11.03.2015 Aufrufe

Journal - Allianz

Journal - Allianz

Journal - Allianz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ALLIANZ GROUP<br />

<strong>Journal</strong><br />

Deutsche Ausgabe 2 | 2013<br />

8<br />

Dialog<br />

27<br />

in Zeiten des Terrors<br />

Brückenschlag gegen den Hass<br />

»Eine ungemein hässliche<br />

Spezies«<br />

Altersforschung am faltigen<br />

Objekt<br />

Am Rande<br />

Portugal und die Krise


<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Inhalt<br />

IMPRESSUM<br />

alle Fotos: Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

(Juni)<br />

Zeitschrift für Mitarbeiter<br />

der <strong>Allianz</strong> Gesellschaften<br />

Herausgeber <strong>Allianz</strong> SE<br />

Verantwortlich für<br />

den Herausgeber<br />

Emilio Galli-Zugaro<br />

Chefredaktion<br />

Frank Stern<br />

Layout volk:art51<br />

Produktion repromüller<br />

Anschrift der Redaktion<br />

<strong>Allianz</strong> SE<br />

Redaktion <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong><br />

Königinstraße 28<br />

80802 München<br />

Tel 089-3800-3804<br />

journal@allianz.de<br />

Das für die Herstellung<br />

des <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong>s<br />

verwendete Papier wird<br />

aus Holz aus nachhaltiger<br />

Waldbewirtschaftung<br />

hergestellt.<br />

48<br />

Manchmal reicht schon ein stümperhaftes Video oder eine Mohammed-Karikatur,<br />

um am anderen Ende der Welt für Aufruhr zu sorgen<br />

27<br />

Methusalem im Faltenrock: Bis zu 30 Jahre können Nacktmulle werden.<br />

Wissenschaftler sind dem Rätsel der Langlebigkeit auf der Spur<br />

22<br />

Männer und Frauen passen nicht zusammen – jedenfalls nicht,<br />

was ihre Vorstellungen von Aufstieg und Karriere angeht<br />

KURZ BERICHTET<br />

4 Neues aus der <strong>Allianz</strong> Welt<br />

MEINUNGEN<br />

8 Dialog in Zeiten des Terrors<br />

Shamil Idriss über Vorurteile und Annäherung<br />

12 Leserbriefe<br />

GLOBAL<br />

14 Kein Ort. Nirgends<br />

Naturgewalten und die Kosten des Risikos<br />

17 Signal aus Spanien<br />

<strong>Allianz</strong> International in Barcelona<br />

DEUTSCHLAND<br />

19 Land der Nörgler?<br />

Bürgerwille contra Großprojekte<br />

22 Vom Ende der Männer und der Feigheit<br />

der Frauen<br />

Studie zum Frauenmangel in Chefetagen<br />

24 Vorsicht Schuldenfalle!<br />

My Finance Coach und die Verlockungen<br />

der Konsumwelt<br />

25 »Wir verstecken nichts«<br />

Christian Keller über Schuldenprävention<br />

im Klassenzimmer<br />

EUROPA<br />

27 »Eine ungemein hässliche Spezies«<br />

Hauptsache gesund: Der Nacktmull in der<br />

Altersforschung<br />

30 Am Rande<br />

Portugal und die Krise<br />

34 Baustelle Europa<br />

Finanzspritze für Infrastrukturprojekte<br />

36 Rendezvous mit Hamilton<br />

Formel 1 hautnah<br />

AMERIKA<br />

38 »Wie in einem Kriegsgebiet«<br />

Wirbelsturm Sandy – Solidarität nach<br />

der Katastrophe<br />

AUSTRALIEN<br />

40 Elefanten ins Outback<br />

Risikomanagement auf Australisch<br />

ASIEN<br />

43 »Extrem harter Wettbewerb«<br />

Uwe Michel zur Neuaufstellung in China<br />

GESELLSCHAFT<br />

46 Boulevard der Freiheit<br />

Aufbruch in Casablanca<br />

48 Todfeind am Bildschirm<br />

Toleranztraining im Chatroom<br />

51 Dilbert<br />

2<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

3


KURZ<br />

BERICHTET<br />

Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

<strong>Allianz</strong><br />

Kreditversicherung<br />

für HSBC-Kunden<br />

Euler Hermes wird exklusiver Anbieter von Kreditversicherungen<br />

für Geschäftskunden der Bank<br />

HSBC. Eine entsprechende Übereinkunft wurde im<br />

Mai geschlossen. Die globale Vertriebsvereinbarung<br />

sichert HSBC-Kunden, die Handel auf offene<br />

Rechnung betreiben, Schutz vor Forderungsausfall.<br />

HSBC und <strong>Allianz</strong> Tochter Euler Hermes sind seit<br />

2008 bereits strategische Partner in Brasilien,<br />

Mexiko, den USA, Hongkong, Großbritannien und<br />

den Vereinigten Arabischen Emiraten.<br />

WWW.HSBC.COM<br />

Arena in Grün<br />

Referenz an Irlands Schutzpatron, den Heiligen<br />

Patrick: Am 17. März leuchtete die <strong>Allianz</strong> Arena<br />

in München in ungewohnter Farbe. Statt rot<br />

(FC Bayern), blau (1860 München) oder neutral<br />

weiß erstrahlte der Fußballtempel irisch Grün.<br />

Anlass war der St. Patrick’s Day, der Nationalfeiertag<br />

der Iren. Auch in anderen Teilen der Welt wurden<br />

berühmte Gebäude in die Aktion einbezogen,<br />

vom Empire State Building in New York über den<br />

Schiefen Turm von Pisa bis zur Christus-Statue in<br />

Rio de Janeiro.<br />

Marktführer in der Türkei<br />

Die <strong>Allianz</strong> übernimmt von der viertgrößten Privatbank der Türkei, Yapi Kredi,<br />

deren Sach-, Lebens- und Rentengeschäft und wird damit die Nummer 1 im<br />

türkischen Versicherungsmarkt. Gleichzeitig sichert sie sich eine auf 15 Jahre<br />

angelegte, exklusive Bankvertriebsvereinbarung. Das gaben beide Partner im<br />

März bekannt. Mit der Übernahme des Schaden- und Unfallversicherers Yap<br />

Kredi Sigorta sowie der Lebens- und Rentenversicherungstochter Yap Kredi<br />

Emeklilik steigt die <strong>Allianz</strong> Türkei zur Nummer 1 im Sachversicherungsgeschäft,<br />

zur Nummer 2 im Rentengeschäft und zur Nummer 3 im Lebensversicherungsgeschäft<br />

des Landes auf.<br />

Die Stellung der <strong>Allianz</strong> im türkischen Markt wird zusätzlich durch eine<br />

zehnjährige Vertriebsvereinbarung mit der Bank HSBC gestärkt. Beide Unternehmen<br />

arbeiten bereits in verschiedenen asiatischen Märkten beim Vertrieb<br />

von Lebens-, Kranken- und Kreditversicherungen sowie in der Vermögensverwaltung<br />

zusammen. Gegen eine Barzahlung von 23 Millionen Euro wird<br />

HSBC ab dem zweiten Halbjahr 2013 in der Türkei exklusiv Lebensversicherungen<br />

und Altersvorsorgeprodukte der <strong>Allianz</strong> an ihre Kunden vertreiben.<br />

Weitere europäische Länder sollen folgen.<br />

WWW.HSBC.COM | WWW.ALLIANZ.COM.TR<br />

<strong>Allianz</strong> Stadion<br />

in São Paulo<br />

Die <strong>Allianz</strong> hat sich auf 20 Jahre die Namensrechte für das<br />

neue Stadion des Fußball-Clubs Palmeiras in São Paulo<br />

gesichert. Die Nova Arena wird nicht nur als Sportstadion<br />

dienen, sondern soll auch für Großveranstaltungen und<br />

Megashows genutzt werden. Neben der <strong>Allianz</strong> Arena in<br />

München ist die <strong>Allianz</strong> bereits Namensgeber für Stadien<br />

in Australien, England und Frankreich. Die Baukosten für<br />

das Palmeiras-Stadion betragen rund 125 Millionen Euro.<br />

WWW.PALMEIRAS.COM.BR/HOME<br />

Botschafter am Piano<br />

Der chinesische Starpianist Lang Lang<br />

und die <strong>Allianz</strong> haben im Januar eine<br />

globale Partnerschaft gestartet. Sie ist<br />

zunächst auf zwei Jahre begrenzt und<br />

soll der <strong>Allianz</strong> den Zugang zu neuen<br />

Kundensegmenten eröffnen. Lang Lang<br />

wird dabei als globaler Markenbotschafter<br />

der <strong>Allianz</strong> fungieren. Darüber<br />

hinaus wurde vereinbart, dass die <strong>Allianz</strong><br />

ein neues Jugendprogramm der Lang<br />

Lang International Music Foundation<br />

unterstützen wird. Lang Lang zählt zu<br />

den Superstars in der internationalen<br />

Musikszene und tritt regelmäßig mit den<br />

besten Orchestern der Welt auf. Pro Jahr<br />

gibt er mehr als 120 Konzerte.<br />

WWW.LANGLANG.COM<br />

<strong>Allianz</strong> kauft<br />

Gasnetz in<br />

Tschechien<br />

Nach der Beteiligung am norwegischen Gastransportnetz Gassled Anfang<br />

letzten Jahres hat die <strong>Allianz</strong> im März zusammen mit der kanadischen Borealis<br />

Infrastructure auch den Gasnetzbetreiber Net4Gas in Tschechien übernommen.<br />

Net4Gas, eine Tochter des deutschen Energieversorgers RWE, betreibt ein mehr<br />

als 3600 km langes Netzwerk von Hochdruckleitungen, die sowohl den tschechischen<br />

Binnenmarkt versorgen als auch russisches Erdgas nach Zentral- und<br />

Westeuropa transportieren. Der Kaufpreis beträgt 1,6 Milliarden Euro. Die <strong>Allianz</strong><br />

und Borealis werden jeweils 50 Prozent an Net4Gas halten.<br />

Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong><br />

<strong>Allianz</strong> Life in<br />

den Top 100<br />

Zum zweiten Mal in Folge hat es<br />

<strong>Allianz</strong> Life in die Liste der 100 besten<br />

Arbeitgeber der USA geschafft,<br />

die das Magazin Fortune jedes Jahr<br />

herausgibt. Die amerikanische<br />

Lebensversicherungstochter mit<br />

Sitz in Minneapolis landete auf Rang<br />

59, Sieger wurde wie im letzten<br />

Jahr die Firma Google. An der Umfrage<br />

nahmen 259 Unternehmen<br />

teil, mehr als 277 000 Mitarbeiter<br />

gaben Auskunft über ihre Führungskräfte,<br />

die Zufriedenheit mit dem<br />

Job und Fördermaßnahmen im<br />

Unternehmen.<br />

WWW.ALLIANZLIFE.COM<br />

Ende der<br />

<strong>Allianz</strong> Bank<br />

Die <strong>Allianz</strong> Bank stellt zum 30. Juni<br />

ihre Geschäftstätigkeit ein. Als<br />

Grund nannte Andree Moschner,<br />

Vorstandschef der <strong>Allianz</strong> Beratungs-<br />

und Vertriebs-AG, die seit<br />

Jahren anhaltenden Verluste.<br />

Eine Trendwende sei nicht in Sicht<br />

gewesen, so Moschner. Die bundesweit<br />

450 Arbeitsplätze bei der<br />

Bank entfallen, die 45 Filialen in<br />

<strong>Allianz</strong> Agenturen werden geschlossen.<br />

Die <strong>Allianz</strong> Bank wurde<br />

2009 als Zweigniederlassung der<br />

zum <strong>Allianz</strong> Konzern gehörenden<br />

Oldenburgischen Landesbank<br />

gegründet.<br />

WWW.OLB.DE<br />

4<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

5


KURZ<br />

BERICHTET<br />

ACIS<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

<strong>Allianz</strong><br />

PERSONALIEN<br />

Noboru Tsuda ist seit 1. März Chef der<br />

<strong>Allianz</strong> Life Insurance Japan. Er hat die<br />

Nachfolge von Olaf Kliesow angetreten,<br />

der bei der <strong>Allianz</strong> SE in München den<br />

Bereich Global Life & Health Portfolio<br />

Management übernommen hat.<br />

Pawel Dangel tritt nach mehr als<br />

15 Jahren an der Spitze der <strong>Allianz</strong> in<br />

Polen in den Ruhestand. Sein Nachfolger<br />

wird Witold Jaworski.<br />

David Fried, Regional-Chef der <strong>Allianz</strong><br />

Asia Pacific in Singapur, hat das Unternehmen<br />

im Januar auf eigenen Wunsch<br />

verlassen, um neue Aufgaben außerhalb<br />

der <strong>Allianz</strong> Gruppe zu übernehmen. Seine<br />

Aufgaben hat interimsmäßig <strong>Allianz</strong><br />

Vorstand Manuel Bauer übernommen.<br />

Chris James, Chef von <strong>Allianz</strong> Taiwan<br />

Life, ist im Mai in den Ruhestand getreten.<br />

Nachfolger wurde Danny Lam.<br />

Flashmob zum Zehnten<br />

Vor zehn Jahren gründete die <strong>Allianz</strong><br />

Großbritannien im indischen Trivandrum<br />

ihre IT-Tochter ACIS. Was als<br />

kleiner Laden mit 50 Angestellten<br />

begann, hat sich inzwischen zu einem<br />

Unternehmen mit vier Büros und 1600<br />

Mitarbeitern gemausert. Beim Besuch<br />

von <strong>Allianz</strong> UK-Chef Andrew Torrance<br />

zum zehnjährigen Bestehen gab es für<br />

WWW.ACIS.CO.IN<br />

den Briten eine kleine Überraschung:<br />

Dutzende ACIS-Mitarbeiter starteten zur<br />

Begrüßung einen Flashmob zur Musik<br />

des koreanischen Popsongs »Gangnam<br />

Style«. Das Jubiläumsjahr will ACIS unter<br />

anderem dazu nutzen, sich verstärkt in<br />

Sozialprojekten der Stadt zu engagieren<br />

und das Unternehmen in Schulen und<br />

Universitäten vorzustellen.<br />

Kooperation mit Paralympischem Komitee<br />

Die <strong>Allianz</strong> wird auch in den nächsten vier Jahren den Behindertensport<br />

in der Welt aktiv unterstützen. Im April unterzeichneten Sir<br />

Philip Craven (rechts im Bild), Präsident des Internationalen Paralympischen<br />

Komitees (IPC) und <strong>Allianz</strong> Vorstand Werner Zedelius<br />

in München eine entsprechende Vereinbarung. Die <strong>Allianz</strong> arbeitet<br />

bereits seit 2006 mit dem IPC zusammen, um dem Behindertensport<br />

in der Öffentlichkeit zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Der Vierjahresvertrag<br />

umfasst einen vollen olympischen Zyklus und schließt<br />

die Unterstützung zahlreicher nationaler paralympischer Komitees<br />

bei der Vorbereitung auf die Winterspiele 2014 im russischen Sotschi<br />

sowie auf die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro ein. Dazu zählen<br />

die Verbände in Australien, Deutschland, Irland, Kroatien, Mexiko,<br />

Österreich, Portugal, der Schweiz, Tschechien und Ungarn.<br />

WWW.SPONSORING.ALLIANZ.COM<br />

<strong>Allianz</strong><br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong><br />

im Internet<br />

Seit März steht das <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> den Lesern<br />

auch im Internet zur Verfügung. Auf der Knowledge-Seite,<br />

dem Wissensportal der <strong>Allianz</strong><br />

Gruppe, verfügt das <strong>Journal</strong> über einen eigenen<br />

Bereich, über den man auf die Inhalte des<br />

Magazins zugreifen kann. Zudem finden sich<br />

dort sowohl die PDFs der Druckversion,<br />

als auch die für Smartphones und Tablets<br />

angepassten Formate.<br />

HTTP://KNOWLEDGE.ALLIANZ.COM/<br />

JOURNAL<br />

Junior Football<br />

Camp in München<br />

Im August steigt zum fünften Mal das <strong>Allianz</strong> Junior Football Camp<br />

in München. Vom 7. bis 12. August werden 75 Teenager aus 25 Ländern<br />

die Gelegenheit erhalten, den Alltag ihrer Fußballhelden vom<br />

FC Bayern auf dem Vereinsgelände in der Säbener Straße hautnah zu<br />

erleben. Daneben erwartet sie ein besonderes Programm: Training<br />

mit Jugendtrainern des Bayernclubs, Besuch eines Heimspiels, eine<br />

exklusive Führung durch die <strong>Allianz</strong> Arena und ein Blick hinter die<br />

Kulissen des FCB. Und als besonderes Highlight: ein persönliches<br />

Treffen mit den Stars des Champions League-Siegers.<br />

WWW.FOOTBALL-FOR-LIFE.COM<br />

Versicherung<br />

vom Handy<br />

AUSGE-<br />

ZEICHNET<br />

Als erstes Unternehmen in Kroatien hat die<br />

<strong>Allianz</strong> Zagreb eine Smartphone-Anwendung<br />

für Reisekrankenversicherungen auf den Markt<br />

gebracht. Die m-<strong>Allianz</strong>-App ist kostenlos und<br />

führt den Nutzer in wenigen Schritten zum<br />

Abschluss einer Versicherung. Es genügt, einige<br />

persönliche Daten einzutragen sowie Art der<br />

Versicherung und Dauer der Reise anzugeben.<br />

Der entsprechende Beitrag wird dann über die<br />

Kreditkarte eingezogen. Selbst, wer sich kurzfristig<br />

zu einer Reise entschließt, kann sich über<br />

die App unkompliziert absichern. Die Police wird<br />

per E-Mail zugestellt.<br />

Ein Serviceteam, das telefonisch rund um die<br />

Uhr erreichbar ist, unterstützt bei Sprachproblemen<br />

im Ausland, informiert die Familie des<br />

Betroffenen bei Notfällen und leitet Meldungen<br />

über anfallende Kosten an <strong>Allianz</strong> Assistance<br />

weiter. Die Schadenmeldung nach der Rückkehr<br />

entfällt damit.<br />

WWW.ALLIANZ.HR<br />

Die <strong>Allianz</strong> ist aus der Leserbefragung Reader’s Digest<br />

European Trusted Brands 2013 als vertrauenswürdigste<br />

Marke unter Europas Versicherern hervorgegangen.<br />

Rund 20 000 Leser in zwölf europäischen Ländern nahmen<br />

an der Umfrage teil. Es ist das zwölfte Mal in Folge,<br />

dass die <strong>Allianz</strong> die Spitzenposition erreichen konnte.<br />

Die <strong>Allianz</strong>-Tiriac ist vom rumänischen Versicherungsmagazin<br />

PRIMM zum Versicherer des Jahres 2012 gekürt<br />

worden. Es ist bereits das elfte Mal, dass der <strong>Allianz</strong><br />

Tochter die Auszeichnung zuerkannt wurde.<br />

Euler Hermes ist vom Fachmagazin Trade and Export<br />

Middle East in Dubai als beste Kreditversicherung des<br />

Jahres ausgezeichnet worden.<br />

6<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

7


Meinungen<br />

dpa / picture-alliance<br />

Dialog in Zeiten<br />

des Terrors<br />

In einer Zeit, da die Gräben<br />

zwischen dem Westen und<br />

der muslimischen Welt immer<br />

größer werden, versucht eine<br />

kleine Organisation im Internet<br />

den Brückenschlag. Wir sprachen<br />

mit dem Geschäftsführer von<br />

Soliya, Shamil Idriss, über Dialogbereitschaft<br />

in Zeiten des Terrors.<br />

INTERVIEW: FRANK STERN<br />

Mr. Idriss, wenn Sie sich die Welt heute<br />

ansehen, glauben Sie wirklich, dass<br />

sich die Gräben mit virtuellen Runden<br />

Tischen im Internet überbrücken lassen,<br />

wie sie Soliya für westliche und muslimische<br />

Studenten organisiert?<br />

Wenn ein Pastor in Florida, der kaum 50 An -<br />

hänger in seiner Gemeinde hat, vor 15 oder<br />

20 Jahren damit gedroht hätte, einen Koran<br />

zu verbrennen, hätte sich keiner darum geschert.<br />

Heute verbreitet sich so etwas in<br />

Windeseile übers Internet. Ich ziehe daraus<br />

den Schluss, dass wir möglichst viele Menschen<br />

zur Zusammenarbeit über gesellschaftliche<br />

Grenzen hinweg befähigen müssen.<br />

Und die einzige reelle Möglichkeit dafür sind<br />

virtuelle Kontakte. Weniger als zwei Prozent<br />

der jungen Menschen nehmen heute an<br />

Austauschprogrammen teil. Wenn wir mit<br />

unserer Initiative eine kritische Masse von,<br />

sagen wir, 15 Prozent der Bevölkerung erreichen,<br />

wäre das eine Größenordnung, mit<br />

der wir echt etwas bewegen könnten.<br />

Wie weit darf interkultureller Dialog<br />

gehen? Wo verläuft die Grenze zwischen<br />

Toleranz und der Verleugnung der<br />

eigenen Werte?<br />

Für einen Regierungsvertreter ist es sicher<br />

legitim, sich einem Dialog mit bestimmten<br />

Parteien zu verweigern, um sie nicht auf -<br />

zuwerten. Wenn es um den Dialog zwischen<br />

einfachen Menschen geht, sollte es meiner<br />

Meinung nach ein solches Tabu nicht geben.<br />

Ich glaube, oft ist die Konfrontation mit jeman -<br />

dem, der mit einem nicht übereinstimmt,<br />

der beste Weg, die eigenen Positionen zu<br />

überprüfen. Welche Werte man auch immer<br />

haben mag, man profitiert davon, wenn<br />

man sie verteidigen muss. Vielleicht hinterfragt<br />

man nach einer solchen Diskussion<br />

einige davon, oder man fühlt sich in ihnen<br />

bestätigt. Viel gefährlicher ist es, in einer<br />

abgeschlossenen Blase zu leben.<br />

Wie aber findet man eine gemeinsame<br />

Grundlage, wenn man mit einer<br />

Weltauffassung konfrontiert wird, die<br />

im Westen seit der Aufklärung überwunden<br />

ist?<br />

Ich kann die Auffassung nicht teilen, dass<br />

man keinen Dialog zwischen Menschen<br />

hinkriegt, die von unterschiedlichen intellektuellen<br />

Traditionen und Gesellschaftsentwicklungen<br />

geprägt sind. Schon gar<br />

nicht jetzt, da in vielen muslimischen Ländern<br />

eine ganze Reihe von fundamentalen<br />

Annahmen hinterfragt werden.<br />

Ein ägyptischer Professor, der an Ihrem<br />

Programm teilgenommen hat, hat beschrieben,<br />

wie geschockt einige seiner<br />

Studenten waren, als sie am Bildschirm<br />

mit Juden diskutieren sollten.<br />

Hass auf den Westen: die mutmaßlichen Attentäter von Boston<br />

Es gibt auf beiden Seiten eine Fülle von<br />

Unterschieden, es gibt Ängste, Vorurteile<br />

und Unwissenheit. Das Beste, solch vorgefasste<br />

Einstellungen aufzulösen ist, Menschen<br />

mit Menschen zusammenzubringen<br />

und Auffassungen mit der Realität zu konfrontieren.<br />

Es gab da tatsächlich Studenten,<br />

die überzeugt waren, dass Juden anders<br />

aussehen als andere Menschen. Das ist<br />

erschreckend, aber das glauben Studenten<br />

eben, die noch nie einen Juden getroffen<br />

haben, die in einer Welt aufgewachsen sind,<br />

in der nur Negatives über Juden kolportiert<br />

wird. Für sie sind diese direkten Gespräche<br />

eine umwälzende Erfahrung. Zurück zu<br />

Ihrer Frage: Ja, ich glaube, wenn es um die<br />

8<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

9


MEINUNGEN<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Stern<br />

SHAMIL IDRISS<br />

Shamil Idriss ist seit 2009 Geschäftsführer<br />

von Soliya. Der Amerikaner mit syrischen und<br />

türkischen Vorfahren ist ein Experte auf dem<br />

Gebiet der Konfliktmediation. 2005 wurde<br />

er von UN-Generalsekretär Kofi Annan als<br />

stellvertretender Direktor der UN Alliance of<br />

Civilizations berufen, die dem Extremismus<br />

und der Polarisierung in der Welt entgegenwirken<br />

soll. Er arbeitete für das Weltwirtschaftsforum<br />

und als Berater für Search for<br />

Common Ground (SFCG/Suche nach einer<br />

gemeinsamen Basis), einer Organisation für<br />

Konfliktlösung mit Büros in 17 Ländern. Der<br />

40-jährige New Yorker ist Mitglied im Netzwerk<br />

Muslim Leaders of Tomorrow (Muslimische<br />

Führer von morgen) und im Netzwerk<br />

Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums.<br />

Idriss lebt mit Frau und zwei Töchtern<br />

in der Nähe von New York.<br />

Überwindung von Unwissenheit und Vorurteilen<br />

geht, ist das Internet unverzichtbar.<br />

Manch einer könnte meinen, dass Soliya<br />

die westlichen Werte aushöhlt, andere<br />

argwöhnen vielleicht, dass Sie ein Kollaborateur<br />

des Westens sind.<br />

Gab es alles. Viele Leute sind uns gegenüber<br />

anfangs misstrauisch.<br />

Verständlich. Für einen muslimischen<br />

Studenten muss es verdächtig erscheinen,<br />

dass die US-Regierung das<br />

Programm finanziert.<br />

Also zunächst einmal erhalten wir von der<br />

US-Regierung für unser Connect-Programm<br />

keine finanzielle Unterstützung. Die gibt<br />

es nur für das anschließende Stipendiatenprogramm.<br />

Wir werden oft gefragt, wer<br />

uns finanziert und gehen damit sehr offen<br />

um. Wir sind stolz darauf, dass wir von der<br />

norwegischen und der Schweizer Regierung<br />

finanziell unterstützt werden. Wir erhalten<br />

Mittel von der Alwaleed Bin Talal-Stiftung,<br />

der Ford-Stiftung, der <strong>Allianz</strong> Stiftung für<br />

Nordamerika und aus verschiedenen anderen<br />

Quellen. Diese Vielfalt ist für uns von<br />

großer Bedeutung.<br />

Sie kooperieren mit einer Vielzahl von<br />

Universitäten in Ägypten, das von den<br />

Muslimbrüdern regiert wird. Wie sieht<br />

die Zukunft von Soliya in Ägypten aus?<br />

Ich weiß es nicht. Zuvor hatten wir es mit<br />

einem autokratischen Regime zu tun, und<br />

ich war damals wenigstens genauso besorgt.<br />

Aber es gibt vielversprechende Entwicklungen.<br />

Wir haben auch in unserem Programm<br />

Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbrüder.<br />

Sie sind Teil der Gesellschaft. Man<br />

kann die Religion dort nicht einfach ausblenden.<br />

Aber auch sie finden das Connect-<br />

Programm gut. Wir unterhalten zwei Klassen<br />

an der Al-Azhar-Universität in Kairo. Und<br />

dort will man unser Angebot ausweiten. Das<br />

zeigt, dass auch Menschen mit religiösen<br />

Überzeugungen echtes Interesse an Austausch<br />

haben.<br />

Im Moment sieht es eher so aus, als<br />

steuere Ägypten auf eine Diktatur zu.<br />

Das kommt auf die Perspektive an. Die<br />

Wahlen im letzten Jahr wurden allgemein<br />

als rechtmäßig angesehen.<br />

Das wurden sie in Deutschland 1933<br />

auch.<br />

Jede Übergangsphase bedeutet für eine<br />

Gesellschaft Risiken. Ich glaube aber nicht,<br />

dass die Entwicklung unvermeidlich diese<br />

Richtung nehmen muss. Ich weiß nicht, ob<br />

Präsident Mursi ein neuer Idi Amin ist oder<br />

ein Abraham Lincoln. Aber ich bin jedem<br />

gegenüber skeptisch, der das schon jetzt<br />

ganz genau sagen kann. Ich will nicht alles<br />

verteidigen, was Mursi tut, aber was mich<br />

stört ist, dass Menschen aus beiden ideologischen<br />

Lagern so von ihrer Meinung überzeugt<br />

sind. Ich glaube, die Situation ist weitaus<br />

komplizierter. Ja, die Gefahr, dass sich die<br />

Sache in eine antidemokratische Richtung<br />

entwickelt, ist da, aber ausgemacht ist das<br />

nicht. Eine der großen Herausforderungen<br />

für jede Übergangsgesellschaft ist Ungeduld.<br />

Dieses gesellschaftliche Experiment<br />

wird mindestens eine Generation brauchen,<br />

wenn nicht mehr. Wir reden hier also von<br />

mindestens 30 Jahren.<br />

Weltweit arbeiten Sie mit über 100<br />

Universitäten in 27 Ländern zusammen.<br />

Wenn Sie ideologische Gräben überwinden<br />

wollen, warum ist dann keine<br />

einzige aus Israel dabei?<br />

Einige unserer Stipendiaten und Moderatoren<br />

kommen aus Israel. Und es gibt auch<br />

Israelis, die an unserem Connect-Programm<br />

teilnehmen. Was Kooperationen mit israelischen<br />

Universitäten angeht, ist das derzeit<br />

allerdings äußerst schwierig. Der Libanon<br />

zum Beispiel ist offiziell noch immer im<br />

Krieg mit Israel. Es könnte für Studenten<br />

sogar gefährlich werden, wenn ihre Universität<br />

offizielle Kontakte mit israelischen<br />

Institutionen unterhielte. Für viele Universitäten<br />

in arabischen Ländern ist es ohnehin<br />

schwierig, sich an unserem Programm zu<br />

beteiligen.<br />

An diesen Realitäten werden virtuelle<br />

Diskussionsrunden nichts ändern.<br />

Wir müssen die Kontakte zwischen den<br />

Menschen ausweiten. Noch immer reichen<br />

ein paar hasserfüllte Agitatoren oder ein<br />

lächerliches Video im Internet, um die<br />

Emotionen aufzuschaukeln und unsere<br />

Gesellschaften gegeneinander in Stellung<br />

zu bringen. Das muss aufhören. Wir müssen<br />

heute trotz aller Differenzen zusammenarbeiten,<br />

um die Vielzahl an Problemen zu<br />

lösen, vor denen die Menschheit als Ganzes<br />

steht. Deshalb ist es so wichtig, dass es<br />

mehr Menschen gibt, die den Willen und<br />

die Fähigkeit dazu haben. Regierungen<br />

allein werden es nicht schaffen, ihr Einfluss<br />

sinkt. Die wichtigste Frage, mit der wir uns<br />

befassen müssen, ist nicht der »Kampf der<br />

Kulturen«, sondern es sind die tiefgreifenden<br />

Unterschiede in der Welt. Nehmen wir die<br />

gesellschaftliche Spaltung in den USA, den<br />

Bruch zwischen Säkularen und Religiösen,<br />

zwischen Linksaußen und Rechtsaußen.<br />

Die Unversöhnlichkeit ist so extrem, dass<br />

wir kaum mehr in der Lage sind, die notwendigsten<br />

Dinge im Land zu erledigen.<br />

Vielleicht sollten Sie ein Dialogprogramm<br />

eigens für die USA aufsetzen.<br />

Es gibt auch in Europa genügend Länder, die<br />

von großen Differenzen geprägt sind. Vergessen<br />

Sie den Kampf zwischen Islam und<br />

dem Westen. Wenn es uns nicht mal gelingt,<br />

in unseren eigenen Ländern über ideologische<br />

Gräben hinweg vernünftig miteinander<br />

zu reden, werden wir die fundamentalen<br />

Probleme der Menschheit nicht in den Griff<br />

bekommen. Wir müssen kooperationsfähig<br />

werden, trotz aller Differenzen.<br />

Solange die Palästinenser keinen<br />

eigenen Staat haben, wird der Bruch<br />

bestehen bleiben.<br />

Das ist der Knackpunkt, da stimme ich zu.<br />

Ich glaube zwar nicht, dass mit der Lösung<br />

dieser Frage alle Probleme verschwinden.<br />

Doch wenn sie nicht gelöst wird, werden<br />

wir in allem, was wir versuchen, beschränkt<br />

bleiben. Für mich liegt der Schlüssel darin,<br />

dass wir immer größere Gemeinschaften<br />

heranbilden, die willens und in der Lage<br />

sind, miteinander zu reden und Einfluss<br />

auf eine Lösung zu nehmen. Es gab in der<br />

Geschichte zahllose andere Konflikte, die<br />

kaum zu bewältigen schienen. Doch am<br />

Ende wurden sie gelöst.<br />

Die Langfassung des Interviews finden Sie im Internet<br />

unter:<br />

HTTP://KNOWLEDGE.ALLIANZ.COM/JOURNAL<br />

10<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

11


MEINUNGEN<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Leserbriefe<br />

Zu kurz gegriffen<br />

Heidrun Naujoks von <strong>Allianz</strong> Leben in<br />

München kommentiert den Artikel<br />

»Fruchtbare Investitionen« im <strong>Allianz</strong><br />

<strong>Journal</strong> 1/2013:<br />

In dem Artikel »Fruchtbare Investitionen«<br />

von Michael Grimm wird auf die Frage<br />

»Warum müssen (trotz wachsender Erträge<br />

der Landwirtschaft) immer noch Millionen<br />

Menschen hungern?« Bryan Agbabian von<br />

<strong>Allianz</strong> Global Investors mit der Antwort<br />

zitiert: »Wir produzieren immer noch nicht<br />

genug.« Diese Aussage wird einfach so<br />

stehen gelassen, als handele es sich um eine<br />

unstrittige Wahrheit.<br />

Die Antwort greift aber viel zu kurz, ist<br />

vielleicht sogar falsch. Laut den Vereinten<br />

Nationen werden zum Beispiel weltweit<br />

jährlich zirka 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel<br />

in den Müll geworfen. Die in den<br />

Industrienationen weggeworfene Menge<br />

allein könnte theoretisch ausreichen, um<br />

alle hungernden Menschen zu ernähren.<br />

Es werden laut Ansicht vieler Experten also<br />

durchaus zwar ausreichend Nahrungsmittel<br />

produziert, nur sind diese eben nicht gerecht<br />

verteilt.<br />

Es gibt zu der Thematik noch zahlreiche<br />

andere Gesichtspunkte, und es wäre schön<br />

gewesen, wenn diese zumindest kurze<br />

Erwähnung in dem Artikel gefunden hätten,<br />

denn für einfache Antworten ist das Thema<br />

definitiv zu komplex. Und nicht zuletzt: Ob<br />

global agierende Agrarkonzerne beziehungsweise<br />

deren Investoren tatsächlich der<br />

Landwirtschaft in den armen und ärmsten<br />

Regionen der Welt im Endeffekt helfen, darf<br />

zumindest bezweifelt werden.<br />

Zum Thema Fleischkonsum teile ich die<br />

Ansicht des Ökonomen Gernot Klepper<br />

und vieler Experten, die in der steigenden<br />

Nachfrage nach Fleisch weltweit ebenfalls<br />

eine der Ursachen von Nahrungsmittelverknappung<br />

aufgrund des zunehmenden<br />

Futtermittelanbaus sehen. Mich würde<br />

interessieren, ob die <strong>Allianz</strong> trotzdem auch<br />

Investitionen in Unternehmen der Fleischindustrie<br />

tätigt. Man muss vermutlich leider<br />

davon ausgehen, wenn die Investitionen des<br />

Global Agricultural Trends Fonds tatsächlich<br />

»das gesamte Spektrum von Lebensmittelproduktion,<br />

-verarbeitung, und -verteilung«<br />

abdecken.<br />

Leser-Forum<br />

Hat Ihnen das <strong>Journal</strong> gefallen? Oder ging<br />

Ihnen etwas gegen den Strich? Wenn Sie<br />

Anregungen, Hinweise oder Kritik haben –<br />

hier können Sie sie loswerden:<br />

journal@allianz.de<br />

Redaktion <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong><br />

Königinstr. 28, 80802 München<br />

Group Intranet (GIN) → <strong>Allianz</strong> key information<br />

→ <strong>Journal</strong><br />

http://knowledge.allianz.com/journal<br />

Redaktionsschluss für das<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 3/2013 ist der<br />

30. August 2013.<br />

Verheerende<br />

Auswirkungen<br />

Auch Sepp Sperr von der <strong>Allianz</strong><br />

Deutschland in München setzt sich mit<br />

dem Artikel »Fruchtbare Investitionen«<br />

auseinander:<br />

Sie schreiben »Wir produzieren immer noch<br />

nicht genug«. Das kann ich nicht so stehen<br />

lassen. Haben Sie sich schon mal gefragt,<br />

warum soviel Lebensmittel weggeworfen<br />

werden? Zitat aus dem Film »We feed the<br />

World«: »Tag für Tag wird in Wien gleich viel<br />

Brot entsorgt, wie Graz verbraucht. Auf rund<br />

350 000 Hektar, vor allem in Lateinamerika,<br />

werden Sojabohnen für die österreichische<br />

Viehwirtschaft angebaut, daneben hungert<br />

ein Viertel der einheimischen Bevölkerung.<br />

Jeder Europäer isst jährlich zehn Kilogramm<br />

künstlich bewässertes Treibhausgemüse aus<br />

Südspanien, wo deswegen die Wasserreserven<br />

knapp werden.« Weiter schreiben Sie,<br />

»Unser Fonds investiert in Firmen, die dazu<br />

beitragen, die Lebensmittelproduktion zu steigern.«<br />

Allerdings schreiben Sie – vermutlich<br />

Shutterstock<br />

ganz bewusst – nicht, in welchen Gegenden<br />

diese Firmen die Lebensmittelproduktion<br />

steigern.<br />

Auch Ihre Meinung, dass die Biospritproduktion<br />

nur geringen Einfluss auf die Preise hat,<br />

kann ich nicht teilen. Abgesehen davon, dass<br />

Biosprit äußerst umweltschädlich ist (zum<br />

Beispiel durch Abholzen von Regenwald),<br />

wird durch die Umnutzung von Grundnahrungsmitteln<br />

zu Treibstoffen die Nachfrage<br />

nach diesen Rohstoffen erhöht, und somit<br />

steigen auch die Preise, die sich die armen<br />

Länder dann nicht mehr leisten können.<br />

Reiche Bauern, die Überschüsse produzieren<br />

können, verkaufen dann lieber die Nahrungsmittel<br />

an reiche Länder, so dass es in den<br />

armen Ländern noch weniger zu essen gibt,<br />

und streichen somit auch noch einen beträchtlichen<br />

Gewinn ein. Die armen Bauern<br />

können dagegen kaum soviel erzeugen, dass<br />

sie selber satt werden, und müssen somit<br />

auch noch die teuren Lebensmittel kaufen,<br />

die sie sich nicht leisten können.<br />

Zustimmen kann ich, dass nur ein ökologischer<br />

Ernährungsstil Abhilfe schafft,<br />

aber sicher kein verstärkter Düngereinsatz.<br />

Denn Dünger wird meist auch<br />

nur da eingesetzt, wo es sowieso schon<br />

genug zu essen gibt oder die Landwirtschaft<br />

ihre Erzeugnisse exportiert (zum Beispiel<br />

Soja aus Brasilien). Und das hat verheerende<br />

Auswirkungen.<br />

Mehr als nur<br />

finanzielle Hilfe<br />

Linda Murphy von <strong>Allianz</strong> Global<br />

Corporate & Specialty in Los Angeles<br />

über die Kooperation der <strong>Allianz</strong> mit<br />

MyHandicap:<br />

Vor kurzem hat ein Mitglied meiner Familie<br />

ein Bein verloren. Es folgten zahlreiche<br />

Operationen und Monate, in denen wir<br />

uns alle an dieses neue Leben mit Rollstuhl<br />

und Prothese gewöhnen mussten. Es ist<br />

großartig, dass die <strong>Allianz</strong> dem Einzelnen<br />

nicht nur finanzielle Unterstützung bietet,<br />

sondern mit sozialen Initiativen zusammenarbeitet,<br />

die versuchen, die Lebensqualität<br />

der Betroffenen zu verbessern. Wir hatten<br />

zuvor noch nicht von MyHandicap gehört<br />

und haben uns gefreut, von den Vorteilen,<br />

die die Organisation bietet, zu erfahren.<br />

Die Versicherungsprodukte, die in Zukunft<br />

angeboten werden sollen, werden behinderten<br />

Menschen helfen. Es ist schön für ein<br />

Unternehmen zu arbeiten, das mit solchen<br />

Organisationen kooperiert.<br />

Frust im Vertrieb<br />

<strong>Allianz</strong> Hauptvertreter Horst Frei aus<br />

Mosbach in Baden-Württemberg zum<br />

Interview mit dem Chef von <strong>Allianz</strong><br />

Global Automotive, Karsten Crede:<br />

Dass die <strong>Allianz</strong> im Bereich Global Automotive<br />

wachsen will, ist verständlich. Warum<br />

jedoch dieser Artikel im <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong><br />

erscheint, ist mir persönlich schleierhaft.<br />

Meine Kollegen und ich leben vom Versicherungsverkauf.<br />

Nun hat man wieder einmal<br />

den Wettbewerber im eigenen Hause. Wir<br />

haben in Kraft gerade zwei Jahre mit erheblichen<br />

Prämienanpassungen hinter uns.<br />

Viele Kunden haben uns verärgert ob des<br />

Preises verlassen.<br />

Gleichzeitig wird der designierte Vorstandsvorsitzende<br />

der neu gegründeten<br />

VW-Versicherung (unter Federführung der<br />

<strong>Allianz</strong>!) mit den Worten »Beim Preis sehen<br />

wir noch Luft nach unten« in der Presse<br />

zitiert. Und dies bei einem Versicherer, der<br />

jetzt schon erheblich günstiger ist und auch<br />

noch bessere Leistungen anbieten kann als<br />

der <strong>Allianz</strong> Vertreter um die Ecke.<br />

Solch ein Artikel motiviert den Ausschließlichkeitsvertrieb<br />

sicher ungemein. Ich erwarte<br />

nicht, dass künftig jeder Artikel im <strong>Allianz</strong><br />

<strong>Journal</strong> Freudentänze bei mir auslöst, jedoch<br />

wäre etwas »Feingefühl« angebracht, um<br />

den Vertrieb nicht noch mehr zu frustrieren.<br />

»Viele Wege führen<br />

nach Rom«<br />

Axel Steinhoff von der <strong>Allianz</strong> Beratungsund<br />

Vertriebs-AG in München geht auf<br />

das Interview zum Thema Unternehmenskultur<br />

mit Dieter Wemmer und<br />

Manuel Bauer ein:<br />

Frank Stern hat in seinem Interview mit<br />

Manuel Bauer und Dieter Wemmer die<br />

Frage gestellt, wie sich unterschiedliche<br />

Wertesysteme und Kulturen auf Führungsverhalten<br />

und Führungskultur auswirken,<br />

aber meines Erachtens nach leider nur eine<br />

Antwort zu einer Seite der Medaille erhalten.<br />

Die gegebene Antwort wirkte auf mich<br />

eher wie ein aus deutscher Sicht verfasster<br />

Kommentar zum Entwicklungsstand eines<br />

anderen Wertesystems. Dabei stand offenbar<br />

im Vordergrund, was deutsches (Führungs-)<br />

Verhalten in den genannten Ländern<br />

bewirkt hat, zum Beispiel im Sinne einer<br />

anderen Kommunikation oder eines anderen<br />

Informationsaustausches.<br />

Eine andere Intention der Frage war nach<br />

meinem Verständnis aber anders herum<br />

gemeint, also welche Effekte andere Wertesysteme<br />

und Kulturen auf Führungsverhalten<br />

generell haben, so zum Beispiel auch auf das<br />

Verhalten von Führungskräften hier im eigenen<br />

Land. Aus eigener Erfahrung kann ich<br />

sagen, dass die Akzeptanz und der Respekt<br />

vor anderen Kulturen, Werte- und Kommunikationssystemen<br />

ein nicht zu unterschätzendes<br />

Thema ist, sowie natürlich dann<br />

auch der Umgang damit im Kontext unseres<br />

Systems oder unserer Richtlinien.<br />

Meiner Auffassung nach liegt der Effekt solcher<br />

Erfahrungen in ausländischen Kulturen<br />

eher in einer bereichernden und heilsamen<br />

Reflexion unseres Führungsverhaltens. Damit<br />

kann es dann auch gerade hier vor Ort gelingen,<br />

tolerant und offen zu werden für die<br />

vielen Wege, die nach Rom führen.<br />

12<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

13


Global<br />

dpa / picture-alliance<br />

Kein Ort.<br />

Nirgends<br />

Es gehört zu den großen Mysterien unserer<br />

Zeit, dass die Natur die Versicherungsbranche<br />

immer wieder auf dem falschen Fuß erwischt.<br />

Das Erdbeben in Neuseeland, der Tsunami in<br />

Japan, die Jahrhundertflut in Thailand – jedes<br />

Mal staunt die Fachwelt, dass es keiner hat<br />

kommen sehen. Seit 2011, dem schlimmsten<br />

Katastrophenjahr aller Zeiten, versucht eine<br />

Einheit bei der <strong>Allianz</strong>, den Blick fürs Risiko zu<br />

schärfen.<br />

FRANK STERN<br />

Die schlechte Nachricht zuerst: Es gibt auf der Erde<br />

keinen sicheren Ort. Nirgends. Der Meteorit, der am<br />

15. Februar über dem russischen Tscheljabinsk explodierte,<br />

hat das einmal mehr deutlich gemacht. »Wäre der<br />

Brocken etwas später runtergekommen, hätte es zum<br />

Beispiel auch Deutschland treffen können«, sagt Markus<br />

Aichinger. »Da wären dann ein paar Scheiben mehr zu<br />

Bruch gegangen als im Ural.«<br />

Aichinger gehört zu einer Gruppe von Experten, die <strong>Allianz</strong><br />

Underwriter dabei unterstützen soll, das Schadenpotenzial<br />

von Naturereignissen vor allem in der Firmenversicherung<br />

(MidCorp) besser zu erkennen und eine adäquate Prämie<br />

anzusetzen. Meteoriten stehen beim NatCat-Team (Naturkatastrophen)<br />

des Bereichs Global P&C (Property/Casualty –<br />

Schaden- und Unfallversicherung) dabei weniger im Fokus.<br />

»Die Wahrscheinlichkeit, dass einem so ein Teil auf den<br />

Kopf fällt, ist verschwindend gering«, sagt Aichinger. »Was<br />

Am 11. März 2011 löste ein Erdbeben vor der Ostküste der japanischen<br />

Hauptinsel Honshu einen verheerenden Tsunami aus. Über 20 000 Menschen<br />

kamen in den Fluten ums Leben<br />

die Profitabilität des Geschäfts auffrisst, sind die vielen<br />

Schäden durch Hagel, Wasser und Sturm. Der Trend zeigt<br />

hier eindeutig nach oben.«<br />

Aichinger, von Haus aus Meteorologe, sieht die Prämien<br />

immer einen Schritt hinter den Ausgaben hinterherhinken.<br />

»Das Schaden- und Unfallgeschäft trägt zu fast<br />

50 Prozent zum operativen Ergebnis der <strong>Allianz</strong> bei. Wir<br />

hätten ein Riesenpotenzial, wenn wir hier nur einen Tick<br />

besser wären«, ist er sicher. Die P&C Academy, Teil des<br />

2011 ins Leben gerufenen Bereichs Global P&C, soll den<br />

Underwritern der Gruppengesellschaften dafür das technische<br />

Know-how mit auf den Weg geben. Aichinger<br />

und Kollegen sind auch dort im Einsatz (siehe Kasten).<br />

Global P&C<br />

Der Bereich Global P&C wurde 2011 ins Leben gerufen. Er soll<br />

<strong>Allianz</strong> Gesellschaften dabei unterstützen, die Profitabilität<br />

ihres Schaden- und Unfallgeschäfts zu sichern. In Seminaren<br />

und Lehrgängen der P&C Academy wird dazu das technische<br />

Know-how für Risikobewertung, Tarifgestaltung und Portfolio-Management<br />

vermittelt. Zudem nehmen Fachleute von<br />

Global P&C jedes Jahr die Schaden- und Unfallbereiche mehrerer<br />

<strong>Allianz</strong> Gesellschaften unter die Lupe (MidCorp Business<br />

Reviews) und erarbeiten Vorschläge zur Verbesserung der<br />

Profitabilität. Erfolgreiche Praxismodelle werden auch anderen<br />

Gruppengesellschaften vorgestellt und fließen in die Programme<br />

der P&C Academy ein. Seit 2012 unterstützt das NatCat-<br />

Team von Global P&C unter Leitung von Edzard Romaneessen<br />

<strong>Allianz</strong> Einheiten speziell beim Absichern des Geschäfts gegen<br />

Naturereignisse sowie gegen die Akkumulation von Risiken<br />

im Portfolio.<br />

GLOBALPC@ALLIANZ.COM<br />

14<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

15


GLOBAL<br />

Dlouhy<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

beide Fotos: Roth<br />

Neben Risikobewertung und Tarifberechnung wird in den<br />

Seminaren und Lehrgängen der P&C Academy auch die<br />

grundsätzliche Frage diskutiert, wie in den Tochtergesellschaften<br />

der Gefahr der Risikohäufung begegnet werden<br />

kann – ein Problem, das die Flut in Thailand 2011 drastisch<br />

vor Augen geführt hat. »Unsere Underwriter dürfen nicht<br />

nur das Einzelrisiko im Auge haben«, betont Raimund<br />

Büllesbach, Leiter der P&C Academy. »Sie müssen auch<br />

verstehen, wie ihre Zeichnungspraxis die Belastung des<br />

Portfolios durch Katastrophen ereignisse und damit letztlich<br />

auch das Gesamtergebnis der Gruppe beeinflusst.«<br />

Für diesen Blick aufs Ganze brauchen sie allerdings die<br />

technischen Mittel. Und genau das ist die Crux: IT-Systeme,<br />

die über die Häufung ähnlich gelagerter Risiken in<br />

einer Region Aufschluss geben könnten, fehlen häufig –<br />

zumindest im Firmengeschäft. Andere Bereiche sind da<br />

bereits einen Schritt weiter. <strong>Allianz</strong> Global Corporate &<br />

Specialty (AGCS) zum Beispiel setzt schon seit Jahren auf<br />

Raimund Büllesbach:<br />

»Unsere Underwriter dürfen<br />

nicht nur das Einzelrisiko im<br />

Auge haben«<br />

Das NatCat-Team: Meteorologe Markus Aichinger,<br />

Ozeanograph Edzard Romaneessen und Volkswirt<br />

Curzio Coli (v.l.)<br />

Google Earth, um bei der Versicherung von Großunternehmen<br />

Kumulrisiken aufzuspüren. Google Earth liefert<br />

die Geodaten, die Angaben über versicherte Objekte<br />

samt Versicherungssummen und Selbstbehalten steuert<br />

die AGCS-Datenbank bei. Auch die Beratungseinheit<br />

<strong>Allianz</strong> Risk Consultants (ARC) nutzt Google Earth mittlerweile.<br />

Im Firmengeschäft gibt es ein ähnliches Instrument<br />

bislang nicht.<br />

Die Überlegung, sich in einem Markt in Stellung zu bringen,<br />

könne natürlich dazu führen, Policen, zumindest<br />

zeitweise, ganz bewusst unter Preis anzubieten, erläutert<br />

Markus Aichinger: »Eine solche Durststrecke in Kauf<br />

zu nehmen, macht unter Umständen durchaus Sinn,<br />

aber man muss wissen, was man tut, und sich vorher<br />

überlegen, wo die Schmerzgrenze liegt.« Doch gerade in<br />

den Wachstumsmärkten förderte in der Vergangenheit<br />

oft erst ein Großschadenereignis zutage, dass man sich<br />

bei Risiko und Tarif verkalkuliert hatte. Vor derart bösen<br />

Überraschungen will das NatCat-Team von Global P&C<br />

die <strong>Allianz</strong> künftig bewahren.<br />

Als Meteorologe hat Aichinger dabei naturgemäß vorrangig<br />

Sturm, Hagel und Überschwemmungen im Visier.<br />

»Atmosphärische Ereignisse verursachen bei uns die<br />

meisten Schäden«, konstatiert der Wetterfachmann. »In<br />

den Prämien spiegelt sich das Risiko jedoch oft nur unzureichend<br />

wieder.« Eine kleine Verschnaufpause erhofft<br />

er sich von der Tatsache, dass die globale Erwärmung<br />

seit 15 Jahren stagniert: »Vielleicht gibt uns das ja etwas<br />

Spielraum, um mit den Prämien wieder aufzuschließen.«<br />

Signal aus Spanien<br />

<strong>Allianz</strong> Vorstände Dieter Wemmer (li.) und Michael Diekmann<br />

zogen in Barcelona eine positive Bilanz<br />

Bislang ist die <strong>Allianz</strong> ziemlich glatt durch die Finanzkrise gekommen, besser<br />

jedenfalls als viele ihrer Wettbewerber. Auf dem diesjährigen <strong>Allianz</strong> International<br />

in Barcelona diskutierten 200 Top-Manager aus 40 Ländern darüber, wie man<br />

die Spitzenposition verteidigt.<br />

PETRA KRÜLL<br />

»Die <strong>Allianz</strong> steht jetzt dort, wo ich sie immer<br />

haben wollte.« Zum Auftakt des <strong>Allianz</strong><br />

International (AZI) im März in Barcelona<br />

erläuterte <strong>Allianz</strong> Chef Michael Diekmann,<br />

wie die Gruppe die Spitzenposition in der<br />

Branche beim operativen Ergebnis erreicht<br />

hat und wie mit einer soliden Anlagebasis<br />

die Auswirkungen des Niedrigzinsumfeldes<br />

abgefedert werden konnten. »Ja, wir können<br />

zufrieden sein«, fügte er hinzu, um gleich<br />

wieder vor zu viel Übermut zu warnen:<br />

»An der nächsten Ecke könnten bereits die<br />

nächsten Gefahren lauern.«<br />

Neben Strategie und Finanzen standen auch<br />

Digitalisierung, Vertrieb, Lebensversicherungsprodukte,<br />

Anlagen und Risiken auf der<br />

Tagesordnung des zweitägigen Treffens.<br />

Um all die Herausforderungen der Gegenwart<br />

zu bewältigen, braucht die <strong>Allianz</strong> nach<br />

Diekmanns Überzeugung einen übergreifenden<br />

Wertekanon und gemeinsame Ziele.<br />

Finanzvorstand Dieter Wemmer griff den<br />

Faden auf und wies darauf hin, dass es für<br />

die <strong>Allianz</strong> Gruppe gerade beim Kapitaleinsatz<br />

wichtig sei, eine Sprache zu sprechen.<br />

Gleichzeitig hob er die Bedeutung des<br />

Underwriting für die Kontrolle auf der<br />

Ausgabenseite hervor. »Wir haben alles,<br />

worauf es ankommt, aber wir müssen wie<br />

ein Löwe kämpfen, wenn es um die Umsetzung<br />

geht.« Um den Wettbewerb auf<br />

Abstand zu halten und für alle Interessengruppen<br />

ein verlässlicher Partner zu sein, sei<br />

die Kapitalstärke für einen Finanzdienstleister<br />

das wichtigste Argument, so Wemmer.<br />

Viele Redner verwiesen darauf, wie wichtig<br />

einfachere Produkte und Prozesse für die<br />

Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

seien. Der starke Markenauftritt der <strong>Allianz</strong><br />

und intelligente Übernahmen wie die in<br />

16<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

17


GLOBAL<br />

Shutterstock<br />

Deutschland<br />

Belgien und Frankreich oder kürzlich in der<br />

Türkei würden auch künftig für Wachstum<br />

sorgen. Doch die Grundlage für den Erfolg,<br />

da waren sich alle einig, seien die Integrität<br />

und der gute Ruf des Unternehmens.<br />

»Ein tolles Modell«<br />

Das Thema digitale Transformation der<br />

<strong>Allianz</strong> stand auch in diesem Jahr wieder<br />

ganz oben auf der Agenda. Auf diesem<br />

Gebiet ist die spanische <strong>Allianz</strong> Seguros<br />

schon seit langem Vorreiter. Sie hat auf der<br />

iberischen Halbinsel und in Lateinamerika<br />

ein Geschäftsmodell und eine übergreifende<br />

IT-Plattform etabliert und damit allen vorgemacht,<br />

wie sich die Produktivität steigern<br />

und Service und Effizienz verbessern lassen.<br />

Der Wissenstransfer über Ländergrenzen<br />

hinweg sorgte dafür, dass sich die Position der<br />

lokalen Gesellschaften in unterschiedlichsten<br />

Märkten spürbar verbesserte und sich für<br />

die <strong>Allianz</strong> neben Asien und Osteuropa mit<br />

Lateinamerika eine dritte Wachstumsregion<br />

eröffnete. »Ein tolles Modell«, meinte Diekmann<br />

anerkennend.<br />

Die Digitalisierung verändert die Art, wie<br />

Menschen miteinander kommunizieren,<br />

und wirkt sich damit auch auf das Versicherungsgeschäft<br />

aus. Soziale Medien sind<br />

mittlerweile allgegenwärtig, und sie bieten<br />

durch mehr Kontaktpunkte zum Kunden<br />

auch Geschäftsmöglichkeiten. Digitale Elemente<br />

müssten zunehmend in etablierte<br />

Geschäftsmodelle einbezogen werden, um<br />

auch Vertretern bessere Zugangschancen<br />

zum Kunden zu eröffnen, so der Tenor beim<br />

AZI. Darüber hinaus würden es Analyse und<br />

Verwertung der vorhandenen Datenmengen<br />

der <strong>Allianz</strong> erlauben, sich einen umfassenden<br />

Überblick über ihre Kunden und deren Bedürfnisse<br />

zu verschaffen. Das könnte sich letztlich<br />

auch auf die Preisgestaltung auswirken.<br />

Um ein globaler Partner für die Kunden zu<br />

sein, braucht die Gruppe einen integrierten<br />

Ansatz. »Partnerschaft liegt uns am Herzen«,<br />

unterstrich Michael Diekmann in diesem<br />

Zusammenhang. Als Beispiel nannte er die<br />

Initiative »<strong>Allianz</strong> Worldwide Partners«. Sie<br />

soll Know-how und Ressourcen von <strong>Allianz</strong><br />

Global Assistance, Global Automotive, <strong>Allianz</strong><br />

Worldwide Care und des internationalen Krankenversicherers<br />

der <strong>Allianz</strong> France bündeln,<br />

um Geschäftspartner dabei zu unterstützen,<br />

Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt im Vertriebsbereich<br />

war das Maklergeschäft, das heute<br />

bereits mehr als ein Drittel der Versicherungseinnahmen<br />

der <strong>Allianz</strong> ausmacht. Hier<br />

soll das Global Broker Management Team<br />

dafür sorgen, die Marken- und Finanzstärke<br />

der <strong>Allianz</strong> sowie das Know-how der lokalen<br />

Gesellschaften besser zur Geltung zu bringen<br />

und die Zusammenarbeit der <strong>Allianz</strong> Gruppe<br />

mit den großen Maklerhäusern auszubauen.<br />

Auch das Privatkundengeschäft ist in Bewegung.<br />

Kunden nutzen verstärkt digitale<br />

Kanäle und passen längst nicht mehr in<br />

die Schubladen der traditionellen Vertriebsphilosophie.<br />

Eine Entwicklung, der die <strong>Allianz</strong><br />

mit einem modularen Produktansatz begegnet,<br />

mit verschiedenen Zugangskanälen für<br />

den Kundenkontakt, mit Online-Spezialisten<br />

und persönlicher Beratung auf Abruf – wann<br />

und wo der Kunde dies wünscht. Die <strong>Allianz</strong><br />

Ungarn hat dieses Modell bereits erfolgreich<br />

eingeführt und 1600 ihrer Vertreter entsprechend<br />

ausgestattet.<br />

Demographische<br />

Herausforderungen<br />

Ein weiteres Thema in Barcelona war die<br />

Altersvorsorge. »Die sozialen Sicherungssysteme<br />

decken die demographischen<br />

Herausforderungen längst nicht ab, deshalb<br />

wird die Lebensversicherung weiterhin gebraucht«,<br />

betonte <strong>Allianz</strong> Vorstand Maximilian<br />

Zimmerer. Doch wie kann die <strong>Allianz</strong> im<br />

gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld Kunden<br />

dabei helfen, ausreichend fürs Alter vorzusorgen?<br />

Wie lassen sich die Geschäftsrisiken<br />

eingrenzen, ohne die Kundenerwartungen<br />

bei Garantien und Renditen zu enttäuschen?<br />

Untersuchungen zeigen, dass die Kunden<br />

bereit sind, Abstriche bei den Garantien zu<br />

akzeptieren, wenn im Gegenzug die Renditen<br />

höher ausfallen. Die Aufgabe der Vertriebsmitarbeiter<br />

sei es, Kunden eine Beratung zu<br />

bieten, die sie zu überlegten, zu ihren Bedürfnissen<br />

passenden Entscheidungen befähigt,<br />

hieß es in Barcelona. Wie meinte einer der<br />

AZI-Teilnehmer? »Was gut ist für den Kunden,<br />

zahlt sich am Ende auch für die <strong>Allianz</strong> aus.«<br />

beide Fotos: Dlouhy<br />

Land der Nörgler?<br />

Demokratie kann mühsam sein: Sie sichert die Teilhabe der Bürger, kann<br />

Entscheidungsprozesse aber auch in ein endloses Gezerre ausarten lassen.<br />

Bei den diesjährigen Benediktbeurer Gesprächen der <strong>Allianz</strong> Umweltstiftung<br />

ging es um die Frage, wie sich Bürgerengagement und die Funktionsfähigkeit<br />

eines modernen Staatswesens in Einklang bringen lassen.<br />

FRANK STERN<br />

18<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

19


DEUTSCH-<br />

LAND<br />

Darchinger<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

»Bürgerbeteiligung heißt nicht, dass am Ende<br />

immer ein gesellschaftlich wünschenswertes<br />

Ergebnis steht.« Beate Jessel<br />

Stuttgart 21 – Protest; Flughafen Frankfurt – Protest;<br />

Energiewende – alle dafür, Windparks und Stromtrassen –<br />

Protest. Landauf, landab das gleiche Bild: egal, wo sich ein<br />

Großprojekt anbahnt, der Widerstand folgt auf dem Fuße.<br />

Gut organisiert, grauhaarig, hartnäckig. Sind die Deutschen<br />

ein Volk der Nörgler, der Blockierer und Verhinderer? Das<br />

war die Frage hinter dem Thema der diesjährigen Benediktbeurer<br />

Gespräche »Bürgerwille gegen Großprojekte«.<br />

Dass die Antworten darauf bei der vom Geschäftführer der<br />

Umweltstiftung, Lutz Spandau, arrangierten Runde nicht<br />

zusammengingen, war zu erwarten.<br />

Die schwierigste Rolle hatte dabei wohl Claudia Roth, die<br />

als Bundesvorsitzende der Grünen sowohl die basisdemokratischen<br />

Wurzeln als auch die Realoqualitäten ihrer Partei<br />

zu verkörpern suchte. Sie plädierte für mehr direkte Bürgerbeteiligung,<br />

machte aber gleichzeitig deutlich, dass für<br />

sie in einer repräsentativen Demokratie das Parlament das<br />

Rückgrat der Entscheidungsfindung bleibt. »Ab einem Punkt<br />

muss die Politik entscheiden«, so Roth. Alle werde man nie<br />

unter einen Hut bekommen.<br />

Eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sie mit dem<br />

Präsidenten der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, einer<br />

Meinung war. Homann, unter anderem für den fairen Wett -<br />

bewerb bei den Strom- und Gasversorgungsnetzen zuständig,<br />

beklagte allerdings auch die »Verweigerung von Verantwortung«<br />

bei vielen Bürgern. Abstrakte Ziele, wie Energiewende<br />

und der Ausbau des Stromnetzes seien gesellschaftlich un -<br />

umstritten, sobald es aber an die konkrete Umsetzung auf<br />

regionaler und lokaler Ebene gehe, formiere sich Widerstand.<br />

Eigennutz vor Gemeinwohl also, und zwar »unabhängig von<br />

der Parteizugehörigkeit«.<br />

»Quatsch«, konterte Roth da energisch. Dass der Netzausbau<br />

ins Stocken geraten sei, liege nicht an den Bürgern, sondern an<br />

den Energieunternehmen, die Investitionen in diesem Bereich<br />

als nicht lukrativ ansähen. Rückendeckung bekam Homann<br />

dagegen von Peter Schmitz, Vorstand bei der Fraport AG,<br />

der eine zunehmende Abwehrhaltung vieler Bürger gegen<br />

Veränderungen nach dem Motto: »Nicht vor meiner Haustür«<br />

konstatierte. Was beim Frankfurter Flughafen besonders<br />

kurios anmutet, denn natürlich will jeder fliegen, nur eben<br />

ohne Flughafen und Fluglärm. Schmitz wird pro Monat von<br />

rund 1000 Beschwerdeführern aus der Umgebung mit<br />

175 000 Protestschreiben gegen die neue Landebahn eingedeckt,<br />

die 2011 eröffnet wurde. Zudem wird jeden Montag<br />

im Flughafengebäude demonstriert – »ritualhaft wie eine<br />

katholische Messe«, so Schmitz.<br />

Projektkiller Artenschutz<br />

Anke Domscheit-Berg, Internetaktivistin und Mitglied<br />

der Piratenpartei, zeigte mehr Verständnis für die Bürgerwut<br />

und zitierte Untersuchungen, wonach Entscheidungsprozesse<br />

bei Großprojekten von vielen Menschen als<br />

intransparent erlebt werden. Bürgerbeteiligung sei häufig<br />

nichts als Etikettenschwindel, so Domscheit-Berg: »Oft wird<br />

nicht das Ob eines Projekts zur Diskussion gestellt, sondern<br />

nur noch das Wie.« Und auch das meist in einer Sprache,<br />

die ein Laie kaum verstehe. In Domscheit-Bergs Augen<br />

»Feigenblattpolitik«.<br />

Auch Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz,<br />

beklagte die mangelnde Transparenz vieler Projektverfahren.<br />

Die Planungen müssten ergebnisoffen gestaltet<br />

sein, die betroffenen Menschen frühzeitig einbezogen und für<br />

mögliche Nachteile ein angemessener Ausgleich geschaffen<br />

werden, so Jessel. Landschaftseingriffe durch Großprojekte<br />

tangierten eben auch Heimatgefühl und regionale Identifikation<br />

der Menschen. »Und diese emotionale Komponente<br />

muss man ernst nehmen«, hob die Professorin für Landschaftsentwicklung<br />

hervor. Allerdings verhehlte sie nicht, dass<br />

Natur- und Artenschutz zuweilen nur vorgeschoben sind, um<br />

unliebsame Projekte zu verhindern: Irgendeine gefährdete<br />

Tier- oder Pflanzenart, die man gegen den Ausbau des Flughafens,<br />

gegen S-Bahnen, Nationalparks, Wasserkraftwerke,<br />

Windparks oder Erdkabel ins Feld führen könnte, muss sich<br />

doch wohl finden lassen.<br />

Anke Domscheit-Berg, Claudia Roth, Lutz Spandau, Beate Jessel, Peter Schmitz<br />

und Jochen Homann (v.l.) bei den Benediktbeurer Gesprächen<br />

Mit der fortschreitenden Alterung der Bevölkerung wird<br />

sich nach Ansicht von Peter Schmitz von Fraport das Beharrungsvermögen<br />

eher noch verstärken. Die demographische<br />

Entwicklung gehe mit einer Abnahme der Veränderungsbereitschaft<br />

im Lande einher, konstatierte der Manager. Der gut<br />

situierte »Wutbürger« habe dabei weder die Enkelgeneration,<br />

noch die Zukunft des Landes im Blick. »Ich bin nicht sehr optimistisch«,<br />

so Schmitzs Fazit. »Wir werden sehr unbeweglich.«<br />

Anke Domscheit-Berg dagegen beobachtet vor allem im<br />

digitalen Raum die Entwicklung einer Bewegung, die sich<br />

nicht verweigert und nicht blockiert, sondern die sich einmischt,<br />

die mitgestalten will, und die sich auch durch verwaltungstechnische<br />

Hürden nicht abschrecken lässt. Welchen<br />

Einfluss die »Netz-Community« bereits hat, zeigte 2012 die<br />

Anti-ACTA-Bewegung, die nach den Worten von Domscheit-<br />

Berg eine Zensurinfrastruktur im Internet verhinderte, oder<br />

auch das von zivilgesellschaftlichen Gruppen initiierte Transparenzgesetz<br />

in Hamburg. Es verpflichtet die Behörden der<br />

Hansestadt, all ihre Informationen im Internet zugänglich zu<br />

machen – ein Novum in Deutschland.<br />

»Bürgerbeteiligung heißt freilich nicht, dass am Ende immer<br />

ein gesellschaftlich wünschenswertes Ergebnis steht«,<br />

bremste Beate Jessel allzu viel Euphorie. In Baden-Württemberg<br />

etwa liegt die grün-rote Landesregierung gerade im<br />

Clinch mit dem Wahlvolk, das partout keinen Nationalpark<br />

im Nordschwarzwald haben will. In Nordrhein-Westfalen<br />

hat Bürgerwille die Einrichtung eines Nationalparks bereits<br />

verhindert. »Die Gefahr, dass sich die Menschen reflexartig<br />

gegen ein Projekt aussprechen, ist groß«, unterstrich auch<br />

Jochen Homann von der Bundesnetzagentur. Und der hat<br />

damit einige Erfahrung.<br />

Dabei treibt der Widerspruch zuweilen seltsame Blüten:<br />

Da formiert sich die Bürgerwehr in einer Region gegen das<br />

Verlegen von Erdstromkabeln, während die Menschen in<br />

einem anderen Bezirk vehement dafür eintreten, um Überlandleitungen<br />

zu verhindern. »Manchmal könnte man den<br />

Eindruck gewinnen, dass Protest zum Geschäftsmodell für<br />

Gutachter und Anwälte geworden ist«, meinte Homann.<br />

Die Politik ist ihm in diesen Auseinandersetzungen bislang<br />

keine wirkliche Hilfe gewesen. Die größte Gefahr für die<br />

Energiewende sei die Uneinigkeit der Bundesländer über die<br />

Zukunft der Energieversorgung, so der Chef der Netzagentur.<br />

»16 unterschiedliche Meinungen addieren sich am Ende<br />

zum größten Unsinn. Wir leiden bei diesem Thema unter<br />

dem Föderalismus.«<br />

Chefsache Energiewende<br />

Claudia Roth, die bei Homanns Ausführung ihren Ärger<br />

kaum verbergen konnte, machte dagegen die Bundesregierung<br />

als Schuldigen der Wende-Misere aus. Es gehe nicht an,<br />

dass sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium bei diesem<br />

Thema gegenseitig blockierten, sagte die Grünen-Politikerin:<br />

»Da braucht es Kohärenz, das muss Chefsache werden.«<br />

Da hatte sie Peter Schmitz ganz auf ihrer Seite. »Die Politik<br />

muss eine klare Linie vorgeben«, bekräftigte auch der<br />

Fraport-Vorstand.<br />

Dass diese klare Linie der Politik nicht immer ausreicht,<br />

hat Roths Partei beim heiß umkämpften Prestigeprojekt<br />

Stuttgart 21 bereits schmerzlich erfahren müssen. Obwohl<br />

sich die Grünen eindeutig gegen das Bahnprojekt ausgesprochen<br />

hatten, wurde der Ausstieg des Landes bei einer<br />

Volksabstimmung 2011 mehrheitlich abgelehnt. Nun muss<br />

die von den Grünen geführte Landesregierung das Vorhaben<br />

umsetzen. »Da haben wir krachend verloren«, räumte Roth<br />

ein. Dass direkte Bürgerbeteiligung für eine lebendige<br />

Demokratie für sie dennoch unverzichtbar bleibt, daran aber<br />

ließ sie keinen Zweifel: »Auch wenn’s manchmal wehtut.«<br />

HTTPS://UMWELTSTIFTUNG.ALLIANZ.DE<br />

»Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass Protest zum<br />

Geschäftsmodell für Gutachter und Anwälte geworden ist.« Jochen Homann<br />

20<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

21


DEUTSCH-<br />

LAND<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Vom Ende der Männer und<br />

der Feigheit der Frauen<br />

Vor gut einem Jahr betrug der Anteil von Frauen im Top- und Mittelmanagement<br />

in deutschen Großunternehmen knapp 15 Prozent. Viel mehr sind es seither nicht<br />

geworden. In einer Studie ist die Fraunhofer-Gesellschaft den Ursachen für den<br />

Frauenmangel in der Chefetage nachgegangen.<br />

FRANK STERN<br />

Die Botschaften zum Thema Frauen und Karriere sind widersprüchlich. Während US-Autorin<br />

Hanna Rosin in ihrem jüngsten Buch bereits »Das Ende der Männer« verkündet, beklagt die<br />

deutsche <strong>Journal</strong>istin Bascha Mika auf über 200 Seiten »Die Feigheit der Frauen«. Was<br />

bremst Frauen beim beruflichen Aufstieg? Wollen sie nicht? Können sie nicht? Sind sie<br />

Opfer von Männerbünden, die ihre Ambitionen im Keim ersticken?<br />

In einer Ende letzten Jahres vorgelegten Studie mit dem Titel »Unternehmenskulturen<br />

verändern – Karrierebrüche vermeiden« ist die Fraunhofer-Gesellschaft den Ursachen für<br />

den Frauenmangel in deutschen Führungsetagen nachgegangen. Neun Großunternehmen,<br />

von Daimler über Bosch, EADS und Microsoft bis hin zur <strong>Allianz</strong> Deutschland, haben sich an<br />

der Untersuchung beteiligt, für die zwischen März und November 2011 insgesamt 220 weibliche<br />

und männliche Führungskräfte befragt wurden. Ergebnis: Männer und Frauen passen<br />

nicht zusammen – jedenfalls nicht, was ihre Vorstellungen von Aufstieg und Karriere angeht.<br />

Kinder als Karrierebremse<br />

»Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen«, so das Fazit der vier Autorinnen<br />

der Studie, »ist ein umfassender Kulturwandel in Unternehmen nötig.« Mentoring- und<br />

Seminarangebote speziell für Frauen reichten nicht aus, um Karrierebrüche zu vermeiden.<br />

Im Gegenteil: Für die Akzeptanz von Frauen im Unternehmen sind sie nicht selten sogar<br />

kontraproduktiv, lautet eine der eher überraschenden Erkenntnisse der Studie. Der Grund:<br />

Sonderprogramme zur Frauenförderung nährten das Vorurteil, dass Frauen Führungsdefizite<br />

haben, die mit speziellen Maßnahmen beseitigt werden müssten.<br />

»Bei Vorgesetzten und Personalabteilungen fehlt oft das Bewusstsein für die lebensphasenabhängige<br />

Gebundenheit von Karriereentscheidungen«, so die Studie. Will heißen: Wer seine<br />

Karriereschritte im Einklang mit der persönlichen Lebenssituation plant, gilt als unflexibel.<br />

»Eine langfristige, lebensphasenorientierte Karriereplanung«, lautet das ernüchternde Fazit<br />

der Fraunhofer-Untersuchung, »ist derzeit nicht implementiert und akzeptiert.«<br />

Besonders für Frauen ist es ein kaum auszugleichender Nachteil, dass über Karrieren im Mittelund<br />

Topmanagement im Lebensjahrzehnt zwischen 30 und 40 Jahren entschieden wird – dem<br />

Zeitraum also, in den heute häufig auch die Familienphase fällt. Späte Karrieren ab 40 Jahre<br />

sind rar gesät. Weibliche Führungskräfte, die nach der Elternzeit in den Job zurückkehren wollen,<br />

müssen erst einmal sehen, wo sie eine adäquate Stelle im Unternehmen finden. Systematische<br />

Wiedereinstiegsprogramme? Meist Fehlanzeige. Dabei sind es bis zur Rente dann immer noch<br />

gut 20 Jahre. Indem Unternehmen die Fähigkeiten und Erfahrungen von Mitarbeiterinnen,<br />

die bei Geburt eines Kindes eine Karrierepause einlegen, übersehen, verschenken sie viel an<br />

Potenzial, schreiben die Autorinnen von Fraunhofer. Die Folge: Höhere Managementpositionen<br />

werden oft von Personen ohne außerberufliche Aufgaben oder familiäre Pflichten besetzt.<br />

Zitat aus der Studie: »Die männlichen Führungskräfte mit Kindern leben zu einem Großteil in<br />

Partnerschaften, in denen die Partnerin nicht oder in Teilzeit berufstätig ist und viele der außerberuflichen<br />

Pflichten übernehmen kann. Weibliche Führungskräfte haben meist in Vollzeit<br />

berufstätige Partner und sind öfter kinderlos als ihre männlichen Kollegen.«<br />

Die ökonomische Karte<br />

Nun ist ein Wirtschaftsunternehmen kein Wohlfahrtsverein. Deshalb versuchen die Autorinnen<br />

auch gar nicht erst, mit dem Hinweis auf mehr Fairness zwischen Männern und Frauen<br />

zu argumentieren. Sie spielen die ökonomische Karte und verweisen an mehreren Stellen auf<br />

den produktiven Nutzen, den ein höherer Frauenanteil für Unternehmen bringt. Vergleichende<br />

Studien haben die wirtschaftlichen Vorteile belegt. Das verstehen auch Männer. Die treibt<br />

nun allerdings zunehmend die Sorge um, dass sie durch den gesellschaftlichen Druck, mehr<br />

Frauen Führungsverantwortung zu übertragen, ins Hintertreffen geraten könnten. Einer der<br />

Befragten meinte, bei dem Versuch, die Versäumnisse der letzten Generationen aufzuholen,<br />

überdrehten die Unternehmen inzwischen das Rad: »Die jungen männlichen<br />

Kollegen sagen dann schon, ich hab hier eh keine Chance, was zu werden.«<br />

Andere Ergebnisse dagegen waren zu erwarten. Etwa, dass Kinder vor allem für<br />

Frauen zur Karrierebremse werden, nicht aber für die stolzen Väter. Oder dass<br />

Auszeiten und Teilzeitangebote zwar offiziell von Männern und Frauen in<br />

Anspruch genommen werden können, sie in der Realität aber meist von<br />

Frauen genutzt werden. Geht ein Mann für einige Zeit in die Babypause,<br />

sind die Karrierenachteile für ihn interessanterweise deutlich ausgeprägter<br />

als für Frauen, zeigt die Studie auf. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,<br />

die eine Auszeit nehmen, »stehen meist nicht im Fokus von Besetzungsentscheidungen«,<br />

umschreiben die Autorinnen galant die aktuelle<br />

Benachteiligungspraxis in vielen Unternehmen. Lediglich eine kurze<br />

Elternzeit bleibt ohne Auswirkungen auf die Karriere.<br />

Shutterstock<br />

Doch das Ende der Männer ist damit wohl noch nicht gekommen.<br />

Häufig, so jedenfalls die Klage von Personalverantwortlichen, Gleichstellungsbeauftragten<br />

und Headhuntern, wollen Frauen gar keine<br />

Führungsaufgaben übernehmen. Jedenfalls nicht unter den aktuellen<br />

Bedingungen, wo sie ihre Lage nicht angemessen berücksichtigt<br />

sehen und das Gefühl haben, für das gleiche Maß an Wertschätzung<br />

und Anerkennung mehr leisten zu müssen. Mit Feigheit, wie Bascha<br />

Mika meint, hat das wahrscheinlich weniger zu tun.<br />

WWW.UNTERNEHMENSKULTUREN-VERAENDERN.DE<br />

22<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

23


DEUTSCH-<br />

LAND<br />

My Finance Coach<br />

Seit 2004 hat sich die Zahl junger Schuldner zwischen 18 und<br />

20 Jahren in Deutschland mehr als verdreifacht. In anderen<br />

Ländern sieht es nicht besser aus. Die Stiftung My Finance<br />

Coach hat ein Rezept gegen die Schuldenfallen entwickelt.<br />

FRANK STERN<br />

sehen das kritisch. Sie befürchten, dass die Wirtschaft zu<br />

großen Einfluss auf die Unterrichtsinhalte in der Schule<br />

bekommen könnte und die beteiligten Firmen unterschwellig<br />

Lobbyarbeit im Klassenzimmer betreiben.<br />

Doch genau das passiere bei My Finance Coach eben<br />

nicht, versichert Keller.<br />

Christian<br />

Keller<br />

Vorsicht Schuldenfalle!<br />

Erwachsene haben ja schon so ihre Probleme, den Verlockungen<br />

der Konsumwelt zu widerstehen. Wie sollen<br />

sich da erst Kinder und Jugendliche erfolgreich behaupten,<br />

zumal sie in der Schule kaum lernen, wie man mit<br />

seinem Geld vernünftig umgeht? Um die Bildungslücke<br />

zu schließen, riefen die <strong>Allianz</strong>, Unternehmensberater<br />

McKinsey und die Marketingagentur Grey im Jahr 2010<br />

My Finance Coach ins Leben. Inzwischen sind auch<br />

Wirtschaftsberater KPMG und die Unternehmensgruppe<br />

Haniel dazugestoßen.<br />

Von den einen für ihr Engagement gelobt, von den<br />

anderen kritisch beäugt, ist die Stiftung neben Deutschland<br />

mittlerweile auch in Thailand, Malaysia, Indonesien<br />

und Argentinien aktiv. »Unzureichendes Wissen in<br />

Geldangelegenheiten ist ein globales Problem«, sagt<br />

Geschäftsführer Christian Keller. »Junge Leute brauchen<br />

praxisnahe Finanzbildung, um in der Gesellschaft als<br />

mündige Konsumenten agieren zu können.«<br />

My Finance Coach geht dahin, wo die Lücken am größten<br />

sind: hauptsächlich in Haupt- und Mittelschulen. Sie<br />

stellt von Experten entworfene Unterrichtsmaterialien<br />

zur Verfügung und vermittelt Mitarbeiter der Partnerunternehmen<br />

als Teilzeitlehrkräfte. Verbraucherschützer<br />

Generation Smartphone: My Finance Coach<br />

klärt auf, wo versteckte Kosten lauern<br />

Die gemeinnützige Stiftung, die von der UNESCO zum<br />

offiziellen Projekt der Weltdekade »Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung« erklärt und von der Gesellschaft für<br />

Pädagogik und Information mit dem Comenius-Siegel für<br />

exemplarische Bildungsmedien ausgezeichnet wurde,<br />

lässt von ihren »Hilfslehrern« per Unterschrift bestätigen,<br />

dass sie den Unterricht nicht für Marketingzwecke nutzen.<br />

Keine Unternehmensbroschüre, kein Werbematerial,<br />

nicht mal Kugelschreiber mit Firmenlogo sind erlaubt.<br />

Seit dem Start im Jahr 2010 hat My Finance Coach in<br />

Deutschland mit rund 1350 freiwilligen Unterrichtshelfern<br />

über 200 000 Schüler im Alter von zehn bis<br />

16 Jahren in die Geheimnisse der Finanzen eingeweiht,<br />

hat erklärt, wie man sein Geld richtig einteilt, wie man<br />

Shutterstock<br />

»Wir verstecken nichts«<br />

My Finance Coach, eine Initiative von <strong>Allianz</strong>, Grey,<br />

McKinsey, Haniel und KPMG, will Schülern den<br />

vernünftigen Umgang mit Geld beibringen. Kritiker<br />

sind skeptisch. Fragen an den Geschäftsführer von<br />

My Finance Coach, Christian Keller.<br />

Herr Keller, wie uneigennützig ist My Finance<br />

Coach?<br />

Also, wir verfolgen keine wirtschaftlichen Ziele, wenn<br />

Sie das meinen. Unsere Arbeit hat nichts mit Marketing,<br />

Verkauf oder Datensammeln zu tun. Uns geht es darum,<br />

Jugendliche auf das Leben vorzubereiten und eine Lücke<br />

zu füllen, die das Schulsystem offensichtlich nicht schließen<br />

kann. Da nehmen wir eine wichtige gesellschaftspolitische<br />

Aufgabe wahr. Im besten Falle bilden wir eine<br />

neue Generation von jungen Erwachsenen heran, die<br />

aufgeklärter mit ihren Finanzen umzugehen weiß. Den<br />

Vorteil haben dann später alle, nicht nur die Initiatoren<br />

von My Finance Coach. Ob die jungen Leute dann ein<br />

Auto kaufen, eine Versicherung oder ein Handy, sie werden<br />

in jedem Fall im Umgang mit Geld kundiger sein. Im<br />

Endeffekt dient unser heutiger Einsatz der zukünftigen<br />

Schuldenprävention.<br />

Kritiker befürchten unterschwelligen Einfluss der<br />

Wirtschaft auf Unterrichtsinhalte.<br />

All unsere Unterrichtsmaterialien – und das ist ein wichtiges<br />

Gütesiegel – stehen für jeden zugänglich im Netz.<br />

Wir verstecken nichts. Wir haben einen Verhaltenskodex<br />

entwickelt, der unseren Coaches jede Art von Werbung<br />

im Klassenzimmer untersagt. Verstöße können arbeitsrechtlich<br />

geahndet werden. Das ist kein Spaß. Das Vertrauen,<br />

das uns Schüler und Lehrer entgegenbringen,<br />

ist ein hohes Gut. Damit muss man sorgfältig<br />

umgehen. ▶<br />

24<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

25


DEUTSCH-<br />

LAND<br />

Europa<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

50,4<br />

47,8<br />

46,3<br />

44,6<br />

43,8<br />

43,7<br />

42,3<br />

41,9<br />

41,7<br />

41,7<br />

40,8<br />

40,3<br />

39,9<br />

39,4<br />

39,1<br />

38,6<br />

38,0<br />

38,0<br />

37,4<br />

37,1<br />

35,9<br />

35,6<br />

35,0<br />

34,4<br />

34,0<br />

31,8<br />

Brasilien<br />

Mexiko<br />

Australien<br />

USA<br />

Kanada<br />

Neuseeland<br />

Japan<br />

Weißrussland<br />

Thailand<br />

Malaysia<br />

Ver. Arab. Emirate<br />

Libanon<br />

Taiwan<br />

Ägypten<br />

Bosnien<br />

27,7<br />

27,3<br />

China<br />

Hongkong<br />

Saudi-Arabien<br />

Russland<br />

Serbien<br />

Ukraine<br />

Kolumbien<br />

Indien<br />

Marokko<br />

Südafrika<br />

Vietnam<br />

Indonesien<br />

Pakistan<br />

Finanzbildungsbarometer – 28 Länder im Vergleich (Visa-Studie 2012, max. Punktzahl 100)<br />

erkennt, wo versteckte Kosten lauern, und wie man<br />

vermeidet, sein Budget zu überziehen. Einige der von<br />

Pädagogen und Erziehungswissenschaftlern konzipierten<br />

Unterrichtseinheiten sind eigens dem Thema<br />

Internet gewidmet. Dort lernen die Schüler, wie sie<br />

ihre persönlichen Daten schützen können, werden<br />

über das Suchtpotenzial von Online-Spielen aufgeklärt<br />

und erfahren, wie man den Fallstricken von »Gratisangeboten«<br />

entgeht.<br />

Doch nicht nur Schüler profitieren von der Nachhilfe.<br />

My Finance Coach bietet auch für Lehrer Finanzworkshops<br />

und kostenlose Internetmodule zur Fortbildung.<br />

Und die Nachfrage steigt. Neben den Gründungsunternehmen<br />

haben sich der Finanzinitiative mittlerweile<br />

über 30 weitere Firmen und Organisationen angeschlossen,<br />

vom Verein SOS Kinderdorf bis zur Stiftung<br />

der Deutschen Wirtschaft, von der TU München bis zur<br />

Wirtschaftswoche.<br />

Nach dem erfolgreichen Start in Deutschland und<br />

ersten Projekten in Asien und Lateinamerika findet My<br />

Finance Coach inzwischen weltweit immer mehr Nachahmer.<br />

In Irland, Frankreich, Polen, Großbritannien und<br />

Brasilien sind bereits Ableger in Vorbereitung, etliche<br />

weitere Länder wollen folgen. Der Nachholbedarf in<br />

Sachen Kaufen, Planen, Sparen scheint enorm. Schulden<br />

machen kann jeder.<br />

WWW.MYFINANCECOACH.DE<br />

»Eine ungemein<br />

hässliche Spezies«<br />

Warum konzentrieren Sie sich auf Haupt- und Mittelschulen?<br />

Gibt es das Problem mit der Überschuldung<br />

an Gymnasien nicht?<br />

Doch, das gibt es auch dort. Allerdings zielen die meisten<br />

wirtschaftlich orientierten Initiativen ohnehin auf<br />

Gymnasien. Haupt- und Mittelschulen wird weit weniger<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Und die sind für unsere Unterstützung<br />

auf diesem Gebiet auch besonders dankbar. Da<br />

lernen wir großartige junge Leute kennen, die vielleicht<br />

nicht immer die Förderung erhalten, die ihre Altersgenossen<br />

an anderen Schulen bekommen.<br />

Was geben Ihre Hilfslehrer den Schülern konkret mit<br />

auf den Weg?<br />

Wir sagen ihnen immer: Wenn’s um Geld geht, schlaft<br />

eine Nacht drüber. Unterschreibt einen Vertrag nie sofort.<br />

Man kann sich vor Schaden bewahren, wenn man einfach<br />

drüber schläft, und wenn man sich weitere Angebote<br />

einholt und vergleicht.<br />

Machen Sie auch auf die Tricks windiger Finanzberater<br />

aufmerksam?<br />

Wir zeigen auf, auf was sie bei einem Geschäft besonders<br />

achten müssen: auf Kosten, Gewinn und Risiko. Und<br />

nicht zuletzt auf die Frage: Wann komme ich wieder<br />

an mein Geld? Sie müssen es sich zur Regel machen,<br />

immer nach dem Risiko zu fragen, wenn ihnen jemand<br />

traumhafte Gewinne verspricht. Wie viel mehr an Risiko<br />

bedeutet das? Kann ich unter Umständen alles verlieren?<br />

Sie müssen die Ruhe entwickeln, eine Nacht über eine<br />

Entscheidung zu schlafen und nicht dem ersten Impuls<br />

zu folgen. Zudem raten wir ihnen, neutrale Informationen<br />

einzuholen, etwa bei Institutionen wie Finanztest oder den<br />

Verbraucherschutzzentralen.<br />

© Bjorn Olesen<br />

Sex eher die Ausnahme, Nahrung rein vegetarisch, und die meiste<br />

Zeit am Schuften – das Leben eines Nacktmulls ist im Großen und<br />

Ganzen eine recht freudlose Angelegenheit. Und es zieht sich: Bis zu<br />

30 Jahre können die faltigen Nager werden, für Tiere dieser Größe<br />

ein ungewöhnlich hohes Alter. Wissenschaftler sind dem Rätsel der<br />

Langlebigkeit auf der Spur.<br />

FRANK STERN<br />

26<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

27


EUROPA<br />

Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

wegweisende Forschung von der <strong>Allianz</strong> France und der<br />

französischen Vereinigung für Gesundheitsvorsorge Les<br />

Associations de Prévoyance Santé den mit 15 000 Euro<br />

dotierten Wissenschaftspreis für Langlebigkeitsstudien.<br />

Es mag manchen schmerzen, dass die Krone der Schöpfung<br />

nun ausgerechnet bei einem Wesen nach Analogien<br />

sucht, das vom Schicksal so offensichtlich benachteiligt<br />

wurde. Doch vielleicht tragen die Nacktmulle<br />

tatsächlich den Code für ein langes Leben unter ihrer<br />

faltigen Hülle. Jedenfalls deutet einiges darauf hin, dass<br />

sexuelle Abstinenz, geringer Kalorienumsatz und körperliche<br />

Aktivität ihre Lebenserwartung steigen lassen.<br />

Könnte man bei einem solch lustfreien Lebenswandel<br />

natürlich fragen: wozu?<br />

Nur die Königin und ein bis drei Männchen sorgen in<br />

der Mullenkolonie für Nachwuchs, der Rest buddelt<br />

auf Nahrungssuche tagein, tagaus neue Gänge durch<br />

den Untergrund, reinigt den Bau und zieht die Bälger<br />

der Königin groß. Stirbt das Oberhaupt, fetzen sich die<br />

nächsten Thronanwärterinnen die runzelige Haut von<br />

den Knochen, oft mit tödlichem Ausgang. Männchen<br />

dagegen drängen sich nicht unbedingt um einen Platz<br />

am Hof. Noch ist ungeklärt, warum diejenigen, die dann<br />

zur Paarung antreten, plötzlich sehr schnell altern –<br />

doch man ahnt es.<br />

340 000<br />

2013<br />

3 400 000<br />

2050<br />

100 JÄHRIGE<br />

WELTWEIT<br />

AFRIKA<br />

Schönheit ist relativ. Der eine mag dieses, der andere<br />

jenes. Nur wenn es um den ostafrikanischen Nacktmull<br />

geht, sind sich alle weitgehend mit dem briti schen<br />

Naturforscher Alfred Russel Wallace einig, der den<br />

Tunnelgräber einst als eine »ungemein hässliche<br />

KENIA<br />

ÄTHIOPIEN<br />

SOMALIA<br />

Spezies« klassifizierte. Die Haut schon bei der Geburt<br />

faltig, die Augen von dicken Lidern verdeckt, die Zähne<br />

riesig – Heterocephalus glaber, der Glatte Andersköpfige,<br />

ist ein evolutionäres Missgeschick.<br />

Das Geheimnis der Langlebigkeit<br />

Nacktmulle sind in der Lage, beschädigte Proteine aus ihrem<br />

System auszuscheiden und so die Ansammlung von Giftstoffen<br />

im Körper zu verhindern. Ihr träger Stoffwechsel trägt wahrscheinlich<br />

ebenfalls zu einem langsameren Alterungsprozess<br />

bei. Nacktmulle, die hauptsächlich in Ostafrika vorkommen, sind<br />

krebsresistent, sie verfügen über ein Gen, das krankhafte Zellmutationen<br />

verhindert. Schmerzunempfindlich sind sie auch.<br />

Eines freilich, das Wissenschaftler fasziniert, seit es 1842<br />

erstmals von dem deutschen Biologen Eduard Rüppell<br />

beschrieben wurde. Was zum einen daran liegt, dass der<br />

Nacktmull in Kolonien lebt, die – unter Säugern einzigartig<br />

– ähnlich wie bei Ameisen oder Bienen organisiert<br />

sind. Zum anderen widerspricht das mausgroße Tier<br />

der These, dass kleine Arten eine kürzere Lebensspanne<br />

haben als große: Anders als Mäuse, die kaum mehr<br />

als drei Jahre überstehen, können Nacktmulle ein vergleichsweise<br />

biblisches Alter von 30 Jahren erreichen.<br />

Und das bei robuster Gesundheit.<br />

Für Wissenschaftler wie Rochelle Buffenstein vom<br />

Barshop-Institut für Altersforschung der University of<br />

Texas ein perfektes Untersuchungsobjekt. Die Amerikanerin<br />

will die zellulären Mechanismen ergründen,<br />

die die Nacktmulle weitgehend beschwerdefrei altern<br />

lassen. Anfang des Jahres erhielt Buffenstein für ihre<br />

Wieso bei den wurstähnlichen Methusalems trotz hoher<br />

Inzuchtrate kaum Erbkrankheiten auftreten und sie bis<br />

ins hohe Alter weder an Krebs noch an Osteoporose<br />

erkranken, ist nach wie vor ein Rätsel. Die Menschen<br />

werden derweil, auch ohne den Mullen-Code bislang<br />

geknackt zu haben, immer älter. Nach Schätzungen der<br />

UN leben heute auf der Welt bereits über 340 000 Männer<br />

und Frauen, die hundert Jahre und älter sind. Im Jahr<br />

2050 werden es wohl zehnmal so viele sein.<br />

Statistisch gesehen haben übrigens gut ausgebildete<br />

Frauen die größte Chance, die 100er Marke zu schaffen.<br />

Da bekommt der Satz »Man lernt fürs Leben« eine ganz<br />

neue Bedeutung.<br />

HTTP://BARSHOPINSTITUTE.UTHSCSA.EDU<br />

28<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

29


EUROPA<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Am Rande<br />

Die wirtschaftliche Situation des Landes korrespondiert derzeit mit seiner<br />

geographischen Lage: Portugal steht ganz am Rande, die einstige Kolonialmacht<br />

zählt zu den ärmsten Staaten der Europäischen Union. Regierungschef Coelho<br />

hat seinen Landsleuten bereits die Auswanderung ans Herz legt.<br />

alle Fotos: Stern<br />

TEXTE ZU PORTUGAL: FRANK STERN<br />

ALLIANZ PORTUGAL<br />

Wenn Portugal dereinst verwaist sein wird, was angesichts<br />

sinkender Geburtenraten und rasant steigender<br />

Auswanderungszahlen nicht mehr allzu lange dauern<br />

kann, dann wird man sich an seine Bewohner wegen<br />

zweier Errungenschaften erinnern: wegen ihres im Fado<br />

melancholisch vertonten Weltschmerzes und wegen<br />

des blutroten Weins, in dem man ihn ertränken konnte.<br />

Es gab in Portugals Geschichte schon oftmals Gründe,<br />

beides heftig auszukosten, doch die aktuelle Krise dürfte<br />

zu den schwersten zählen, die das Land am Südwestzipfel<br />

Europas je heimgesucht hat.<br />

Die Arbeitslosigkeit liegt bei 17 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit<br />

kratzt mittlerweile an der 40er Marke. Nur<br />

in Spanien (56 Prozent) und Griechenland (60 Prozent)<br />

sieht es für die Jungen zwischen 15 und 24 Jahren noch<br />

düsterer aus. Und ein Ende der Talfahrt scheint nicht in<br />

Sicht. Die Wirtschaftsleistung ist 2012 um 3,2 Prozent<br />

geschrumpft, in diesem Jahr soll es noch einmal 2,3 Prozent<br />

nach unten gehen. Auch die Jahre zuvor lief es für<br />

Portugals Wirtschaft nicht rund, Fachleute schrieben<br />

das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als verlorene<br />

Dekade ab. Erst 2014 soll es wieder leicht nach oben<br />

gehen. Aber sicher ist das nicht.<br />

Zumindest der Staatsbankrott blieb dem Land erspart,<br />

dank eines Rettungspakets von EU, Europäischer Zentralbank<br />

und Internationalem Währungsfonds in Höhe von<br />

78 Milliarden Euro. Zwar hat das Verfassungsgericht<br />

einige Sparbeschlüsse der Regierung Coelho gestoppt,<br />

doch der Ministerpräsident hält an seinem rigiden Sanierungskurs<br />

fest, mit dem er hofft, das Land wieder in<br />

sicheres Fahrwasser zu steuern. Hunderttausende haben<br />

gegen die Sparmaßnahmen demonstriert. Ein untrüglicher<br />

Indikator, dass die Zeichen auf Sturm stehen – es<br />

muss einiges passieren, bevor Portugiesen ihren Protest<br />

auf die Straße tragen. Portugals Ex-Premier Soares hat<br />

bereits zum Sturz der Regierung aufgerufen. Auch das<br />

ein eher seltener Vorgang.<br />

Angesichts der prekären Lage hat Premier Coelho seine<br />

arbeitslosen Landsleute bereits zur Emigration geraten.<br />

Nach Brasilien zum Beispiel, oder nach Afrika, in die alten<br />

Kolonien. Viele Portugiesen sind der Aufforderung schon<br />

gefolgt und haben ihrer Heimat den Rücken gekehrt.<br />

Beobachter sprechen vom größten Exodus, den das Land<br />

je erlebt hat. Wobei es, anders als noch in den 60er und<br />

70er Jahren des vorigen Jahrhunderts, heute zumeist die<br />

gut Ausgebildeten sind, die ihr Glück fern der Heimat<br />

suchen. Ein Aderlass, der das Land noch teuer zu stehen<br />

kommen könnte.<br />

Mitarbeiter: 550<br />

Vertreter: 4500<br />

Geschäftsstellen: 30<br />

Kunden: 865 000<br />

Prämieneinnahmen 2012<br />

Sach: 316 Millionen Euro (+5 %)<br />

Leben: 190 Millionen Euro (-2,3 %)<br />

Marktposition gesamt: Rang 5<br />

Marktanteil gesamt: 4,6 %<br />

Sachversicherung:<br />

Rang 3<br />

Marktanteil: 8,7 %<br />

Lebensversicherung:<br />

Rang 7<br />

Marktanteil: 2 %<br />

30<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

31


EUROPA<br />

beide Fotos: Stern<br />

Teresa Godinho ist die erste<br />

Vorstandschefin einer <strong>Allianz</strong><br />

Versicherungsgesellschaft in Europa.<br />

Bevor die gelernte Volkswirtschaftlerin<br />

im Januar 2011 ihr Amt in Lissabon<br />

antrat, hatte sie bereits 17 Jahre bei<br />

verschiedenen <strong>Allianz</strong> Gesellschaften<br />

hinter sich, zuletzt als Finanzchefin<br />

und Leiterin des Risikomanagements<br />

der <strong>Allianz</strong> Brasilien.<br />

»Wir haben zu kämpfen« – Rui Silva, Ivany Sousa und<br />

Rosa Nobre (hintere Reihe v.l.) mit ihren Assistentinnen<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Der Preis des Erfolgs<br />

Portugal macht schwere Zeiten durch, die Wirtschaftsleistung des Landes sinkt, die Arbeitslosenzahlen<br />

sind auf Rekordniveau. Auch die Versicherungsbranche ist auf Talfahrt – außer die <strong>Allianz</strong> Portugal.<br />

Wir sprachen mit Vorstandschefin Teresa Godinho über den Preis des Erfolgs.<br />

Doch hinter der wenig inspirierenden Fassade machen<br />

die drei vor, wie sich gegen den Trend Erfolg erarbeiten<br />

lässt. Vor drei Jahren haben sie sich zusammengetan und<br />

gehörten schon ein Jahr später zu den Top-Agenturen<br />

der <strong>Allianz</strong> Portugal. Und trotz eines rasanten Einbruchs<br />

bei den Autoverkäufen im Land, legen sie auch bei der<br />

Zahl der Kfz-Policen immer noch zu. Doch das Geschäft<br />

wird härter. »Wir haben zu kämpfen«, sagt Ivany Sousa.<br />

»Immer mehr Kunden rufen an und wollen ihre Beiträge<br />

reduzieren.«<br />

Frau Godinho, aus Portugal kommen seit<br />

geraumer Zeit nur noch deprimierende<br />

Nachrichten. Sehen Sie irgendwo den<br />

Silberstreif am Horizont?<br />

Ich bin ein positiver Mensch und will an den<br />

Umschwung glauben. Portugal hat in den<br />

letzten Monaten eine Menge auf den Weg<br />

gebracht, das stimmt mich zuversichtlich.<br />

Aber wir brauchen weitere Reformen, etwa<br />

im Steuersystem und in der Arbeitsgesetzgebung.<br />

Im Moment kann niemand sagen,<br />

wie die Sache am Ende ausgeht. Auch wenn<br />

wir Portugiesen kein Volk sind, das ständig<br />

auf den Straßen demonstriert, rumort es im<br />

Innern doch ganz erheblich.<br />

Was denken die Portugiesen über den<br />

Euro und die Europäische Union?<br />

Ich glaube, niemand, der bei uns Verantwortung<br />

trägt, will die Eurozone verlassen.<br />

Natürlich gibt es ein paar Ökonomen, die in<br />

den Medien dafür plädieren. Aber das sind<br />

Minderheitenmeinungen. Die Portugiesen<br />

wollen nicht wieder isoliert dastehen, wie es<br />

während der 40 Jahre Diktatur unter Salazar<br />

der Fall war. Damals galt die Devise »Allein<br />

und stolz«. Viele erinnern sich noch gut<br />

daran, was das für das Land bedeutete.<br />

Der Versicherungsmarkt in Portugal<br />

schrumpft, die <strong>Allianz</strong> Portugal dagegen<br />

legt zu. Wie geht so was?<br />

Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen<br />

haben wir vor vier Jahren begonnen, unsere<br />

gesamte Arbeitsweise umzukrempeln. Nicht<br />

nur, was die internen Abläufe angeht, sondern<br />

vor allem in Bezug auf unsere Beziehungen<br />

zu Kunden und Vertretern. Wir haben landesweit<br />

30 Geschäftsstellen, die einzig und allein<br />

dafür da sind, die Vertreter dabei zu unterstützen,<br />

ihren Kunden den besten Service zu<br />

bieten. Wir wollen für die freien Vertreter in<br />

Portugal zum bevorzugten Partner werden.<br />

Wir haben für sie eine Palette einfach strukturierter<br />

Produkte entwickelt, die wir im<br />

Paket anbieten. Mit diesen Bündelpolicen<br />

sind wir in der Lage, die internen Kosten zu<br />

drücken und sehr wettbewerbsfähige Preise<br />

anzubieten. So kann man selbst in einem<br />

wenig profitablen Markt wie Portugal vernünftige<br />

Geschäfte machen.<br />

Hinzu kommt, dass viele Leute um ihre<br />

Ersparnisse fürchten. Den Banken vertrauen<br />

sie immer weniger und wenden sich heute<br />

zunehmend an Versicherungsgesellschaften.<br />

Wenn es ums Sparen geht, sind wir Portugiesen<br />

natürlich nicht wie die Deutschen. Wir<br />

geben unser Geld leichter aus, wir genießen<br />

das Leben. Seit der Krise aber steigen die<br />

Sparquoten.<br />

Was war der Preis des Erfolgs bei der<br />

<strong>Allianz</strong> Portugal?<br />

Wir mussten unsere Belegschaft in der Verwaltung<br />

um 20 Prozent reduzieren. Doch<br />

diese Umstellung hat die <strong>Allianz</strong> Portugal<br />

krisensicher gemacht. Heute sind wir die<br />

effizienteste Versicherungsgesellschaft im<br />

Land. Das ist für alle Mitarbeiter eine gute<br />

Botschaft und gibt ihnen Sicherheit. Wir<br />

werben derzeit sogar wieder Nachwuchskräfte<br />

von den besten Universitäten an.<br />

Viele junge Portugiesen suchen ihr<br />

Glück inzwischen in der Fremde. Dünnt<br />

der Bewerbermarkt schon aus?<br />

Nein, für uns gibt es noch genügend Auswahl.<br />

Aber wenn die Krise anhält, werden in<br />

Zukunft wohl noch mehr junge Menschen<br />

abwandern. Was ein schlechtes Zeichen<br />

wäre, denn es würde bedeuten, dass es der<br />

Wirtschaft nicht gelingt, genügend Wachstum<br />

zu generieren, um unseren Leuten in der<br />

Heimat eine Zukunft zu bieten. Wenn man<br />

etwas Positives an der Situation sehen will,<br />

dann ist es vielleicht die Tatsache, dass die<br />

jungen Leute im Ausland Erfahrungen sammeln,<br />

die sie nach ihrer Rückkehr in Portugal<br />

zum Nutzen des Landes anwenden können.<br />

Wenn sie denn zurückkommen.<br />

Ein Großteil wird – und zwar besser ausgebildet<br />

und mit Erfahrungen aus anderen Ländern<br />

und Kulturen. Ein Gewinn für unser Land.<br />

Gegen den Trend<br />

Auf Deutschland sind viele Portugiesen derzeit<br />

nicht besonders gut zu sprechen. Deutsche Tugenden<br />

dagegen stehen bei ihnen gerade jetzt hoch im<br />

Kurs. Ein Grund, warum die Versicherungsagentur<br />

von Rosa Nobre, Rui Silva und Ivany Sousa recht gut<br />

über die Runden kommt. Trotz Krise.<br />

Viele ihrer Freunde sind schon fort, vor allem die mit<br />

technischen Berufen. Nach Afrika und Südamerika, nach<br />

England und Frankreich, Norwegen und Deutschland.<br />

Einer ist sogar in Usbekistan gelandet, was nach Verzweiflung<br />

klingt – oder nach richtig viel Geld. Rosa Nobre,<br />

Rui Silva und Ivany Sousa sind geblieben – portugiesische<br />

Versicherungsvertreter sind im Ausland nicht so gefragt<br />

wie Bauingenieure.<br />

Ihre Agentur liegt im Stadtteil Benfica, unweit des<br />

gleichnamigen Stadions, in einem Wohnviertel mit dem<br />

Charme einer Plattenbausiedlung im früheren Ostblock.<br />

Kein Wunder bei den zahlreichen Sparmaßnahmen,<br />

die die Regierung dem Land verordnet hat, um die Auflagen<br />

von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem<br />

Währungsfonds zu erfüllen: Kürzung von<br />

Renten und Arbeitslosenhilfe, höhere Mehrwertsteuer,<br />

Stellenabbau im öffentlichen Dienst und und und. Die<br />

Versicherungsvertreter bekommen die Krise auch im<br />

Firmengeschäft zu spüren. Letztes Jahr meldeten pro<br />

Tag landesweit 20 Unternehmen Konkurs an. Beiträge<br />

und Gewinnspannen gingen in den Keller.<br />

Anders als in Deutschland arbeitet die <strong>Allianz</strong> in Portugal<br />

nicht mit einem Netz von Ausschließlichkeitsvertretern,<br />

sondern mit Maklern und freien Agenturen. Auch das<br />

Benfica-Trio, das zusammen fast 5000 Kunden betreut,<br />

hat mehrere Eisen im Feuer. Doch 85 Prozent aller Policen,<br />

die sie verkaufen, tragen das <strong>Allianz</strong> Siegel. »Eine sichere<br />

Bank in diesen unsicheren Zeichen«, wie Rui Silva<br />

unterstreicht.<br />

Wenngleich viele Portugiesen die Deutschen hinter den<br />

harten Sparauflagen der Troika sehen – wenn es um ihr<br />

Geld geht, vertrauen sie den ungeliebten Teutonen dann<br />

doch. »Integrität, Vertrauenswürdigkeit und finanzielle<br />

Solidität sind die Markenzeichen der Deutschen«, sagt<br />

Rosa Nobre. Die besten Verkaufsargumente, die sie<br />

und ihre beiden Partner in der gegenwärtigen Situation<br />

haben können. »Unsere Kunden sind überzeugt, dass sie<br />

mit einer deutschen Gesellschaft am besten fahren.«<br />

WWW.ALLIANZ.PT<br />

32<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

33


EUROPA<br />

Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Als einer der ersten großen Asset Manager legt <strong>Allianz</strong> Global Investors<br />

einen Infrastrukturfonds für institutionelle Anleger auf. Der Bedarf für<br />

Projektfinanzierung ist riesig: Laut Schätzungen der EU-Kommission werden<br />

bis Ende des Jahrzehnts allein in Europa Infrastrukturinvestitionen von bis zu<br />

zwei Billionen Euro nötig.<br />

FRANK STERN<br />

Baustelle Europa<br />

<strong>Allianz</strong> Global Investors<br />

Das Infrastructure Debt-Team: Adrian Jones, François-Yves Gaudeul, Deborah Zurkow, Claus Fintzen<br />

und Paul David (v.l.)<br />

Straßen und Flughäfen, öffentlicher Nahverkehr<br />

und Wasserversorgung, Stromnetz,<br />

Krankenhäuser und Schulen – die Liste von<br />

Infrastrukturprojekten, die in Europa bis<br />

Ende des Jahrzehnts anstehen, ist lang. Werden<br />

alle umgesetzt, verwandelt sich der alte<br />

Kontinent in den nächsten Jahren in eine<br />

riesige Baustelle. Doch wo sich überschuldete<br />

Staaten und strenger kontrollierte<br />

Banken bei Großprojekten immer mehr<br />

zurückhalten, steht die Finanzierung zunehmend<br />

auf wackligen Füßen.<br />

Laut EU werden für Erhalt und Ausbau der<br />

Infrastruktur in Europa in den nächsten Jahren<br />

bis zu zwei Billionen Euro nötig. Versicherer,<br />

Pensionsfonds und andere institutionelle<br />

Investoren, die nach attraktiveren Renditen<br />

suchen, als sie derzeit mit Staatsanleihen zu<br />

erzielen sind, könnten die Lücke füllen.<br />

Als eines der ersten großen Investmenthäuser<br />

hat <strong>Allianz</strong> Global Investors ein auf<br />

Infrastrukturfinanzierungen spezialisiertes<br />

Team aufgestellt, das Kunden den Zugang zu<br />

erstklassigen Projekten ebnen soll. »Wir reden<br />

nicht über Kraftwerke in Entwicklungsländern<br />

oder Kohleminen oder Ölplattformen«,<br />

erläutert Finanzexpertin Deborah Zurkow, die<br />

den Infrastrukturfonds (Infrastructure Debt)<br />

mit ihrem vierköpfigen Team betreut. »Wir<br />

reden über kommunale Stromversorgung,<br />

über Wasserleitungen, Schulen, Straßen und<br />

Krankenhäuser in EU-Staaten.« Wie Untersuchungen<br />

von Moody’s und Standard &<br />

Poor’s zeigen, ist das Verlustrisiko bei solchen<br />

Kooperationsprojekten zwischen Staat und<br />

Privatwirtschaft äußerst gering.<br />

Mit der Finanzierung von öffentlichen Bauvorhaben<br />

erwirbt der Infrastrukturfonds<br />

für einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren die<br />

Zusage über garantierte Renditen, die aus<br />

Nutzungsgebühren für Straßen, Wasserund<br />

Stromversorgung, aus kommunalen<br />

Fördermitteln und Mieten gespeist werden.<br />

»Von der privaten Finanzierung von Staatsaufgaben<br />

profitieren sowohl Anleger auf der<br />

Suche nach stabilen Erträgen, als auch Bauherren,<br />

die ihre Projektfinanzierung sicherstellen<br />

wollen«, erklärt Zurkow den Ansatz.<br />

Mit ihren über lange Zeiträume garantierten<br />

Renditen eigne sich das Geschäft mit Stahl<br />

und Beton hervorragend für Pensionsfonds<br />

und Versicherungen, die ihren Kunden gegen<br />

über langfristige Zahlungsverpflichtungen<br />

eingegangen sind, sagt Zurkow. Indem man<br />

sich nur mit erfahrenen Baufirmen zusammentut,<br />

werden Bau- und Planungsrisiken<br />

auf ein Mindestmaß reduziert.<br />

<strong>Allianz</strong> Global Investors wird eine ganze<br />

Palette an Investitionsmöglichkeiten bieten,<br />

von maßgeschneiderten Projekten bis hin zu<br />

Poollösungen. Zunächst wird ein Infrastrukturfonds<br />

für Bauvorhaben in Großbritannien<br />

gestartet, einer für die Eurozone soll später<br />

folgen. »Es gibt enormes Interesse«, sagt<br />

Deborah Zurkow. »Wir sind gerade dabei,<br />

einen neuen Markt zu etablieren.«<br />

WWW.ALLIANZGI.COM<br />

34<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

35


EUROPA<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Für Lewis Hamilton<br />

ließ Linda Kennedy sogar<br />

ihr Mittagessen sausen<br />

privat<br />

50 Jahre bei der <strong>Allianz</strong> Großbritannien – das war den Kollegen von Linda<br />

Kennedy ein besonderes Geschenk wert: Sie hatte die Wahl zwischen dem<br />

Formel 1 Grand Prix in Silverstone und dem Wintertraining in Barcelona.<br />

Die Entscheidung fiel ihr nicht schwer. Hier ihr Bericht:<br />

LINDA KENNEDY<br />

Feuchtkaltes Silverstone oder Barcelona? Das war ja wohl keine Frage. Für<br />

mich und meinen Mann jedenfalls war klar, wohin die Reise gehen sollte.<br />

Am 18. Februar saßen wir im Flugzeug von Leeds/Bradford nach Spanien.<br />

Der Flug verlief ruhig, das Hotel war nett, und am nächsten Morgen<br />

waren wir startklar für den Ausflug zum Circuit de Catalunya. Da man<br />

damit rechnen konnte, dass einem dort ein paar berühmte Leute über<br />

den Weg laufen, verwandte ich etwas mehr Sorgfalt darauf, mich zurecht<br />

zu machen. Und dann warteten wir – etwas nervös – auf das Taxi.<br />

<strong>Allianz</strong> | rechts unten: Shutterstock<br />

Rendezvous<br />

mit Hamilton<br />

Die Aufregung hätte ich mit sparen können. Als wir an der Rennstrecke<br />

ankamen, wurden wir vom <strong>Allianz</strong> F1-Team und einem speziell für uns<br />

abgestellten Führer in Empfang genommen. Sie waren einfach großartig,<br />

wir hätten uns keine bessere Betreuung denken können. Zunächst wurden<br />

wir zum Empfangsbereich von Mercedes geführt und konnten die<br />

Testvorbereitungen der Fahrer verfolgen. Dann ging es zur Mercedes-Werkstatt – Fotos waren hier<br />

aus verständlichen Gründen untersagt –, wo noch am Rennwagen gearbeitet wurde. Die Mechaniker hatten ihn in sämtliche<br />

Einzelteile zerlegt, weil Fahrer Nico Rosberg am Morgen Getriebeprobleme gemeldet hatte. Bis Mittag hatten sie den<br />

Boliden wieder auf der Strecke. Unglaublich.<br />

Wir erkundeten derweil die Boxengasse, schauten uns die Rennwagen der anderen Teams an und fotografierten alles,<br />

was uns vor die Linse kam, vom Lenkrad – Wert: 35 000 Pfund! – über die Hebebühne in der Werkstatt bis hin zur<br />

Startkelle, die im Englischen Lollipop heißt – Lutscher. Dann ging’s zurück in die Empfangszone zum Mittagessen. Wir<br />

waren noch nicht fertig, da beugte sich einer vom <strong>Allianz</strong> F1-Team zu mir herüber und flüsterte mir zu: »Wenn du dich<br />

in der Nähe der Tür postierst, kannst du gleich Lewis Hamilton treffen. Der steht dort in ein paar Minuten <strong>Journal</strong>isten<br />

Rede und Antwort.« Ich verlor keine Sekunde, Hamilton ist mein Held. Das Mittagessen war vergessen.<br />

Lewis war großartig. Freundlich und locker. Er sprach ein paar Minuten über das Team und den Wagen und wie die Vorbereitungen<br />

liefen. Anschließend hatten wir Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen, Autogramme zu bekommen und<br />

Fotos mit ihm zu schießen. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir auf der Tribüne – die Ohrenschützer immer zur<br />

Hand. Und dann ging’s zurück ins Hotel nach Barcelona.<br />

Das Wintertraining der Formel 1 zu erleben, hat mir gezeigt, wie hart die Teams dort arbeiten, und das nicht<br />

nur bei den Grand Prix-Rennen, sondern auch in der Vorbereitungsphase in der Werkstatt. Jeder von<br />

den Mechanikern weiß genau, was er zu tun hat. Da konnte man Mannschaftsgeist in Aktion sehen,<br />

wie er besser nicht sein könnte.<br />

Es war eine Erfahrung, die ich nicht vergessen werde, und ich kann allen, die das für<br />

uns organisiert haben, nicht genug dafür danken. So etwas zu erleben, war<br />

die 50 Jahre bei der <strong>Allianz</strong> wert.<br />

LINDA.KENNEDY@ALLIANZ.CO.UK<br />

36


Amerika<br />

Englerth<br />

wir uns kaum verständigen konnten. Dauernd waren auf dem Dach<br />

Einschläge von großen Trümmern zu hören, die der Sturm durch<br />

die Luft gewirbelt hatte. Der nächste Morgen zeigte dann das ganze<br />

Ausmaß der Zerstörung: Die Straßen waren gesperrt, es gab keinen<br />

Strom, Telefon und Heizung waren ausgefallen. Läden und Restaurants<br />

blieben bis auf Weiteres geschlossen.<br />

»Wie in einem Kriegsgebiet«<br />

Am 29. Oktober 2012 traf Hurrikan Sandy auf<br />

die Ostküste der USA. Der Wirbelsturm richtete<br />

schwere Verwüstungen an und brachte zahlreichen<br />

Menschen den Tod. Jürgen Englerth von<br />

der <strong>Allianz</strong> Deutschland in München war gerade<br />

zu Besuch in New Jersey, als die Naturkatastrophe<br />

ihren Lauf nahm. Hier sein Bericht:<br />

JÜRGEN ENGLERTH<br />

An der US-Ostküste waren am 29. Oktober durch den Wirbelsturm<br />

»Sandy« 120 Menschen ums Leben gekommen. Zehntausende<br />

Häuser wurden beschädigt oder zerstört. Zuvor hatte der Sturm<br />

bereits in der Karibik für erhebliche Verwüstungen gesorgt. Die nun<br />

freigegebenen Hilfen sollen über zehn Jahre ausgezahlt werden. Sie<br />

gehen zum Teil an die betroffenen Hausbesitzer und Unternehmen.<br />

Vor allem aber soll damit die beschädigte Infrastruktur repariert und<br />

die Küste besser vor künftigen Stürmen geschützt werden.<br />

Ende Oktober 2012 flog ich in die USA, um meine Familie zu besuchen<br />

und im Rahmen einer Wohltätigkeitsaktion den Marine Corps Marathon<br />

in Washington und eine Woche darauf den New York City Marathon<br />

zu laufen. Bereits vor dem Start des Marine Corps Marathons war vor<br />

einem aufziehenden Unwetter gewarnt worden. Zu diesem Zeitpunkt<br />

ahnte jedoch noch niemand, dass es sich um den schwersten Sturm<br />

handeln würde, den New York City und New Jersey je erlebt haben.<br />

Am Ende blieb ich, mit Unterbrechungen, fast zwei Monate dort,<br />

um meiner Familie und den Opfern in den Flutgebieten zu helfen.<br />

Ich verbrachte die Sturmnacht mit meiner 92-jährigen Schwiegermutter<br />

in ihrem Haus in New Jersey. Der Wird heulte so laut, dass<br />

Shutterstock<br />

Die nächsten Tage war ich damit beschäftigt, meine Schwiegermutter<br />

an ständig wechselnden sicheren Orten unterzubringen<br />

sowie Benzin und Nahrungsmittel für uns aufzutreiben. An den<br />

wenigen Tankstellen, die noch Treibstoff hatten, bildeten sich riesige<br />

Warteschlangen, die Leute mussten bis zu sechs Stunden anstehen.<br />

Da das öffentliche Leben völlig zusammengebrochen war, war man<br />

auf das Auto angewiesen, um die wenigen sicheren und warmen, mit<br />

Generatoren ausgestatteten Orte zu erreichen: Rathäuser, Rettungsstationen<br />

und einige Cafes, in denen sich die Menschen sammelten<br />

und darauf warteten, dass die Stromversorgung wieder funktionierte.<br />

Die Situation eskalierte innerhalb weniger Tage von lästig zu lebensbedrohlich.<br />

Die Temperaturen fielen auf bis zu minus fünf Grad, das<br />

Benzin wurde knapp. Zu allem Überfluss kam dann in der zweiten<br />

Woche noch starker Schneefall hinzu. Ich entschloss mich daher,<br />

meinen Aufenthalt unbefristet zu verlängern, bis wieder Sicherheit<br />

eingekehrt war. Das Rote Kreuz flog Tausende von Helfern aus den<br />

ganzen USA ein und leistete hervorragende Arbeit.<br />

Trotz der Ausnahmesituation war ich fest entschlossen, am New York<br />

City Marathon teilzunehmen. Dieser wurde dann aber kurzfristig<br />

abgesagt, nachdem die Strecke durch stark zerstörte Gebiete führen<br />

sollte, in denen auch viele Menschen ums Leben gekommen waren.<br />

Eine Gruppe junger Menschen organisierte dennoch kurzerhand über<br />

Facebook den »Run Anyway Marathon«, der auf der Originalstrecke<br />

des ersten NYC Marathon von 1970 durch den Central Park führte.<br />

Etwa 20 000 Läufer nahmen daran teil. Es wurde zu einem Fest der<br />

Hoffnung und Lebensfreude. Die Läufer spendeten Geld und Lebensmittel<br />

für die Opfer von Sandy. Die New Yorker unterstützten diese<br />

Englerth<br />

Team Orange im Einsatz: Jürgen Englerth und andere Marathonläufer<br />

packten mit an, um den Menschen in den betroffenen Gebieten in Brooklyn<br />

und Staten Island zu helfen<br />

Aktion tatkräftig, indem sie die Läufer anfeuerten und ihnen Essen<br />

und Getränke an die Strecke brachten.<br />

Als wir nach elf Tagen in unserem Wohnort in New Jersey endlich<br />

wieder Strom hatten, schloss ich mich einem Team von befreundeten<br />

Marathonläufern aus New York an, um in den am schlimmsten zerstörten<br />

Gebieten in Brooklyn und Staten Island zu helfen. Organisator<br />

war die US-Laufikone Hideki Kinoshita. Wir trugen unsere orangefarbenen<br />

Marathonhemden, weshalb wir uns »Team Orange« nannten.<br />

Unter diesem Namen wurden wir in den folgenden Wochen auch in<br />

der Presse bekannt.<br />

Die Folgen der Zerstörung in den überfluteten Küstengebieten von<br />

New York City waren herzzerreißend. Es herrschten Zustände wie in<br />

einem Kriegsgebiet. Den ersten Tag arbeitete ich in einem Spenden-<br />

Center in Far Rockaway, wo ich mich um die Annahme und Verteilung<br />

zahlloser LKW-Ladungen von Lebensmitteln kümmerte. Ich glaube,<br />

ich habe in meinem Leben noch nie so hart gearbeitet wie an diesem<br />

Tag. Es war aber auch berührend, die Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit<br />

der New Yorker zu erleben.<br />

Die folgenden Tage verbrachte Team Orange auf Staten Island, wo<br />

wir in den beschädigten Häusern die Gipsplatten und Isolierungen<br />

aus den Wänden rissen, um zu verhindern, dass sich Schimmelpilz<br />

bilden konnte. Trotz Atemmasken litten wir nach kurzer Zeit alle<br />

unter Dauerhusten. Vermutlich haben wir bei der Arbeit jede Menge<br />

Asbest und Gift eingeatmet Aber wenn man das Elend der Menschen<br />

sieht, stellt man keine Fragen mehr.<br />

Team Orange war eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Marathonläufern,<br />

die zu einem Beispiel für selbstlose Nächstenliebe wurde.<br />

Zusätzlich zu den Arbeitseinsätzen sammelten die Mitglieder über<br />

4000 Dollar an Spendengeldern für die Sturmopfer. In der Verzweiflung<br />

nach der Katastrophe wurde Team Orange zu einem leuchtenden<br />

Stern in der Dunkelheit. Kurz vor meinem Rückflug nach Deutschland<br />

nahm ich noch an einem 60 Kilometer langen Ultramarathon in New<br />

York City teil. Nach den Strapazen der letzten Wochen war das der<br />

leichteste und erholsamste Tag meines ganzen Aufenthaltes.<br />

ENGLERTH.JUERGEN@ALLIANZ.DE<br />

38<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

39


Australien<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Elefanten ins Outback<br />

Shutterstock<br />

Mit Rekordtemperaturen von örtlich<br />

fast 50 Grad erlebte Australien in diesem<br />

Jahr einen der heißesten Sommer seit<br />

einem Jahrzehnt. Kaum war die Hitzewelle<br />

vorüber, setzte Tropensturm Oswald Teile<br />

von Queenslands unter Wasser. Für die<br />

Versicherungsindustrie lief die Sache vergleichsweise<br />

glimpflich ab.<br />

FRANK STERN<br />

Der Mann hatte Sinn für Timing: Als im Januar Buschfeuer<br />

seinem Anwesen auf Tasmanien bedrohlich näher<br />

rückten, rief er bei der <strong>Allianz</strong> Australia an und schloss<br />

noch rasch eine Gebäudeversicherung ab. Da war das<br />

Embargo, mit dem der Versicherer bei Gefahr im Verzug<br />

den Abschluss neuer Policen normalerweise verhindert,<br />

noch nicht in Kraft. Kurze Zeit später ging sein Haus in<br />

Flammen auf. Man kann davon ausgehen, dass er eher<br />

zu den zufriedenen <strong>Allianz</strong> Kunden zählt.<br />

Die Geschichte ist Nicholas Scofield, Sprecher der <strong>Allianz</strong><br />

Australia, in Erinnerung geblieben. So viel Glück im<br />

Unglück hat nicht jeder. Die Feuerwalze, die im Januar<br />

durch New South Wales, Victoria und Tasmanien zog,<br />

verursachte insgesamt allerdings weit weniger Schäden,<br />

als es die dramatischen Fernsehbilder damals hätten<br />

vermuten lassen. Menschen und ihr Besitz seien kaum<br />

in Gefahr geraten, sagt Scofield. »Die Brände loderten<br />

hauptsächlich in Wäldern und unbewohntem Gebiet.«<br />

Das war vor vier Jahren noch anders. Da wurden bei<br />

Buschbränden in Victoria zahlreiche Häuser ein Raub<br />

der Flammen. »Die Schäden für die australischen Versicherer<br />

summierten sich damals auf über eine Milliarde<br />

Australische Dollar«, erinnert sich Jenny Lambert, die<br />

Chefin des Schadenbereichs der <strong>Allianz</strong> Australia. In diesem<br />

Jahr waren es laut Australischem Versicherungsverband<br />

nur etwas über 120 Millionen Dollar (97 Millionen<br />

Euro), wobei auf Tasmanien mit knapp 90 Millionen Dollar<br />

der größte Anteil entfiel. 72 Fälle mit Gesamtschäden<br />

von rund sechs Millionen Australischen Dollar (knapp<br />

fünf Millionen Euro) gingen auf das Konto der <strong>Allianz</strong>.<br />

Da war Zyklon Oswald im Januar dieses Jahres schon<br />

von anderem Kaliber. Der Tropensturm brachte soviel<br />

Niederschläge mit sich, dass Bäche in Queensland und<br />

New South Wales zu reißenden Flüssen anschwollen,<br />

die Dämme durchbrachen und zahlreiche Ortschaften<br />

unter Wasser setzten. Allein die versicherten Schäden<br />

summierten sich auf fast 850 Millionen Australische<br />

Dollar, etwa 675 Millionen Euro. 68 Millionen Dollar<br />

(54 Millionen Euro) davon schlugen bei der <strong>Allianz</strong><br />

zu Buche.<br />

Von allen Naturereignissen in Australien haben Überschwemmungen<br />

das größte Schadenpotenzial, vor<br />

Hagelschlägen und Tropenstürmen. In der letzten<br />

Dekade verursachten sie nach Angaben des Australischen<br />

Versicherungsverbandes allein 4,5 Milliarden Dollar an<br />

versicherten Schäden. Nachdem Anfang 2011 eine Jahrhundertflut<br />

weite Teile Queenslands überschwemmt<br />

hatte – versicherte Schäden damals: 2,4 Milliarden Australische<br />

Dollar –, stellten etliche Versicherer, darunter die<br />

<strong>Allianz</strong>, das Neugeschäft für Flutschadenversicherungen<br />

in einigen der schlimmsten Sturmzonen zeitweise ein.<br />

Notbremse gezogen<br />

Letztes Jahr zog auch Queenslands größter Anbieter<br />

Suncorp die Notbremse und kündigte an, in den Ortschaften<br />

Emerald und Roma, die regelmäßig unter<br />

Wasser stehen, keine neuen Gebäudeversicherungen<br />

mehr abzuschließen. Die Prämien für bestehende Verträge<br />

wurden auf einen Schlag bis um das Zehnfache<br />

erhöht. Innerhalb von zwei Jahren hatte das Unternehmen<br />

in den beiden Kleinstädten 150 Millionen Dollar<br />

an Flutschäden gezahlt – bei Prämieneinnahmen von<br />

vier Millionen Dollar.<br />

Die jahrelangen Appelle der Versicherungsindustrie,<br />

der Staat müsse mehr Mittel für Deiche und Dämme<br />

bereitstellen, um den Besitz der Bürger zu schützen,<br />

waren bis dahin nahezu ungehört verhallt. Doch nach<br />

den schweren Flutschäden vom Januar dieses Jahres<br />

reagierte auch die Regierung in Canberra: In den kommenden<br />

zwei Jahren sollen 100 Millionen Dollar in<br />

Projekte zur Flutprävention investiert werden – eine<br />

Maßnahme, von der der Chef des Australischen Versicherungsverbandes,<br />

Rob Whelan, sagt, dass sie einen<br />

spürbaren Einfluss auf die Höhe der Versicherungsbeiträge<br />

haben wird.<br />

Das bleibt abzuwarten. Der Hang der Australier, sich<br />

bevorzugt in Risikogebieten anzusiedeln, steht dem<br />

jedenfalls entgegen. 90 Prozent der Bevölkerung leben<br />

entlang der Küsten. Besonders beliebt – die von New<br />

South Wales und Queensland. »Trotz der bekannten<br />

40<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

41


ASIEN AUSTRALIEN<br />

Asien<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

alle Fotos: Ibrahim<br />

Nicholas Scofield<br />

»Extrem harter<br />

Wettbewerb«<br />

Jenny Lambert<br />

In Sydney wurde im Januar mit 48,5 Grad ein neuer Hitzerekord<br />

gemessen. Die Behörden sprachen von der größten Hitzewelle seit<br />

über zehn Jahren<br />

Es gab Zeiten, da bekamen westliche Manager beim Thema<br />

China leuchtende Augen. Nicht alle Blütenträume haben<br />

sich erfüllt, doch gilt China vielen weiterhin als Markt der Zukunft.<br />

Wir sprachen mit Uwe Michel, Chef des Unternehmensbereichs<br />

Asien (Insurance Growth Markets Asia) über die Strategie der<br />

<strong>Allianz</strong> im Reich der Mitte.<br />

Stern<br />

INTERVIEW: FRANK STERN<br />

Gefahren ziehen immer mehr Leute die Ostküste hoch,<br />

an der sich regelmäßig Zyklone austoben«, sagt Jenny<br />

Lambert. Wenn der Tropensturm einem das Dach<br />

wegbläst, nützt ein Deich natürlich wenig.<br />

Mit staatlichem Segen<br />

Die Gemeindeverwaltungen in den betreffenden Gebieten<br />

waren bei der Gefahrenabwehr bislang auch nicht<br />

sonderlich hilfreich, berichtet Bob Gelling, Schadenmanager<br />

der <strong>Allianz</strong> Australia in Brisbane. »Da werden<br />

Siedlungen an Flüssen gebaut oder in Senken. Klar, dass<br />

beim nächsten Jahrhundertunwetter alles unter Wasser<br />

steht.« Und auch viele der typischen Queensland-Häuser,<br />

die eben wegen der Überschwemmungsgefahr erhöht<br />

auf Pfeilern stehen sollten, sind inzwischen bis runter auf<br />

den Boden ausgebaut. Mit behördlicher Genehmigung.<br />

Aber wie die Buschfeuer vom Anfang des Jahres zeigten,<br />

ist auch das Inland nicht vor Risiken gefeit. Vor allem<br />

dann nicht, wenn auf eine Feuchtperiode mit starkem<br />

Pflanzenwuchs eine extreme Hitzephase folgt. »Da<br />

sammelt sich dann jede Menge Unterholz und Gestrüpp<br />

an«, sagt Bob Gelling. Und auch das einst aus Afrika als<br />

Futterpflanze importierte Savannengras, das bis zu vier<br />

Meter hoch werden kann und sich rasant ausbreitet, wirkt<br />

im Outback wie ein Brandbeschleuniger. Zumindest für<br />

diese Plage hat David Bowman, Professor an der University<br />

of Tasmania, nun eine Lösung erdacht: Elefanten. Die<br />

könnten das Gras, das ihnen von Afrika her bekannt ist,<br />

einfach auffressen und damit die Brandgefahr reduzieren.<br />

Mit der Einführung fremder Tier- und Pflanzenarten hat<br />

Australien allerdings so seine Erfahrungen. Im 19. Jahrhundert<br />

etwa hatten die Engländer Kamele ans andere<br />

Ende der Welt verschifft, die als Lasttiere bei der Erkundung<br />

des fünften Kontinents dienen sollten. Nachdem<br />

im 20. Jahrhundert Eisenbahn und Lastkraftwagen die<br />

Transporte übernahmen, ließ man die Tiere frei. Mittlerweile<br />

werden die inzwischen rund eine Million wilden<br />

Kamele als Bedrohung der Tierwelt und der Landschaften<br />

Australiens angesehen. Vielleicht doch keine so gute<br />

Idee, das mit den Elefanten.<br />

WWW.ALLIANZ.COM.AU<br />

42<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

43


ASIEN<br />

Die <strong>Allianz</strong> in China<br />

Peking<br />

Liaoning<br />

Roth<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Shandong<br />

Jiangsu<br />

Herr Michel, unter Ihrer Leitung ist<br />

vor kurzem die Initiative »One <strong>Allianz</strong><br />

in China« angelaufen. Was ist der<br />

Hintergrund?<br />

Wir möchten uns in der chinesischen Öffentlichkeit<br />

stärker als Unternehmen präsentieren,<br />

das sämtliche Facetten an Finanzdienstleistungen<br />

aus einer Hand bieten kann. Wir verfügen<br />

in China über zehn Einheiten, von Euler<br />

Hermes über <strong>Allianz</strong> Global Assistance bis<br />

zu Pimco. Keiner der ausländischen Wettbewerber<br />

hat eine so breite Produktpalette zu<br />

bieten. Das muss in der Außendarstellung<br />

deutlicher werden. Bislang haben die Einheiten<br />

weitgehend ohne Bezug zueinander<br />

operiert. Sinn unserer Initiative ist es, mehr<br />

profitables Geschäft zu erwirtschaften, und<br />

der Schlüssel dazu ist verstärkte Kooperation<br />

und abgestimmtes Handeln bei der Kundenansprache.<br />

Wir wollen, dass die <strong>Allianz</strong> in<br />

China zum Synonym für finanzielle Solidität<br />

wird. So wie Mercedes für Solidität beim<br />

Autobau steht.<br />

Sichuan<br />

Westliche Unternehmen klagen über<br />

den schwierigen Marktzugang. Mit<br />

welchen Hürden hat die <strong>Allianz</strong> in China<br />

zu kämpfen?<br />

Zum einen ist das sicher der extrem harte<br />

Wettbewerb. Die früheren Staatsversicherer<br />

sind weiterhin die marktbeherrschenden<br />

Kräfte. Zum anderen gibt es regulatorische<br />

Beschränkungen. Der Anteil ausländischer<br />

Anbieter am Lebensversicherungsmarkt<br />

beträgt 4,8 Prozent, im Sachgeschäft sind<br />

es gerade mal 1,2 Prozent. Die Aufsichtsbehörden<br />

lassen ausländische Versicherer<br />

nicht an die wirklich interessanten Fleischtöpfe.<br />

Die Kommunistische Partei hat jetzt<br />

allerdings eine deutliche Liberalisierung<br />

versprochen.<br />

Das hat sie schon öfter.<br />

Ich will nicht naiv dran glauben, aber ausschließen<br />

würde ich es auch nicht. Die<br />

chinesischen Versicherer sind inzwischen so<br />

stark, dass sie sich auch ohne die schützende<br />

Hand des Staates die Butter nicht vom Brot<br />

nehmen lassen. In einem Schwellenland wie<br />

China benötigt man einen gesunden Schuss<br />

Optimismus, sonst braucht man gar nicht<br />

anzutreten. Und man braucht einen langen<br />

Atem. Die Zeithorizonte in China sind andere,<br />

als wir sie vielleicht gewohnt sind.<br />

Nimmt mit »One <strong>Allianz</strong> in China« nun<br />

wieder München die Zügel in die Hand?<br />

Eindeutig nein. »One <strong>Allianz</strong> in China« ist<br />

eine Initiative der zehn <strong>Allianz</strong> Einheiten<br />

vor Ort. Wir sehen unsere Aufgabe darin,<br />

sie näher zusammenzuführen. Sie sollen<br />

im Markt als eine <strong>Allianz</strong> zu erkennen sein.<br />

Doch die Zügel liegen bei den lokalen<br />

Gruppengesellschaften. Sie kennen den<br />

Markt, sie kennen ihre Kunden und deren<br />

Bedürfnisse. Was wir bieten, ist Hilfestellung.<br />

China tickt top-down, von oben nach unten,<br />

deshalb müssen unsere Vorstände und<br />

Experten dort mehr präsent sein. Wir wollen<br />

in Zukunft deutlicher machen, was wir den<br />

Chinesen zu bieten haben und uns stärker<br />

als Wissensgeber ins Gespräch bringen.<br />

Chongqing<br />

Guangdong<br />

Hongkong<br />

Zhejiang<br />

Shanghai<br />

Wie sieht das konkret aus?<br />

Wir werden unsere Experten zu Vorträgen<br />

ins Land schicken, mit Entscheidungsträgern<br />

zusammentreffen, die Medien einbeziehen.<br />

Vor kurzem zum Beispiel war <strong>Allianz</strong> Chefökonom<br />

Michael Heise in China, um über<br />

die Zukunft des Euro und der Europäischen<br />

Gemeinschaft zu referieren. Das ist in der<br />

Presse auf große Resonanz gestoßen. Wir wollen<br />

kein zusätzliches Geld für Marketing ausgeben,<br />

das würde in diesem riesigen Land mit<br />

seinen zahlreichen Millionenstädten verpuffen,<br />

aber wir wollen unser Know-how besser ins<br />

Spiel bringen, zum Beispiel in Sachen Demographie<br />

oder in Sachen Infrastrukturprojekte.<br />

Wer ist die Zielgruppe in China?<br />

Vor allem wenden wir uns an die wachsende<br />

Mittelschicht in den Städten, das sind<br />

mittlerweile über 300 Millionen Menschen.<br />

Die sind zunehmend daran interessiert,<br />

ihren Wohlstand abzusichern. Das eröffnet<br />

Chancen in allen Bereichen, vor allem aber<br />

in der Lebens- und Krankenversicherung.<br />

Zusammen mit unserem Partner CPIC<br />

haben wir gerade eine Krankenversicherung<br />

gegründet. Aber auch für <strong>Allianz</strong> Global<br />

Corporate & Specialty (AGCS) ergeben sich<br />

neue Möglichkeiten. China will die grüne<br />

Technik ausbauen – angesichts der enormen<br />

Umweltprobleme nur zu verständlich. Und<br />

auf diesem Gebiet ist Deutschland führend.<br />

Da werden wir sicher unsere deutschen Versicherungskunden<br />

begleiten können. Aber<br />

wir richten uns mit unseren Angeboten auch<br />

an chinesische Unternehmen.<br />

China ist ein gigantischer Markt. Wird ein<br />

ausländischer Anbieter wie die <strong>Allianz</strong><br />

dort überhaupt wahrgenommen?<br />

Es gibt Nischen, in denen wir stark sind<br />

und wo die Chinesen etwas von uns lernen<br />

können. Die Krankenversicherung ist ein<br />

typisches Beispiel. Da fehlt den Chinesen die<br />

Erfahrung. Die private Krankenversicherung<br />

macht bisher nur einen Bruchteil der Ausgaben<br />

im Gesundheitswesen aus. Wir können<br />

im Produktbereich, im Risikomanagement<br />

oder der IT etwas beisteuern, die CPIC, mit<br />

der wir jetzt das Gemeinschaftsunternehmen<br />

gegründet haben, bringt ihr Vertriebsnetz<br />

und ihre Kontakte zu staatlichen Stellen ein.<br />

Ich bin optimistisch, dass wir uns von dem<br />

riesigen Kuchen in China ein Stück sichern<br />

können. Wir müssen natürlich aufpassen,<br />

dass die Gewinne dieses Wissenstransfers<br />

auch allen Seiten zugute kommen.<br />

Die <strong>Allianz</strong> wird in dem Joint Venture<br />

Minderheitspartner. Ein Paradigmenwechsel?<br />

Das ist für die <strong>Allianz</strong> schon ein Schritt, bei<br />

einem Joint Venture wie der jetzt gegründeten<br />

Krankenversicherung in eine Minderheit<br />

zu gehen. Aber wir haben gesehen, dass wir<br />

nicht zum Zuge kommen, wenn wir allein<br />

auftreten. Für uns sind bei diesem Experiment<br />

drei Fragen entscheidend: Wo ist der<br />

Mehrwert für die <strong>Allianz</strong>? Wie groß ist das<br />

Risiko, wenn wir in die Minderheit gehen?<br />

Und gelingt es uns, mögliche Gewinne aus<br />

China herauszubekommen?<br />

Uwe Michel<br />

Andere Unternehmen haben sich<br />

entschieden, ihr Engagement in China<br />

zurückzufahren oder ganz auszusteigen.<br />

Keine Option für die <strong>Allianz</strong>?<br />

Das ist immer eine Option. Natürlich müssen<br />

wir aufpassen, dass wir nicht unter die<br />

Räder geraten. Die Frage ist, ob wir mit dem<br />

Geld, das uns unsere Anleger zur Verfügung<br />

stellen, in China etwas Vernünftiges auf die<br />

Beine stellen können. Ich bin sicher, dass wir<br />

dazu in der Lage sind, und »One <strong>Allianz</strong> in<br />

China« ist ein wichtiger Baustein. Kunden<br />

schließen natürlich keine Versicherung ab,<br />

nur weil wir jetzt diese Initiative gestartet<br />

haben. Sie schließen ab, weil Global Automotive<br />

ein gutes Angebot hat. Oder weil<br />

AGCS eine gute Deckung bietet. »One <strong>Allianz</strong><br />

in China« soll den Austausch der Tochtergesellschaften<br />

untereinander fördern. Sie<br />

sollen darüber reden, wer welchen Kunden<br />

an der Hand hat, und wie man ihn gemeinsam<br />

noch besser betreuen kann. Inzwischen<br />

gehen die Kundenmanager der verschiedenen<br />

<strong>Allianz</strong> Einheiten bereits zusammen zu<br />

Großkunden und offerieren ihre Angebote.<br />

Und wie kommt das an?<br />

Die Resonanz ist äußerst positiv. <strong>Allianz</strong><br />

China, Global Automotive und <strong>Allianz</strong> Global<br />

Assistance haben gemeinsam bereits erste<br />

Verträge abgeschlossen, gerade vor kurzem<br />

mit einem internationalen Telematics-<br />

Unternehmen. Da geht es immerhin um<br />

zehn Millionen Euro an Beitragseinnahmen.<br />

Und es stehen noch etliche andere Unternehmen<br />

auf unserer Liste.<br />

Fährt Ihnen als europäischem Anbieter<br />

da nicht gerade die Finanzkrise in die<br />

Parade?<br />

Europa wird nicht mehr als Hort der Sicherheit<br />

wahrgenommen, und natürlich kommt<br />

in jedem Gespräch die Frage, was der Euro<br />

gerade macht. Die <strong>Allianz</strong> aber gilt in China<br />

weiter als stabiles Unternehmen, da hilft<br />

uns unser gutes Rating natürlich sehr. Und<br />

genau diese Stärke wollen wir in unserem<br />

öffentlichen Auftritt herausstellen. Das wird<br />

auch unsere Anziehungskraft als Arbeitgeber<br />

steigern. Die Loyalität der Mitarbeiter ist für<br />

uns in China ein Dauerthema.<br />

Laufen Ihnen die Leute weg?<br />

Die Fluktuation ist sehr hoch. Es ist schwierig,<br />

in China gute Mitarbeiter zu bekommen, und<br />

noch schwieriger, sie zu halten. Wir bilden sie<br />

aus, und dann werden sie von Wettbewerbern<br />

abgeworben. Im April haben wir in München<br />

die erste interne Jobmesse für China veranstaltet.<br />

Gut 40 chinesischsprachige Mitarbeiter<br />

aus verschiedenen Bereichen nahmen teil, die<br />

sich vorstellen können, nach China zu gehen.<br />

Das lässt hoffen. Wir müssen deutlich machen,<br />

dass die <strong>Allianz</strong> ein Top-Unternehmen ist, das<br />

zu den Fortune 100 gehört und das dank<br />

seiner breiten Aufstellung spannende Entwicklungs-<br />

und Karrieremöglichkeiten bietet.<br />

Dann kriegen wir auch die Fluktuation in den<br />

Griff. Unser Ziel ist es, im Markt als Einheit<br />

wahrgenommen zu werden, die vielerlei<br />

Facetten bedient. Genau darauf zielt auch<br />

die Initiative »One <strong>Allianz</strong> in China« ab. Ich<br />

bin sicher, dass wir uns China annähern und<br />

erfolgreich sein können.<br />

Wie weit soll die Annäherung gehen?<br />

Es geht nicht ums Anbiedern, es geht darum,<br />

den Markt zu verstehen, damit wir unser<br />

Wissen richtig einbringen können. Die Chinesen<br />

wollen schließlich mit uns arbeiten,<br />

gerade weil wir Deutsche sind, weil wir Europäer<br />

sind. Wir haben in den letzten Jahren in<br />

China eine gute Basis geschaffen, auch was<br />

Geschäftslizenzen angeht. Doch jetzt ist es<br />

langsam an der Zeit, die Ernte einzufahren.<br />

44<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

45


Gesellschaft<br />

Latouri, EAC-l’Boulvart<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

SPANIEN<br />

Leiter, Michael Thoss, »die Kombination aus transmediterraner<br />

Vernetzung der europäischen und nordafrikanischen<br />

Webradios – ein Medium, das an Bedeutung<br />

gewinnen wird.« Als Ziel des Engagements unterstreicht<br />

Thoss die wechselseitige Wirkung des Projekts. Mit der<br />

Zusammenarbeit hofft er, nicht nur die Zivilgesellschaft<br />

des Landes zu stärken, sondern auch neue Kooperationen<br />

anzustoßen.<br />

Casablanca<br />

Boulevard<br />

der Freiheit<br />

MICHAEL GRIMM<br />

Tanger<br />

Rabat<br />

MAROKKO<br />

Vor zehn Jahren war Heavy Metal in Marokko<br />

noch als Teufelszeug geächtet. Eine Gruppe von<br />

Hardrockern wanderte sogar ins Gefängnis. Heute<br />

gehören sie zur Avantgarde der Kulturszene des<br />

Landes. Auch Dank des Webradios »Boulevard«.<br />

Die <strong>Allianz</strong> Kulturstiftung unterstützt das Projekt.<br />

ALGERIEN<br />

Musik drückt aus, wofür wir manchmal keine Worte finden.<br />

Musik beschreibt ein Lebensgefühl, sie ist ein Stück<br />

eigene Identität. Wie mächtig Musik tatsächlich sein<br />

kann, hat 2003 eine Gruppe von Heavy Metal-Musikern<br />

in Casablanca erfahren. 14 junge Männer wurden unter<br />

dem Vorwurf, die Religion anzugreifen, vor Gericht<br />

gestellt. Der Vorwurf des Satanismus schwebte im<br />

Raum. Schließlich wurden die Musiker zu Haftstrafen<br />

zwischen einem Monat und einem Jahr verurteilt. Zehn<br />

Jahre später, im Frühjahr 2013, bereitet eines der damals<br />

verurteilten Bandmitglieder eine Rock- und Metal-Sendung<br />

für das Webradio »Boulevard« in Casablanca vor.<br />

Das neu geschaffene Sprachrohr für Musiker, <strong>Journal</strong>isten<br />

und Audiokünstler ist ein Projekt des Kreativnetzwerks<br />

EAC-L’Boulvart (Education artistique et culturelle<br />

L’Boulvart). Seit 1999 hat sich die gemeinnützige Organisation<br />

zur Plattform für Freigeister aus den Bereichen<br />

Musik, Kulturjournalismus, Film, Design, Mode und<br />

Streetart entwickelt. Das jährlich von dem Netzwerk<br />

organisierte Musikfestival L’Boulevard ist mittlerweile die<br />

bedeutendste Musik- und Jugendkulturveranstaltung in<br />

Nordafrika. Das Webradio soll Künstlern und <strong>Journal</strong>isten<br />

nun dauerhaft eine Plattform geben.<br />

»Mit dem Internetradio hoffen wir, unsere infrastrukturellen<br />

Probleme lösen zu können«, sagt Chadwane<br />

Bensalmai. Die 36-jährige <strong>Journal</strong>istin bildet zusammen<br />

mit ihren Kollegen Hicham Bahou und Mohamed Mehari<br />

Christine Auerbach von on3-radio aus Bayern (letzte Reihe, 2.v.r.) beim Treffen von<br />

Webradiomachern aus Marokko, Deutschland und Frankreich im März in Casablanca<br />

das Rückgrat von EAC-L’Boulvart. Seit 2009 hat das Netzwerk<br />

eine eigene multifunktionale Basis. Sie befindet<br />

sich etwas außerhalb der Innenstadt von Casablanca in<br />

einem Gewerbegebiet in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zu einigen Technologiefirmen. Daher auch der Name<br />

»Le Boultek«.<br />

Das Kulturzentrum Le Boultek vereint alles, was das<br />

Radiojournalisten- und Musikerherz höher schlagen<br />

lässt: Aufnahmestudios, Konferenz- und Proberäume<br />

und auch einen Konzertsaal, in dem 200 Besucher Platz<br />

finden. Ein Luxus: An Räumen für Proben und Konzerte<br />

mangelt es in Marokko noch an allen Ecken und Enden.<br />

»Die Kulturszene hat einen schweren Stand«, bestätigt<br />

Nadine Müseler vom Goethe-Institut in Marokko. Die<br />

Kunsthistorikerin aus Köln arbeitet seit fünf Jahren für<br />

das Goethe-Institut in Rabat. Zusammen mit den Kollegen<br />

vom Institut français bewarb sich die deutsche<br />

Einrichtung 2009 beim »Deutsch-Französischen Fonds<br />

für Kulturprogramme in Drittländern« um eine Basisfinanzierung<br />

für das Webradio Boulevard. Der Arabische<br />

Frühling in Teilen des Maghreb bereitete schließlich den<br />

Weg. Mit dem Geld wurde eine erste Fortbildungsreihe<br />

zusammen mit europäischen Webradios ermöglicht.<br />

Auch eine technische Grundausstattung folgte.<br />

2013 hat das Projekt »Webradio: Kultur über alle<br />

Grenzen hinweg« einen weiteren Unterstützer gewonnen<br />

– die <strong>Allianz</strong> Kulturstiftung. Überzeugt hat ihren<br />

Christine Auerbach hat davon bereits profitiert. Die<br />

<strong>Journal</strong>istin von on3-radio, der digitalen Jugendradiowelle<br />

des Bayerischen Rundfunks, hat Anfang März in<br />

Casablanca an einem ersten Treffen von Webradiomachern<br />

aus Marokko, Deutschland und Frankreich<br />

teilgenommen. Besonders beeindruckt haben Auerbach<br />

der Elan und der Enthusiasmus, mit dem die Gastgeber<br />

das neue Medium auf die Beine stellen. »Die machen<br />

einfach. Man spürt wie es brodelt«, berichtet sie nach<br />

der Reise. Zugegangen sei es wie im Taubenschlag.<br />

Mittendrin die vor Energie nur so sprühende Chadwane<br />

Bensalmai. »Das war ein großes Gemeinschaftsgefühl«,<br />

erinnert sich Auerbach.<br />

Die Zeiten der Hatz auf Heavy Metal-Kutten scheinen<br />

endgültig vorbei. Was einst als Sakrileg galt, hat sich als<br />

Kunstform emanzipiert. Kurz nach den Fortbildungen,<br />

Workshops und Netzwerktreffen im Frühjahr 2013<br />

waren die ersten Pilot-Beiträge zur Ausstrahlung fertig.<br />

In einer der Sendungen schwärmen die marokkanische<br />

Jazz-Legende Jauk Armal und der Nachwuchskünstler<br />

Yassine Tirassi über die Wirkung ihrer Musik. Jazz, das<br />

sei ein Gefühl der Freiheit, unvergleichlich, so Armal.<br />

Seit Mai ist Radio Boulevard auf Sendung. Selbst im<br />

Königshaus werden die neuen Töne wohlwollend aufgenommen.<br />

König Mohammed hat seine Unterstützung<br />

für das Webradio Boulevard zugesichert. Und im Herbst<br />

folgen die nächsten Treffen mit Gleichgesinnten. Dann<br />

wird sich weiter vernetzt mit Webradios aus Spanien,<br />

Italien und einem Frauenwebradio aus Kairo.<br />

Eine Langfassung des Artikels finden Sie im Internet unter:<br />

HTTP://KNOWLEDGE.ALLIANZ.COM/JOURNAL<br />

WWW.BOULEVARD.MA<br />

WWW.GOETHE.DE/MAROKKO<br />

HTTPS://KULTURSTIFTUNG.ALLIANZ.DE<br />

46<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

47


GESELL-<br />

SCHAFT<br />

Shutterstock<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Todfeind am Bildschirm<br />

Anfangs sind viele der Teilnehmer vorsichtig. Bloß nichts Falsches sagen. Bloß keinem<br />

auf die Füße treten. Wenn Studenten aus westlichen Ländern bei den Online-Seminaren<br />

von Soliya das erste Mal auf Kommilitonen aus dem Nahen Osten treffen, geht es oft<br />

überaus höflich zu. Doch lange dauert die Kuschelphase nicht.<br />

FRANK STERN<br />

»Ich habe immer geglaubt, dass sich der<br />

Westen nicht um andere schert, vor allem<br />

nicht um die Menschen im Nahen Osten.«<br />

Ägyptischer Student<br />

Das Internet ist ein gefährliches Instrument. Es kann<br />

Keile treiben zwischen Menschen und Völker, es kann<br />

Vorurteile verstärken und zum Vehikel für Desinformation<br />

und Hass werden. Es kann aber auch verbinden, es<br />

kann aufklären und Vertrauen schaffen. Das Internet ist<br />

die Krankheit und das Gegenmittel – je nachdem, wer<br />

darüber verfügt.<br />

»In den USA besteht ein<br />

extremes Unbehagen<br />

gegenüber dem Islam, aber<br />

Soliya hat mich gelehrt, auf<br />

den einzelnen Menschen zu<br />

schauen und zu erfahren, was<br />

er denkt, statt alle über einen<br />

Kamm zu scheren.«<br />

Amerikanische Studentin<br />

Als Lucas Welch vor zehn Jahren Soliya ins Leben rief,<br />

eine Organisation, die durch interkulturelle Erfahrungen<br />

Gräben überbrücken will, lag der Terroranschlag von New<br />

York gerade zwei Jahre zurück. Während sich die Welt<br />

im Kampf der Kulturen erschöpfte, entwickelte der Amerikaner,<br />

zuvor Produzent beim Fernsehsender ABC und<br />

Mediendozent an der Bir Zeit-Universität in Ramallah,<br />

ein Konzept für Verständigung und Ausgleich. Nicht von<br />

ungefähr ist der Name Soliya eine Zusammensetzung<br />

aus dem lateinischen sol (Sonne) und dem arabischen<br />

Wort für Licht.<br />

Soliya nutzt das Internet, um Studenten aus verschiedenen<br />

Ländern per Videokonferenz zusammenzubringen.<br />

Inzwischen läuft das zehnwöchige Programm Connect<br />

(Verbinden) bereits an über 100 Universitäten in 27 Ländern<br />

– von Ägypten bis Indonesien, von den USA bis zur<br />

Schweiz. Deutschland ist mit der Uni Frankfurt, der Freien<br />

Universität Berlin und der TU München dabei. Einige Institutionen<br />

haben Connect sogar in ihr reguläres Studienprogramm<br />

aufgenommen. Seit letztem Jahr wird Soliya<br />

auch von der <strong>Allianz</strong> Stiftung für Nordamerika unterstützt.<br />

»Es geht um Verständigung, um die Überwindung von<br />

Vorurteilen, um Respekt füreinander«, sagt Stiftungsleiter<br />

Christopher Worthley. »Diese Ziele passen gut mit unserer<br />

Mission zusammen, junge Menschen zu befähigen,<br />

eine sichere Zukunft zu gestalten.«<br />

Das Internet als Brücke zwischen Menschen und Kulturen,<br />

die sich fremder kaum sein könnten. Osama Madani,<br />

Englischprofessor an der Menoufia Universität in Shibin<br />

El Kom, 75 Kilometer von Kairo entfernt, hat erlebt, wie<br />

seine Studenten zunächst in Abwehrstellung gingen,<br />

als sie am Bildschirm jüdischen Kommilitonen aus den<br />

SOLIYA<br />

Soliya wurde vor zehn Jahren mit dem Ziel ins Leben<br />

gerufen, jungen Menschen aus muslimischen und<br />

westlichen Ländern interkulturelle Erfahrungen zu<br />

vermitteln. Die Nichtregierungsorganisation mit Büros in<br />

New York und Kairo setzt dabei ganz auf das Internet, um<br />

Studenten aus aller Welt in virtuellen Diskussionsrunden<br />

miteinander in Kontakt zu bringen. Inzwischen beteiligen<br />

sich bereits über 100 Universitäten, viele haben das<br />

Online-Bildungsprogramm Connect (Verbinden) in ihre<br />

Studienpläne integriert.<br />

WWW.SOLIYA.ORG<br />

USA gegenübersaßen. Dem Todfeind quasi. Und wie<br />

sich dann Diskussionen entwickelten, die bei allen Unterschieden<br />

doch auch Gemeinsamkeiten oder zumindest<br />

Verständnis für die Haltung des anderen erkennen ließen.<br />

Auf beiden Seiten. »Am Ende des Semesters hatte sich<br />

die Einstellung vieler meiner Studenten komplett verändert«,<br />

beschreibt Madani die Wirkung der Gesprächsrunden.<br />

Mittlerweile wird die Liste mit Studenten, die an<br />

dem Programm teilnehmen wollen, immer länger.<br />

Um anfängliche Berührungsängste zu überwinden oder<br />

auch allzu hitzige Debatten zu dämpfen, werden die<br />

Online-Runden von Moderatoren begleitet. »Manchmal<br />

haben sie es ziemlich schwer, eine Diskussion über haupt<br />

in Gang zu bringen, weil die Teilnehmer allzu höflich<br />

miteinander umgehen«, erzählt Soliya-Geschäftsführer<br />

Shamil Idriss. Dabei gibt es genügend Themen, an denen<br />

sich problemlos ein Disput zwischen West und Nahost<br />

entzünden lässt. Und im Laufe des Semesters bleibt<br />

davon auch keines ausgespart – weder der islamistische<br />

Terror, noch das Thema Islamophobie, weder das Verhältnis<br />

zwischen Religion und Staat, noch die Rolle der<br />

Frau in der Gesellschaft oder das Thema Homosexualität.<br />

Wie unterschiedlich die Weltsicht ausfallen kann, zeigt<br />

sich regelmäßig, wenn die Teilnehmer anhand von<br />

48<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

49


GESELL-<br />

SCHAFT<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

© 2011, Scott Adams, Inc./Distr. Universal Uclick/Distr. Bulls<br />

zu hinterfragen, sollen sie in die Lage versetzt werden,<br />

die Spaltung der Welt zu überwinden. Der Weg dahin<br />

führt nach Überzeugung von Shamil Idriss über die<br />

Schule und die Universitäten.<br />

unbearbeitetem Rohmaterial von Associated Press und<br />

vom arabischen TV-Sender Al Jazeera einen möglichst<br />

ausgewogenen Nachrichtenbeitrag zusammenschneiden<br />

sollen. Ging es in den Online-Diskussionen bis dahin<br />

vielleicht noch eher zögerlich zu, spätestens wenn sie<br />

die Zwei-Minuten-Clips ihrer Kommilitonen über den<br />

Nahost-Konflikt sehen mit der jeweils unterschiedlichen<br />

Sichtweise, ist es mit der Scheu vorbei.<br />

Wenn der Austausch über weltanschauliche und kulturelle<br />

Gräben hinweg als fester Bestandteil universitärer<br />

Bildung verankert wäre, wenn eine möglichst große Zahl<br />

junger Menschen in westlichen und muslimischen Ländern<br />

derart geschult heranwachsen würde, eine kritische<br />

Masse, die ihre Differenzen als Aufgabe ansieht und nicht<br />

als Kriegsgrund, dann, so Idriss, könnte ein Pastor mit der<br />

Verbrennung eines Korans in Zukunft kaum mehr Aufruhr<br />

stiften, und verblendete junge Männer würden keine Flugzeuge<br />

in Gebäude lenken. »Könnten wir schon heute mit<br />

einer Million Studenten pro Jahr arbeiten«, setzt er hinzu,<br />

»dann würden sie bereits jetzt die Welt verändern.«<br />

»Anfangs wollte ich nicht ins Connect-<br />

Programm. Mein Professor hat mich<br />

dazu gedrängt. Und ehrlich, im<br />

Nachhinein bin ich froh darüber.«<br />

In den Soliya-Seminaren kommen Menschen miteinander<br />

in Kontakt, die sich normalerweise tunlichst aus dem<br />

Wege gehen. Die Bandbreite reicht von der Atheistin aus<br />

Amsterdam über den bibeltreuen Christen aus Kentucky<br />

bis hin zum Muslimbruder aus Kairo. Und vielleicht ist das<br />

die größte Leistung, die Soliya zuwege bringt: Sie reden<br />

miteinander über Gott und die Welt, sie diskutieren, sie<br />

streiten – aber sie schlagen sich nicht die Schädel ein.<br />

Palästinensischer Student<br />

Leser-Forum<br />

Hat Ihnen das <strong>Journal</strong> gefallen? Oder ging<br />

Ihnen etwas gegen den Strich? Wenn Sie<br />

Anregungen, Hinweise oder Kritik haben –<br />

hier können Sie sie loswerden:<br />

journal@allianz.de<br />

Redaktion <strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong><br />

Königinstr. 28, 80802 München<br />

Group Intranet (GIN) → <strong>Allianz</strong> key information<br />

→ <strong>Journal</strong><br />

http://knowledge.allianz.com/journal<br />

In Zeiten, da Fundamentalisten auf beiden Seiten Feindseligkeit<br />

und Hass schüren und das Internet als Verstärker<br />

nutzen, setzt Soliya die Technologie dazu ein, junge<br />

Menschen dagegen zu immunisieren. Ausgestattet mit<br />

interkultureller Erfahrung, mit der Fähigkeit, andere Meinungen<br />

zu respektieren und die eigenen Auffassungen<br />

Redaktionsschluss für das<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 3/2013 ist der<br />

30. August 2013.<br />

HTTP://KNOWLEDGE.ALLIANZ.COM/JOURNAL<br />

50<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

51


Stern

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!