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Die beste Schokolade der Welt, Lindt - Achtzig

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4 und achtzig „Unsere <strong>Schokolade</strong> soll<br />

<strong>Die</strong> <strong>beste</strong> <strong>Schokolade</strong> <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />

Ein Besuch in Kilchberg, Zürich<br />

Unumstritten: <strong>Die</strong> <strong>beste</strong> <strong>Schokolade</strong> <strong>der</strong> <strong>Welt</strong> kommt aus <strong>der</strong> Schweiz. Im idyllischen Örtchen Kilchberg, gelegen am Zürichsee, liegt <strong>der</strong><br />

Hauptfirmensitz des 160 Jahre alten Unternehmens <strong>Lindt</strong> & Sprüngli. Nach langem Bemühen reiste die unabhängige Kulturzeitung nach<br />

Zürich um für seine Leser mehr über das Geheimnis von <strong>Lindt</strong> zu erfahren.<br />

„Es geht vor allem um die sehr, sehr strikten<br />

Security und Hygiene Regeln, die<br />

wir auferlegt bekommen und uns selber<br />

geben, genauso um die Arbeitssicherheit<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter. Alles ist sehr technologisiert<br />

und man braucht immer mehr Aufmerksamkeit<br />

und Know-how um alle Computer-<br />

gesteuerten Anlagen zu überwachen<br />

und kontrollieren zu können. Wenn<br />

dann Leute hin und her gehen, lenkt das<br />

die Mitarbeiter ab. Sie interessieren sich,<br />

wer ist das, warum sind sie da? Aus diesen<br />

Gründen bekommen sie nun firmeninterne<br />

Arbeitskleidung geliehen!“ so<br />

die sympathische Sylvia Kälin vor <strong>der</strong> für<br />

80 organisierten Führung durch die berühmteste<br />

<strong>Schokolade</strong>nfabrik <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>.<br />

<strong>Welt</strong>weit beschäftigt das Unternehmen<br />

7.793 Mitarbeiter, <strong>der</strong> Umsatz beziffert<br />

sich auf knapp drei Milliarden Franken<br />

jährlich. Erfolg <strong>der</strong> sich durch Kunst und<br />

Wissenschaft zugleich ergibt, auch nicht<br />

zu vergessen: <strong>Lindt</strong> war das erste Unternehmen,<br />

dass zart schmelzende <strong>Schokolade</strong><br />

produzierte. Eine Erfindung von<br />

Ur- Chocolatier Rodolphe <strong>Lindt</strong> aus dem<br />

Jahre 1879 , <strong>der</strong> die gesamte <strong>Welt</strong> bis<br />

heute dankbar gegenüber steht.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Schokolade</strong>nfabrik in Kilchberg erinnert<br />

an einen James Bond Film, hermetisch<br />

abgesichert gegenüber jedem<br />

Neugierigen, x Stockwerke mit x Produktionsmaschinen.<br />

<strong>Lindt</strong> ist das Wohl seiner<br />

Mitarbeiter sehr wichtig: aus jedem<br />

Stock erfreut die gigantische Aussicht<br />

auf den Zürcher See, alles an<strong>der</strong>e als klischeehafte<br />

„Bil<strong>der</strong> von überlasteten Fabrikarbeitern“.<br />

Frau Kälin scheint meine<br />

Gedanken lesen zu können als wir an einem<br />

För<strong>der</strong>band mit Lindor-Kugeln kommen<br />

„Greifen Sie doch zu!“. Das lasse ich<br />

mir nicht zweimal sagen, schnappe mir<br />

eine Kugel und stelle fest – Fabriksfrisch<br />

schmecken sie am <strong>beste</strong>n!<br />

Hans Geller, Senior Maître Chocolatier,<br />

kommentiert für uns die verschiedenen<br />

Produktionsprozesse, und erfreut uns<br />

mit den jeweiligen Kostproben, von noch<br />

recht körnig aber bereits ausgezeichnet<br />

schmeckend bis hin zur<br />

zart - schmelzenden Endmasse. Das beson<strong>der</strong>e<br />

an <strong>Lindt</strong> ist ja <strong>der</strong> zarte Schmelz,<br />

<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Zunge zergeht, den ganzen<br />

Gaumen sanft einhüllt und schließlich<br />

den Genießer in einem vollkommenen<br />

Wohlgefühl zurück lässt. Nachdem <strong>der</strong><br />

Kakao sorgfältig geröstet, gebrochen<br />

und zusammen mit den an<strong>der</strong>en Zutaten<br />

schonend bis auf tausendstel Millimeter<br />

mit schweren Walzen extrem fein<br />

zerkleinert wird, gelangt die dadurch<br />

entstandene Masse<br />

in die so genannten<br />

Conchen und wird gerührt<br />

– stundenlang,<br />

manchmal tagelang.<br />

Dabei werden natürlich<br />

vorhandene, aber unerwünschte<br />

Bitterstoffe<br />

einfach „ausgelüftet“.<br />

Außerdem werden die<br />

kleinsten Partikelchen<br />

aller Zutaten ganz und<br />

vollständig umhüllt von<br />

cremig – weicher Kakaobutter – für das<br />

Auge unsichtbar, aber für jeden Genießer<br />

sofort spürbar: vollendetes Aroma und<br />

<strong>der</strong> typische Schmelz aller <strong>Lindt</strong> – Chocoladen.<br />

Viele Eindrücke und noch mehr<br />

Fragen im Kopf, verlassen wir die Fabrik<br />

um bei einem traumhaften Restaurant<br />

am See über <strong>Schokolade</strong>, Genuss, Kultur<br />

und natürlich den Mythos <strong>Lindt</strong> zu sprechen.<br />

<strong>Lindt</strong> gibt es nun seit 160 Jahren – Wo<br />

würde sich das Unternehmen zwischen<br />

Tradition und Innovation positionieren?<br />

Sylvia Kälin: Tradition ist <strong>der</strong><br />

Ausgangspunkt, die Basis unserer 162-<br />

jährigen Erfahrung, <strong>der</strong> Rest ist Innovation.<br />

<strong>Lindt</strong> ist extrem innovativ, denken<br />

Sie bloß an all das, was in letzter Zeit<br />

alles auf den Markt gekommen ist! Seit<br />

den ersten Lindor-Kugeln aus Milchschokolade<br />

wurden beispielsweise zahlreiche<br />

Varianten, darunter erst kürzlich eine<br />

mit extrem hohen Kakaogehalt kreiert.<br />

<strong>Die</strong> Tradition und Erfahrung braucht man<br />

um die <strong>beste</strong> Qualität zu erzielen, aber<br />

purer Genuss sein, es<br />

geht um einen kleinen<br />

Moment des ‚Relaxens’,<br />

wo man die Seele baumeln<br />

lässt.“<br />

daneben darf man nicht einschlafen. Es<br />

braucht Power und Bewegung. Der Kreativität<br />

bei <strong>der</strong> Entwicklung von innovativen<br />

Rezepturen sind praktisch keine<br />

Grenzen gesetzt, und unsere jungen<br />

Maîtres Chocolatiers sprudeln vor Ideen.<br />

<strong>Die</strong>se müssen Sie <strong>der</strong> Reihe nach ordnen<br />

und dann abwägen, was machbar ist.<br />

Was für eine Philosophie, um es auf den<br />

Punkt zu bringen, steht hinter <strong>Lindt</strong>?<br />

Was kaufe ich mir, wenn<br />

ich eine Tafel <strong>Lindt</strong> <strong>Schokolade</strong><br />

wähle?<br />

Hans Geller: <strong>Die</strong><br />

Philosophie von <strong>Lindt</strong><br />

ist es <strong>Schokolade</strong> auf<br />

den Markt zu bringen,<br />

die geschmacklich hervorragend,<br />

im Schmelz<br />

wun<strong>der</strong>bar und so fein<br />

ist, dass man keinen Partikel<br />

auf <strong>der</strong> Zunge spürt.<br />

Dann sind es auch die<br />

wun<strong>der</strong>schönen Duft- und Geschmackstoffe,<br />

die durch die Kombination in <strong>der</strong><br />

Rezeptur und durch die Veredlung, sprich<br />

Feinwalzung, Conchierung und Vorkristallisierung<br />

(Temperierung) entstehen.<br />

All das lässt uns davon ausgehen, <strong>Schokolade</strong><br />

für Liebhaber zu produzieren.<br />

Wir alle kennen die Maîtres Chocolatiers<br />

aus den tollen <strong>Lindt</strong> – Fernsehwerbung,<br />

sie gelten für 80 als die Personifizierung<br />

<strong>der</strong> <strong>beste</strong>n <strong>Schokolade</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Welt</strong>: War es für Sie schon von Kindheit<br />

an, ein Wunsch mit <strong>Schokolade</strong> zu tun<br />

zu haben?<br />

Ich hatte schon immer Freude<br />

am Kuchen backen. (schmunzelt)<br />

Wir hatten zu Hause ein Restaurant und<br />

meine Eltern hielten es für eine gute<br />

Idee, wenn ich Confiseur lernte. Gesagt,<br />

getan. Ich war von Anfang an von diesem<br />

Beruf begeistert. Nach drei Jahren<br />

bin ich in Län<strong>der</strong> gegangen, wo<br />

ich Vieles Lernen konnte.<br />

Irgendwann war ich überzeugt,<br />

den Beruf zu kennen<br />

und entschied, mich nur mehr mit<br />

<strong>Schokolade</strong> zu beschäftigen. So bin<br />

ich dann zu <strong>Lindt</strong> gekommen.<br />

<strong>Die</strong> Funktion des „Maître Chocolatier“<br />

war immer ihr Ziel?<br />

Im Jahre 1963 habe ich bei<br />

<strong>Lindt</strong> angefangen und seither die ganzen<br />

Entwicklungen begleitet. Vieles was wir<br />

in Kilchberg an <strong>Schokolade</strong>n, Pralinen,<br />

Füllmassen und Tafeln entwickelt haben,<br />

konnte ich in den an<strong>der</strong>en Werken<br />

einführen. Wir haben ja noch weitere 8<br />

Werke: In <strong>der</strong> Schweiz, in Deutschland,<br />

Frankreich, Italien, in den USA. 1994<br />

übernahmen wir Hofbauer in Gloggnitz<br />

bei Wien. Im Nachhinein kam dann noch<br />

Ghirardelli in San Francisco dazu. Ich<br />

machte Studien über das, was die Konsumenten<br />

dort schätzen. Wir haben z.B.<br />

spezielle Tafel-Rezepturen entwickelt,<br />

die dann später in San Francisco produziert<br />

wurden. Viele erfolgreiche Produkte<br />

wurden und werden hier (Kilchberg)<br />

entwickelt und dann in die ganze <strong>Welt</strong><br />

exportiert.<br />

Was halten Sie von experimentellen<br />

<strong>Schokolade</strong>machern?<br />

Wenn das jemand gern hat, warum<br />

nicht. Ich vertrete aber die Meinung,<br />

dass man alles übertreiben kann – wir wollen<br />

<strong>Schokolade</strong> machen.(schmunzelt)<br />

Warum sagt man, dass <strong>Schokolade</strong><br />

glücklich macht?<br />

Kälin: <strong>Schokolade</strong>-Genuss ist<br />

etwas sehr Emotionales. Träume sind damit<br />

verbunden, Kindheitserinnerungen,<br />

z.B. als Belohnung für eine gute Schulnote.<br />

Es ist interessant, zu analysieren,<br />

was <strong>Schokolade</strong> für uns Menschen bedeutet<br />

und welche sinnlichen Empfindungen<br />

damit verbunden sind.<br />

Geller: Es sind aber auch verschiedene<br />

Substanzen im Kakao<br />

enthalten, von denen gesagt wird,<br />

dass sie das Wohlbefinden positiv<br />

beeinflussen. Man kann also davon<br />

ausgehen, dass diese sich<br />

umso mehr auf unsere<br />

Stimmung auswirken,<br />

je dunkler <strong>Schokolade</strong><br />

ist.<br />

Aber nicht nur solche Substanzen<br />

sorgen für Entspannung,<br />

<strong>Schokolade</strong> zu essen gleicht für<br />

mich einem „Time Out“ für Geist und<br />

Seele…<br />

Kälin: Unsere <strong>Schokolade</strong> soll<br />

purer Genuss sein, es geht um einen kleinen<br />

Moment des ‚Relaxens’, wo man die<br />

Seele baumeln lässt. Man gönnt sich etwas,<br />

schenkt sich einen Moment Zeit und<br />

sagt sich ‚Ich will jetzt genießen, und<br />

zwar ganz bewusst!’. Wenn man sich diesem<br />

Moment hin gibt und sich eine wirklich<br />

gute <strong>Schokolade</strong> wie die von <strong>Lindt</strong><br />

gönnt, dann ist man nachher wie ‚aufgepumpt’.<br />

<strong>Die</strong> stimmungshebende Wirkung<br />

kommt sicher auch von eben diesem<br />

psychologischen Effekt. Natürlich gibt<br />

es aber auch eine biologische Erklärung,<br />

wie wir schon wissen.<br />

Wenn man <strong>Schokolade</strong> kauft, soll man<br />

sie dann im Kühlschrank lagern?<br />

Geller: <strong>Die</strong> Lagerung im Kühlschrank<br />

ist immer etwas gefährlich. Wenn<br />

man <strong>Schokolade</strong> nur für kurze Zeit, so ein<br />

bis zwei Tage, dort liegen lässt, dann<br />

geht das. Aber ich will Ihnen dazu etwas<br />

sagen: Wenn sie im Sommer eine Flasche<br />

Mineralwasser aus dem Kühlschrank nehmen<br />

ist sie kurze Zeit später außen nass.<br />

<strong>Die</strong> warme Luft kühlt ab und die Feuchtigkeit<br />

rinnt dann außen runter. Ähnlich<br />

verhält es sich bei einer <strong>Schokolade</strong>, die<br />

im Kühlschrank war: Ein Teil <strong>der</strong> Zuckerkristalle<br />

löst sich heraus und dann wird<br />

sie grau und unansehnlich.<br />

Gibt es einen Tag im Jahr, an dem sie<br />

keine Lust auf <strong>Schokolade</strong> haben?<br />

Nein, nicht wirklich. Ich habe<br />

immer das Bedürfnis, nach dem Mittagessen,<br />

zu einem Espresso, ein Stück dunkle<br />

<strong>Schokolade</strong> (das kann eine Lindor- Kugel<br />

sein o<strong>der</strong> ein Hauchdünn-Täfelchen) zu<br />

Hören...<br />

Öffnen...<br />

Fühlen...<br />

Riechen...<br />

..


www.achtzig.com<br />

80 Fotografin<br />

Marissa Florian in<br />

neuer“Arbeitskleidung” .<br />

Presselady Sylvia Kälin<br />

naschen. Ungefähr so 20 g, das ist für<br />

mich ideal.<br />

Wann spricht man nun als Fachmann<br />

von einer dunklen <strong>Schokolade</strong>? Ab wie<br />

viel Prozent?<br />

Um von einer dunklen <strong>Schokolade</strong><br />

zu sprechen, sollte die Sorte einen<br />

Kakaoanteil von 50 Prozent besitzen.<br />

Gibt es einen typischen <strong>Schokolade</strong>genießer<br />

o<strong>der</strong> genießen zum Beispiel Junge<br />

Menschen an<strong>der</strong>s wie Ältere?<br />

Ich bin schon <strong>der</strong> Meinung,<br />

dass es unterschiedliche Genießer -Stadien<br />

gibt. Blickt man auf die verschiedenen<br />

Generationen, dann sind Kin<strong>der</strong><br />

eher im hellen Bereich anzusiedeln, das<br />

heißt von <strong>der</strong> Weißen bis zur Milch-<strong>Schokolade</strong>.<br />

Es ist sehr selten, dass Kin<strong>der</strong><br />

dunkle <strong>Schokolade</strong> mögen. Ich weiß das<br />

aus Erfahrung mit meinen Kin<strong>der</strong>n und<br />

Enkeln: Zuerst kommt die Weiße, dann<br />

Milchschokolade - auch mit Haselnüssen.<br />

Das ist <strong>der</strong> allgemeine Trend. <strong>Die</strong> älteren<br />

Genießer, die auch ein Gläschen Wein<br />

mögen, nehmen dazu in <strong>der</strong> Regel dunkle<br />

<strong>Schokolade</strong>. Das passt harmonisch gut<br />

zusammen. Außerdem sind sowohl im<br />

Rotwein wie auch in <strong>der</strong> dunklen <strong>Schokolade</strong><br />

Phenole enthalten.<br />

Sind junge Genießer schwieriger zufrieden<br />

zu stellen?<br />

<strong>Die</strong> jetzige, junge Generation<br />

ist sehr kritisch, aber auch begeistert<br />

von einfachen Dingen wie von Lindor-<br />

Kugeln. <strong>Die</strong>se sind nicht so komplex wie<br />

eine Praline mit viel Dekoration, was<br />

einer an<strong>der</strong>en Mentalität entsprechen<br />

würde. <strong>Die</strong> Pralinen- Genießer sind vielleicht<br />

eher etwas älter. Für Schulkin<strong>der</strong><br />

ist es dagegen üblicher, ein gutes Stück<br />

Milchschokolade mit Haselnüssen zu naschen.<br />

Das sind die Erfahrungen, die ich<br />

persönlich gemacht habe.<br />

Wenn Sie jemanden eine <strong>Schokolade</strong><br />

zum Kosten geben, <strong>der</strong> sein Leben lang<br />

noch nie welche probiert hat, welche<br />

wäre es?<br />

Ich sage es immer mit den<br />

gleichen Worten: Einerseits gibt es 3<br />

Hauptsorten nämlich weiße <strong>Schokolade</strong>,<br />

Milchschokolade und dunkle <strong>Schokolade</strong>.<br />

Demgegenüber stehen grundsätzlich<br />

auch 3 Geniesser-Typen, die eine dieser<br />

3 Variationen bevorzugen. Sie haben ja<br />

auch lieber Espresso an Stelle von einem<br />

Milchkaffee, wie ich bei unserem Mittagessen<br />

beobachtet habe: Es sollten also<br />

die Individualitäten und Charakteristiken<br />

jedes Einzelnen berücksichtigt werden.<br />

Ich glaube auch, dass <strong>Schokolade</strong> mitunter<br />

ein bisschen mit Trends zu tun hat.<br />

So etwa wie in <strong>der</strong> Modebranche: ein Jahr<br />

sind die Klei<strong>der</strong> ein bisschen länger, das<br />

an<strong>der</strong>e Jahr wie<strong>der</strong> etwas kürzer. O<strong>der</strong><br />

bei den Herren sind die Hosen manchmal<br />

etwas enger o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> etwas breiter.<br />

Ich meine damit, es ist immer alles in Bewegung.<br />

So muss man das auch bei <strong>der</strong><br />

<strong>Schokolade</strong> sehen.<br />

Können sie sich noch an ihren genussvollsten<br />

<strong>Schokolade</strong>moment erinnern,<br />

als es Ihnen am Besten geschmeckt hat?<br />

Ich glaube, dieser Moment ist<br />

meiner Kindheit zu suchen. Als Kind habe<br />

ich immer mit einem Auge zur Toblerone<br />

und mit dem an<strong>der</strong>en Auge zur <strong>Lindt</strong>-<br />

Milchschokolade geschielt. Damals hat<br />

<strong>Lindt</strong> Spezialitäten gemacht, an die ich<br />

mich noch gut erinnere, wie zum Beispiel<br />

die ‚Duo’, eine 100g Tafel, bei welcher die<br />

eine Hälfte aus dunkler und die an<strong>der</strong>e<br />

Hälfte aus Milchschokolade<br />

bestand. Schon<br />

damals hat mich diese<br />

spezielle Kombination<br />

sehr angesprochen, wohl<br />

weil sie nicht so süß war,<br />

was wohl <strong>der</strong> Grund ist,<br />

weshalb diese Tafel mich<br />

als Kind ganz beson<strong>der</strong>s<br />

geprägt hat.<br />

Nachdem wir einen Kulturzeitung sind:<br />

Was hat <strong>Schokolade</strong> mit Kultur gemeinsam?<br />

<strong>Schokolade</strong> gibt es ja auch schon<br />

sehr lange.<br />

Geller: <strong>Die</strong> Entdeckung des für<br />

die <strong>Schokolade</strong> unentbehrlichen Kakao<br />

erfolgte in Mexiko. Dort wuchsen Kakaobäume<br />

und man realisierte bald, dass<br />

man aus den Früchten etwas herstellen<br />

konnte. <strong>Die</strong> Azteken brauten aus Kakao<br />

ein stärkendes Getränk für ihre Soldaten.<br />

Man benutze die Kakaobohnen aber auch<br />

als Zahlungsmittel und in religiösen Ritualen.<br />

Später, nachdem <strong>der</strong> Kakao nach<br />

Europa gelangt war, wurde die Verarbeitung<br />

experimenteller. Man hat die Kakaobohnen<br />

geröstet, zerkleinert und mit<br />

heißer Milch o<strong>der</strong> Wasser und vor allem<br />

mit Honig o<strong>der</strong> Zucker vermengt und ein<br />

modisches Getränk daraus gemacht, das<br />

man <strong>Schokolade</strong> nannte.<br />

Kälin: Kakao ist ein Kulturgut,<br />

dessen Ursprünge etwa 3500 Jahre<br />

zurück reichen. Während dieser langen<br />

Zeitspanne steht Kakao in enger Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> Kulturgeschichte. Im Zuge<br />

<strong>der</strong> Conquista gelangte <strong>der</strong> Kakao und<br />

das Rezept für das sakrale Getränk, das<br />

die Azteken Xocolatl nannten, mit Hernán<br />

Cortés nach Spanien. Und so wurde die<br />

mystische Frucht bald zu einer<br />

eigentlichen Modeerscheinung,<br />

die anfänglich nur den<br />

obersten Schichten zugänglich<br />

war. Es gab aber auch<br />

viele Kontroversen um das<br />

neuartige <strong>Schokolade</strong>getränk,<br />

das aufgrund <strong>der</strong><br />

Lasterhaftigkeit, die diesem Genußmittel<br />

anhaftete, zeitweilig sogar<br />

vom Klerus verboten wurde. Schließlich<br />

wurde es von den kirchlichen Instanzen<br />

definitiv genehmigt und sogar während<br />

<strong>der</strong> Fastenzeit toleriert. Erst mit <strong>der</strong> industriellen<br />

Revolution wurde <strong>Schokolade</strong><br />

„Ich vertrete aber die<br />

Meinung, dass man<br />

alles übertreiben<br />

kann – wir wollen<br />

<strong>Schokolade</strong> machen.“<br />

für breitere Schichten erschwinglich. <strong>Die</strong><br />

Geschichte von Kakao und <strong>Schokolade</strong> ist<br />

also auch ganz eng mit den gesellschaftlichen<br />

Gepflogenheiten und Entwicklungen<br />

in Europa verbunden.<br />

Würden Sie eine <strong>Schokolade</strong> entwerfen,<br />

von <strong>der</strong> Sie meinen, dass sie auf<br />

Sympathie bei den Kunden stößt, aber<br />

Ihnen selbst nicht zusagt?<br />

Geller: Bei einer Neuentwicklung<br />

muss man immer mehrere Aspekte<br />

berücksichtigen. Man braucht Leute,<br />

die den Markt kennen, die spüren was<br />

in den Trend kommt. Das sind richtige<br />

„Wellen“, etwa eine Weiße<br />

Welle o<strong>der</strong> eine Dunkle<br />

Welle. Man muss auch<br />

spüren, was die jungen<br />

Leute mögen. Bis vor einigen<br />

Jahren haben wir uns<br />

eher auf Bewährtes konzentriert:<br />

Produkte, wie<br />

zum Beispiel klassische<br />

Pralinen-Mischungen, die<br />

aber nichts wirklich Innovatives<br />

an sich hatten. <strong>Die</strong> heutigen<br />

Generationen suchen aber nach neuen<br />

Geschmackserlebnissen. Sie wollen<br />

mo<strong>der</strong>ner sein, überrascht werden und<br />

nichts wie die Älteren so machen. Sie<br />

wollen etwas Eigenständiges und genau<br />

das muss man spüren. Ich kann Ihnen<br />

ein Beispiel nennen: <strong>Die</strong> deutsche Süßwaren-Fachsschule,<br />

in welcher ich auch<br />

engagiert war, veranstaltet alle zwei<br />

Jahre eine internationale Pralinen-Tagung.<br />

Zuerst war ich als Zuhörer dort.<br />

In den letzten Jahren hatte ich aber<br />

die Chance, diese zu mo<strong>der</strong>ieren. Glauben<br />

Sie mir, wenn Sie diese motivierten<br />

Leute vor sich haben, dann spüren Sie<br />

aufgrund <strong>der</strong> Fragestellungen, was sie<br />

fühlen, an was sie denken und woran sie<br />

arbeiten. Wenn Sie eine solche Sensibilität<br />

entwickeln, ist das eine wun<strong>der</strong>bare<br />

Ausgangsbasis um etwas Neues zu<br />

kreieren. Sie müssen ja nichts wie die<br />

An<strong>der</strong>en machen, sie sollen nur spüren<br />

woher <strong>der</strong> Wind weht.<br />

Sind die „Maîtres“ dann Forscher o<strong>der</strong><br />

Künstler?<br />

Sie sind we<strong>der</strong> Forscher noch<br />

Künstler. Es geht vielmehr um Gefühl und<br />

um Dinge, die man als „Maître“ einfach<br />

„spüren“ muss. Viele von uns haben Confiseur<br />

gelernt und sind sehr kreativ<br />

in <strong>der</strong> Entwicklung mancher<br />

Rezeptur, aber wir bezeichnen<br />

uns nicht als Künstler.<br />

Ein Maître alleine kann noch<br />

nichts bewerkstelligen. Auch <strong>der</strong><br />

Austausch mit Kolleginnen und<br />

Kollegen aus an<strong>der</strong>en Fachgebieten<br />

ist wichtig, um etwas vorwärts<br />

zu bringen, denn wenn man auf dem<br />

richtigen Weg ist, dann ziehen alle am<br />

gleichen Strang. Oft braucht es für die<br />

Umsetzung einer innovativen Neuentwicklung<br />

auch neuartige Technologien.<br />

und damit natürlich Leute, die das neueste<br />

technische Know-how besitzen. Sie<br />

sehen also, die <strong>beste</strong> <strong>Schokolade</strong> kann<br />

nur aus dem harmonischen Zusammenspiel<br />

vieler kompetenter Spezialisten<br />

entstehen.<br />

Gibt es eine Praline die aus Ihrer Schöpfung<br />

stammt?<br />

Da ist nie eine alleinig von mir<br />

gekommen, aber ich konnte alle Produkte<br />

begleiten, zum Beispiel auch die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Lindor- Kugel. Ich würde<br />

deshalb nie sagen, „Das ist meine Erfindung!“,<br />

denn es ist immer eine Team-Arbeit,<br />

an welcher viele beteiligt sind.<br />

Wenn ich eine Tafel <strong>Lindt</strong>-<strong>Schokolade</strong><br />

in Graz kaufe, woher stammt sie?<br />

In Österreich und Deutschland<br />

sind die Geschmäcker ähnlich und<br />

deshalb werden zum Teil dieselben o<strong>der</strong><br />

eben ähnliche Produkte angeboten, die<br />

vorwiegend in Aachen in Deutschland<br />

o<strong>der</strong> in Gloggnitz bei Wien speziell für<br />

diese Märkte herrgestellt werden.<br />

Haben Österreicher Eigenarten bei ihrer<br />

Wahl von <strong>Schokolade</strong>?<br />

Österreich, als kleines Land,<br />

ist trotzdem sehr speziell, da es viele<br />

Einflüsse <strong>der</strong> Nebenlän<strong>der</strong> aufnimmt.<br />

Eigentlich haben alle Län<strong>der</strong> sehr spezifische<br />

geschmackliche Eigenheiten und<br />

Präferenzen. In Frankreich wird zum<br />

Beispiel viel mehr dunkle <strong>Schokolade</strong> genossen<br />

als in Österreich, deshalb wird in<br />

unserem französischen Werk mehr dunkle<br />

<strong>Schokolade</strong> produziert. An<strong>der</strong>e Rezepturen<br />

hingegen eignen sich aber wie<strong>der</strong><br />

für jeden Geschmack, wie etwa die rote<br />

Lindor-Kugel, die weltweit extrem beliebt<br />

ist. O<strong>der</strong> die neuen „Mousse au Chocolat“<br />

Tafeln aus <strong>der</strong> Schweiz, die auch in an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n Anklang finden.<br />

Welche Region wird von <strong>der</strong> Produktionsstätte<br />

Kilchberg versorgt?<br />

Kälin: Als Premium-<strong>Schokolade</strong>anbieter<br />

tragen wir den lokalen<br />

Geschmackspräferenzen Rechnung und<br />

so haben wir auf jedem wichtigen Markt<br />

auch ein speziell konzipiertes, lokales<br />

Angebot, das wir meistens direkt vor Ort<br />

produzieren. Wir könnten die Produktpalette<br />

einschränken und entsprechend<br />

kostengünstiger produzieren, aber das<br />

käme bei uns nicht in Frage, denn wir<br />

wollen die Bedürfnisse und Erwartungen<br />

aller Konsumentinnen und Konsumenten<br />

befriedigen. <strong>Die</strong> Schweizer Herkunft<br />

ist aber natürlich auch wichtig,<br />

vor allem in den Überseemärkten, die<br />

noch keine so ausgeprägte <strong>Schokolade</strong>kultur<br />

haben. Es gibt deshalb verschiedene<br />

Produkte, die von hier in die ganze<br />

<strong>Welt</strong> exportiert werden. In Hongkong ist<br />

es nicht nur wichtig zu sagen, „das ist<br />

<strong>Lindt</strong>-<strong>Schokolade</strong>“, son<strong>der</strong>n auch „das<br />

ist <strong>Lindt</strong>-<strong>Schokolade</strong> aus <strong>der</strong> Schweiz“.<br />

So ist es auch das Werk hier in Kilchberg,<br />

das weltweit die meisten Län<strong>der</strong> beliefert.<br />

Wir sind ja eine Schweizer Firma und<br />

unsere Herkunft und unser Know-How<br />

sind ursprünglich in <strong>der</strong> Schweiz angesiedelt.<br />

Rodolphe <strong>Lindt</strong> ist einer <strong>der</strong> bedeutendsten<br />

Exponenten <strong>der</strong> berühmten<br />

Schweizer <strong>Schokolade</strong>pioniere.<br />

Wenn wir nun Audienz einem Maître au<br />

Chocolatier von <strong>Lindt</strong> bekommen haben,<br />

muss ich die Gelegenheit für meine<br />

Leser ergreifen und nach einem Rezept<br />

für „Mousse au chocolat“ fragen?<br />

Es gibt ein einfaches Rezept,<br />

„von mir persönlich erprobt und für köstlich<br />

befunden“: Dazu brauchen Sie einen<br />

halben Liter Rahm und eine 100 Gramm<br />

Tafel dunkle <strong>Schokolade</strong>. Man kocht den<br />

Rahm ganz kurz auf und lässt dann die<br />

<strong>Schokolade</strong> darin schmelzen. Dann stellt<br />

man das Gemisch über Nacht in den Kühlschrank,<br />

um es am nächsten Tag mit dem<br />

Handmixer aufzuschlagen, als ob man<br />

einfach nur Sahne aufschlagen würde-<br />

Ich versichere Ihnen, dieses Rezept für<br />

„Mousse au Chocolat“ gelingt immer.<br />

Was für eine <strong>Schokolade</strong> sollte man dafür<br />

verwenden?<br />

Ich würde die <strong>Lindt</strong> Surfin<br />

<strong>Schokolade</strong>tafel mit rund 50% Kakaobestandteile<br />

nehmen, aber für diejenigen,<br />

die mehr Power haben wollen, empfehle<br />

ich je nach Geschmack die dunkleren,<br />

herkunftsreinen Excellence Ecuador<br />

o<strong>der</strong> Madagaskar o<strong>der</strong> aber die Excellence<br />

85%Kakao.<br />

So einfach kann ich mir das einfach<br />

nicht vorstellen?<br />

Ich habe das öfters in den<br />

großen Shopping-Centers in London<br />

präsentiert und eines Tages kam eine<br />

Hausfrau und sagte, es sei ihr einfach<br />

nicht gelungen. Sie erklärte, dass sie<br />

die Anleitung genau befolgt und die<br />

Schüssel dann in den Tiefkühler gestellt<br />

habe. Ein Missverständnis, denn im Tiefkühler<br />

war das Mousse am nächsten Tag<br />

natürlich steinhart gefroren. Bitte nur<br />

in den Kühlschrank stellen!

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