algerien - Worldfolio
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FREITAG, 6. JULI<br />
ALGERIEN<br />
3<br />
Algerisch-deutsche Wirtschaft:<br />
Eine lange und fruchtbare Verbindung<br />
Seit Erlangung der Unabhängigkeit 1962 pflegt Algerien ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis zu Deutschland. Über eine technische Kooperationsvereinbarung<br />
hat die Bundesrepublik die Entwicklung des nordafrikanischen Landes finanziell unterstützt – mit rund 200 Mio. Euro seit 1974<br />
Auch auf kultureller Ebene sind<br />
die Beziehungen zwischen den<br />
beiden Ländern erfolgreich: Schon<br />
1963 wurde in Algerien ein Goethe-Institut<br />
gegründet. Deutsch<br />
wurde nach Englisch und Französisch<br />
die dritte Fremdsprache für<br />
Kinder in Algerien. Außerdem bekam<br />
das Deutsche Archäologische<br />
Institut 2008 den Auftrag, das in<br />
der algerischen Provinz Tipaza<br />
gelegene Cherchell-Museum zu<br />
restaurieren; dort lagern einige<br />
der bedeutendsten römischen und<br />
griechischen Antiquitäten des afrikanischen<br />
Kontinents.<br />
Heute gibt es auf beiden Seiten<br />
den starken politischen Willen, die<br />
bilateralen Beziehungen noch auszubauen.<br />
Im Jahr 2001 besuchte<br />
Abdelaziz Bouteflika als erster<br />
Präsident Algeriens die Bundesrepublik,<br />
2010 kam er noch einmal<br />
nach Berlin. Kanzlerin Merkel revanchierte<br />
sich mit einem Staatsbesuch<br />
in Algerien im Juli 2008.<br />
Um den Handel zwischen den<br />
beiden Ländern zu fördern, wurden<br />
in den vergangenen Jahren<br />
mehrere Vereinbarungen abgeschlossen.<br />
2005 trat ein bilaterales<br />
Abkommen mit der Europäischen<br />
Union über zollfreien Warenaustausch<br />
in Kraft; 2010 wurde es<br />
erweitert, um mehr europäische<br />
Investitionen in Algerien auszulösen.<br />
Außerdem sieht es den<br />
Aufbau von kleinen und mittleren<br />
Unternehmen (KMU) außerhalb<br />
des Kohlenwasserstoff-Sektors<br />
in Branchen wie Landwirtschaft,<br />
Wasser oder Transport vor. Im<br />
Jahr 2007 vereinbarten Algerien<br />
und Deutschland außerdem ein<br />
Doppelbesteuerungsabkommen<br />
für Unternehmen.<br />
Die Deutsch-Algerische Industrie-<br />
und Handelskammer, eingerichtet<br />
2006, hat inzwischen 760<br />
Mitglieder. Zu ihren Aufgaben<br />
zählt die offizielle Vertretung der<br />
deutschen Wirtschaft, das Verbinden<br />
von Unternehmen mit Interesse<br />
an bilateralen Beziehungen<br />
und die Unterstützung von gemeinsamen<br />
Geschäfts- und Handelsaktivitäten.<br />
So organisierte<br />
die Kammer im Juni den Besuch<br />
einer bayerischen Delegation bei<br />
algerischen Medizin- und Elektronik-Unternehmen.<br />
Außerdem<br />
vertritt sie von Köln, Düsseldorf<br />
und München aus algerische Mitglieder<br />
in Deutschland.<br />
Die Zahlen sprechen für sich<br />
Die algerischen Exporte nach<br />
Deutschland beliefen sich 2010<br />
auf 6,93 Mrd. Euro, wobei 95,7<br />
Prozent aus der Ölindustrie<br />
stammten. Exporte in umgekehrter<br />
Richtung erreichten im selben<br />
Jahr 1,4 Mrd. Euro, 32 Prozent<br />
mehr als 2009. Die deutschen<br />
Mercedes, Deutz und MTU gehören zu den vielen deutschen Unternehmen, die bereits in Algerien aktiv sind<br />
Ausfuhren kamen überwiegend<br />
aus der Automobilbranche, doch<br />
auch Industriemaschinen, Chemieprodukte<br />
und elektrische Geräte<br />
waren gefragt.<br />
Im Automobilbereich arbeiten<br />
Algerien und Deutschland seit<br />
Langem zusammen. SNVI und<br />
ZF zum Beispiel produzieren seit<br />
30 Jahren gemeinsam Getriebe.<br />
Ebenso lange gibt es eine Kooperation<br />
zwischen EQUIPAG<br />
und Lieber Deutz zum Bau von<br />
Traktoren und Baufahrzeugen.<br />
Immer wieder werden neue Partnerschaften<br />
vereinbart, etwa mit<br />
Mercedes, Deutz und MTU zur<br />
Herstellung einer neuen Generation<br />
von Dieselmotoren.<br />
„Für Unternehmen im Bereich<br />
Mechanik haben wir Entwicklungspläne<br />
verabschiedet, damit<br />
sie ihre Produktpaletten erneuern<br />
können.“, sagt Mohamed Benmeradi,<br />
Minister für Industrie, KMU<br />
und Investitionsförderung. „Mit<br />
Mercedes haben wir Verträge über<br />
eine Erneuerung unserer Lastwagen-Palette<br />
abgeschlossen und<br />
werden in diesem Rahmen 15 000<br />
Lastwagen produzieren – ein riesiges<br />
Projekt. Die Fahrzeuge werden<br />
2013 verfügbar sein und auch<br />
internationalen Standards entsprechen,<br />
was für uns sehr wichtig<br />
ist. Außerdem werden wir mit<br />
Mercedes neue Busse bauen und<br />
mit einem anderen deutschen Unternehmen<br />
45.000 Großmotoren.“<br />
Die jüngsten Bemühungen der<br />
algerischen Regierung zur Entwicklung<br />
des Landes über Investitionen<br />
in Bereichen wie Transport<br />
(Straßen, Schienenwegen und<br />
Häfen) oder Wohnraum sind für<br />
deutsche Unternehmen höchst interessant,<br />
insbesondere wegen ihrer<br />
Mechanik-Kompetenz. Im Jahr<br />
2010 erreichten die deutschen Direktinvestitionen<br />
in Algerien 350<br />
Millionen Euro, hauptsächlich<br />
durch Joint Ventures in der Erdgas-Produktion<br />
und die Elektrifizierung<br />
des Bahn-Netzes.<br />
Neue Formen der Partnerschaft<br />
„Mit Mercedes haben<br />
wir Verträge über eine<br />
Erneuerung unserer<br />
Lastwagen-Palette abgeschlossen<br />
und werden<br />
in diesem Rahmen<br />
15 000 Lastwagen<br />
produzieren – ein riesiges<br />
Projekt. Die Fahrzeuge<br />
werden 2013<br />
verfügbar sein und<br />
auch internationalen<br />
Standards entsprechen,<br />
was für uns sehr wichtig<br />
ist.“<br />
Mohamed Benmeradi, Minister<br />
für Industrie, KMU und Investitionsförderung<br />
Erneuerbare Energien und<br />
grünes Wirtschaften<br />
Ebenso wichtig ist es für Algerien,<br />
die Wirtschaft über den<br />
Bereich Erdöl und Erdgas hinaus<br />
zu diversifizieren, der derzeit<br />
98 Prozent seiner Exporte<br />
ausmacht. Auch das deutsche<br />
Desertec-Projekt hat zum Ziel,<br />
das solare Potenzial der algerischen<br />
Wüstengebiete für die<br />
Produktion nachhaltiger Energie<br />
im riesigen Maßstab zu nutzen.<br />
Um es in die Tat umzusetzen,<br />
werden beide Seiten ihre Kräfte<br />
bündeln müssen.<br />
Außerdem will Algerien auch<br />
beim Umweltschutz mit deutscher<br />
Hilfe besser werden. „In<br />
diesem Jahr richtet Algerien zum<br />
dritten Mal die Enviro Algeria<br />
aus, eine Kombination aus Messe<br />
und Konferenz“, sagt Christoph<br />
Partsch, Geschäftsführer<br />
der deutschen Auslandskammer<br />
in Algerien. Hauptthema der<br />
Veranstaltung vom 15. bis 17.<br />
Oktober in Oran ist dieses Mal<br />
umweltfreundliche Wirtschaft.<br />
Eine weitere Konferenz, vom<br />
12. bis 18. November, wird sich<br />
mit der Kultur für Unternehmensgründungen<br />
beschäftigen<br />
und hat zum Ziel, mehr Absolventen<br />
deutscher Universitäten<br />
nach Algerien zu holen und das<br />
Entstehen deutsch-algerischer<br />
Start-ups anzuschieben.<br />
Viele Jahre lang hat Algerien mit<br />
internationalen Partnern auf der<br />
Basis von Produktions lizenzen<br />
zusammengearbeitet, zum Beispiel<br />
mit Lieber Deutz. Heute<br />
will sich das Land neue Dimensionen<br />
der Kooperation erschließen:<br />
„Interaktive“ Partner sollen<br />
gemeinsam ein Unternehmen<br />
gründen, die Produkte verkaufen<br />
und sich die Gewinne teilen.<br />
Aus einer solchen Struktur gehen<br />
fertige Produkte hervor, die als<br />
international bezeichnet werden<br />
können und sich deshalb auch<br />
für den Export eignen. Auf diese<br />
neue Dynamik zielt das Land bei<br />
seinen Fertigungspartnerschaften<br />
jetzt ab.<br />
„Gelungen ist das zum Beispiel<br />
mit dem deutschen Mähdrescher-<br />
Hersteller Claas, bei dem eine<br />
Modernisierung des Angebots<br />
anstand: In einer Partnerschaft<br />
mit EQUIPAG entstanden gemeinsame<br />
Produkte, deren Gewinn<br />
sich beide Seiten teilten.<br />
„Am besten ist es, Produkte nach<br />
internationalen Normen herzustellen,<br />
so dass sie überall hin<br />
verkauft werden können. Natürlich<br />
muss die Qualität stimmen,<br />
aber sie müssen auch international<br />
sein. Das ist im Moment<br />
unser Ziel, denn es schafft die<br />
besten Bedingungen für einen<br />
Wissenstransfer“, erklärt Bachir<br />
Dehimi, der Chef von EQUIPAG.<br />
„Deutschland stand in Bezug auf<br />
gute Technologie, angesehene<br />
Produkte und einem hohen Standard<br />
bei Know-how und Ausbildung<br />
schon immer ganz oben auf<br />
der Liste.“<br />
Tatsächlich lässt die Bundesrepublik<br />
Algerien immer stärker<br />
an seiner Expertise und Ausbildungskompetenz<br />
teilhaben.<br />
So hat Knauf in der Stadt Oran<br />
nicht nur eine erfolgreiche Gips-<br />
Fabrik errichtet, sondern auch<br />
ein Schulungszentrum, das sich<br />
hauptsächlich an Algerier richtet.<br />
Und die Wirtschaftsstaatssekretärin<br />
Anne Ruth Herkes<br />
unterzeichnete kürzlich ein langfristiges<br />
Abkommen zur Übernahme<br />
des deutschen dualen<br />
Ausbildungssystems in Algerien,<br />
bei dem Beschäftigte parallel zu<br />
ihrer Arbeit ausgebildet werden.<br />
Die Deutsche-Algerische Handelskammer<br />
in Algier spielt dabei<br />
eine große Rolle und unterstützt<br />
die Kollegen in Oran bei<br />
der Umsetzung.<br />
Auch das deutsche Desertec-Projekt hat zum Ziel, das solare Potenzial der algerischen Wüstengebiete<br />
Diese Beilage zur Financial Times Deutschland wurde von der Globus Vision hergestellt, die allein verantwortlich ist für die Inhalte der Beilage