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Fragen an den Zeitzeugen Günter Macke

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<strong>Fragen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Zeitzeugen</strong> Günter <strong>Macke</strong><br />

Günter <strong>Macke</strong> aus Min<strong>den</strong>, geboren am 30.10.28 , beg<strong>an</strong>n 1943 seine Lehre beim<br />

damaligen Spar- und Darlehnskassenverein Min<strong>den</strong> eGmuH und war dort bis zum<br />

Eintritt in <strong>den</strong> Ruhest<strong>an</strong>d im Jahr 1992 in verschie<strong>den</strong>en, auch leiten<strong>den</strong>, Positionen<br />

beschäftigt.<br />

Herr <strong>Macke</strong>, bitte beschreiben Sie die Zeit, in der Sie beim Spar- und<br />

Darlehnskassenverein Min<strong>den</strong> <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen sind.<br />

Nach dem Besuch der Volksschule ging ich 1943 im Alter von 14 Jahren bei der Sparund<br />

Darlehnskasse Min<strong>den</strong> in die Lehre. Der zweite Weltkrieg war im vollen G<strong>an</strong>ge. Im<br />

Herbst 1944 – inzwischen war ich 15 – wurde auch ich wie so viele <strong>an</strong>dere meines<br />

Jahrg<strong>an</strong>ges eingezogen und zum Reichsarbeitsdienst verpflichtet. Wir mussten im<br />

Osnabrücker Bahnhof Blindgänger wegräumen. Karfreitag 1945, kurz vor Kriegsende,<br />

kam ich mit 16 Jahren in Gef<strong>an</strong>genschaft nach Belgien, in die Nähe von Ostende. Da<br />

ich zu <strong>den</strong> Jüngsten gehörte, wurde ich Ende August als einer der Ersten entlassen.<br />

Mit gut einem Jahr Unterbrechung ging´s d<strong>an</strong>n mit der Lehre weiter.<br />

Wie sah Ihr Berufsalltag <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs aus: Womit haben Sie sich beschäftigt?<br />

Wir arbeiteten mit Feder und Tintenfass. Es gab keine Kontoauszüge, sondern so<br />

gen<strong>an</strong>nte „Kontogegenbücher“, ähnlich wie Sparbücher. Da wurde alles mit H<strong>an</strong>d<br />

eingetragen. Ziemlich bald gab es aber eine „Buchungsmaschine“, so eine Art<br />

rechnende Schreibmaschine. Mit or<strong>den</strong>tlich Kraft konnte m<strong>an</strong> die Zahlen da<br />

„reinhacken“, und die Maschine errechnete <strong>den</strong> neuen Saldo. Das war schon sehr<br />

fortschrittlich! Ansonsten wur<strong>den</strong> monatliche Abstimmungen mit Soll- und<br />

Habenbuchungen durchgeführt: In schmalen Spalten mussten wir die Zahlen „mit<br />

spitzem Bleistift“ eintragen – und es stimmte nie auf Anhieb!<br />

Zu <strong>den</strong> festen Aufgaben des „Stifts“ gehörte das Heizen: Ich musste morgens die<br />

Kohlen zum Ofen schleppen und das Feuer <strong>an</strong>zün<strong>den</strong>. Und im ersten Ausbildungsjahr,<br />

also im Krieg, kam noch die Sicherung der B<strong>an</strong>k-Unterlagen hinzu: Bei jedem<br />

Luft<strong>an</strong>griff war ich dafür ver<strong>an</strong>twortlich, die alten gebun<strong>den</strong>en Bücher in Kisten aus<br />

der Buchhaltung in <strong>den</strong> Keller zu schleppen – und <strong>an</strong>schließend wieder zurück.<br />

Als ich meine Ausbildung beg<strong>an</strong>n, bef<strong>an</strong>d sich die „SpaDaKa“ in Min<strong>den</strong> in der<br />

Tonhallenstraße. Wir waren vier Mitarbeiter, und da die Männer (Kassenleiter Friedrich<br />

Spieß, Walter Kuhlm<strong>an</strong>n und Fritz Boge) im Krieg bzw. in Gef<strong>an</strong>genschaft waren, war<br />

„die Kasse“ erstmal fest in Frauenh<strong>an</strong>d – wie ein großer Teil der Unternehmen in<br />

dieser Zeit. Kassenleiter Spieß wurde zum Beispiel von seiner Frau vertreten – so<br />

einfach war das!<br />

Welche „Meilensteine“ haben Sie miterlebt, und wie hat sich Ihre Arbeit im Laufe der<br />

Jahre verändert?


Ich habe einige Umzüge mitgemacht: Durch eine gepl<strong>an</strong>te Straßenbegradigung wurde<br />

der Abriss unserer Räume in der Tonhallenstraße 1 nötig, und wir zogen in die<br />

Lin<strong>den</strong>straße 7, in das ehemalige Café Hoppe. Dieser rote Backsteinbau ist schon l<strong>an</strong>ge<br />

Jahre verschwun<strong>den</strong> – heute ist dort der ZOB. Am 6. Dezember 1974 sind d<strong>an</strong>n wir in<br />

<strong>den</strong> heutigen St<strong>an</strong>dort Markt 24 eingezogen. Außerdem k<strong>an</strong>n ich mich noch gut<br />

erinnern, dass wir uns auch in der Region ausbreiteten: Wir eröffneten Zweigstellen in<br />

Häverstädt, Had<strong>den</strong>hausen, D<strong>an</strong>kersen und Meißen.<br />

Meine Aufgabe lag l<strong>an</strong>ge Jahre in der Leitung der Buchhaltung. Die „revolutionäre“<br />

Einführung der elektronischen Datenverarbeitung mittels Lochkarte nahmen wir<br />

„schon“ 1963 vor. Das war eine sp<strong>an</strong>nende Zeit! Kontoabschlüsse, Zinszahlen usw.<br />

wur<strong>den</strong> von der Maschine gerechnet und ausgedruckt – die Zeit der m<strong>an</strong>uellen<br />

Zinsstaffeln war vorbei! Trotzdem gab es beim Halbjahres- und Jahresabschluss noch<br />

tagel<strong>an</strong>ge Abstimmungsarbeiten zu erledigen. Wenn <strong>an</strong>dere im Sommerbad waren,<br />

haben wir bis in <strong>den</strong> Abend hinein „gest<strong>an</strong>zt“. Silvester war die B<strong>an</strong>k bis 12 Uhr<br />

geöffnet, d<strong>an</strong>n wurde bis nachmittags gearbeitet – und am Neujahrstag nochmal von<br />

10 bis 17 Uhr. Da wurde auch nicht groß nach Genehmigungen für Feiertagsarbeit<br />

gefragt. Das ging nicht <strong>an</strong>ders, und fertig!<br />

Eine besonders schwierige Situation ergab sich im Jahr 1968: Vorst<strong>an</strong>d Karl Kley<br />

verstarb plötzlich <strong>an</strong> einem Herzinfarkt, und wir st<strong>an</strong><strong>den</strong> ohne Leitung da. In dieser<br />

Zeit haben Walter Kuhlm<strong>an</strong>n und ich alle erforderlichen Entscheidungen übernommen.<br />

D<strong>an</strong>ach bildeten Walter Kuhlm<strong>an</strong>n, Ernst Große-Heitmeyer und ab 1972 Fritz Boge<br />

viele Jahre l<strong>an</strong>g <strong>den</strong> Vorst<strong>an</strong>d.<br />

Welche Fusionen haben Sie miterlebt? Bei welcher Fusion gab es die größten<br />

Hindernisse und Be<strong>den</strong>ken?<br />

1972 wur<strong>den</strong> die Spar- und Darlehnskassenvereine Min<strong>den</strong> und Holzhausen (Porta<br />

Westfalica) zusammengeführt. 1973 kamen Nammen und Päpinghausen dazu. Die<br />

Firmierung ab 1976 lautete „Spar- und Darlehnskasse Min<strong>den</strong>-Porta Westfalica eG mit<br />

Zweigniederlassung Holzhausen“. Die Namensgebung war bei Fusionen ein immens<br />

wichtiges Thema! Ohne <strong>den</strong> Zusatz „Zweigniederlassung Holzhausen“ wäre womöglich<br />

die Fusion gescheitert.<br />

Rend<strong>an</strong>t Fritz Boge (Holzhausen) war sofort nach der Fusion im neuen Vorst<strong>an</strong>d, und<br />

Dieter Redecker (Päpinghausen) stieg nach vielen Jahren als Innenleiter ebenfalls in <strong>den</strong><br />

Vorst<strong>an</strong>d auf.<br />

Welche Ratschläge können Sie jungen Nachwuchskräften im B<strong>an</strong>kgeschäft mit auf <strong>den</strong><br />

Weg geben?<br />

Ich glaube der Beruf, so wie ich ihn erlernt habe, ist mit <strong>den</strong> heutigen Anforderungen<br />

nur noch sehr schwer vergleichbar. Ich war mein g<strong>an</strong>zes fast 50-jähriges Berufsleben<br />

bei einem Arbeitgeber – das ist heute unvorstellbar! Junge B<strong>an</strong>ker brauchen heute vor<br />

allem Kommunikationsfähigkeit, um in der Beratung die komplexen <strong>Fragen</strong> und<br />

Anforderungen der Kun<strong>den</strong> lösen zu können. Früher gab es ein Girokonto, ein<br />

Sparbuch, vielleicht noch einen Sparbrief und einen Kredit – das war die g<strong>an</strong>ze


Produktpalette. Die Konkurrenzsituation war auch sehr viel übersichtlicher. Da hat sich<br />

schon eine Menge get<strong>an</strong>, und das hat <strong>den</strong> Beruf nicht leichter gemacht. Trotzdem:<br />

Damals wie heute sind Spaß <strong>an</strong> der Tätigkeit und der Wille, etwas zu leisten, die besten<br />

Voraussetzungen für einen erfüllten Berufsalltag. Und der moderne Begriff vom<br />

„lebensl<strong>an</strong>gen Lernen“ – der galt auch für uns! Also mein Tipp: Nicht entmutigen<br />

lassen, sondern einfach <strong>den</strong> eigenen Weg gehen – und nach Rückschlägen wieder<br />

aufstehen!<br />

Herr <strong>Macke</strong>, wir bed<strong>an</strong>ken uns für dieses interess<strong>an</strong>te Gespräch und wünschen Ihnen<br />

weiterhin gute Gesundheit und alles Gute!

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