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Journal - Allianz

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DEUTSCH-<br />

LAND<br />

<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />

Vom Ende der Männer und<br />

der Feigheit der Frauen<br />

Vor gut einem Jahr betrug der Anteil von Frauen im Top- und Mittelmanagement<br />

in deutschen Großunternehmen knapp 15 Prozent. Viel mehr sind es seither nicht<br />

geworden. In einer Studie ist die Fraunhofer-Gesellschaft den Ursachen für den<br />

Frauenmangel in der Chefetage nachgegangen.<br />

FRANK STERN<br />

Die Botschaften zum Thema Frauen und Karriere sind widersprüchlich. Während US-Autorin<br />

Hanna Rosin in ihrem jüngsten Buch bereits »Das Ende der Männer« verkündet, beklagt die<br />

deutsche <strong>Journal</strong>istin Bascha Mika auf über 200 Seiten »Die Feigheit der Frauen«. Was<br />

bremst Frauen beim beruflichen Aufstieg? Wollen sie nicht? Können sie nicht? Sind sie<br />

Opfer von Männerbünden, die ihre Ambitionen im Keim ersticken?<br />

In einer Ende letzten Jahres vorgelegten Studie mit dem Titel »Unternehmenskulturen<br />

verändern – Karrierebrüche vermeiden« ist die Fraunhofer-Gesellschaft den Ursachen für<br />

den Frauenmangel in deutschen Führungsetagen nachgegangen. Neun Großunternehmen,<br />

von Daimler über Bosch, EADS und Microsoft bis hin zur <strong>Allianz</strong> Deutschland, haben sich an<br />

der Untersuchung beteiligt, für die zwischen März und November 2011 insgesamt 220 weibliche<br />

und männliche Führungskräfte befragt wurden. Ergebnis: Männer und Frauen passen<br />

nicht zusammen – jedenfalls nicht, was ihre Vorstellungen von Aufstieg und Karriere angeht.<br />

Kinder als Karrierebremse<br />

»Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen«, so das Fazit der vier Autorinnen<br />

der Studie, »ist ein umfassender Kulturwandel in Unternehmen nötig.« Mentoring- und<br />

Seminarangebote speziell für Frauen reichten nicht aus, um Karrierebrüche zu vermeiden.<br />

Im Gegenteil: Für die Akzeptanz von Frauen im Unternehmen sind sie nicht selten sogar<br />

kontraproduktiv, lautet eine der eher überraschenden Erkenntnisse der Studie. Der Grund:<br />

Sonderprogramme zur Frauenförderung nährten das Vorurteil, dass Frauen Führungsdefizite<br />

haben, die mit speziellen Maßnahmen beseitigt werden müssten.<br />

»Bei Vorgesetzten und Personalabteilungen fehlt oft das Bewusstsein für die lebensphasenabhängige<br />

Gebundenheit von Karriereentscheidungen«, so die Studie. Will heißen: Wer seine<br />

Karriereschritte im Einklang mit der persönlichen Lebenssituation plant, gilt als unflexibel.<br />

»Eine langfristige, lebensphasenorientierte Karriereplanung«, lautet das ernüchternde Fazit<br />

der Fraunhofer-Untersuchung, »ist derzeit nicht implementiert und akzeptiert.«<br />

Besonders für Frauen ist es ein kaum auszugleichender Nachteil, dass über Karrieren im Mittelund<br />

Topmanagement im Lebensjahrzehnt zwischen 30 und 40 Jahren entschieden wird – dem<br />

Zeitraum also, in den heute häufig auch die Familienphase fällt. Späte Karrieren ab 40 Jahre<br />

sind rar gesät. Weibliche Führungskräfte, die nach der Elternzeit in den Job zurückkehren wollen,<br />

müssen erst einmal sehen, wo sie eine adäquate Stelle im Unternehmen finden. Systematische<br />

Wiedereinstiegsprogramme? Meist Fehlanzeige. Dabei sind es bis zur Rente dann immer noch<br />

gut 20 Jahre. Indem Unternehmen die Fähigkeiten und Erfahrungen von Mitarbeiterinnen,<br />

die bei Geburt eines Kindes eine Karrierepause einlegen, übersehen, verschenken sie viel an<br />

Potenzial, schreiben die Autorinnen von Fraunhofer. Die Folge: Höhere Managementpositionen<br />

werden oft von Personen ohne außerberufliche Aufgaben oder familiäre Pflichten besetzt.<br />

Zitat aus der Studie: »Die männlichen Führungskräfte mit Kindern leben zu einem Großteil in<br />

Partnerschaften, in denen die Partnerin nicht oder in Teilzeit berufstätig ist und viele der außerberuflichen<br />

Pflichten übernehmen kann. Weibliche Führungskräfte haben meist in Vollzeit<br />

berufstätige Partner und sind öfter kinderlos als ihre männlichen Kollegen.«<br />

Die ökonomische Karte<br />

Nun ist ein Wirtschaftsunternehmen kein Wohlfahrtsverein. Deshalb versuchen die Autorinnen<br />

auch gar nicht erst, mit dem Hinweis auf mehr Fairness zwischen Männern und Frauen<br />

zu argumentieren. Sie spielen die ökonomische Karte und verweisen an mehreren Stellen auf<br />

den produktiven Nutzen, den ein höherer Frauenanteil für Unternehmen bringt. Vergleichende<br />

Studien haben die wirtschaftlichen Vorteile belegt. Das verstehen auch Männer. Die treibt<br />

nun allerdings zunehmend die Sorge um, dass sie durch den gesellschaftlichen Druck, mehr<br />

Frauen Führungsverantwortung zu übertragen, ins Hintertreffen geraten könnten. Einer der<br />

Befragten meinte, bei dem Versuch, die Versäumnisse der letzten Generationen aufzuholen,<br />

überdrehten die Unternehmen inzwischen das Rad: »Die jungen männlichen<br />

Kollegen sagen dann schon, ich hab hier eh keine Chance, was zu werden.«<br />

Andere Ergebnisse dagegen waren zu erwarten. Etwa, dass Kinder vor allem für<br />

Frauen zur Karrierebremse werden, nicht aber für die stolzen Väter. Oder dass<br />

Auszeiten und Teilzeitangebote zwar offiziell von Männern und Frauen in<br />

Anspruch genommen werden können, sie in der Realität aber meist von<br />

Frauen genutzt werden. Geht ein Mann für einige Zeit in die Babypause,<br />

sind die Karrierenachteile für ihn interessanterweise deutlich ausgeprägter<br />

als für Frauen, zeigt die Studie auf. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,<br />

die eine Auszeit nehmen, »stehen meist nicht im Fokus von Besetzungsentscheidungen«,<br />

umschreiben die Autorinnen galant die aktuelle<br />

Benachteiligungspraxis in vielen Unternehmen. Lediglich eine kurze<br />

Elternzeit bleibt ohne Auswirkungen auf die Karriere.<br />

Shutterstock<br />

Doch das Ende der Männer ist damit wohl noch nicht gekommen.<br />

Häufig, so jedenfalls die Klage von Personalverantwortlichen, Gleichstellungsbeauftragten<br />

und Headhuntern, wollen Frauen gar keine<br />

Führungsaufgaben übernehmen. Jedenfalls nicht unter den aktuellen<br />

Bedingungen, wo sie ihre Lage nicht angemessen berücksichtigt<br />

sehen und das Gefühl haben, für das gleiche Maß an Wertschätzung<br />

und Anerkennung mehr leisten zu müssen. Mit Feigheit, wie Bascha<br />

Mika meint, hat das wahrscheinlich weniger zu tun.<br />

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