zum Bericht - Nils Holger Moormann
zum Bericht - Nils Holger Moormann
zum Bericht - Nils Holger Moormann
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Flacke<br />
trifft<br />
<strong>Moormann</strong><br />
populärer Entwurf, dem man Mängel in der Funktionalität<br />
nachsagt.<br />
<strong>Moormann</strong>: Ach, die ist doch skulptural betrachtet<br />
ein ganz tolles Thema. Sie dekoriert die Küche<br />
und ist inzwischen eine kleine Ikone. Wirklich nutzen<br />
tut sie niemand, aber sowas lasse ich gerne<br />
einmal zu, weil sie so radikal anders ist.<br />
Flacke: Ich habe auch so eine zu Hause, aber nie<br />
eine Zitrone damit ausgepresst. Meine Frau hat<br />
sie von Anfang an für eine Skulptur gehalten und<br />
jetzt sieht sie einfach nur gut aus, das ist doch<br />
auch schon mal was.<br />
<strong>Moormann</strong>: Den spielerischen Ansatz im Design<br />
muss man einfach auch mal zulassen, sonst kann<br />
doch nichts Neues entstehen. Jedes normale Industrieunternehmen<br />
hat eine Forschungs- und<br />
166 Design<br />
Entwicklungsabteilung, nur die Hersteller in unserer<br />
Branche haben das kaum. Das ist einfach<br />
schade...<br />
Flacke: Und das wird immer schlimmer. Früher<br />
gab es noch in jeder Fabrik Menschen, die Prototypen<br />
gebaut haben. Das ist heute zu teuer und<br />
mit CAD Programmen ist so viel möglich, da halten<br />
viele so etwas für überflüssig. Allerdings<br />
muss man auch zugeben, dass der Kostendruck<br />
in den letzten 50 Jahren unglaublich zugenommen<br />
hat. Man muss sich nur mal anschauen, wie<br />
viele Hersteller deswegen verschwunden sind.<br />
Und der Kostendruck steigt immer weiter.<br />
<strong>Moormann</strong>: Ich halte das für sehr gefährlich, weil<br />
es meiner Ansicht nach nicht reicht, nur gut zu<br />
sein, wenn man langfristig Erfolg haben will. Ein<br />
Flackes Entwürfe, wie hier das Modell „Kjub“ von Höltkemeyer, sind zeitgemäß, modern und in der Mitte<br />
des Marktes. Sie sprechen breite Kundenschichten an. Foto: Dieter Höltkemeyer Möbelfabrik<br />
Links: Wie sieht ein Stuhl in 50 Jahren aus?<br />
Die mit wenigen Bleistiftstrichen skizzierten<br />
Antworten machen den Design-Profis sichtlich<br />
Spaß.<br />
Unten: <strong>Moormann</strong>s Entwürfe sind sichtbar frei<br />
von Konventionen, was für Fans auch ihren<br />
Reiz ausmacht. Fotos: Atelier <strong>Moormann</strong><br />
Unternehmen muss besonders sein und Charakter<br />
haben, sonst ist es austauschbar. Manche<br />
Produkte sind nur ganz knapp zu früh am Markt<br />
und scheitern deswegen. Alles muss sich viel zu<br />
schnell drehen, solche Dinge verschwinden vom<br />
Markt, bevor man die Gelegenheit hatte sie weiter<br />
zu entwickeln. Aber wenn man nichts Neues<br />
mehr macht, dann ist man eigentlich schon tot.<br />
Ich finde das ganz furchtbar.<br />
Flacke: Ich möchte ja an meinem Lebensende ja<br />
nicht nur Sperrmüll produziert haben - also Produkte,<br />
die nach Gebrauch wieder weggeworfen<br />
werden - sondern Dinge, die bleiben. Dinge, die<br />
unser Leben bereichern und überdauern.<br />
<strong>Moormann</strong>: Und eines ist auch klar: Wenn das<br />
Produkt nicht das Wichtigste ist, dann haben wir<br />
etwas falsch gemacht.<br />
Zum Schluss bittet der MÖBELMARKT die<br />
beiden Designer noch um eine Idee. Eine Idee<br />
davon, wie ein Stuhl in 50 Jahren aussehen mag.<br />
Arbeitsmaterialien sind ein Bleistift und ein Blatt<br />
Papier. Und vielleicht zeigt sich hier auch wieder<br />
der unterschiedliche Ansatz von Flacke und<br />
<strong>Moormann</strong> in ihrer täglichen Arbeit.<br />
Während Jochen Flacke mit schwungvollen<br />
Strichen ein einladendes Sitzmöbel mit geschwungenen<br />
Formen und niedriger Sitzhöhe<br />
zu Papier bringt, zeichnet <strong>Moormann</strong> durchaus<br />
selbstironisch ein Piktogramm eines Stuhls aus<br />
drei Strichen: „Ein Stuhl ist ein Stuhl - und ein<br />
Arsch ist ein Arsch. Heute und in 50 Jahren.“<br />
Arnd Schwarze<br />
50 JAHRE<br />
MÖBELMARKT