algerien - Worldfolio
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4 ALGERIEN<br />
FREITAG, 6. JULI<br />
Pharma- und Biotechnologiefirmen locken<br />
internationale Investoren<br />
Ausländische und private<br />
Investoren tragen<br />
maßgeblich zum Wachstum<br />
des algerischen<br />
Pharmamarkts bei<br />
Mag sein, dass Algerien vor allem für<br />
seine Erdölindustrie bekannt ist. Doch<br />
seit sich das Land für ausländische Investoren<br />
öffnet und um multinationale<br />
Konzerne wirbt, ist Algeriens Pharmasektor<br />
rasant gewachsen.<br />
„Der Wert des Marktes hat sich in<br />
nur einem Jahrzehnt versechsfacht“,<br />
berichtet Boumediène Derkaoui, Chef<br />
von Saidal, dem führenden Pharmahersteller<br />
in Algerien. „Diese Zahl<br />
vermittelt einen Eindruck des enormen<br />
Wachstumspotenzials.“<br />
In ganz Afrika habe Algerien die<br />
zweitgrößte Pharmaindustrie, berichtet<br />
Derkaoui. Das Marktvolumen liegt bei<br />
2,5 Mrd. Dollar und könnte laut Schätzungen<br />
bis 2015 8 Mrd. Dollar erreichen.<br />
Zurückzuführen ist dieses plötzliche<br />
Wachstum vor allem auf die stufenweise<br />
Liberalisierung, die Anfang der 90er-<br />
Jahre angestoßen wurde und den Markt<br />
für Firmen aus der Privatwirtschaft und<br />
aus dem Ausland geöffnet hat. Saidal<br />
war beispielsweise ein staatliches Unternehmen,<br />
an dem sich Ende der 90er-<br />
Jahre erstmals auch private Investoren<br />
beteiligen durften. Heute ist Saidal zu 20<br />
Prozent in den Händen von Einzel- und<br />
Unternehmensinvestoren. Der Pharmahersteller<br />
unterhält Partnerschaften mit<br />
Sanofi-Aventis aus Frankreich und mit<br />
Pfizer aus den USA.<br />
Darüber hinaus verfolgt die algerische<br />
Regierung die Strategie, den Anteil der<br />
im Land produzierten Medikamente zu<br />
erhöhen. „Es wird geschätzt, dass 32 bis<br />
35 Prozent des nationalen Marktes auf algerische<br />
Produkte entfallen“, sagt Derkaoui.<br />
„Die Behörden haben sich zum Ziel<br />
gesetzt, bis 2014 oder 2015 den Anteil<br />
der nationalen Produktion auf mindestens<br />
70 Prozent zu verdoppeln.“<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, erlaubt<br />
die Regierung seit 2005 auch internationalen<br />
Unternehmen, Produktionseinrichtungen<br />
in Algerien zu gründen. Als erste<br />
Unternehmen folgten Julphar aus Saudi-<br />
Arabien und KIPCO Asset Management<br />
Company (KAMCO) aus Kuweit diesem<br />
Ruf.<br />
Julphar will gemeinsam mit dem algerischen<br />
Gesundheitsministerium 28 Mio.<br />
Dollar investieren, um ein Werk zur Herstellung<br />
von Infusionslösungen zu errichten,<br />
während KAMCO 380 Mio. Dollar<br />
in die Produktion von Medikamenten zur<br />
Krebsbehandlung stecken will.<br />
Aber auch US-Unternehmen interessieren<br />
sich mittlerweile für Algeriens<br />
Pharmasektor. Dabei bemüht sich<br />
Algeriens Regierung intensiv um die<br />
Entwicklung des Pharma- und Gesundheitssektors<br />
mithilfe ausländischer<br />
Investoren. Im Juni 2011 richtete Algerien<br />
die erste amerikanisch-algerische<br />
Gesundheitskonferenz in Algier aus, die<br />
die Forschung und Entwicklung in der<br />
Algeriens Pharmasektor<br />
hat sich in den vergangenen<br />
zehn Jahren<br />
versechsfacht und ist<br />
heute der zweitgrößte<br />
Wirtschaftszweig des<br />
Landes<br />
pharmazeutischen Biotechnologie zum<br />
Thema hatte. Prominente Unternehmen<br />
wie Pfizer, Merck und AstraZeneca diskutierten<br />
über die Möglichkeiten der<br />
Biotechnologie für die Arzneimittelherstellung<br />
in Algerien, und auf der begleitenden<br />
Ausstellung wurden jüngste<br />
Entwicklungen aus Pharmazie und<br />
Medizintechnik präsentiert. Anlässlich<br />
der Konferenz vereinbarten die beiden<br />
Nationen, ihre Zusammenarbeit im Gesundheitssektor<br />
weiter zu vertiefen.<br />
Im September 2011 organisierte der<br />
amerikanisch-algerische Wirtschaftsrat<br />
(USABC) eine zweitägige Studienreise<br />
durch die US-Bundesstaaten Boston und<br />
Washington DC. Die 30-köpfige Delegation<br />
aus Algerien wurde von Gesundheitsminister<br />
Djamel Ould Abbes angeführt,<br />
besuchte Labore und Universitäten<br />
und führte Gespräche mit Vertretern von<br />
internationalen Pharmaunternehmen,<br />
öffentlichen Einrichtungen und Regulierungsbehörden.<br />
Der algerische Gesundheitsminister<br />
traf seine Amtskollegin Kathleen<br />
Sebelius. Damit kam es erstmals<br />
zu einer offiziellen Kontaktaufnahme<br />
zwischen den beiden Ministerien.<br />
Die BIO International Convention,<br />
die vom 18. bis 21. Juni 2012 in Boston<br />
stattfand, ist das aktuellste Beispiel für<br />
ein internationales Forum, auf dem Algerien<br />
seine Ambitionen im Bereich der<br />
Biotechnologie zeigte. Auf Einladung<br />
von James Greenwood, dem Leiter der<br />
Biotechnology Industry Organization<br />
(BIO), nahm Algerien als Ehrengast an<br />
der Konferenz teil und warb vor internationalem<br />
Publikum für Investitionen im<br />
eigenen Land.<br />
Anlässlich der Konferenz, an der sich<br />
Algerien zum ersten Mal beteiligte, rief<br />
das Gesundheitsministerium die Initiative<br />
Algerien 2020 – eine Investitions- und<br />
Entwicklungsprogramm für den Gesundheitssektor<br />
– ins Leben.<br />
Saidals Erfolg unterstreicht<br />
das Potenzial des<br />
örtlichen Pharmasektors<br />
Algeriens führender Pharmakonzern ist gleichzeitig einer<br />
der größten des Kontinents<br />
Etwa zehn Jahre ist es her, dass der Bürgerkrieg<br />
in Algerien ein Ende fand. Seitdem<br />
hat sich die algeri-sche Regierung sehr<br />
für den Gesundheitssektor eingesetzt. Mit<br />
einem ehrgeizigen Programm beweist die<br />
Regierung ihr Engagement: Neben vielen<br />
anderen Verbesserungen soll bis 2025 die<br />
Zahl der Kran-kenhausbetten, der Ärzte<br />
und der lokal produzierten Arzneimittel<br />
aufgestockt werden.<br />
Das Gesundheitsprogramm bietet ausländischen<br />
Investoren, die zumeist als Importeure<br />
oder im Rah-men von Kooperationen<br />
in Algerien tätig sind, eine Vielzahl<br />
an Möglichkeiten. Momentan empfängt<br />
die algerische Pharmaindustrie potenzielle<br />
Partner mit offenen Armen.<br />
Arzneimittel machen 0,008 Prozent der<br />
Exporte und 4,5 Prozent der Importe aus.<br />
Aufgrund der Import-substitutionspolitik<br />
dürfen Medikamente, die im Land hergestellt<br />
werden können, nicht importiert werden.<br />
Da der Schwerpunkt der einheimischen<br />
Wirtschaft auf Generika liegt, könnte<br />
der Exportanteil noch beträchtlich steigen.<br />
Algeriens Ausgaben für Medikamente<br />
steigen stetig: 2008 waren es 159 Mrd.<br />
Dinar (2,35 Mrd. Dollar), 2013 werden<br />
es voraussichtlich 209 Mrd. Dinar (2,94<br />
Mrd. Dollar) sein. In Dinar bewertet<br />
entspricht dies einem durchschnittlichen<br />
jährlichen Wachstum von 5,62 Prozent.<br />
Und langfristige Prognosen weisen auch<br />
weiterhin auf ein starkes Wachstum hin.<br />
Demnach könnten die Ausgaben 2019<br />
bereits bei 407,14 Mrd. Dinar (5,82 Mrd.<br />
Dollar) liegen.<br />
Saidal ging im April 1982 aus der Umstrukturierung<br />
der Pharmacie Centrale<br />
Algérienne (PCA) hervor. Der Börsengang<br />
folgte 1989. Konzernchef Boumediène<br />
Derkaoui erläuterte vor Kurzem die<br />
Hintergründe des raschen Wachstums im<br />
algerischen Gesundheitssektor, insbesondere<br />
in der Pharmaindustrie: „Algerien<br />
ist der zweitgrößte Markt Afrikas, was<br />
Absatz und Umsatz betrifft. Algeriens<br />
Markt liegt direkt hinter Südafrika, doch<br />
noch vor Ägypten, trotz der großen demografischen<br />
Unterschiede zwischen diesen<br />
Län-dern. Algeriens Marktvolumen<br />
beträgt über 2,5 Mrd. Dollar und unser<br />
Arzneimittelkonsum nimmt seit Jahren<br />
kontinuierlich zu. Mittlerweile sind wir<br />
nicht mehr weit davon entfernt, jährlich<br />
80 Dollar pro Kopf auszugeben. 1999<br />
belief sich das Marktvolumen auf 240 bis<br />
250 Mio. Euro. Heute sind es mehr als<br />
1,7 Mrd. Euro. Diese Erhöhung, ca. sechs<br />
Mal so viel Bedarf in etwa zehn Jahren,<br />
veranschaulicht das Wachstumspotenzial<br />
des Sektors.“<br />
„Man kann kein Labor<br />
und keine Fabrik eines<br />
multinationalen oder nationalen<br />
Unternehmens<br />
mehr be-treten, ohne<br />
auf Manager zu treffen,<br />
die ihr Handwerk bei<br />
Saidal gelernt haben.“<br />
Boumediène Derkaoui,<br />
Saidal-Chef<br />
Der Zuwachs sei nachhaltigen Maßnahmen<br />
der algerischen Regierung zu<br />
verdanken, insbesondere dem leichteren<br />
Zugang zu Arzneimitteln für die Bevölkerung.<br />
„Unser System ist eines der besten<br />
und fort-schrittlichsten der Welt; noch<br />
dazu, völlig kostenlos. Sämtliche Arzneimittel<br />
werden zu 100 Prozent er-stattet,<br />
unabhängig davon, ob der Patient sozialversichert<br />
ist oder nicht.“<br />
Im Oktober 2010 unterzeichneten die<br />
algerische Regierung und eine Reihe<br />
von US-Unternehmen eine Absichtserklärung.<br />
Der Pharma- und Gesundheitssektor<br />
des Landes soll unter anderem<br />
durch Technolo-gietransfer, Forschung<br />
und Entwicklung sowie Direktinvestitionen<br />
stärker unterstützt werden.<br />
Saidal kündigte ein 1,4 Mio. Euro<br />
schweres Modernisierungsprogramm<br />
für acht Werke in Algier, Cher-chell und<br />
Medea an. Damit steigert das Unternehmen<br />
nicht nur die Produktionskapazität<br />
von 135 Millionen auf 298 Millionen Verkaufseinheiten,<br />
gleichzeitig sollen auch<br />
die Qualitätsstandards auf europäisches<br />
Niveau gebracht werden.<br />
Finanziert wird das Ganze über einen<br />
staatlichen Investitionskredit in Höhe von<br />
180 Mio. Euro. Pfizer-Saidal Manufacturing,<br />
ein Joint Venture zwischen Saidal<br />
und der Algerien-Tochter des US-Pharmakonzerns<br />
Pfizer, kündigte gleichzeitig<br />
die Produktion eines noch nicht näher<br />
spezifizierten ent-zündungshemmenden<br />
Arzneimittels an. Der Entzündungshemmer<br />
ist eines der rund 20 Importerzeugnisse<br />
des Unternehmens, das auch etwa<br />
18 eigene Produkte in seinem Werk in<br />
Algier herstellt.<br />
Und während Algeriens Pharmaindustrie<br />
jedes Jahr exponentiell wächst,<br />
ist Boumediène Derkaoui stolz auf<br />
Saidals Beitrag zur Verbesserung des<br />
Gesundheitssektors. „Besonders in<br />
den vergangenen zehn Jah-ren haben<br />
wir für den gesamten Sektor eine entscheidende<br />
Rolle gespielt. Und wir<br />
sind fast schon eine Art Ausbildungszentrum<br />
für die Branche geworden:<br />
Man kann kein Labor und keine Fabrik<br />
eines multi-nationalen oder nationalen<br />
Unternehmens mehr betreten, ohne auf<br />
Manager zu treffen, die ihr Hand-werk<br />
bei Saidal gelernt haben.“<br />
Diese Beilage zur Financial Times Deutschland wurde von der Globus Vision hergestellt, die allein verantwortlich ist für die Inhalte der Beilage