Meine Heimat
A culture magazine for tourists.
A culture magazine for tourists.
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Ausgabe 1/2014 – märz 2014 – Deutschland – Preis 6,40€<br />
<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong><br />
DAs Kulturmagazin für Kunst, reise und Landschaft<br />
Iran<br />
Frauen und<br />
ihre Rechte<br />
Religion / Sprache / Kulinarik /Geschichte / Sehenswürdigkeiten
Die Deutsche Bahn<br />
lässt Sie nicht im Stich<br />
Reisen Sie mit dem ICE-Zug schnell<br />
und pünktlich ab nur 49€ pro Strecke.<br />
2
Editorial<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
ist man unterwegs in einem fremden Land oder einer<br />
unbekannten Stadt, ist es wichtig, gut informiert zu<br />
sein. Denn nur so kann der Urlaub halten, was man<br />
sich im Vorfeld von ihm versprochen hat.<br />
Der Iran mag kontrovers sein, aber er fasziniert und<br />
überrascht jeden Besucher: grüne Wälder, schneebedeckte<br />
Berge, die Weite des Kaspischen Meeres und<br />
schließlich endlose Wüsten. Auf einer Rundreise von<br />
Täbris über Teheran und Isfahan nach Schiras entdecken<br />
Sie sagenhafte kulturelle Schätze und kommen<br />
immer wieder in Kontakt mit der gastfreundlichen Bevölkerung.<br />
Hier tauchen Sie ein in eine Welt wie aus<br />
1001 Nacht. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht,<br />
Ihnen mit unserem vielfältigen Magazin einen Einblick<br />
in dieses wunderbare Land mit all seinen schillernden<br />
Facetten zu ermöglichen.<br />
Wir zeigen Ihnen die spannendsten Ecken und Sehenswürdigkeiten<br />
des Iran, wandeln mit Ihnen auf den<br />
Spuren der geheimnisvollen Kultur des Alten Persiens<br />
und lassen Sie mit interessanten Interviews hinter die<br />
iranischen Kulissen blicken. Lassen Sie sich einfach<br />
von der Schönheit dieses mystischen Landes mitreißen<br />
und genießen Sie die märchenhafte Reise durch<br />
unser Magazin.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen dabei!<br />
Omid Ghafouri<br />
Herausgeber<br />
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52<br />
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28<br />
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40<br />
4
INHALT<br />
Entrée 06-11<br />
Überblick / Allgemeine Iranische Regeln für Frauen 12-13<br />
Geschichte / Iranische Königreich bis Revolution 14-21<br />
Religion 22-26<br />
Kultur 28-29<br />
Sehenswürdigkeiten 30-37<br />
Architektur / Alt-, Neubau 38-41<br />
Sprache und Redewendungen 42-44<br />
Musik 46-47<br />
Kulinarik 48-51<br />
Natur 52-53<br />
Tradition 55-61<br />
Kunst 62-63<br />
Reserve 66-67<br />
Politik 68-71<br />
Frauen und ihre Rechte / Das Hauptthema 74-99<br />
Schlusswort 100-101
Entrée– Persischer Volk<br />
Die Perser<br />
Die Perser sind eine Ethnie im Großraum<br />
Vorder- und Zentralasiens.<br />
Das persische Volk wird durch den<br />
Gebrauch der persischen Sprache<br />
als seine Muttersprache definiert.<br />
Jedoch hat der Begriff Perser auch<br />
eine supra-ethnische Bedeutung<br />
und wurde historisch verwendet, um<br />
einen Teil des iranischen Volkes zu<br />
bezeichnen, das Teile des iranischen<br />
Hochlands bevölkerte.<br />
Um 500 v. Chr. begannen die antiken<br />
Perser von der Region Persis<br />
im Süden des Iran aus, inklusive der<br />
Provinz Fars, durch Eroberungen anderer<br />
Gruppen ihre Sprache und Kultur<br />
in weiteren Teilen des iranischen<br />
Hochlandes zu verbreiten. Dieser<br />
Prozess der Anpassung wurde durch<br />
die griechische, arabische, mongolische<br />
und türkische Invasion weitergeführt<br />
bis zur islamischen Zeit. Viele<br />
Dialekte und regionale Identitäten<br />
haben sich deshalb im Laufe der Zeit<br />
während einer persischen Orientierung<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts im<br />
Iran und in Afghanistan manifestiert.<br />
persische Volk bildete sich aus einer<br />
vielschichtigen Gruppierung heraus,<br />
die die persische Sprache als Haupterbe<br />
teilt. Diverse Populationen in<br />
Zentralasien, wie die der Hazaras, zeigen<br />
Spuren mongolischer Herkunft.<br />
Da Persisch die lingua franca des Iranischen<br />
Hochlandes war, wurde es<br />
von vielen Gruppierungen, inklusive<br />
türkischen und arabischen, als Zweitsprache<br />
gesprochen. Während die<br />
meisten Perser im Iran Anhänger der<br />
Schia wurden, blieben viele im Osten<br />
des Landes Sunniten, ausgenommen<br />
die Farsiwan und die meisten Hazaras.<br />
Kleine Gruppen von Persern gehören<br />
weiterhin den Bahai, dem Zoroastrismus,<br />
dem Christentum oder<br />
dem Judentum an.<br />
Ähnliche Entwicklungen waren auch<br />
im Osmanischen Reich, in Europa,<br />
im Kaukasus und in der arabischen<br />
Welt zu beobachten. Mit dem Zerfall<br />
des letzten Persischen Reiches, der<br />
Afschariden- und Kadscharen-Dynastie,<br />
wurden territoriale Gebiete im<br />
Kaukasus und in Zentralasien entweder<br />
unabhängig vom Iran oder dem<br />
Russischen Reich zugesprochen. Das<br />
6
Entrée – Das Land Iran<br />
Das Land „IRAN “<br />
Der Iran ist ein eher ungewöhnliches Reiseziel in Vorderasien.<br />
„IRAN“ bedeutet übersetzt „Land der Arier“!<br />
Der offizielle Name lautet Islamische Republik Iran.<br />
Das Land liegt in Südostasien, im<br />
sogenannten Nahen Osten und hat<br />
eine Fläche von 1.648.195 Quadratkilometern.<br />
Diese Angaben basieren<br />
auf die Volkszählung im Jahr 1390<br />
und hat eine Bevölkerungsdichte von<br />
etwa 76.091.000. Die größte Stadt<br />
und zugleich Hauptstadt des Iran ist<br />
Teheran.<br />
GRENZEN:<br />
Im Norden grenzen an den Iran die<br />
Länder Aserbaidschan, Armenien<br />
und Turkmenistan, im Osten Afghanistan<br />
und Pakistan, im Westen die<br />
Türkei und der Irak, außerdem im<br />
Norden das Kaspische Meer und im<br />
Süden der Persische Golf und das<br />
Oman Meer.<br />
Nicht nur die einzigartigen Landschaften<br />
machen den Iran zu einem<br />
durchaus lohnenswerten Urlaubsziel;<br />
viele der kulturellen Schätze sind zudem<br />
älter als der Islam selbst.<br />
Um in den Iran einzureisen, benötigen<br />
deutsche Staatsbürger ein Visum.<br />
Zur Beantragung dieses Visums ist<br />
ein gültiger Reisepass ebenso erforderlich<br />
wie ein aktuelles Lichtbild und<br />
eine Einladung aus dem Iran. Beabsichtigt<br />
man, religiöse Stätten im Iran<br />
zu besuchen, sollte man persönlich<br />
beim Generalkonsulat vorsprechen.<br />
Auch an die empfohlenen Impfungen<br />
sollte man vor einer Reise in den Iran<br />
denken. Hierzu zählen Impfungen gegen<br />
Tetanus, Masern und Diphtherie<br />
ebenso wie gegen Hepatitis A und B.<br />
Flagge:<br />
Die Flagge besteht aus drei gleich großen,<br />
horizontalen Streifen: oben grün,<br />
in der Mitte weiß und unten rot. Dabei<br />
symbolisiert grün den Islam, weiß<br />
Frieden und Freundschaft und rot Mut<br />
und vergossenes Blut im Krieg.<br />
Die Monate von April bis Juni sowie der<br />
September eignen sich für einen Urlaub<br />
im Iran am besten. Viele Reisende<br />
meiden den Iran während der Zeit des<br />
Ramadan und tatsächlich haben dann<br />
einige Geschäfte geschlossen.<br />
8
Entrée – Hauptstadt<br />
Teheran<br />
Die Metropole am Elbrurz gebirge<br />
Teheran ist Haupt- und größte Stadt der Islamischen<br />
Republik Iran. Sie liegt im Süden des Elburs-Gebirges,<br />
in einer von Erdbeben gefährdeten Zone im iranischen<br />
Hochland. In rund 70 km Entfernung erreicht man im<br />
Norden das Kaspische Meer. Mehr als 7 Mio. Menschen<br />
leben in der iranischen Metropole Teheran, und ganze 12<br />
Mio. sind es im weiteren Stadtgebiet.<br />
Das heutige Teheran, das größtes<br />
Industrie- und Handelszentrum des<br />
Iran, ist eine pulsierende Stadt am<br />
Fuße des Elburs-Gebirges, das sich<br />
nordöstlich von Teheran erhebt und<br />
den höchsten Berg des Nahen und<br />
Mittleren Ostens in seiner Umgebung<br />
besitzt, den Demawend (5.610 Meter).<br />
Ein unglaubliches Netz an Highways<br />
rückt die Stadt in die Nähe typischer<br />
asiatischer Metropolen. Zahlreiche<br />
Museen, Kunstzentren, Palast-Komplexe<br />
und Kulturzentren geben ihr<br />
zusätzliches kulturelles Leben. Die<br />
verschiedensten ethnischen Gruppen<br />
leben hier. Es sind u. a. Armenier,<br />
Kurden und Juden. Sie gaben<br />
und geben der Stadt einen teilweise<br />
multireligiösen Charme, der sich architektonisch<br />
in diversen Moscheen,<br />
Kirchen und sogar Synagogen widerspiegelt.<br />
So wurde Teheran auch<br />
„Stadt der 72 Nationen“ genannt.<br />
10
Der 45 Meter hohe Azadi–Turm<br />
steht auf dem Azadi Square, von<br />
dem 1978 die iranische Revolution<br />
ihren Ausgang nahm. 1971 wurde<br />
der Turm vollendet in Erinnerung an<br />
den 2.500sten Geburtstag des Persischen<br />
Reiches. Für den Entwurf<br />
des Turmes zeichnete sich Mohandes<br />
Hossein Amanat aus. Der Azadi<br />
Tower gilt heute als ein Wahrzeichen<br />
Teherans. Er kann mit einem Lift befahren<br />
werden, der Besucher zu einer<br />
Aussichtsplattform bringt, von der<br />
aus man einen herrlichen Blick über<br />
Teheran genießen kann.<br />
Entrée – Hauptstadt
Überblick – Allgemeine Iranische Regeln für Frauen<br />
Der Iran<br />
und seine Gesetze für Frauen<br />
Vorschriften:<br />
Der Iran verlangt die Einhaltung von<br />
Vorschriften wohl mehr als jedes andere<br />
Land, und das im wörtlichen<br />
Sinne. Denn das Verhalten ist gesetzlich<br />
vorgeschrieben und betrifft somit<br />
auch Ausländer. Wie Mann/Frau<br />
sich zu kleiden hat, wie der Kontakt<br />
bzw. eher Nicht-Kontakt zwischen<br />
Mann und Frau auszusehen hat oder<br />
wie öffentlich aufgetreten wird, dafür<br />
sind spezielle Regeln einzuhalten.<br />
Zu der Kleiderordnung für Frauen<br />
gehört z.B. das Tragen eines Kopftuchs,<br />
das Haar und Hals bedeckt, eines<br />
Mantels oder mindestens knielangen<br />
Kleides, möglichst in dunklen,<br />
nicht schmückenden Farben, natürlich<br />
langärmlig und nicht figurbetont.<br />
Männer kommen da mit dem Tragen<br />
von langen Hosen relativ glimpflich<br />
davon. Auch beim Auftreten in der Öffentlichkeit<br />
haben es die Männer leichter.<br />
Frauen müssen den Männern Respekt<br />
zollen und sich devot verhalten.<br />
Körperkontakt:<br />
Es wird viel dafür getan, dass es auch<br />
nicht dazu kommt. Im Bus ist der hintere<br />
Bereich für Frauen durch eine<br />
Querstange vom Bereich der Männer<br />
getrennt. Auch in der Metro gibt<br />
es extra Abteile für Frauen und sogar<br />
separate Taxis sieht man. Dies sind in<br />
der Hauptsache die Regeln, die man<br />
in irgendeiner Weise während seines<br />
Aufenthalts beachten sollte.<br />
Aber natürlich gibt es noch viele weitere<br />
Richtlinien, die das Zusammenleben<br />
zwischen Frau und Mann bzw.<br />
die Unterordnung der Frau und die<br />
Vorherrschaft der Männer regeln.<br />
Körperkontakt<br />
zwischen Mann und Frau<br />
in der Öffentlichkeit<br />
ist tabu.<br />
VERHALTEN:<br />
Frauen dürfen/sollen z. B. erst sprechen,<br />
wenn sie angesprochen wurden,<br />
zu langer und intensiver Augenkontakt<br />
kann als Anmache und sexuelle<br />
Aufforderung aufgefasst werden. Vor<br />
allem durch die Eroberung des amerikanischen<br />
und europäischen Fernsehens<br />
hat sich ein ziemlich „triebhaftes“<br />
Bild von westlichen Frauen verbreitet.<br />
Mahboobeh Golestani<br />
Studentin: Wirtschaft<br />
Provinz: Shiraz<br />
12
Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />
König und Königin<br />
Mohammad Reza Schah Pahlavi Arya Mehr<br />
(König der Könige)<br />
Kindheit und Jugend:<br />
Der König des Iran (1941–1979 ) wurde in Teheran am 26.Oktober 1919 als<br />
ältester Sohn von Reza Shah geboren. Er absolvierte seine Grundschule in<br />
der Schweiz, kehrte in den Iran im Jahr 1935 zurück und schrieb sich in einer<br />
Teheraner Militärschule ein, die er im Jahr 1938 abschloss. Mohammad Reza<br />
heiratete zweimal im Iran, im Jahr 1950 Soraya Esfandiari und 1959 Farah Diba.<br />
Amtseinsetzung:<br />
Am 25. August 1941 marschierten<br />
britische und sowjetische Truppen<br />
in den Iran ein und zwangen seinen<br />
Vater Reza Schah zur Abdankung.<br />
Mohammad Reza wurde am 17. September<br />
1941 als der zweite Schah<br />
der Pahlavi-Dynastie im Parlament<br />
(Madschles) vereidigt. Im Jahr 1959<br />
heiratete er in dritter Ehe Farah Diba,<br />
die ihm 1960 den Thronfolger Kyros<br />
Resa gebar.<br />
Reza Schah war im Gegensatz zu seinem<br />
Sohn davon überzeugt, dass der<br />
Klerus eines der Haupthindernisse<br />
auf dem Weg des Irans in die Moderne<br />
darstellte. Er traf daher Maßnahmen,<br />
die den Einfluss der Geistlichkeit<br />
minimierten. Am Ende kamen<br />
die iranischen Abgeordneten der<br />
britischen Besatzungsmacht zuvor<br />
und vereidigten Mohammad Reza<br />
als Schah, noch bevor die britischen<br />
Truppen in Teheran einmarschiert<br />
waren. Die Ablösung der Pahlavis<br />
durch einen Kadscharen wurde von<br />
den Briten auch in den 1950er Jahren<br />
während der Abadan-Krise in<br />
Betracht gezogen.<br />
Als problematisch erwies es sich<br />
dieses Mal, dass Hamid, der Sohn<br />
Mohammad Hassans, der ebenfalls<br />
als Thronprätendent in Frage kam,<br />
inzwischen den Nachnamen Drummond<br />
angenommen hatte, britischer<br />
Staatsbürger geworden war, in der<br />
britischen Handelsmarine diente und<br />
kein Wort Persisch sprach. Die wichtigste<br />
Änderung nach der Abdankung<br />
Reza Schahs betraf das Verhältnis<br />
der Monarchie zum Klerus.<br />
Er beschnitt ihr Einkommen durch<br />
die Abschaffung der geistlichen Gerichtsbarkeit<br />
und die Einführung eines<br />
säkularen Rechtssystems und<br />
er verringerte ihren kulturellen und<br />
gesellschaftlichen Einfluss durch die<br />
Einführung eines modernen, koedukativen<br />
Bildungssystems. Reza<br />
Pachlewi´s Ziel war es eine wiederbelebung<br />
und eine Stärkung der Armee<br />
und hatte bis zu letzt die größte Streitmacht<br />
in Mittleren-ost erschaffen.<br />
Seit mehr als 36 Jahren ist Mohammad<br />
Reza Pahlavi im Iran an der<br />
Macht. Für einen Grossteil der 37 Millionen<br />
Iranerinnen und Iraner ist der<br />
Schah die Verkörperung einer fast<br />
überirdischen Macht. Dem Schah<br />
ist es gelungen, den Iran von einem<br />
Entwicklungsland zu einem entscheidenden<br />
Machtfaktor im mittleren Osten<br />
zu machen. Doch Pahlavi ist umstritten:<br />
Im Land selber besteht eine<br />
tiefe Kluft zwischen einer reichen Elite,<br />
die in Prunk lebt, und einem Heer<br />
von Armen und Ärmsten in den Dörfern<br />
und den städtischen Slums. Gegen<br />
Kritiker und Oppositionelle geht<br />
der Schah mit harter Hand vor.<br />
Schon der Schah von Persien, Reza<br />
Pachlewi, lancierte in den 50ger Jahren<br />
ein Atomprogramm, das unter Revolutionsführer<br />
Chomeini nach der Revolution<br />
1979 dann aber ausgesetzt wurde.<br />
14
Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />
Die Krönung:<br />
Im Jahr 1967 krönte sich Mohammad Reza selbst als König der Könige<br />
(Kaiser des Iran) und seine Frau Farah Diba als Shahbanoo (Kaiserin).<br />
Die Krönung war von Festlichkeiten<br />
begleitet, die eine Woche andauerten.<br />
Die Bevölkerung, die in den<br />
Nachkriegsjahren hart gearbeitet<br />
hatte, um den Iran von einem Agrarstaat<br />
zu einem modernen Industriestaat<br />
zu machen, nahm regen Anteil<br />
an den Feierlichkeiten.<br />
durch einen kaiserlichen Kalender, der<br />
mit der Gründung des persischen Reiches<br />
mehr als 25 Jahrhunderte früher<br />
begann. Diese Aktionen wurden als antiislamisch<br />
angesehen und führten zu<br />
religiöser Opposition. Das Schah-Regime<br />
unterdrückte und marginalisierte<br />
dabei seine Gegner mit Hilfe der iranischen<br />
Sicherheits-und Nachrichtendienstorganisation<br />
SAVAK. Unter Berufung<br />
auf die Öleinnahmen, die Ende<br />
1973 stark erhöht waren, verfolgte der<br />
Schah sein Ziel der Entwicklung des<br />
Iran als eine mächtige regionale<br />
persische Monarchie:<br />
Der Schah sah sich als Erbe der Könige<br />
des alten Iran und veranstaltete<br />
1971 eine extravagante Feier 2.500<br />
Jahre persische Monarchie. Die 2500–<br />
Jahr–Feier der Iranischen Monarchie<br />
vom 12. bis zum 16. Oktober 1971<br />
bestand aus einer Reihe von Feierlichkeiten,<br />
um an das Todesjahr des<br />
Gründers des Altpersischen Reichs<br />
Kyros II. vor 2500 Jahren zu erinnern.<br />
Ziel der Propagandaveranstaltung<br />
war es, durch Rückbeziehung auf<br />
den ersten „Schah“ und die Geschichte<br />
des Iran, sowie eine Leistungsschau<br />
der „Erfolge“ des amtierenden<br />
Schahs Mohammad Reza<br />
Pahlavi und seines Vaters Reza<br />
Schah Pahlavi das internationale Ansehen<br />
und Legitimation als persische<br />
Herrscher zu stärken.<br />
Die Veranstaltung geriet sehr schnell<br />
in die Kritik; wegen der enormen<br />
Kosten aber auch wegen des despotischen<br />
persischen Regimes: sowohl<br />
Stimmen in der amerikanischen<br />
Presse, als auch der spätere Revolutionsführer<br />
Ajatollah Chomeini sahen<br />
gerade darin die Kontinuität der<br />
iranischen Monarchien. Im Jahr 1976<br />
ersetzte er den islamischen Kalender<br />
16
Geschichte – Das alte iranische Königreich<br />
Macht. Bis Mitte der 1970er Jahre<br />
regierte der Schah inmitten weit verbreiteter<br />
Unzufriedenheit über die<br />
anhaltende Repressivität seines Regimes,<br />
sozioökonomische Verände<br />
rungen, die einige Klassen auf Kosten<br />
der anderen profitieren ließen, und<br />
die zunehmende Kluft zwischen der<br />
herrschenden Elite und der unzufriedenen<br />
Bevölkerung. Islamischen Führer,<br />
insbesondere der im Exil lebende<br />
Ayatollah Khomeini, waren in der<br />
Lage, diese Unzufriedenheit mit einer<br />
populistischen Ideologie verknüpfen<br />
und forderten den Sturz bunden an<br />
islamischen Prinzipien zu des Schahs.<br />
Zusammenbruch der Regierung:<br />
Mohammed Reza Pahlavi, der persische<br />
Monarch stellte vom 1941<br />
bis zum Sturz durch die Islamische<br />
Revolution von 1979 den Schah von<br />
Persien (Iran) und damit den letzten<br />
Herrscher auf dem Pfauenthron. Für<br />
fast vier Jahrzehnte konnte der Königssohn<br />
seine Herrschaft über das<br />
Reich am Golf behaupten. Dabei<br />
stützte sich Mohammed Resa auf ein<br />
autoritär-diktatorisches Regime, das<br />
trotz weltweiter Proteste die Unterstützung<br />
der USA und Westeuropas<br />
genoss, aber am 11. Februar 1979<br />
an der von ihm provozierten „islamischen<br />
Revolution“ zerbrach.<br />
Die Schah-Regierung brach nach<br />
zahlreichen Aufstände in den Jahren<br />
1978–1979 zusammen und es übernahm<br />
eine islamische Republik die<br />
Nachfolge seines Regimes. Bedrängt<br />
von Krebs im fortgeschrittenen Stadium,<br />
verließ der Schah den Iran im<br />
Januar 1979, um ein Leben im Exil zu<br />
beginnen. Er lebte in Mexiko, in Marokko,<br />
auf den Bahamas und in Ägypten,<br />
wo er seinem Krebsleiden erlag.<br />
17<br />
17
Geschichte – Die Revolution im Iran<br />
Revolution und Krieg<br />
unter Ajatollah Khomeini<br />
Islamische Republik im Iran:<br />
Als sich die Iraner im März 1979 zu<br />
98 Prozent für eine islamische Republik<br />
aussprachen, wussten nur<br />
wenige, was dies konkret bedeuten<br />
würde. Das Volk folgte seinem Führer<br />
Ajatollah Khomeini, der es soeben<br />
von der Diktatur des Schahs und<br />
seines Geheimdienstes erlöst hatte.<br />
„Ich stimme Ja für die Islamische<br />
Republik“, verkündete der greise<br />
Kleriker nun von Plakaten herab.<br />
Referendum:<br />
Seinem Beispiel zu folgen, war auch<br />
für die 60 Prozent Analphabeten unter<br />
den 21 Millionen Wahlberechtigten<br />
nicht schwer: Mit dem grünen<br />
Abschnitt des Wahlzettels stimmte<br />
man für den Islam; mit dem roten<br />
gegen Gott.Für Beobachter zeichnete<br />
sich indessen ab, dass mit dem<br />
Referendum (01. April 1979) eine<br />
Auseinandersetzung aufbrach, bei<br />
der sich die in ihrer Stoßrichtung<br />
gegen den Schah vereinten islamistischen,<br />
liberalen und marxistischen<br />
Kräfte nun gegeneinander kehrten.<br />
Herrschaft des Rechtsgelehrten:<br />
Als Studenten am 4. November die<br />
US-Botschaft in Teheran besetzten,<br />
trat Bazargan zurück. Khomeini aber<br />
nutzte die antiamerikanische Agitation<br />
der Geiselkrise, um den Einfluss<br />
der Demokraten auf die Ausarbeitung<br />
der Verfassung zu beschneiden.<br />
So konnte er sich im Dezember 1979<br />
bis 99 Prozent Zustimmung für eine<br />
Verfassung sichern, die ihm kraft<br />
der Doktrin der „Herrschaft des<br />
Rechtsgelehrten“ (velayat-e faqih)<br />
die überragende Machtstellung im<br />
Staat sicherte. Die ersten Jahre der<br />
Republik waren von Gewaltexzessen<br />
geprägt, mit denen nach den Liberalen<br />
auch militante islamo-marxistische<br />
Oppositionsgruppen ausgeschaltet<br />
wurden. Bis 1988 wurden<br />
Tausende Oppositionelle getötet. Im<br />
Zuge einer rigorosen Kulturrevolution<br />
wurde zugleich die Islamisierung<br />
des Justiz- und Bildungswesens<br />
sowie der Wirtschaft und Medien<br />
betrieben. Für die Bevölkerung vollzogen<br />
sich diese Entwicklungen im<br />
historischen Rahmen der so genannten<br />
„heiligen Verteidigung“ gegen<br />
den Irak, dessen Panzer am 22.<br />
September 1980 auf breiter Front in<br />
iranisches Territorium eindrangen.<br />
Ministerpräsident Bazargan:<br />
Insbesondere der von Khomeini zum<br />
Ministerpräsidenten berufene Mehdi Bazargan,<br />
der eine „Demokratisch-Islamische<br />
Republik“ forderte, musste im<br />
Oktober 1979 die Machtlosigkeit seiner<br />
Übergangsregierung eingestehen: „Das<br />
Sagen hat Khomeini, samt seines Revolutionsrats,<br />
den Komitees und seiner Beziehung<br />
zu den Massen.<br />
18
Geschichte – Die Revolution im Iran<br />
Ein Krieg begann, der Hunderttausenden<br />
das Leben kosten sollte, zumal<br />
der Iran ab 1982 selbst in die Offensive<br />
ging. Als Mythos opferbereiten<br />
Standhaltens gegen Aggressoren im<br />
solidarischen Glauben an die Revolution<br />
prägt die Verklärung des Krieges<br />
zum Bestandteil einer irano-schiitischen<br />
Heilsgeschichte noch heute<br />
Gesellschaftsmodell und Selbstverständnis<br />
der Islamischen Republik.<br />
Die „Erste Islamische Republik“<br />
Die ersten zehn Jahre des Systems<br />
standen ganz im Zeichen der charismatischen<br />
Herrschaft Khomeinis, der<br />
ab Herbst 1978 unbestrittener Führer<br />
und Integrationsfigur eines breiten,<br />
unterschiedliche politische Kräfte<br />
umfassenden Oppositionsbündnisses<br />
war. Diesem Bündnis gelang es<br />
schließlich, durch zumeist friedlichen<br />
Widerstand in Form von gewaltigen<br />
schen Machtkämpfe der ersten Jahre,<br />
entstand ein weltweit einzigartiges<br />
Hybridsystem, dessen Verfassung<br />
republikanisch-demokratische<br />
und theokratisch-autoritäre Elemente<br />
in sich vereinigte, wobei jedoch<br />
letztere eindeutig dominierten.<br />
Sie waren an der Ausarbeitung der<br />
Verfassung vom Dezember 1979<br />
beteiligt und hatten teilweise noch<br />
Insgesamt kann man festhalten, dass sich<br />
die Khomeini-Dekade der ersten Islamischen<br />
Republik durch zwei Charakteristika<br />
auszeichnete: Zunächst gab es eine dauerhafte<br />
Konsolidierung der revolutionären<br />
Strukturen und Institutionen, die das System<br />
so stabil machten, dass ihm selbst<br />
der Tod Khomeinis und die ihm vorausgegangene<br />
Krise um die Nachfolgeregelung<br />
nichts anhaben konnten.<br />
Zweitens entwickelte sich eine seit 1982<br />
erkennbare und ab 1988 immer deutlicher<br />
ausgeprägte Tendenz zur De-Radikalisierung<br />
der Innen- und Außenpolitik des<br />
Systems, die damit einherging, dass dem<br />
Systemerhalt und dem pragmatischen Nationalinteresse<br />
im Zweifelsfall stets Priorität<br />
vor ideologischem Dogmatismus eingeräumt<br />
wurde. Diese Tendenz sollte sich<br />
unbeschadet kurzer episodenhafter Rückfälle<br />
in radikale Aktionsmuster, wie etwa<br />
im Fall der Massenexekutionen von 1988<br />
und Khomeinis Rushdie-Fatwa im Februar<br />
1989, bis zum Zeitpunkt von Khomeinis<br />
Tod und darüber hinaus in der „Zweiten Republik“<br />
dauerhaft verstetigen.<br />
Massendemonstrationen und landesweiten<br />
Streiks das nationalistische<br />
und proamerikanische Regime<br />
der Pahlavi-Monarchie zu stürzen.<br />
Von 1979 bis 1982 durchlief das neu<br />
etablierte Revolutionsregime nicht<br />
nur eine Phase von heftigen inneren<br />
Turbulenzen und Machtkämpfen,<br />
sondern führte auch seit September<br />
1980 einen acht Jahre währenden<br />
Krieg gegen den Nachbarn Irak. Unter<br />
dem Eindruck der innenpoliti<br />
bis 1981 in Staat und Regierung beträchtlichen<br />
Einfluss. Zu ihren Symbolfiguren<br />
zählten unter anderem<br />
Mehdi Bazargan und Abolhasan<br />
Bani-Sadr. Bazargan, Führer der<br />
islamisch-liberalen Iranischen Freiheitsbewegung“,<br />
leitete ab Februar<br />
1979 auf Geheiß Khomeinis eine provisorische<br />
Revolutionsregierung aus<br />
moderaten Nationalisten und national-religiösen<br />
Technokraten.<br />
19
Religion – Islam<br />
Islam<br />
die Hauptreligion<br />
Prophet MOHAMMED:<br />
Mohammed, ca. 570 bis 8. Juni 632<br />
n. Chr., gilt im Islam als Prophet<br />
(nabi) und Gottesgesandter (rasūl<br />
Allāh), dem mit dem Koran das Wort<br />
Gottes (Allahs) offenbart wurde. Im<br />
Koran wird er als „das Siegel der<br />
Propheten“ bezeichnet. Dies wird<br />
so gedeutet, dass er der letzte aller<br />
Propheten war, die von Gott entsandt<br />
wurden.<br />
Der fromme Muslim ist verpflichtet,<br />
bei jeder Nennung Mohammeds die<br />
Eulogie Sallā Llāhu alaihi wa-sallam<br />
Gott segne ihn und schenke ihm<br />
Heil‘) hinzuzufügen. Diese Formel wird<br />
als Tasliya bezeichnet. Entsprechend<br />
der ihm beigemessenen Unfehlbarkeit<br />
(ʿIsma) hat die durch Hadithe überlieferte<br />
Prophet Mohammad<br />
Handlungsweise Mohammeds für Muslime<br />
verbindlichen Vorbildcharakter.<br />
Koran:<br />
Der Koran oder Qur‘an (Lesung, Rezitation,<br />
Vortrag) ist die Heilige Schrift<br />
des Islam, die gemäß dem Glauben<br />
der Muslime die wörtliche Offenbarung<br />
Gottes (arab. Allah) an den<br />
Propheten Mohammed enthält, vermittelt<br />
durch „Verbalinspiration“ des<br />
Engels Gabriel („Diktatverständnis“<br />
des Korans).<br />
Er ist in einer speziellen Reimprosa<br />
abgefasst, die auf Arabisch als sadschʿe<br />
bezeichnet wirdDer Koran besteht<br />
aus 114 Suren, diese bestehen<br />
wiederum aus einer unterschiedlichen<br />
Anzahl an Versen. Alle folgenden<br />
Koranzitate stammen aus der<br />
Übersetzung Rudi Parets. In der Erforschung<br />
des Lebens Mohammeds<br />
als Religionsgründer und historische<br />
Figur im 7. Jahrhundert betrachtet<br />
die Islamwissenschaft den Koran<br />
stets als grundlegende Quelle.<br />
Der islamischen Tradition zufolge,<br />
wurde der Koran von einigen Anhängern<br />
Mohammeds von Anfang<br />
an (ab ca. dem Jahre 610) schriftlich<br />
festgehalten, zunächst als Sammlungen<br />
loser Blätter, überwiegend auf<br />
Pergament, hergestellt aus tierischen<br />
Häuten. Diese Sammlungen nannte<br />
man maṣaḥif. Die wichtigste Quelle<br />
über Mohammeds Wirken als Prophet<br />
ist somit der Koran. Mohammed<br />
selbst wird im Offenbarungstext<br />
zu unterschiedlichen Anlässen<br />
viermal genannt.<br />
schiitischen:<br />
Die Iraner gehören der schiitischen<br />
Richtung innerhalb des Islam an. Anlass<br />
zur Abspaltung von der ursprünglichen<br />
Gemeinde war – nach Mohammeds<br />
Tod im Jahre 632 n. Chr. – die Frage<br />
nach der rechtmäßigen Stellvertretung,<br />
des Kalifats (Kalife= Stellvertreter).<br />
Muhammed hatte keinen männlichen<br />
Nachkommen hinterlassen und keine<br />
eindeutige Nachfolgeregelung getroffen.<br />
Die ersten Kalifen stammten aus<br />
dem unmittelbaren Freundeskreis des<br />
Propheten und fanden auf dem Wege<br />
des Konsensus Anerkennung. Dann<br />
entwickelten sich Rivalitäten, bei denen<br />
sich auf der einen Seite die Adelsfamilie<br />
der Omaiyaden durchsetzte und eine<br />
Kalifendynastie begründete. Auf der<br />
Gegenseite stand eine Partei, die die<br />
Prophet<br />
Mohammad<br />
Heilige GOTT<br />
3.Imam<br />
Hosein<br />
1.Imam<br />
Ali<br />
2.Imam<br />
Hasan<br />
Legitimität der ersten Wahlkalifen und die<br />
Ansprüche der Omaiyaden bestritt und<br />
die Meinung vertrat, dass von vornherein<br />
22
Religion – Islam<br />
nur Ali, der Vetter und Schwiegersohn<br />
des Propheten, und dessen Nachkommen<br />
als nächste Verwandte berechtigt<br />
wären, Kalifen zu sein, da in<br />
der Familie des Propheten ein göttliches<br />
Charisma wirke, das über die<br />
Nachkommen weitergereicht werde.<br />
Sunniten:<br />
Alis Anhängerschaft, die ( „schi‘at<br />
‚Ali“= Partei‘ Alis),“= Partei Alis), bald<br />
nur noch („schi‘at“ Schia) genannt,<br />
erkannte nach dem Tode Alis, der als<br />
vierter Kalif (656–661) dem Omaiyaden<br />
Mu‘awiya unterlag und ermordet<br />
wurde, die Omaiyaden-Kalifen der<br />
(„sunnitischen“ = rechtgeleiteten)<br />
Richtung nicht an und glaubte weiter<br />
an die Bestimmung der Nachkommen<br />
Alis als Nachfolger des Propheten.<br />
Dabei sah sie in den Nachkommen<br />
Alis nicht nur das jeweilige weltliche<br />
Oberhaupt – wie die Sunniten –, sondern<br />
auch den Träger der geistig-religiösen<br />
Führerschaft der muslimischen<br />
Gemeinde als (Imam = religiöser<br />
Vorsteher). Daher wurden die Anhänger<br />
Alis auch als Imamiten bezeichnet.<br />
Der Islam kam unter den Wahlkalifen‚<br />
Omar von (634-644) und‚ Osman von<br />
(644-656) nach Iran und verbreitete<br />
sich dort in der sunnitischen Richtung.<br />
Die Eroberer hatten zunächst kein<br />
Interesse an einer zwangsweisen Bekehrung,<br />
da die Nicht-Muslime zum<br />
Steuerzahlen verpflichtet waren und<br />
sie diese Finanzquelle nicht entbehren<br />
konnten. Der Finanzdruck der<br />
Steuern und die allgemeine soziale<br />
und kulturelle Schlechterstellung legte<br />
den Nicht-Muslimen jedoch den<br />
Übertritt nahe, zumal der traditionelle<br />
Glaube, der Zoroastrismus, erstarrt<br />
war und die sozial führende Schicht<br />
des vergangenen Sassanidenreiches<br />
sich aus Gründen der Besitzstandswahrung<br />
an die neuen Herren angelehnt<br />
und deren Glauben frühzeitig<br />
angenommen hatte.<br />
Die Islamisierung des Irans:<br />
Die Schlacht von Nihawand (642),<br />
in der die Sassaniden entscheidend<br />
geschlagen wurden und die die Überflutung<br />
des iranischen Hochlandes<br />
durch die muslimischen Araber vorbereitete,<br />
kann unter dem Gesichtspunkt<br />
der heute lebenden Generation<br />
Prophet<br />
Mohammad<br />
3.Imam<br />
Osman<br />
Heilige GOTT<br />
1.Imam<br />
Abubakr<br />
2.Imam<br />
Omar<br />
als das folgenschwerste Ereignis in<br />
der iranischen Geschichte bezeichnet<br />
werden: Es leitete die Islamisierung<br />
des Irans ein, brachte den Iranern eine<br />
neue – wenngleich für ihre Sprache<br />
wenig passende – Schrift und verknüpfte<br />
den Iran nicht nur in religiöser,<br />
sondern auch in kultureller Hinsicht –<br />
und hier in empfangender und gebender<br />
Weise – mit dem arabisch-muslimischen<br />
Herrschaftsbereich, der<br />
von Zentralasien und Indien bis nach<br />
Nordafrika und Spanien reichte. Die<br />
Islamisierung des Iran erfolgte dabei<br />
nicht schlagartig.<br />
Die einfache Bevölkerung folgte dann<br />
vielfach ihren Herren. Was zunächst<br />
Opportunismus war, wurde in den<br />
folgenden Generationen echtes Bekenntnis.<br />
Trotz der Islamisierung<br />
und der den Iranern gewährten Wirkungsmöglichkeiten<br />
im Abbaassiden-Reich<br />
sind ein defensives Verhältnis<br />
zur arabischen Herrenschicht<br />
und ein Verlangen nach nationaler<br />
Selbstbehauptung erhalten geblieben.<br />
Das hat dazu geführt, dass sich<br />
die Iraner der Schia, die ursprünglich<br />
eine arabische Bewegung war, zugewandt,<br />
sie mit iranischem Geistesgut<br />
durchsetzt und schließlich zu ihrer eigenen<br />
Sache gemacht haben.<br />
La Elaha El Allah, Moham Rasul Allah<br />
Es gibt nur einem Gott, den Muhammed<br />
seinem Prophet ist.<br />
23
Religion – Zarathustrismus<br />
Zoroastrismus „Ahura Mazda“<br />
alte persische Religion<br />
Der Zoroastrismus (auch genannt<br />
Zarathustrismus, Mazdaismus oder<br />
Parsismus) war die vorherrschende<br />
Religion in Persien, bevor die Araber<br />
dem Land den Islam brachten. Diese<br />
monotheistische Religion, die in<br />
ihren frühsten Ausprägungen auch<br />
den Dualismus beinhaltete, entstand<br />
im heutigen Iran etwa zwischen<br />
1800–600 v. Chr. Noch immer gibt es<br />
zwischen 120.000 und 150.000 Zoroastrier<br />
(bzw. Zarathustrier) oder auch<br />
Parsen, wie die indischen Anhänger<br />
genannt werden.<br />
Zu den bekanntesten Zoroastriern<br />
gehörten neben historischen Personen<br />
wie den beiden persischen<br />
Großkönigen Xerxes I. und Schapur<br />
I. (der Große) auch zeitgenössische<br />
Persönlichkeiten wie etwa Freddie<br />
Mercury (Frontmann der Rockband<br />
„Queen“) oder der gefeierte Dirigent<br />
Zubin Mehta.<br />
„Herr der Weisheit“ Ahura Mazda<br />
Zarathustras Lehre war ein monotheistisches<br />
Glaubensprinzip. Als<br />
„Herr der Weisheit“ galt Ahura Mazda.<br />
Zarathustra, wie er seit Nietzsche hier<br />
bekannt ist, wird in Persien Zardosht<br />
genannt. Die Wissenschaft vermutet<br />
sein Auftreten im 6. Jhd. v. Chr.<br />
Finsternis miteinander ringen. Die reine<br />
Lehre des Zardosht ist in der Sammlung<br />
„Avesta“ niedergelegt, von der leider<br />
nur ein ganz geringer Teil bis heute<br />
erhalten geblieben ist.<br />
Hinweise für die Gläubigen enthalten<br />
die „Zend-Schriften“, Jahrhunderte<br />
später geschriebene Kommentare<br />
zum „Avesta“. Die Verehrung des<br />
heiligen Feuers hat den Zardosht-Anhängern<br />
irrtümlich den Ruf der „Feueranbeter“<br />
eingetragen.<br />
Neben dem Feuer sind auch Wasser,<br />
Erde und Sonne heilig, darum<br />
konnten ihre Toten – denn der Tod gilt<br />
als unrein – keinem dieser heiligen<br />
Elemente anvertraut werden. Die Toten<br />
wurden in den sogenannten „Türmen<br />
des Schweigens“ ausgesetzt, wo<br />
die Leichen von den Geiern aus der<br />
Welt geschafft wurden. In den Jahrhunderten,<br />
die mit dem Achaemidenreich<br />
beginnen und mit der Eroberung<br />
durch die Araber enden, war der<br />
Glaube des Zardosht Staatsreligion.<br />
Gute Taten<br />
Priester hüteten die Heiligen<br />
Feuer in den Tempeln; das Feuer<br />
erschien den Gläubigen überhaupt<br />
als das reinste Element, das vorstellbar<br />
war. Reines Reden, reines Handeln<br />
und reines Denken, das waren<br />
die Hauptansichten dieser Religion<br />
des alten Persiens. Im heutigen Iran<br />
leben mindestens 25.000 Zoroastrismusanhänger,<br />
sie werden wie andere<br />
religiöse Minderheiten von der islamischen<br />
Regierung unterdrückt, wenn<br />
sie ihre Religion ausüben wollen.<br />
Kerman, Yazd und Teheran sind die<br />
Städte, wo die meisten Anhänger<br />
dieser alten persischen Religion leben.<br />
Sie werden als Träger des Geistesgutes<br />
von Persiens stolzer Vergangenheit<br />
betrachtet.<br />
Gute Gedanken<br />
Gute Wörter<br />
Zardosht entstammte einer fürstlichen<br />
Familie. Er verkündete ein rein dualistisches<br />
Weltprinzip, auf der einen Seite<br />
stehe der Lichtgott „Ahura Mazda“,<br />
auf der anderen der Böse „Ahriman“,<br />
die beide als Symbole von Licht und<br />
24
25<br />
Prophet Zartosht
Religion – Christen – Juden – Bahais<br />
Die religiösen Minderheiten<br />
CHRISTEN<br />
Christen lebten im Iran lange vor dem Einzug des Islam. Über 90 % der Christen<br />
im Iran gehören zu den traditionell christlichen Armeniern, welche zuerst<br />
in Jolfa – an der Nord-West-Grenze des Irans – sesshaft waren, dann übersiedelten<br />
sie in der Zeit von Shah Abbas I nach „Neu Jolfa“ in Esfahan. Es<br />
gibt aber auch kleine Gemeinden von Protestanten, Katholiken, Orthodoxen,<br />
Evangelisten und anderen. Kirchen gibt es in großen Städten des Irans, wie<br />
Orumiye‘, Tabriz, Teheran, Esfahan (besonders im Vorort von Jolfa), Shiraz<br />
und in der Provinz Azarbaayjan.<br />
JUDENTUM<br />
Juden gehören zu den ältesten Bewohnern des Iran und bereits unter den<br />
Elamiten partizipierten sie am gesellschaftlichen und höfischen Leben. Juden,<br />
Ägypter, Phönizier und Aramäer machten miteinander Geschäfte, heirateten<br />
untereinander und übten gegenseitig Toleranz aus. Im alten Persien<br />
war das Konzept des „Falschen Glaubens“ unbekannt. Jüdischen Chroniken<br />
beschreiben die parthische Periode im alten Persien als die beste ihrer<br />
Geschichte. Die islamischen Eroberungen beendeten diese lange Phase<br />
des multikulturellen Lebens und der Religionsfreiheit. Das Verhältnis heute<br />
zwischen dem Iran und Israel ist nicht freundschaftlich.<br />
Bahaitum<br />
Eine andere Religionsminderheit ist die 1844 im Iran gegründete Glaubensrichtung<br />
Ba‘hai. Bei der Konstitution von 1979 wurde diese Religion jedoch nicht<br />
anerkannt. Viele Ba‘hai-Anhänger haben das Land verlassen und sind ins Ausland<br />
emigriert. Das Bahaitum ist eine weltweit verbreitete Religion mit etwa<br />
fünf bis acht Millionen Anhängern, die sich auf die Lehren des Religionsstifters<br />
Baha‘ullah (1817–1892) berufen und nach ihm als Bahai bezeichnet werden.<br />
26
Kultur – Zivilisation<br />
Iran<br />
ein Land mit mehr als 2500 Jahre Zivilisation<br />
Über 2500 Jahre ist es her, dass Zivilisationen in den zentralen Ebenen des<br />
Iran Gestalt angenommen haben. Dabei gibt es nicht viele Informationen<br />
über diese Zivilisationen. Archäologen haben erste Funde an der alten<br />
Seidenstraße nahe der heutigen Provinz Kashan gefunden, die auf über 6.000<br />
Jahre datiert werden konnten.<br />
Kern der persischen Kultur:<br />
ist ihr geistiger Aspekt. Das wichtigste<br />
Merkmal der persischen Kultur ist<br />
das Bewusstsein, dass das Transzendente<br />
in jedem Aspekt des Lebens<br />
gegenwärtig ist, was sich nicht nur<br />
in sublimen Werken über Metaphysisches<br />
und Gotterkenntnis zeigt, sondern<br />
auch im alltäglichen Gespräch,<br />
bei dem unweigerlich auf Grundsätzliches<br />
Bezug genommen wird, auf<br />
Transzendentes, dessen Allgegenwart<br />
stets hervorgehoben wird.<br />
Im vorislamischen Persien war die der<br />
Avicenna (Ibn Sina) der lateinischen<br />
Welt-, der Persönlichkeiten wie Thomas<br />
von Aquin und Duns Scotus stark<br />
beeinflusste.<br />
Es gibt Kreise, auch wenn diese nicht<br />
sehr groß sind, in denen versucht<br />
wird, arabische Wörter aus der Alltagssprache<br />
zu verbannen und stattdessen<br />
nur noch persische zu benutzen.<br />
Dies ist aufgrund der hohen Zahl arabischer<br />
Wörter kein einfaches Unterfangen<br />
und führt teilweise zu allzu gekünstelt<br />
klingenden Neukonstruktionen. In den<br />
großen Städten haben längst „moderne“<br />
Errungenschaften Einzug gehalten,<br />
die die Alltagskultur prägen.<br />
Der Kyros-Zylinder wird oft<br />
auch als die<br />
„erste Menschenrechtscharta“<br />
bezeichnet.<br />
Die ältesten Quellen über Kyros sind<br />
in Keilschrift verfasst. Den Kyros-Zylinder<br />
und eine in Ur 1850 gefundene,<br />
vierzeilige Backsteininschrift ließ<br />
der Perserkönig selbst verfassen.<br />
Der Kyros-Zylinder:<br />
Der Kyros-Erlass oder das Kyros-Edikt<br />
enthält die Proklamation des achämenidischen<br />
(altpersischen) Königs Kyros<br />
des Großen, die er nach 538 v. Chr.<br />
auf einem Tonzylinder abfassen ließ,<br />
um aus seiner Sicht die Gründe des<br />
Sturzes des letzten neubabylonischen<br />
Königs Nabonid darzulegen. „Die Erziehung<br />
des Kyros“, das etwa 160 bis 180<br />
Jahre nach dem Kyros-Erlass entstand<br />
und zu den Formulierungen im Alten<br />
Testament Ähnlichkeiten aufweist.<br />
Als die Philosophie als selbständige<br />
Wissenschaft nach Ibn Ruschd<br />
oder Averroes (1126–1198) in der<br />
westislamischen Welt ausstarb, trugen<br />
hauptsächlich zwei Persönlichkeiten<br />
zu seiner Wiederbelebung in<br />
Persien bei: Sohrawardi, der Meister<br />
der Aufklärung (eschrdq), der das<br />
Erbe Zarathustras und Platos im Licht<br />
der islamischen Gnosis verband, und<br />
Khaadsche Nasir od-Din Tusi<br />
(1201–1274), der intellektuelle Riese<br />
der mongolischen Zeit, der Philosoph,<br />
Mathematiker und Theologe war.<br />
28
Kultur – Zivilisation<br />
Der Stolz auf die großen nationalen<br />
Poeten Hafez, Saadi und Ferdousi<br />
ist ungebrochen.<br />
Abulghasem Firdausi, geboren 940<br />
oder 941 in Baz, einem Dorf im Bezirk<br />
Tus (bei Maschhad), war ein persischer<br />
Dichter und einer der größten<br />
Epiker. Er ist der Autor des monumentalen,<br />
etwa 60.000 Verse umfassenden<br />
Schahname (Buch der Könige), des<br />
Nationalepos der persischsprachigen<br />
Welt, das zu einem kleinen Teil von<br />
dem Dichter Daghighi begonnen wurde.Eigen-<br />
und Vatersname Firdausis<br />
wurden unterschiedlich überliefert.<br />
Mit dem Schahname<br />
hat Firdausi<br />
das weltgrößte Epos<br />
eines Einzeldichters<br />
geschaffen.<br />
SPUREN IRANISCHER IDENTITÄT<br />
IN FIRDAUSIS SHAHNAMEH:<br />
Der als Motto gewählte Vers zeigt, dass<br />
sich Firdausi dreißig Jahre lang mit seinem<br />
Epos bemüht hat, um den Iranern<br />
ihre einstige Vergangenheit und kulturelle<br />
Identität vors Auge zu führen, Iranern<br />
also, die von Arabern abwertend<br />
als Ajam ( Araber ) bezeichnet wurden.<br />
basi ranj bordam dar in sal si<br />
Ajam zende kardam bedin parsi
Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Isfahan<br />
Isfahan<br />
auch genannt: „Die Hälfte der Welt“<br />
Die iranische Stadt Isfahan ist nach<br />
Teheran und Mashhad die drittgrößte<br />
Stadt der Islamischen Republik Iran.<br />
Die Hauptstadt der gleichnamigen<br />
Provinz ist der bei Touristen wohl beliebteste<br />
Ort des Landes.<br />
Allein der erste Anblick wird unvergesslich<br />
bleiben, wenn man auf<br />
dieses türkisfarbene, urbane Häusermeer<br />
inmitten der Wüste schaut<br />
und die Geschichte zurückverfolgt,<br />
die Isfahan als einstigen Sitz der<br />
bedeutendsten Herrscherdynastien<br />
ausweist. Diese Geschichte wurde<br />
ab dem Jahre 643 islamisch geprägt.<br />
Wer immer auf den Namen Isfahan<br />
stößt, wird schnell einen wichtigen<br />
Namen hören, der klanglich mit dem<br />
Isfahans zu verschmelzen scheint:<br />
Shah Abbas I. „der Große“. Er machte<br />
Isfahan 1598 zu seiner Hauptstadt<br />
und stattete die herrliche Stadt mit<br />
großen Straßen, beeindruckenden<br />
Gärten und einem königlichen Palast<br />
aus. Herz der Stadt ist der Naghsh-i<br />
Jahan Platz, der Imam-Platz.<br />
Er gilt als einer der größten Plätze der<br />
Welt und symbolisierte bzw. vergegenwärtigt<br />
dem erstaunten Besucher<br />
das einstige Machtzentrum der Saffawid-Dynastie.<br />
Von allen Seiten wird<br />
der Platz von großen Mauern und<br />
prächtigen Bauwerken umgeben. Im<br />
Süden steht die herrliche Imam-Moschee,<br />
im Osten die Sheikh Lotfollah<br />
Moschee, der Ali Qapu Palast im<br />
Westen und schließlich der Eingang<br />
zum Großen Bazaar im Norden.<br />
30
Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Isfahan<br />
Aber allein die Lage Isfahans ist beachtlich.<br />
Niemand wird den Anblick<br />
der kalt-blauen Fliesen an den religiösen<br />
Gebäuden und den Brücken der<br />
Stadt vergessen, wie sie sich vordem<br />
kontrastierenden Hintergrund der<br />
trockenen Landschaft abzeichnen.<br />
Der Zayandeh Rud, der idyllische<br />
Fluss der Stadt, teilt Isfahan in zwei<br />
fruchtbare Oasentäler, die über wunderschöne<br />
historische Arkadenbrücken<br />
miteinan der verbunden werden.<br />
Bestimmend für die Stadt sind<br />
die Paläste, die unzähligen Minarette<br />
der Moscheen, welche mit ihren<br />
blauen Kuppeln ihre Aufwartung machen.<br />
Unzählige Universitäten ziehen<br />
Tausende von Studenten in die<br />
Stadt und halten sie jung. Es kommt<br />
also nicht von ungefähr, dass Duke<br />
Ellington einen Song mit dem Titel<br />
Isfahan schrieb, dass Noah Gordon<br />
seinen Medicus durch die Straßen Isfahans<br />
laufen lässt und dass ein altes<br />
Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert<br />
besagte:<br />
„wer Isfahan gesehen hat, der habe<br />
die Hälfte der Welt gesehen“.<br />
Die 33er Brücke wurde von der UNESCO auf<br />
die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.<br />
33-Bogen-Brücke in Isfahan:<br />
Über 33 Bögen verfügt diese Brücke, die unter Shah Abbas dem Großen erbaut<br />
worden ist. Sie verbindet Isfahan mit dem ar menischen Viertel Jolfa.<br />
Mit ihren 295 Metern stellt sie die bei weitem längste Brücke Isfahans dar.<br />
31
Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Kashan – Perspolis<br />
Sehenswürdigkeiten<br />
berühmte Orte<br />
Kaschan:<br />
Kaschan liegt in der Provinz Isfahan am<br />
nördlichen Rand des Kuhrud-Gebirges<br />
am Rande der zentraliranischen Wüste<br />
– rund 190 km südlich von Teheran. Die<br />
Stadt verfügt über eine bedeutende<br />
Textilindustrie, hier befinden sich z.B.<br />
die meisten Teppichwebstühle des Iran.<br />
Kaschan hat etwa 276.000 Einwohner.<br />
Die Stadt gab den Kaschanteppichen<br />
ihren Namen. Des Weiteren ist Kaschan<br />
eines der Zentren der Produktion von<br />
Rosenwasser im Iran.<br />
Persepolis :<br />
Persepolis (auch Parsa) – die altpersische<br />
Residenzstadt wird auch<br />
Tacht-e Dschamschid genannt,<br />
Thron des Dschamschid, und ehrt<br />
damit einen früheren Herrscher dieses<br />
Namens. Sie fungierte einst als<br />
eine der stolzen Hauptstädte des antiken<br />
Perserreichs. Gegründet wurde<br />
diese „Stadt der Perser“ im Jahre<br />
520 v. Chr. vom berühmten Herrscher<br />
Dareios I. (522–485 v. Chr.), der damit<br />
einem Weltreich ein urbanes Zentrum<br />
setzte, das sich unter ihm von<br />
Ägypten bis Kleinasien und bis zum<br />
Indus zog. Heute sind viele Gebäude<br />
wieder ausgegraben und zu sehen.<br />
Vor allem für iranische Besucher ist<br />
die Palaststadt von einst ein wichtiger<br />
Identifikationsort.<br />
Persepolis, dieses wundervolle<br />
Glanzlicht altpersischer Macht,<br />
steht natürlich auch auf der Liste<br />
des UNESCO-Weltkulturerbes.<br />
32
Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten – Mashhad<br />
Maschhad:<br />
Maschhad ist zudem (nach Teheran)<br />
die zweitgrößte Stadt des Landes<br />
und ein Ort zahlreicher fantastischer<br />
Sehenswürdigkeiten. Die Stadt wurde<br />
um das Jahr 823 gegründet. Der<br />
Name (arabisch „Ort des Märtyrers“)<br />
entstand, weil dort das Grabmal des<br />
achten schiitischen Imams Ali ibn<br />
Musā ar-Rezā liegt, der dort der schiitischen<br />
Überlieferung zufolge auf<br />
Geheiß des Kalifen Al-Ma’mun vergiftet<br />
wurde. Davor war die Stadt ein<br />
eher unbedeutendes Dorf mit dem<br />
Namen Sanābād, das sich nach dem<br />
Tod des Imams zu einer wichtigen<br />
Wallfahrtsstätte entwickelte. Ein Heiligtum<br />
zu Ehren des Imams wurde errichtet,<br />
das heute eine der reichhaltigsten<br />
Sammlungen von Kunst- und<br />
Kulturgütern des Iran beherbergt.<br />
Verschiedene theologische Schulen<br />
des schiitischen Islam nahmen von<br />
hier ihren Anfang. Obwohl hauptsächlich<br />
von Moslems bewohnt, gab<br />
es in der Vergangenheit einige religiöse<br />
Minderheiten in Maschhad, hauptsächlich<br />
Juden, die im Jahr 1839 ge<br />
waltsam zum Islam bekehrt wurden.<br />
Sie wurden bekannt als Jadid<br />
al-Islam („Neulinge im Islam“). Äußerlich<br />
passten sie sich der islamischen<br />
Lebensweise an, bewahrten<br />
jedoch häufig heimlich ihren Glauben<br />
und ihre Traditionen. Die Stadt<br />
profitierte durch ihre Lage an der<br />
Seidenstraße. So war sie ein Handelspunkt<br />
auf dem Weg zwischen<br />
West und Ost. Die Verkehrsanbindung<br />
durch die Seidenstraße half<br />
der Stadtentwicklung und auch für<br />
Pilger attraktiv zu werden.<br />
33 33
Qom:<br />
Qom gehört zu den heiligen Städten<br />
der Schia. Die Stadt ist nicht nur<br />
wegen ihrer vielen Grabstätten persischer<br />
Könige, sondern insbesondere<br />
wegen der Gräber schiitischer<br />
Heilige einer der bedeutendsten Wall<br />
fahrtsorte des Iran. Die wohl größte<br />
Sehenswürdigkeit der Stadt ist die<br />
um 1600 entstandene Grabmoschee,<br />
welche den Schrein von Fāteme-ye<br />
Ma‘sūme enthält, der Schwester des<br />
8. Imam ‚Alī ar-Ridā.<br />
Hamedan:<br />
Die imposante und irgendwie sympathische<br />
Zitadelle des Karim Khan<br />
breitet sich im Zentrum von Shiras<br />
am Schohada-Platz aus und wurde<br />
im 18. Jahrhundert erbaut. Sie<br />
erstreckt sich auf einer Fläche von
4.000 qm und setzt sich aus vier hohen<br />
Mauern zusammen, die durch vier<br />
jeweils 14 Meter hohe Ecktürme unterbrochen<br />
werden. Das Eingangstor zeigt<br />
Fliesen, auf denen während der Kadscharenzeit<br />
mythische Geschichten<br />
abgebildet wurden.<br />
Fungierte die Zitadelle des Karim Khan zunächst<br />
als Regierungs- und Wohnpalast,<br />
wurde sie später als Gefängnis und Mausoleum<br />
genutzt. Heutige Besucher finden<br />
in ihr ein Museum, das von der Iranischen<br />
Kulturerbeorganisation unterhalten wird.<br />
Schiras:<br />
Schiras, die Hauptstadt der Provinz<br />
Fars, zählt mit ihren rund 1,3 Millionen<br />
Einwohnern zu den fünf größten Städten<br />
des Iran. Sie breitet sich ungefähr<br />
700 km südlich von Teheran und rund<br />
380 km südlich von Isfahan aus und<br />
liegt mitten im südlichen Zagrosgebirge.<br />
Wer nach Schiras reist oder eine<br />
Reise dahin plant, wird von Iranern<br />
immer wieder gerne zu hören bekommen,<br />
dass jeder die Art und Weise der<br />
Schirasi liebt – herzlich, etwas spinnert,<br />
ehrlich und positiv. Und ja, warum sollte<br />
man das nicht glauben, denn immerhin<br />
können sich die Einwohner der heutigen<br />
Hauptstadt der zentralen Südprovinz<br />
Fars entspannt zurücklehnen und einfach<br />
stolz darauf sein, dass ihr Schiras<br />
für 2000 Jahre das Herzland Persiens<br />
gewesen war. Das zu den fünf größten<br />
Städten des Iran gehörende Schiras<br />
ist im Laufe seiner Geschichte ein Synonym<br />
für Bildung, Nachtigallen und<br />
Wein geworden, und auch für Dichtkunst,<br />
lebten und wirkten hier doch die<br />
beiden Nationaldichter Hafis und Saadi,<br />
deren pittoreske Mausoleen zu veritablen<br />
Pilgerstätten geworden sind.
Sehenswürdigkeiten – Städte und Kulturstätten –Persepolis<br />
Persepolis<br />
„Weltkulturerbe“<br />
Die altpersische Residenzstadt<br />
Persepolis war eine der Hauptstädte<br />
des antiken Perserreichs unter den<br />
Achämeniden und wurde 520 v. Chr.<br />
von Dareios I. im Süden des heutigen<br />
Iran in der Region Persis gegründet.<br />
Der Name „Persepolis“ stammt aus<br />
dem Griechischen und bedeutet<br />
„Stadt der Perser“; der persische<br />
Name bezieht sich auf Dschamschid,<br />
einen König der Frühzeit.<br />
Als man die frühere Residenz Pasargad<br />
um 50 km hierher verlegte,<br />
wurde am Fuße des Berges Kuh-e<br />
Mehr, auch Kuh-e Rahmat (aus dem<br />
Arabischen) genannt, eine 15 Hektar<br />
große Terrasse angelegt. Über 14<br />
Gebäude wurden auf dieser Plattform<br />
unter Darius I und seinen Nachfolgern,<br />
u. a. Xerxes, Artaxerxes I.<br />
und Artaxerxes II., errichtet. Weitere<br />
Paläste wurden unmittelbar am Fuß<br />
der Terrasse ausgegraben.<br />
Die Palaststadt wurde 330 v. Chr.<br />
durch Alexander den Großen zerstört,<br />
aber ihre (teils wieder aufgebauten)<br />
Reste können auch heute<br />
noch besichtigt werden. Sie zählen<br />
zum Unesco-Weltkulturerbe und sind<br />
rund 60 km nordöstlich der Großstadt<br />
Schiraz auf der Hochebene<br />
von Marvdascht in der Provinz Fars<br />
(900 km südlich von Teheran) zu bewundern.<br />
In Schiraz sind die zwei<br />
berühmtesten Dichter Persiens in<br />
anmutigen Mausoleen am Stadtrand<br />
begraben: Hafis (1320 bis 1398) und<br />
Saadi (1184 bis 1282). Hafez, geboren<br />
1320 in Schiraz, ist der beliebteste<br />
der persischen Dichter. Wenn ein<br />
Buch der Poesie ist es, in einem persischen<br />
<strong>Heimat</strong> gefunden werden,<br />
ist es wahrscheinlich zu dem Diwan<br />
(Gedichtsammlung) von Hafez sein.<br />
Über das Privatleben von Hafez ist<br />
wenig bekannt.<br />
36
Vermutet wird, dass Hafez zumindest<br />
einmal verheiratet war und einen<br />
Sohn hatte, der als Kind starb.Überliefert<br />
ist, dass Hafez mit 60 Jahren<br />
mit seinem Freundeskreis eine 40-tägige<br />
meditative Nachtwache begann,<br />
an deren Ende er eine Art Bewusstseinserweiterung<br />
erlebte. Diese beschreibt<br />
er in seinem Diwan folgendermaßen:<br />
Jüngst in eines Morgens Dämmer<br />
ward ich meines Grams entbunden,<br />
Ließ man mir im nächt’gen Dunkel<br />
helles Lebenswasser munden<br />
In Europa ist Hafez vor allem durch<br />
den „Diwan“ bekannt, der selbst Goethe<br />
angeregt hat (West-östlicher<br />
Diwan, 1819). Viele seiner Linien geworden<br />
sprichwörtliche Redewendungen.<br />
Es gibt wenige, die nicht<br />
einige seiner Texte, ganz oder teilweise,<br />
auswendig rezitieren können.<br />
Er ist ein Dichter der Dichter. Sein Diwan<br />
ist weit verbreitet in Bibliotheken<br />
weltweit. Kein anderer persischer<br />
Dichter war Gegenstand von so vielen<br />
Analysen, Kommentaren und Interpretationen.<br />
war Gegenstand von<br />
so viel Analyse , Kommentar und Interpretation.
Architektur – Persische Architektur<br />
Persische Architektur<br />
Altbau<br />
Die persische Baukunst zeichnet<br />
sich durch Kontinuität aus. Einmal<br />
gefundene räumliche Konzepte werden<br />
über Jahrhunderte beibehalten<br />
bzw. langsam verändert und weiterentwickelt.<br />
Zu den wichtigsten<br />
Schöpfungen der persischen Baukunst<br />
gehören der Iwan, die Trompenkuppel<br />
sowie die Trompenkuppel<br />
auf vier Bögen, die zum ersten Mal<br />
bei sassanidischen Feuertempeln,<br />
sogenannten Tschahar Tâgh, auftauchte.<br />
Als Muqarnas (Mukarnas)<br />
wird ein Stilelement der islamischen<br />
Architektur bezeichnet.<br />
Es wird in der Regel als oberer Abschluss<br />
von Nischen verwendet oder<br />
in den Zwickeln beim Übergang zwischen<br />
einer viereckigen Basis und<br />
einer Kuppel. Muqarnas bestehen in<br />
der Regel aus einer großen Anzahl<br />
spitzbogenartiger Elemente, die inund<br />
übereinander gesetzt sind, um so<br />
einen Übergang zwischen der Nische<br />
und der Wand bzw. zwischen den<br />
Wänden und der Kuppel zu bilden.<br />
Komplexe, kunstvoll ausgebildete Muqarnas<br />
erinnern fast an Tropfsteinhöhlen<br />
und werden daher auch als Stalaktitendekoration<br />
bezeichnet.<br />
Sie kamen Mitte des 10. Jahrhunderts<br />
als Architekturelement auf und verbreiteten<br />
sich schnell im gesamten islamischen<br />
Herrschaftsgebiet von Spanien<br />
bis Zentralasien, gelegentlich sogar bis<br />
Indonesien. Die baulichen Zeugnisse<br />
aus der alten iranischen Geschichte<br />
stammen größtenteils aus der achämenidischen<br />
Zeit. Sie befinden sich in Susa<br />
und Estakhr (Istachr), vor allem aber in<br />
Persepolis; sie zeigen griechischen, assyrischen<br />
und babylonischen Einfluss.<br />
Ihre Erhaltung verdanken die Gebäude<br />
dem erstmaligen Gebrauch von behauenen<br />
Steinen. Unter den Parthern kam<br />
der Bau mit Ziegelsteinen steinen und<br />
Mörtel in Gebrauch; der hierdurch geprägte<br />
Baustil erreichte unter den Sassaniden<br />
seinen Höhepunkt.<br />
Die herausragende architektonische<br />
Leistung dieser Zeit ist die Entwicklung<br />
des Kuppelbaus, der später von<br />
den Römern übernommen wurde.<br />
Aus der Zeit der Sassaniden stammt<br />
auch der Aiwan, ein rechteckiger<br />
überwölbter Raum, der zum Charakteristikum<br />
iranischer Moscheebauten<br />
wurde und die islamische Architektur<br />
maßgeblich beeinflusste. Nach der<br />
arabisch-islamischen Eroberung erreichte<br />
die iranische Architektur neue<br />
Höhepunkte in seldschukischer und<br />
safawidischer Zeit.
Architektur – Persische Architektur<br />
Persische Architektur<br />
Neubau<br />
40
Sprache – Farsi<br />
Die Amtssprache im Iran<br />
Persisch ist andere Wort für Farsi<br />
Die persische Sprache ist eine plurizentrische Sprache in Zentral- und Südwestasien.<br />
Sie gehört zum iranischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie<br />
und ist Amtssprache in Iran, Afghanistan und Tadschikistan.<br />
Persisch ist die wichtigste indogermanische<br />
Sprache in West- und Zentralasien<br />
und wird von 60–70 Millionen<br />
Menschen als Muttersprache und von<br />
weiteren 50 Millionen als Zweitsprache<br />
gesprochen.<br />
Etwa 41 Millionen Muttersprachler<br />
leben im Iran, weitere 15 Millionen in<br />
Afghanistan und 15 Millionen in Zentralasien<br />
(vor allem in Tadschikistan<br />
und in Usbekistan) und auf dem Indischen<br />
Subkontinent. Daneben gibt<br />
es bedeutende persischsprachige<br />
Gemeinden im Irak und in den Golfstaaten<br />
(in Bahrain, den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten und in Kuwait).<br />
Weitere kleine Sprachinseln existieren<br />
unter anderem in Georgien, in<br />
Aserbaidschan und im Pamir-Gebirge.<br />
Aufgrund der hohen Zahl iranischer<br />
und afghanischer Auswanderer<br />
und Flüchtlinge haben sich besonders<br />
in den letzten Jahrzehnten auch<br />
in Europa und in den USA persischsprachige<br />
Gemeinden entwickelt.<br />
Traditionell wird diese Sprache in den<br />
europäischen Ländern als Persisch<br />
bezeichnet – benannt nach der alten<br />
persischen Kernprovinz Fars<br />
(Pars) im Süden des Iran. Der Eigenname<br />
der Sprache lautete in der<br />
Sassanidenzeit Pārsīk oder Pārsīg<br />
und seit der arabisch-islamischen Eroberung<br />
Persiens Fārsī da) die arabische<br />
Sprache den p-Laut nicht kennt<br />
bzw. der ursemitische p-Laut im<br />
Arabischen zu f wurde). Zudem kam<br />
für die neupersische Schriftsprache<br />
die Bezeichnung Farsi-e Dari – „die<br />
Sprache des königlichen Hofes“ –<br />
auf, von der die heute in Afghanistan,<br />
Pakistan und Indien gebräuchliche<br />
Kurzform Dari abgeleitet ist. Die<br />
neupersischen Dialekte Zentralasiens<br />
werden seit der Sowjet-Ära als<br />
„Tadschikische Sprache“ bezeichnet.<br />
Im Iran hat sich mit der Zeit der Teheraner<br />
Dialekt als im ganzen Land<br />
gesprochene Standardsprache (im<br />
Gegensatz zum offiziellen Schriftpersisch<br />
und den übrigen Dialekten)<br />
durchgesetzt.<br />
Das Neupersische entwickelte sich<br />
im Mittelalter zur bedeutendsten<br />
Gelehrten- und Literatursprache der<br />
östlichen islamischen Welt und hatte<br />
so großen Einfluss auf die benachbarten<br />
Turksprachen (auf die Osmanische<br />
und Tschagataische Sprache),<br />
Paschtu, Brahui sowie auf die Sprachen<br />
Nordindiens, insbesondere auf<br />
Urdu. Viele persische Wörter wurden<br />
auch in europäische Sprachen übernommen.<br />
Im Deutschen kennt man<br />
unter anderem die Wörter „Basar“<br />
(bazaar), „Scheck“, „Karawane“,<br />
„Pistazie“, Paradies (heute arabisierte<br />
Form Ferdous für Paradies;<br />
siehe auch Ferdows bzw. Firdausi)<br />
„Schach“, „Schal“ und „Magier“.<br />
Die persische Literatur gehört zu<br />
den bekanntesten und einflussreichsten<br />
der Welt und hat mit Dichtern<br />
wie Rumi, Omar Khayyam, Hafis,<br />
Saadi, Nezami, Dschami oder<br />
Ferdousi, die u. a. auch europäische<br />
Dichter wie Goethe beeinflusst haben,<br />
Weltruhm erlangt.<br />
Neupersisch entwickelte sich bis<br />
zum 9. Jahrhundert als internationale<br />
Standardsprache Zentral- und<br />
Südwestasiens. Das in hebräischer<br />
Schrift geschriebene Persisch-Jüdisch<br />
ist als frühestes Zeugnis der<br />
42
Sprache – Farsi<br />
In seiner Allgemeinheit ist das Neupersische eine<br />
Mischung der wichtigsten Sprachen des antiken Iran.<br />
neupersischen Sprache von besonderer<br />
Bedeutung. . Es besitzt neben<br />
parthischen und mittelpersischen<br />
Anteilen auch solche aus anderen iranischen<br />
Sprachen. Auch wenn die<br />
Sprache heute Persisch heißt, sind<br />
ihre Ursprünge nicht ausschließlich<br />
dem aus der Provinz Fars stammenden<br />
Alt- oder Mittelpersischen<br />
zuzuordnen. Da sich die Sprache<br />
in Zentralasien entwickelte, ist es<br />
wahrscheinlich, dass auch die ostiranischen<br />
Sprachen (Baktrisch,<br />
Sogdisch) diese Sprache erheblich<br />
beeinflusst haben.<br />
Die Anzahl parthischer und sogdischer<br />
Lehnwörter im modernen Neupersisch<br />
(die parthischen waren allerdings schon<br />
in mittelpersischer Zeit eingedrungen,<br />
und Parthisch ist eine nordwestiranische<br />
Sprache) ist beträchtlich, aber<br />
im Kernbereich ist die ursprüngliche<br />
persische (südwestiranische) Basis<br />
immer noch erkennbar. Neupersisch<br />
hat eine regelmäßigere und daher einfachere<br />
Grammatik als Mittelpersisch<br />
sowie ein einfaches Lautsystem und<br />
sehr viele arabische Lehnwörter. Viele<br />
altpersische Flexionen gingen verloren<br />
(z. B. die Kasusflexion), ebenso wie<br />
das grammatische Geschlecht. Solche<br />
Sprachvereinfachungen (insbesondere<br />
bei Flexionen) treten in<br />
vielen modernen europäischen Sprachen<br />
auf – z. B. im Englischen oder im<br />
Französischen.Das Standardwerk der<br />
neupersischen Sprache ist Dehkhodas<br />
Lexikon.<br />
Neupersisch ist heute die<br />
Kultur- und Amtssprache im<br />
Iran, in Afghanistan und in<br />
Tadschikistan und wird seit<br />
der Islamisierung Persiens in<br />
arabischer Schrift geschrieben.<br />
Um jene Laute wiedergeben zu können,<br />
die es im (mit dem Persischen nicht verwandten)<br />
Arabischen nicht gab, wurde<br />
das arabische Alphabet allerdings um<br />
vier zusätzliche Buchstaben erweitert,<br />
sodass das persische Alphabet insgesamt<br />
32 Buchstaben umfasst.<br />
alef<br />
be<br />
pe<br />
te<br />
ce<br />
djim<br />
tsche<br />
he<br />
khe<br />
dal<br />
zal<br />
re<br />
ze<br />
zje<br />
sin<br />
schin<br />
sat<br />
zat<br />
ta<br />
za<br />
eyn<br />
gheyn<br />
faf<br />
ghaf<br />
kaf<br />
gaf<br />
lam<br />
mim<br />
nun<br />
waw<br />
he<br />
ye<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
43<br />
43
persischen Redewendungen – Umgangsformen<br />
Die wichtigsten Umgangsformen<br />
Begriffe und ihr Gebrauch<br />
mobaarake:<br />
eine Glückwunschformel (etwa:<br />
Möge Segen bringen). Dieser Ausdruck<br />
hat aber in Verbindung mit anderen<br />
passenden Worten einen weiteren<br />
Gebrauchsbereich.<br />
Wenn man jemanden zum ersten Mal<br />
in einem neuen Anzug bzw. Kleid<br />
sieht, sagt man:<br />
lebaasse no mobaarake<br />
(lebaase no = neuer Anzug, neues<br />
Kleid).<br />
Bei der Geburt eines Kindes heißt es:<br />
Ghadame no’resside mobaarake<br />
(Möge der Neuangekommene Segen<br />
bringen) usw.<br />
tschaschme schomaa ro‘schan:<br />
(Mögen Ihre Augen<br />
erhellt sein) bedeutet etwa: Möge Ihr<br />
Herz froh sein.<br />
. Wenn jemand von einer Reise zurückgekehrt<br />
ist, beglückwünscht man<br />
seine Angehörigen damit. Ihm selber<br />
drückt man seine Freude wie folgt aus:<br />
tschaschme ma ro‘schan<br />
oder safar bi khatar<br />
heißt etwa: Ich hoffe, dass Sie eine<br />
gute Reise hinter sich haben.<br />
dast marizaad<br />
oder ey‘valla:<br />
ist ein Ausdruck, mit dem man eine<br />
Tat, Handlung oder Handfertigkeit<br />
bewundert.<br />
khodaa ghovvat:<br />
ist ein Gruß an Arbeiter bes. Bauarbeiter<br />
bei der Arbeit (Möge Gott Ihnen<br />
Kraft geben).<br />
tabrik arz mikonam:<br />
ist eine Glückwunschform anlässlich eines<br />
Festes oder eines Erfolges. Die Antwort<br />
auf alle diese Glückwünsche ist:<br />
moteschakkeram (Ich bedanke mich).<br />
daste schomaa dard nakone:<br />
(Mögen Ihre Hände<br />
nicht schmerzen) ist ebenfalls eine<br />
umgangssprachliche Danksagung,<br />
die besonders bei handwerklichen<br />
Dienstleistungen gebraucht wird;<br />
auch ironisch.<br />
khasste nabaaschid:<br />
(Seien Sie nicht müde) bedeutet etwa:<br />
Hoffentlich hat Sie das nicht sehr angestrengt.<br />
So sagt man zu einem,<br />
der eine mühsame Arbeit, eine große<br />
Anstrengung hinter sich gebracht<br />
hat – auch ironisch, wenn einer dabei<br />
keinen Erfolg erziel hat.<br />
be salaamati:<br />
zum Wohle, Prost (beim Trinken)<br />
be‘bakh‘schid:<br />
Entschuldigung, ist gleichzeitig auch<br />
eine Danksagung!<br />
AAfi‘at baasche:<br />
etwa Gesundheit (nach dem Nießen<br />
und nach dem Baden! und nach dem<br />
Baden!)<br />
khodaa nakarde:<br />
(Gott bewahre, schütze) wenn man<br />
von der Möglichkeit eines Leides, eines<br />
Unglücks oder Todesfalles spricht.<br />
tsche ajab:<br />
(welch ein Wunder) u. a., wenn einer<br />
nach langer Zeit zu Besuch kommt.<br />
ekhtiaar daarin:<br />
(Sie haben die Befugnis) ein sehr gebräuchlicher,<br />
verbreiteter Ausdruck;<br />
bedeutet etwa: Aber ich bitte Sie.<br />
baa ejaaze:<br />
(mit Ihrer Erlaubnis) heißt etwa: Darf<br />
ich Dies sagt man, indem man<br />
gleichzeitig das Beabsichtigte tut,<br />
ohne auf eine Antwort zu warten. Die<br />
Antwort darauf: khaahesh mikonam<br />
(Ich bitte).<br />
44
Musik – Traditionelle Musik<br />
Musik<br />
Alte Persische Musik<br />
Auf dem Gebiet der Musik und der Literatur hat die persische<br />
Kultur eine tiefe und vielfältige Tradition, die durch die Kulturen<br />
anderer Völker und Nationen bereichert worden ist.<br />
Die persische Musik ist die einzige<br />
noch bestehende Musiktradition,<br />
die mit dem heute verlorenen klassischen<br />
griechischen System, auf<br />
dem Pythagoras seine Philosophie<br />
aufbaute, verwandt ist. Die persische<br />
Musik geht auf die alte ägyptische<br />
Musik zurück, von der sie gewisse<br />
Instrumente übernommen hatte. In<br />
der sassanidischen Zeit konnte sich<br />
die Musik stark ausbreiten. Es wurden<br />
Systeme entwickelt, die nicht<br />
nur bis in die islamische Epoche bestanden,<br />
sondern wegen der Rolle<br />
der persischen Musiker am abbasidischen<br />
Hof in Bagdad auch die arabische<br />
Musik beeinflussten.<br />
(oboeähnliches Blasinstrument). Seit<br />
Ende des Zweiten Weltkrieges hat die<br />
westliche Musik in Form der leichten<br />
Unterhaltungsmusik starken Einfluss<br />
im Iran gewonnen.<br />
Die Hauptinstrumente sind „tar“ (ähnlich<br />
wie die Laute, mit sieben Saiten, unterteiltem<br />
Klangkörper und langem Hals),<br />
„se-taar“ (kleinere, archaische Form<br />
der taar, mit drei Saiten; auch „do-taar“<br />
mit zwei Saiten), „santur, (Hackbrett),<br />
„kamantsche“ (ein violinenähnliches<br />
Streichinstrument, das auf dem Boden<br />
steht), „dayire“ (Tamburin), „zarb“ oder<br />
„,donbak“ (mit den Fingern geschlagene<br />
Trommel) und „nay“ (Rohrflöte).<br />
Zu den volkstümlichen, bei den Stämmen<br />
beliebten Instrumenten gehören<br />
die „tabl“ (kleine, vor dem Bauch getragene,<br />
längliche und zweiseitig geschlagene<br />
Trommel) und die „Sorna“<br />
46
Kulinarik – Persische Küche<br />
Persische Küche<br />
Gesund und Vitaminreich<br />
Die iranische Küche ist sehr gesund und vitaminreich. Besonders berühmt<br />
ist sie für ihre phantasievollen und reichhaltigen Reisgerichte. Im Allgemeinen<br />
sind die meisten iranischen Speisen gesund und nahrhaft. Zwei Besonderheiten:<br />
Im Iran isst man mit Löffel und Gabel, das Messer gehört nicht zum<br />
traditionellen Gedeck. Auch ist es in manchen Gegenden noch Sitte, das Essen<br />
auf dem Teppich sitzend einzunehmen. Dabei platziert man die Speisen<br />
auf einer großen „Tischdecke“ (Sofreh).<br />
Wegen der stark angestiegenen Bevölkerung<br />
kann der Reiskonsum heute<br />
nicht mehr mit dem in den niederschlagsreichen<br />
Provinzen Gilan und<br />
Mazandaran am Kaspischen Meer<br />
angebauten und besonders wohlschmeckenden<br />
Reis gedeckt werden,<br />
so dass zunehmend Reis aus Südostasien<br />
importiert muss. Somit ist Reis<br />
auch weiterhin eines der Grundnahrungsmittel<br />
im Iran, zu dem jede/r iranische<br />
Koch/Köchin ein umfangreiches<br />
Rezeptangebot bereithält.<br />
Die persische Küche<br />
basiert vor allem auf Brot,<br />
Reis, frischen Gemüsen,<br />
Kräutern, Fleisch-Lamm,<br />
Schaf, Rind, Huhn und Fisch.<br />
Olivenöl, Zwiebeln, Safran und Salz<br />
eingelegte und auf dem Holzkohleofen<br />
gebratene Hähnchenstücke.<br />
Hauptgerichte:<br />
Alle Provinzen Irans haben ihre eigenen<br />
Spezialitäten. Aber das nationale Gericht<br />
ist Reis. Es gibt kaum ein Hauptgericht,<br />
das nicht auf Reis beruht oder<br />
zumindest mit Reis gegessen wird.<br />
Tschelo: Tschelo ist eine Art der<br />
Reiszubereitung, die meistens mit<br />
Safran garniert wird.<br />
Verschiedene KabAb sorten<br />
Kabab: Oberbegriff für gegrillte Speisen,<br />
vor allem Fleisch auf Spießen,<br />
das hauptsächlich auf Holzkohle zubereitet<br />
und in Verbindung mit Duftreis<br />
serviert wird.<br />
Kabābs werden im Iran meistens im<br />
Restaurant (den sog. Tschelo Kabāb<br />
oder auch Djujeh Kabāb) gegessen,<br />
da sie dort am besten (mit den entsprechend<br />
notwendigen Öfen) zubereitet<br />
werden können.<br />
Tschelo Kabāb (mit Kabab-e Barg):<br />
Iranisches Nationalgericht bestehend<br />
aus Kabāb (Rind-, Lamm- oder<br />
Kalbfleischfilet, das in einer Marinade<br />
aus Zwiebeln, Knoblauch, Joghurt,<br />
Limonensaft, Salz und Safran eingelegt<br />
und dann auf dem Holzkohleofen<br />
gegrillt wird) und Reis.<br />
Dschudsche Kabab (Hähnchenkabab):<br />
In einer Marinade aus Limonensaft,<br />
KHORESHT<br />
Khorescht: Fleischsoße – typisches<br />
persisches Gericht in verschiedenen<br />
Variationen, das mit lockerem Duftreis<br />
serviert wird. Von den Khoreschts<br />
gibt es viele verschiedene Variationen.<br />
Diese Art von Gericht wird meist<br />
zu Hause gekocht und ist in Restaurants<br />
eher selten zu finden. Außerhalb<br />
des Irans stehen Khoreschts jedoch<br />
oft auf den Speisekarten.<br />
48
Khoresht-e fesenjān, Walnuss-Granatapfelsaftsirup-Fleischsoße<br />
mit<br />
Duftreis.<br />
Khoresht-e fesenjān, Bestehend<br />
aus gemahlenen Walnüssen, Hühner-<br />
oder Lammfleischwürfeln, Granatapfelsirup<br />
und Gewürzen.<br />
Khorescht-e Ghorme-Sabsi, Eines<br />
der beliebtesten Khoreschts auf der<br />
Grundlage von roten Bohnen, diversen<br />
Kräutern und Fleischwürfeln.<br />
Beilagen<br />
Zu allen Speisen wird eine Beilage aus<br />
gemischten Kräutern (Sabzi) – meist<br />
Petersilie, Schnittlauch, Basilikum –<br />
und rohen Zwiebeln gereicht, die man<br />
selbst mit Öl, Zitronensaft und Knoblauch<br />
würzen kann. Im privaten Bereich<br />
verbreitet sind saure Einlegegemüse<br />
(torschi). Es gibt auch eine andere Beilage,<br />
die Mast-O-Khiar genannt wird<br />
(persisch: Joghurt und Gurke). Der<br />
Joghurt, der mit kleinstgeschnittener<br />
Gurke angereichert und mit frischer,<br />
gehackter Minze und Basilikum gewürzt<br />
wird, kann mit oder ohne Sultaninen<br />
gegessen werden. Schmeckt<br />
zu fast allen Hauptgerichten.<br />
Nachspeisen<br />
Als Nachspeisen werden gern herrlich<br />
zubereitete Eissorten gereicht,<br />
aber auch frisches Melonen- und Pfirsichkompott,<br />
Rhabarber- oder Quittensorbet<br />
oder generell Frischobst.<br />
Die jahreszeitlichen Früchte sind Pfirsiche,<br />
Kirschen, Erdbeeren, Weintauben,<br />
Apfelsinen und Gurken. In<br />
vielen Familien ist es üblich, dass<br />
die Gastgeberin die Früchte schält<br />
und dann serviert. Jede Stadt hat<br />
ihre eigenen Spezialitäten und eine<br />
reichhaltige Auswahl an Süßigkeiten.<br />
Insbesondere zu Festmahlen wie<br />
Noruz oder Hochzeiten und andere<br />
Gelegenheiten werden im Iran wunderbare<br />
Nachtische wie Baaghlawa<br />
(Baklava),Halwa (süßlicher Nachtisch),<br />
Kekse und Kuchen serviert. Getränke<br />
Zu den Hauptgerichten wird meist<br />
Wasser oder selbst hergestellter<br />
Obstsaft getrunken.<br />
Das Wasser ist in den Städten der<br />
Bergregionen trinkbar und steht<br />
reichlich zur Verfügung. Zum Frühstück<br />
oder zu der in Europa üblichen<br />
Kaffeezeit oder nach einem Essen<br />
wird Tee (Tschai) serviert. Zur heißen<br />
Sommerzeit trinkt man gerne Dugh,<br />
ein kühles, aus halbsaurem Joghurt<br />
und Wasser hergestelltes Getränk,<br />
mit Salz und Minze gewürzt.<br />
49
Kulinarik – Persische Küche<br />
Persisch<br />
Kochen & GenieSSen<br />
KHORESCHT FESSENJUN:<br />
11 Ente oder 1 Fasan oder 1 Huhn<br />
2 EL Öl<br />
1 große, gehackte Zwiebel<br />
200 g fein gemahlene Walnüsse<br />
1/4 TL Safran<br />
2 EL Granatapfelkonzentrat<br />
2 EL Zitronensaft<br />
2 TL Zucker<br />
2 TL gemahlener Zimt<br />
Zubereitung:<br />
Geflügel zusammen mit Zwiebeln in<br />
kleine Stücke zerteilen und bei starker<br />
Hitze goldbraun braten. Anschließend<br />
zerhackte Walnüsse dazugeben<br />
und unter ständigem Umrühren<br />
etwa 4 Minuten rösten. Nun flüssiges<br />
Granatapfelkonzentrat zum Gericht<br />
hinzufügen und bei mittlerer Hitze<br />
kochen lassen. Dazu wird persischer<br />
(Safran-)Reis serviert.<br />
KHORESCHT-E-GHORMEH-SABZI:<br />
500 g Hammelfleisch (Keule) oder<br />
Rindfleisch<br />
Salz, Pfeffer<br />
1 große Zwiebel<br />
1 kl. Tasse rote Bohnen<br />
100 g Petersilie<br />
100 g Porree-Art (tareh)<br />
100 g Bockshornklee (schanbalileh)<br />
2 EL Tomatenmark<br />
2–3 getrocknete Limonen (man kann<br />
auch Zitronensaft nehmen, wenn<br />
man keine Limonen findet)<br />
Anmerkung!<br />
Man benutzt zwar im Iran ausschließlich<br />
frische Kräuter, man kann<br />
aber auch getrocknete verwenden.<br />
Die Kräuter sind getrocknet in Persischen<br />
Geschäften erhältlich, oft<br />
als Fertigprodukt, oder man nimmt<br />
statt Tareh junge Porreestangen.<br />
Petersilie bekommt man wohl überall,<br />
es sollte aber glattblättrige sein.<br />
Bockshornklee ist auch bei uns<br />
schon verbreitet und in gut sortierten<br />
Bioläden erhältlich.<br />
Fleisch und Bohnen fast gar werden lassen.<br />
Die Kräuter putzen, waschen und<br />
abtropfen lassen. Alle Kräuter vorsichtig<br />
in einer Pfanne anbraten und zu Fleisch<br />
und Bohnen geben. Nochmals bei kleiner<br />
Flamme ca. 1/2 Std. garziehen lassen.<br />
Mit Zitronensaft säuerlich abschmecken.<br />
Hierzu reicht man neben Reis eine<br />
gevierteilte Zwiebel und Sabzi.<br />
Zubereitung:<br />
Fleisch in 3–4 cm große Stücke schneiden<br />
und mit den Zwiebelringen in einem<br />
Schmortopf anbraten. Mit heißem<br />
Wasser ablöschen (das Fleisch muss<br />
bedeckt sein), mit Salz, Pfeffer und Tomatenmark<br />
würzen. Die getrockneten<br />
Limonen hinzugeben (ersatzweise Zitronensaft),<br />
Bohnen verlesen, waschen<br />
(möglichst vorher einweichen!), zum<br />
Fleisch geben und über kleiner Flamme
Kulinarik – Persische Küche<br />
KHORESCHTE ALU:<br />
2 Zwiebeln<br />
1 Knoblauchzehe<br />
Huhn- oder Putenfleisch<br />
Salz, Pfeffer, Zimt<br />
½ Tasse Öl<br />
2 EL Zitronensaft<br />
2 Tassen Alu Bokhaaraai (getrocknete<br />
Mirabellen)<br />
Zubereitung:<br />
Zwiebeln schälen und kleinhacken,<br />
den Knoblauch pressen. Alles in<br />
Öl anbraten. Das Fleisch in Würfel<br />
schneiden, dazugeben und kurz mitbraten.<br />
Mit ca. 1 ½ Tassen Wasser<br />
ablöschen. Salz, Pfeffer, Safran dazugeben<br />
und abdecken. Auf kleiner<br />
Flamme ca. 30 min schmoren las<br />
sen. Immer wieder umrühren, damit<br />
nichts anbrennt. Dann zum Fleisch<br />
geben und Zitronensaft, Mirabellen<br />
und 2 TL Zucker hinzufügen. Mit einem<br />
Deckel zudecken und auf kleiner<br />
Flamme ca. 50 min ziehen lassen.<br />
51
Natur – Landschaft<br />
Grüne Natur im Iran<br />
ein Land mit vier Jahreszeiten<br />
Persiens klimatische und topografische<br />
Vielfalt ist erstaunlich. Auf wenigen<br />
Kilometern erfährt man jahreszeitliche<br />
Wechsel. Oft findet sich auf<br />
einer Seite der Bergkette Schnee und<br />
auf der anderen eine drückende Hitze.<br />
Zwischen der heißesten und der kältesten<br />
Gegend kann der Temperaturunterschied<br />
am gleichen Tag dreißig bis vierzig<br />
Grad Celsius betragen.<br />
Begrenzt ist der Iran im Norden und im<br />
Süden durch zwei Gewässer, das Kaspische<br />
Meer und den Persischen Golf.<br />
Er ist gekennzeichnet durch hohe Bergketten,<br />
die wie von Himmelshand<br />
auf endlose Wüsten gesetzt zu sein<br />
scheinen. Von den Bergen fließen<br />
die lebensspendenden Bäche, die ihr<br />
Wasser den Ebenen zuführen und grüne<br />
Oasen inmitten einer kargen und<br />
majestätischen Umgebung schaffen.<br />
Groß sind auch die Unterschiede in<br />
der Vegetation und der Landschaft<br />
zwischen den Küstenprovinzen am<br />
Kaspischen Meer und den trockenen<br />
Gegenden der Zentralwüste sowie<br />
zwischen den östlichen und den westlichen<br />
Provinzen, die beide charakteristische<br />
Elemente der persischen<br />
Kultur hervorgebracht haben. Doch<br />
diese Vielfalt mit oft ausgesprochen<br />
lokaler Prägung wird geeint durch<br />
den blauen Himmel und durch die<br />
Berge, Wüsten und Gewässer. Zusammen<br />
haben diese Elemente ein<br />
ausgewogenes ökologisches System<br />
geschaffen, das den natürlichen Hintergrund<br />
für eine der traditionsreichsten<br />
und dauerhaftesten Kulturen der<br />
Welt bildet.<br />
52
Tradition – Schabe Yalda<br />
Schabe Yalda<br />
DIe Längste Nacht des Jahres<br />
Schab (Nacht)-e-Yaldaa (Geburt)<br />
wird gefeiert, weil dies die längste<br />
Nacht (Ende Herbst und Anfang Winter;<br />
nach dem gregorianischen Kalender<br />
der 21. Dezember) ist und danach<br />
die Tage wieder länger werden.<br />
Die Helligkeit oder das Licht (hier der<br />
Tag) hat eine große Bedeutung in der<br />
altpersischen Religion Zarathustrismus<br />
und es wird bis spät in die Nacht<br />
gefeiert. Hierbei werden viele hausgemachte<br />
Knabbereien, viel Obst,<br />
wie z. B. Granatapfel, gegessen und<br />
insbesondere Wassermelonen, die<br />
lange Zeit speziell für diese Nacht<br />
aufbewahrt wurden. In alten Zeiten<br />
erzählte man Geschichten, heute<br />
wird getanzt und gelacht.<br />
55
Tradition – Tschahar Schanbeh Suri<br />
Tschahar Schanbeh Suri<br />
Feuerfest<br />
Tschahar Schanbeh Suri<br />
Auch das Tschar Schanbeh Suri gehört zu den wichtigsten Ritualen des Neujahrfestes.<br />
Am Dienstagabend (der Nacht vor dem letzten Mittwoch) wird das<br />
Feuerfest gefeiert. Dazu versammeln sich die Familien auf öffentlichen Plätzen<br />
und sammeln Feuerholz.Kurz vor bzw. nach Sonnenuntergang wird es auf<br />
einen Haufen geworfen und angezündet. Jedes Familienmitglied muss dann<br />
über das Feuer springen und dazu den Spruch aufsagen: „Sorkheeyeh to az<br />
man zardeeyeh man az to“, was soviel bedeutet wie „Sorkheeyeh to az man<br />
zardeeyeh man az to“, was soviel bedeutet wie: „Das Rot des Feuers ist<br />
meines, meine Blässe deines.“ Es ist die Bitte um den Tausch der eigenen<br />
Blässe, die für Krankheit und Böses steht, mit dem Rot des Lebens und der<br />
Kraft des Guten aus dem Feuer.
Tradition – Norooz<br />
Frühlingsanfang<br />
das iranische Neujahrsfest „Norooz“<br />
mit Ein traditionel gedeckter Tisch für Neu Jahr<br />
Das größte iranische Fest, genannt „Jaschne No‘ruz“, wird schon mehr als<br />
3.000 Jahre im Iran gefeiert und hat seinen Ursprung in der Antike und der<br />
altpersischen Religion Zarathustrismus. Sie soll den Triumph des Guten über<br />
das Böse symbolisieren. Diese Tradition wird bis ins Altertum zurückdatiert und<br />
ist auch heute noch in der iranischen Kultur von besonderer Wichtigkeit.<br />
Das neue Jahr beginnt im Iran am<br />
Frühlingsanfang. Das Neujahrsfest<br />
„Norooz“ ist ein Fest der Freude. Mit<br />
den Feierlichkeiten wird der helle und<br />
warme Frühling als Beginn des neuen<br />
Jahres willkommen geheißen, und<br />
die dunkle und kalte Jahreszeit wird<br />
mit dem alten Jahr verabschiedet.<br />
Zu den Vorbereitungen für das Neujahrsfest<br />
gehört allerorten ein eifriger<br />
Frühjahrsputz. Die Wohnungen<br />
werden festlich mit Frühlingsblumen<br />
geschmückt. Die Kinder werden neu<br />
eingekleidet und zeigen sich am Neujahrstag<br />
stolz in ihren neuen Kleidern.<br />
Norooz ist ein Familienfest. Aus nah<br />
und fern kommen Familienangehörige<br />
zusammen, um das neue Jahr gemeinsam<br />
zu begrüßen.<br />
Zur Norooz-Tradition gehört<br />
ein mit sieben Gaben<br />
gedeckter Tisch, das „Gedeck<br />
mit den sieben S“.<br />
Auffällig ist, dass alle Gaben mit dem<br />
selben persischen Buchstaben, Sien<br />
= S, mit Betonung wie „ß“,‘ beginnen:<br />
Sabzeh, Sieb, Sier, Serkeh,<br />
Senjed, Somaq und Samanu.<br />
Dazu gehören immer frisches Grün und<br />
Hyazinthen, die den Duft des Frühlings<br />
in die Häuser tragen.<br />
Der Zahl sieben sieben fällt seither<br />
eine heilige Bedeutung zu. Sie steht<br />
für die sieben engelhaften Herolde,<br />
Leben und Wiedergeburt, Freude,<br />
Gesundheit, Glückseligkeit, Liebe,<br />
Geduld und Alter. Mit dem Norooz-Fest<br />
feiern die Menschen im Iran<br />
nicht nur den Sieg des Lichts über<br />
die Finsternis, sondern auch den Triumph<br />
des Guten über das Böse, der<br />
Freiheit über die Unterdrückung.<br />
Das Fest wird genauestens nach<br />
dem Sonnenkalender errechnet und<br />
verschiebt sich daher jährlich. Das<br />
neue Jahr spiegelt die Harmonie der<br />
Menschen mit der Wiedergeburt der<br />
Natur wider und soll ein Neubeginn<br />
für alles Existentielle im Kosmos sein.<br />
So wie der Zoroatrismus als dualistische<br />
Religion, basieren auch die<br />
No‘ruz-Zeremonien auf zwei sich bedingenden<br />
Naturgegebenheiten, nämlich<br />
das Ende und die Wiedergeburt.<br />
Durch den Wandel der Zeit hat sich<br />
das Ritual der Feier zwar ein wenig<br />
modifiziert, doch ihren symbolischen<br />
Charakter hat es dennoch beibehalten.<br />
Im Folgenden soll nun ein kleiner Einblick<br />
in das traditionelle Neujahrsfest<br />
gegeben werden: Einige Wochen vor<br />
Beginn des neuen Jahres wird ein<br />
Großputz veranstaltet, bei dem auch die<br />
Wohnungen während der Feiertage umgestellt<br />
werden, um das neue Jahr nicht<br />
in alltäglicher Weise zu empfangen,<br />
sondern ihm somit einen besonderen<br />
Charakter zu verleihen. Überdies sollen<br />
auch die Seelen der Verstorbenen herzlich<br />
willkommen geheißen werden, die<br />
während des No‘ruzfestes ihre Hinterbliebenen<br />
in ihren Häusern besuchen.<br />
58
Sabzeh:<br />
Sabzeh sind aus Linsen oder Weizen<br />
gezogene Sprossen und Keime,<br />
deren frisches Grün gutes und<br />
neues Leben im neuen Jahr symbolisiert.<br />
Diese werden ca. 2 Wochen<br />
vor dem Beginn des Neujahres von<br />
Frauen eingelegt und symbolisieren<br />
auch die Fruchtbarkeit.<br />
Sieb (Apfel):<br />
Der Apfel steht für Gesundheit und<br />
Schönheit und soll auch im kommenden<br />
Jahr keines der beiden Eigenschaften<br />
missen lassen.<br />
Sier (Knoblauch):<br />
Diese Zutat wird benutzt, um schlechte<br />
Omen fernzuhalten, doch dies scheint<br />
eine moderne Erklärung zu sein. Anderen<br />
Kontexten ist zu entnehmen,<br />
dass sie eine medizinische Funktion<br />
hatte und als krankheitsminderndes<br />
Medikament zu deuten ist und somit<br />
auch für Gesundheit steht.<br />
Serkeh (Essig):<br />
Der Essig symbolisiert aufgrund seiner<br />
Herstellung und Haltbarkeit das<br />
Alter und die Geduld. Denn mit den<br />
Jahren und nur durch einen bedachten<br />
Verstand und ruhiges Gemüt erlangt<br />
der Mensch eine geistlich höhere<br />
Ebene. Früher wurde anstatt des<br />
Essigs Wein auf das Sofreh aufgetragen,<br />
da aber Alkohol im Islam tabu ist,<br />
wurde er durch Essig ersetzt.<br />
Senjed (Wildoliven):<br />
Senjed symbolisiert die Liebe. Wenn<br />
die Wildolive aufblüht, verbreitet sie<br />
Erzählungen nach einen Liebesduft,<br />
der die Sinne der Menschen, die<br />
sich dort befinden, betört.<br />
Somaq (Sumac – Beeren):<br />
Sie stehen für die Farbe des Sonnenaufgangs<br />
und sollen mit ihren<br />
Strahlen dem guten Prinzip dazu<br />
verhelfen, das Böse zu bezwingen.<br />
Samanu:<br />
Das Samanu ist eine süßliche Paste,<br />
die in langwieriger Zubereitung<br />
aus Weizen- oder Linsensprösslingen<br />
hergestellt wird. Dazu werden<br />
die Sprösslinge bis zu 40-mal aufgekocht.<br />
Sie sollen das Leben versüßen<br />
und Freude bringen.<br />
Abgesehen von den Haftseen,<br />
bereichern heut auch noch andere<br />
Sachen das Sofreh. Von besonderer<br />
Wichtigkeit ist ein ‚mahi talai’ (Goldfisch)<br />
der das wichtige Element Wasser<br />
auf dem Sofreh repräsentiert.<br />
Auch eine brennende Kerze darf<br />
nicht auf dem gedeckten Tisch fehlen,<br />
da sie eine sehr wichtige Symbolik<br />
im Zoroatrismus hat, die des<br />
heiligen Feuers.<br />
Mittlerweile legt man auch Geldstücke<br />
auf den Tisch, die zu Wohlstand<br />
und Reichtum führen sollen. Nach<br />
dem 13. Tag werden einige der Geldstücke<br />
an beliebige Personen verschenkt,<br />
denen man ebenfalls Wohlstand<br />
wünscht.<br />
59
Tradition – Sizdah<br />
– Sizdah<br />
be dar<br />
be dar<br />
Siezdah be dar<br />
13.01.Neujahr<br />
Siezdah be dar: Siezdah (13) oder<br />
Siezdeh be dar ist der dreizehnte Tag<br />
des Neujahres. An diesen Tag fahren<br />
die Familien zu einem Picknick ins<br />
Freie, essen und veranstalten Spiele.<br />
Absicht ist es, den dreizehnten Tag<br />
in einer glücklichen und entspannten<br />
Atmosphäre zu verabschieden. Am<br />
Ende des Picknicks wird der Sabzeh<br />
vom No‘ruz-Sofreh in fließendes<br />
Wasser geworfen.<br />
Das Sabzeh soll die Krankheiten, den<br />
Schmerz und die Trauer der Familie<br />
mitnehmen und sie somit davon befreien.<br />
Üblich ist es, vorab, je nach<br />
Wunsch, einen Knoten in ein Sabzehhalm<br />
zu machen, der dann für die Erfüllung<br />
eines Wunsches steht.<br />
13.01.<br />
Ledige Frauen, die Knoten in die Halme<br />
machen, äußern gleichzeitig ihren<br />
Wunsch, im nächsten Jahr gebunden<br />
zu werden. Am Siezdeh be dar bringt<br />
es Unglück, das Sabzeh eines anderen<br />
zu berühren, da dadurch Krankheit,<br />
Not und Schmerzen des anderen<br />
auf den Berührenden überspringen.
Kunst – Malerei<br />
Malerei<br />
Kunst und Malerei<br />
Die gegenständliche Malerei, die –<br />
nach literarischen Quellen – in der Sassanidenzeit<br />
in hoher Blüte stand, wurde<br />
nie ganz verdrängt: Die sassanidische<br />
Malschule hat bis in die Abbasidenzeit<br />
(9. Jahrhundert n. Chr.) fortgewirkt; sie<br />
wurde abgelöst durch die manichäische<br />
Buchmalerei, die mit den aus dem<br />
Iran verdrängten Manichäern ihren Weg<br />
nach Bagdad und dann nach Zentralasien<br />
fand.<br />
Aus ihm entwickelte sich – vermutlich<br />
im Iran – im 12. Jahrhundert der Miniaturstil<br />
der Buchmalerei, der in der<br />
mesopotamischen Schule des 13.<br />
Jahrhunderts seinen ersten Höhepunkt<br />
erlebte, nach der mongolischen<br />
Invasion (Zeit der Il-chane, 13./14.<br />
Jahrhundert) chinesische Einflüsse<br />
aufnahm und unter den Timuriden (15.<br />
und 16. Jahrhundert) sich zum eigentlich<br />
persischen Stil der Miniaturmalerei<br />
ausprägte.<br />
Wie in der schauspielerischen Darstellung,<br />
ist im Bereich der Schia das<br />
muslimische Bilderverbot nicht konsequent<br />
gehandhabt worden: In der<br />
Buchmalerei ist die menschliche Darstellung<br />
immer vertreten gewesen, allerdings<br />
überwiegend in einer entpersönlichten,<br />
dekorativen Form. In den<br />
folgenden J ahrhunderten ist die Miniaturmalerei<br />
ohne wesentliche neue<br />
Impulse weiter gepflegt worden. Sie<br />
ist auch heute noch in einer konventionalisierten<br />
Form lebendig. Ostad<br />
Mahmoud Farshchian ist der berühmteste<br />
Maler(Miniaturist) im Iran.<br />
62
Restaurant Shahr<br />
Unser Restaurant mit einer Kapazität von bis zu 160 Personen eignet<br />
sich sehr für Ihre Festlichkeiten, wie Hochzeits- und Geburtstagsfeiern,<br />
sowie Betriebsfeste. Ebenfalls bieten wir einen Cateringservice an.<br />
Falls Sie jemandem eine besondere Freude machen wollen, so schenken<br />
Sie ein Abendessen im RESTAURANT SHAHR.<br />
Gutscheine sind im Restaurant erhältlich.<br />
64<br />
Restaurant Shahr<br />
Mauritiussteinweg 53 50676 Köln<br />
Tel. 0221-9231666<br />
Mobile: 0163-apadana (2723262)<br />
Inhaber : Herr Taghi Gholami<br />
Öffnungszeiten: Mo.So. 11-24 Uhr
Reserve – Öl – Gas<br />
Öl<br />
Strategische Ölreserve<br />
Der Iran hat das viertgrößte<br />
Öl- und Gasvorkommen der Welt.<br />
Bei 2006 Produktionsraten würde<br />
Irans Ölreserven 98 Jahre dauern,<br />
wenn kein neues Öl gefunden wurde.<br />
Nach NIOC, Iran erzielbaren flüssigen<br />
Kohlenwasserstoffreserven Ende<br />
2006 auf 138,4 Milliarden Barrel.<br />
Indien. Mit China hat Teheran vergangenen<br />
Sommer ein Barter-Abkommen<br />
geschlossen – iranisches Öl im<br />
Tauschhandel gegen Industriegüter<br />
made in China –, aber das ist kaum<br />
ein ausbaufähiges Geschäftsmodell.<br />
Bergbau iM Iran:<br />
Der Bergbau spielt im Iran eine untergeordnete<br />
Rolle. Hauptmerkmal ist<br />
der Mineralabbau. Der Iran ist einer<br />
der wichtigsten Mineralproduzenten<br />
der Welt.<br />
wichtigsten Minen:<br />
Die wichtigsten Minen im Iran fördern<br />
Kohle, Steine und Erden, Sand<br />
und Kies, chemische Mineralien und<br />
Salz. Khorasan hat die meisten Minen<br />
im Iran. Andere große Ablagerungen,<br />
die meist unterentwickelt sind:<br />
Abgesehen von diesen erhebliche<br />
Reserven, von Anfang an der Ölindustrie<br />
im Iran im Jahr 1908 bis Ende<br />
2007 produzierte der Iran einige 61<br />
Milliarden Barrel Öl.<br />
Der Iran hat mehr als ein Jahrhundert<br />
Erfahrung in der Exploration und<br />
Produktion; die erste erfolgreiche Explorationsbohrung<br />
inszenierte Masjid<br />
Suleiman am 26. Mai. 1908. Seitdem<br />
sind, basierend auf den neuesten Ölund<br />
Gasberichten 145 Kohlenwasserstofffelder<br />
und 297 Öl -und Gasvorkommen<br />
im Iran entdeckt worden, mit<br />
vielen Feldern, die mehrere Gewinnzonen<br />
beinhalten. Insgesamt wurden<br />
102 Felder mit Öl und die restlichen<br />
43 mit Gas entdeckt, und es gibt 205<br />
Ölbehälter und 92 Erdgaslagerstätten.<br />
Ohne Ölexport geht im Iran<br />
so gut wie gar nichts:<br />
Das Erdöl macht 80 % des iranischen<br />
Exports aus, wichtigste Kunden sind<br />
bisher China, Japan, Südkorea und<br />
Zink (weltweit größte),<br />
Kupfer (weltweit neuntgrößte,<br />
Eisen (weltweit neuntgrößte),<br />
Uran (zehntgrößte weltweit) und<br />
Blei (weltweit elftgrößte).<br />
66
Der Iran hält mit rund<br />
1% der Weltbevölkerung<br />
mehr als<br />
7% der gesamten<br />
weltweiten<br />
Mineralreserven
Politik – Parlament<br />
Parlament<br />
Die frauenbezogenen Gesetze im<br />
Iran sind teilweise verwirrend, widersprüchlich<br />
oder für manch einer gar<br />
diskriminierend. Doch sie sind der<br />
Versuch, die kulturellen und religiösen<br />
Verpflichtungen der Iraner mit<br />
Gesetzen und Regeln zu versehen<br />
und in eine globalisierte Welt zu integrieren,<br />
ohne dabei die historisch<br />
gewachsenen Merkmale des Landes<br />
zu vernachlässigen. Ein sehr schwieriges<br />
Unterfangen.<br />
Das Ziel der iranischen Gesetze ist es<br />
nicht, ein Geschlecht zu bevorzugen,<br />
im Gegenteil, es ist das Produkt einer<br />
dynamischen Kultur und einer durch<br />
acht Jahre Krieg geprägten Entwicklung,<br />
die seit etwa 15 Jahre eine sehr<br />
positive Wende genommen hat und in<br />
Zukunft für Frauen eine ebenso wichtige<br />
Rolle vorsieht, wie jene der Männer.<br />
Kultur geworden. Gleichzeitig ist festzuhalten,<br />
dass die Kopftuchpflicht im<br />
Iran in keiner Weise mit dem Tragen<br />
einer Burka oder anderen Vollverschleierungen<br />
zu vergleichen ist, die<br />
den gesamten Körper und teilweise<br />
sogar die Augen verbergen.<br />
Ohne Zweifel gibt es Gesetze, die angepasst<br />
werden müssen. Gesetze, die<br />
für Normalfälle entwickelt wurden und<br />
bereits bei kleineren Abweichungen<br />
Nachteile für Frauen bewirken können,<br />
wie beispielsweise das Erbrecht,<br />
welches eine Benachteiligung verursacht,<br />
sobald eine Frau nicht heiratet.<br />
Doch angesichts der oben beschriebenen<br />
Vorgänge, können die Frauen<br />
im Iran einer äußerst positive Zukunft<br />
entgegensehen, die Jahr für Jahr erfreuliche<br />
Verbesserungen und Gesetzesanpassungen<br />
mit sich bringt.<br />
Oft wird von Europäern oder westlichen<br />
Medien propagiert, dass die<br />
Kopftuchpflicht allein eine Diskriminierung<br />
der Frau darstelle und alle<br />
Iranerinnen gegen diese Reglung<br />
seien. Doch selbst während der Proteste<br />
im Jahr 2009, als hunderttausende<br />
Menschen auf den Straßen<br />
von Teheran demonstrierten, legte<br />
keine Demonstrantin ihr Kopftuch ab.<br />
Denn die ehemalige Kopfbedeckung,<br />
die in größeren Städten heute eher zu<br />
einem Modeaccessoire mutiert ist,<br />
wird nicht mehr ausschließlich als ein<br />
religiöses Symbol angesehen, sie ist<br />
vielmehr Bestandteil der iranischen<br />
68
Politik – Politisches System<br />
Politisches System<br />
unter Ajatollah Khamenei<br />
Politisches System Vor 1979:<br />
Das politische System des Iran vor 1979 basierte seit der Konstitutionellen<br />
Revolution von 1906 auf der Staatsform der Konstitutionellen Monarchie. Das<br />
Parlament bestand aus zwei Kammern, dem Madschles und dem Senat.<br />
Die Abgeordneten des Madschles (Madschles Shora Melli) wurden vom<br />
Volk gewählt, die Abgeordneten des Senats wurden je zur Hälfte gewählt bzw.<br />
vom Schah ernannt. An der Gesetzgebung waren beide Häuser beteiligt. Die<br />
aktive politische Rolle in der Gesetzgebung kam jedoch dem Madschles zu.<br />
Nach der Verfassung stand der<br />
Schah als Monarch an der Spitze der<br />
Exekutive, d. h. der Verwaltung, des<br />
diplomatischen Diensts und des Militärs.<br />
Er hatte das Recht, Minister zu<br />
ernennen und zu entlassen und zur<br />
Ausführung der von den parlamentarischen<br />
Kammern erlassenen Gesetze<br />
Dekrete und Ausführungsbestimmungen<br />
zu erlassen.<br />
Politisches System:<br />
Die Islamische Republik Iran besteht<br />
seit dem 1. April 1979. Das politische<br />
System enthält demokratische und<br />
theokratische Elemente. Grundlage des<br />
Staates ist die iranische Verfassung.<br />
Staatsoberhaupt ist der Oberste<br />
Rechtsgelehrte, die Regierung führt der<br />
Präsident. Aufgrund des großen Einflusses<br />
der schiitischen Geistlichkeit und<br />
der Anwendung der Scharia wird der<br />
Iran häufig als Gottesstaat bezeichnet.<br />
POLITISCHE ENTWICKLUNG:<br />
Die Geschichte des Iran seit 1979<br />
beginnt mit der Islamischen Revolution<br />
und der Gründung der Islamischen<br />
Republik, die im Iran seit dem<br />
1. April 1979 besteht. Fast vier Jahrzehnte<br />
hatte Schah Mohammad Reza<br />
Pahlavi mit Unterstützung westlicher<br />
Staaten, vor allem der USA, das ölreiche<br />
Land diktatorisch beherrscht. Am<br />
18. Januar 1979 floh der Schah aus dem<br />
Iran vor Unruhen, in deren Folge der<br />
schiitische Geistliche Ruhollah Khomeini<br />
zum weltlichen Führer aufstieg.<br />
Seitdem ist der oberste Rechtsgelehrte<br />
des Iran zugleich die wichtigste<br />
politische Macht, gemeinsam<br />
mit dem Wächterrat bestehend aus<br />
streng religiösen Geistlichen. Daneben<br />
gibt es einen vom Volk gewählten<br />
Staatspräsidenten. Die Präsidenten-<br />
und Parlamentswahlen im Iran<br />
werden allerdings stark manipuliert,<br />
unter anderem dadurch, dass der<br />
Wächterrat über die Zulassung der<br />
Kandidaten entscheidet. Unter wechselnden<br />
Staatspräsidenten hat das<br />
Regime seine wesentliche Struktur<br />
beibehalten. Durch seine Politik ist es<br />
international weitgehend isoliert. Das<br />
Ausland kritisiert vor allem die vermuteten<br />
Versuche des Iran, Kernwaffen<br />
herstellen zu können. Besonders<br />
Israel sieht sich dadurch bedroht.
„Diskriminierung“<br />
des Mannes<br />
Wirft ein Mann seiner Frau Unzucht<br />
vor, so muss er fünf Schwüre ablegen,<br />
um seine Behauptung zu bekräftigen.<br />
Behauptet jedoch die Frau das Gegenteil<br />
und legt ihrerseits fünf Schwüre<br />
gegen die Aussage des Mannes ab, so<br />
wird der Vorwurf des Gatten vollständig<br />
entkräftet und die Frau erhält Recht<br />
in allen Punkten. Leider werden solche<br />
Beispiele sehr selten in westlichen<br />
Analysen oder Presseberichte berücksichtigt,<br />
wodurch dem Leser eine Benachteiligung<br />
der Frau induziert wird.<br />
Die geschlechtsbezogenen Gesetze<br />
des Iran dürfen nicht alleinstehend<br />
betrachtet werden, sondern müssen<br />
mit den kulturellen und religiösen<br />
Werten der Menschen aufgewogen<br />
werden, um die eigentliche Logik hinter<br />
den Regeln zu verstehen. Nehmen<br />
wir beispielsweise eine Familie mit<br />
einem Sohn und einer Tochter, deren<br />
Vater verstorben ist.<br />
Der Sohn ist laut Gesetz dazu verpflichtet,<br />
die Familie zu ernähren, und<br />
falls nötig, auch lebenslang für die<br />
Mutter zu sorgen. Erhielte die Tochter<br />
nun ein ebenso großes Erbe wie der<br />
Sohn und würde kurze Zeit später heiraten,<br />
wäre der Sohn auf sich alleine<br />
gestellt und müsste sowohl die Familie<br />
ernähren, als auch die Aussteuer der<br />
Schwester aufbringen. Dies wiederum<br />
wäre erneut eine Diskriminierung<br />
des Mannes. Diese Beispiele verdeutlichen,<br />
dass es nicht angebracht ist,<br />
stets von einer genderbezogenen Diskriminierung<br />
im Iran zu sprechen.<br />
74
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Frauen und ihre Rechte<br />
Die verkannte Rolle der Frau im Iran<br />
In der Vergangenheit war der Iran von weitreichenden politischen<br />
Umstürzen geprägt, die das Leben der Menschen ständig in eine<br />
neue Richtung gelenkt haben. Dies forderte gerade von den Frauen<br />
des Iran eine besondere Anpassungsfähigkeit.<br />
Der Status der Frau im ehemaligen<br />
Persien ist seit seiner Entstehung hoch<br />
geschätzt worden und liegt tief verwurzelt<br />
in der iranischen Kultur und Geschichte.<br />
Schon zur Achämeniden-Zeit<br />
(ca. 500 v.Chr.) hatten Frauen hohe<br />
politische Positionen inne und wurden<br />
völlig gleichberechtigt entlohnt.<br />
vermitteln, der vom damaligen Diktator<br />
als modern angesehen wurde.<br />
Vermutlich ließ er sich vom türkischen<br />
Staatsgründer Atatürk inspirieren,<br />
der einige Jahrzehnte zuvor islamische<br />
Kleidung aus der Öffentlichkeit<br />
verbannte, als er im Jahr 1936 ein<br />
landesweites Kopftuchverbot verkündete.<br />
Der Westdeutsche Rundfunk<br />
schreibt hierzu: „Für viele Frauen<br />
und Männer im schiitisch geprägten<br />
Land ist die Politik des Diktators<br />
ein Angriff auf ihre innersten Werte.<br />
Manche trauen sich jahrelang nicht<br />
auf die Straße, weil sie so entblößt<br />
nicht von Männern gesehen werden<br />
oder so freizügig gekleidete Frauen<br />
nicht anschauen wollen.“1941 muss<br />
der Schah abdanken. Die Engländer<br />
zwingen ihn wegen seiner zu engen<br />
Dies änderte sich erstmals in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im<br />
Rahmen der Herrschaft von Shah Reza<br />
Palahvi wurden maßgebliche Umstrukturierungen<br />
in der Gesellschaft vorgenommen.<br />
Ziel war es, den Iranern einen<br />
westlich geprägten Lebensstil zu<br />
Durch die Islamisierung des<br />
Landes im 8. und 9. Jahrhundert<br />
n. Chr. fanden sich die<br />
Frauen in einer neuen Umwelt<br />
wieder.<br />
76
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Freundschaft mit Hitler-Deutschland<br />
zum Thronverzicht. Sogleich kommt<br />
es zu Demonstrationen gegen die vom<br />
Schah eingeführte Verwestlichung.<br />
Viele Frauen legen das Kopftuch<br />
demonstrativ wieder an. Das Verbot<br />
verschwindet in der Versenkung,<br />
aber der neue Herrscher, der Sohn<br />
des Schahs, setzt die westliche Modernisierungspolitik<br />
fort. Nach dem<br />
Krieg spaltet sich das Land zunehmend<br />
in eine europäisch orientierte<br />
Oberschicht und die breite Masse<br />
der armen Leute. Diese orientieren<br />
sich um so stärker an der Religion,<br />
als sich die Politik des neuen Reza<br />
Pahlevi von ihren Nöten entfernt.<br />
Der Versuch einer radikalen Verwestlichung<br />
des Iran führte zu großen Spannungen<br />
innerhalb der Bevölkerung,<br />
die nach wie vor islamisch geprägt<br />
war und völlig andere Werte vertrat.<br />
Mit dem Sturz des Schahs im Jahre<br />
1979 und dem endgültigen Ende<br />
der Monarchie im Iran, erhielten die<br />
Menschen des Landes erstmals die<br />
Gelegenheit, selbst über ihre Zukunft<br />
zu bestimmen. Das Machtvakuum<br />
wurde vom geistlichen Führer Ruhollah<br />
Chomeini erfolgreich gefüllt und<br />
die alten islamischen Werte erhielten<br />
wieder große Bedeutung in der<br />
Gesellschaft. Im selben Jahr führte<br />
Chomeini den „Hijab“ ein, welcher<br />
eine Haarbedeckung aller Frauen im<br />
Iran vorsah. >><br />
77
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Zu diesem Anlass demonstrierten einige<br />
tausend Frauen in der iranischen<br />
Hauptstadt Teheran, die eine Aufhebung<br />
dieses Schleierverbotes forderten.<br />
Ihre Anstrengungen blieben<br />
jedoch resultatslos, da der Großteil<br />
der Bevölkerung geschlossen hinter<br />
Chomeini und der Rehabilitierung der<br />
alten, „nichtwestlichen” Werte stand.<br />
zeigten sich die ersten Lockerungen<br />
für Iranerinnen und eine zunehmende<br />
Sensibilisierung der Thematik, auch<br />
in der Führungsebene. So wurde im<br />
Jahr 1997 ein Zentrum für Frauenstudien<br />
an der größten iranischen<br />
Universität in Teheran gegründet,<br />
woraufhin Gender- und Frauenforschung<br />
auch an zahlreichen weiteren<br />
Durch das Chaos nach der Revolution<br />
und den Beginn des von Saddam<br />
Hussein ausgehenden Eroberungsfeldzuges<br />
der ölreichen iranischen<br />
Provinz Chuzestan, begann für den<br />
Iran eine Zeit des Krieges (1980–<br />
1988). Dies war eine Zeit, die keinen<br />
Platz für kulturelle Diskussionen oder<br />
geschlechtsbezogene Themen ließ.<br />
Ende der 90er Jahre des vergangenen<br />
Jahrhunderts, etwa ein Jahrzehnt<br />
nach Beendigung des Krieges,<br />
iranischen Universitäten eingeführt<br />
wurde. Unter dem ehemaligem Präsidenten<br />
Chatami folgten indirekte Reformen<br />
und Lockerungen, die es den<br />
Frauen ermöglichten, immer kleinere<br />
Kopftücher zu tragen und ihr Modebewusstsein<br />
öffentlich zum Ausdruck<br />
zu bringen.<br />
78
Absolventen im Iran<br />
Die Leistungen der Frauen im Iran nehmen einen immer größeren Stellenwert<br />
ein, was sich auch in der Politik erkennbar macht.<br />
2009 wurde mit Marzieh Vahid Dastjerdi<br />
erstmals eine weibliche Ministerin<br />
in das Parlament der Islamischen<br />
Republik gewählt und somit wurden<br />
die Weichen für zukünftige Politikerinnen<br />
gestellt – eine kleine Revolution<br />
innerhalb der Politik der Islamischen<br />
Republik. Dies geschah ausgerechnet<br />
im Kabinett des aktuellen Präsidenten<br />
Mahmoud Ahmadinejad, der in der<br />
westlichen Medienlandschaft stets<br />
als frauenfeindlich bezeichnet wird.<br />
80
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Gewalt gegen Frauen<br />
Die Unterdrückung der Frauen<br />
Eine Frau ist nur eine Frau im Iran<br />
Die Frau im Iran ist ein geknechtetes<br />
Wesen, das sich den ganzen Tag im<br />
heißen und unbequemen Tschador<br />
herumschleppen muss, haben uns<br />
Menschenrechtsorganisationen und<br />
Qualitätsmedien beigebracht. Und<br />
fast sieht es so aus, als müsste man<br />
schon allein zur Befreiung der Frau<br />
Krieg gegen den Iran führen.<br />
die internationalen Menschenrechtsabkommen“,<br />
heißt es beispielsweise<br />
auf der Webseite des deutschen „Menschenrechtsvereins<br />
für Migranten e. V.<br />
Besonders schlimm sind demnach die<br />
Frauen dran: „Die Diskriminierung und<br />
Unterdrückung der Frauen ist für das<br />
Teheraner Regime eines der wichtigsten<br />
Mittel zur Machterhaltung.<br />
Die Wirklichkeit sieht allerdings anders<br />
aus – beunruhigend anders.<br />
Glaubt man so genannten „Menschenrechtsorganisationen“,<br />
ist es<br />
um die Menschenrechte im Iran<br />
schlecht bestellt: „Gewaltanwendung,<br />
Repression und Terror sind für<br />
die Fundamentalisten im Iran unverzichtbare<br />
Instrumente, um sich an der<br />
Macht zu halten. Deshalb verneinen<br />
sie die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte<br />
und halten sich nicht an<br />
Folglich sind schwerste Menschenrechtsverletzungen<br />
an Frauen an der<br />
Tagesordnung. “ Frauen und Mädchen<br />
treffe „die ganze Härte der zutiefst<br />
frauenfeindlichen Gesetze der<br />
Fundamentalisten“. Nur knapp über<br />
dem Vieh angesiedelt!<br />
Die Frauen gelten im Iran nach<br />
dem Gesetz und in der Praxis<br />
als Menschen zweiter Klasse.<br />
82
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Familienmütter:<br />
In einer gewöhnlichen iranischen Familie genießt die Mutter großen Respekt und<br />
wird von ihren Kindern regelrecht verehrt. Wie tief die iranische Verbundenheit gegenüber<br />
den Mutterfiguren verwurzelt ist, demonstrierte auch der iranische Ex-Präsident<br />
Ahamdinejad, als er die Hand seiner ehemaligen Lehrerin dankend küsste.<br />
Universitäten und Akademikerinnen:<br />
Erstaunlicherweise kann der Iran Bereich sind Frauen, während<br />
eine beeindruckende Frauenstatistik<br />
im akademischen Bereich aufweisen.<br />
Mit 64 % hat kein anderes Land der<br />
Deutschland hingegen mit lediglich<br />
16 % prozentual gesehen deutlich<br />
weniger Arbeitnehmerinnen in der<br />
Geburtenrate in der Geschichte und<br />
zeugt von der neuen Emanzipation<br />
der Iranerinnen. Diese sehen sich<br />
nicht mehr an die traditionelle Rolle<br />
der Frau in der Familie gebunden und<br />
widmen sich beispielsweise immer<br />
mehr einer erfolgreichen Karriere,<br />
was sicherlich den oben erwähnten<br />
Geburtenrückgang maßgeblich zu<br />
verantworten hat Wie sehr die Frauen<br />
im Iran, entgegen der vorherrschenden<br />
Sichtweise in Europa, geachtet<br />
werden, zeigt sich auf den Straßen<br />
aller größeren Städte im Iran. Als eines<br />
der wenigen Länder der Erde<br />
bietet der Iran „Frauentaxis” an,<br />
die ausschließlich von Frauen gefahren<br />
werden und auch nur solche<br />
transportieren.<br />
Welt, prozentual gesehen, einen höheren<br />
Anteil an Studentinnen zu verbuchen.<br />
Iranische Frauen können ihren<br />
Beruf frei wählen und unterliegen<br />
lediglich im Klerus und in der Judikative<br />
Beschränkungen.<br />
Nichtsdestotrotz dürfen seit 1997<br />
Frauen auch in speziellen Bezirksfamiliengerichten<br />
als Richterin fungieren.<br />
Durch die vergleichsweise große<br />
Freiheit in der Berufsauswahl überrascht<br />
das Land mit seinen weiblichen<br />
Angestellten im Industriesektor.<br />
29 % der Angestellten in diesem<br />
Industrie beschäftigt. Das neue<br />
Selbstbewusstsein der Frauen, in<br />
Verbindung mit ihrer hohen akademischen<br />
Ausbildung und einem Geburtenkontrollprogramm<br />
des Staates,<br />
führte zu einer massiven Abnahme<br />
der Neugeborenen im Iran. Während<br />
1979 die Geburtenrate noch bei<br />
etwa 7 % lag, nahm sie bis zum Jahr<br />
2006 relativ gleichmäßig auf 1,9 %<br />
ab. Damit liegt die Geburtenrate im<br />
Iran unter dem Durchschnitt jener<br />
der EU. Diese Entwicklung war der<br />
bisher größte und schnellste dokumentierte<br />
Rückgang einer nationalen<br />
Dies geschah, um Belästigungen vorzubeugen<br />
und konservativen Iranerinnen,<br />
die nur ungern in das Auto eines<br />
Fremden steigen, eine sichere und<br />
angenehme Möglichkeit der Mobilität<br />
zu gewährleisten. Auch westliche<br />
Beobachter sind erstaunt über das<br />
Selbstbewusstsein iranischer Frauen<br />
und die großen Unterschiede innerhalb<br />
diverser islamischer Staaten.<br />
ZITAT:<br />
Amerikanische Journalist Robert<br />
David Kaplan: „Im Iran können Sie<br />
eine Kamera auf eine Frau richten…<br />
und sie würde lächeln. Wenn Sie<br />
dasselbe in Pakistan machen, würde<br />
die Frau davon rennen und ein Mann<br />
einen Fels nach Ihnen werfen.”<br />
84
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Auch im Iran wird die Bevorzugung<br />
der Frau langfristig in ein Konkurrenzverhältnis<br />
zur staatlich eigentlich<br />
geförderten Familie treten. Schon<br />
macht man sich auch hier Gedanken,<br />
wie Familie und Beruf „unter einen<br />
Hut“ zu bringen seien und wie man<br />
„Erziehungsjahre“ auf Studium und<br />
Altersversorgung anrechnen kann,<br />
damit Geburt und Erziehung eines<br />
Kindes „keine verlorene Zeit“ sind.<br />
Mit Begriffen wie diesen hat die westliche<br />
Ideologie klammheimlich Einzug<br />
gehalten, nach der Kind und Familie<br />
im Arbeitsprozess nur noch Störfaktoren<br />
und lästiger Ballast sind.<br />
Aber halt – bestimmt sind wir nur auf<br />
eine Propagandaveranstaltung hereingefallen,<br />
bei der sich das „Regime“<br />
alle Mühe gegeben hat, „modern“ und<br />
„aufgeklärt“ zu erscheinen. Allerdings<br />
haben wir ja Ohren, um zu hören, und<br />
Augen, um zu sehen. Wo wir auch<br />
hinkommen, erscheint uns die Frau<br />
zumindest in den Städten keineswegs<br />
unterdrückt.<br />
Besonders deutlich wird das ein paar<br />
Tage später bei einer Führung durch<br />
die hochmoderne Nationalbibliothek<br />
des Iran. Die Computerarbeitsplätze<br />
sind hier nach Geschlecht getrennt.<br />
Und während die „Frauencomputer“<br />
bis auf den letzten Platz besetzt sind,<br />
tummeln sich bei den Männern nur<br />
drei oder vier verlorene Gestalten.<br />
80 bis 90 % der Bibliotheksbesucher<br />
sind Frauen, wobei man uns versichert,<br />
dass dies nur an der Tageszeit<br />
liege. Abends seien mehr Männer als<br />
Frauen da – was mich zu der Frage verleitet,<br />
wie viel Prozent der registrierten<br />
Benutzer denn nun Frauen seien: Die<br />
Antwort: „60 %“. Und das ist zufällig<br />
genau der Anteil der Frauen an den 3,8<br />
Millionen Studierenden im Iran.<br />
86
Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Interview<br />
SHIRIN EBADI<br />
die erste Richterin des Irans<br />
Shirin Ebadi war die erste Richterin<br />
des Iran, wurde aber 1979, einige<br />
Wochen nach dem Sieg der Revolution,<br />
gezwungen, das Amt aufzugeben<br />
und als Büroangestellte zu arbeiten.<br />
Später wurde sie Anwältin und konnte<br />
die Aktionen der Frauen gegen<br />
diskriminierende Gesetze unterstützen.<br />
Ebadi wurde im Jahr 2003 der<br />
Friedensnobelpreis für ihre besonderen<br />
Leistungen im Kampf um die<br />
Rechte der Frauen und Kinder verliehen.<br />
Sie lebt seit Ende 2009 im Exil in<br />
Großbritannien.<br />
» Die iranische Regierung<br />
fürchtet gebildete Frauen!<br />
Im Iran sind etwa 60% der<br />
Studierenden Frauen. Nun sollen<br />
sie aus bestimmten Fächern<br />
ausgeschlossen werden. Menschenrechtsverteidigerin<br />
Shirin<br />
Ebadi im Interview<br />
»<br />
ZEIT ONLINE: Frau Ebadi,<br />
Sie haben einen Brief an die Frauenorganisation<br />
der Vereinten Nationen<br />
geschrieben, um gegen den Ausschluss<br />
der Frauen aus bestimmten<br />
Studienfächern zu protestieren. Was ist<br />
die Kernaussage Ihres Briefes<br />
Shirin Ebadi: In dem Brief<br />
weise ich darauf hin, dass die Islamische<br />
Republik bedrohliche und diskriminierende<br />
politische Entscheidungen<br />
gegen Frauen trifft. Die Regierenden im<br />
Iran glauben, Frauen gehörten an den<br />
Herd und versuchen mit allen Mitteln,<br />
sie aus dem aktiven, gesellschaftlichen<br />
Leben zu verdrängen. Ihre neueste<br />
Maßnahme ist der Ausschluss<br />
der Frauen aus 77 Studienfächern.<br />
Das Wissenschafts- und Hochschul<br />
ministerium begründet diese Diskriminierung<br />
mit der Regulierung des<br />
Arbeitsmarktes. Es gäbe zu viele arbeitslose<br />
Akademiker in bestimmten<br />
Bereichen. Aber warum sollen für die<br />
Lösung dieses Problems nur Frauen<br />
Entbehrungen hinnehmen<br />
ZEIT ONLINE: Das Wissenschaftsministerium<br />
hat die Verantwortung<br />
für diese Maßnahmen von<br />
sich gewiesen und mitgeteilt, dass<br />
die Universitäten autonom gehandelt<br />
hätten.<br />
Shirin Ebadi: Das ist nicht<br />
wahr. Die 36 Hochschulen, von denen<br />
die Frauen verdrängt werden sollen,<br />
sind staatliche Universitäten, die dem<br />
Wissenschaftsministerium untergeordnet<br />
sind. Sie dürfen solche gewichtigen<br />
Entscheidungen nicht ohne die<br />
Zustimmung des Wissenschafts- und<br />
Hochschulministeriums beziehungsweise<br />
der Regierung treffen.<br />
ZEIT ONLINE: Die Rektoren der betroffenen<br />
Universitäten haben un<br />
terschiedliche Gründe für den Ausschluss<br />
der Frauen genannt. Unter<br />
anderem wird gesagt, bestimmte Fächer<br />
seien „männlich“ und für Frauen<br />
nicht geeignet. Wie ist das Selbstverständnis<br />
iranischer Frauen Wollen<br />
sie beispielsweise überhaupt als Agraringenieurin<br />
arbeiten<br />
Shirin Ebadi: Iranische<br />
Frauen haben bewiesen, dass sie in<br />
allen Fächern mit ihren männlichen<br />
Kommilitonen nicht nur konkurrieren,<br />
sondern sie auch überholen<br />
können. In den letzten Jahren waren<br />
schätzungsweise mehr als 60%<br />
aller Studierenden Frauen. Das sind<br />
gebildete, aufgeklärte Frauen, die<br />
Diskriminierungen aufgrund ihres<br />
Geschlechts nicht mehr hinnehmen<br />
werden. Aus diesem Grund hat sich<br />
auch die feministische Bewegung im<br />
Iran enorm entwickelt.<br />
ZEIT ONLINE: Das heißt, die<br />
Akademikerinnen haben für den Aufschwung<br />
der feministischen Bewegung<br />
gesorgt<br />
88
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Shirin Ebadi: Die feministische<br />
Bewegung hat sich mit anderen Bewegungen,<br />
wie der Studenten- und Arbeiterbewegung,<br />
zusammengeschlossen<br />
und konnte so in allen Schichten der<br />
Gesellschaft Fuß fassen. Das macht<br />
dem Staat sowieso Angst. Die Regierung<br />
fürchtet aber besonders die gebildeten<br />
Frauen. Deshalb versucht sie mit<br />
verschiedenen Maßnahmen und Tricks,<br />
den Aufstieg der Frauen zu stoppen. Eine<br />
dieser Maßnahmen ist ihr Ausschluss<br />
von bestimmten universitären Fächern.<br />
ZEIT ONLINE: Werden diese<br />
Maßnahmen die Frauen zu Passivität<br />
zwingen<br />
Shirin Ebadi: Ja, die Zahl der<br />
gebildeten Frauen wird rapide abnehmen<br />
und viele werden gezwungen<br />
sein, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.<br />
Die Regierung glaubt,<br />
damit würde so eine große Zahl von<br />
ihren Gegnerinnen loswerden. Aber<br />
ich bin mir sicher, dass die Frauen<br />
sich vehement wehren werden.<br />
ZEIT ONLINE: Warum wehren<br />
sie sich nicht jetzt Es gibt keine<br />
sichtbaren Proteste.<br />
Shirin Ebadi: Die Regierung<br />
geht mit aller Gewalt gegen<br />
jede kritische Stimme vor. Jeder<br />
Protest wird mit Gefängnis und<br />
Folter beantwortet und somit ist<br />
an eine öffentliche Kritik nicht zu<br />
denken. Aber im Internet wird der<br />
Protest gegen diese neuen Maßnahmen<br />
des Staates sehr deutlich<br />
artikuliert.<br />
ZEIT ONLINE: Was erwarten<br />
Sie von den Vereinten Nationen<br />
Haben Sie die Hoffnung, dass die UN<br />
gegen den Ausschluss der iranischen<br />
Frauen aus bestimmten Studienfächern<br />
protestieren<br />
Shirin Ebadi: Da habe ich<br />
keine Illusionen. Ich weiß, dass die<br />
Macht und Möglichkeiten der Vereinten<br />
Nationen sehr begrenzt sind,<br />
wenn es darum geht, die Achtung von<br />
Frauenrechten durchzusetzen. Aber<br />
wir müssen die internationale Gemeinschaft<br />
darauf aufmerksam machen,<br />
was iranische Frauen durch den<br />
Ausschluss von den Universitäten erleiden<br />
werden. Die umfangreiche Akte<br />
an Menschenrechtsverletzungen der<br />
Islamischen Republik wird noch dicker.<br />
Ich bin mir sicher, dass die große<br />
Aufmerksamkeit eines Tages auch<br />
zu wirksamen Beschlüssen der Vereinten<br />
Nationen gegen das iranische<br />
Regime führen wird.
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Frauensport<br />
Frauen und Sport<br />
Die Weiblichkeit bleibt am Ball<br />
Frauen im Iran erfuhren nach der Revolution des Ayatollah<br />
Khomeini 1979 im öffentlichen Leben einen Statuswandel.<br />
Nachdem sie sich in gleicher Weise wie die<br />
Männer um die Revolution verdient gemacht hatten,<br />
sahen sie sich nun in einer gesellschaftlich und politisch<br />
problematischen Situation.<br />
Der Frauensport hat im Iran im Vergleich<br />
zu anderen islamischen Ländern<br />
eine lange Tradition. Heutzutage<br />
hat die Begeisterung da ihre Grenzen,<br />
wo sich der Sport nicht mit den geltenden<br />
islamischen Vorschriften in<br />
Einklang bringen lässt. Noch sind es<br />
auch nur bestimmte Sportarten, die<br />
Frauen ausüben dürfen, getrennt von<br />
den Männern. Es gibt Frauenorganisationen<br />
in 23 Sportarten und zwei<br />
sportwissenschaftliche Vereinigungen<br />
mit circa 290.000 Mitgliedern,<br />
von denen mehr als ein Viertel aus<br />
Teheran sind. Populär sind Aerobic,<br />
Volleyball, Schwimmen, Badminton<br />
und Schießen. Fitnessstudios boomen.<br />
Seit 1992 finden im Iran die Islamischen<br />
Frauenspiele statt, bei denen<br />
sich Musliminnen unbeobachtet<br />
von Männern und Medien in 16 bis 20<br />
Disziplinen messen. In einem fußballverrückten<br />
Land wie dem Iran macht<br />
auch dieser Sport vor den Frauen<br />
nicht halt. Laut Umfragen sind 60 Prozent<br />
aller Fußballfans weiblich.<br />
Einerseits propagierte Khomeini<br />
den Respekt gegenüber Frauen und<br />
ihr Recht auf politische und soziale<br />
Chancengleichheit, auf der anderen<br />
Seite wurden frauenbenachteiligende<br />
Regelungen getroffen hinsichtlich<br />
Polygamie, Scheidung, Sorgerecht für<br />
Kinder und Zeitehe sowie des Zwangs<br />
den Tschador, die persische Form des<br />
Schleiers, zu tragen.<br />
Viele städtische Frauen halten sich<br />
heute aber nicht mehr genau an die<br />
strengen Vorschriften. Sie ersetzen<br />
den klassischen schwarzen Tschador<br />
durch farbenfrohe Kopftücher oder tragen<br />
ihn nicht korrekt, indem sie die eine<br />
oder andere Haarlocke hervorschauen<br />
lassen. Sie schminken sich, schauen<br />
amerikanische oder europäische Fernsehsender,<br />
besuchen Internetcafés<br />
und treiben wieder Sport.<br />
90
Bis vor kurzem durften sie allerdings<br />
bei den Spielen der Männer in der<br />
Öffentlichkeit nicht zusehen, da das<br />
Anschauen von Sportlern in kurzen<br />
Hosen als unkeusch galt. Viele Frauen<br />
protestierten in der Vergangenheit<br />
gegen dieses Verbot, es kam zu<br />
Handgreiflichkeiten vor den Stadien<br />
und immer wieder versuchten Frauen,<br />
sich heimlich Zutritt zu verschaffen.<br />
Selbst zu spielen war und ist Frauen<br />
aber möglich, jedoch mit Kopftuch<br />
und weiter Kleidung und statt auf Rasen<br />
meist in Hallen, vor ausschließlich<br />
weiblichem Publikum. Fußball gibt den<br />
Frauen die Möglichkeit, aufgestauten<br />
Energien freien Lauf zu lassen.<br />
Öffentliche Frauenfußballspiele fanden<br />
seit der Revolution nicht statt,<br />
bis auf eine Ausnahme im April 2006,<br />
als die internationale Berliner Frauenmannschaft<br />
Al Derimsport in Teheran<br />
zu Gast war. Bei diesem Spiel war<br />
Männern oder Reportern der Zugang<br />
zum Stadion verboten. Dabei ist die<br />
iranische Frauennationalmannschaft<br />
sehr erfolgreich: Bei den westasiatischen<br />
Meisterschaften spielte sie sich<br />
bis ins Finale.
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte - Gesetzgebungen<br />
Erbrecht:<br />
Oft prangern westliche Medien das<br />
Erbrecht des Iran an, ohne die direkten<br />
Zusammenhänge zu nennen,<br />
wodurch der Eindruck einer Frauendiskriminierung<br />
verstärkt wird. In den<br />
Augen vieler Europäer und diverser<br />
Menschenrechtsaktivisten ist dies<br />
ein klarer Beweis für die Diskriminierung<br />
der Frau im Iran. Jedoch wurde<br />
diese Regel nicht etabliert, um<br />
Männer zu bereichern, sondern die<br />
Versorgung der Familien zu sichern.<br />
Denn nach islamischem Recht sind<br />
die Männer bzw. Söhne einer Familie<br />
Erbrecht<br />
Laut iranischem Erbrecht<br />
steht einer Tochter nur der<br />
halbe Anteil der<br />
Hinterlassenschaft eines<br />
Sohnes zur Verfügung.<br />
dazu verpflichtet, die Eltern und andere<br />
Familienmitglieder zu versorgen.<br />
Weiterhin wird dieses Vorgehen<br />
damit begründet, dass die Frau bei<br />
einer Heirat eine Aussteuer (Mitgift)<br />
erhält, die größtenteils vom Vater<br />
oder anderen männlichen Familienangehörigen<br />
auszuhändigen ist.<br />
Dennoch ist kritisch anzumerken,<br />
dass eine nicht verheiratete Frau, welche<br />
keine Aussteuer erhält, an dieser<br />
Stelle tatsächlich eine Benachteiligung<br />
erfährt. In kinderlosen Ehen erhält<br />
die Frau ein Viertel der Hinterlassenschaft<br />
des Mannes, während der<br />
Mann die Hälfte des Erbes seiner Frau<br />
erhält. Erneut wird das Gesetz mit der<br />
Pflicht des Mannes begründet, die<br />
gesamte Familie, inklusive der Eltern,<br />
versorgen zu müssen. Auch in diesem<br />
Bereich zeigt sich eine kontinuierliche<br />
Anpassung, die auf eine widerspruchsfreie<br />
Gleichberechtigung zielt.<br />
1Teil<br />
2Teile<br />
Bis zum 25. Januar 2009 durften Frauen<br />
lediglich mobile Hinterlassenschaften<br />
des Ehepartners erben, um das<br />
Eigentum einer Familie, bei einer erneuten<br />
Heirat, nicht auf die neuen Angehörigen<br />
übertragen zu können. Beispielweise<br />
Finanzen, Kraftfahrzeuge,<br />
Mobiliar usw. Dieses Gesetz wurde<br />
jüngst dahingehend angepasst, dass<br />
auch nicht mobile Hinterlassenschaften<br />
wie Ländereien, Häuser oder gar<br />
solch banale Dinge wie Bäume nach<br />
dem Erbrecht den Frauen zustehen.<br />
92
Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Gesetzgebungen<br />
Geschäftliche Transaktionen:<br />
Insbesondere bei geschäftlichen Transaktionen gilt, dass die Stimme<br />
der Frau nur halb so viel gilt, wie die eines Mannes. Verständlicherweise<br />
wird auch hier oft der Einspruch einer Frauendiskriminierung erhoben, die angeblich<br />
auf eine Begünstigung des männlichen Geschlechts zurückzuführen<br />
sei. Jedoch werden in diesem Fall stets zwei Frauenstimmen der Stimme eines<br />
Mannes gegenübergestellt.<br />
Wörtlich steht im Koran<br />
(2:282):<br />
„[...] Und ruft zwei unter euren<br />
Männern zu Zeugen auf; und<br />
wenn zwei Männer nicht (verfügbar)<br />
sind, dann einen Mann<br />
und zwei Frauen, die euch als<br />
Zeugen passend erscheinen,<br />
so daß, wenn eine der beiden<br />
irren sollte, die andere ihrem<br />
Gedächtnis zu Hilfe kommen<br />
kann [...]“<br />
93
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte - Mode<br />
Kleiderordnung<br />
Die Frau und der Kleiderzwang<br />
Laut Verfassung genießt „jedes Mitglied des Volkes, ungeachtet<br />
ob Frau oder Mann“ ohnehin gleichermaßen den Schutz<br />
des Gesetzes: „Der Staat ist verpflichtet, die Rechte der<br />
Frauen auf allen Ebenen unter Berücksichtigung der<br />
islamischen Prinzipien zu gewährleisten.“<br />
Zu den „islamischen Prinzipien“ gehört beispielsweise die Kleiderordnung.<br />
Offenbar hat sich die Gleichberechtigung auch hier<br />
längst in einen Trend zur Bevorzugung und Verherrlichung<br />
der Frau verwandelt. Ganz selbstverständlich ist das Geschlechtsmerkmal<br />
„weiblich“ auch im Iran zum Qualifikationsmerkmal<br />
geworden – in etwa wie ein zusätzlicher<br />
Doktorgrad, von dem Männer ausgeschlossen<br />
werden. Während der Iran von außen als stures<br />
und abgeschottetes System erscheint, hat<br />
die Globalisierung zumindest in Sachen<br />
„Frauenemanzipation“ einen Fuß in der<br />
Tür und hat sich das Land dem globalen<br />
Dogma, demzufolge die Frau zu verherrlichen<br />
und in die Berufswelt zu drängen<br />
ist, angeschlossen – was langfristig<br />
zwangsläufig zur Auflösung der islamischen<br />
Gesellschaft und der islamischen Prinzipien<br />
führen muss.<br />
Der Tschador ist das beste Beispiel. Da diese<br />
traditionelle Frauenkleidung kaum als Berufskleidung<br />
geeignet ist, tragen berufstätige Frauen<br />
wie Stewardessen oder Hotel-Hostessen nur<br />
noch einen Kurzmantel („Manto“) mit Hosen sowie<br />
eine Art Schal („Hidschab“) und eine Kopfbedeckung.<br />
Die Frau im Iran ist ein geknechtetes<br />
Wesen, das sich den ganzen Tag im heißen und<br />
94
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte – Mode<br />
unbequemen Tschador herumschleppen muss, haben<br />
uns Menschenrechtsorganisationen und Qualitätsmedien<br />
beigebracht. Und fast sieht es so aus, als müsste man<br />
schon allein zur Befreiung der Frau Krieg gegen den Iran<br />
führen. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus – beunruhigend<br />
anders<br />
Aber halt – bestimmt sind wir nur auf eine Propagandaveranstaltung<br />
hereingefallen, bei der sich das »Regime«<br />
alle Mühe gegeben hat, »modern« und »aufgeklärt« zu<br />
erscheinen. Allerdings haben wir ja Ohren, um zu hören,<br />
und Augen, um zu sehen. Wo wir auch hinkommen, erscheint<br />
uns die Frau – zumindest in den Städten – keineswegs<br />
unterdrückt. Besonders deutlich wird das ein<br />
paar Tage später bei einer Führung durch die hochmoderne<br />
Nationalbibliothek des Iran.<br />
Die Computerarbeitsplätze sind hier nach Geschlecht getrennt.<br />
Und während die »Frauencomputer« bis auf den<br />
letzten Platz besetzt sind, tummeln sich bei den Männern<br />
nur drei oder vier verlorene Gestalten. 80 bis 90<br />
Prozent der Bibliotheksbesucher sind Frauen, wobei<br />
man uns versichert, dass dies nur an der Tageszeit<br />
liege. Abends seien mehr Männer als Frauen da –<br />
was mich zu der Frage verleitet, wie viel Prozent<br />
der registrierten Benutzer denn nun Frauen seien:<br />
Die Antwort: »60 Prozent«. Und das ist zufällig<br />
genau der Anteil der Frauen an den 3,8<br />
Millionen Studierenden im Iran...<br />
95
Das Hauptthema – Frauen und Ihre Rechte<br />
Das islamische Gesetz<br />
erlaubt Vergeltung!<br />
»Auge um Auge<br />
Auge um Auge. Dies ist die Geschichte<br />
einer solchen Rache:<br />
Ein Mann hatte einer Frau Säure in<br />
die Augen geschüttet, weil sie seine<br />
Liebe verschmähte. Die Frau setzte<br />
vor Gericht durch, dass ihm dasselbe<br />
zugefügt werden darf. Ihre Mutter<br />
wird es tun.<br />
Vielleicht muss man, bevor man diese<br />
Geschichte liest, einen Moment<br />
an die eigenen Reflexe denken.<br />
Wenn wir von Kindermördern lesen,<br />
Vergewaltigern, Menschen, die andere<br />
entführen, in Keller einsperren,<br />
misshandeln ...<br />
»<br />
*Welche Strafe hat so ein Mensch<br />
verdient<br />
*Wie weit würden wir gehen, wenn<br />
wir könnten<br />
*Wenn es bei uns ein Gesetz gäbe, das<br />
Rache erlaubt, eine Rechtsprechung,<br />
die es zulässt, dass jemand spürt, was<br />
er andere hat spüren lassen<br />
*Wie weit würden wir gehen, wenn<br />
wir selbst das Opfer wären oder jemand,<br />
den wir lieben<br />
Shahin Bahrami will dem Mann,<br />
der ihrer Tochter Ameneh Säure ins<br />
Gesicht schüttete, weil sie ihn nicht<br />
heiraten wollte, die Augen verätzen.<br />
Sie darf das, sie ist Iranerin, und die<br />
islamischen Gesetze lassen es zu.<br />
Sie erzwingen die Vergeltung nicht –<br />
Ameneh Bahrami hätte auch eine Art<br />
Schadensersatzzahlung akzeptieren<br />
können, das Blutgeld. Aber das Gesetz<br />
macht die Rache möglich. Die<br />
Scharia sieht vor, dass man Gleiches<br />
mit Gleichem vergelten kann. Ameneh<br />
und ihre Mutter wollen die Rache,<br />
sie wollen die Augen des Täters.<br />
Dies ist ihre Geschichte. „Es gibt sie,<br />
diese kurzen Momente gleich nach<br />
dem Aufwachen, in denen Ameneh<br />
Bahrami denkt, dass alles gut ist.<br />
Diese ein, zwei Sekunden, in denen<br />
sie noch nicht versucht hat, ihre Augen<br />
aufzuschlagen.<br />
Ameneh wohnt wieder bei ihren Eltern,<br />
blind, wie sie ist. Die Eltern leben<br />
im Westen von Teheran in einer<br />
kleinen Wohnung, sie gehören zur<br />
unteren Mittelschicht.<br />
96
Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte<br />
»<br />
Irans Präsident Rohani<br />
lockert<br />
die KleiderordnunG<br />
»<br />
Die Sittenpolizei muss sich von<br />
jetzt an zurückhalten, wenn sich<br />
Frauen unverhüllt in der Öffentlichkeit<br />
zeigen.<br />
Der Enkelin von Revolutionsführer<br />
Chomeini geht das noch nicht weit<br />
genug. Irans Sittenpolizei darf künftig<br />
keine Frauen mehr auf der Straße verhaften,<br />
weil ihre Kleidung nicht den<br />
Vorschriften entspricht. Der Zwang,<br />
ein Kopftuch oder den traditionellen<br />
Tschador sowie einen weiten Mantel<br />
und lange Hosen zu tragen, war<br />
in den 34 Jahren des Bestehens der<br />
Islamischen Republik für viele Iranerinnen<br />
eines der größten Ärgernisse<br />
– das sie freilich selbst in den Zeiten<br />
härtester Repression mit Modetricks<br />
zu mildern wussten.<br />
Schon gleich nach der Wahl Rohanis<br />
im vergangenen Sommer waren die<br />
Sittenstreifen in ihrem Verhalten diskreter<br />
geworden. Auf die Frage, ob er<br />
die Art und Weise missbillige, mit der<br />
„unsere Frauen“ in der Öffentlichkeit zu<br />
sittsamer Kleidung gezwungen würden,<br />
hatte Rohani während der Kampagne<br />
geantwortet: „Sicher tue ich<br />
das. Sittsamkeit geht über das Tragen<br />
des Hedschabs (des islamischen Kopftuchs)<br />
hinaus. Die Art, wie die Wächter<br />
Keuschheit verstehen, weckt Widerspruch<br />
in unserer Gesellschaft. Es hat<br />
negative Ergebnisse, steht im Widerspruch<br />
zu den Lehren des Islam und ist<br />
verfassungswidrig.“<br />
Der Chef der iranischen Polizei, General<br />
Ismail Ahmadi-Moghaddam,<br />
bestätigte, wie Frauen sich kleideten,<br />
sei nicht mehr eine Angelegenheit der<br />
Gesetzesüberwachung. Die Regierung<br />
habe das Thema einem Ausschuss<br />
übertragen, der die Ziele und das mit<br />
ihrer Verwirklichung betraute Personal<br />
bestimmen solle. Zugleich beklagte<br />
der General, dass die Missbräuche der<br />
Sittlichkeitskampagne allein der Polizei<br />
angelastet worden seien. Tatsächlich<br />
seien 26 verschiedene Regierungsstellen<br />
mit dem Gaschte-Erschad-Projekt<br />
befasst gewesen und hätten dafür ein<br />
Millionenbudget bezogen.<br />
Präsident Hassan Rohani hatte während<br />
seines Wahlkampfs versprochen,<br />
unter seiner Herrschaft würden Frauen<br />
„sicher vor Belästigung auf der Straße<br />
und kämen in den Genuss voller Sicherheit“.<br />
Jetzt ordnete der Präsident an,<br />
die „Patrouillen des Wohlverhaltens„<br />
(Gaschte Erschad) würden künftig dem<br />
Innenministerium unterstellt, was in der<br />
Praxis eine Lockerung des Verhüllungsgebots<br />
gleichkommen dürfte.
Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Kleidung<br />
Chancengleichheit und Gleichstellung<br />
Kleidung spielen keine Rolle im Leben der Mensche<br />
Von Mann und Frau definieren sich<br />
im Iran unter anderem darüber, was<br />
wer wie zu tragen hat. Da Kleidung<br />
keine Rolle im Leben der Menschen<br />
spielen soll, sondern nur ihre Seele,<br />
laufen täglich Sittenwächter durch<br />
die Straßen der Islamischen Republik<br />
Iran und kontrollieren, ob alles dem<br />
Gesetz entspricht. Natürlich nur, damit<br />
auch alle gleichberechtigt sind.<br />
„Heeey, geh nicht da hin, die Sittenpolizei<br />
ist dort!“ ruft die Frau aus<br />
dem Auto einem Mädchen zu. Diese<br />
bedankt sich kurz und dreht um.<br />
Jetzt muss sie ein oder zwei Gassen<br />
weiter gehen, um den Ershad, den<br />
Sittenwächtern auf der Straße, nicht<br />
in die Arme zu laufen. Solch eine Szene<br />
ist Alltag in Iran.<br />
Die Menschen, Männer wie Frauen,<br />
helfen einander, da fast alle schon<br />
einmal in Konflikt mit der Moralpolizei<br />
kamen und wissen, wie unangenehm<br />
und unabsehbar die Folgen sein können.<br />
Das Mädchen, welches gerade<br />
noch gewarnt wurde, trug ein langes<br />
Oberteil, das deutlich über ihren Hintern<br />
reichte. Dazu ein für Nord-Teheran<br />
typisches lockeres Kopftuch, bei<br />
welchem die Haare trotz allem gut zu<br />
sehen waren.<br />
Ohne Zweifel hätte sie in einen der<br />
typischen kleinen Mini-Vans mit<br />
den verdunkelten Scheiben einsteigen<br />
müssen, um zum Beispiel ihrer<br />
Mutter Bescheid zu geben, dass<br />
sie „ordentliche“ Kleidung braucht.<br />
Wenn Mädchen oder Jungs das erste<br />
Mal aufgegriffen werden, müssen<br />
sie ein Formular unterschreiben und<br />
zusichern, dass sie sich nie wieder<br />
„unrechtmäßig“ in der Öffentlichkeit<br />
zeigen werden. Falls doch, drohen<br />
Geldstrafen oder Festsetzungen in<br />
einer Polizeizelle. Und genau diese<br />
Polizeiaufenthalte sind es, die IranerInnen<br />
Angst machen.<br />
Obwohl Iran kein rechtsfreier Raum<br />
ist, gilt die Regel, dass immer alles<br />
passieren kann, und jedes Problem<br />
kann sich schnell verschlimmern. Bei<br />
einem Polizeibesuch bedeutet dieses<br />
ungeschriebene Gesetz, dass es<br />
immer möglich ist, dass man die Polizeistation<br />
wegen eines kleinen Delikts<br />
betritt und sie, für andere „Verbrechen“<br />
bestraft, wieder verlässt.<br />
98
Das Hauptthema - Frauen und Ihre Rechte – Kleidung<br />
Für Frauen ist der Sommer<br />
besonders schlimm:<br />
So pochen die Herzen der IranerInnen<br />
hektisch und nervös, wenn die<br />
grimmigen „Moralapolstel“ sie beäugen.<br />
Diese bekommen für jeden,<br />
den sie in die Polizeistation bringen,<br />
Geld. So wissen auch viele Iraner-<br />
Innen, dass es besonders gefährlich<br />
ist, an den Sittenwächtern vorbei<br />
zu gehen, wenn der Wagen fast voll<br />
ist und sie einfach nur noch schnell<br />
los wollen. Dann herrscht zunehmend<br />
Willkür. So ist es nicht ungewöhnlich,<br />
dass die Aufgegriffenen<br />
anfangen, mit den Ershad zu diskutieren,<br />
zu streiten oder sogar laut zu<br />
werden. Je mehr Aufmerksamkeit<br />
die Wächter auf sich ziehen, desto<br />
vorsichtiger werden sie. Daher trifft<br />
man sie weniger an Freitagen, an<br />
denen die Straßen besonders voll<br />
sind und sich schneller eine Gruppe<br />
bildet, die die streitenden IranerInnen<br />
lauthals unterstützt.<br />
Kleidung entsprechend<br />
dem Tag und der Route<br />
durch die Stadt<br />
Natürlich haben die Sittenwächter vor<br />
allem Mädchen und Frauen im Visier,<br />
doch auch für Männer gibt es Regeln.<br />
Diese werden allerdings weniger<br />
streng verfolgt, und so müssen Männer<br />
nicht unbedingt fürchten, herausgegriffen<br />
zu werden, wenn sie mit einem<br />
kurzen T-Shirt, welches die Ellenbogen<br />
„offenlegt“, an den Kontrolleuren vorbeigehen.<br />
Bei Hosen hingegen ist man<br />
da schon strenger. So sieht man praktisch<br />
keine Iraner, die eine kurze Hose<br />
tragen, obwohl laut Gesetz nur die Knie<br />
bedeckt sein müssten.<br />
Für die Frauen ist der Sommer besonders<br />
schlimm. Wie die Wespen<br />
strömen da die Ershad auf die Straßen<br />
und suchen nach Mädchen, deren<br />
Mäntel an den heißen Sommertagen<br />
zu kurz für das Gesetz sind. Die<br />
Knöchel müssen bedeckt sein, die<br />
Ärmel an die Handgelenke reichen,<br />
das Kopftuch die Ohren verdecken.<br />
Aber letztlich können sie auch für<br />
Nagellack, Schminke oder Schmuck<br />
Probleme bekommen. Iran nennt<br />
sich selbst den Staat, der die „Unterdrückten“<br />
befreit und ihnen eine<br />
Stimme gibt. Auf eine zynische Weise<br />
stimmt das sogar in diesem Fall. Die<br />
Sittenpolizei ermöglicht Männern und<br />
Frauen, die sich sonst vielleicht übergangen<br />
fühlen, auf einfache Art anderen<br />
gegenüber<br />
Macht auszuüben. Die „Unterdrückten“<br />
unterdrücken dann alle „anderen“<br />
Menschen. Das Prinzip ist nicht<br />
neu, sondern gewöhnlicher Ausdruck<br />
menschlicher Schwäche und aus vielen<br />
historischen und gegenwärtigen Beispielen<br />
bekannt. Interessant ist, dass<br />
trotz aller Willkür im iranischen System<br />
selbst die Sittenpolizei den Menschen<br />
gewollt oder ungewollt – ein<br />
gewisses Maß an Planungssicherheit<br />
gibt. Denn obwohl sie zwar theoretisch<br />
überall sein können, stehen die<br />
PolizistInnen meist an den gleichen,<br />
schon bekannten Ecken. So passen<br />
IranerInnen entsprechend dem Tag,<br />
dem Ziel und der Route durch die<br />
Stadt ihren Kleidungsstil an. Und da<br />
es dann gewisse „Hot Spots“ gibt,<br />
sind bei Frauen überziehbare Ärmel<br />
auch ein echter Renner geworden.<br />
Natürlich in Schwarz und ganz im<br />
Sinne der Gleichberechtigung.<br />
99
Schlusswort<br />
In eigener Sache<br />
Wie wir alle wissen, ist der Iran nicht<br />
als das frauenfreundlichste Land der<br />
Welt bekannt. Frauen werden im Iran<br />
auf verschiedenste Art und Weise<br />
diskriminiert, das geht bei der Kleiderordnung<br />
los, bei der Frauen viel<br />
restriktiveren Gesetzen zu gehorchen<br />
haben, über deren weitaus schlechteren<br />
Rechte etwa bei Ehescheidungen<br />
bis hin zu den Jobaussichten.<br />
Üblicherweise bleiben die Frauen zu<br />
Hause und kümmern sich um Haushalt<br />
und Kinder.<br />
möchte ich nicht tauschen, dann hat<br />
sie wahrscheinlich nicht so viel zu lachen.<br />
Aber die Frauen im Iran als Opfer<br />
zu beschreiben, nimmt diesen erstens<br />
die Würde und zweitens entspricht dies<br />
auch einfach nicht den Tatsachen.<br />
Ich habe mir viel Zeit genommen mit<br />
diesem Artikel, weil das ein ziemlich<br />
schwieriges und vor allem ziemlich<br />
komplexes Thema ist und es gibt<br />
viele verschiedene Wirklichkeiten, so<br />
wie es auch sehr verschiedene Menschen<br />
und Lebensumstände gibt.<br />
Jedenfalls wirken die Frauen gar<br />
nicht so unterdrückt, wie wir sie vielleicht<br />
gerne sehen wollen. Man sieht<br />
ständig auch Frauen unterm Tschador<br />
zufrieden lachen, Mädchenschulklassen<br />
ziehen kichernd durch die Straßen<br />
und die paar Frauen, deren Bekanntschaft<br />
ich machen durfte, wirkten allesamt<br />
sehr selbstbewusst, gebildet<br />
und wussten genau, was sie wollten.<br />
Es ist zwar Pflicht, ein Kopftuch zu<br />
tragen, der Tschador ist aber keine<br />
Pflicht. Die jenigen, die diesen tragen,<br />
und das ist grob geschätzt vielleicht<br />
die Hälfte der Frauen, tun dies<br />
freiwillig oder eben aus religiöser<br />
Überzeugung oder aus familiären<br />
Zwängen, zumindest ist es nicht<br />
staatlich vorgeschrieben. So richtig<br />
komplett verhüllt sind gerade ältere<br />
Frauen, und ich kenne niemanden,<br />
der deswegen jetzt an Herzdrücken<br />
sterben würde, weil er nicht alle Körperformen<br />
genau ersehen kann.<br />
Und es gibt durchaus, im Rahmen<br />
der bestehenden Kleiderordnung,<br />
die Möglichkeit, sich attraktiv zu kleiden.<br />
Da rutscht das Kopftuch weit<br />
nach hinten, da wird ein kurzer Rock<br />
oder ein Kleid über die Hose gezogen<br />
(eine Mode, die zumindest auch<br />
in Ostdeutschland, unter den etwas<br />
schüchterneren Frauen durchaus<br />
ebenso populär ist), Absatzschuhe<br />
sind auch mit Tschador kein Tabu<br />
und Lippenstift und andere Schminke<br />
sieht man in den Städten öfters.<br />
Und da Kleidung ja vor allem im Verhältnis<br />
zueinander funktioniert, kann<br />
man schon schnell sehen, wer sich die<br />
Das Bild, was die Welt so hat, ist geprägt<br />
von Frauen, komplett verhüllt im<br />
schwarzen Tschador, was im Sommer<br />
auf jeden Fall eine Quälerei ist. An den<br />
Bushaltestellen gibt es zwei Schlangen,<br />
beim Bäcker genauso, Frauen<br />
und Männer sitzen im Bus getrennt.<br />
Sieht aus wie Apartheid, nur gegen<br />
Frauen, statt gegen Schwarze. Wenn<br />
man als Frau im Iran mit dem falschen<br />
Mann verheiratet wird und der<br />
die Frau schlecht behandelt, dann<br />
100
Schlusswort<br />
Mühe macht, etwas schicker auszusehen<br />
als die anderen. Frauen fahren<br />
Autos, deren Autos scheinen auch die<br />
einzigen zu sein, die eine Bremse haben.<br />
Auch wenn die Öffentlichkeit der<br />
Männerbereich ist, nehmen Frauen<br />
am öffentlichen Leben teil, gehen einkaufen,<br />
arbeiten, treiben Sport usw.<br />
Ich habe Frauen im Internetcafé an<br />
den Einstellungen am Rechner spielen<br />
sehen, da wusste ich nicht mehr,<br />
was die da eigentlich machen.<br />
In der Schwimmhalle haben sie eigene<br />
Zeiten, es gibt Radrennen für<br />
Frauen und vor allem habe ich nicht<br />
schlecht geguckt, als da in Teheran<br />
vier Frauen mit Kletterseil und Rucksäcken<br />
aus den Bergen kamen. Es<br />
ist aber genauso üblich, dass die<br />
Frauen wie selbstverständlich zu<br />
Hause den Tee und das Essen servieren<br />
und der Ehemann auf dem<br />
Teppich rumliegt. Das ist im Iran so<br />
die Rollenverteilung und alle, Männer<br />
wie Frauen, wachsen mit diesem<br />
Rollenbild auf und es ist einfach<br />
selbstverständlich so.<br />
Das kann man nun gut finden oder<br />
auch nicht, aber am Ende steht ja<br />
immer noch die Frage, wer denn zu<br />
Hause tatsächlich die Hosen anhat<br />
(oder das Kopftuch auf), das macht<br />
sich ja nicht nur an der Hausarbeit<br />
fest. Generell finde ich eigentlich,<br />
dass Männer Frauen respektvoll gegenüber<br />
treten. Das bestätigen auch<br />
einige weibliche Traveller. Ich habe<br />
verschiedene alleinreisende Frauen<br />
getroffen und sie alle gefragt, wie sie<br />
denn klar kommen und ob es für sie<br />
schwierig sei, im Iran zu reisen.<br />
Einhellig haben alle gemeint, dass es<br />
gar kein Problem wäre, dass sie mit<br />
Männern wie Frauen gleichermaßen<br />
reden und dass sie eine unkomplizierte<br />
und gute Zeit hätten. Vielleicht ist<br />
das auch der Ausländerbonus, aber es<br />
stellt anscheinend kein Problem dar,<br />
auch als Frau alleine durch den Iran<br />
zu reisen. Ich habe sogar von einer<br />
alleinreisenden Radfahrerin gehört.<br />
Ich behaupte jetzt mal, trotz vielfacher<br />
gesetzlicher Diskriminierung,<br />
hat man als Frau im Iran durchaus<br />
Möglichkeiten, am gesellschaftlichen<br />
Leben teilzunehmen und ist nicht nur<br />
an Heim und Herd gebunden.<br />
Das habe ich in anderen islamischen<br />
Ländern, von Marokko bis Ägypten,<br />
bei denen bestimmte Vorschriften<br />
nicht wie hier im Gesetzbuch sehen,<br />
schon ganz anders erlebt, da sieht<br />
man teilweise gar keine Frauen auf den<br />
Straßen bzw. bei modernen Sportarten,<br />
bei der Arbeit in der Öffentlichkeit<br />
etc.im Iran ist lange nicht alles Friede,<br />
Freude, Eierkuchen und von Gleichberechtigung<br />
sind Frauen hier noch<br />
meilenweit entfernt. Aber es liegt, wie<br />
überall, auch an den Frauen, ob sie die<br />
Möglichkeiten nutzen oder nicht.<br />
Und mich würde überhaupt nicht<br />
wundern, sollte es hier irgendwann<br />
mal knallen, dass gerade Frauen in<br />
den ersten Reihen mitlaufen. Mit über<br />
50 % Frauen an den Universitäten,<br />
von denen dann der übergroße Teil zu<br />
Hause bleibt, das muss doch mächtig<br />
frustrieren, so nur zum Spaß studiert<br />
zu haben. Nahezu jede iranische Familie<br />
hat eine Satellitenschüssel, auch<br />
wenn diese offiziell verboten sind.<br />
Impressum:<br />
Redaktion & Grafik:<br />
Omid Ghafouri<br />
Layout – Gestaltung – Text:<br />
Omid Ghafouri<br />
Fotos:<br />
Omid Ghafouri und Quellen aus dem Web<br />
Herausgeber :<br />
<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong> GmbH Reisemagazin<br />
Erscheinungsweise<br />
Dieses Magazin ist ein Abschlussprojekt der<br />
Kunstschule Wandsbek Bremen GmbH und<br />
dient nur für den Zweck einer Präsentation.<br />
Der Inhalt ist fiktiv und wird nicht veröffentlicht.<br />
Anschrift:<br />
<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong> GmbH<br />
Bürgermeister-Smidt-Strasse 27<br />
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Mobil: +49 176 2586 4042<br />
Omid@Ghafouri-Design.com<br />
www.Ghafouri-Design.com<br />
101
In unsere nächste Ausgabe, werden<br />
Sie mehr über Griechenland erfahren.<br />
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Sehenswürdigkeiten, Traditionen,<br />
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Sie in unsere nächste Ausgabe lesen.
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