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Luftnummern - Kinder-Umwelt-Gesundheit

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kretes <strong>Gesundheit</strong>srisiko belegt ist, muss -<br />

te Deutschland das Produkt dulden. Allerdings<br />

nur mit einer befristeten Ausnahmegenehmigung<br />

für maximal neun<br />

Jahre. Ist bis dahin kein wissenschaftlicher<br />

Beweis für einen ernährungsphysiologischen<br />

Vorteil des Sauerstoffzusatzes<br />

erbracht, bedeutet das womöglich<br />

das Aus am deutschen Markt.<br />

Auf das Rezept „Wasser plus Sauerstoff“<br />

setzen inzwischen auch deutsche<br />

Getränkehersteller – mit wenig oder ohne<br />

Kohlensäure. Bei hoher Sauerstoffkonzentration<br />

schmeckt das Wasser weicher<br />

und sanfter als herkömmliches. Allerdings<br />

hinterlässt es dann mitunter ein<br />

kratzendes, pel ziges Mundgefühl.<br />

Sauerstoff ist flüchtig<br />

Den Etiketten nach liegt der Sauerstoffgehalt<br />

der getesteten Wässer zwischen 40<br />

und 200 Milligramm je Liter. Das übertrifft<br />

bei weitem die Sauerstoffmengen,<br />

die im Trinkwasser gelöst sind (3 bis 10<br />

Milligramm pro Liter). Doch wie alle Gase<br />

ist auch Sauerstoff flüchtig. Um den<br />

Gehalt bis zum Mindesthaltbarkeitsda -<br />

tum zu garantieren, wird bei der Abfüllung<br />

überdosiert. Trotzdem enthielten<br />

drei Produkte deutlich vor diesem Datum<br />

wesentlich weniger Sauerstoff als<br />

auf dem Etikett angegeben war (MineralcO<br />

2, Vilsa Vital O 2, Ogo Still). Andererseits<br />

Wohlbefinden und Konzentration<br />

Das Fenster aufmachen, sich wohler fühlen,<br />

konzentrierter arbeiten. Lässt sich diese<br />

Wirkung von Sauerstoff aus der Luft auch<br />

auf die von Sauerstoff aus dem Wasser<br />

übertragen? Das sollten Studien beweisen.<br />

Dazu ließen Forscher zum Beispiel Sekretärinnen<br />

fleißig tippen. Einige Frauen tranken<br />

Sauerstoffwasser, andere normales.<br />

Leistungssteigerung<br />

Wer sich anstrengt, erhöht den Energiebedarf<br />

seiner Organe. Die Lungen bringen deshalb<br />

mehr Sauerstoff als sonst ins Blut. So<br />

können wir mehr leisten. Kann Sauerstoffwasser<br />

Körperkraft, Kondition und Schnelligkeit<br />

steigern? Dafür mussten sich Testpersonen<br />

auf Fahrradergometern abstrampeln<br />

oder laufen.<br />

Immunsystem<br />

Auf dem Etikett der Flaschen wird im Unterschied<br />

zur Markteinführung heute keine<br />

krankheitsbezogene Werbung mehr ge-<br />

Trinkwasser. Es stammt meist aus Grundwasser.<br />

Wird es aus Oberflächenwasser gewonnen,<br />

sind Reinigungsschritte erforderlich.<br />

Kaum ein anderes Lebensmittel wird in<br />

Deutschland so häufig und gründlich kontrolliert<br />

wie Trinkwasser. Vorsicht kann aber<br />

geboten sein, wenn es aus hauseigenen<br />

Brunnen in landwirtschaftlich stark genutzten<br />

Gebieten stammt oder aus veralteten<br />

Bleirohren fließt.<br />

Natürliches Mineralwasser. Es muss ursprünglich<br />

rein sein und aus einem unterir -<br />

dischen, vor Verunreinigungen geschützten<br />

Wasservorkommen stammen. Dieses Wasser<br />

bedarf keiner oder sehr geringfügiger<br />

Aufbereitung. Es darf nur belüftet und filtriert<br />

werden. Als Zusatz ist einzig Kohlensäure<br />

erlaubt. Das Wasser muss am Quellort<br />

abgefüllt und amtlich anerkannt sein.<br />

Tafelwasser. Das ist Trinkwasser oder natürliches<br />

Mineralwasser, dem Natursole,<br />

Meerwasser, verschiedene Mineralsalze sowie<br />

Kohlensäure zugesetzt werden dürfen.<br />

So entsteht „künstliches“ Mineralwasser.<br />

Quellwasser. Es fließt aus unterirdischen<br />

Wasserreservoirs. Quellwasser muss weder<br />

ursprünglich rein sein, noch braucht es eine<br />

amtliche Anerkennung.<br />

STUDIEN<br />

Hoffnung und Ernüchterung<br />

macht. Dafür sprudelt es vor allem in Büchern<br />

von wundersamen persönlichen Heilerfolgen<br />

dank Sauerstoffwasser – zum Beispiel bei Migräne,<br />

Tinnitus, Diabetes, Neurodermitis und<br />

sogar Darmkrebs. Kann eine Extradosis Sauerstoff<br />

das Immunsystem derart stärken, um<br />

Krankheiten vorzubeugen oder gar zu heilen?<br />

Vorsicht: Wer bei einer ernsthaften Erkrankung<br />

auf eine therapeutische Wirkung von<br />

Sauerstoffwasser setzt, statt zum Arzt zu gehen<br />

und wirksame Medikamente einzunehmen,<br />

begibt sich in Gefahr.<br />

Wissenschaftliche Beweise fehlen<br />

Ein Beweis für den Nutzen der Sauerstoffanreicherung<br />

ist ohnehin nicht erbracht. Daran<br />

mangelt es schon deshalb, weil sich einzelne<br />

beobachtete Effekte in verschiedenen<br />

Studien nicht wiederholen lassen. Erst die Reproduzierbarkeit<br />

gilt als wissenschaftlicher<br />

Beleg. Solche Beweise bleiben die verschiedenen<br />

(veröffentlichten und uns von den Anbie-<br />

KLARE SORTEN<br />

Zum Wasserstand<br />

Heilwasser. Es gilt in Deutschland als frei<br />

verkäufliches Arzneimittel und bedarf einer<br />

Zulassung. Es muss wie alle Arzneimittel<br />

mit Nebenwirkungen und Gegenanzeigen<br />

gekennzeichnet sein.<br />

Sauerstoffangereichertes Wasser. Es ent -<br />

hält mehr Sauerstoff als sonst im Wasser<br />

vorkommt. Aus verflüssigter Luft wird er<br />

durch ein Hochdruckverfahren eingebracht.<br />

Obwohl Sauerstoffwasser oft aus natürlichem<br />

Mineralwasser hergestellt wird,<br />

kommt es wegen des Sauerstoffzusatzes als<br />

Tafelwasser in den Handel. Wenn es prickelt,<br />

liegt das an der zugesetzten Kohlensäure<br />

und nicht am Sauerstoff.<br />

tern zur Verfügung gestellten) Studien zu<br />

Sauerstoffwässern schuldig. Sie widersprechen<br />

sich zum Teil, und auch methodische<br />

Mängel sind keine Seltenheit.<br />

Einige Effekte werden der Extraportion<br />

Sauerstoff zugeschrieben, obwohl die Flüssigkeitszufuhr<br />

die entscheidende Rolle<br />

spielen dürfte. Andere Effekte werden fehlinterpretiert.<br />

Beispielsweise stellten Forscher<br />

in einer Studie einen Anstieg weißer<br />

Blutkörperchen nach dem Trinken von Sauerstoffwasser<br />

fest. Ein kausaler Zusammenhang<br />

wurde nicht bewiesen. Und eine verbesserte<br />

Immunabwehr ist aus dem Anstieg<br />

der weißen Blutkörperchen ohnehin<br />

nicht herzuleiten.<br />

Systematische Studien, in denen Dosis und<br />

Wirkung der Sauerstoffanreicherung untersucht<br />

werden, fehlen bisher ganz. Weder<br />

ein ernährungsphysiologischer Vorteil, erst<br />

recht keine arzneiliche Wirkung ist nachgewiesen.<br />

Ein ernüchterndes Resultat.<br />

5/2003 ts 21

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