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Allein

“Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.” Erich Fried Beim Kaffee bestand Beatrix nochmal darauf: „Ich fühle mich aber in der Tat anders. Du kannst zwar das Alter nicht ändern, aber das Empfinden ist nicht starr. Sollen wir gleich wieder ins Bett gehen? Es ist alles so neu, so faszinierend, oder hast du keine Lust, mit so einer alten Frau zu schmusen?“ „Be-a-trix!“ fauchte ich, „Was soll das? Du tust mir weh, wenn du so redest. Oder möchtest du das gern?“ „Dominique, ich weiß doch, dass du mich über alles in der Welt liebst, aber mein Körper ist eben nicht mehr der jüngste, attraktivste, das ist einfach so.“ entgegnete Beatrix. „Du spinnst, Bea, dein Körper ist für mich der schönste und attraktivste auf der Welt, weil du es bist, weil es keinen Menschen geben kann, der schöner wäre als meine geliebte Beatrix.“ erklärte ich. „Ich kann es alles gar nicht fassen. Träumen oder wünschen konnte ich das nicht, und dann ist es einfach so geschehen. Meinst du, die Wirklichkeit ist stärker als alle Phantasie?“ fragte Beatrix. „Du meinst, wir haben nicht Träume und Phantasien zu verwirklichen versucht, sondern sind unseren wirklichen Gefühlen und Bedürfnissen gefolgt und haben dadurch eine neue Wirklichkeit geschaffen.“ interpretierte ich es. „Werden wir es in Zukunft immer so halten, Dominique, stets viele neue Wirklichkeiten schaffen?“ fragte Beatrix. Ich signalisierte Einverständnis, in dem ich lächelte und meine Finger mit Beas Haar spielen ließ.

“Für die Welt bist du irgendjemand,
aber für irgendjemand bist du die Welt.”

Erich Fried

Beim Kaffee bestand Beatrix nochmal darauf: „Ich fühle mich aber in der Tat anders. Du kannst zwar das Alter nicht ändern, aber das Empfinden ist nicht starr. Sollen wir gleich wieder ins Bett gehen? Es ist alles so neu, so faszinierend, oder hast du keine Lust, mit so einer alten Frau zu schmusen?“ „Be-a-trix!“ fauchte ich, „Was soll das? Du tust mir weh, wenn du so redest. Oder möchtest du das gern?“ „Dominique, ich weiß doch, dass du mich über alles in der Welt liebst, aber mein Körper ist eben nicht mehr der jüngste, attraktivste, das ist einfach so.“ entgegnete Beatrix. „Du spinnst, Bea, dein Körper ist für mich der schönste und attraktivste auf der Welt, weil du es bist, weil es keinen Menschen geben kann, der schöner wäre als meine geliebte Beatrix.“ erklärte ich. „Ich kann es alles gar nicht fassen. Träumen oder wünschen konnte ich das nicht, und dann ist es einfach so geschehen. Meinst du, die Wirklichkeit ist stärker als alle Phantasie?“ fragte Beatrix. „Du meinst, wir haben nicht Träume und Phantasien zu verwirklichen versucht, sondern sind unseren wirklichen Gefühlen und Bedürfnissen gefolgt und haben dadurch eine neue Wirklichkeit geschaffen.“ interpretierte ich es. „Werden wir es in Zukunft immer so halten, Dominique, stets viele neue Wirklichkeiten schaffen?“ fragte Beatrix. Ich signalisierte Einverständnis, in dem ich lächelte und meine Finger mit Beas Haar spielen ließ.

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fig wie früher trafen. Die alte epikureische Regel zur Steigerung der Eudeimonia<br />

war auch wieder in Kraft getreten. Wir schauten wieder eng aneinander liegend<br />

gemeinsam Fernsehen und streichelten uns dabei. Manchmal, wenn es<br />

spät geworden war, oder wenn wir etwas getrunken hatten, schlief ich auch in<br />

meinem Zimmer bei Beatrix. Zwei entscheidende Änderungen gab es jedoch.<br />

Wir küssten uns nicht und das Wort Liebe war tabu. Als wir dicht aneinander<br />

lagen erzählte ich: „Weißt du, was Juliane gesagt hat? Sie hätte schon am<br />

Abend nach der ersten Oper in unseren Blicken erkannt, dass wir beide uns<br />

wollten.“ „Tscha, was willst du machen?“ Bea darauf, „Wenn irgendetwas, das<br />

ich als Mann erkenne, erotische Gefühle in mir auslöst, dann bist du das. Und<br />

bei dir, wie ist es bei dir?“ wollte sie wissen. „Ich weiß nicht, ob ich etwas spüre.<br />

Vielleicht, aber ich kann es nicht genau erkennen.“ antwortete ich. Bea<br />

lachte laut auf. „Was erzählst du? Wenn es irgendetwas auf der Welt gibt, das<br />

du für eine Frau hältst, dann bin ich es. Von wem ist denn der Rücken und die<br />

Seite, die du streichelst? Ist das ein Rind? Und die Hüfte, auf die du zärtlich<br />

deine Hand legst, ist die von einem Elefanten? Dominique, du Träumer, komm<br />

auf die Erde, wo deine Füsse stehen und wo alles von dir ist.“ erklärte Bea eindringlich,<br />

umschlang mich und dabei kam es zum Kuss. Die alte Beziehung<br />

fortführen oder wiederbeleben, das wollte ich keinesfalls, und ich konnte mir<br />

auch selbst glaubhaft klar machen, dass es nicht so war. Für alle anderen<br />

stand jedoch dadurch, dass ich ein Zimmer bei Beatrix hatte, unverbrüchlich<br />

fest, unsere Beziehung müsse jetzt noch viel intensiver sein als früher. Ich<br />

wusste gar nicht, ob es so war, zumal wir uns jetzt auch wieder küssten, und<br />

das geschah immer häufiger und leidenschaftlicher. Wie eine Erlösung kam es<br />

mir vor, wieder Beatrix Lippen und ihre Zunge spüren zu können. Liebe durfte<br />

es ja nicht sein, Liebe, die enttäuscht und zerstört werden könnte, aber warum<br />

sollte uns denn irgendetwas daran hindern, die Gefühle unserer Zuneigung intensiv<br />

auszuleben. Barbara hatte ich inzwischen auch kennengelernt. „Als du<br />

es mir damals erzähltest, hatte ich schon Befürchtungen, du hättest pädophile<br />

Züge entwickelt, aber er ist ja doch ein richtig voll ausgewachsener Mann.“ erklärte<br />

sie zu mir und lachte. „Ihr macht es richtig. Das Glück heute ist entscheidend.<br />

Ich bin ein verrücktes Huhn, entwickle immer aus dem Glück heute<br />

Erzählungen für die Zukunft, die dann nie zutreffen. Ich weiß es, aber kann's<br />

nicht lassen, wie die tumbe Braut, die denkt, dass es in zwanzig Jahren immer<br />

noch so schön sein wird wie heute.“ erklärte Barbara. Barbara war Wissenschaftlerin.<br />

Sie sei für Männer grundsätzlich zu klug, hatte Beatrix gemeint. Sie<br />

hatte immer nur Beziehungen über zwei, drei Jahre. Barbara konnte ungemein<br />

lustig erzählen, sodass wir den ganzen Abend etwas zu lachen hatten. Ich<br />

glaube, kluge Frauen, die offen waren und Lust zu Lachen hatten, imponierten<br />

mir besonders. Ich stellte mir vor, dass ich mich auch gut in eine Frau wie Barbara<br />

hätte verlieben können, aber sie hätte mich ja auch nach zwei Jahren<br />

fortgeschickt. „Das ist nicht immer so.“ erklärte Beatrix, „Es werden zwar ungeheuer<br />

viele Ehen geschieden oder Beziehungen aufgelöst, aber es gibt auch<br />

das Gegenteil. Paare bei denen es einem so vorkommt, als ob die Beziehung<br />

im Laufe der Zeit immer enger und fester wird.“ „Philemon und Baucis, meinst<br />

du, nicht wahr?“ fragte Barbara nach. „Ja, in der Tat, das gibt es gar nicht so<br />

selten.“ Beatrix dazu. „Und wie macht man das?“ wollte Barbara wissen. „Frag<br />

mich nicht. Frag Dominique, der kümmert sich ja auch schon um eine ältere<br />

Frau.“ empfahl Beatrix. Ich ließ nur ein mahnendes „Bea!“ vernehmen. „Ich

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