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<strong>Der</strong> Liebe so nah<br />
Eric-Emmanu<strong>el</strong> Schmitt: Enigma<br />
20<br />
Von Li<strong>nd</strong>a K<strong>el</strong>lerstraß<br />
<strong>Der</strong> berühmte, sehr erfolgreiche Schriftst<strong>el</strong>ler Ab<strong>el</strong> Znorko lebt seit<br />
Jahren zurückgezogen u<strong>nd</strong> einsam auf einer Ins<strong>el</strong>. Eines Tages erhält der<br />
Literaturnob<strong>el</strong>preisträger Besuch vom Journalisten Erik Larsen.<br />
<strong>Der</strong> Schriftst<strong>el</strong>ler begegnet dem Journalisten, der ihn interviewen will,<br />
mit Zynismus u<strong>nd</strong> Überheblichkeit. Doch der Journalist lässt sich nicht<br />
abschrecken. Er will die <strong>Wa</strong>hrheit über den letzten Bests<strong>el</strong>ler Znorkos<br />
erfahren, ein Briefwechs<strong>el</strong> zwischen dem Autor u<strong>nd</strong> einer Frau, die sich<br />
fünf Monate liebten u<strong>nd</strong> ihre Beziehung bee<strong>nd</strong>eten, um die Liebe zueina<strong>nd</strong>er<br />
nicht zu verlieren.<br />
<strong>Wa</strong>rum gibt der arrogante Ab<strong>el</strong> Znorko, der sich sonst vor der Öffentlichkeit<br />
abschottet, ausgerechnet dem Journalisten einer Provinzzeitung<br />
ein Interview? <strong>Wa</strong>s weiß Erik Larsen über die Beziehung zwischen Ab<strong>el</strong><br />
Znorko u<strong>nd</strong> der Frau mit der er den Briefwechs<strong>el</strong> führt?<br />
Eric-Emmanu<strong>el</strong> Schmitt erzählt die Geschichte einer Liebe, die in ihrer<br />
Form einzigartig ist. Er besitzt die Gabe, den Leser <strong>im</strong>mer wieder zu<br />
überraschen. Denkt man, den Sinn erkannt zu haben, we<strong>nd</strong>et Schmitt<br />
das Blatt ganz unverhofft u<strong>nd</strong> lässt etwas so Schockiere<strong>nd</strong>es u<strong>nd</strong> Ergreife<strong>nd</strong>es<br />
geschehen, dass man nur die Augen aufreißt u<strong>nd</strong> staunt über die<br />
Möglichkeiten, die Schmitt uns vorführt. Man sollte denken, eine alles<br />
verä<strong>nd</strong>er<strong>nd</strong>e We<strong>nd</strong>ung sollte genügen, doch in diesem Stück schlagen<br />
die Überraschungen wie W<strong>el</strong>len übereina<strong>nd</strong>er ein u<strong>nd</strong> treffen den Leser<br />
mitten ins Herz.<br />
Es ist die Geschichte der puren, echten Liebe, die Schmitt hier erzählt.<br />
Eine Liebe ohne Gesicht u<strong>nd</strong> deshalb vi<strong>el</strong>leicht die einzig wahre.<br />
„Enigma“ ist eines der am meisten gespi<strong>el</strong>ten Stücke von Eric-Emmanu<strong>el</strong><br />
Schmitt u<strong>nd</strong> wurde bereits in Tokyo, Moskau, Berlin, Los Ang<strong>el</strong>es<br />
u<strong>nd</strong> Lo<strong>nd</strong>on aufgeführt. Darst<strong>el</strong>ler waren unter a<strong>nd</strong>erem Alain D<strong>el</strong>on<br />
u<strong>nd</strong> Donald Sutherla<strong>nd</strong>. Im Dezember ist „Enigma“ als Inszenierung<br />
von Schlö<strong>nd</strong>orff mit Mario Adorf als Ab<strong>el</strong> Znorko in Berlin zu sehen.<br />
Währe<strong>nd</strong> Schmitts Stücke „Monsieur Ibrah<strong>im</strong> u<strong>nd</strong> die Blumen des<br />
Koran“ u<strong>nd</strong> „Oscar u<strong>nd</strong> die Dame in rosa“ seit Monaten in den Bests<strong>el</strong>lerlisten<br />
si<strong>nd</strong> u<strong>nd</strong> „Monsieur Ibrah<strong>im</strong> u<strong>nd</strong> die Blumen des Koran“ mit<br />
Omar Sharif verfilmt wurde, ist „Enigma“ mehr ein Gehe<strong>im</strong>tipp.<br />
Benannt ist das Stück nach den „Enigma Variationen“ vom Komponisten<br />
Elgar. Das si<strong>nd</strong> 14 Variationen, die sich der M<strong>el</strong>odie eines bekannten<br />
Liedes annähern, die man aber nie erkennt.<br />
Die Liebe lässt sich nicht begreifen, doch durch „Enigma“ kommt man<br />
ihr nah wie s<strong>el</strong>ten zuvor.<br />
Eric-Emmanu<strong>el</strong> Schmitt: „Enigma“, Lib<strong>el</strong>le, 1997, 75 Seiten zu 10,50 €<br />
Sehr zu empfehlen ist das Hörspi<strong>el</strong>, g<strong>el</strong>esen von Jürgen Haensch u<strong>nd</strong><br />
Winfried Glatzeder!<br />
<strong>Der</strong> Audio Verlag, Juni 2001<br />
77 Minuten zu 12,80 €