Journal - Allianz
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EUROPA<br />
Shutterstock<br />
<strong>Allianz</strong> <strong>Journal</strong> 2/2013<br />
wegweisende Forschung von der <strong>Allianz</strong> France und der<br />
französischen Vereinigung für Gesundheitsvorsorge Les<br />
Associations de Prévoyance Santé den mit 15 000 Euro<br />
dotierten Wissenschaftspreis für Langlebigkeitsstudien.<br />
Es mag manchen schmerzen, dass die Krone der Schöpfung<br />
nun ausgerechnet bei einem Wesen nach Analogien<br />
sucht, das vom Schicksal so offensichtlich benachteiligt<br />
wurde. Doch vielleicht tragen die Nacktmulle<br />
tatsächlich den Code für ein langes Leben unter ihrer<br />
faltigen Hülle. Jedenfalls deutet einiges darauf hin, dass<br />
sexuelle Abstinenz, geringer Kalorienumsatz und körperliche<br />
Aktivität ihre Lebenserwartung steigen lassen.<br />
Könnte man bei einem solch lustfreien Lebenswandel<br />
natürlich fragen: wozu?<br />
Nur die Königin und ein bis drei Männchen sorgen in<br />
der Mullenkolonie für Nachwuchs, der Rest buddelt<br />
auf Nahrungssuche tagein, tagaus neue Gänge durch<br />
den Untergrund, reinigt den Bau und zieht die Bälger<br />
der Königin groß. Stirbt das Oberhaupt, fetzen sich die<br />
nächsten Thronanwärterinnen die runzelige Haut von<br />
den Knochen, oft mit tödlichem Ausgang. Männchen<br />
dagegen drängen sich nicht unbedingt um einen Platz<br />
am Hof. Noch ist ungeklärt, warum diejenigen, die dann<br />
zur Paarung antreten, plötzlich sehr schnell altern –<br />
doch man ahnt es.<br />
340 000<br />
2013<br />
3 400 000<br />
2050<br />
100 JÄHRIGE<br />
WELTWEIT<br />
AFRIKA<br />
Schönheit ist relativ. Der eine mag dieses, der andere<br />
jenes. Nur wenn es um den ostafrikanischen Nacktmull<br />
geht, sind sich alle weitgehend mit dem briti schen<br />
Naturforscher Alfred Russel Wallace einig, der den<br />
Tunnelgräber einst als eine »ungemein hässliche<br />
KENIA<br />
ÄTHIOPIEN<br />
SOMALIA<br />
Spezies« klassifizierte. Die Haut schon bei der Geburt<br />
faltig, die Augen von dicken Lidern verdeckt, die Zähne<br />
riesig – Heterocephalus glaber, der Glatte Andersköpfige,<br />
ist ein evolutionäres Missgeschick.<br />
Das Geheimnis der Langlebigkeit<br />
Nacktmulle sind in der Lage, beschädigte Proteine aus ihrem<br />
System auszuscheiden und so die Ansammlung von Giftstoffen<br />
im Körper zu verhindern. Ihr träger Stoffwechsel trägt wahrscheinlich<br />
ebenfalls zu einem langsameren Alterungsprozess<br />
bei. Nacktmulle, die hauptsächlich in Ostafrika vorkommen, sind<br />
krebsresistent, sie verfügen über ein Gen, das krankhafte Zellmutationen<br />
verhindert. Schmerzunempfindlich sind sie auch.<br />
Eines freilich, das Wissenschaftler fasziniert, seit es 1842<br />
erstmals von dem deutschen Biologen Eduard Rüppell<br />
beschrieben wurde. Was zum einen daran liegt, dass der<br />
Nacktmull in Kolonien lebt, die – unter Säugern einzigartig<br />
– ähnlich wie bei Ameisen oder Bienen organisiert<br />
sind. Zum anderen widerspricht das mausgroße Tier<br />
der These, dass kleine Arten eine kürzere Lebensspanne<br />
haben als große: Anders als Mäuse, die kaum mehr<br />
als drei Jahre überstehen, können Nacktmulle ein vergleichsweise<br />
biblisches Alter von 30 Jahren erreichen.<br />
Und das bei robuster Gesundheit.<br />
Für Wissenschaftler wie Rochelle Buffenstein vom<br />
Barshop-Institut für Altersforschung der University of<br />
Texas ein perfektes Untersuchungsobjekt. Die Amerikanerin<br />
will die zellulären Mechanismen ergründen,<br />
die die Nacktmulle weitgehend beschwerdefrei altern<br />
lassen. Anfang des Jahres erhielt Buffenstein für ihre<br />
Wieso bei den wurstähnlichen Methusalems trotz hoher<br />
Inzuchtrate kaum Erbkrankheiten auftreten und sie bis<br />
ins hohe Alter weder an Krebs noch an Osteoporose<br />
erkranken, ist nach wie vor ein Rätsel. Die Menschen<br />
werden derweil, auch ohne den Mullen-Code bislang<br />
geknackt zu haben, immer älter. Nach Schätzungen der<br />
UN leben heute auf der Welt bereits über 340 000 Männer<br />
und Frauen, die hundert Jahre und älter sind. Im Jahr<br />
2050 werden es wohl zehnmal so viele sein.<br />
Statistisch gesehen haben übrigens gut ausgebildete<br />
Frauen die größte Chance, die 100er Marke zu schaffen.<br />
Da bekommt der Satz »Man lernt fürs Leben« eine ganz<br />
neue Bedeutung.<br />
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