Christian Ludwig Attersee - Achtzig
Christian Ludwig Attersee - Achtzig
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www.achtzig.com<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Attersee</strong><br />
„Angewandte Kunst macht Sinn!“<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Attersee</strong> ist die personifizierte Kunstmaschine,<br />
und zählt zu den bedeutendsten Malern Europas.<br />
Seine große Liebe gilt der angewandten Kunst. Die<br />
unabhängige Kulturzeitung traf ihn anlässlich der Präsentation<br />
seiner neuen Jurtschitsch Weinetiketten in<br />
Wien, und sprach mit ihm unter anderem über die Aufgabe<br />
der Kunst und die Möglichkeiten der Angewandten.<br />
Die angewandte Kunst, wie im Fall der<br />
<strong>Attersee</strong>-Weinetikette, nimmt für Sie<br />
einen hohen Stellenwert ein - woraus<br />
entsteht die Lust am Alltäglichen?<br />
Für mich ist die angewandte Kunst<br />
mindestens so wichtig wie Forschung,<br />
Erkenntnis oder Hochkunst. Aus einem<br />
ganz einfachen Grund: die angewandte<br />
Kunst kommt aus dem Alltag und somit<br />
aus dem Leben der Menschen. Nur mit<br />
Erlebtem, und Kritik<br />
an Erlebtem, kann<br />
man auch Hochkunst<br />
machen. Daraus entsteht<br />
in mir die Lust,<br />
einen breiten Fächer<br />
in der Angewandten<br />
zu produzieren, und<br />
so kommt es auch zu<br />
Dingen wie <strong>Attersee</strong>-<br />
Briefmarken oder<br />
kunstvollen Weinetiketten,<br />
wie jene für<br />
das Weingut Jurtschitsch.<br />
Mit dem Wein verbindet Sie eine große<br />
Leidenschaft. Liegt hier das Geheimnis<br />
in der 25-jährigen Zusammenarbeit<br />
mit dem berühmten Weingut?<br />
Das Trinken ist eine Zwischenstufe<br />
zwischen all den anderen Dingen, die<br />
der Mensch tut. Er muss trinken, ohne<br />
Wasser, und Wein ist ja nichts anderes<br />
als veredeltes Wasser, kann er nicht<br />
leben. Der GrüVe von Jurtschitsch ist<br />
etwas ganz Besonderes und Einmaliges<br />
auf der Welt. Die Zusammenarbeit<br />
macht nicht nur Spaß, sie stellt<br />
das Kunstwerk auf eine wirklich große<br />
„Bilder sind ja nichts<br />
anderes als Partner,<br />
sie sind wie Menschen,<br />
die sich ständig<br />
ändern, da sich auch<br />
der Betrachter ständig<br />
ändert.“<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Attersee</strong><br />
Bühne. Man muss sich vorstellen, dass<br />
pro Jahr an die 200.000 Flaschen vom<br />
GrüVe abgefüllt werden. Jede Flasche<br />
wird in der Regel von mehreren Personen<br />
getrunken und somit auch angeschaut.<br />
Das Kunstwerk wird also von<br />
einer knappen Million Menschen betrachtet<br />
– diesen Gedanken finde ich<br />
einfach toll. Es gibt auch keinen zweiten<br />
Künstler, der 25 Jahrgänge hindurch<br />
einen Wein gestaltet<br />
hat.<br />
Welche Rolle spielt<br />
der Wein beim Malen?<br />
Unter Alkohol sing<br />
ich nur, da mache ich<br />
Musik. Beim Zeichnen<br />
habe ich gelernt, dass<br />
er nichts bringt. Es ist<br />
mir nie gelungen, mit<br />
Alkohol bessere Bilder<br />
zu malen. Auf der<br />
Suche nach einem Bild, die eine Gesamtkörper-Orgasmusjagd<br />
ist, beeinträchtigt<br />
mich das Trinken. Am liebsten<br />
trinke ich am Abend, gemeinsam mit<br />
Freunden.<br />
Ein gut gelaunter<br />
<strong>Attersee</strong> am Abend<br />
der Präsentation<br />
Welche Idee steckt hinter dem <strong>Attersee</strong>-Kunstwerk<br />
auf der Flasche? Macht<br />
es den Wein zum Kunstwerk, oder handelt<br />
es sich dabei um Design?<br />
Das Zusammenspiel zwischen Kunst<br />
und Produkt macht einfach Sinn. Die<br />
Kombination erhebt das Interesse am<br />
Produkt, es kommt eine weitere Ebene<br />
hinzu. Die Kunst begleitet den Wein<br />
- der Wein wird von einem Bild, einer<br />
Erzählung, begleitet, die am Zwischenweg<br />
des Trinkens durchaus eine<br />
Funktion hat. Sie gilt als Lockruf, animiert,<br />
erweckt Erwartungen, das alles<br />
begleitet den Wein bis zum ersten<br />
Schluck. Eine Weinflasche aufzumachen<br />
kommt ja einer aktionistischen<br />
Tätigkeit gleich. Sich den Wein einzugießen,<br />
mit Freunden oder allein – das<br />
Bild auf der Flasche ist immer präsent<br />
und erzählt vorweg, schürt die Vorfreude.<br />
Ebenso bietet es eine günstige<br />
Möglichkeit, einen <strong>Attersee</strong> zu Hause<br />
zu haben...<br />
Die kunstvolle Gestaltung von alltäglichen<br />
Dingen – ein Rat an junge<br />
Künstler?<br />
Absolut! Ich habe meinen Schülern<br />
immer gesagt, sie sollen in die angewandte<br />
Kunst gehen - dort gibt es tausend<br />
Mal mehr Flächen als an üblichen<br />
Ausstellungsorten wie zum Beispiel<br />
Museen. Ein Tischtuch kann ein Kunstwerk<br />
sein, eine Hose kann ein Kunstwerk<br />
sein - Alltagsgegenstände bieten<br />
großartige Möglichkeiten. Diese Dinge<br />
brauchen auch Künstler, es sollen nicht<br />
immer Grafiker für Design verantwortlich<br />
sein.<br />
Sind Künstler die besseren Grafiker?<br />
Von einem Künstler erwartet man<br />
eine eigene Handschrift, Grafiker bedienen<br />
sich in der Regel aus bereits<br />
bestehenden Schriften und Möglichkeiten.<br />
Eine Handschrift vom <strong>Attersee</strong><br />
kann man nicht nachbasteln, sie<br />
bleibt einmalig. Das kann ich nur jedem<br />
jungen Künstler mitgeben. Ohne<br />
der Beschäftigung mit Alltagsprodukten<br />
hat Kunst keinen Sinn. Wir arbeiten<br />
für Menschen und nicht für Museumswärter.<br />
„Ich habe meinen<br />
Schülern immer<br />
gesagt, sie sollen in<br />
die angewandte Kunst<br />
gehen - dort gibt es<br />
tausend Mal mehr<br />
Flächen als an üblichen<br />
Ausstellungsorten wie<br />
zum Beispiel Museen“<br />
<strong>Christian</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Attersee</strong><br />
Muss Kunst politisch sein?<br />
Sie muss es nicht, es wäre aber gut,<br />
wenn sie es ist. Die Verantwortung der<br />
Künstler ist schon eine gesellschaftspolitische.<br />
Man kann überall eine<br />
Nachricht geben, kann sie verstecken,<br />
oder sie hinter einen Lockruf stellen.<br />
Wodurch bleibt Kunst spannend?<br />
Spannend ist es, Bilder zu machen,<br />
in die die Menschen hineinfallen und<br />
sich über ihre Schönheit freuen können.<br />
Oft kommen sie erst nach einiger<br />
Zeit drauf, was sie eigentlich an der<br />
Wand hängen haben. Gewisse Dinge im<br />
Bild sind beim erstmaligen Betrachten<br />
kaum zu erkennen, es dauert eine<br />
Weile, bis man sie entdeckt - das ist<br />
auch gut so, nur dann bleibt ein Bild<br />
lange erhalten.<br />
Wie möchten Sie Kunstwerke verstanden<br />
haben?<br />
Bilder sind ja nichts anderes als Partner,<br />
sie sind wie Menschen, die sich ständig<br />
ändern, da sich auch der Betrachter<br />
ständig ändert. Bilder zu betrachten gehört<br />
zum größten Vergnügen, wenn man<br />
es gelernt hat. Hier ist auch der Grund zu<br />
finden, warum viele Sammler ihre Bilder<br />
ungern hergeben, weil sie es gewohnt<br />
sind, mit ihnen ein Gespräch zu führen.<br />
Bilder laden zum Meditieren ein oder<br />
dazu, sich an ihnen abzureagieren – man<br />
kann vieles mit ihnen tun. Bilder sollen,<br />
und das ist die Aufgabe der Kunst, Herausforderungen<br />
sein. SZ