke angereichert und mit frischer,<br />

gehackter Minze und Basilikum gewürzt<br />

wird, kann mit oder ohne Sultaninen<br />

gegessen werden. Schmeckt<br />

zu fast allen Hauptgerichten.<br />

Nachspeisen<br />

Als Nachspeisen werden gern herrlich<br />

zubereitete Eissorten gereicht,<br />

aber auch frisches Melonen- und Pfirsichkompott,<br />

Rhabarber- oder Quittensorbet<br />

oder generell Frischobst.<br />

Die jahreszeitlichen Früchte sind Pfirsiche,<br />

Kirschen, Erdbeeren, Weintauben,<br />

Apfelsinen und Gurken. In<br />

vielen Familien ist es üblich, dass<br />

die Gastgeberin die Früchte schält<br />

und dann serviert. Jede Stadt hat<br />

ihre eigenen Spezialitäten und eine<br />

reichhaltige Auswahl an Süßigkeiten.<br />

Insbesondere zu Festmahlen wie<br />

Noruz oder Hochzeiten und andere<br />

Gelegenheiten werden im Iran wunderbare<br />

Nachtische wie Baaghlawa<br />

(Baklava),Halwa (süßlicher Nachtisch),<br />

Kekse und Kuchen serviert. Getränke<br />

Zu den Hauptgerichten wird meist<br />

Wasser oder selbst hergestellter<br />

Obstsaft getrunken.<br />

Das Wasser ist in den Städten der<br />

Bergregionen trinkbar und steht<br />

reichlich zur Verfügung. Zum Frühstück<br />

oder zu der in Europa üblichen<br />

Kaffeezeit oder nach einem Essen<br />

wird Tee (Tschai) serviert. Zur heißen<br />

Sommerzeit trinkt man gerne Dugh,<br />

ein kühles, aus halbsaurem Joghurt<br />

und Wasser hergestelltes Getränk,<br />

mit Salz und Minze gewürzt.<br />

49


Kulinarik – Persische Küche<br />

Persisch<br />

Kochen & GenieSSen<br />

KHORESCHT FESSENJUN:<br />

11 Ente oder 1 Fasan oder 1 Huhn<br />

2 EL Öl<br />

1 große, gehackte Zwiebel<br />

200 g fein gemahlene Walnüsse<br />

1/4 TL Safran<br />

2 EL Granatapfelkonzentrat<br />

2 EL Zitronensaft<br />

2 TL Zucker<br />

2 TL gemahlener Zimt<br />

Zubereitung:<br />

Geflügel zusammen mit Zwiebeln in<br />

kleine Stücke zerteilen und bei starker<br />

Hitze goldbraun braten. Anschließend<br />

zerhackte Walnüsse dazugeben<br />

und unter ständigem Umrühren<br />

etwa 4 Minuten rösten. Nun flüssiges<br />

Granatapfelkonzentrat zum Gericht<br />

hinzufügen und bei mittlerer Hitze<br />

kochen lassen. Dazu wird persischer<br />

(Safran-)Reis serviert.<br />

KHORESCHT-E-GHORMEH-SABZI:<br />

500 g Hammelfleisch (Keule) oder<br />

Rindfleisch<br />

Salz, Pfeffer<br />

1 große Zwiebel<br />

1 kl. Tasse rote Bohnen<br />

100 g Petersilie<br />

100 g Porree-Art (tareh)<br />

100 g Bockshornklee (schanbalileh)<br />

2 EL Tomatenmark<br />

2–3 getrocknete Limonen (man kann<br />

auch Zitronensaft nehmen, wenn<br />

man keine Limonen findet)<br />

Anmerkung!<br />

Man benutzt zwar im Iran ausschließlich<br />

frische Kräuter, man kann<br />

aber auch getrocknete verwenden.<br />

Die Kräuter sind getrocknet in Persischen<br />

Geschäften erhältlich, oft<br />

als Fertigprodukt, oder man nimmt<br />

statt Tareh junge Porreestangen.<br />

Petersilie bekommt man wohl überall,<br />

es sollte aber glattblättrige sein.<br />

Bockshornklee ist auch bei uns<br />

schon verbreitet und in gut sortierten<br />

Bioläden erhältlich.<br />

Fleisch und Bohnen fast gar werden lassen.<br />

Die Kräuter putzen, waschen und<br />

abtropfen lassen. Alle Kräuter vorsichtig<br />

in einer Pfanne anbraten und zu Fleisch<br />

und Bohnen geben. Nochmals bei kleiner<br />

Flamme ca. 1/2 Std. garziehen lassen.<br />

Mit Zitronensaft säuerlich abschmecken.<br />

Hierzu reicht man neben Reis eine<br />

gevierteilte Zwiebel und Sabzi.<br />

Zubereitung:<br />

Fleisch in 3–4 cm große Stücke schneiden<br />

und mit den Zwiebelringen in einem<br />

Schmortopf anbraten. Mit heißem<br />

Wasser ablöschen (das Fleisch muss<br />

bedeckt sein), mit Salz, Pfeffer und Tomatenmark<br />

würzen. Die getrockneten<br />

Limonen hinzugeben (ersatzweise Zitronensaft),<br />

Bohnen verlesen, waschen<br />

(möglichst vorher einweichen!), zum<br />

Fleisch geben und über kleiner Flamme


Kulinarik – Persische Küche<br />

KHORESCHTE ALU:<br />

2 Zwiebeln<br />

1 Knoblauchzehe<br />

Huhn- oder Putenfleisch<br />

Salz, Pfeffer, Zimt<br />

½ Tasse Öl<br />

2 EL Zitronensaft<br />

2 Tassen Alu Bokhaaraai (getrocknete<br />

Mirabellen)<br />

Zubereitung:<br />

Zwiebeln schälen und kleinhacken,<br />

den Knoblauch pressen. Alles in<br />

Öl anbraten. Das Fleisch in Würfel<br />

schneiden, dazugeben und kurz mitbraten.<br />

Mit ca. 1 ½ Tassen Wasser<br />

ablöschen. Salz, Pfeffer, Safran dazugeben<br />

und abdecken. Auf kleiner<br />

Flamme ca. 30 min schmoren las<br />

sen. Immer wieder umrühren, damit<br />

nichts anbrennt. Dann zum Fleisch<br />

geben und Zitronensaft, Mirabellen<br />

und 2 TL Zucker hinzufügen. Mit einem<br />

Deckel zudecken und auf kleiner<br />

Flamme ca. 50 min ziehen lassen.<br />

51


Natur – Landschaft<br />

Grüne Natur im Iran<br />

ein Land mit vier Jahreszeiten<br />

Persiens klimatische und topografische<br />

Vielfalt ist erstaunlich. Auf wenigen<br />

Kilometern erfährt man jahreszeitliche<br />

Wechsel. Oft findet sich auf<br />

einer Seite der Bergkette Schnee und<br />

auf der anderen eine drückende Hitze.<br />

Zwischen der heißesten und der kältesten<br />

Gegend kann der Temperaturunterschied<br />

am gleichen Tag dreißig bis vierzig<br />

Grad Celsius betragen.<br />

Begrenzt ist der Iran im Norden und im<br />

Süden durch zwei Gewässer, das Kaspische<br />

Meer und den Persischen Golf.<br />

Er ist gekennzeichnet durch hohe Bergketten,<br />

die wie von Himmelshand<br />

auf endlose Wüsten gesetzt zu sein<br />

scheinen. Von den Bergen fließen<br />

die lebensspendenden Bäche, die ihr<br />

Wasser den Ebenen zuführen und grüne<br />

Oasen inmitten einer kargen und<br />

majestätischen Umgebung schaffen.<br />

Groß sind auch die Unterschiede in<br />

der Vegetation und der Landschaft<br />

zwischen den Küstenprovinzen am<br />

Kaspischen Meer und den trockenen<br />

Gegenden der Zentralwüste sowie<br />

zwischen den östlichen und den westlichen<br />

Provinzen, die beide charakteristische<br />

Elemente der persischen<br />

Kultur hervorgebracht haben. Doch<br />

diese Vielfalt mit oft ausgesprochen<br />

lokaler Prägung wird geeint durch<br />

den blauen Himmel und durch die<br />

Berge, Wüsten und Gewässer. Zusammen<br />

haben diese Elemente ein<br />

ausgewogenes ökologisches System<br />

geschaffen, das den natürlichen Hintergrund<br />

für eine der traditionsreichsten<br />

und dauerhaftesten Kulturen der<br />

Welt bildet.<br />

52


Tradition – Schabe Yalda<br />

Schabe Yalda<br />

DIe Längste Nacht des Jahres<br />

Schab (Nacht)-e-Yaldaa (Geburt)<br />

wird gefeiert, weil dies die längste<br />

Nacht (Ende Herbst und Anfang Winter;<br />

nach dem gregorianischen Kalender<br />

der 21. Dezember) ist und danach<br />

die Tage wieder länger werden.<br />

Die Helligkeit oder das Licht (hier der<br />

Tag) hat eine große Bedeutung in der<br />

altpersischen Religion Zarathustrismus<br />

und es wird bis spät in die Nacht<br />

gefeiert. Hierbei werden viele hausgemachte<br />

Knabbereien, viel Obst,<br />

wie z. B. Granatapfel, gegessen und<br />

insbesondere Wassermelonen, die<br />

lange Zeit speziell für diese Nacht<br />

aufbewahrt wurden. In alten Zeiten<br />

erzählte man Geschichten, heute<br />

wird getanzt und gelacht.<br />

55


Tradition – Tschahar Schanbeh Suri<br />

Tschahar Schanbeh Suri<br />

Feuerfest<br />

Tschahar Schanbeh Suri<br />

Auch das Tschar Schanbeh Suri gehört zu den wichtigsten Ritualen des Neujahrfestes.<br />

Am Dienstagabend (der Nacht vor dem letzten Mittwoch) wird das<br />

Feuerfest gefeiert. Dazu versammeln sich die Familien auf öffentlichen Plätzen<br />

und sammeln Feuerholz.Kurz vor bzw. nach Sonnenuntergang wird es auf<br />

einen Haufen geworfen und angezündet. Jedes Familienmitglied muss dann<br />

über das Feuer springen und dazu den Spruch aufsagen: „Sorkheeyeh to az<br />

man zardeeyeh man az to“, was soviel bedeutet wie „Sorkheeyeh to az man<br />

zardeeyeh man az to“, was soviel bedeutet wie: „Das Rot des Feuers ist<br />

meines, meine Blässe deines.“ Es ist die Bitte um den Tausch der eigenen<br />

Blässe, die für Krankheit und Böses steht, mit dem Rot des Lebens und der<br />

Kraft des Guten aus dem Feuer.


Tradition – Norooz<br />

Frühlingsanfang<br />

das iranische Neujahrsfest „Norooz“<br />

mit Ein traditionel gedeckter Tisch für Neu Jahr<br />

Das größte iranische Fest, genannt „Jaschne No‘ruz“, wird schon mehr als<br />

3.000 Jahre im Iran gefeiert und hat seinen Ursprung in der Antike und der<br />

altpersischen Religion Zarathustrismus. Sie soll den Triumph des Guten über<br />

das Böse symbolisieren. Diese Tradition wird bis ins Altertum zurückdatiert und<br />

ist auch heute noch in der iranischen Kultur von besonderer Wichtigkeit.<br />

Das neue Jahr beginnt im Iran am<br />

Frühlingsanfang. Das Neujahrsfest<br />

„Norooz“ ist ein Fest der Freude. Mit<br />

den Feierlichkeiten wird der helle und<br />

warme Frühling als Beginn des neuen<br />

Jahres willkommen geheißen, und<br />

die dunkle und kalte Jahreszeit wird<br />

mit dem alten Jahr verabschiedet.<br />

Zu den Vorbereitungen für das Neujahrsfest<br />

gehört allerorten ein eifriger<br />

Frühjahrsputz. Die Wohnungen<br />

werden festlich mit Frühlingsblumen<br />

geschmückt. Die Kinder werden neu<br />

eingekleidet und zeigen sich am Neujahrstag<br />

stolz in ihren neuen Kleidern.<br />

Norooz ist ein Familienfest. Aus nah<br />

und fern kommen Familienangehörige<br />

zusammen, um das neue Jahr gemeinsam<br />

zu begrüßen.<br />

Zur Norooz-Tradition gehört<br />

ein mit sieben Gaben<br />

gedeckter Tisch, das „Gedeck<br />

mit den sieben S“.<br />

Auffällig ist, dass alle Gaben mit dem<br />

selben persischen Buchstaben, Sien<br />

= S, mit Betonung wie „ß“,‘ beginnen:<br />

Sabzeh, Sieb, Sier, Serkeh,<br />

Senjed, Somaq und Samanu.<br />

Dazu gehören immer frisches Grün und<br />

Hyazinthen, die den Duft des Frühlings<br />

in die Häuser tragen.<br />

Der Zahl sieben sieben fällt seither<br />

eine heilige Bedeutung zu. Sie steht<br />

für die sieben engelhaften Herolde,<br />

Leben und Wiedergeburt, Freude,<br />

Gesundheit, Glückseligkeit, Liebe,<br />

Geduld und Alter. Mit dem Norooz-Fest<br />

feiern die Menschen im Iran<br />

nicht nur den Sieg des Lichts über<br />

die Finsternis, sondern auch den Triumph<br />

des Guten über das Böse, der<br />

Freiheit über die Unterdrückung.<br />

Das Fest wird genauestens nach<br />

dem Sonnenkalender errechnet und<br />

verschiebt sich daher jährlich. Das<br />

neue Jahr spiegelt die Harmonie der<br />

Menschen mit der Wiedergeburt der<br />

Natur wider und soll ein Neubeginn<br />

für alles Existentielle im Kosmos sein.<br />

So wie der Zoroatrismus als dualistische<br />

Religion, basieren auch die<br />

No‘ruz-Zeremonien auf zwei sich bedingenden<br />

Naturgegebenheiten, nämlich<br />

das Ende und die Wiedergeburt.<br />

Durch den Wandel der Zeit hat sich<br />

das Ritual der Feier zwar ein wenig<br />

modifiziert, doch ihren symbolischen<br />

Charakter hat es dennoch beibehalten.<br />

Im Folgenden soll nun ein kleiner Einblick<br />

in das traditionelle Neujahrsfest<br />

gegeben werden: Einige Wochen vor<br />

Beginn des neuen Jahres wird ein<br />

Großputz veranstaltet, bei dem auch die<br />

Wohnungen während der Feiertage umgestellt<br />

werden, um das neue Jahr nicht<br />

in alltäglicher Weise zu empfangen,<br />

sondern ihm somit einen besonderen<br />

Charakter zu verleihen. Überdies sollen<br />

auch die Seelen der Verstorbenen herzlich<br />

willkommen geheißen werden, die<br />

während des No‘ruzfestes ihre Hinterbliebenen<br />

in ihren Häusern besuchen.<br />

58


Sabzeh:<br />

Sabzeh sind aus Linsen oder Weizen<br />

gezogene Sprossen und Keime,<br />

deren frisches Grün gutes und<br />

neues Leben im neuen Jahr symbolisiert.<br />

Diese werden ca. 2 Wochen<br />

vor dem Beginn des Neujahres von<br />

Frauen eingelegt und symbolisieren<br />

auch die Fruchtbarkeit.<br />

Sieb (Apfel):<br />

Der Apfel steht für Gesundheit und<br />

Schönheit und soll auch im kommenden<br />

Jahr keines der beiden Eigenschaften<br />

missen lassen.<br />

Sier (Knoblauch):<br />

Diese Zutat wird benutzt, um schlechte<br />

Omen fernzuhalten, doch dies scheint<br />

eine moderne Erklärung zu sein. Anderen<br />

Kontexten ist zu entnehmen,<br />

dass sie eine medizinische Funktion<br />

hatte und als krankheitsminderndes<br />

Medikament zu deuten ist und somit<br />

auch für Gesundheit steht.<br />

Serkeh (Essig):<br />

Der Essig symbolisiert aufgrund seiner<br />

Herstellung und Haltbarkeit das<br />

Alter und die Geduld. Denn mit den<br />

Jahren und nur durch einen bedachten<br />

Verstand und ruhiges Gemüt erlangt<br />

der Mensch eine geistlich höhere<br />

Ebene. Früher wurde anstatt des<br />

Essigs Wein auf das Sofreh aufgetragen,<br />

da aber Alkohol im Islam tabu ist,<br />

wurde er durch Essig ersetzt.<br />

Senjed (Wildoliven):<br />

Senjed symbolisiert die Liebe. Wenn<br />

die Wildolive aufblüht, verbreitet sie<br />

Erzählungen nach einen Liebesduft,<br />

der die Sinne der Menschen, die<br />

sich dort befinden, betört.<br />

Somaq (Sumac – Beeren):<br />

Sie stehen für die Farbe des Sonnenaufgangs<br />

und sollen mit ihren<br />

Strahlen dem guten Prinzip dazu<br />

verhelfen, das Böse zu bezwingen.<br />

Samanu:<br />

Das Samanu ist eine süßliche Paste,<br />

die in langwieriger Zubereitung<br />

aus Weizen- oder Linsensprösslingen<br />

hergestellt wird. Dazu werden<br />

die Sprösslinge bis zu 40-mal aufgekocht.<br />

Sie sollen das Leben versüßen<br />

und Freude bringen.<br />

Abgesehen von den Haftseen,<br />

bereichern heut auch noch andere<br />

Sachen das Sofreh. Von besonderer<br />

Wichtigkeit ist ein ‚mahi talai’ (Goldfisch)<br />

der das wichtige Element Wasser<br />

auf dem Sofreh repräsentiert.<br />

Auch eine brennende Kerze darf<br />

nicht auf dem gedeckten Tisch fehlen,<br />

da sie eine sehr wichtige Symbolik<br />

im Zoroatrismus hat, die des<br />

heiligen Feuers.<br />

Mittlerweile legt man auch Geldstücke<br />

auf den Tisch, die zu Wohlstand<br />

und Reichtum führen sollen. Nach<br />

dem 13. Tag werden einige der Geldstücke<br />

an beliebige Personen verschenkt,<br />

denen man ebenfalls Wohlstand<br />

wünscht.<br />

59


Tradition – Sizdah<br />

– Sizdah<br />

be dar<br />

be dar<br />

Siezdah be dar<br />

13.01.Neujahr<br />

Siezdah be dar: Siezdah (13) oder<br />

Siezdeh be dar ist der dreizehnte Tag<br />

des Neujahres. An diesen Tag fahren<br />

die Familien zu einem Picknick ins<br />

Freie, essen und veranstalten Spiele.<br />

Absicht ist es, den dreizehnten Tag<br />

in einer glücklichen und entspannten<br />

Atmosphäre zu verabschieden. Am<br />

Ende des Picknicks wird der Sabzeh<br />

vom No‘ruz-Sofreh in fließendes<br />

Wasser geworfen.<br />

Das Sabzeh soll die Krankheiten, den<br />

Schmerz und die Trauer der Familie<br />

mitnehmen und sie somit davon befreien.<br />

Üblich ist es, vorab, je nach<br />

Wunsch, einen Knoten in ein Sabzehhalm<br />

zu machen, der dann für die Erfüllung<br />

eines Wunsches steht.<br />

13.01.<br />

Ledige Frauen, die Knoten in die Halme<br />

machen, äußern gleichzeitig ihren<br />

Wunsch, im nächsten Jahr gebunden<br />

zu werden. Am Siezdeh be dar bringt<br />

es Unglück, das Sabzeh eines anderen<br />

zu berühren, da dadurch Krankheit,<br />

Not und Schmerzen des anderen<br />

auf den Berührenden überspringen.


Kunst – Malerei<br />

Malerei<br />

Kunst und Malerei<br />

Die gegenständliche Malerei, die –<br />

nach literarischen Quellen – in der Sassanidenzeit<br />

in hoher Blüte stand, wurde<br />

nie ganz verdrängt: Die sassanidische<br />

Malschule hat bis in die Abbasidenzeit<br />

(9. Jahrhundert n. Chr.) fortgewirkt; sie<br />

wurde abgelöst durch die manichäische<br />

Buchmalerei, die mit den aus dem<br />

Iran verdrängten Manichäern ihren Weg<br />

nach Bagdad und dann nach Zentralasien<br />

fand.<br />

Aus ihm entwickelte sich – vermutlich<br />

im Iran – im 12. Jahrhundert der Miniaturstil<br />

der Buchmalerei, der in der<br />

mesopotamischen Schule des 13.<br />

Jahrhunderts seinen ersten Höhepunkt<br />

erlebte, nach der mongolischen<br />

Invasion (Zeit der Il-chane, 13./14.<br />

Jahrhundert) chinesische Einflüsse<br />

aufnahm und unter den Timuriden (15.<br />

und 16. Jahrhundert) sich zum eigentlich<br />

persischen Stil der Miniaturmalerei<br />

ausprägte.<br />

Wie in der schauspielerischen Darstellung,<br />

ist im Bereich der Schia das<br />

muslimische Bilderverbot nicht konsequent<br />

gehandhabt worden: In der<br />

Buchmalerei ist die menschliche Darstellung<br />

immer vertreten gewesen, allerdings<br />

überwiegend in einer entpersönlichten,<br />

dekorativen Form. In den<br />

folgenden J ahrhunderten ist die Miniaturmalerei<br />

ohne wesentliche neue<br />

Impulse weiter gepflegt worden. Sie<br />

ist auch heute noch in einer konventionalisierten<br />

Form lebendig. Ostad<br />

Mahmoud Farshchian ist der berühmteste<br />

Maler(Miniaturist) im Iran.<br />

62


Restaurant Shahr<br />

Unser Restaurant mit einer Kapazität von bis zu 160 Personen eignet<br />

sich sehr für Ihre Festlichkeiten, wie Hochzeits- und Geburtstagsfeiern,<br />

sowie Betriebsfeste. Ebenfalls bieten wir einen Cateringservice an.<br />

Falls Sie jemandem eine besondere Freude machen wollen, so schenken<br />

Sie ein Abendessen im RESTAURANT SHAHR.<br />

Gutscheine sind im Restaurant erhältlich.<br />

64<br />

Restaurant Shahr<br />

Mauritiussteinweg 53 50676 Köln<br />

Tel. 0221-9231666<br />

Mobile: 0163-apadana (2723262)<br />

Inhaber : Herr Taghi Gholami<br />

Öffnungszeiten: Mo.So. 11-24 Uhr


Reserve – Öl – Gas<br />

Öl<br />

Strategische Ölreserve<br />

Der Iran hat das viertgrößte<br />

Öl- und Gasvorkommen der Welt.<br />

Bei 2006 Produktionsraten würde<br />

Irans Ölreserven 98 Jahre dauern,<br />

wenn kein neues Öl gefunden wurde.<br />

Nach NIOC, Iran erzielbaren flüssigen<br />

Kohlenwasserstoffreserven Ende<br />

2006 auf 138,4 Milliarden Barrel.<br />

Indien. Mit China hat Teheran vergangenen<br />

Sommer ein Barter-Abkommen<br />

geschlossen – iranisches Öl im<br />

Tauschhandel gegen Industriegüter<br />

made in China –, aber das ist kaum<br />

ein ausbaufähiges Geschäftsmodell.<br />

Bergbau iM Iran:<br />

Der Bergbau spielt im Iran eine untergeordnete<br />

Rolle. Hauptmerkmal ist<br />

der Mineralabbau. Der Iran ist einer<br />

der wichtigsten Mineralproduzenten<br />

der Welt.<br />

wichtigsten Minen:<br />

Die wichtigsten Minen im Iran fördern<br />

Kohle, Steine und Erden, Sand<br />

und Kies, chemische Mineralien und<br />

Salz. Khorasan hat die meisten Minen<br />

im Iran. Andere große Ablagerungen,<br />

die meist unterentwickelt sind:<br />

Abgesehen von diesen erhebliche<br />

Reserven, von Anfang an der Ölindustrie<br />

im Iran im Jahr 1908 bis Ende<br />

2007 produzierte der Iran einige 61<br />

Milliarden Barrel Öl.<br />

Der Iran hat mehr als ein Jahrhundert<br />

Erfahrung in der Exploration und<br />

Produktion; die erste erfolgreiche Explorationsbohrung<br />

inszenierte Masjid<br />

Suleiman am 26. Mai. 1908. Seitdem<br />

sind, basierend auf den neuesten Ölund<br />

Gasberichten 145 Kohlenwasserstofffelder<br />

und 297 Öl -und Gasvorkommen<br />

im Iran entdeckt worden, mit<br />

vielen Feldern, die mehrere Gewinnzonen<br />

beinhalten. Insgesamt wurden<br />

102 Felder mit Öl und die restlichen<br />

43 mit Gas entdeckt, und es gibt 205<br />

Ölbehälter und 92 Erdgaslagerstätten.<br />

Ohne Ölexport geht im Iran<br />

so gut wie gar nichts:<br />

Das Erdöl macht 80 % des iranischen<br />

Exports aus, wichtigste Kunden sind<br />

bisher China, Japan, Südkorea und<br />

Zink (weltweit größte),<br />

Kupfer (weltweit neuntgrößte,<br />

Eisen (weltweit neuntgrößte),<br />

Uran (zehntgrößte weltweit) und<br />

Blei (weltweit elftgrößte).<br />

66


Der Iran hält mit rund<br />

1% der Weltbevölkerung<br />

mehr als<br />

7% der gesamten<br />

weltweiten<br />

Mineralreserven


Politik – Parlament<br />

Parlament<br />

Die frauenbezogenen Gesetze im<br />

Iran sind teilweise verwirrend, widersprüchlich<br />

oder für manch einer gar<br />

diskriminierend. Doch sie sind der<br />

Versuch, die kulturellen und religiösen<br />

Verpflichtungen der Iraner mit<br />

Gesetzen und Regeln zu versehen<br />

und in eine globalisierte Welt zu integrieren,<br />

ohne dabei die historisch<br />

gewachsenen Merkmale des Landes<br />

zu vernachlässigen. Ein sehr schwieriges<br />

Unterfangen.<br />

Das Ziel der iranischen Gesetze ist es<br />

nicht, ein Geschlecht zu bevorzugen,<br />

im Gegenteil, es ist das Produkt einer<br />

dynamischen Kultur und einer durch<br />

acht Jahre Krieg geprägten Entwicklung,<br />

die seit etwa 15 Jahre eine sehr<br />

positive Wende genommen hat und in<br />

Zukunft für Frauen eine ebenso wichtige<br />

Rolle vorsieht, wie jene der Männer.<br />

Kultur geworden. Gleichzeitig ist festzuhalten,<br />

dass die Kopftuchpflicht im<br />

Iran in keiner Weise mit dem Tragen<br />

einer Burka oder anderen Vollverschleierungen<br />

zu vergleichen ist, die<br />

den gesamten Körper und teilweise<br />

sogar die Augen verbergen.<br />

Ohne Zweifel gibt es Gesetze, die angepasst<br />

werden müssen. Gesetze, die<br />

für Normalfälle entwickelt wurden und<br />

bereits bei kleineren Abweichungen<br />

Nachteile für Frauen bewirken können,<br />

wie beispielsweise das Erbrecht,<br />

welches eine Benachteiligung verursacht,<br />

sobald eine Frau nicht heiratet.<br />

Doch angesichts der oben beschriebenen<br />

Vorgänge, können die Frauen<br />

im Iran einer äußerst positive Zukunft<br />

entgegensehen, die Jahr für Jahr erfreuliche<br />

Verbesserungen und Gesetzesanpassungen<br />

mit sich bringt.<br />

Oft wird von Europäern oder westlichen<br />

Medien propagiert, dass die<br />

Kopftuchpflicht allein eine Diskriminierung<br />

der Frau darstelle und alle<br />

Iranerinnen gegen diese Reglung<br />

seien. Doch selbst während der Proteste<br />

im Jahr 2009, als hunderttausende<br />

Menschen auf den Straßen<br />

von Teheran demonstrierten, legte<br />

keine Demonstrantin ihr Kopftuch ab.<br />

Denn die ehemalige Kopfbedeckung,<br />

die in größeren Städten heute eher zu<br />

einem Modeaccessoire mutiert ist,<br />

wird nicht mehr ausschließlich als ein<br />

religiöses Symbol angesehen, sie ist<br />

vielmehr Bestandteil der iranischen<br />

68


Politik – Politisches System<br />

Politisches System<br />

unter Ajatollah Khamenei<br />

Politisches System Vor 1979:<br />

Das politische System des Iran vor 1979 basierte seit der Konstitutionellen<br />

Revolution von 1906 auf der Staatsform der Konstitutionellen Monarchie. Das<br />

Parlament bestand aus zwei Kammern, dem Madschles und dem Senat.<br />

Die Abgeordneten des Madschles (Madschles Shora Melli) wurden vom<br />

Volk gewählt, die Abgeordneten des Senats wurden je zur Hälfte gewählt bzw.<br />

vom Schah ernannt. An der Gesetzgebung waren beide Häuser beteiligt. Die<br />

aktive politische Rolle in der Gesetzgebung kam jedoch dem Madschles zu.<br />

Nach der Verfassung stand der<br />

Schah als Monarch an der Spitze der<br />

Exekutive, d. h. der Verwaltung, des<br />

diplomatischen Diensts und des Militärs.<br />

Er hatte das Recht, Minister zu<br />

ernennen und zu entlassen und zur<br />

Ausführung der von den parlamentarischen<br />

Kammern erlassenen Gesetze<br />

Dekrete und Ausführungsbestimmungen<br />

zu erlassen.<br />

Politisches System:<br />

Die Islamische Republik Iran besteht<br />

seit dem 1. April 1979. Das politische<br />

System enthält demokratische und<br />

theokratische Elemente. Grundlage des<br />

Staates ist die iranische Verfassung.<br />

Staatsoberhaupt ist der Oberste<br />

Rechtsgelehrte, die Regierung führt der<br />

Präsident. Aufgrund des großen Einflusses<br />

der schiitischen Geistlichkeit und<br />

der Anwendung der Scharia wird der<br />

Iran häufig als Gottesstaat bezeichnet.<br />

POLITISCHE ENTWICKLUNG:<br />

Die Geschichte des Iran seit 1979<br />

beginnt mit der Islamischen Revolution<br />

und der Gründung der Islamischen<br />

Republik, die im Iran seit dem<br />

1. April 1979 besteht. Fast vier Jahrzehnte<br />

hatte Schah Mohammad Reza<br />

Pahlavi mit Unterstützung westlicher<br />

Staaten, vor allem der USA, das ölreiche<br />

Land diktatorisch beherrscht. Am<br />

18. Januar 1979 floh der Schah aus dem<br />

Iran vor Unruhen, in deren Folge der<br />

schiitische Geistliche Ruhollah Khomeini<br />

zum weltlichen Führer aufstieg.<br />

Seitdem ist der oberste Rechtsgelehrte<br />

des Iran zugleich die wichtigste<br />

politische Macht, gemeinsam<br />

mit dem Wächterrat bestehend aus<br />

streng religiösen Geistlichen. Daneben<br />

gibt es einen vom Volk gewählten<br />

Staatspräsidenten. Die Präsidenten-<br />

und Parlamentswahlen im Iran<br />

werden allerdings stark manipuliert,<br />

unter anderem dadurch, dass der<br />

Wächterrat über die Zulassung der<br />

Kandidaten entscheidet. Unter wechselnden<br />

Staatspräsidenten hat das<br />

Regime seine wesentliche Struktur<br />

beibehalten. Durch seine Politik ist es<br />

international weitgehend isoliert. Das<br />

Ausland kritisiert vor allem die vermuteten<br />

Versuche des Iran, Kernwaffen<br />

herstellen zu können. Besonders<br />

Israel sieht sich dadurch bedroht.


„Diskriminierung“<br />

des Mannes<br />

Wirft ein Mann seiner Frau Unzucht<br />

vor, so muss er fünf Schwüre ablegen,<br />

um seine Behauptung zu bekräftigen.<br />

Behauptet jedoch die Frau das Gegenteil<br />

und legt ihrerseits fünf Schwüre<br />

gegen die Aussage des Mannes ab, so<br />

wird der Vorwurf des Gatten vollständig<br />

entkräftet und die Frau erhält Recht<br />

in allen Punkten. Leider werden solche<br />

Beispiele sehr selten in westlichen<br />

Analysen oder Presseberichte berücksichtigt,<br />

wodurch dem Leser eine Benachteiligung<br />

der Frau induziert wird.<br />

Die geschlechtsbezogenen Gesetze<br />

des Iran dürfen nicht alleinstehend<br />

betrachtet werden, sondern müssen<br />

mit den kulturellen und religiösen<br />

Werten der Menschen aufgewogen<br />

werden, um die eigentliche Logik hinter<br />

den Regeln zu verstehen. Nehmen<br />

wir beispielsweise eine Familie mit<br />

einem Sohn und einer Tochter, deren<br />

Vater verstorben ist.<br />

Der Sohn ist laut Gesetz dazu verpflichtet,<br />

die Familie zu ernähren, und<br />

falls nötig, auch lebenslang für die<br />

Mutter zu sorgen. Erhielte die Tochter<br />

nun ein ebenso großes Erbe wie der<br />

Sohn und würde kurze Zeit später heiraten,<br />

wäre der Sohn auf sich alleine<br />

gestellt und müsste sowohl die Familie<br />

ernähren, als auch die Aussteuer der<br />

Schwester aufbringen. Dies wiederum<br />

wäre erneut eine Diskriminierung<br />

des Mannes. Diese Beispiele verdeutlichen,<br />

dass es nicht angebracht ist,<br />

stets von einer genderbezogenen Diskriminierung<br />

im Iran zu sprechen.<br />

74


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Frauen und ihre Rechte<br />

Die verkannte Rolle der Frau im Iran<br />

In der Vergangenheit war der Iran von weitreichenden politischen<br />

Umstürzen geprägt, die das Leben der Menschen ständig in eine<br />

neue Richtung gelenkt haben. Dies forderte gerade von den Frauen<br />

des Iran eine besondere Anpassungsfähigkeit.<br />

Der Status der Frau im ehemaligen<br />

Persien ist seit seiner Entstehung hoch<br />

geschätzt worden und liegt tief verwurzelt<br />

in der iranischen Kultur und Geschichte.<br />

Schon zur Achämeniden-Zeit<br />

(ca. 500 v.Chr.) hatten Frauen hohe<br />

politische Positionen inne und wurden<br />

völlig gleichberechtigt entlohnt.<br />

vermitteln, der vom damaligen Diktator<br />

als modern angesehen wurde.<br />

Vermutlich ließ er sich vom türkischen<br />

Staatsgründer Atatürk inspirieren,<br />

der einige Jahrzehnte zuvor islamische<br />

Kleidung aus der Öffentlichkeit<br />

verbannte, als er im Jahr 1936 ein<br />

landesweites Kopftuchverbot verkündete.<br />

Der Westdeutsche Rundfunk<br />

schreibt hierzu: „Für viele Frauen<br />

und Männer im schiitisch geprägten<br />

Land ist die Politik des Diktators<br />

ein Angriff auf ihre innersten Werte.<br />

Manche trauen sich jahrelang nicht<br />

auf die Straße, weil sie so entblößt<br />

nicht von Männern gesehen werden<br />

oder so freizügig gekleidete Frauen<br />

nicht anschauen wollen.“1941 muss<br />

der Schah abdanken. Die Engländer<br />

zwingen ihn wegen seiner zu engen<br />

Dies änderte sich erstmals in der ersten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im<br />

Rahmen der Herrschaft von Shah Reza<br />

Palahvi wurden maßgebliche Umstrukturierungen<br />

in der Gesellschaft vorgenommen.<br />

Ziel war es, den Iranern einen<br />

westlich geprägten Lebensstil zu<br />

Durch die Islamisierung des<br />

Landes im 8. und 9. Jahrhundert<br />

n. Chr. fanden sich die<br />

Frauen in einer neuen Umwelt<br />

wieder.<br />

76


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Freundschaft mit Hitler-Deutschland<br />

zum Thronverzicht. Sogleich kommt<br />

es zu Demonstrationen gegen die vom<br />

Schah eingeführte Verwestlichung.<br />

Viele Frauen legen das Kopftuch<br />

demonstrativ wieder an. Das Verbot<br />

verschwindet in der Versenkung,<br />

aber der neue Herrscher, der Sohn<br />

des Schahs, setzt die westliche Modernisierungspolitik<br />

fort. Nach dem<br />

Krieg spaltet sich das Land zunehmend<br />

in eine europäisch orientierte<br />

Oberschicht und die breite Masse<br />

der armen Leute. Diese orientieren<br />

sich um so stärker an der Religion,<br />

als sich die Politik des neuen Reza<br />

Pahlevi von ihren Nöten entfernt.<br />

Der Versuch einer radikalen Verwestlichung<br />

des Iran führte zu großen Spannungen<br />

innerhalb der Bevölkerung,<br />

die nach wie vor islamisch geprägt<br />

war und völlig andere Werte vertrat.<br />

Mit dem Sturz des Schahs im Jahre<br />

1979 und dem endgültigen Ende<br />

der Monarchie im Iran, erhielten die<br />

Menschen des Landes erstmals die<br />

Gelegenheit, selbst über ihre Zukunft<br />

zu bestimmen. Das Machtvakuum<br />

wurde vom geistlichen Führer Ruhollah<br />

Chomeini erfolgreich gefüllt und<br />

die alten islamischen Werte erhielten<br />

wieder große Bedeutung in der<br />

Gesellschaft. Im selben Jahr führte<br />

Chomeini den „Hijab“ ein, welcher<br />

eine Haarbedeckung aller Frauen im<br />

Iran vorsah. >><br />

77


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Zu diesem Anlass demonstrierten einige<br />

tausend Frauen in der iranischen<br />

Hauptstadt Teheran, die eine Aufhebung<br />

dieses Schleierverbotes forderten.<br />

Ihre Anstrengungen blieben<br />

jedoch resultatslos, da der Großteil<br />

der Bevölkerung geschlossen hinter<br />

Chomeini und der Rehabilitierung der<br />

alten, „nichtwestlichen” Werte stand.<br />

zeigten sich die ersten Lockerungen<br />

für Iranerinnen und eine zunehmende<br />

Sensibilisierung der Thematik, auch<br />

in der Führungsebene. So wurde im<br />

Jahr 1997 ein Zentrum für Frauenstudien<br />

an der größten iranischen<br />

Universität in Teheran gegründet,<br />

woraufhin Gender- und Frauenforschung<br />

auch an zahlreichen weiteren<br />

Durch das Chaos nach der Revolution<br />

und den Beginn des von Saddam<br />

Hussein ausgehenden Eroberungsfeldzuges<br />

der ölreichen iranischen<br />

Provinz Chuzestan, begann für den<br />

Iran eine Zeit des Krieges (1980–<br />

1988). Dies war eine Zeit, die keinen<br />

Platz für kulturelle Diskussionen oder<br />

geschlechtsbezogene Themen ließ.<br />

Ende der 90er Jahre des vergangenen<br />

Jahrhunderts, etwa ein Jahrzehnt<br />

nach Beendigung des Krieges,<br />

iranischen Universitäten eingeführt<br />

wurde. Unter dem ehemaligem Präsidenten<br />

Chatami folgten indirekte Reformen<br />

und Lockerungen, die es den<br />

Frauen ermöglichten, immer kleinere<br />

Kopftücher zu tragen und ihr Modebewusstsein<br />

öffentlich zum Ausdruck<br />

zu bringen.<br />

78


Absolventen im Iran<br />

Die Leistungen der Frauen im Iran nehmen einen immer größeren Stellenwert<br />

ein, was sich auch in der Politik erkennbar macht.<br />

2009 wurde mit Marzieh Vahid Dastjerdi<br />

erstmals eine weibliche Ministerin<br />

in das Parlament der Islamischen<br />

Republik gewählt und somit wurden<br />

die Weichen für zukünftige Politikerinnen<br />

gestellt – eine kleine Revolution<br />

innerhalb der Politik der Islamischen<br />

Republik. Dies geschah ausgerechnet<br />

im Kabinett des aktuellen Präsidenten<br />

Mahmoud Ahmadinejad, der in der<br />

westlichen Medienlandschaft stets<br />

als frauenfeindlich bezeichnet wird.<br />

80


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Gewalt gegen Frauen<br />

Die Unterdrückung der Frauen<br />

Eine Frau ist nur eine Frau im Iran<br />

Die Frau im Iran ist ein geknechtetes<br />

Wesen, das sich den ganzen Tag im<br />

heißen und unbequemen Tschador<br />

herumschleppen muss, haben uns<br />

Menschenrechtsorganisationen und<br />

Qualitätsmedien beigebracht. Und<br />

fast sieht es so aus, als müsste man<br />

schon allein zur Befreiung der Frau<br />

Krieg gegen den Iran führen.<br />

die internationalen Menschenrechtsabkommen“,<br />

heißt es beispielsweise<br />

auf der Webseite des deutschen „Menschenrechtsvereins<br />

für Migranten e. V.<br />

Besonders schlimm sind demnach die<br />

Frauen dran: „Die Diskriminierung und<br />

Unterdrückung der Frauen ist für das<br />

Teheraner Regime eines der wichtigsten<br />

Mittel zur Machterhaltung.<br />

Die Wirklichkeit sieht allerdings anders<br />

aus – beunruhigend anders.<br />

Glaubt man so genannten „Menschenrechtsorganisationen“,<br />

ist es<br />

um die Menschenrechte im Iran<br />

schlecht bestellt: „Gewaltanwendung,<br />

Repression und Terror sind für<br />

die Fundamentalisten im Iran unverzichtbare<br />

Instrumente, um sich an der<br />

Macht zu halten. Deshalb verneinen<br />

sie die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte<br />

und halten sich nicht an<br />

Folglich sind schwerste Menschenrechtsverletzungen<br />

an Frauen an der<br />

Tagesordnung. “ Frauen und Mädchen<br />

treffe „die ganze Härte der zutiefst<br />

frauenfeindlichen Gesetze der<br />

Fundamentalisten“. Nur knapp über<br />

dem Vieh angesiedelt!<br />

Die Frauen gelten im Iran nach<br />

dem Gesetz und in der Praxis<br />

als Menschen zweiter Klasse.<br />

82


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Familienmütter:<br />

In einer gewöhnlichen iranischen Familie genießt die Mutter großen Respekt und<br />

wird von ihren Kindern regelrecht verehrt. Wie tief die iranische Verbundenheit gegenüber<br />

den Mutterfiguren verwurzelt ist, demonstrierte auch der iranische Ex-Präsident<br />

Ahamdinejad, als er die Hand seiner ehemaligen Lehrerin dankend küsste.<br />

Universitäten und Akademikerinnen:<br />

Erstaunlicherweise kann der Iran Bereich sind Frauen, während<br />

eine beeindruckende Frauenstatistik<br />

im akademischen Bereich aufweisen.<br />

Mit 64 % hat kein anderes Land der<br />

Deutschland hingegen mit lediglich<br />

16 % prozentual gesehen deutlich<br />

weniger Arbeitnehmerinnen in der<br />

Geburtenrate in der Geschichte und<br />

zeugt von der neuen Emanzipation<br />

der Iranerinnen. Diese sehen sich<br />

nicht mehr an die traditionelle Rolle<br />

der Frau in der Familie gebunden und<br />

widmen sich beispielsweise immer<br />

mehr einer erfolgreichen Karriere,<br />

was sicherlich den oben erwähnten<br />

Geburtenrückgang maßgeblich zu<br />

verantworten hat Wie sehr die Frauen<br />

im Iran, entgegen der vorherrschenden<br />

Sichtweise in Europa, geachtet<br />

werden, zeigt sich auf den Straßen<br />

aller größeren Städte im Iran. Als eines<br />

der wenigen Länder der Erde<br />

bietet der Iran „Frauentaxis” an,<br />

die ausschließlich von Frauen gefahren<br />

werden und auch nur solche<br />

transportieren.<br />

Welt, prozentual gesehen, einen höheren<br />

Anteil an Studentinnen zu verbuchen.<br />

Iranische Frauen können ihren<br />

Beruf frei wählen und unterliegen<br />

lediglich im Klerus und in der Judikative<br />

Beschränkungen.<br />

Nichtsdestotrotz dürfen seit 1997<br />

Frauen auch in speziellen Bezirksfamiliengerichten<br />

als Richterin fungieren.<br />

Durch die vergleichsweise große<br />

Freiheit in der Berufsauswahl überrascht<br />

das Land mit seinen weiblichen<br />

Angestellten im Industriesektor.<br />

29 % der Angestellten in diesem<br />

Industrie beschäftigt. Das neue<br />

Selbstbewusstsein der Frauen, in<br />

Verbindung mit ihrer hohen akademischen<br />

Ausbildung und einem Geburtenkontrollprogramm<br />

des Staates,<br />

führte zu einer massiven Abnahme<br />

der Neugeborenen im Iran. Während<br />

1979 die Geburtenrate noch bei<br />

etwa 7 % lag, nahm sie bis zum Jahr<br />

2006 relativ gleichmäßig auf 1,9 %<br />

ab. Damit liegt die Geburtenrate im<br />

Iran unter dem Durchschnitt jener<br />

der EU. Diese Entwicklung war der<br />

bisher größte und schnellste dokumentierte<br />

Rückgang einer nationalen<br />

Dies geschah, um Belästigungen vorzubeugen<br />

und konservativen Iranerinnen,<br />

die nur ungern in das Auto eines<br />

Fremden steigen, eine sichere und<br />

angenehme Möglichkeit der Mobilität<br />

zu gewährleisten. Auch westliche<br />

Beobachter sind erstaunt über das<br />

Selbstbewusstsein iranischer Frauen<br />

und die großen Unterschiede innerhalb<br />

diverser islamischer Staaten.<br />

ZITAT:<br />

Amerikanische Journalist Robert<br />

David Kaplan: „Im Iran können Sie<br />

eine Kamera auf eine Frau richten…<br />

und sie würde lächeln. Wenn Sie<br />

dasselbe in Pakistan machen, würde<br />

die Frau davon rennen und ein Mann<br />

einen Fels nach Ihnen werfen.”<br />

84


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Auch im Iran wird die Bevorzugung<br />

der Frau langfristig in ein Konkurrenzverhältnis<br />

zur staatlich eigentlich<br />

geförderten Familie treten. Schon<br />

macht man sich auch hier Gedanken,<br />

wie Familie und Beruf „unter einen<br />

Hut“ zu bringen seien und wie man<br />

„Erziehungsjahre“ auf Studium und<br />

Altersversorgung anrechnen kann,<br />

damit Geburt und Erziehung eines<br />

Kindes „keine verlorene Zeit“ sind.<br />

Mit Begriffen wie diesen hat die westliche<br />

Ideologie klammheimlich Einzug<br />

gehalten, nach der Kind und Familie<br />

im Arbeitsprozess nur noch Störfaktoren<br />

und lästiger Ballast sind.<br />

Aber halt – bestimmt sind wir nur auf<br />

eine Propagandaveranstaltung hereingefallen,<br />

bei der sich das „Regime“<br />

alle Mühe gegeben hat, „modern“ und<br />

„aufgeklärt“ zu erscheinen. Allerdings<br />

haben wir ja Ohren, um zu hören, und<br />

Augen, um zu sehen. Wo wir auch<br />

hinkommen, erscheint uns die Frau<br />

zumindest in den Städten keineswegs<br />

unterdrückt.<br />

Besonders deutlich wird das ein paar<br />

Tage später bei einer Führung durch<br />

die hochmoderne Nationalbibliothek<br />

des Iran. Die Computerarbeitsplätze<br />

sind hier nach Geschlecht getrennt.<br />

Und während die „Frauencomputer“<br />

bis auf den letzten Platz besetzt sind,<br />

tummeln sich bei den Männern nur<br />

drei oder vier verlorene Gestalten.<br />

80 bis 90 % der Bibliotheksbesucher<br />

sind Frauen, wobei man uns versichert,<br />

dass dies nur an der Tageszeit<br />

liege. Abends seien mehr Männer als<br />

Frauen da – was mich zu der Frage verleitet,<br />

wie viel Prozent der registrierten<br />

Benutzer denn nun Frauen seien: Die<br />

Antwort: „60 %“. Und das ist zufällig<br />

genau der Anteil der Frauen an den 3,8<br />

Millionen Studierenden im Iran.<br />

86


Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Interview<br />

SHIRIN EBADI<br />

die erste Richterin des Irans<br />

Shirin Ebadi war die erste Richterin<br />

des Iran, wurde aber 1979, einige<br />

Wochen nach dem Sieg der Revolution,<br />

gezwungen, das Amt aufzugeben<br />

und als Büroangestellte zu arbeiten.<br />

Später wurde sie Anwältin und konnte<br />

die Aktionen der Frauen gegen<br />

diskriminierende Gesetze unterstützen.<br />

Ebadi wurde im Jahr 2003 der<br />

Friedensnobelpreis für ihre besonderen<br />

Leistungen im Kampf um die<br />

Rechte der Frauen und Kinder verliehen.<br />

Sie lebt seit Ende 2009 im Exil in<br />

Großbritannien.<br />

» Die iranische Regierung<br />

fürchtet gebildete Frauen!<br />

Im Iran sind etwa 60% der<br />

Studierenden Frauen. Nun sollen<br />

sie aus bestimmten Fächern<br />

ausgeschlossen werden. Menschenrechtsverteidigerin<br />

Shirin<br />

Ebadi im Interview<br />

»<br />

ZEIT ONLINE: Frau Ebadi,<br />

Sie haben einen Brief an die Frauenorganisation<br />

der Vereinten Nationen<br />

geschrieben, um gegen den Ausschluss<br />

der Frauen aus bestimmten<br />

Studienfächern zu protestieren. Was ist<br />

die Kernaussage Ihres Briefes<br />

Shirin Ebadi: In dem Brief<br />

weise ich darauf hin, dass die Islamische<br />

Republik bedrohliche und diskriminierende<br />

politische Entscheidungen<br />

gegen Frauen trifft. Die Regierenden im<br />

Iran glauben, Frauen gehörten an den<br />

Herd und versuchen mit allen Mitteln,<br />

sie aus dem aktiven, gesellschaftlichen<br />

Leben zu verdrängen. Ihre neueste<br />

Maßnahme ist der Ausschluss<br />

der Frauen aus 77 Studienfächern.<br />

Das Wissenschafts- und Hochschul<br />

ministerium begründet diese Diskriminierung<br />

mit der Regulierung des<br />

Arbeitsmarktes. Es gäbe zu viele arbeitslose<br />

Akademiker in bestimmten<br />

Bereichen. Aber warum sollen für die<br />

Lösung dieses Problems nur Frauen<br />

Entbehrungen hinnehmen<br />

ZEIT ONLINE: Das Wissenschaftsministerium<br />

hat die Verantwortung<br />

für diese Maßnahmen von<br />

sich gewiesen und mitgeteilt, dass<br />

die Universitäten autonom gehandelt<br />

hätten.<br />

Shirin Ebadi: Das ist nicht<br />

wahr. Die 36 Hochschulen, von denen<br />

die Frauen verdrängt werden sollen,<br />

sind staatliche Universitäten, die dem<br />

Wissenschaftsministerium untergeordnet<br />

sind. Sie dürfen solche gewichtigen<br />

Entscheidungen nicht ohne die<br />

Zustimmung des Wissenschafts- und<br />

Hochschulministeriums beziehungsweise<br />

der Regierung treffen.<br />

ZEIT ONLINE: Die Rektoren der betroffenen<br />

Universitäten haben un<br />

terschiedliche Gründe für den Ausschluss<br />

der Frauen genannt. Unter<br />

anderem wird gesagt, bestimmte Fächer<br />

seien „männlich“ und für Frauen<br />

nicht geeignet. Wie ist das Selbstverständnis<br />

iranischer Frauen Wollen<br />

sie beispielsweise überhaupt als Agraringenieurin<br />

arbeiten<br />

Shirin Ebadi: Iranische<br />

Frauen haben bewiesen, dass sie in<br />

allen Fächern mit ihren männlichen<br />

Kommilitonen nicht nur konkurrieren,<br />

sondern sie auch überholen<br />

können. In den letzten Jahren waren<br />

schätzungsweise mehr als 60%<br />

aller Studierenden Frauen. Das sind<br />

gebildete, aufgeklärte Frauen, die<br />

Diskriminierungen aufgrund ihres<br />

Geschlechts nicht mehr hinnehmen<br />

werden. Aus diesem Grund hat sich<br />

auch die feministische Bewegung im<br />

Iran enorm entwickelt.<br />

ZEIT ONLINE: Das heißt, die<br />

Akademikerinnen haben für den Aufschwung<br />

der feministischen Bewegung<br />

gesorgt<br />

88


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Shirin Ebadi: Die feministische<br />

Bewegung hat sich mit anderen Bewegungen,<br />

wie der Studenten- und Arbeiterbewegung,<br />

zusammengeschlossen<br />

und konnte so in allen Schichten der<br />

Gesellschaft Fuß fassen. Das macht<br />

dem Staat sowieso Angst. Die Regierung<br />

fürchtet aber besonders die gebildeten<br />

Frauen. Deshalb versucht sie mit<br />

verschiedenen Maßnahmen und Tricks,<br />

den Aufstieg der Frauen zu stoppen. Eine<br />

dieser Maßnahmen ist ihr Ausschluss<br />

von bestimmten universitären Fächern.<br />

ZEIT ONLINE: Werden diese<br />

Maßnahmen die Frauen zu Passivität<br />

zwingen<br />

Shirin Ebadi: Ja, die Zahl der<br />

gebildeten Frauen wird rapide abnehmen<br />

und viele werden gezwungen<br />

sein, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.<br />

Die Regierung glaubt,<br />

damit würde so eine große Zahl von<br />

ihren Gegnerinnen loswerden. Aber<br />

ich bin mir sicher, dass die Frauen<br />

sich vehement wehren werden.<br />

ZEIT ONLINE: Warum wehren<br />

sie sich nicht jetzt Es gibt keine<br />

sichtbaren Proteste.<br />

Shirin Ebadi: Die Regierung<br />

geht mit aller Gewalt gegen<br />

jede kritische Stimme vor. Jeder<br />

Protest wird mit Gefängnis und<br />

Folter beantwortet und somit ist<br />

an eine öffentliche Kritik nicht zu<br />

denken. Aber im Internet wird der<br />

Protest gegen diese neuen Maßnahmen<br />

des Staates sehr deutlich<br />

artikuliert.<br />

ZEIT ONLINE: Was erwarten<br />

Sie von den Vereinten Nationen<br />

Haben Sie die Hoffnung, dass die UN<br />

gegen den Ausschluss der iranischen<br />

Frauen aus bestimmten Studienfächern<br />

protestieren<br />

Shirin Ebadi: Da habe ich<br />

keine Illusionen. Ich weiß, dass die<br />

Macht und Möglichkeiten der Vereinten<br />

Nationen sehr begrenzt sind,<br />

wenn es darum geht, die Achtung von<br />

Frauenrechten durchzusetzen. Aber<br />

wir müssen die internationale Gemeinschaft<br />

darauf aufmerksam machen,<br />

was iranische Frauen durch den<br />

Ausschluss von den Universitäten erleiden<br />

werden. Die umfangreiche Akte<br />

an Menschenrechtsverletzungen der<br />

Islamischen Republik wird noch dicker.<br />

Ich bin mir sicher, dass die große<br />

Aufmerksamkeit eines Tages auch<br />

zu wirksamen Beschlüssen der Vereinten<br />

Nationen gegen das iranische<br />

Regime führen wird.


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Frauensport<br />

Frauen und Sport<br />

Die Weiblichkeit bleibt am Ball<br />

Frauen im Iran erfuhren nach der Revolution des Ayatollah<br />

Khomeini 1979 im öffentlichen Leben einen Statuswandel.<br />

Nachdem sie sich in gleicher Weise wie die<br />

Männer um die Revolution verdient gemacht hatten,<br />

sahen sie sich nun in einer gesellschaftlich und politisch<br />

problematischen Situation.<br />

Der Frauensport hat im Iran im Vergleich<br />

zu anderen islamischen Ländern<br />

eine lange Tradition. Heutzutage<br />

hat die Begeisterung da ihre Grenzen,<br />

wo sich der Sport nicht mit den geltenden<br />

islamischen Vorschriften in<br />

Einklang bringen lässt. Noch sind es<br />

auch nur bestimmte Sportarten, die<br />

Frauen ausüben dürfen, getrennt von<br />

den Männern. Es gibt Frauenorganisationen<br />

in 23 Sportarten und zwei<br />

sportwissenschaftliche Vereinigungen<br />

mit circa 290.000 Mitgliedern,<br />

von denen mehr als ein Viertel aus<br />

Teheran sind. Populär sind Aerobic,<br />

Volleyball, Schwimmen, Badminton<br />

und Schießen. Fitnessstudios boomen.<br />

Seit 1992 finden im Iran die Islamischen<br />

Frauenspiele statt, bei denen<br />

sich Musliminnen unbeobachtet<br />

von Männern und Medien in 16 bis 20<br />

Disziplinen messen. In einem fußballverrückten<br />

Land wie dem Iran macht<br />

auch dieser Sport vor den Frauen<br />

nicht halt. Laut Umfragen sind 60 Prozent<br />

aller Fußballfans weiblich.<br />

Einerseits propagierte Khomeini<br />

den Respekt gegenüber Frauen und<br />

ihr Recht auf politische und soziale<br />

Chancengleichheit, auf der anderen<br />

Seite wurden frauenbenachteiligende<br />

Regelungen getroffen hinsichtlich<br />

Polygamie, Scheidung, Sorgerecht für<br />

Kinder und Zeitehe sowie des Zwangs<br />

den Tschador, die persische Form des<br />

Schleiers, zu tragen.<br />

Viele städtische Frauen halten sich<br />

heute aber nicht mehr genau an die<br />

strengen Vorschriften. Sie ersetzen<br />

den klassischen schwarzen Tschador<br />

durch farbenfrohe Kopftücher oder tragen<br />

ihn nicht korrekt, indem sie die eine<br />

oder andere Haarlocke hervorschauen<br />

lassen. Sie schminken sich, schauen<br />

amerikanische oder europäische Fernsehsender,<br />

besuchen Internetcafés<br />

und treiben wieder Sport.<br />

90


Bis vor kurzem durften sie allerdings<br />

bei den Spielen der Männer in der<br />

Öffentlichkeit nicht zusehen, da das<br />

Anschauen von Sportlern in kurzen<br />

Hosen als unkeusch galt. Viele Frauen<br />

protestierten in der Vergangenheit<br />

gegen dieses Verbot, es kam zu<br />

Handgreiflichkeiten vor den Stadien<br />

und immer wieder versuchten Frauen,<br />

sich heimlich Zutritt zu verschaffen.<br />

Selbst zu spielen war und ist Frauen<br />

aber möglich, jedoch mit Kopftuch<br />

und weiter Kleidung und statt auf Rasen<br />

meist in Hallen, vor ausschließlich<br />

weiblichem Publikum. Fußball gibt den<br />

Frauen die Möglichkeit, aufgestauten<br />

Energien freien Lauf zu lassen.<br />

Öffentliche Frauenfußballspiele fanden<br />

seit der Revolution nicht statt,<br />

bis auf eine Ausnahme im April 2006,<br />

als die internationale Berliner Frauenmannschaft<br />

Al Derimsport in Teheran<br />

zu Gast war. Bei diesem Spiel war<br />

Männern oder Reportern der Zugang<br />

zum Stadion verboten. Dabei ist die<br />

iranische Frauennationalmannschaft<br />

sehr erfolgreich: Bei den westasiatischen<br />

Meisterschaften spielte sie sich<br />

bis ins Finale.


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte - Gesetzgebungen<br />

Erbrecht:<br />

Oft prangern westliche Medien das<br />

Erbrecht des Iran an, ohne die direkten<br />

Zusammenhänge zu nennen,<br />

wodurch der Eindruck einer Frauendiskriminierung<br />

verstärkt wird. In den<br />

Augen vieler Europäer und diverser<br />

Menschenrechtsaktivisten ist dies<br />

ein klarer Beweis für die Diskriminierung<br />

der Frau im Iran. Jedoch wurde<br />

diese Regel nicht etabliert, um<br />

Männer zu bereichern, sondern die<br />

Versorgung der Familien zu sichern.<br />

Denn nach islamischem Recht sind<br />

die Männer bzw. Söhne einer Familie<br />

Erbrecht<br />

Laut iranischem Erbrecht<br />

steht einer Tochter nur der<br />

halbe Anteil der<br />

Hinterlassenschaft eines<br />

Sohnes zur Verfügung.<br />

dazu verpflichtet, die Eltern und andere<br />

Familienmitglieder zu versorgen.<br />

Weiterhin wird dieses Vorgehen<br />

damit begründet, dass die Frau bei<br />

einer Heirat eine Aussteuer (Mitgift)<br />

erhält, die größtenteils vom Vater<br />

oder anderen männlichen Familienangehörigen<br />

auszuhändigen ist.<br />

Dennoch ist kritisch anzumerken,<br />

dass eine nicht verheiratete Frau, welche<br />

keine Aussteuer erhält, an dieser<br />

Stelle tatsächlich eine Benachteiligung<br />

erfährt. In kinderlosen Ehen erhält<br />

die Frau ein Viertel der Hinterlassenschaft<br />

des Mannes, während der<br />

Mann die Hälfte des Erbes seiner Frau<br />

erhält. Erneut wird das Gesetz mit der<br />

Pflicht des Mannes begründet, die<br />

gesamte Familie, inklusive der Eltern,<br />

versorgen zu müssen. Auch in diesem<br />

Bereich zeigt sich eine kontinuierliche<br />

Anpassung, die auf eine widerspruchsfreie<br />

Gleichberechtigung zielt.<br />

1Teil<br />

2Teile<br />

Bis zum 25. Januar 2009 durften Frauen<br />

lediglich mobile Hinterlassenschaften<br />

des Ehepartners erben, um das<br />

Eigentum einer Familie, bei einer erneuten<br />

Heirat, nicht auf die neuen Angehörigen<br />

übertragen zu können. Beispielweise<br />

Finanzen, Kraftfahrzeuge,<br />

Mobiliar usw. Dieses Gesetz wurde<br />

jüngst dahingehend angepasst, dass<br />

auch nicht mobile Hinterlassenschaften<br />

wie Ländereien, Häuser oder gar<br />

solch banale Dinge wie Bäume nach<br />

dem Erbrecht den Frauen zustehen.<br />

92


Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Gesetzgebungen<br />

Geschäftliche Transaktionen:<br />

Insbesondere bei geschäftlichen Transaktionen gilt, dass die Stimme<br />

der Frau nur halb so viel gilt, wie die eines Mannes. Verständlicherweise<br />

wird auch hier oft der Einspruch einer Frauendiskriminierung erhoben, die angeblich<br />

auf eine Begünstigung des männlichen Geschlechts zurückzuführen<br />

sei. Jedoch werden in diesem Fall stets zwei Frauenstimmen der Stimme eines<br />

Mannes gegenübergestellt.<br />

Wörtlich steht im Koran<br />

(2:282):<br />

„[...] Und ruft zwei unter euren<br />

Männern zu Zeugen auf; und<br />

wenn zwei Männer nicht (verfügbar)<br />

sind, dann einen Mann<br />

und zwei Frauen, die euch als<br />

Zeugen passend erscheinen,<br />

so daß, wenn eine der beiden<br />

irren sollte, die andere ihrem<br />

Gedächtnis zu Hilfe kommen<br />

kann [...]“<br />

93


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte - Mode<br />

Kleiderordnung<br />

Die Frau und der Kleiderzwang<br />

Laut Verfassung genießt „jedes Mitglied des Volkes, ungeachtet<br />

ob Frau oder Mann“ ohnehin gleichermaßen den Schutz<br />

des Gesetzes: „Der Staat ist verpflichtet, die Rechte der<br />

Frauen auf allen Ebenen unter Berücksichtigung der<br />

islamischen Prinzipien zu gewährleisten.“<br />

Zu den „islamischen Prinzipien“ gehört beispielsweise die Kleiderordnung.<br />

Offenbar hat sich die Gleichberechtigung auch hier<br />

längst in einen Trend zur Bevorzugung und Verherrlichung<br />

der Frau verwandelt. Ganz selbstverständlich ist das Geschlechtsmerkmal<br />

„weiblich“ auch im Iran zum Qualifikationsmerkmal<br />

geworden – in etwa wie ein zusätzlicher<br />

Doktorgrad, von dem Männer ausgeschlossen<br />

werden. Während der Iran von außen als stures<br />

und abgeschottetes System erscheint, hat<br />

die Globalisierung zumindest in Sachen<br />

„Frauenemanzipation“ einen Fuß in der<br />

Tür und hat sich das Land dem globalen<br />

Dogma, demzufolge die Frau zu verherrlichen<br />

und in die Berufswelt zu drängen<br />

ist, angeschlossen – was langfristig<br />

zwangsläufig zur Auflösung der islamischen<br />

Gesellschaft und der islamischen Prinzipien<br />

führen muss.<br />

Der Tschador ist das beste Beispiel. Da diese<br />

traditionelle Frauenkleidung kaum als Berufskleidung<br />

geeignet ist, tragen berufstätige Frauen<br />

wie Stewardessen oder Hotel-Hostessen nur<br />

noch einen Kurzmantel („Manto“) mit Hosen sowie<br />

eine Art Schal („Hidschab“) und eine Kopfbedeckung.<br />

Die Frau im Iran ist ein geknechtetes<br />

Wesen, das sich den ganzen Tag im heißen und<br />

94


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Mode<br />

unbequemen Tschador herumschleppen muss, haben<br />

uns Menschenrechtsorganisationen und Qualitätsmedien<br />

beigebracht. Und fast sieht es so aus, als müsste man<br />

schon allein zur Befreiung der Frau Krieg gegen den Iran<br />

führen. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus – beunruhigend<br />

anders<br />

Aber halt – bestimmt sind wir nur auf eine Propagandaveranstaltung<br />

hereingefallen, bei der sich das »Regime«<br />

alle Mühe gegeben hat, »modern« und »aufgeklärt« zu<br />

erscheinen. Allerdings haben wir ja Ohren, um zu hören,<br />

und Augen, um zu sehen. Wo wir auch hinkommen, erscheint<br />

uns die Frau – zumindest in den Städten – keineswegs<br />

unterdrückt. Besonders deutlich wird das ein<br />

paar Tage später bei einer Führung durch die hochmoderne<br />

Nationalbibliothek des Iran.<br />

Die Computerarbeitsplätze sind hier nach Geschlecht getrennt.<br />

Und während die »Frauencomputer« bis auf den<br />

letzten Platz besetzt sind, tummeln sich bei den Männern<br />

nur drei oder vier verlorene Gestalten. 80 bis 90<br />

Prozent der Bibliotheksbesucher sind Frauen, wobei<br />

man uns versichert, dass dies nur an der Tageszeit<br />

liege. Abends seien mehr Männer als Frauen da –<br />

was mich zu der Frage verleitet, wie viel Prozent<br />

der registrierten Benutzer denn nun Frauen seien:<br />

Die Antwort: »60 Prozent«. Und das ist zufällig<br />

genau der Anteil der Frauen an den 3,8<br />

Millionen Studierenden im Iran...<br />

95


Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />

Das islamische Gesetz<br />

erlaubt Vergeltung!<br />

»Auge um Auge<br />

Auge um Auge. Dies ist die Geschichte<br />

einer solchen Rache:<br />

Ein Mann hatte einer Frau Säure in<br />

die Augen geschüttet, weil sie seine<br />

Liebe verschmähte. Die Frau setzte<br />

vor Gericht durch, dass ihm dasselbe<br />

zugefügt werden darf. Ihre Mutter<br />

wird es tun.<br />

Vielleicht muss man, bevor man diese<br />

Geschichte liest, einen Moment<br />

an die eigenen Reflexe denken.<br />

Wenn wir von Kindermördern lesen,<br />

Vergewaltigern, Menschen, die andere<br />

entführen, in Keller einsperren,<br />

misshandeln ...<br />

»<br />

*Welche Strafe hat so ein Mensch<br />

verdient<br />

*Wie weit würden wir gehen, wenn<br />

wir könnten<br />

*Wenn es bei uns ein Gesetz gäbe, das<br />

Rache erlaubt, eine Rechtsprechung,<br />

die es zulässt, dass jemand spürt, was<br />

er andere hat spüren lassen<br />

*Wie weit würden wir gehen, wenn<br />

wir selbst das Opfer wären oder jemand,<br />

den wir lieben<br />

Shahin Bahrami will dem Mann,<br />

der ihrer Tochter Ameneh Säure ins<br />

Gesicht schüttete, weil sie ihn nicht<br />

heiraten wollte, die Augen verätzen.<br />

Sie darf das, sie ist Iranerin, und die<br />

islamischen Gesetze lassen es zu.<br />

Sie erzwingen die Vergeltung nicht –<br />

Ameneh Bahrami hätte auch eine Art<br />

Schadensersatzzahlung akzeptieren<br />

können, das Blutgeld. Aber das Gesetz<br />

macht die Rache möglich. Die<br />

Scharia sieht vor, dass man Gleiches<br />

mit Gleichem vergelten kann. Ameneh<br />

und ihre Mutter wollen die Rache,<br />

sie wollen die Augen des Täters.<br />

Dies ist ihre Geschichte. „Es gibt sie,<br />

diese kurzen Momente gleich nach<br />

dem Aufwachen, in denen Ameneh<br />

Bahrami denkt, dass alles gut ist.<br />

Diese ein, zwei Sekunden, in denen<br />

sie noch nicht versucht hat, ihre Augen<br />

aufzuschlagen.<br />

Ameneh wohnt wieder bei ihren Eltern,<br />

blind, wie sie ist. Die Eltern leben<br />

im Westen von Teheran in einer<br />

kleinen Wohnung, sie gehören zur<br />

unteren Mittelschicht.<br />

96


Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte<br />

»<br />

Irans Präsident Rohani<br />

lockert<br />

die KleiderordnunG<br />

»<br />

Die Sittenpolizei muss sich von<br />

jetzt an zurückhalten, wenn sich<br />

Frauen unverhüllt in der Öffentlichkeit<br />

zeigen.<br />

Der Enkelin von Revolutionsführer<br />

Chomeini geht das noch nicht weit<br />

genug. Irans Sittenpolizei darf künftig<br />

keine Frauen mehr auf der Straße verhaften,<br />

weil ihre Kleidung nicht den<br />

Vorschriften entspricht. Der Zwang,<br />

ein Kopftuch oder den traditionellen<br />

Tschador sowie einen weiten Mantel<br />

und lange Hosen zu tragen, war<br />

in den 34 Jahren des Bestehens der<br />

Islamischen Republik für viele Iranerinnen<br />

eines der größten Ärgernisse<br />

– das sie freilich selbst in den Zeiten<br />

härtester Repression mit Modetricks<br />

zu mildern wussten.<br />

Schon gleich nach der Wahl Rohanis<br />

im vergangenen Sommer waren die<br />

Sittenstreifen in ihrem Verhalten diskreter<br />

geworden. Auf die Frage, ob er<br />

die Art und Weise missbillige, mit der<br />

„unsere Frauen“ in der Öffentlichkeit zu<br />

sittsamer Kleidung gezwungen würden,<br />

hatte Rohani während der Kampagne<br />

geantwortet: „Sicher tue ich<br />

das. Sittsamkeit geht über das Tragen<br />

des Hedschabs (des islamischen Kopftuchs)<br />

hinaus. Die Art, wie die Wächter<br />

Keuschheit verstehen, weckt Widerspruch<br />

in unserer Gesellschaft. Es hat<br />

negative Ergebnisse, steht im Widerspruch<br />

zu den Lehren des Islam und ist<br />

verfassungswidrig.“<br />

Der Chef der iranischen Polizei, General<br />

Ismail Ahmadi-Moghaddam,<br />

bestätigte, wie Frauen sich kleideten,<br />

sei nicht mehr eine Angelegenheit der<br />

Gesetzesüberwachung. Die Regierung<br />

habe das Thema einem Ausschuss<br />

übertragen, der die Ziele und das mit<br />

ihrer Verwirklichung betraute Personal<br />

bestimmen solle. Zugleich beklagte<br />

der General, dass die Missbräuche der<br />

Sittlichkeitskampagne allein der Polizei<br />

angelastet worden seien. Tatsächlich<br />

seien 26 verschiedene Regierungsstellen<br />

mit dem Gaschte-Erschad-Projekt<br />

befasst gewesen und hätten dafür ein<br />

Millionenbudget bezogen.<br />

Präsident Hassan Rohani hatte während<br />

seines Wahlkampfs versprochen,<br />

unter seiner Herrschaft würden Frauen<br />

„sicher vor Belästigung auf der Straße<br />

und kämen in den Genuss voller Sicherheit“.<br />

Jetzt ordnete der Präsident an,<br />

die „Patrouillen des Wohlverhaltens„<br />

(Gaschte Erschad) würden künftig dem<br />

Innenministerium unterstellt, was in der<br />

Praxis eine Lockerung des Verhüllungsgebots<br />

gleichkommen dürfte.


Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Kleidung<br />

Chancengleichheit und Gleichstellung<br />

Kleidung spielen keine Rolle im Leben der Mensche<br />

Von Mann und Frau definieren sich<br />

im Iran unter anderem darüber, was<br />

wer wie zu tragen hat. Da Kleidung<br />

keine Rolle im Leben der Menschen<br />

spielen soll, sondern nur ihre Seele,<br />

laufen täglich Sittenwächter durch<br />

die Straßen der Islamischen Republik<br />

Iran und kontrollieren, ob alles dem<br />

Gesetz entspricht. Natürlich nur, damit<br />

auch alle gleichberechtigt sind.<br />

„Heeey, geh nicht da hin, die Sittenpolizei<br />

ist dort!“ ruft die Frau aus<br />

dem Auto einem Mädchen zu. Diese<br />

bedankt sich kurz und dreht um.<br />

Jetzt muss sie ein oder zwei Gassen<br />

weiter gehen, um den Ershad, den<br />

Sittenwächtern auf der Straße, nicht<br />

in die Arme zu laufen. Solch eine Szene<br />

ist Alltag in Iran.<br />

Die Menschen, Männer wie Frauen,<br />

helfen einander, da fast alle schon<br />

einmal in Konflikt mit der Moralpolizei<br />

kamen und wissen, wie unangenehm<br />

und unabsehbar die Folgen sein können.<br />

Das Mädchen, welches gerade<br />

noch gewarnt wurde, trug ein langes<br />

Oberteil, das deutlich über ihren Hintern<br />

reichte. Dazu ein für Nord-Teheran<br />

typisches lockeres Kopftuch, bei<br />

welchem die Haare trotz allem gut zu<br />

sehen waren.<br />

Ohne Zweifel hätte sie in einen der<br />

typischen kleinen Mini-Vans mit<br />

den verdunkelten Scheiben einsteigen<br />

müssen, um zum Beispiel ihrer<br />

Mutter Bescheid zu geben, dass<br />

sie „ordentliche“ Kleidung braucht.<br />

Wenn Mädchen oder Jungs das erste<br />

Mal aufgegriffen werden, müssen<br />

sie ein Formular unterschreiben und<br />

zusichern, dass sie sich nie wieder<br />

„unrechtmäßig“ in der Öffentlichkeit<br />

zeigen werden. Falls doch, drohen<br />

Geldstrafen oder Festsetzungen in<br />

einer Polizeizelle. Und genau diese<br />

Polizeiaufenthalte sind es, die IranerInnen<br />

Angst machen.<br />

Obwohl Iran kein rechtsfreier Raum<br />

ist, gilt die Regel, dass immer alles<br />

passieren kann, und jedes Problem<br />

kann sich schnell verschlimmern. Bei<br />

einem Polizeibesuch bedeutet dieses<br />

ungeschriebene Gesetz, dass es<br />

immer möglich ist, dass man die Polizeistation<br />

wegen eines kleinen Delikts<br />

betritt und sie, für andere „Verbrechen“<br />

bestraft, wieder verlässt.<br />

98


Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Kleidung<br />

Für Frauen ist der Sommer<br />

besonders schlimm:<br />

So pochen die Herzen der IranerInnen<br />

hektisch und nervös, wenn die<br />

grimmigen „Moralapolstel“ sie beäugen.<br />

Diese bekommen für jeden,<br />

den sie in die Polizeistation bringen,<br />

Geld. So wissen auch viele Iraner-<br />

Innen, dass es besonders gefährlich<br />

ist, an den Sittenwächtern vorbei<br />

zu gehen, wenn der Wagen fast voll<br />

ist und sie einfach nur noch schnell<br />

los wollen. Dann herrscht zunehmend<br />

Willkür. So ist es nicht ungewöhnlich,<br />

dass die Aufgegriffenen<br />

anfangen, mit den Ershad zu diskutieren,<br />

zu streiten oder sogar laut zu<br />

werden. Je mehr Aufmerksamkeit<br />

die Wächter auf sich ziehen, desto<br />

vorsichtiger werden sie. Daher trifft<br />

man sie weniger an Freitagen, an<br />

denen die Straßen besonders voll<br />

sind und sich schneller eine Gruppe<br />

bildet, die die streitenden IranerInnen<br />

lauthals unterstützt.<br />

Kleidung entsprechend<br />

dem Tag und der Route<br />

durch die Stadt<br />

Natürlich haben die Sittenwächter vor<br />

allem Mädchen und Frauen im Visier,<br />

doch auch für Männer gibt es Regeln.<br />

Diese werden allerdings weniger<br />

streng verfolgt, und so müssen Männer<br />

nicht unbedingt fürchten, herausgegriffen<br />

zu werden, wenn sie mit einem<br />

kurzen T-Shirt, welches die Ellenbogen<br />

„offenlegt“, an den Kontrolleuren vorbeigehen.<br />

Bei Hosen hingegen ist man<br />

da schon strenger. So sieht man praktisch<br />

keine Iraner, die eine kurze Hose<br />

tragen, obwohl laut Gesetz nur die Knie<br />

bedeckt sein müssten.<br />

Für die Frauen ist der Sommer besonders<br />

schlimm. Wie die Wespen<br />

strömen da die Ershad auf die Straßen<br />

und suchen nach Mädchen, deren<br />

Mäntel an den heißen Sommertagen<br />

zu kurz für das Gesetz sind. Die<br />

Knöchel müssen bedeckt sein, die<br />

Ärmel an die Handgelenke reichen,<br />

das Kopftuch die Ohren verdecken.<br />

Aber letztlich können sie auch für<br />

Nagellack, Schminke oder Schmuck<br />

Probleme bekommen. Iran nennt<br />

sich selbst den Staat, der die „Unterdrückten“<br />

befreit und ihnen eine<br />

Stimme gibt. Auf eine zynische Weise<br />

stimmt das sogar in diesem Fall. Die<br />

Sittenpolizei ermöglicht Männern und<br />

Frauen, die sich sonst vielleicht übergangen<br />

fühlen, auf einfache Art anderen<br />

gegenüber<br />

Macht auszuüben. Die „Unterdrückten“<br />

unterdrücken dann alle „anderen“<br />

Menschen. Das Prinzip ist nicht<br />

neu, sondern gewöhnlicher Ausdruck<br />

menschlicher Schwäche und aus vielen<br />

historischen und gegenwärtigen Beispielen<br />

bekannt. Interessant ist, dass<br />

trotz aller Willkür im iranischen System<br />

selbst die Sittenpolizei den Menschen<br />

gewollt oder ungewollt – ein<br />

gewisses Maß an Planungssicherheit<br />

gibt. Denn obwohl sie zwar theoretisch<br />

überall sein können, stehen die<br />

PolizistInnen meist an den gleichen,<br />

schon bekannten Ecken. So passen<br />

IranerInnen entsprechend dem Tag,<br />

dem Ziel und der Route durch die<br />

Stadt ihren Kleidungsstil an. Und da<br />

es dann gewisse „Hot Spots“ gibt,<br />

sind bei Frauen überziehbare Ärmel<br />

auch ein echter Renner geworden.<br />

Natürlich in Schwarz und ganz im<br />

Sinne der Gleichberechtigung.<br />

99


Schlusswort<br />

In eigener Sache<br />

Wie wir alle wissen, ist der Iran nicht<br />

als das frauenfreundlichste Land der<br />

Welt bekannt. Frauen werden im Iran<br />

auf verschiedenste Art und Weise<br />

diskriminiert, das geht bei der Kleiderordnung<br />

los, bei der Frauen viel<br />

restriktiveren Gesetzen zu gehorchen<br />

haben, über deren weitaus schlechteren<br />

Rechte etwa bei Ehescheidungen<br />

bis hin zu den Jobaussichten.<br />

Üblicherweise bleiben die Frauen zu<br />

Hause und kümmern sich um Haushalt<br />

und Kinder.<br />

möchte ich nicht tauschen, dann hat<br />

sie wahrscheinlich nicht so viel zu lachen.<br />

Aber die Frauen im Iran als Opfer<br />

zu beschreiben, nimmt diesen erstens<br />

die Würde und zweitens entspricht dies<br />

auch einfach nicht den Tatsachen.<br />

Ich habe mir viel Zeit genommen mit<br />

diesem Artikel, weil das ein ziemlich<br />

schwieriges und vor allem ziemlich<br />

komplexes Thema ist und es gibt<br />

viele verschiedene Wirklichkeiten, so<br />

wie es auch sehr verschiedene Menschen<br />

und Lebensumstände gibt.<br />

Jedenfalls wirken die Frauen gar<br />

nicht so unterdrückt, wie wir sie vielleicht<br />

gerne sehen wollen. Man sieht<br />

ständig auch Frauen unterm Tschador<br />

zufrieden lachen, Mädchenschulklassen<br />

ziehen kichernd durch die Straßen<br />

und die paar Frauen, deren Bekanntschaft<br />

ich machen durfte, wirkten allesamt<br />

sehr selbstbewusst, gebildet<br />

und wussten genau, was sie wollten.<br />

Es ist zwar Pflicht, ein Kopftuch zu<br />

tragen, der Tschador ist aber keine<br />

Pflicht. Die jenigen, die diesen tragen,<br />

und das ist grob geschätzt vielleicht<br />

die Hälfte der Frauen, tun dies<br />

freiwillig oder eben aus religiöser<br />

Überzeugung oder aus familiären<br />

Zwängen, zumindest ist es nicht<br />

staatlich vorgeschrieben. So richtig<br />

komplett verhüllt sind gerade ältere<br />

Frauen, und ich kenne niemanden,<br />

der deswegen jetzt an Herzdrücken<br />

sterben würde, weil er nicht alle Körperformen<br />

genau ersehen kann.<br />

Und es gibt durchaus, im Rahmen<br />

der bestehenden Kleiderordnung,<br />

die Möglichkeit, sich attraktiv zu kleiden.<br />

Da rutscht das Kopftuch weit<br />

nach hinten, da wird ein kurzer Rock<br />

oder ein Kleid über die Hose gezogen<br />

(eine Mode, die zumindest auch<br />

in Ostdeutschland, unter den etwas<br />

schüchterneren Frauen durchaus<br />

ebenso populär ist), Absatzschuhe<br />

sind auch mit Tschador kein Tabu<br />

und Lippenstift und andere Schminke<br />

sieht man in den Städten öfters.<br />

Und da Kleidung ja vor allem im Verhältnis<br />

zueinander funktioniert, kann<br />

man schon schnell sehen, wer sich die<br />

Das Bild, was die Welt so hat, ist geprägt<br />

von Frauen, komplett verhüllt im<br />

schwarzen Tschador, was im Sommer<br />

auf jeden Fall eine Quälerei ist. An den<br />

Bushaltestellen gibt es zwei Schlangen,<br />

beim Bäcker genauso, Frauen<br />

und Männer sitzen im Bus getrennt.<br />

Sieht aus wie Apartheid, nur gegen<br />

Frauen, statt gegen Schwarze. Wenn<br />

man als Frau im Iran mit dem falschen<br />

Mann verheiratet wird und der<br />

die Frau schlecht behandelt, dann<br />

100


Schlusswort<br />

Mühe macht, etwas schicker auszusehen<br />

als die anderen. Frauen fahren<br />

Autos, deren Autos scheinen auch die<br />

einzigen zu sein, die eine Bremse haben.<br />

Auch wenn die Öffentlichkeit der<br />

Männerbereich ist, nehmen Frauen<br />

am öffentlichen Leben teil, gehen einkaufen,<br />

arbeiten, treiben Sport usw.<br />

Ich habe Frauen im Internetcafé an<br />

den Einstellungen am Rechner spielen<br />

sehen, da wusste ich nicht mehr,<br />

was die da eigentlich machen.<br />

In der Schwimmhalle haben sie eigene<br />

Zeiten, es gibt Radrennen für<br />

Frauen und vor allem habe ich nicht<br />

schlecht geguckt, als da in Teheran<br />

vier Frauen mit Kletterseil und Rucksäcken<br />

aus den Bergen kamen. Es<br />

ist aber genauso üblich, dass die<br />

Frauen wie selbstverständlich zu<br />

Hause den Tee und das Essen servieren<br />

und der Ehemann auf dem<br />

Teppich rumliegt. Das ist im Iran so<br />

die Rollenverteilung und alle, Männer<br />

wie Frauen, wachsen mit diesem<br />

Rollenbild auf und es ist einfach<br />

selbstverständlich so.<br />

Das kann man nun gut finden oder<br />

auch nicht, aber am Ende steht ja<br />

immer noch die Frage, wer denn zu<br />

Hause tatsächlich die Hosen anhat<br />

(oder das Kopftuch auf), das macht<br />

sich ja nicht nur an der Hausarbeit<br />

fest. Generell finde ich eigentlich,<br />

dass Männer Frauen respektvoll gegenüber<br />

treten. Das bestätigen auch<br />

einige weibliche Traveller. Ich habe<br />

verschiedene alleinreisende Frauen<br />

getroffen und sie alle gefragt, wie sie<br />

denn klar kommen und ob es für sie<br />

schwierig sei, im Iran zu reisen.<br />

Einhellig haben alle gemeint, dass es<br />

gar kein Problem wäre, dass sie mit<br />

Männern wie Frauen gleichermaßen<br />

reden und dass sie eine unkomplizierte<br />

und gute Zeit hätten. Vielleicht ist<br />

das auch der Ausländerbonus, aber es<br />

stellt anscheinend kein Problem dar,<br />

auch als Frau alleine durch den Iran<br />

zu reisen. Ich habe sogar von einer<br />

alleinreisenden Radfahrerin gehört.<br />

Ich behaupte jetzt mal, trotz vielfacher<br />

gesetzlicher Diskriminierung,<br />

hat man als Frau im Iran durchaus<br />

Möglichkeiten, am gesellschaftlichen<br />

Leben teilzunehmen und ist nicht nur<br />

an Heim und Herd gebunden.<br />

Das habe ich in anderen islamischen<br />

Ländern, von Marokko bis Ägypten,<br />

bei denen bestimmte Vorschriften<br />

nicht wie hier im Gesetzbuch sehen,<br />

schon ganz anders erlebt, da sieht<br />

man teilweise gar keine Frauen auf den<br />

Straßen bzw. bei modernen Sportarten,<br />

bei der Arbeit in der Öffentlichkeit<br />

etc.im Iran ist lange nicht alles Friede,<br />

Freude, Eierkuchen und von Gleichberechtigung<br />

sind Frauen hier noch<br />

meilenweit entfernt. Aber es liegt, wie<br />

überall, auch an den Frauen, ob sie die<br />

Möglichkeiten nutzen oder nicht.<br />

Und mich würde überhaupt nicht<br />

wundern, sollte es hier irgendwann<br />

mal knallen, dass gerade Frauen in<br />

den ersten Reihen mitlaufen. Mit über<br />

50 % Frauen an den Universitäten,<br />

von denen dann der übergroße Teil zu<br />

Hause bleibt, das muss doch mächtig<br />

frustrieren, so nur zum Spaß studiert<br />

zu haben. Nahezu jede iranische Familie<br />

hat eine Satellitenschüssel, auch<br />

wenn diese offiziell verboten sind.<br />

Impressum:<br />

Redaktion & Grafik:<br />

Omid Ghafouri<br />

Layout – Gestaltung – Text:<br />

Omid Ghafouri<br />

Fotos:<br />

Omid Ghafouri und Quellen aus dem Web<br />

Herausgeber :<br />

<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong> GmbH Reisemagazin<br />

Erscheinungsweise<br />

Dieses Magazin ist ein Abschlussprojekt der<br />

Kunstschule Wandsbek Bremen GmbH und<br />

dient nur für den Zweck einer Präsentation.<br />

Der Inhalt ist fiktiv und wird nicht veröffentlicht.<br />

Anschrift:<br />

<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong> GmbH<br />

Bürgermeister-Smidt-Strasse 27<br />

28195 Bremen<br />

Geschäftsführung:<br />

Omid Ghafouri<br />

Mobil: +49 176 2586 4042<br />

Omid@Ghafouri-Design.com<br />

www.Ghafouri-Design.com<br />

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