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Workshop - AIDS-Hilfe Wuppertal eV

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(an)erkannt?<br />

lesbische & schwule<br />

Jugendliche<br />

dokumentation<br />

in Schule & Jugendhilfe<br />

Fachtagung 17.11.03


Vorwort<br />

Grußwort von Marlis Drevermann<br />

Dezernentin für Kultur, Bildung und Sport<br />

Grußwort von Dr. Stefan Kühn<br />

Dezernent für Soziales, Jugend und Integration<br />

Vorträge<br />

Sexuelle Orientierung und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns, Projekt TRIANGLE<br />

Situation lesbischer und schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher Perspektive<br />

Kai Seiler, Diplom-Psychologe<br />

Situation lesbischer und schwuler Jugendlicher<br />

aus der Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

<strong>Workshop</strong>s<br />

Lesbische und schwule Jugendliche in der Jugendhilfe<br />

Uwe Schönemann, Ev. Verein für Kinder-, Jugend- und<br />

Familienhilfe <strong>Wuppertal</strong><br />

Diskriminierung von schwulen Jungen in Gruppen<br />

Andreas Müller, profamilia Mettmann<br />

Lesbische und schwule Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Thomas Rattay, Jugendnetzwerk Labda &<br />

Dörthe Landgraf, Beratungsstelle Na Sowas Schleswig-Holstein<br />

Materialien<br />

Literaturhinweise der Referenten/innen<br />

Adressen der Referenten/innen & Veranstalter/innen<br />

Dankeschön & Impressum<br />

Seite 4<br />

Seite 6<br />

Seite 7<br />

Seite 8<br />

Seite 15<br />

Seite 21<br />

Seite 26<br />

Seite 27<br />

Seite 30<br />

Seite 34<br />

Seite 36<br />

Seite 38<br />

Seite 39<br />

Inhalt


4<br />

Vorwort<br />

(an)erkannt – lesbische & schwule Jugendliche<br />

in Schule und Jugendhilfe<br />

Kaum noch eine Vorabendserie<br />

ohne lesbische<br />

oder schwule Jugendliche:<br />

Also alles prima?<br />

Wenn wir nach ihrer Präsenz<br />

im Fernsehen gehen<br />

würden, wären lesbische<br />

und schwule Jugendliche<br />

in unserer Gesellschaft<br />

nicht nur toleriert. Es wäre<br />

angekommen, dass lesbische<br />

und schwule Jugendliche<br />

leben und lieben<br />

wie andere auch.<br />

Die Zeit des Coming Out<br />

ist für lesbische und<br />

schwule Jugendliche mit<br />

hohen Anforderungen<br />

verbunden. Sie müssen –<br />

anders als andere Jugendliche<br />

– eine Vorstellung<br />

von ihrem Selbst in<br />

einer Welt entwickeln,<br />

die ausschließlich heterosexuell<br />

zu sein scheint.<br />

Darüber hinaus findet die<br />

Entwicklung des Selbstwertes<br />

in einer Kultur<br />

statt, die Lesben und<br />

Schwule verhöhnt oder<br />

ignoriert. Darüber hinaus<br />

besteht die Anforderung<br />

eine Entscheidung über<br />

das “wo” und “wann”<br />

eines Coming Outs mit all<br />

seinen Nebeneffekten zu<br />

treffen<br />

Hierbei spielt es eine große<br />

Rolle, ob Jugendliche<br />

auf kompetente Ansprechpersonen<br />

für Liebes-<br />

und Lebensfragen,<br />

auf sichtbare Vorbilder<br />

und Kontaktmöglichkeiten<br />

mit anderen lesbischen<br />

und schwulen Jugendlichen<br />

treffen.<br />

Die Fachtagung hat über die<br />

Lebenssituation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher – jenseits<br />

der Vorabendserien – informiert<br />

und einen Impuls für die Jugendhilfe<br />

und die pädagogische Praxis<br />

gegeben.<br />

Leider mussten aufgrund der<br />

geringen Teilnehmer/innenzahl<br />

drei <strong>Workshop</strong>s ausfallen. Die<br />

Adressen der Referenten/innen<br />

sind jedoch im Anhang abgedruckt.<br />

Wir wünschen allen Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern der Tagung,<br />

aber auch allen, die nicht<br />

teilnehmen konnten, viel Spass<br />

beim Lesen und (wieder-)entdekken.


Begrüßung<br />

Ansgar Schütz, <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> &<br />

Roswitha Bocklage, Gleichstellungsstelle<br />

Grußworte<br />

Marlis Drevermann, Dezernentin für<br />

Kultur, Bildung und Sport<br />

Dr. Stefan Kühn, Dezernent für Soziales,<br />

Jugend und Integration<br />

Vorträge<br />

Sexuelle Orientierung & Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns, Projekt<br />

TRIANGLE<br />

Situation lesbischer & schwuler<br />

Jugendlicher aus wissenschaftlicher<br />

Sicht<br />

Kai Seiler, Dipl. Psychologe<br />

Situation lesbischer & schwuler Jugendlicher<br />

aus der Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

<strong>Workshop</strong>s<br />

Wie gehe ich das Thema an? -<br />

Umsetzungsmöglichkeiten der sexualpädagogischen<br />

Richtlinien.<br />

Für Leherer/innen, Ursula Bösken,<br />

Moderatorin des Landesinstituts für<br />

Lehrer/innenfortbildung Soest<br />

Räume und Orte für lesbische und<br />

schwule Jugendliche<br />

Für Mitarbeiter/innen aus der offenen<br />

Jugendarbeit, Thomas Haas, Schwullesbisches<br />

Jugendzentrum anyway, Köln<br />

Lesbische und schwule Jugendliche<br />

in der Jugendhilfe<br />

Für Mitarbeiter/innen aus der Jugendhilfe,<br />

Uwe Schönemann, Ev. Verein für<br />

Kinder-, Jugend- und Familienhilfe <strong>Wuppertal</strong><br />

Wie wird man eigentlich hetero?<br />

Uschi Förster, Bildungscooperative<br />

Oberhausen<br />

Diskriminierung von schwulen Jungen<br />

in Gruppen<br />

Andreas Müller, profamilia Mettmann<br />

Lesbische und schwule Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Thomas Rattay, Jugendnetzwerk Lambda<br />

& Dörthe Landgraf, Beratungsstelle Na<br />

Sowas Schleswig-Holstein<br />

Abschluss „Verbotene Liebe –<br />

lesbische Mädchen in der Provinz“<br />

Film von Femina Vita, Herford<br />

Programm<br />

5


6<br />

Grußwort<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

ich komme aus einer Zeit, wo ich<br />

die Endläufe der 68er-Generation<br />

erlebt habe, die sich die sexuelle<br />

Revolution auf ihre Fahnen<br />

geschrieben hatten. Dass nach<br />

einer solchen Revolution das Thema<br />

“Sexualität” und die Arbeit<br />

mit diesem Thema nicht zu Ende<br />

ist, davon lasse ich mich immer<br />

wieder gerne belehren. Das Leben<br />

ist viel bunter, als dass man<br />

alle Aspekte in einem großen<br />

Federstrich erledigen könnte. Ich<br />

spreche deshalb lieber von Evolution,<br />

von einer Aufgabe, um<br />

die wir uns dauerhaft zu bemühen<br />

haben.<br />

Diese Fachtagung beschäftigt<br />

sich mit einer Facette von sexueller<br />

Orientierung bzw. mit Menschen,<br />

die aufgrund ihrer sexuellen<br />

Orientierung in unserer Gesellschaft<br />

besondere Probleme<br />

haben, vor allem wenn sie damit<br />

auf Institutionen treffen. Wir haben<br />

es hier mit einem gesellschaftlich<br />

höchst relevanten Thema<br />

zu tun, das auch in einem<br />

wesentlichen Institut, der Schule,<br />

vorkommen sollte. Richtlinien gibt<br />

es dazu, die Richtlinien für Sexualerziehung.<br />

Aber zwischen<br />

Richtlinien und dem Leben gibt<br />

es ja bekanntermaßen eine große<br />

Kluft. Sich um die Verringerung<br />

dieser Kluft zu bemühen, ist<br />

so notwendig wie lohnenswert.<br />

Bislang hängt es eher von Einzelengagements<br />

von Lehrerinnen<br />

und Lehren ab, ob sie sich mit<br />

dem Thema befassen. Es ist noch<br />

längst kein Teil der Normalität im<br />

Unterricht. Dabei werden diese<br />

Marlis Drevermann, Dezernentin für Kultur, Bildung und Sport<br />

Themen, gerade in einer Zeit<br />

ausgeblendet, wo Schülerinnen<br />

und Schüler mit ihrer Sexualität<br />

zurecht kommen müssen, sich<br />

selbst finden müssen. Und dabei<br />

spielt Sexualität doch bei der<br />

Selbstfindung, bei der Identifikation<br />

eine erhebliche Rolle.<br />

Ich glaube, dass es deswegen<br />

ganz wichtig ist, dass wir die<br />

Facetten der Sexualität in der<br />

Schule behandeln. Dass wir den<br />

Schülerinnen und Schülern in<br />

einer ihrer schwierigsten Phasen,<br />

in der Pubertät, beiseite stehen –<br />

mit Kenntnis, mit Wissen und mit<br />

Möglichkeiten der Begleitung,<br />

diese Rolle für sich selbst zu finden.<br />

Wenn uns dies nicht gelingt,<br />

wird “Diskriminierung” weiter<br />

Realität bleiben. Denn bei<br />

dem, was ich nicht kenne und<br />

dem, was ich nicht weiß, reagiere<br />

ich möglicherweise hämisch,<br />

gerade in einer Phase, in der ich<br />

selbst noch nicht weiß, wer ich<br />

eigentlich bin. Deswegen ist es<br />

enorm wichtig, dass das Thema<br />

Sexualität, auch mit der Facette<br />

der Homosexualität, in die Schulklassen<br />

Eingang findet. Hierzu<br />

gehört es auch, Wissen und Informationen<br />

zu vermitteln. Auch<br />

Informationen an Lehrerinnen<br />

und Lehrer, um die Kommunikation<br />

und den Umgang mit diesem<br />

Thema zu üben. Ich hoffe, dass<br />

Ihre Tagung ein Baustein dazu<br />

sein wird.<br />

Ich weiß, dass Sie sehr bedauern,<br />

wie wenig Lehrerinnen und<br />

Lehrer Sie erreicht haben. Hierbei<br />

muss ich um Verständnis wer-<br />

ben, weil der Schulalltag gerade<br />

in einer Zeit, wo es auch um Anmeldungen<br />

für das neue Schuljahr<br />

geht, nicht gerade ein Leichtes<br />

ist und Lehrerinnen und Lehrer<br />

in vielen Fragen überfordert sind<br />

und sich mit Themenbereichen<br />

allein gelassen fühlen. Daher<br />

sollten wir uns gemeinsam darum<br />

bemühen, die Integration dieses<br />

Themas weiterzutreiben, damit<br />

es bei diesem Themenfeld eine<br />

Partnerschaft und eine Kooperation<br />

zwischen Jugendhilfe und<br />

Schule gibt. Ich könnte mir deswegen<br />

gut vorstellen, dass wir<br />

gemeinsam versuchen, das Thema<br />

Sexualität an Schulen, wo<br />

vielleicht manche denken, dass<br />

sei ja schon perdu, in die klassische<br />

Lehrerfortbildung, zu integrieren.<br />

Dass wir vielleicht über<br />

die ganz normale Lehrerfortbildung<br />

überlegen, wie wir mit<br />

solchen Themen an die Schulen<br />

herankommen. Das scheint mir<br />

ganz wichtig zu sein. So bin ich<br />

auch gerne bereit über diese<br />

Möglichkeiten mit Ihnen gemeinsam<br />

das Gespräch zu führen.<br />

In diesem Sinne hoffe ich, dass<br />

Sie alle für uns gut vorarbeiten<br />

und wir Ihre Ergebnisse dann in<br />

die Normalität der Lehrerfortbildung<br />

und damit auch stärker<br />

als bisher in die Schulen bringen<br />

können.<br />

Ich wünsche ihnen viel Erfolg.


Dr. Stefan Kühn, Dezernent für Soziales, Jugend und Integration<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

ich freue mich ganz besonders,<br />

dass die Schuldezernentin und<br />

der Jugenddezernent gemeinsam<br />

die Fachtagung mit einem<br />

kurzen Grußwort eröffnen.<br />

Es ist ein bewusstes, ein wichtiges<br />

Symbol, dass wir beide gemeinsam<br />

bei Ihnen sind. Es<br />

zeigt, welche Bedeutung Schule<br />

und Jugendhilfe diesem Thema<br />

beimessen. Und es ist eine Wertschätzung<br />

Ihrer Arbeit und der<br />

Arbeit von ganz vielen Initiativen<br />

in unserem Tal.<br />

Zum Thema der heutigen Fachtagung<br />

zuerst die provokante Frage:<br />

Ist es überhaupt notwendig,<br />

sich mit den Themen lesbischer<br />

und schwuler Jugendlicher in<br />

einer Fachtagung auseinander<br />

zu setzen? Denn in jeder Vorabendserie<br />

tritt doch mittlerweile<br />

ein lesbischer oder schwuler Jugendlicher<br />

auf. In jedem Jugendmagazin<br />

findet man etwas zu<br />

diesem Thema. Also sind wir<br />

nicht längst eine tolerante, liberale<br />

Gesellschaft? Alle Probleme<br />

gelöst? Alles in bester Ordnung?<br />

Also warum dann diese Fachtagung?<br />

Ich glaube, dass wir dabei aber<br />

nur den Lack der gesellschaftlichen<br />

Entwicklung sehen. Kratzt<br />

man an diesem Lack ein<br />

bisschen, kommt sehr viel zum<br />

Vorschein, was deutlich macht,<br />

dass diese Fachtagung inhaltlich<br />

wichtig ist. Wichtig für die Kinder<br />

und Jugendlichen, die sich mit<br />

ihrer eigenen Sexualität ausein-<br />

ander setzen müssen. Denn Jugendliche<br />

in der Pubertät haben<br />

immer Schwierigkeiten sich zu<br />

finden, ihre Sexualität zu entdekken.<br />

Um so mehr gilt das für<br />

schwule und lesbische Jugendliche,<br />

die auch ihr Anderssein in<br />

dieser Gesellschaft entdecken<br />

müssen, annehmen und leben<br />

müssen. Insofern bedürfen sie<br />

besonders viel Mut und Selbstvertrauen<br />

auf diesem Weg.<br />

Aus diesem Grund sind wir als<br />

Jugendhilfe, für die ich hier spreche,<br />

natürlich ganz besonders<br />

gefordert, denn das ist eine<br />

ganz klassische Aufgabe für uns<br />

als Jugendhilfe, Jugendliche aufzunehmen,<br />

anzunehmen. Sie<br />

stark zu machen auf ihrem Weg.<br />

Sie dabei zu unterstützen, sich<br />

selbst und die Gesellschaft zu<br />

entdecken.<br />

Nun sind wir an diese Aufgabe,<br />

ich sag das etwas selbstkritisch,<br />

manchmal zu theoretisch heran<br />

gegangen. Theoretisch ist es<br />

überhaupt keine Frage, dass wir<br />

uns für lesbische und schwule<br />

Jugendliche öffnen. Aber hat<br />

sich die Jugendhilfe wirklich<br />

geoutet durch praktisches Tun?<br />

Haben wir also immer gesagt,<br />

das ist für uns ein wichtiges Thema?<br />

Lesbische und schwule Jugendliche<br />

sind uns Willkommen?<br />

Wir wollen sie bei uns haben?<br />

Mit ihnen gemeinsam Dinge entwickeln?<br />

Ich glaube, dass wir noch Nachholbedarf<br />

haben und gleichzeitig<br />

an positive Projekte anknüp-<br />

Grußwort<br />

fen können. So haben wir z.B.<br />

mit dem Medienprojekt ein hervorragendes<br />

Projekt realisiert.<br />

Schwule und lesbische Jugendliche<br />

aus ganz NRW haben gemeinsam<br />

gearbeitet. Sie haben<br />

das Medium “Film” genutzt, um<br />

etwas über sich und ihr Leben zu<br />

sagen, sich filmisch geoutet.<br />

Im übrigen machen wir sowohl<br />

Mädchen- als auch Jungenarbeit,<br />

wo natürlich die Frage<br />

nach Sexualität und damit auch<br />

nach Homosexualität zu stellen<br />

ist. Und letztlich wird der<br />

Jugendhilfeausschuss erstmalig<br />

darüber zu befinden haben, ob<br />

wir einen Jugendverein von lesbischen<br />

und schwulen Jugendlichen<br />

anerkennen, als anerkannten<br />

Träger der Jugendhilfe. Deswegen<br />

glaube ich, dass momentan<br />

ein ganz wichtiger Praxistest<br />

vor der Jugendhilfe steht.<br />

Ich wünsche Ihnen für die Fachtagung<br />

alles Gute und möchte<br />

mich bei denen bedanken, die<br />

an der Vorbereitung der Fachtagung<br />

beteiligt waren.<br />

7


8<br />

Vortrag<br />

Stefan Timmermanns, Projekt TRIANGLE<br />

SEXUELLE ORIENTIERUNG UND SOZIALISATION<br />

Schwierigkeiten bei der<br />

Identitätsfindung<br />

Dieser Vortrag behandelt das<br />

Thema “sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation”. Sozialisation<br />

hat sehr viel mit Erwachsenwerden<br />

zu tun und das ist nicht immer<br />

ganz einfach. Damit sage<br />

ich Ihnen sicherlich nichts Neues.<br />

Sich frei zu entfalten, sich selbst<br />

so anzunehmen, wie man ist,<br />

fällt in einer normativen Gesellschaft<br />

nicht leicht und es handelt<br />

sich dabei auch nicht um ein<br />

Minderheitenproblem.<br />

Meine These lautet, dass die<br />

ursprüngliche Problemstellung für<br />

hetero-, bi- wie homosexuelle<br />

Jugendliche, nämlich ihren Platz<br />

in der Gesellschaft zu finden,<br />

zwar relativ gleich ist. Junge<br />

Lesben, Schwule und Bisexuelle<br />

– und das ist der bedeutende<br />

Unterschied – haben bei der<br />

Bewältigung dieser Entwicklungsaufgabe<br />

jedoch wesentlich<br />

schlechtere Voraussetzungen als<br />

andere Jugendliche. Warum das<br />

so ist, möchte ich im Folgenden<br />

näher erläutern. Dabei werde<br />

ich mich vor allem auf die<br />

Homosexuellenfeindlichkeit und<br />

den Umgang der Jugendlichen<br />

untereinander beschränken.<br />

Zunächst eine allgemeine Beobachtung<br />

zur Thematik: Wie ist<br />

eigentlich die Einstellung zu Homosexuellen<br />

bei Jugendlichen?<br />

Zwei aktuellere Untersuchungen<br />

belegen, dass Homonegativität,<br />

also die negative Einstellung<br />

gegenüber Lesben und Schwu-<br />

len, heute verbreiteter ist als viele<br />

denken. Das Münchener Meinungsforschungsinstitut<br />

“iconkids<br />

and youth” hat herausgefunden,<br />

dass zwei Drittel der Jugendlichen<br />

Lesben und Schwulen gegenüber<br />

eine negative Einstellung<br />

haben. In meiner Dissertation<br />

“Keine Angst, die beißen<br />

nicht!” konnte ich beobachten,<br />

dass der relativ offene Umgang<br />

mit dem Thema heutzutage, z.B.<br />

auch in den Medien, eine oberflächliche<br />

Toleranz erzeugt und<br />

die Jugendlichen mehr nötigt,<br />

sich zu positionieren als das früher<br />

der Fall war. Das Thema<br />

sexuelle Orientierung polarisiert<br />

heute stärker, vor allem bei den<br />

Jungen.<br />

Sozialisation und<br />

Homonegativität<br />

Der Begriff ‚Homophobie‘ wurde<br />

1972 von George Weinberg<br />

geprägt und meint eine irrationale<br />

Furcht heterosexueller Menschen<br />

im Umgang mit Lesben<br />

und Schwulen. Serdahely/<br />

Ziemba definieren dieses Phänomen<br />

als Gefühl von Angst, Abscheu,<br />

Aversion, Ärger, Unwohlsein<br />

oder Furcht, die heterosexuelle<br />

Menschen Lesben und<br />

Schwulen gegenüber empfinden<br />

können. Als Mittel, die traditionelle<br />

Rollenverteilung zwischen<br />

Mann und Frau aufrecht zu erhalten,<br />

sieht Christian Spoden<br />

die Homophobie. Sie sei ein<br />

“Ausdruck von rigiden<br />

Geschlechtsrollenstereotypen”<br />

und eine Folge “der hierarchischen<br />

Trennung der Geschlech-


ter”. Zu ihrer Funktion gehöre es,<br />

die “traditionelle Männlichkeit,<br />

Werte und Macht aufrecht zu<br />

erhalten”. Somit komme Homophobie<br />

einem “Mittel sozialer<br />

Kontrolle” gleich, dessen Aufgabe<br />

es sei, “alle Männer, nicht nur<br />

Homosexuelle, zu kontrollieren”.<br />

Als sprachliches und inhaltliches<br />

Pendant haben sich in den letzten<br />

Jahren die Begriffe ‚Heterosexismus‘,‚Zwangsheterosexualität‘<br />

oder ‚Heteronormativität‘<br />

herauskristallisiert, die die allgegenwärtige<br />

Norm heterosexuellen<br />

Verhaltens beschreiben. Ellis<br />

fasst unter ‚Heterosexismus‘ die<br />

stillschweigende Annahme, dass<br />

alle Menschen heterosexuell seien,<br />

einige sich aber willentlich<br />

homo- oder bisexuell verhalten.<br />

Hartmann versteht darunter sowohl<br />

“die Setzung und Reproduktion<br />

heterosexueller Beziehungen<br />

als das Normale, also Heterosexualität<br />

als gesellschaftliche<br />

Norm” als auch “die Diskriminierung<br />

– also [das] Verschweigen,<br />

Marginalisieren, Pathologisieren<br />

– von Lesben und Schwulen und<br />

ihrer Lebensgestaltung”. Da es<br />

sich bei der Homophobie aber<br />

nicht um eine Phobie im klassischen<br />

Sinne handelt, tauchte in<br />

den letzten Jahren auch der Begriff<br />

Homonegativität auf.<br />

Auf die Funktionen der “Schwulen-feindschaft”<br />

bei männlichen<br />

Jugendlichen hat v.a. Michael<br />

Schenk hingewiesen. Er sieht<br />

abfällige und beleidigende Äußerungen<br />

wie z. B. ‚schwule<br />

Sau‘ von Jungen über Homosexuelle<br />

oder vermeintlich homosexu-<br />

ell motivierte Handlungen als<br />

Code, den man je nach Kontext<br />

dechiffrieren muss. Die Diskriminierung<br />

von Schwulen basiert<br />

zum einen auf Fehlinformationen<br />

und Vorurteilen, zum anderen<br />

auf dem Dilemma, dass man<br />

Schwule nicht erkennen kann,<br />

und dass niemand davor gefeit<br />

ist als ‚schwul‘ bezeichnet zu<br />

werden. Vor einer Stigmatisierung,<br />

die mit diesem Wort verbunden<br />

ist, versuchen sich Jungen<br />

zu schützen. Schwulenfeindliche<br />

Äußerungen erfüllen<br />

unterschiedliche Funktionen und<br />

Aufgaben, die je einzeln für sich<br />

oder kumulativ mit anderen ein<br />

solches Verhalten erklären können.<br />

Dazu gehört das Normieren<br />

dessen, was männliches Verhalten<br />

ausmacht, das Absichern<br />

der eigenen männlichen Identität,<br />

Abstand gegenüber allem<br />

zu halten, was einem unangenehm<br />

und fremd ist, Schutz vor<br />

gleichgeschlechtlicher Nähe,<br />

Berührung und Zärtlichkeit und<br />

Macht über andere auszuüben.<br />

Als die wichtigsten Funktionen<br />

können die folgenden angesehen<br />

werden:<br />

(1) Der Normierungseffekt bezieht<br />

sich auf einen<br />

‚Männlichkeits-Kodex‘, der<br />

hauptsächlich innerhalb der<br />

Gruppe Gleichaltriger gilt: “Der<br />

Begriff ‚schwul‘ wird so für die<br />

peer group ein Instrument der<br />

sozialen Kontrolle jedes ihrer<br />

Mitglieder. Wer sich nicht daran<br />

hält, wird ‚schwul‘ genannt und<br />

verliert den Anspruch auf Männlichkeit.”.<br />

Die Angst vor Aus-<br />

Sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

grenzung zwingt zu einem konformen<br />

Verhalten. Auf diese Weise<br />

entsteht ein erheblicher<br />

Normalitätsdruck bei männlichen<br />

Jugendlichen.<br />

(2) Die Identitätsabsicherung<br />

vieler Jungen erfolgt dadurch,<br />

dass sie sich von allem abgrenzen,<br />

was ‚nicht-männlich‘ ist.<br />

Dazu gehört zum einen, dass<br />

Jungen es ablehnen, so zu sein<br />

wie Frauen, zum anderen bemühen<br />

sie sich, unter keinen Umständen<br />

in den Verdacht zu geraten<br />

schwul sein zu können. Die<br />

Folgen sind, dass Männlichkeit<br />

ständig bewiesen werden muss<br />

und eine vermehrte Rollenorientierung<br />

und Homophobie<br />

die ansonsten “brüchige<br />

Identitätsdecke” zusammenhalten<br />

soll.<br />

(3) Die Schutzfunktion dient bei<br />

vielen Jungen der Abwehr von<br />

Angst und Gefühlen. Zum einen<br />

bietet Homophobie Schutz vor<br />

Stigmatisierung und Verhaltensunsicherheit,<br />

denn “wer einen<br />

anderen zuerst als ‚schwul‘ bezeichnet,<br />

grenzt sich ab und<br />

schützt sich selbst vor dem Stigma”.<br />

Zum anderen sind freundschaftliche<br />

Nähe und körperliche<br />

Berührung unter Jungen zunächst<br />

‚ungefährlich’. Sie können aber<br />

auch Empfindungen wie zum<br />

Beispiel Zärtlichkeit, Bewunderung,<br />

Mitgefühl auslösen, die<br />

9


10<br />

Sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

vielen Jungen Angst machen.<br />

Hier bietet der Mechanismus der<br />

Projektion auf die Gruppe der<br />

Schwulen eine Lösung dieses<br />

inneren Konfliktes. Auch Schenk<br />

sieht in der Homophobie und<br />

Schwulenfeindschaft eine Projektion<br />

von Aggressionen, Aversionen<br />

und Vorurteilen, die Resultate<br />

einer Umwandlung eigener<br />

emotionaler Sachverhalte sind:<br />

“Nicht was schwul ist macht<br />

Angst, sondern, das, was Angst<br />

macht, wird schwul genannt.<br />

Schwule Männer müssen ausbaden,<br />

was in der männlichen Biographie<br />

unerledigt blieb. Sie<br />

personifizieren die Instabilität<br />

und Verunsicherung der männlichen<br />

Geschlechtsidentität. Als<br />

Träger abgespaltener, nicht erwünschter<br />

‚männlicher‘ Anteile<br />

sind sie Adressat der Abwehr<br />

und Aggressionen. Schwule werden<br />

deshalb als Opfer gebraucht.”<br />

Homonegatives Verhalten<br />

als moderne<br />

Verarbeitungsform gesellschaftlicher<br />

Konflikte<br />

Machtausübung, Normierung<br />

und Identitätsabsicherung als<br />

Funktionen von Homophobie<br />

beschränken sich jedoch nicht<br />

nur auf das Verhalten von Jungen.<br />

Ihre breitere Bedeutung für<br />

alle Jugendlichen und ihre tiefere<br />

Struktur und Wirkungsweise hat<br />

Sabine Hark in einer Ergänzung<br />

zum 7. Kinder- und Jugendbericht<br />

des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen dargelegt. Jugendliche<br />

scheinen nur nach außen<br />

untereinander gleichberechtigt.<br />

Tatsächlich agierten sie in einem<br />

sozialen Raum, der durch ethnisch-kulturelle<br />

oder soziale Herkunft,<br />

Geschlecht und institutionalisierter<br />

Heterosexualität hierarchisch<br />

strukturiert ist. Unter Jugendlichen<br />

gibt es einmal diejenigen,<br />

die verletzungsmächtig<br />

sind und die, die durch Handlungen<br />

oder Worte anderer verletzbar<br />

sind. Verletzungsmächtig<br />

sind diejenigen, die Normen und<br />

Leitbildern entsprechen, verletzbar<br />

diejenigen, die diese Normen<br />

nicht erfüllen können oder<br />

wollen bzw. diejenigen, die von<br />

anderen zur “personifizierten<br />

Abweichung” ernannt werden.<br />

Dies geschieht unabhängig davon,<br />

ob sie tatsächlich ‚Abweichler‘<br />

z.B. dadurch sind, dass sie<br />

erotische Gefühle für das eigene<br />

Geschlecht empfinden oder<br />

nicht.<br />

Sabine Hark stellt weiter fest,<br />

dass homophobe Beschimpfungen<br />

keine Relikte überkommener<br />

traditioneller Vorurteile gegenüber<br />

Homosexualität, sondern<br />

“moderne Verarbeitungsformen<br />

gesellschaftlicher Konflikte” rund<br />

um die Frage dessen sind, was<br />

akzeptiertes Geschlechterrollenverhalten<br />

ist. In Jungengruppen<br />

äußern sie sich eher explizit, das<br />

heißt verbal oder in Form physischer<br />

Gewalt, in Mädchengruppen<br />

eher implizit, in Form<br />

subtil entwertender Äußerungen<br />

und einer “Selbstüberwachung”<br />

der Hinwendung zu Jungen und<br />

Männern. Die Beschimpfungen<br />

von vermeintlich Homosexuellen


sind folglich eine Strategie, um<br />

sich im System der heterosexuellen<br />

Zweigeschlechtlichkeit zu<br />

situieren und sicherzustellen,<br />

selbst der geforderten oder imaginierten<br />

Norm zu entsprechen.<br />

Beschämungen werden eingesetzt,<br />

um eine Grenze zu ziehen<br />

zwischen ‚richtiger‘ Männlichund<br />

Weiblichkeit einerseits und<br />

Abweichung andererseits.<br />

Gleichzeitig verdeutlichen sie,<br />

wer in den Gruppen verletzbar<br />

und wer verletzungsmächtig sei.<br />

Indem ein anderer Junge als<br />

Schwuler oder ein Mädchen als<br />

Lesbe beschimpft, unabhängig<br />

davon, ob die betreffende Person<br />

sich selbst so definiert, wird<br />

die eigene Unsicherheit derjenigen,<br />

die die Beschimpfung aussprechen,<br />

kein richtiger Junge<br />

bzw. kein richtiges Mädchen zu<br />

sein, erfolgreich abgewehrt. Eine<br />

solche Problemlösestrategie dient<br />

in den sozialen Interaktionen der<br />

Jugendlichen dazu, die allgegenwärtige<br />

heterosexuelle Zweigeschlechtlichkeit<br />

zu<br />

plausibilisieren, und sich selbst<br />

sicher innerhalb dieser Ordnung<br />

zu platzieren.<br />

Die heterosexuelle Zweigeschlechtlichkeit<br />

braucht also die<br />

Homosexualität, um sich selbst<br />

überhaupt definieren und letztlich<br />

legitimieren zu können.<br />

Ohne das Konstrukt der Homosexualität<br />

gäbe es nicht einmal die<br />

Idee der Heterosexualität und<br />

niemand würde auf die Idee<br />

kommen, danach zu fragen, ob<br />

eine sexuelle Handlung bzw.<br />

das Verhalten einer Frau oder<br />

eines Mannes natürlich sei.<br />

Die feministische und die kritische<br />

Männerforschung haben bereits<br />

darauf hingewiesen, dass Sozialisation<br />

und Disziplinierung von<br />

geschlechtstypischem Verhalten<br />

verstärkt durch Kinder und Jugendlichen<br />

untereinander in den<br />

Peer-Gruppen stattfindet. Sie<br />

bringen sich gegenseitig bei,<br />

was es heißt, ein ‚richtiger Junge‘<br />

bzw. ein ‚richtiges Mädchen‘<br />

zu sein. In Bezug auf die Abwertung<br />

homosexueller Anteile unterscheidet<br />

sich das Verhalten von<br />

Jungen und Mädchen zwar nicht<br />

grundsätzlich, aber in der Art<br />

und Weise der Umsetzung. Jungen<br />

und Männer müssen nicht<br />

nur gegenüber Mädchen und<br />

Frauen ein dominantes Verhalten<br />

zeigen, sondern auch Homosexualität<br />

abwerten. Das gelingt<br />

am besten durch verbales<br />

Verächtlichmachen von Homosexualität<br />

selbst oder durch Bezichtigung<br />

anderer Jungen als<br />

schwul, die dem jeweiligen<br />

gruppenspezifischen Bild von<br />

Männlichkeit nicht entsprechen.<br />

In den Mädchengruppen läuft<br />

die Disziplinierung durch die<br />

Peers weniger über verbale oder<br />

physische Gewalt ab, sondern<br />

über subtile Entwertungen lesbischer<br />

Orientierungen. Hinzu<br />

kommt die Überwachung des<br />

Gebots der Hinwendung zu Jungen<br />

oder Männern, was den<br />

Erfolg ‚richtiger‘ Weiblichkeit<br />

anzeigt. Um etwas zu gelten,<br />

attraktiv und weiblich zu sein,<br />

brauchen Mädchen die Bezie-<br />

Sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

hungen zu den Jungen. Diese<br />

weibliche Abhängigkeit bewirkt,<br />

dass Mädchen der körperlichen<br />

Weiblichkeit nicht selbst Wert<br />

verleihen können. Sie vermögen<br />

es nicht, sich ihren Körper selbst<br />

lustvoll anzueignen und sind in<br />

diesem zentralen Punkt ihrer<br />

Identität abhängig vom Mann.<br />

Die komplexe Strategie der vermeintlichen<br />

sozialen Anerkennung<br />

lesbischer Mädchen und<br />

Frauen einerseits und die Behauptung,<br />

persönlich nichts mit<br />

Homosexualität zu tun zu haben,<br />

bzw. damit nichts anfangen zu<br />

können, erfüllt letztlich die gleiche<br />

Funktion wie die eher expliziten<br />

rituellen Verhöhnungen auf<br />

Seiten der Jungen.<br />

Durch Äußerungen wie z. B.:<br />

“Ich stehe da nicht drauf, aber<br />

die müssen es selbst wissen, für<br />

wen sie etwas empfinden. Man<br />

kann sie deswegen nicht verurteilen,<br />

dass sie schlechter sind als<br />

andere. Ich finde es ekelhaft.”<br />

kann sich auch ein Mädchen auf<br />

der Seite heterosexueller Weiblichkeit<br />

positionieren. Durch eine<br />

solche Äußerung erfüllt es einerseits<br />

die Norm Empathie gegenüber<br />

Benachteiligten zu zeigen.<br />

Andererseits ist dieselbe Bemerkung<br />

widersprüchlich, weil sie<br />

nicht nur Mitgefühl zum Ausdruck<br />

bringt, sondern gleichzeitig<br />

auch Lesbischsein abwertet<br />

und ausgrenzt. Die Verletzung<br />

11


12<br />

Sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

anderer braucht also nicht unbedingt<br />

mit verbaler oder physischer<br />

Gewalttätigkeit einherzugehen,<br />

wie es eher von Jungen<br />

praktiziert wird, sondern kann<br />

auch als subtile Entwertung unter<br />

der Tarnkappe sozialer Toleranz<br />

und Anteilnahme kaschiert sein.<br />

Das folgende Zitat Sabine Harks<br />

bringt das bisher Gesagte auf<br />

den Punkt: “In der Adoleszenz<br />

werden neue Deutungsmuster<br />

tentativ durchgespielt und später<br />

zu einem eigenen Handlungsmuster<br />

reorganisiert. Dabei muss<br />

offensichtlich ein großes Maß an<br />

Unsicherheit und Ängsten im<br />

Zusammenhang mit der Entwicklung<br />

geschlechtlicher Identität<br />

abgearbeitet werden. Daher<br />

scheint es naheliegend, dass es<br />

nicht die Differenz in der sexuellen<br />

Objektwahl oder vermeintlich<br />

anderer sexueller Praktiken ist,<br />

die die Ursache für die Diskriminierung<br />

von Schwulen und Lesben<br />

darstellt, sondern die unterstellte<br />

Abweichung von den akzeptierten<br />

Formen von Männlichund<br />

Weiblichkeit. Nicht die vermeintlich<br />

andere Sexualität, sondern<br />

der unterstellte Bruch mit<br />

der vorgeschriebenen<br />

Geschlechtsidentität macht<br />

Angst. Diesen Ängsten und Unsicherheiten<br />

sind die (heterosexuell<br />

werdenden) Jugendlichen allerdings<br />

nicht hilflos ausgeliefert; im<br />

Gegenteil, sie greifen auf eta-<br />

blierte Praktiken sozialer Entwertung<br />

– explizite Verhöhnung,<br />

subtile Entwertung – zurück, um<br />

ihre eigene heterosexuelle männliche<br />

bzw. weibliche Positionierung<br />

abzusichern. Für lesbische<br />

bzw. schwul werdende Jugendliche<br />

gibt es diese Chance nicht.<br />

Sie sind mit der Aufgabe konfrontiert,<br />

aus der Position der<br />

Verwerfung und Entwertung ein<br />

positives Selbst zu entwerfen.”.<br />

Einer der Schlüssel zur Problemlösung:<br />

unser Umgang<br />

mit Männlich- und<br />

Weiblichkeit<br />

Was können wir als Pädagoginnen<br />

und Pädagogen tun, damit<br />

die Sozialisation von lesbischen,<br />

schwulen, bisexuellen aber auch<br />

heterosexuellen Jugendliche besser<br />

gelingt? Eine Strategie der<br />

scheinbaren Toleranz, die aus<br />

der Position der vermeintlichen<br />

Mehrheit sozusagen “von oben<br />

herab”, die alle die, die in irgendeiner<br />

Form vom Mainstream<br />

abweichen‚ schon irgendwie<br />

okay findet’ wird meiner Meinung<br />

nach nicht von Erfolg gekrönt<br />

sein. Wir sollten zudem<br />

Hierarchisierungen ‚hier das Verhalten<br />

der Mehrheit – dort das<br />

Verhalten der Minderheit’ vermeiden,<br />

weil sie meist eng mit einer<br />

Abwertung verbunden ist. Auch<br />

ein additives Umgehen mit dem<br />

Thema Homosexualität nach dem


Motto ‚und dann gibt es da<br />

auch noch...’ sollte vermieden<br />

werden, denn so wird ebenfalls<br />

implizit eine Abwertung transportiert.<br />

Homo- und bisexuelle Liebe<br />

und Sexualität müssen als gleichwertige<br />

Varianten menschlichen<br />

Zusammenlebens überall dort<br />

selbstverständlich mitgedacht,<br />

mitbehandelt und mitbesprochen<br />

werden, wo es um Lebensplanung,<br />

Liebe und Sexualität im<br />

Allgemeinen geht: Nicht als Variante,<br />

die es neben der Mann-<br />

Frau-Beziehung auch noch gibt,<br />

sondern als Beispiel, das nicht<br />

nur für die Besonderheiten einer<br />

Beziehung zwischen zwei Männern<br />

oder Frauen steht und für<br />

die Universalität von Liebe, Partnerschaft<br />

und Sexualität zwischen<br />

allen Menschen.<br />

In der Analyse der Probleme von<br />

Lesben und Schwulen mit ihrer<br />

Sozialisation in einem heteronormativen<br />

Umfeld stellte sich vor<br />

allem der abwertende Umgang<br />

mit den Formen von Männlichkeit<br />

und Weiblichkeit heraus, die in<br />

unserer Gesellschaft nicht akzeptiert<br />

werden. Einen essentiellen<br />

Schlüssel zur Lösung von Problemen<br />

im Zusammenhang mit der<br />

Sozialisation aller Jugendlicher<br />

sehe ich in einer Flexibilisierung<br />

und Dynamisierung der Geschlechterrollen,<br />

Identitäten und<br />

Lebensformen. Kinder und Jugendliche<br />

müssen lernen mit vielfältigen<br />

Varianten von Mann-<br />

oder Frausein zu leben und umzugehen<br />

ohne dabei eine bestimmte<br />

Lebensweise abzuwerten.<br />

Anders kann ich mir derzeit<br />

ein friedliches Mit- und Nebeneinander<br />

von Machos und<br />

Softies, kessen Vätern und<br />

Vamps nicht vorstellen.<br />

Für den Bereich der Sexualität<br />

und der Geschlechterrollen heißt<br />

die Konsequenz aber auch,<br />

dass das, was als “typisch”<br />

männlich oder weiblich in bestimmten<br />

Kulturen und sozialen<br />

Schichten definiert wird bzw.<br />

wurde, als von Menschen erdachtes<br />

und gleichzeitig veränderbares<br />

Konstrukt entlarvt werden<br />

muss. Wir sollten Kindern<br />

und Jugendlichen die Möglichkeit<br />

geben kreativer, spielerischer<br />

und flexibler damit umzugehen,<br />

was Mann- und Frausein bedeuten<br />

kann und ihnen Mut machen,<br />

in sich hinein zu horchen,<br />

um für sich selber eine stimmige,<br />

individuelle Antwort auf die Frage<br />

nach der eigenen<br />

Geschlechtsidentität und sexuellen<br />

Orientierung zu finden.<br />

Sexuelle Orientierung<br />

und Sozialisation<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

Für die Praxis halte ich die folgenden<br />

Arbeitshilfen für besonders geeignet,<br />

weil sie den Ansatz der Pluralisierung<br />

und Vielfältigkeit berücksichtigen und<br />

Methoden dafür bereitstellen, damit<br />

Kinder und Jugendliche sich mit diesem<br />

Denken auseinander setzen und beschäftigen:<br />

“Ganz normal anders” von<br />

Martin Ganguly (2002) und das Handbuch<br />

des europäischen Kooperationsprojektes<br />

TRIANGLE, an dem ich selbst<br />

zur Zeit gerade mitarbeite. Es wird<br />

Ende August 2004 zur Verfügung<br />

stehen und richtet sich an alle, die in<br />

Schule, Jugendarbeit und Beratung mit<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

umgehen.<br />

Weitere Informationen zu TRIANGLE<br />

siehe unter www.triangle-info.de<br />

Literatur: Sonja Düring; Michael J. Ellis;<br />

Martin Ganguly; Sabine Hark; Jutta<br />

Hartmann; Iconkids & youth research;<br />

Josef Riedele; Michael Schenkl; W.J.<br />

Serdahely, G.J. Ziemba; Christian<br />

Spoden; Stefan Timmermanns. Die<br />

ausführliche Literaturangabe ist im<br />

Anhang abgedruckt.<br />

13


15<br />

Vortrag<br />

Der Titel meines Vortrages mag<br />

möglicherweise mehr versprechen,<br />

als der gegenwärtige<br />

Forschungsstand halten kann:<br />

Denn mitnichten ist es so, dass<br />

der hier zu behandelnde<br />

Problemraum bereits “abgefrühstückt”<br />

ist.<br />

Zunächst muss festgestellt werden,<br />

dass Inhalte zu dieser Thematik<br />

in den einschlägigen Lehrbüchern<br />

zur Entwicklungspsychologie<br />

nur rudimentär vorhanden<br />

sind. Des weiteren leidet<br />

ein Großteil der empirischen<br />

Studien, die sich mit der<br />

psychosexuellen Entwicklung<br />

lesbischer und schwuler Jugendlicher<br />

beschäftigen, unter methodischen<br />

Mängeln. So ist z.B.<br />

nach wie vor die Größe und<br />

Struktur der Grundgesamtheit<br />

lesbischer und schwuler Jugendlicher<br />

unbekannt. U.a. sind daher<br />

repräsentative Schlüsse aus Studien<br />

schwierig. Darauf aber an<br />

dieser Stelle näher einzugehen,<br />

würde jedoch den Rahmen<br />

sprengen und Sie voraussichtlich<br />

langweilen.<br />

Nur vorab ein paar Hinweise<br />

auf die blinden oder halbblinden<br />

Flecke der Forschung:<br />

Es fehlt nach wie vor eine empirisch<br />

fundierte und akzeptierte<br />

allgemeine Theorie zur Entstehung<br />

und Entwicklung von Homosexualität,<br />

Bisexualität und<br />

ihre Besonderheiten werden in<br />

vielen Studien weitgehend vernachlässigt.<br />

Ferner bestehen<br />

große Lücken im Wissen um Homosexualität<br />

in unteren sozialen<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

SITUATION LESBISCHER UND SCHWULER JUGENDLICHER<br />

AUS WISSENSCHAFTLICHER PERSPEKTIVE<br />

Schichten und bei Migranten/<br />

innen, da u.a. diese Bereiche<br />

aus verschiedenen Gründen selten<br />

in Stichproben vorkommen.<br />

Im Folgenden werde ich nun ein<br />

paar Befunde vorstellen, die aus<br />

wissenschaftlich fundierten Studien<br />

stammen. Dabei werde ich<br />

zunächst auf die Identitätsentwicklung<br />

eingehen und Umweltaspekte<br />

wie Familie, soziales<br />

Umfeld und Internet miteinbeziehen.<br />

Die psychosoziale<br />

Gesundheit der Jugendlichen<br />

stellt einen weiteren Schwerpunkt<br />

dar. Schließen will ich meinen<br />

Vortrag mit dem Aufzeigen notwendigerUnterstützungsmaßnahmen<br />

im familiären, schulischen,<br />

staatlichen Bereich und<br />

für die Jugendhilfe.<br />

Zunächst zur Identitätsentwicklung:<br />

Ein homosexueller Mensch zu<br />

sein, bedeutet immer auch, sich<br />

mit der Rolle eines Homosexuellen<br />

auseinander zu setzen und<br />

sie ggf. auch spielen zu müssen<br />

– so wie sie von der Gesellschaft<br />

gesehen wird. Die sexuelle Orientierung<br />

kann demnach für<br />

manche wesentlich die persönliche<br />

Identität mitbestimmen, da<br />

sie Einfluss auf Bereiche nimmt,<br />

die nicht allein der sexuellen<br />

Identität zuzuordnen sind. Ich<br />

merke das z.B. immer besonders<br />

daran, wenn ein heterosexueller<br />

guter Freund zu mir sagt: “Du<br />

wirkst überhaupt nicht schwul!”<br />

(Ich weiß nicht, ob ich das in<br />

diesem Zusammenhang als Beleidigung<br />

oder Kompliment auffassen<br />

soll – ich merke nur, dass<br />

ich mich von Zeit zu Zeit mit dieser<br />

Schublade auseinander setzen<br />

muss...).<br />

In der Sexualforschung ist hinsichtlich<br />

der homosexuellen<br />

Identitätsentwicklung ein Begriff<br />

geprägt worden, der Ihnen<br />

möglicherweise schon mal über<br />

den Weg gelaufen ist: das<br />

Coming Out.<br />

Allgemein kann unter Coming<br />

Out der Entwicklungsprozess<br />

verstanden werden, durch den<br />

sich homosexuell (und bisexuell)<br />

orientierte Menschen ihrer sexuellen<br />

Präferenzen bewusst werden<br />

und in dem sie sich dazu<br />

entschließen, dieses Wissen in<br />

ihr persönliches und soziales<br />

Leben zu integrieren. Ein Unterschied<br />

im Coming Out zwischen<br />

Mädchen und Jungen ist das<br />

durchschnittliche Alter. In vielen<br />

Forschungsergebnissen wurde<br />

bestätigt, dass Mädchen sich<br />

ihrer sexuellen Orientierung später<br />

bewusst werden als Jungen,<br />

obwohl sie früher als Jungen in<br />

die Pubertät kommen. In einer<br />

Umfrage von 1999 zeigt sich<br />

dieser Trend ebenfalls. Jungen


haben mit durchschnittlich 13,7<br />

Jahren das erste Mal das Gefühl,<br />

“anders” zu sein, Mädchen<br />

mit 15 Jahren. Beim äußeren<br />

Coming Out unterscheiden sich<br />

die beiden Gruppen kaum noch.<br />

Jungen outen sich mit durchschnittlich<br />

16,5 Jahren, Mädchen<br />

mit 16,9 Jahren. Ältere<br />

Studien zeigten, dass Mädchen<br />

größere Schwierigkeiten im<br />

Coming Out haben als Jungen.<br />

Rigorosere Geschlechterrollen<br />

werden hierfür meist verantwortlich<br />

gemacht, da sie Mädchen<br />

besonders unter Druck setzten,<br />

sich der heterosexuellen Norm<br />

anzupassen.<br />

Das alles zeigt, dass die<br />

Identitätsentwicklung stark von<br />

Zeitgeist, kulturellen und familiären<br />

Einflüssen bestimmt wird –<br />

neben den jeweiligen<br />

Persönlichkeitseigenschaften der<br />

Jugendlichen. Denn auch dass<br />

muss aus psychologischer Sicht<br />

betont werden: Je nach<br />

Persönlichkeitsstruktur kann das<br />

gleiche belastende Ereignis für<br />

zwei Jugendliche unterschiedlich<br />

bewertet und verarbeitet werden<br />

– auch oder gerade wenn sich<br />

die Persönlichkeit noch in einem<br />

Entwicklungsprozess befindet.<br />

Die Präsenz und das Wissen<br />

über homo- und bisexuelle Lebensweisen<br />

haben durch das<br />

sozialkritische Engagement ver-<br />

schiedener Gruppen (z.B. des<br />

deutschen Lesben- und<br />

Schwulenverbands in Deutschland),<br />

durch wissenschaftliche<br />

Forschung und das verstärkte<br />

öffentliche Auftreten von homosexuell<br />

orientierten Menschen in<br />

den letzten Jahrzehnten stark<br />

zugenommen. Umso bemerkenswerter<br />

ist ein Befund des Meinungsforschungsinstituts<br />

“iconkids & youth” vom März<br />

vergangenen Jahres. In einer<br />

repräsentativen mündlichen Befragung<br />

wurden Jugendliche<br />

danach gefragt, wie gut sie verschiedene<br />

gesellschaftliche<br />

Gruppierungen finden. 71 Prozent<br />

der befragten Jungen und<br />

51 Prozent der Mädchen äußerten<br />

sich negativ zu Homosexuellen.<br />

Hier ist ein negativer Trend<br />

festzustellen, denn bei einer gleichen<br />

Befragung aus dem Jahr<br />

1998 äußerten nur 34 Prozent<br />

der 12 – 17jährigen, dass sie<br />

Schwule und Lesben “nicht oder<br />

überhaupt nicht gut” fänden.<br />

Wie ist dieser Anstieg zu erklären?<br />

Nun, meiner Ansicht nach<br />

verursacht möglicherweise die<br />

gegenwärtige starke Medienpräsenz<br />

bestimmter – und nicht<br />

gerade realistischer schwuler<br />

und lesbischer Lebensweisen –<br />

einen stärkeren Abgrenzungsprozess<br />

bei jenen Jugendlichen,<br />

die auf dieser oberflächlichen<br />

Ebene mit dem Thema konfrontiert<br />

sind, und das dürften nach<br />

wie vor in dem angesprochenen<br />

Alter die meisten sein. Die in den<br />

Medien dargestellten Lesben<br />

und Schwule werden womöglich<br />

darüber hinaus keine geeigne-<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

ten Identifikationsfiguren für heterosexuelle<br />

Jugendliche darstellen<br />

– überspitzt gesagt ist Jackie<br />

Chan schon etwas anderes als<br />

Carsten Flöter. In diesem Zusammenhang<br />

stellt sich auch die<br />

Frage, inwieweit die Medienfiguren<br />

überhaupt geeignete<br />

Identifikationsflächen für junge<br />

Lesben und schwule im Coming<br />

Out bieten. In den meisten<br />

Soaps z.B. wird eine weitgehend<br />

unproblematische Welt im<br />

gutsituierten und sozial höher<br />

gestellten Milieu gezeigt. Eben<br />

noch Hetero mit Freundin und<br />

jetzt knutschend mit dem Medizinstudenten<br />

auf dem Sofa –<br />

und alle Eltern und Freunde finden<br />

es toll.<br />

Provokant kann man hier fragen,<br />

ob diese Szenen den unter Hänseleien<br />

leidenden und von seinen<br />

Eltern zurückgewiesenen<br />

Jungschwulen nicht noch verstörter<br />

machen, da er seine Lebenswirklichkeit<br />

dort nicht wiederfindet.<br />

Eine Studie der Universität München<br />

im Auftrag des niedersächsischen<br />

Sozialministeriums aus<br />

dem Jahr 2001 zeigt, dass das<br />

Outing in Familie und Schule<br />

nach wie vor als erheblicher<br />

Stressfaktor wahrgenommen<br />

wird. Fast die Hälfte der dortigen<br />

15 bis 25-jährigen Interviewpartner<br />

hat bisher dem eige-<br />

15


16<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Situation Kai Seiler, lesbischer Dipl.-Psychologe<br />

und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

nen Vater die Homosexualität<br />

nicht mitteilen können, vom Rest<br />

muss über ein Viertel langfristig<br />

damit leben, vom Vater wegen<br />

der Homosexualität abgelehnt zu<br />

werden. Aufgrund der immer<br />

noch bestehenden Stigmatisierung<br />

und der Befürchtung, als<br />

potentieller Partner von meist<br />

heterosexuell orientierten Peers<br />

abgelehnt zu werden, trauen<br />

sich viele homo- und bisexuell<br />

orientierte Jugendliche nicht, ihre<br />

Gefühle zu offenbaren. Die für<br />

die Selbstakzeptanz so wichtige<br />

Erfahrung, um seiner selbst Willen<br />

gemocht und begehrt zu werden,<br />

wird womöglich seltener<br />

bzw. zu einem späteren Zeitpunkt<br />

gemacht. Für viele Jugendliche<br />

ist dies eine Quelle der<br />

Angst und Verunsicherung, da<br />

sie befürchten, nie den richtigen<br />

Partner zu finden.<br />

In der bereits genannten Studie<br />

aus Niedersachsen wird betont,<br />

dass sich die Pubertät schwuler<br />

Jugendlicher erheblich vom<br />

heterosexuellen Muster unterscheidet.<br />

Die statistische Verteilung<br />

homo- und heterosexueller<br />

Gleichaltriger und die Diskriminierung<br />

homosexueller Lebensformen<br />

im Alltag führen dazu, dass<br />

das Experimentieren mit Liebe,<br />

Sexualität und Partnerschaft erst<br />

später beginnen kann. Durch die<br />

mangelnde Möglichkeit, Liebesbeziehungen<br />

einzugehen und<br />

öffentlich zu leben, bleibt die<br />

sexuelle Identitätsentwicklung<br />

gewissermaßen lange Zeit unvollständig:<br />

Den ersten festen<br />

Freund hatten die Teilnehmer der<br />

Studie im Mittel mit 19,3 im Gegensatz<br />

zu den 16,8 Jahren für<br />

die erste feste Freundin bei den<br />

heterosexuellen Jugendlichen.<br />

Nun zu positiveren Aspekten: Es<br />

gibt aus verschiedenen Studien<br />

Hinweise darauf, dass sich das<br />

Lebensgefühl der meisten lesbischen<br />

und schwulen Jugendlichen<br />

nach dem äußeren Coming<br />

Out vorteilhaft verändert – im<br />

Gegensatz zu den Gefühlen der<br />

Unsicherheit, Einsamkeit und<br />

Ausgrenzung davor. Positive<br />

Reaktionen gibt es am häufigsten<br />

im engeren Freundeskreis.<br />

Lassen Sie mich im Folgenden<br />

auf ein paar weitere relevante<br />

Rahmenbedingungen hinsichtlich<br />

der Unterstützung der Identitätsentwicklung<br />

eingehen. Zunächst<br />

zu einem Medium, dass sich in<br />

den letzten Jahren rasant entwikkelt<br />

hat: Das Internet. Die Psychologin<br />

Watzlawik schreibt<br />

dazu: “Das Internet ist nicht (nur)<br />

als Singlemarkt zu verstehen,<br />

sondern liefert auch grundlegende<br />

Informationen bei der Suche<br />

nach der eigenen (sexuellen)<br />

Identität. Dass homo- und bisexuell<br />

orientierte Jugendliche keine<br />

Seltenheit sind und ihr Schicksal<br />

auch nicht alleine tragen müssen,<br />

wird vielen erst bewusst,<br />

wenn sie feststellen, wie vielen<br />

anderen es genauso geht.”. Leider<br />

ist jedoch das Internet nach<br />

wie vor nur einem Teil der Jugendlichen<br />

zugänglich. Dieses<br />

Medium ist ferner hinsichtlich der<br />

Sozialisation von Lesben und<br />

Schwulen ebenfalls zu wenig


erforscht. Das Internet schafft<br />

jedoch durch verschiedene – teils<br />

kommerzielle – Portale, die Möglichkeit,<br />

anonym an vielerlei Informationen<br />

zu kommen.<br />

Dies und die vergleichsweise<br />

starke Medienpräsenz lesbischer<br />

und schwuler Inhalte mag gegenwärtig<br />

dazu beitragen, dass<br />

die Jugendlichen, die Beratungsstellen<br />

und Jugendgruppen aufsuchen,<br />

immer jünger werden. So<br />

hat z.B. die Jugendberatung des<br />

Lesben- und Schwulenzentrums<br />

Bonn ihren Schwerpunkt bei Beratungsgesprächen<br />

mit 14 –<br />

15jährigen; im Gegensatz zum<br />

Schwerpunkt im Altersbereich um<br />

Anfang 20 noch vor ein paar<br />

Jahren. Das stellt auch die Beraterinnen<br />

und Berater vor neue<br />

und teils schwierige Herausforderungen.<br />

Womit wir bei einem anderen<br />

Punkt der strukturellen<br />

Unterstützungsmöglichkeiten<br />

im Identitätsbildungsprozess<br />

wären:<br />

Wie und wo findet Beratung in<br />

diesem Bereich überhaupt statt?<br />

Wo gibt es <strong>Hilfe</strong>angebote? Wo<br />

werden Lesben und Schwule in<br />

der Jugendhilfe und Schule sichtbar?<br />

Zunächst zu den ehrenamtlichen<br />

und semiprofessionellen<br />

Beratungseinrichtungen: Gegenwärtig<br />

gibt es in NRW ca. 35<br />

Beratungstelefone unterschiedlicher<br />

lesbischer bzw. schwuler<br />

Einrichtungen sowie ca. 40 lesbi-<br />

sche, schwule bzw. gemischte<br />

Jugendgruppen. Vor gut zwei<br />

Jahren habe ich in einem Fachbeitrag<br />

allerdings auch auf die<br />

Schwierigkeiten ehrenamtlicher<br />

Jugendarbeit hingewiesen. So<br />

stellen sie einerseits notwendige,<br />

weil nicht anderweitig vorgehaltene<br />

Anlaufstellen dar, andererseits<br />

sind hier oftmals strukturelle<br />

Defizite im finanziellen und<br />

räumlichen Bereich sowie hinsichtlich<br />

der Qualifikation und<br />

Motivation der Ehrenamtlichen<br />

vorhanden.<br />

Zu den professionellen, nicht<br />

homosexuell-spezifischen<br />

Beratungseinrichtungen kann<br />

aus Befunden einer Studie des<br />

nordrhein-westfälischen Familienministeriums<br />

geschlossen werden,<br />

dass diese von Schwulen<br />

und Lesben nur selten wegen<br />

dieses Themas aufgesucht werden.<br />

Weniger als die Hälfte der<br />

befragten Beraterinnen und Berater<br />

in der Studie gaben an,<br />

mit den Lebensweisen lesbischer<br />

Frauen und schwuler Männer<br />

vertraut zu sein. Das Wissen<br />

werde eher unspezifisch und nur<br />

selten durch themenspezifische<br />

Fachtagungen, <strong>Workshop</strong>s und<br />

Seminare wie z.B. auf dieser<br />

heutigen Veranstaltung erworben.<br />

Ferner machen die Ergebnisse<br />

deutlich, dass das Thema<br />

“Gleichgeschlechtliche Lebensweisen”<br />

bisher kaum Bestandteil<br />

der eigenen Aus- und Weiterbildung<br />

ist.<br />

Wo findet das Thema Homosexualität<br />

in der Schule statt? In<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

den bereits zitierten Studien gibt<br />

es viele Hinweise, dass im Lehrplan<br />

nach wie vor dieser Bereich<br />

vernachlässigt wird bzw. gar<br />

nicht vorkommt. Jedoch gibt es<br />

auch engagierte Lehrerinnen und<br />

Lehrer, die das Thema nicht nur<br />

als “abweichendes Sexualverhalten”<br />

im Biologieunterricht<br />

behandeln, sondern im Rahmen<br />

von Projektwochen darauf eingehen<br />

oder sogar “echte” Lesben<br />

und Schwule in den Unterricht<br />

einladen. Mein Vorredner Stefan<br />

Timmermanns stellte in seiner<br />

Dissertation fest, dass solche<br />

Schulaufklärungsprojekte als<br />

einmalige kurzfristige Interventionen<br />

zwar die grundlegenden<br />

gesellschaftlichen Defizite der<br />

Nicht-Sichtbarkeit von Lesben<br />

und Schwulen in Schule und<br />

Jugendarbeit nicht gänzlich lösen<br />

können. Dennoch zeigte die<br />

Evaluation der Aufklärungsarbeit,<br />

dass Jugendliche im persönlichen<br />

Kontakt mit Lesben und<br />

Schwulen ihre Einstellungen zu<br />

Homosexualität, Geschlechtsrollen<br />

und eigene Rollenerwartungen<br />

reflektieren lernen.<br />

Hierzu sei mir allerdings noch<br />

eine persönliche Bemerkung gestattet:<br />

Auch mit der<br />

“LesBiSchwulen Jugendgruppe<br />

<strong>Wuppertal</strong> e.V.” haben wir in<br />

der Vergangenheit mehrfach<br />

Schulaufklärungsprojekte durch-<br />

17


18<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Situation Kai Seiler, lesbischer Dipl.-Psychologe<br />

und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

geführt, die von einigen Schulen<br />

auch recht rege nachgefragt<br />

wurden. Ein zu klärendes strukturelles<br />

Problem liegt jedoch in der<br />

personellen Verfügbarkeit von so<br />

genannten Aufklärerinnen und<br />

Aufklärern: Zum einen ist nicht<br />

jeder oder jede dafür geeignet,<br />

zum anderen finden diese Projekte<br />

i.d.R. vormittags statt. Dies<br />

verlangt von den Betroffenen viel<br />

Idealismus und Opfer, da sich<br />

z.B. Berufstätige dafür Urlaub<br />

oder Schulfrei nehmen müssen.<br />

Lassen sie mich nun auf<br />

ein paar Fakten zur<br />

psychosozialen Gesundheit<br />

eingehen<br />

Hierzu weist die Studie der Universität<br />

München darauf hin,<br />

dass hauptsächlich die Probleme<br />

im Bereich der Liebe und Sexualität<br />

sowie der sozialen Beziehungen<br />

liegen. Es wurden jedoch<br />

nur männliche Jugendliche<br />

befragt: Über die Hälfte der<br />

Befragten gab an, durch<br />

Partnerschaftsprobleme/Liebeskummer<br />

belastet zu sein (54 %),<br />

gefolgt von den Bereichen “Einsamkeit”<br />

(47 %), Sorgen wegen<br />

<strong>AIDS</strong> (40 %), Kennen lernen<br />

anderer Schwuler (37 %). Erschreckend<br />

ist, dass für drei Viertel<br />

aller Teilnehmer zumindest<br />

einmal im Leben Selbstmord ein<br />

Thema gewesen war – und jeder<br />

zwölfte hatte bereits einen<br />

oder mehrere Suizidversuche<br />

hinter sich.<br />

Dieser Befund korrespondiert mit<br />

den dahingehend hohen Zah-<br />

len, die aus den USA berichtet<br />

werden. In einer amerikanischen<br />

Studie aus dem Jahre 1989 stellt<br />

der Psychologe Gibson fest, dass<br />

schwule und lesbische Jugendliche<br />

zwei- bis dreimal häufiger<br />

Selbstmordversuche unternehmen<br />

als andere Gleichaltrige. Er<br />

schätzt ferner den Prozentsatz<br />

von homosexuellen Jugendlichen<br />

unter den jährlich vollendeten<br />

Selbstmorden auf 30 Prozent. In<br />

dieser Studie wird allerdings<br />

auch darauf hingewiesen, was<br />

vergleichbar für viele Bereiche<br />

psychosozialer Belastungen gilt:<br />

Je höher der Grad der Bildung<br />

und je privilegierter die soziale<br />

Herkunft ist, umso größer ist die<br />

Wahrscheinlichkeit von geringeren<br />

Störungen in der Sozialisation<br />

von jungen Lesben und<br />

Schwulen.<br />

In einer Studie der Berliner Senatsverwaltung<br />

für Jugend aus<br />

dem Jahre 1999 gehen die dort<br />

berichteten Zahlen in eine ähnlich<br />

alarmierende Richtung. Fast<br />

zwei Drittel der weiblichen und<br />

44 % der männlichen Befragten<br />

haben schon einmal mit Alkohol,<br />

Drogen oder noch eklatanteren<br />

Strategien auf Probleme reagiert.<br />

Sechs von zehn Befragten<br />

haben schon einmal daran gedacht,<br />

ihrem Leben ein Ende zu<br />

setzen, die Mädchen bzw. Frauen<br />

etwas häufiger als die Jungen<br />

bzw. Männer. Fast jeder<br />

Fünfte der Befragten hatten bereits<br />

einen (oder mehrere) Suizidversuch(e)<br />

hinter sich. 40 % der<br />

Jungen wollten sich vor dem 16.<br />

Geburtstag das Leben nehmen.


Weit über die Hälfte (58 %) der<br />

weiblichen Befragten versuchten<br />

vor ihrem inneren Coming Out,<br />

ihrem Leben ein Ende zu setzen.<br />

Von Jugendlichen mit Suizidversuch(en)<br />

wurde Einsamkeit als<br />

Problem besonders häufig genannt,<br />

daneben hatten oder haben<br />

viele Befragte Probleme mit<br />

ihren Eltern und/oder konnten mit<br />

niemandem über ihre Gefühle<br />

sprechen.<br />

Auch in anderen Verhaltensweisen<br />

spiegelt sich die zusätzliche<br />

psychosoziale Belastung wider.<br />

Homosexuelle Jugendliche in den<br />

USA machen im Vergleich zu<br />

ihren heterosexuellen Altersgenossen<br />

wesentlich häufiger<br />

Gewalterfahrungen, nehmen<br />

früher und häufiger Drogen und<br />

schwänzen häufiger die Schule,<br />

da sie sich auf dem Weg dorthin<br />

oder in der Schule selbst nicht<br />

sicher fühlen. In einer deutschen<br />

Untersuchung von Schneider sind<br />

diese Tendenzen ebenfalls zu<br />

verzeichnen. In seiner Studie<br />

nannten Jugendliche weiterhin<br />

Depressionen, Einsamkeit, Angst<br />

und heterosexuelle Promiskuität<br />

als Folge der Entdeckung der<br />

eigenen Homosexualität.<br />

Was ist aus dem hier Aufgezeigten<br />

nun das Fazit,<br />

welche Empfehlungen können<br />

gegeben werden?<br />

In ihrem Überblick über verschiedene<br />

Coming-Out-Studien kommt<br />

die Entwicklungspsychologin<br />

Watzlawik zu dem Schluss: “Mit<br />

Einschränkungen ist anzuneh-<br />

men, dass das äußere Coming<br />

Out heute positiver verläuft als<br />

noch vor 13 Jahren. Alarmierend<br />

bleibt jedoch die (anfänglich)<br />

sehr negative Selbstwahrnehmung<br />

von einem Großteil der<br />

homo- und auch bisexuell orientierten<br />

Jugendlichen.” Dennoch<br />

sind hinsichtlich einer allzu pauschalen<br />

Betrachtung vielfache<br />

Differenzierungen nötig: nach<br />

wie vor ist anzunehmen, dass<br />

die Sozialisation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher auf dem<br />

Land anders und teilweise<br />

schwieriger verläuft, als in größeren<br />

Städten.<br />

Darüber hinaus bleibt abzuwarten,<br />

wie sich die gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen weiterentwickeln<br />

und Einfluss auf<br />

die Sozialisation junger Lesben<br />

und Schwuler nehmen wird. Ob<br />

es z.B. in naher Zukunft wieder<br />

eine konservative Gegenbewegung<br />

geben wird. Oder ob die<br />

Integrationsschwierigkeiten bei<br />

der größer werdenden Zahl von<br />

Migrantenkindern zu einem<br />

noch größeren Abgrenzungsbzw.<br />

Diskriminierungsverhalten<br />

führen wird.<br />

Womit wir bei einem anderen<br />

wichtigen Punkt zukünftiger Strategien<br />

sind: Sich intensiver damit<br />

auseinander zu setzen, wodurch<br />

Diskriminierungen in diesem Bereich<br />

zustande kommen. Angemessene<br />

Aufklärung und pädagogische<br />

Arbeit zur sexuellen<br />

Identitätsentwicklung sind daher<br />

angezeigt, um Unsicherheit<br />

durch Unwissen zu vermeiden,<br />

um übertriebene und zerstöreri-<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

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Situation<br />

Situation<br />

lesbischer<br />

lesbischer<br />

und<br />

und<br />

schwuler<br />

schwuler<br />

Jugendlicher<br />

Jugendlicher<br />

aus<br />

aus<br />

wissenschaftlicher<br />

wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Perspektive<br />

Kai<br />

Kai<br />

Seiler,<br />

Seiler,<br />

Dipl.-Psychologe<br />

Dipl.-Psychologe<br />

sche Abgrenzungsversuche im<br />

Identitätsentwicklungs-prozess<br />

junger Menschen zu vermeiden.<br />

Beraterinnen und Berater in städtischen<br />

und anderen Einrichtungen<br />

sollten im Rahmen von Fortbildungen<br />

weiter für die Relevanz<br />

des Themas sensibilisiert<br />

werden und Lösungskompetenz<br />

erwerben.<br />

Darüber hinaus benötigen wir<br />

mehr Wissen aus der Forschung.<br />

Das heißt auch, dass mehr staatliche<br />

Mittel als bisher dafür zur<br />

Verfügung gestellt werden müssen.<br />

Z.B. auch, um die Wirksamkeit<br />

von Interventionen wissenschaftlich<br />

zu überprüfen.<br />

Schwäche zu zeigen und anders<br />

als die Mehrheit zu sein,<br />

bieten die besten Angriffsflächen<br />

für Mobbing in der Schule<br />

und in anderen Bereichen. Es ist<br />

daher die Aufgabe von Familie,<br />

Jugendhilfe und Schule, die Jugendlichen<br />

in ihrem Selbstwert<br />

zu stärken und bei ihrer<br />

Identitätsentwicklung zu unterstützen.<br />

Das gilt sowohl für die<br />

heterosexuell orientierten Jugendlichen<br />

als auch für die homosexuell<br />

empfindenden. Denn ein in<br />

seiner sexuellen Identitätsbildung<br />

gefestigter Hetero wird Schwule,<br />

Bisexuelle oder Lesben mit anderen<br />

Augen sehen und nicht als<br />

Bedrohung oder Unsicherheitsfaktor<br />

wahrnehmen.<br />

Streckenweise stellen die aufgezeigten<br />

Punkte natürlich nur Allgemeinplätze.<br />

In den nachher<br />

stattfindenden <strong>Workshop</strong>s kann<br />

jedoch erschöpfender geklärt<br />

werden, wie konkrete Strategien<br />

und Hilfsangebote aussehen<br />

können und welche positiven<br />

oder negativen Erfahrungen<br />

gemacht wurden.<br />

Mir ist es darüber hinaus wichtig<br />

zu betonen, dass es bei aller<br />

Verallgemeinerung der dargestellten<br />

Befunde trotzdem darauf<br />

ankommt, immer den jeweiligen<br />

Einzelfall in seinen oder ihren<br />

spezifischen Zusammenhängen<br />

und Abhängigkeiten zu betrachten.<br />

Zum Schluss meines Vortrages<br />

darf ich mir einen Appell erlauben:<br />

Vor dem Hintergrund der<br />

hier nur kurz skizzierten Befunde<br />

kann und darf es nicht sein,<br />

dass schwule und lesbische Jugendliche<br />

sowohl in der Schule<br />

als auch in der Jugendhilfe so<br />

wenig Unterstützung erfahren.<br />

Daher möchte ich hier alle Anwesenden<br />

um eine gemeinsame<br />

Kraftanstrengung bitten, dieses<br />

Thema stärker in die eigene Arbeit<br />

zu integrieren. Und – wenn<br />

es um finanzielle Mittel geht, die<br />

Notwendigkeiten zu erkennen.<br />

In diesem Bereich gibt es – gerade<br />

in der so genannten Provinz<br />

– keine etablierte Struktur wie in<br />

anderen Jugendverbänden. Hier<br />

wird, meist nur ehrenamtlich, um<br />

jeden Cent gekämpft. Aber beispielsweise<br />

eine lesbisch-schwule<br />

Jugendgruppe zu fördern<br />

kann und darf im Jahre 2003<br />

keine Gesinnungsentscheidung<br />

mehr sein, sondern muss selbstverständlich<br />

sein!<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit<br />

und wünsche der Fachtagung<br />

einen guten Verlauf!<br />

Literatur: U. Biechele; M. Castells; C.<br />

DeMonteflores & S.J. Schultz; P. Gibson,<br />

G. Herdt; Jugendnetzwerk Lambda; M.<br />

Mayerle; R. Oerter & L. Montada; M.<br />

Schneider; K. Schupp; K. Seiler; S.<br />

Timmermanns; H.M. Trautner; M.<br />

Watzlawik; C. Winik. Die ausführliche<br />

Literaturangabe ist im Anhang abgedruckt.


Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

SITUATION LESBISCHER UND SCHWULER JUGENDLICHER<br />

AUS SICHT VON JUGENDLICHEN<br />

Nach den vorangegangenen,<br />

theoretischen Ausführungen werde<br />

ich Sie auf eine kurze Reise in<br />

das Leben von LesBiSchwulen<br />

Jugendlichen mitnehmen. Ich<br />

habe vier Beispiele von <strong>Wuppertal</strong>er<br />

Jugendlichen aus dem Bereich<br />

“Schule” und “Jugendhilfeeinrichtungen”<br />

konstruiert, um<br />

Ihnen ganz plastisch und konkret<br />

zu verdeutlichen, wie die Innenwelt<br />

von LesBiSchwulen Jugendlichen<br />

bzw. ihre Lebenssituation<br />

aussehen kann. Des Weiteren<br />

möchte ich Ihnen Möglichkeiten<br />

aufzeigen, welche förderlichen<br />

Rahmenbedingungen für das<br />

Coming Out von Jugendlichen<br />

geschaffen werden können.<br />

Allgemein ist zu sagen, dass sich<br />

während des Coming-Outs viele<br />

Fragen und Unsicherheiten in<br />

den Jugendlichen breit machen,<br />

zum Beispiel:<br />

� Wer bin ich?<br />

� Was will ich für mein Leben?<br />

� Wie wird mein Umfeld reagieren?<br />

� Werde ich mit meinen Wünschen<br />

ernst genommen?<br />

� Schmeißen mich meine Eltern<br />

’raus, wenn sie von meinem<br />

LesBiSchwul-Sein erfahren?<br />

� Bedeutet Andersein auch Alleinsein?<br />

� Bin ich die einzige Person auf<br />

dieser Welt mit meinen Gefühlen?<br />

Mein erstes Beispiel wird<br />

Stefan sein<br />

Er ist neunzehn Jahre alt und<br />

besucht die zwölfte Klasse eines<br />

Gymnasiums. Stefan fühlte sich<br />

schon immer ausschließlich zu<br />

Jungs hingezogen; besonders<br />

wenn ihn Lars aus seinem Fußballverein<br />

anlacht, bekommt<br />

Stefan ein Kribbeln im Bauch. Er<br />

ist überzeugt schwul zu sein.<br />

In seinem Elternhaus herrscht ein<br />

homophobes Klima: Lesben und<br />

Schwule sind nicht Thema, aber<br />

es ist klar, dass ihre Lebensweise<br />

nicht akzeptiert wird. Stefan war<br />

noch nie mit einer Frau zusammen,<br />

die Eltern und besonders<br />

die Oma sprechen ihn öfter darauf<br />

an und sie erwarten auch<br />

noch Enkelkinder. Stefan würde<br />

sich seiner Familie gerne anvertrauen,<br />

sie an seinen Gefühlen<br />

teilhaben lassen, aber er hat<br />

Angst, dass sie ihn nicht verstehen<br />

werden.<br />

In der Schule sind Sprüche wie<br />

“schwule Sau” an der Tagesordnung;<br />

Jungs haben hart im Nehmen<br />

und möglichst cool zu sein.<br />

Im Unterricht, zum Beispiel Biologie,<br />

sind LesBiSchwule Lebensweisen<br />

nur als Pendant zur “normalen”,<br />

heterosexuellen Lebensart<br />

Thema.<br />

Vortrag<br />

In Stefans Fußballverein klatschen<br />

sich die Jungs nach guten<br />

Spielaktionen, Toren oder zur<br />

Motivation auf den Po. Wie würden<br />

Stefans Mannschaftskameraden<br />

mit einem Outing Stefans<br />

umgehen? Hieße es dann immer<br />

“Mit dem Arschficker will ich<br />

nichts zu tun haben!”? Käme<br />

beim gemeinsamen Duschen<br />

nicht immer eine seltsame Stimmung<br />

auf? Klar, Stefan weiß,<br />

dass die Jungs ihn nicht interessieren.<br />

Aber dächten die Jungs<br />

nicht anders darüber?<br />

Aufgrund all dieser Faktoren ist<br />

der Neunzehnjährige ungeoutet.<br />

Er fühlt sich allein, ist sich unsicher,<br />

wie er sich verhalten soll. Er<br />

steht gleichzeitig unter einem<br />

hohen Erwartungsdruck, denn er<br />

will seine Eltern nicht enttäuschen.<br />

Wie könnte Stefans Geschichte<br />

weitergehen?<br />

Das SchLAu-Projekt <strong>Wuppertal</strong><br />

(Schwul-Lesbisches Aufklärungsprojekt<br />

<strong>Wuppertal</strong>) wird in den<br />

Schulunterricht eingeladen und<br />

gestaltet eine Doppelstunde.<br />

Stefan begegnet lebensfrohen<br />

Lesben und Schwulen in seinem<br />

Alter, die sich der homophoben<br />

Atmosphäre in seinem Kurs stellen.<br />

Die vorlauten Jungs aus seiner<br />

Stufe werden im Laufe der<br />

angestoßenen Diskussion immer<br />

kleinlauter, weil sie keine ver-<br />

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22<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

nünftigen Argumente haben wieso<br />

sie “Lesben und Schwule<br />

scheiße finden”.<br />

Über das SchLAu-Projekt findet<br />

Stefan zur B.J., der LesBi-Schwulen<br />

Jugendgruppe <strong>Wuppertal</strong><br />

e.V.. Er trifft Gleichgesinnte in<br />

entspannter Atmosphäre, erlebt<br />

lustige Gesprächsabende, gemeinsame<br />

Ausflüge und die gut<br />

besuchte Jugendgruppenparty.<br />

Bei letzterer ist seine Mithilfe an<br />

der Bar gefragt, schon nach kurzer<br />

Zeit fühlt sich der Neunzehnjährige<br />

in die Gruppe integriert.<br />

Mittwoch abends geht er neuerdings<br />

mit zum Stammtisch im<br />

Merlin’s auf der Hochstraße, den<br />

nächsten Sommerurlaub will er in<br />

Spanien auf einer Ferienfreizeit<br />

des LesBiSchwulen Jugendnetzwerks<br />

Lambda verbringen.<br />

Stefan überlegt, ob er einem<br />

schwulen Sportverein beitreten<br />

soll, um in einem entspannteren<br />

Umfeld Fußball spielen zu können.<br />

Kurz gesagt: Ihm tut es gut für<br />

eine Weile komplett in ein<br />

LesBiSchwules Umfeld einzutauchen<br />

und sich Unterstützung zu<br />

holen, bis er sich sicher genug<br />

fühlt nicht-LesBiSchwulen Menschen<br />

zu zeigen, wie er empfindet;<br />

bis er zu sich und seinen<br />

Empfindungen stehen kann. Das<br />

Thema “Eltern” ist für Stefan im-<br />

mer noch problematisch, aber er<br />

spricht viel mit seinen neuen<br />

Freunden darüber und ist überzeugt,<br />

dass er sein Coming Out<br />

schon packen wird.<br />

Als nächstes möchte ich<br />

Ihnen Lena vorstellen<br />

Sie ist sechzehn Jahre alt und<br />

geht in die zehnte Klasse einer<br />

Hauptschule. Ihre Familie ist katholisch,<br />

LesBiSchwule Menschen<br />

sind verpönt, gelten bei den Eltern<br />

als eklig und sündig. Lena<br />

ist ebenfalls gläubig und gleichzeitig<br />

davon überzeugt, dass<br />

Gott sie so liebt, wie er sie erschaffen<br />

hat. Die Kirche vermittelt<br />

ihr jedoch ein anderes Bild.<br />

Die Sechzehnjährige weiß nicht,<br />

woran sie glauben soll: an ihr<br />

Gefühl, oder an die Botschaft<br />

ihres Pfarrers?!<br />

Lena ist in ihre Deutschlehrerin<br />

verliebt. Sie fühlt sich allein mit<br />

diesen Gefühlen – weiß nicht mit<br />

wem sie darüber reden könnte –<br />

denn in ihrem Freundeskreis wird<br />

oft gefrotzelt über Lesben, nach<br />

dem Motto “Die haben noch<br />

nicht den richtigen Mann abbekommen!”.<br />

Die Mädels in Lenas Clique begrüßen<br />

sich immer mit ‚dreimaligem<br />

Küssen auf den Mund’,<br />

weil’s chic ist. Eigentlich empfindet<br />

Lena auch nichts Besonderes<br />

dabei, nur wenn sie Claudia auf<br />

diese Weise begrüßt, prickelt es<br />

immer in ihrem Bauch und ein<br />

heißer Stich durchfährt sie von<br />

oben bis unten.<br />

Die Gefühle des Teenagers fahren<br />

Achterbahn, Lena möchte sie<br />

gerne ausleben, Claudias Körper<br />

spüren… . Sie würde gerne<br />

mit jemandem Vertrautes über<br />

ihre Gefühle reden.<br />

Die Menge der beschriebenen<br />

Unsicherheitsfaktoren führt dazu,<br />

dass sich Lena nicht traut ihre<br />

Lebensvorstellung “öffentlich zu<br />

bekennen”.<br />

Was könnte passieren?<br />

Lena fährt mit dem Bus in die<br />

Innenstadt <strong>Wuppertal</strong>s und entdeckt<br />

dort die Telefonnummer<br />

vom Lesbentelefon “Lesbental”.<br />

Diese Nummer liegt drei Wochen<br />

in einem Buch auf ihrem<br />

Schreibtisch versteckt, dann endlich<br />

traut sie sich dort anzurufen.<br />

Die lesBischen Frauen am anderen<br />

Ende der Leitung zeigen viel<br />

Verständnis für Lenas Situation<br />

und plaudern aus dem<br />

Nähkästchen. Der erste Schritt ist<br />

gemacht. Die Sechzehnjährige<br />

bekommt die Adresse der<br />

LesBiSchwulen Jugendgruppe in<br />

<strong>Wuppertal</strong>; fasst sich irgendwann<br />

ein Herz und macht sich<br />

auf den Weg zum Gruppentreffen.<br />

(Ihren Eltern erzählt<br />

Lena, sie gehe mit Monika aus<br />

ihrer Klasse zum Schwimmen.)<br />

Zum Geburtstag bekommt die<br />

Hauptschülerin ihren eigenen<br />

Computer, seitdem ist sie oft im


Internet unterwegs. Lena hat die<br />

Homepage der HUK-Gruppe<br />

(“Homosexuelle und Kirche”)<br />

entdeckt und chattet in einem<br />

Lesbenforum mit Mädels aus<br />

<strong>Wuppertal</strong> und Umgebung. Die<br />

anonyme Internet-Umgebung<br />

bietet ihr genügend Schutz bei<br />

ihrer Suche nach Bekanntschaften.<br />

Lena hat sich bereits ein<br />

Userprofil angelegt und die erste<br />

Antwort auf ihre Kontaktanzeige<br />

erhalten. Mit dem “Krümelmonster”<br />

will sie sich nächste<br />

Woche in der Eisdiele treffen.<br />

Wie aufregend, da muss Lena<br />

sich noch dringend neue Klamotten<br />

kaufen… .<br />

Beispiel Nummer drei ist<br />

Tobi<br />

Der Siebzehnjährige hat seinen<br />

Realschulabschluss absolviert<br />

und gerade seine Ausbildung<br />

zum Fliesenleger begonnen. Er<br />

lebt in einer betreuten Wohngruppe,<br />

weil zu Hause einiges<br />

schief gelaufen ist und er mit<br />

seinen Eltern nicht mehr zusammenleben<br />

kann.<br />

Tobi ist bi, das heißt beide Geschlechter<br />

können Gefühle des<br />

Begehrens in ihm auslösen. Er<br />

empfindet sich dadurch als reich<br />

an Gefühlen, hat aber gleichzeitig<br />

das Gefühl, andere erwarte-<br />

ten eine Entscheidung für die<br />

Mädels von ihm. Diese Ambivalenz<br />

ist schwer auszuhalten, gerade<br />

weil all seine männlichen<br />

Freunde momentan eine Freundin<br />

haben, er zurzeit gerne mit einem<br />

Mann zusammen wäre.<br />

Tobi hat Angst von seinem Umfeld<br />

nicht ernst genommen zu<br />

werden, wenn er davon erzählen<br />

würde, deshalb ist er<br />

ungeoutet.<br />

Wie könnte Tobi unterstützt werden?<br />

In der betreuten Wohngemeinschaft<br />

liegen Informations-Broschüren<br />

aus. In denen entdeckt<br />

Tobi Ansprechpartner/innen für<br />

LesBiSchwule Fragen, unter anderem<br />

auch Adressen im Internet.<br />

Dort kann sich der Jugendliche<br />

informieren über Jugend- und<br />

andere Gruppen, LesBiSchwule<br />

Parties, Kneipen, Chatrooms,<br />

berühmte LesBi-Schwule Persönlichkeiten,<br />

mit denen er sich identifizieren<br />

kann, und so weiter. In<br />

der Wohngemeinschaft kann der<br />

Azubi auf einen gut über<br />

LesBiSchwules Leben informierten,<br />

erfahrenen und offenen Betreuer<br />

zugehen und mit ihm reden,<br />

wenn ihm danach ist.<br />

Beim nächsten Videoabend gukken<br />

alle Mitbewohner/innen gemeinsam<br />

einen Film mit LesBi-<br />

Schwuler Thematik; es wird ein<br />

Ausflug zum Christopher-Street-<br />

Day (CSD) nach Köln angeboten.<br />

Tobi ist sehr froh, dass LesBi-<br />

Schwules Leben selbstverständ-<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

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Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

lich in seiner Wohngruppe integriert<br />

ist. Wenn er mal einen<br />

Freund hat, wird er ihn auf jeden<br />

Fall gerne vorstellen und mit<br />

nach Hause bringen.<br />

Abschließend werde ich<br />

Ihnen von Maike berichten<br />

Sie arbeitet als Helferin bei einer<br />

Kinderärztin, ist zweiundzwanzig<br />

Jahre jung und lebt in ihrer<br />

eigenen Wohnung. Maike ist<br />

lesbisch. Bevor sie dies feststellte,<br />

war sie mit verschiedenen Jungs<br />

zusammen, die sie sehr gern<br />

hatte. Aber irgendwie hat ihr<br />

immer ein bestimmtes Gefühl<br />

gefehlt: Die Leidenschaft für ihre<br />

Partner war nie so vorhanden,<br />

wie sie es aus Erzählungen ihrer<br />

Freundinnen kannte. Vor allem<br />

der Sex war zwar schön, aber<br />

nicht so erfüllend, wie sie es sich<br />

gewünscht hätte.<br />

Durch Zufall hat Maike im Urlaub<br />

eine Frau geküsst und dabei<br />

ist der Funke übergesprungen.<br />

Sie war total verliebt und<br />

fieberte jedem Mal, dass sie sich<br />

trafen entgegen. Dieses Gefühl<br />

war neu für sie, denn vorher war<br />

es ihr recht egal, wann sie ihren<br />

Freund wiedersehen würde.<br />

In ihrem privaten Umfeld hat sich<br />

Maike geoutet, sie geht jeden<br />

dritten Samstag im Monat zum<br />

Frauenschwoof in die Börse.<br />

Aber sie lebt in Sorge, weil sie<br />

am Rande <strong>Wuppertal</strong>s wohnt<br />

und in ihrer Gegend der “Buschfunk”<br />

grassiert. Die junge Arzthelferin<br />

hat Angst, dass die Patienten/innen<br />

der Praxis Maikes<br />

Lebensweise nicht akzeptieren,<br />

ihre Kinder nicht mehr in Maikes<br />

Hände geben möchten, wenn<br />

sie von ihrem Lesbischsein erfahren.<br />

Vielleicht werden sie in Zukunft<br />

der Praxis sogar komplett<br />

fern bleiben. Das wäre doch<br />

sicherlich ein Kündigungsgrund<br />

für Maikes Chefin… .<br />

Genervt ist die Zweiundzwanzigjährige,<br />

weil sie oft gefragt<br />

wird, wann sie ES gemerkt<br />

habe. Und vor allem wie. Und<br />

warum sie eigentlich lesbisch sei,<br />

sie hätte das doch nicht nötig<br />

(“so hübsch wie sie aussehe”,<br />

und “bei DEN schönen, langen<br />

Haaren”). Bei solchen Fragen<br />

und Sprüchen merkt Maike immer<br />

wieder aufs Neue, dass<br />

LesBiSchwul zu sein gesellschaftlich<br />

nicht als “normal” angesehen<br />

wird. Besonders ätzend ist<br />

die Aussage von prolligen Jungs<br />

oder -scheinbar um ihre Gesundheit<br />

besorgten Verwandten, sie<br />

“habe noch nicht den richtigen<br />

Mann abbekommen”. Maike<br />

weiß in solchen Situationen oft<br />

nicht was sie auf solche Aussagen<br />

antworten soll.<br />

Und nun?<br />

Maike besucht das Jugendzentrum<br />

ihres Stadtteils, weil sie an<br />

einem Freizeitangebot teilnehmen<br />

möchte. In einer unbeobachteten<br />

Ecke des Vorraums entdeckt<br />

sie einen Tisch mit Flyern<br />

und Informationsbroschüren. Sie<br />

stöbert in diesen herum, in der<br />

Hoffnung etwas mit LesBi-Schwuler<br />

Thematik zu finden. Und da<br />

ist sie: eine Broschüre für Lesben,<br />

in der Tipps und Tricks stehen,<br />

wie frau in jenen Situationen<br />

reagieren könnte, wie sie Maike<br />

so nerven. Das Heft packt Maike<br />

gleich ein. Zu Hause wird sie in<br />

Ruhe darin lesen… .<br />

<strong>Hilfe</strong> und Unterstützung für<br />

lesbische und schwule Jugendliche<br />

Unsere Reise in das Leben von<br />

LesBiSchwulen Jugendlichen<br />

möchte ich nun abschließen und<br />

noch einmal kurz zusammenfassen,<br />

wie Sie diesen Jugendlichen<br />

– vor allem in der Zeit ihres<br />

Coming Outs – hilfreich zur Seite<br />

stehen können.


Es ist hoffentlich deutlich geworden,<br />

dass Jugendliche in ihrem<br />

Coming Out unterstützt werden<br />

können und sich dies generell<br />

auch ausdrücklich wünschen.<br />

Hilfreich ist es der allgegenwärtigen<br />

Heteronormativität in unserer<br />

Gesellschaft entgegen zu wirken<br />

indem Sie alternative, vielfältige,<br />

LesBiSchwule Lebensweisen sichtbar<br />

machen. Sie können Jugendlichen<br />

in ihrem Coming Out unter<br />

die Arme greifen, indem Sie für<br />

Transparenz sorgen, jenseits von<br />

Klischeevorstellungen wie schwulen<br />

Frisören in Talkshows und<br />

LesBiSchwulen Skandalen in<br />

Fernseh-Soaps.<br />

Wie könnten Sie dies konkret<br />

umsetzen?<br />

Zum Beispiel, indem Sie ein<br />

Mädchen im persönlichen Gespräch<br />

nicht ausschließlich fragen,<br />

ob sie einen Freund habe,<br />

sondern die Möglichkeit in einer<br />

Beziehung mit einer Frau zu<br />

stehen mitdenken und transportieren.<br />

Indem Sie zum Beispiel<br />

die offene Frage stellen, ob sie<br />

in einer Beziehung lebe. Indem<br />

Sie die Frage nach Kinderwünschen<br />

offener gestalten, das<br />

Thema ‚Heirat’ nicht ausschließlich<br />

vor heterosexuellem Hintergrund<br />

besprechen. Kurz gesagt:<br />

indem sie Heteronormativität aus<br />

ihrer Sprache verbannen.<br />

Eine weitere Offerte ist in Ihrer<br />

“Broschürenecke” solche mit<br />

LesBiSchwuler Thematik zu integrieren,<br />

neben anderen auch<br />

LesBiSchwule Plakate an die<br />

Wand zu bringen.<br />

Sie können Jugendliche in ihrem<br />

Coming Out unterstützen, in dem<br />

Sie Ihre Augen und Ohren offen<br />

halten, homophobes Klima wahrnehmen<br />

und dieses offen<br />

thematisieren, Vorurteile nicht<br />

durch Ignoranz stärken, sondern<br />

ebensolche in Frage stellen.<br />

Schließlich ein ganz entscheidender<br />

Punkt:<br />

Ich würde mir wünschen, dass<br />

jede und jeder einzelne von<br />

Ihnen ihren/seinen Beitrag leistet<br />

und die Vernetzung zwischen<br />

den verschiedenen Anlaufstellen<br />

für Jugendliche auch – oder gerade<br />

– im LesBiSchwulen Bereich<br />

fördert und ausbaut, dass sie<br />

gemeinsam jene Anlaufstellen in<br />

Ihre eigene Arbeit einbinden.<br />

Stellen Sie sich vor, Sie haben<br />

sich nach wochenlangem – vielleicht<br />

auch erst nach monatelangem<br />

– Zögern endlich dazu<br />

durchgerungen bei einer Beratungsstelle<br />

für Jugendliche vorstellig<br />

zu werden und die scheinbar<br />

kompetente Person, von der<br />

Sie sich Unterstützung erhoffen,<br />

hat keinerlei Ahnung, wie sie<br />

Ihnen weiterhelfen könnte… .<br />

Solche Situationen sind leider<br />

heute immer noch keine Seltenheit.<br />

Das Ineinandergreifen und<br />

Kooperieren von Institutionen für<br />

Jugendliche ist auch – oder gerade<br />

– im LesBi-Schwulen Bereich<br />

absolut notwendig und leider<br />

noch zutiefst ausbaufähig.<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher aus<br />

Sicht von Jugendlichen<br />

Katja Fuchte, SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

Sie können sicher sein, dass die<br />

Jugendlichen Ihnen Ihr Engagement<br />

danken werden, indem sie<br />

die schönen Seiten des LesBi-<br />

Schwulen Lebens genießen… .<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

Hier einige Links zum Thema:<br />

B.J. LesBiSchwule Jugendgruppe<br />

<strong>Wuppertal</strong> e.V.: www.bj-wuppertal.de<br />

SchLAu NRW: www.schlau-nrw.de<br />

LesBiSchwules Jugendnetzwerk Lambda:<br />

www.lambda-online.de<br />

Lesbental – das Lesbentelefon <strong>Wuppertal</strong>:<br />

www.lesbental.de<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

Deutschland: www.lsvd.de<br />

Homosexuelle und Kirche: www.huk.org<br />

25


26<br />

<strong>Workshop</strong><br />

Uwe Schönemann, Ev. Verein für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe<br />

LESBISCHE UND SCHWULE JUGENDLICHE IN DER JUGENDHILFE<br />

In dem <strong>Workshop</strong> lag ein<br />

Schwerpunkt darauf, die Haltung<br />

der Teilnehmer/innen gegenüber<br />

Sexualität deutlich zu<br />

machen. Dafür wurden verschiedene<br />

Begriffe der Sexualität in 3<br />

Kategorien eingeteilt (1. Das<br />

mag ich; 2. Das kann ich bei<br />

anderen akzeptieren; 3. Mag<br />

ich weder für mich noch für andere).<br />

Die meisten Begriffe konnten<br />

ohne große Diskussionen eingeteilt<br />

werden. Jedoch gab es<br />

auch Begriffe wie „Alt liebt<br />

jung“, „Angst“, „Hure“, „Stricher“,<br />

„Macht“ bei denen die<br />

Einteilung nicht so einfach war.<br />

Diese Begriffe wurden dann auf<br />

die Linie der Kategorie 2 und 3<br />

gelegt.<br />

Die Teilnehmer/innen entschlossen<br />

sich dazu, dass diese Begriffe<br />

mit ihrem Hintergrund betrachtet<br />

werden müssen. So gehören<br />

die „Hure“ oder der „Stricher“,<br />

die freiwillig anschaffen gehen<br />

zur Kategorie 2, werden sie jedoch<br />

dazu gezwungen ist dies<br />

auf jeden Fall Kategorie 3.. Die<br />

Auswertung dieser Einteilung<br />

ergab eine hohe Toleranzgrenze<br />

unter den Teilnehmern/innen.<br />

Eine weiter Feststellung des<br />

<strong>Workshop</strong>s war, dass Sexualität<br />

in der Jugendhilfe nicht explizit<br />

als Thema von Jugendlichen benannt<br />

wird. Jugendliche kommen<br />

meist mit anderen Themen in die<br />

Jugendhilfe auf denen der<br />

Schwerpunkt der Arbeit liegt.<br />

Den Teilnehmern/innen war es<br />

wichtig, ihren Blick darauf zu<br />

legen, worum es den Jugendlichen<br />

wirklich geht. Da hinter<br />

einigen Problemen der Jugendlichen<br />

auch die Entdeckung ihrer<br />

eigenen Homosexualität stecken<br />

kann. Alle Teilnehmer/innen waren<br />

sich darüber einig, das Jugendliche<br />

genau abschätzen,<br />

bei wem sie sich outen können,<br />

wenn sie soweit sind.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es<br />

wichtig, in der Jugendhilfe ein<br />

Setting des „Erlaubten“ zu schaffen.<br />

Damit ist auch die eigene<br />

Sensibilisierung gemeint, auch<br />

im Hinblick auf Sprache. So<br />

könnte man z.B. einen männlichen<br />

Jugendlichen fragen, ob er<br />

schon eine Freundin oder einen<br />

Freund hat.<br />

Das Fazit aus diesem <strong>Workshop</strong><br />

ist, dass die Jugendhilfe eine<br />

authentische Atmosphäre schaffen<br />

muss, die es den Jugendlichen<br />

ermöglicht, sich zu outen.


Andreas Müller, profamilia Mettmann<br />

DISKRIMINIERUNG VON SCHWULEN JUNGEN IN GRUPPEN<br />

Zunächst die Frage, ob man als<br />

Leiter einer Gruppenveranstaltung<br />

seine eigene sexuelle<br />

Orientierung mitteilen sollte.<br />

Das Gesprächsklima wird sich<br />

verändern, je nachdem, ob man<br />

der Gruppe offen schwul, explizit<br />

heterosexuell oder neutral<br />

gegenübertritt. Der Entscheidung<br />

sollte die Überlegung vorangehen,<br />

was einem welche Position<br />

in der speziellen Situation bringt.<br />

Weitere Einflussfaktoren, die bei<br />

Veranstaltung zu berücksichtigen<br />

sind, wären die Gruppenzusammensetzung,<br />

ob gemischtgeschlechtlich,<br />

Jungen, Schwule<br />

oder Migranten/innen. Ein anderer<br />

Faktor ist die Institution (Schule,<br />

Jugendzentrum, eigene Einrichtung,<br />

Wohnheim), der eigene<br />

Anstellungsträger, die zur Verfügung<br />

stehende Zeit. Aber auch<br />

das Setzen von Grenzen, für sich<br />

und die Gruppe, ist ein wichtiger<br />

Punkt.<br />

Nach einem “Outen” des Pädagogen<br />

als schwul besteht die<br />

Gefahr einer Pseudotoleranz,<br />

wodurch Türen zugeschlagen<br />

werden. Andererseits könnte ein<br />

nicht offen schwuler Gruppenleiter<br />

für potentiell schwule<br />

Gruppenteilnehmer, die sich ihrer<br />

Rolle noch ungewiss sind, problematisch<br />

sein. Es besteht aber<br />

auch die Gefahr, dass ein<br />

selbstbewusster, offen schwuler<br />

Mann die noch unsicheren Jungen<br />

mitten im Selbstfindungsprozess<br />

frustrieren könnte.<br />

Als Umgang mit dem Problem<br />

wurde empfohlen, zu betonen,<br />

dass man nur ein Beispiel unter<br />

vielen anderen ist. Außerdem<br />

sollte man den entsprechenden<br />

Jungen eine Telefonnummer<br />

und/oder Anlaufstelle nennen,<br />

wo in diskretem Rahmen außerhalb<br />

der Gruppensituation Gespräche<br />

möglich sind. Viele<br />

niederschwellige Angebote sind<br />

nötig, um möglichst viele schwule<br />

Jungen zu erreichen. Man muss<br />

aber auch akzeptieren, dass es<br />

Jungen gibt, die man nicht erreichen<br />

wird, selbst wenn man<br />

meint, Beratung täte ihnen gut.<br />

Die System-Voraussetzung “Institution<br />

Jugendzentrum” ist der<br />

schwierigste Rahmen für Veranstaltungen.<br />

Man weiß nie, ob<br />

tatsächlich Teilnehmer kommen<br />

werden und wenn ja, wie viele.<br />

In der Institution “Schule” ist zu<br />

berücksichtigen, dass es sich um<br />

Zwangsgemeinschaften handelt,<br />

die oft von großen gruppendynamischen<br />

Problemen belastet<br />

sind – gerade in Hauptschulen,<br />

wo es ständig neue Schüler aufzufangen<br />

und zu integrieren gilt.<br />

Es wird empfohlen, solche Probleme<br />

in die Einheit zu integrieren<br />

und dann z.B. das Thema<br />

“Außenseiter” abzuhandeln. Die<br />

eigene Einrichtung bietet bei<br />

entsprechenden räumlichen Voraussetzungen<br />

oft den günstigsten<br />

Rahmen.<br />

Durch die Vorgabe verschiedener<br />

zeitlicher Rahmen werden<br />

unterschiedliche Erfahrungen<br />

und Intensitäten möglich. Man<br />

<strong>Workshop</strong><br />

27


28<br />

Diskriminierung von<br />

schwulen Jungen<br />

in Gruppen<br />

Andreas Müller, profamilia<br />

Diskriminierung von<br />

schwulen Jungen<br />

in Gruppen<br />

Andreas Müller, profamilia<br />

sollte überlegen, ob es sinnvoll<br />

ist, sich auf eine Veranstaltung<br />

von nur einer Stunde einzulassen,<br />

da es kaum möglich sein<br />

wird, so schnell das nötige Vertrauensverhältnis<br />

herzustellen,<br />

um sinnvoll arbeiten zu können.<br />

Wichtig ist es, Grenzen zu setzen<br />

und den nötigen Schutz zu<br />

geben – für sich und die Gruppe.<br />

Jeder hat das Recht, zu bestimmten<br />

Themen nichts zu sagen.<br />

Viele Schüler denken beim Thema<br />

“Homosexualität” das Thema<br />

“Sexueller Missbrauch” mit. Das<br />

sollte dem Pädagogen bewusst<br />

sein. Hier gilt es, deutlich zu machen,<br />

dass diese Themen nicht<br />

miteinander zusammenhängen,<br />

sondern dass es – unabhängig<br />

von der sexuellen Orientierung –<br />

Missbrauch im homo- wie im<br />

heterosexuellen Bereich gibt.<br />

Zu Beginn einer Einheit kann das<br />

Spiel “Prominentenraten”<br />

hilfreich sein.<br />

Jedem Teilnehmer wird ein Zettel<br />

mit dem Namen eines/einer Prominenten<br />

auf den Rücken geklebt.<br />

Nun gilt es, herumzugehen<br />

und bei den anderen Informationen<br />

über diese Person zu<br />

sammeln, um sie letztendlich zu<br />

erraten. Die Befragten dürfen<br />

nur mit “Ja” oder “Nein” antworten.<br />

Anschließend können diese erratenen<br />

Personen in Person der<br />

Zettelträger zu ihren Einstellungen<br />

zum gewählten Thema, z.B.<br />

Sexualität, Homosexualität …<br />

befragt werden.<br />

Durch dieses Spiel kommt die<br />

Gruppe in Bewegung und miteinander<br />

ins Gespräch. Es können<br />

Prominente ausgewählt werden,<br />

die sich als homo- oder<br />

bisexuell positioniert haben, es<br />

können aber auch einfach Idole<br />

der Jugendlichen ausgesucht<br />

werden. Durch die anschließende<br />

Befragung kommen die Teilnehmer<br />

ins Gespräch über die<br />

Themen der Einheit, Normen<br />

usw. und können durch Zuschreibungen<br />

und Assoziationen<br />

mutig und frei reden. Kennt sich<br />

ein Teilnehmer mit den Stars nicht<br />

aus und erntet Spott, kann man<br />

anhand dieser Situation die Themen<br />

“Außenseiter”, “mit dem<br />

Strom schwimmen” oder “sich<br />

und eigene, vom Strom abweichende<br />

Interessen ernst nehmen”<br />

besprechen.<br />

Ein anderes Spiel ist das Kartenspiel<br />

“Homosexualität”.<br />

Ein Satz an Fragekarten zum<br />

Thema wird vorbereitet mit den<br />

Kategorien “Anfangsfragen”,<br />

“spezielle Fragen” und<br />

“Abschlussfragen”.<br />

Ein Teilnehmer erhält eine Frage,<br />

sucht sich den zu Befragende<br />

aus und liest dann die Frage. Er<br />

darf als erster antworten, muss<br />

aber nicht antworten. Anschließend<br />

geht die Frage an den<br />

Rest der Gruppe. Der Befragte<br />

stellt nach den gleichen Regeln<br />

wie zuvor die nächste Frage an<br />

einen nächsten Teilnehmer.<br />

Fragen zum Thema “Homosexualität”<br />

können folgendermaßen<br />

aussehen:<br />

�“Warum<br />

ist es in unserer Gesellschaft<br />

eher akzeptiert, wenn sich<br />

zwei Frauen umarmen als zwei<br />

Männer?”<br />

�“Wenn<br />

dein bester Freund sagt,<br />

er ist schwul: Wie würdest du<br />

reagieren? (Analog: Beste Freundin<br />

– lesbisch)”<br />

�“Wie<br />

viel Nähe lässt du als Jungen<br />

von einem Jungen/als Mädchen<br />

von einem Mädchen zu<br />

(bzw. Frau – Frau/Mann –<br />

Mann)?”<br />

�“Wenn<br />

Jungen gemeinsam<br />

onanieren: Sind sie dann<br />

schwul?”<br />

�“Kennst<br />

du Schwule oder Lesben?<br />

Wenn ja: Wie findest du<br />

sie?”<br />

�“Warum<br />

werden auch heute<br />

noch Schwule und Lesben unterdrückt?”<br />

Wichtig ist es, auch ein “Ihh”<br />

o.ä. gelten zu lassen. Nur so<br />

lässt sich weitestgehende Offenheit<br />

erreichen, die weiter führt<br />

als “erwünschte” Pseudotoleranz.<br />

Allerdings empfiehlt es<br />

sich, manche Äußerungen nicht<br />

unkommentiert stehen zu lassen.<br />

Auch kann es nötig werden,<br />

Informationen einzubringen, wie<br />

<strong>Workshop</strong>


z.B. die, dass Jugendliche in der<br />

Regel bis zum 18. Lebensjahr<br />

noch nicht endgültig sexuell festgelegt<br />

sind, und dass gemeinsames<br />

Onanieren nicht nach sich<br />

ziehen muss, dass man schul ist/<br />

wird.<br />

Zum körperlichen Umgang miteinander<br />

sollte herausgearbeitet<br />

werden, dass es sich dabei um<br />

ein kulturelles Produkt handelt,<br />

sprich die Gebräuche und das,<br />

was einem “normal” und “unnormal”<br />

erscheint, von Land zu<br />

Land unterschiedlich sind.<br />

Weitere Themen, die angesprochen<br />

werden könnten, sind: Pornographie,<br />

Selbstbefriedigung<br />

und Missbrauch. Die Themenwahl<br />

erfolgt teilweise so, dass<br />

ein Thema die Gruppe und das<br />

andere der Moderator wählt.<br />

Während sich Pornographie und<br />

Selbstbefriedigung großer Beliebtheit<br />

erfreuen, werden Missbrauch<br />

und Homosexualität in<br />

heterosexuellen oder gemischten<br />

Jungengruppen in der Regel nie<br />

gewählt.<br />

Das letzte Beispiel ist das<br />

“Außenseiterspiel”<br />

Es ist angesetzt für vier Zeitstunden.<br />

In einer 3-tägigen Reihe<br />

wäre es gut am 2. Tag zu<br />

platzieren.<br />

Zwei Personen, möglichst die<br />

stärksten, gehen vor die Tür. Der<br />

Rest teilt sich in 3 Gruppen auf,<br />

die alle die Aufgabe bekommen,<br />

die Person, die allein von<br />

draußen hineinkommt, auszugrenzen,<br />

auf Ansprache zu<br />

schweigen, zu pöbeln oder gar<br />

angedeutet zu schlagen. Zunächst<br />

wird der erste der beiden<br />

Wartenden hineingeholt und soll<br />

versuchen, in eine der 3 Gruppen<br />

hineinzukommen – was natürlich<br />

nicht klappt, wenn die<br />

Gruppen ihrer Anweisung folgen.<br />

Dem 2. Teilnehmer geht es<br />

später genauso.<br />

Anschließend wird aufgearbeitet,<br />

wie es den Außenseitern<br />

ging, später auch, wie den<br />

Gruppenmitgliedern.<br />

Nach dem folgenden Gespräch<br />

darüber, wie schnell man zum<br />

Außenseiter werden kann, weil<br />

man z.B. nicht die Kleidung<br />

trägt, die “in” ist, oder schwul ist<br />

oder Ausländer, wird besprochen,<br />

wer in der Gruppe Außenseiter<br />

ist und wie schlimm es für<br />

ihn sein muss, das nicht nur 5<br />

Minuten sondern über lange Zeit<br />

zu ertragen. Auf diese Art und<br />

Weise kann versucht werden, für<br />

die Zwangsgemeinschaft Schulklasse<br />

zumindest ein Minimum<br />

an Toleranz heraus zu arbeiten.<br />

Diskriminierung von<br />

schwulen Jungen<br />

in Gruppen<br />

Andreas Müller, profamilia<br />

29


30<br />

<strong>Workshop</strong><br />

Dörthe Landgraf, Beratungsstelle Na Sowas &<br />

Thomas Rattay, Jugendnetzwerk Lambda<br />

LESBISCHE UND SCHWULE JUGENDLICHE –<br />

DAS UNBEKANNTE WESEN<br />

dass jede/r Vor-Urteile hat und<br />

sie anwendet, insbesondere bei<br />

Selbst – Reflexionen<br />

denjenigen, die man nicht kennt. Wer zum Thema “Sexueller Ori-<br />

Vor-Urteile beeinflussen auch die entierungen” arbeitet, muss auf<br />

professionelle Begegnung mit eine Vielzahl emotionaler Reak-<br />

Vor-Urteile & Reality-Check den Jugendlichen.<br />

tionen gefasst sein. Hinter dem<br />

oberflächlichen schönen Lack<br />

Inhalt des <strong>Workshop</strong>s soll es sein, In einem zweiten Schritt des Ken- von Toleranz lauern Ablehnung,<br />

Beschäftigten in der Jugendarnen lernens wurden zwei ver- Aggression bis zu offener (verbeit,<br />

(Schule, Jugendzentrum schiedene Formen des<br />

baler) Gewalt. Das Bild der<br />

etc.) Methoden an die Hand zu Soziogrammes benutzt. Zuerst Lackschicht, von Stefan<br />

geben, wie sie in der Arbeit mit ordneten sich alle Teilnehmen- Timmermanns in seinem Ein-<br />

Jugendlichen die Aspekte der den auf einer imaginären Skala stiegsreferat gewählt, wurde von<br />

sexuellen Orientierungen einbrin- von 0 bis 100 % zu unterschied- den Referenten/innen übernomgen<br />

können.<br />

lichen Fragestellungen ein, u.a. men, da es mit ihren Erfahrun-<br />

“Ich habe in meiner Arbeit zu ... gen übereinstimmt.<br />

Arbeitsthese der Referenten/ Prozent mit Jugendlichen zu<br />

innen ist, dass die Pädagogin tun”. Dann saßen alle Teilneh- Da viel Reden zum Thema eine<br />

das wichtigste Arbeitsmedium in menden in einem Stuhlkreis. Es Form der Vermeidung sein kann,<br />

der Arbeit mit den Jugendlichen trafen sich die in die Mitte des wählten die Referentinnen<br />

ist. Sie wählten ohne große wei- Stuhlkreises, die unterschiedliche theaterpädagogische Elemente<br />

tere Beschreibung den Einstieg: Fragen mit “Ja” beantworten für die Selbst-Reflexionen der<br />

“Du siehst aus, als ob Du ...” konnten und wollten. Die Fragen Teilnehmenden. Es wurde darauf<br />

An einer Präsentationswand hän- wurden sowohl von den Referen- hingewiesen, dass keine die<br />

gen ca. 25 Karten mit möglichen ten/innen als auch von den Teil- Übungen machen muss und<br />

Fortsetzungen des oben genannnehmenden gestellt:<br />

dass jede/r entscheidet, wie weit<br />

ten Satzes:<br />

� “ Wer lebt mit Kindern zusam- jede Person mitmacht.<br />

� 3 Kinder hast.<br />

men?”<br />

� gerne früh aufstehst.<br />

� “Wer hat Lesben/Schwule in Als Warming-up wurde eine Ver-<br />

� nie Angst hast.<br />

seiner Verwandtschaft?”<br />

bindung aus Bewegung und<br />

� gern Urlaub in Italien machst. � “Wer konnte mit seinen Eltern Ausdruck ausgewählt, wobei<br />

offen über Sexualität reden?” alle Teilnehmenden durch den<br />

Jeweils eine Person suchte sich<br />

Raum gehen und dabei unter-<br />

eine Karte aus und gab sie einer Die Methode “Soziogramm” schiedliche, von den Referenten/<br />

anderen Person von der ange- kann den Teilnehmenden die innen genannte Gefühle oder<br />

nommen wurde, dass die jeweili- Vielfalt der unterschiedlichen Situationen zum Ausdruck bringe<br />

Zuschreibung passt. Die Per- Persönlichkeiten bewusst machen gen.son,<br />

die die Karte bekommen und je nach Fragestellung, den � “Ihr seid gestresst.”<br />

hatte, war nun an der Reihe, bis sich verändernden eigenen � “Ihr freut euch.”<br />

alle eine Karte erhalten hatten. Platz. In der Gruppe wurden � “Ihr seid wütend.”<br />

Es folgte eine kurze Vorstellungs- von den Teilnehmenden auch �<br />

“Ihr sagt Ja/Nein.” (erst spüren,<br />

runde aller Teilnehmer/innen mit persönliche Fragen u.a. zur se- dann einen Ausdruck für sich<br />

der Möglichkeit die zugeordnete xuellen Orientierung der Anwe- selbst und dann einem Gegen-<br />

Karte zu kommentieren. Diese<br />

Methode sollte klar machen,<br />

senden gestellt.<br />

über)


Diese Übungen wurden in einem<br />

sich anschließenden Auswertungsgespräch<br />

als herausfordernd<br />

und teilweise konfrontativ<br />

beschrieben. Sie ermöglichten<br />

Einsichten zum “Ja” und “Nein”<br />

Sagen und brachten Erkenntnisse<br />

über Erwartungen, die einzelne<br />

hatten, in die Begegnung mit<br />

den anderen Teilnehmenden.<br />

Zum Einstieg in die Übung<br />

“Standbild” sollten sich alle Teilnehmenden<br />

an Situationen aus<br />

dem Arbeitsbereich zu den Themen<br />

“Ablehnung/<br />

Ausgrenzung”, “Diskriminierung”<br />

und/oder “lesbisch/schwul sein”<br />

erinnern. Danach wurde ein<br />

Standbild mit dem Titel “Angst<br />

vor Homosexualität” entwickelt.<br />

Eine Person beginnt und positioniert<br />

sich in der Mitte des Kreises<br />

und drei weitere Personen positionieren<br />

sich nacheinander<br />

spontan dazu. Im nächsten<br />

Schritt schauen sich die anderen<br />

das Standbild genau an und<br />

sagen jeweils ein Wort, was ihnen<br />

spontan dazu einfällt (das<br />

Standbild wird noch nicht aufgelöst).<br />

Diese Wörter wurden einzeln<br />

auf großen Karten notiert.<br />

Dann bittet die Referentin die 4<br />

Personen des Standbildes einen<br />

Satz aus ihrer jeweiligen Rolle<br />

heraus zu sagen, wenn sie angetippt<br />

wird. Dies tut sie mehrmals<br />

hintereinander und in unterschiedlicher<br />

Reihenfolge. So dass<br />

die gesagten Sätze eine zusätzliche<br />

Wirkung, neben dem Standbild<br />

an sich, erzeugen. Nun<br />

wird das Bild aufgelöst, die daran<br />

beteiligten Personen schütteln<br />

ihre Rolle ab und werden aus<br />

den Rollen entlassen. Danach<br />

werden die während des Standbildes<br />

vom Referenten notierten<br />

Wortkarten in die Mitte des Kreises<br />

gelegt (“Haß”, “Verzweifelung”.<br />

“Ohnmacht”, “lieber Sterben”,<br />

“Stolz”, “Demut”, etc.).<br />

Bereits während der Begriffssammlung<br />

und besonders als die<br />

einzelnen Personen des Standbildes<br />

“ihre” Sätze sagten, entstand<br />

eine “gedrückte” Stimmung<br />

in der Gruppe.<br />

In einem reflektierenden Gespräch<br />

wurde deutlich, wie sehr<br />

das Standbild und die genannten<br />

Worte als erste Eindrücke die<br />

Vielfalt der Gefühle widerspiegelt,<br />

die oft nicht angenehm<br />

sind. Es zeigt die Brisanz, die im<br />

Thema liegt, die sich jeder und<br />

jede stellen muss, die mit dem<br />

Thema “Sexuelle Orientierungen”<br />

arbeitet. Eine Teilnehmende<br />

bestätigt die Relevanz dieser<br />

Gefühle für die Jugendlichen<br />

und dass es für sie Lebensthemen<br />

sind, auch unabhängig<br />

vom Thema der “sexuellen Orientierung”.<br />

Lesbische und schwule<br />

Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Dörthe Landgraf, Na Sowas &<br />

Thomas Rattay, Lambda<br />

Es wurde von den Teilnehmer/<br />

innen diskutiert, ob die Methode<br />

bei “ihren” Jugendlichen sinnvoll<br />

angewendet werden kann, bzw.<br />

die Sorge kam auf, mit den aufkommenden<br />

Emotionen nicht<br />

adäquat umgehen zu können.<br />

Die Referenten/innen bestätigen,<br />

dass diese Methode gut angeleitet<br />

sein muss, ermutigten aber,<br />

diese auszuprobieren und dass<br />

sie auch für andere Themen (Sexualität<br />

etc.) gut geeignet ist.<br />

Medien und Methoden –<br />

It‘s Playtime<br />

“Der große Preis der sexuellen<br />

Orientierungen”<br />

Nach der Mittagspause und<br />

dem leckeren Mittagessen ging<br />

es leichter weiter. Es wurde gespielt:<br />

“Der große Preis der sexuellen<br />

Orientierungen”, eine abgewandelte<br />

Version der Quiz-<br />

Show “Der große Preis”: Es gibt<br />

6 Blocks mit jeweils 5 Aufgaben<br />

für 20, 40, 60, 80 und 100<br />

Punkte. Die Schwierigkeit ist gestaffelt<br />

nach Punkten. Für einfache<br />

Fragen gibt es weniger<br />

Punkte.<br />

Beispiele:<br />

�Was<br />

bedeutet die Doppelaxt?<br />

�Erzähle<br />

einen Schwulen/Lesbenwitz.<br />

�Nenne<br />

3 gleiche und 3 unterschiedliche<br />

Probleme in hetero/<br />

und homosexuellen Liebesbezie-<br />

31


32<br />

Lesbische und schwule<br />

Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Dörthe Landgraf, Na Sowas &<br />

Lesbische Thomas Rattay, und schwule Lambda<br />

Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Dörthe Landgraf, Na Sowas &<br />

Thomas Rattay, Lambda<br />

hungen.<br />

�Wo<br />

ist die Christopher Street?<br />

�Mache<br />

einer Person des anderen<br />

Geschlechtes ein Kompliment.<br />

�Nenne<br />

5 verschiedene Formen<br />

eine Liebesbeziehung zu leben.<br />

�Nenne<br />

3 berühmte lesbische<br />

Persönlichkeiten.<br />

�Nenne<br />

einen berühmten schwulen<br />

Schauspieler.<br />

�Wofür<br />

stehen die Farben des Regenbogens?<br />

�Nenne<br />

drei Symbole für die<br />

lesBischwule Gemeinschaft.<br />

�Zwei<br />

Mädchen unterhalten sich<br />

über lesbischen Sex; Spielt diese<br />

Szene.<br />

�Baut<br />

ein Denkmal, dass verschiedene<br />

sexuelle Orientierungen<br />

darstellt.<br />

�Woher<br />

bekomme ich Informationen<br />

über Lesben und Schwule?<br />

Nenne den Titel eines Coming<br />

out Films.<br />

�In<br />

der Jugendgruppe erzählt ein<br />

Mädchen vom Coming out ihres<br />

Bruders zu Hause. Spielt diese<br />

Szene.<br />

�Mache<br />

einen Sockenstriptease.<br />

Die Anzahl und Größe der<br />

Teams sind abhängig von der<br />

Gruppengröße. Ein Team beginnt.<br />

Wenn die Aufgabe nicht<br />

erfüllt werden kann, wird die<br />

Aufgabe an die nächste Gruppe<br />

weitergereicht. Die Gruppe<br />

mit den meisten Punkten gewinnt.<br />

Es gab Himbeerherzen<br />

für die Gewinner/innen. Die<br />

Beantwortung bleibt immer freiwillig!<br />

Die Inhalte dieses Spieles können<br />

je nach Bedarf abgewandelt<br />

werden. Z.B. könnten zum Thema<br />

“Sexualität” die Kategorien<br />

“Verhütungsmittel”, “Körperorgane<br />

und Funktionen” hinzugefügt<br />

werden oder zum Thema<br />

“Lebensplanung” um die Kategorien<br />

“Liebe”, “Beziehungen”,<br />

“Beruf”, “Freizeit”, “Historisches”<br />

erweitert werden.<br />

4 Thesen für die Arbeit mit<br />

Jugendlichen<br />

1.Sexuelle Orientierungen sind<br />

immer ein Thema in der Arbeit<br />

mit Jugendlichen.<br />

Jugendliche sind auf der Suche,<br />

sie experimentieren, mit wem<br />

und wie sie leben und lieben<br />

wollen. Als Pädagogen/innen<br />

müssen wir uns dem Thema stellen.<br />

Wir tun es auch, wenn wir<br />

es vermeiden!! Pädagogen/<br />

innen werden z.B. nach ihrem<br />

Privatleben gefragt, was teile ich<br />

mit und wie? Für Jungen ist die<br />

Frage nach dem “Schwulsein”<br />

wichtiger als die Frage nach der<br />

Sexuellen Orientierung, es geht<br />

um Jungesein und Mannwerden<br />

mit allen gesellschaftlichen Normen<br />

und Beschränkungen. Wer<br />

ist dafür zuständig, die in der<br />

Mädchenarbeit engagierte Kollegin<br />

oder der nicht vorhandene<br />

Kollege?<br />

2.Alle Lebensformen sollten immer<br />

präsent sein.<br />

Eine einfache (?) Möglichkeit ist<br />

es, in unserer Sprache immer alle<br />

Möglichkeiten mit zu benennen<br />

z.B. das sich ein Mädchen in ein<br />

Mädchen oder einen Jungen<br />

verlieben kann. In Jugendzentren<br />

und Schulklassen hängen oft<br />

Plakate, diese könnten ergänzt<br />

werden um Mädchen- und<br />

Jungenpaare. In Büchern und<br />

Filmen könnte darauf geachtet<br />

werden, dass z.B. auch Coming<br />

Out Thema ist als eine Frage in<br />

der Pubertät berücksichtigt werden.<br />

3.Lesbisch/ schwule/ bisexuelle/<br />

transgender Lebensweisen sollten<br />

explizit ein Thema sein.<br />

In <strong>Wuppertal</strong> besteht vor Ort die<br />

Chance junge Lesben und<br />

Schwule einzuladen.<br />

4.Eine Bitte: Bitte vermeintlich<br />

lesbische/schwule Jugendliche<br />

nicht direkt und öffentlich ansprechen!<br />

Besser: Materialien an frei zugänglichen<br />

Orten auslegen und<br />

wenn eine persönliche Ansprache<br />

stattfinden soll, ausschließlich<br />

unter vier Augen. Den Jugendlichen<br />

ist ein öffentliches Ansprechen<br />

oft unangenehm oder peinlich,<br />

insbesondere wenn sie sich<br />

in der Phase ihres “inneren<br />

Coming Outs” befinden und sich<br />

selbst noch nicht klar über sich<br />

sind.


Die letzte These führte zu einer �Jede<br />

und jeder muss für sich<br />

Lesbische und schwule<br />

Jugendliche –<br />

Das unbekannte Wesen<br />

Dörthe Landgraf, Na Sowas &<br />

Thomas Rattay, Lambda<br />

intensiven Diskussion über die selbst entscheiden, was sie/er<br />

Möglichkeiten und Grenzen von sich traut.<br />

präventiven Interventionen von �Wichtig<br />

ist zu differenzieren, mit<br />

Pädagogen/innen.<br />

welcher Gruppe kann ich was<br />

machen.<br />

“Ab wann ist es Liebe?” �Welche<br />

Fragen/ Themen/Aspekte<br />

sind mir zu persönlich? durch unterschiedlichste kulturel-<br />

Bei diesem Spiel wird ein Zettel �Mit<br />

welchen Fragen muss ich le Hintergründe entstehen beson-<br />

mit verschiedenen Möglichkeiten rechnen?<br />

dere Schwierigkeiten (Jugendli-<br />

der Begegnung verteilt, z.B. �Absprachen<br />

mit Kollegen/innen che mit Migrationshintergrund).<br />

“Miteinander reden”, “Sich anlä- bzw. im Team sind wichtig � Ein Austausch unter den einzelcheln”,<br />

“Sich auf den Mund küs- Tipp der Referenten/innen: es nen Einrichtungen sollte geförsen”,<br />

“Petting” etc..<br />

kann auch gut sein, sich Modedert werden. (“Wie gehen an-<br />

In Gruppen sollte gemeinsam ratoren/innen von außen zu dere mit solchen Themen um?”,<br />

eine Rangliste erarbeitet werden, holen und selbst nicht anwesend “Was kann getan werden?”)<br />

ab wann es Liebe ist. Die einzel- zu sein<br />

Rat der Referenten/innen: sich<br />

nen Interaktionen werden dann Pro Familia und die <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> als Mitarbeiter/in in der Jugend-<br />

ausgeschnitten und von unten bieten sexualpädagogische Anarbeit nicht zu sehr unter Druck<br />

(keine Liebe) nach oben (Liebe) gebote für Schulklassen an. setzten zu lassen, sofort Großes<br />

auf ein Papier geklebt. Die Tipp einer Teilnehmenden: in verändern zu wollen, sondern im<br />

Grenze, an der Liebe beginnt, geschlechtergetrennten Gruppen Kleinen anzufangen (Poster auf-<br />

wird durch einen Strich gekenn- zu arbeiten vereinfacht die Sahängen, Flyer auslegen etc.)<br />

zeichnet. Bereits bei der Erstelche manchmal.<br />

lung der Rangliste wird in den �Spielerisch<br />

an das Thema heran- Feedback<br />

Gruppen intensiv diskutiert und gehen: in Bad Oldesloe gab es<br />

unterschiedliche Bewertungen z. B. eine Rallye für alle 8. Klas- In der abschließenden Feed-<br />

stehen sich gegenüber. Danach sen durch alle relevanten Beraback-Runde wurde besonders<br />

kann die Fragestellung differentungsstellen der Stadt.<br />

die Ausgewogenheit zwischen<br />

ziert werden: “Wie ist das je- �Im<br />

Jugendzentrum können die Reflexion, in der Arbeit verwendweils<br />

bei Jungs/Mädchen?”, Themen bei einem<br />

baren Methoden und theoreti-<br />

”Wie wäre es, wenn es sich um “Übernachtungs-Event” angeschem Input positiv bewertet,<br />

zwei Mädchen oder zwei Junsprochen werden.<br />

auch wenn es im ersten Teil für<br />

gen handeln würde”.<br />

�Feststellung<br />

der anwesenden einige sehr herausfordernd war.<br />

Lehrerinnen: Aufklärungsarbeit Insgesamt wurde bedauert, dass<br />

ist noch immer kein integrativer es sich um ein einmaliges Ange-<br />

Wie bringe ich mich als Bestandteil des Schulunterrichts bot handelt, was längerfristig<br />

Pädagoge/in ein?<br />

und hängt von der Einstellung und berufsbegleitend als Fortbil-<br />

einzelner Lehrer/innen ab! dung stattfinden sollte.<br />

In der abschließenden Diskussion �Feststellung<br />

der anwesenden<br />

kamen die Teilnehmer/innen zu Mitarbeiterinnen aus der offenen<br />

folgenden Schlussfolgerungen Jugendarbeit: in der Offenen Tür Arbeitsmaterialien: Methodenheft<br />

für die Arbeit zum Thema “Sexu- ist schwul/lesbisch sein ein Tabu- „ lesbisch, schwul, bi”, Martin Ganguly.<br />

elle Orientierungen”:<br />

thema (auch viele Kollegen/<br />

innen sind nicht interessiert) und<br />

Die Bezugsadresse ist unter Arbeitsmaterialien<br />

im Anhang abgedruckt.<br />

33


34<br />

Materialien<br />

Videos<br />

Queer-Gefilmt<br />

zu bestellen über: Medienprojekt<br />

borderline@wuppertal.de oder<br />

Tel. 563 26 47<br />

Verbotenen Liebe – Lesbische Mädchen<br />

in der Provinz<br />

zu bestellen über: femina vita e.V.<br />

Höckerstr. 13, 32052 Herford<br />

Tel. 05221 - 5 06 22<br />

feminavita@aol.com<br />

Kontakte<br />

B.J. LesBiSchwule Jugendgruppe<br />

<strong>Wuppertal</strong> e.V.:<br />

www.bj-wuppertal.de<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche<br />

Aufklärung, Bestellung kostenloser<br />

Materialien: www.bzga.de<br />

Homosexuelle und Kirche:<br />

www.huk.org<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit:<br />

www.jungenarbeiter.de<br />

Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Mädchenarbeit:<br />

www.maedchenarbeit-nrw.de<br />

Lesbental – das Lesbentelefon<br />

<strong>Wuppertal</strong>: www.lesbental.de<br />

Lesben- und Schwulenverband<br />

Deutschland: www.lsvd.de<br />

LesBiSchwules Jugendnetzwerk<br />

Lambda: www.lambda-online.de<br />

SchLAu NRW: www.schlau-nrw.de<br />

Zum Weiterlesen für Eltern<br />

Gemischte Gefühle<br />

Lesebuch zur sexuellen Orientierung<br />

Braun, Joachim & Martin, Beate<br />

Mein Kind ist so und nicht anders<br />

Über das Coming-Out der Tochter<br />

Bartels, Anke<br />

Mein Sohn liebt Männer<br />

Zinn, Doris<br />

Mitten ins Herz<br />

Über das Coming--Out des Sohnes<br />

Forman Dew, Robb<br />

Unser Kind fällt aus der Rolle<br />

zu bestellen über: Bundeszentrale für<br />

gesundheitliche Aufklärung<br />

Warum gerade mein Kind?<br />

Über lesbische & schwule Jugendliche<br />

Hassemüller, Heidi & Wiedmann, Hans-<br />

Georg<br />

Broschüren und Faltblätter<br />

Ayse ist verliebt.. in Anja<br />

Türkisch-deutsche Mädchenbroschüre<br />

über das Schwärmen von Mädchen zu<br />

Mädchen; Bezug: Lesbenberatung e.V.,<br />

Kulmer Straße 20a, 10783 Berlin<br />

Come out!<br />

Für Jungs, die ihr Schwulsein<br />

entdecken; Bezug: Deutsche <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Das Aufklärungsprojekt bei Lambda<br />

Lesbisch-schwule Aufklärungsarbeit<br />

dokumentiert und vorgestellt<br />

Bezug: Lambda Berlin<br />

In jeder Klasse<br />

Lesbische und schwule Jugendliche in<br />

der Schule - Studie aus den Niederlanden;<br />

Bezug: KomBi Berlin<br />

Lesben gibt es - aber wie?!<br />

Informationen für Angehörige, Arbeitgeber/innen<br />

und Pädagogen/innen<br />

Bezug: Niedersächsisches Frauenministerium,<br />

Hamburger Allee 26-30,<br />

30161 Hannover<br />

Mädchen -– Mädchen/Junge -– Junge<br />

Bezug: Bundeszentrale Jugendnetzwerk<br />

Lambda<br />

Mehr als Freunde - Arkadastan da ileri<br />

Eine sexualpädagogische Broschüre für<br />

die Jungenarbeit (deusch-türkisch)<br />

Bezug: KomBi, Berlin<br />

Verstecken? Nie wieder!<br />

Flyer mit einer Bildergeschichte zum<br />

Coming Out für Jungs; Bezug: Bundeszentrale<br />

Jugendnetzwerk Lambda<br />

Was ist schlimmer - lesbisch oder schwul<br />

sein?<br />

Eine Broschüre zur Aufklärungs- und<br />

Bildungsarbeit mit Jugendlichen zum<br />

Thema „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen“;<br />

Bezug: KomBi, Berlin<br />

Wären sie lieber ein normaler Mensch?<br />

Berliner Jugendliche über lesbische und<br />

schwule Lebensweisen - Eine Befragung<br />

des Aufklärungsprojektes; Bezug: Lambda<br />

Berlin<br />

Wie sag ich´s ihr?<br />

Flyer mit einer Bildergeschichte zum<br />

Coming Out für Mädchen; Bezug: Bundeszentrale<br />

Jugendnetzwerk Lambda<br />

Zum Weiterlesen<br />

für Pädagogen/innen,<br />

Fachkräfte, Lesben & Schwule<br />

<strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong>, Beratung zum Coming Out<br />

Stickelmann, Bernd<br />

In: Sexualerziehung als <strong>AIDS</strong>-Prävention<br />

Am I blue? 14 Stories von der anderen<br />

Liebe<br />

Bauer, Marion Dane<br />

Anders l(i)eben als die meisten<br />

Etschenberg, Karla; Unterricht Biologie<br />

Coming-Out, Lesben und Schwule in<br />

aller Welt; van Dijk, Lutz<br />

Coming Out im Klassenzimmer<br />

Hansen, Hoffmann<br />

Bezug: Pädagoischer Arbeitskreis Postfach<br />

103061, 44139 Dortmund<br />

Das Bild des Mannes<br />

Zur Konstruktion der modernen Männlichkeit;<br />

Mosse, Georg L.


Das Drama der Sexualität<br />

Dannecker, Martin<br />

Das lesbisch-schwule Coming-Out Buch<br />

Lesbisch-schwules Schulprojekt Fluss e.V.<br />

Freiburg; Rosa Winkel<br />

Das offene Geheimnis<br />

Zur literarischen Produktivität eines<br />

Tabus von Winckelmann bis Thomas<br />

Mann; Detering, Heinrich<br />

... Eigentlich habe ich´s schon immer<br />

gewußt...<br />

Lesbisch-feministische Arbeit mit Mädchen<br />

und jungen Lesben; Hg: Alltag,<br />

Jule<br />

Eine Liebe wie jede Andere<br />

Grossmann, Thomas<br />

Ey Mann, bei mir ist es genauso<br />

Neutzling/Fritsche; Hrsg.: Zartbitter<br />

Frauenliebe<br />

Freundschaft, Lust und Zärtlichkeit<br />

Braun, Sabine; Proske, Christina<br />

Freundinnen<br />

Studie zur Lebenssituation lesbischer<br />

Mädchen; Klein, Sabine; Schütz, Sigrid,<br />

Jugendnetzwerk Lambda, Düsseldorf<br />

...gar nicht so einfach!<br />

Junge Lesben und Schwule in der<br />

Jugendhilfe - Dokumentation; Bezug:<br />

gleich & gleich<br />

Heisse Eisen in der Sexualerziehung<br />

Glück, Gerhard, Scholten, Andrea;<br />

Strötges, Gisela<br />

Heiße Jahre, das Ding mit der Pubertät<br />

Frings, Kraushaar<br />

Homosexualität und Erziehung<br />

Pädagogische Betrachtung eines Spannungsfeldes<br />

in Familie, Schule und<br />

Gesellschaft; Hofsäß, Thomas<br />

Homosexualität im Klassenzimmer<br />

Standardwerk zur Aufklärung an<br />

Schulen; Behrens, Christopf; Ehmke,<br />

Hans Peter; Jugendnetzwerk Lambda<br />

Homo Hetero Bi Normal?<br />

Sexuelle Orientierung - Methoden für<br />

die Jugendarbeit, Jugendnetzwerk<br />

Lambda<br />

Homosexuell lieben<br />

Eltern, Söhne, Töchter; Bezug: Helmut<br />

Tibes, Horchheimer Weg 13, 56076<br />

Koblenz<br />

(Homo)Sexualität und (lesbisch/schwule)<br />

Lebensweisen<br />

Informationen und Materialien zur<br />

emanzipatorischen Integration des<br />

Themas in Schule und Unterricht.<br />

Materialkiste des Fachbereiches für<br />

gleichgeschlechtliche Lebensweisen<br />

Bezug: KomBi, Kluckstr. 11, 10785<br />

Berlin<br />

Homosexualität<br />

Die Geschichte eines Vorurteils<br />

Bleibtreu-Ehrenberg, Gisela<br />

Information, Integration, Konfrontation<br />

Homosexuelle Aufklärung in Jugendfreizeitheimen<br />

und Schulklassen<br />

Bezug: „Dokumente“: Senatsverwaltung<br />

für Jugend und Familie, Fachbereich für<br />

gleichgeschlechtliche Lebensweisen,<br />

Berlin<br />

Jane liebt Julia<br />

Werner, Pia;<br />

Jahres des Glücks, Jahre des Leids<br />

Kokula, Ilse<br />

Jans Papa ist schwul<br />

Müller, Jürgen; Förderschulmagazin, 19<br />

Jugendhilfe und gleichgeschlechtliche<br />

Orientierung, Hofsäß, Thomas<br />

Jungenarbeit, Praxishandbuch für die<br />

Jungenarbeit Teil 1 & 2, Sielert, Uwe<br />

Kein Platz für lesbische Mädchen<br />

Trampenau, Beatrice<br />

Kinder- und Jugendliteratur in den<br />

Lehrplänen, Pattersen, Henryk<br />

In: Kinderliteratur im Unterricht<br />

Hg. Richter, Karin; Hurrelmann, Bettina<br />

Kommentierte Literaturliste für Pädagogen/innen<br />

ist erhältlich bei: KomBi<br />

(Kommunikation und Bildung)<br />

Vom anderen Ufer, Kluckstr. 11,<br />

10785 Berlin, Tel. 030 - 215 37 42,<br />

Fax 030 - 26 55 66 34<br />

Lebensformen und Sexualität<br />

Herrschaftskritische Analysen und<br />

pädagogische Perspektiven, Hartmann,<br />

Holzkamp; Lähnemann; Mücke, Meißner<br />

Pädagogischer Kongress<br />

Lebensformen und Sexualität. Was<br />

heißt den hier normal?<br />

Dokumente des Fachbereichs für gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen bei der<br />

Senatsverwaltung für Jugend und Familie,<br />

Berlin<br />

Lesbische Mädchen - (k)ein Thema für<br />

die Jugendarbeit?<br />

Dokumente des Fachbereichs für gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen bei der<br />

Senatsverwaltung für Jugend und Familie,<br />

Berlin<br />

Lesbisch, schwul, bi<br />

Ganguly, Martin; Lebenskunde Sonderheft.<br />

Zu bestellen beim Humanistischen<br />

Verband, Bereich Lebenskunde, Wallstr.<br />

61-65, 10179 Berlin, Tel. 030-613<br />

904 60, Fax 613 904 52<br />

Lesben Liebe Leidenschaft<br />

Texte zur feministischen Psychologie<br />

Loulan, JoAnn; Nichols, Margaraet;<br />

Streit, Monika<br />

Lesbisch. Wenn Frauen Frauen lieben<br />

Eine Broschüre für alle, die mehr über<br />

Lesben wissen wollen; Bezug: Lesbenberatung<br />

Berlin<br />

Liebe, Lust und Frust<br />

Wenke, Gabriela. In: Zwischen<br />

Bullerbü & Schewenborn, auf Spurensuche<br />

in 40 Jahren deutschsprachiger<br />

Kinder- und Jugendliteratur<br />

Jungenpaare, Mädchenpaare<br />

Der humanwissenschaftliche Diskurs um<br />

die „Homosexualität“ und sein Einfluß<br />

auf die Darstellung im erzählenden<br />

Kinder- und Jugendbuch; Dethloff,<br />

Cyrous<br />

35


36<br />

Materialien<br />

Materialien<br />

Männer. Liebe<br />

Ein Handbuch für Schwule und alle, die<br />

es werden wollen; Frings, Kraushaar<br />

Rubinroter Dschungel<br />

Brown, Rita Mae<br />

Rosa Liebe untern roten Stern<br />

Zur Lage von Lesben und Schwulen in<br />

Osteuropa<br />

Schwul - na und?<br />

Grossmann, Thomas<br />

Sexuelle Verhältnisse<br />

Über das Verschwinden von Sexualmoral<br />

Schmidt, Gunther<br />

Sexualpädagogische Materialien für die<br />

Jugendarbeit in Freizeit und Schule<br />

Sielert, Uwe<br />

Sexualpädagogik in der Schule<br />

Valtl, Karlheinz<br />

Sexualpädagogik lehren<br />

Sielert, Uwe & Valtl, Karlheinz<br />

Sexualpädagogik - Konzeption und<br />

dikaktische Anregungen<br />

Sielert, Uwe<br />

Sexualerziehung und Homosexualität<br />

Höhne, Bernd<br />

In: Sexualerziehung und <strong>AIDS</strong><br />

Hg: Koch, Friedrich<br />

Stichwörter zur Sexualerziehung<br />

Koch, Friedrich; Lutzmann, Karlheinz<br />

Stichprobe: Lesben<br />

Reinberg, Brigitte; Rossbach, Edith<br />

Überlegungen zur immanenten Didaktik<br />

und Pädagogik der Kinder- und Jugendliteratur;<br />

Darendorf, Malte<br />

In: Kinderliteratur im Unterricht<br />

Hg. Richter, Karin; Hurrelmann, Bettina<br />

Und sie liebten sich doch!<br />

Lesbische Frauen in der Geschichte<br />

1840-1945; Lesbian Histsory Group<br />

(Un)-Sichtbare Frauen - Lesben und ihre<br />

Emanzipation in der DDR<br />

Sillge, Ursula<br />

Verloren am anderen Ufer?<br />

Lemke, Jürgen<br />

Verdammte Zärtlichkeit<br />

Freundschaft - Liebe - Sexualität im Film<br />

Stüben, Olaf<br />

Von nun an nannten sie sich Mütter<br />

Lesben und Kinder<br />

Streib, Uli<br />

Verschwiegene Liebe<br />

v. Paczensky, Susanne<br />

Wenn Frauen Frauen lieben ... und sich<br />

für Selbsthilfe/Therapie interessieren<br />

Dürmeier, Waltraud u.a.<br />

Wir lieben wen wir wollen<br />

Bass, Ellen & Kaufmann, Kate<br />

... wie ein Zebra, das pausenlos erklären<br />

muß, warum es gestreift ist<br />

Homosexualität und Coming Out in der<br />

Jugendliteratur; Plate, Christoph<br />

In: Sexualerziehung und <strong>AIDS</strong><br />

Hg: Koch, Friedrich<br />

Wir leiden nicht mehr, sondern sind<br />

gelitten; Kokula, Ilse<br />

Zami, Lorde, Audre; Orlanda<br />

Literaturhinweise<br />

Schwule Jugendliche - Ergebnisse<br />

zur Lebenssituation, sozialen und<br />

sexuellen Identität<br />

Biechele, U., 2001; Niedersächsisches<br />

Ministerium für Soziales, Frauen, Familie<br />

und Gesundheit<br />

The City and the Grass Roots: A Cross-<br />

Cultural Theory of Urban Social<br />

Movements; Castells, M., 1983<br />

London: Arnold<br />

Coming Out: Similarities and<br />

Differences for Lesbians and Gay Men<br />

DeMonteflores, C. & Schultz, S.J.,<br />

1978, In: Journal of Social Issues, 34<br />

Über sequentielle Homo- und Heterosexualität<br />

Düring, Sonja, 1994; In: Zeitschrift für<br />

Sexualforschung, Heft 3, 7. Jahrgang<br />

Eliminating Our Heterosexist Approach<br />

to Sex-Education. A Hope for the Future<br />

Ellis, Michael J., 1985; In: Journal of<br />

Sex-Education and Therapy, 11<br />

Gay Male and Lesbian Youth Suicide<br />

Gibson, P., 1994; In: Remafedi, G.<br />

(Ed.). Death by Denial. Studies of<br />

Suicide in Gay and Lesbian Teenagers.<br />

Boston: Alysons Publications Reprint<br />

Neue Chancen – alte Zwänge?<br />

Zwischen Heteronormativität und<br />

posttraditionaler Vergesellschaftung<br />

Hark, Sabine, 2000; Expertise zum 7.<br />

Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung<br />

NRW zur sozialen und psychischen<br />

Situation lesbischer Mädchen<br />

und schwuler Jungen in Nordrhein-<br />

Westfalen, hg. v. Ministerium für Frauen<br />

Jugend, Gesundheit und Familie des<br />

Landes NRW


Mit geschärftem Blick dagegen:<br />

Heterosexismus in Schule und<br />

Schulforschung<br />

Hartmann, Jutta, 1993; In: Pädagogischer<br />

Kongress: Lebensformen und<br />

Sexualität. Was heißt hier normal?<br />

Lesbisch-schwul-heterosexuell, hg. v. der<br />

Senatsverwaltung für Jugend und Familie<br />

Berlin<br />

Introduction: Gay and Lesbian Youth,<br />

Emergent Identities, and Cultural<br />

Scenes at Home and Abroad<br />

Herdt, G., 1989; In: G. Herdt (Ed.),<br />

Gay and Lesbian Youth. New York:<br />

Harrington Park<br />

Presseerklärung vom 6. Februar<br />

Iconkids & youth research GmbH,<br />

2002<br />

Elektronische Publikation<br />

Jugendnetzwerk Lambda, 2003<br />

www.lamda-online.de<br />

Wer berät? Zur Konzipierung und<br />

Beratungsdiensten für Lesben, Schwule<br />

und Angehörige im System der<br />

psychosozialen Versorgung in NRW<br />

Mayerle, M., 2002; In: FachDienst<br />

Schwules Netzwerk e.V., 3, oder<br />

www.schwul-nrw.de/publ/<br />

fachdienst_beratung.pdf<br />

Entwicklungspsychologie<br />

Oerter, R. & Montada, L., 2002<br />

5. vollst. überarb. Auflage, Weinheim<br />

Als Hetero mit Jungen zu ‚Schwulsein‘<br />

arbeiten<br />

Riedele, Josef, 1998; In: Lebensformen<br />

und Sexualität. Herrschaftskritische<br />

Analysen und pädagogische Perspektiven,<br />

hg. v. Jutta Hartmann, Christine<br />

Holzkamp, Lela Lähnemann, Klaus Meißner,<br />

Detlev Mücke, Bielefeld<br />

Die Funktionen der “Schwulenfeindschaft”<br />

bei männlichen Jugendlichen<br />

Schenk, Michael, 1994; In: Deutsche<br />

Jugend, 10/1994<br />

Developing Services for Lesbian and<br />

Gay Adolescents<br />

Schneider, M., 1991; In: Canadian<br />

Journal of Community Mental Health,10<br />

Sie liebt sie – Er liebt ihn<br />

Schupp, K., 1999; Eine Befragung von<br />

lesbischen, schwulen und bisexuellen<br />

Jugendlichen, In: T. Hofsäss (Hrsg.),<br />

Jugendhilfe und gleichgeschlechtliche<br />

Orientierung. Berlin<br />

Seelentröster und Spaßbringer: Homo-<br />

Jugend im Ehrenamt<br />

Seiler, K., 2001; In: FachDienst Schwules<br />

Netzwerk e.V., 2, oderwww.schwulnrw.de/publ/fachdienst_ehrenamt.pdf<br />

Changing Homophobic Attitudes<br />

Through College Sexuality Education<br />

Serdahely, W. J./ Ziemba, G. J., 1984<br />

In: Journal of Homosexuality, 1<br />

Geschlechtsspezifische Jungenarbeit als<br />

Antwort auf Frauen- und Schwulenfeindlichkeit<br />

Spoden, Christian, 1993; In: Pädagogischer<br />

Kongress: Lebensformen und<br />

Sexualität “Was heißt hier normal?”<br />

Lesbisch – schwul – heterosexuell, hg. v.<br />

d. Senatsverwaltung für Jugend und<br />

Familie, Referat für gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen (Dokumente lesbischschwuler<br />

Emanzipation, Bd. 8), Berlin<br />

Mit anderen Augen sehen<br />

Evaluation schwul-lesbischer Aufklärungsprojekte<br />

in Schulen<br />

Timmermanns, Stefan, 2002; Dissertation<br />

an der Erziehungswissenschaftlichen<br />

Fakultät der Universität Köln<br />

Keine Angst, die beißen nicht!<br />

Timmermanns, Stefan, 2003; Evaluation<br />

schwul-lesbischer Aufklärungsprojekte in<br />

Schulen, hg. vom Jugendnetzwerk Lambda<br />

NRW e. V., Norderstedt<br />

Lehrbuch der Entwicklungspsychologie<br />

Trautner, H.M., 1997; Theorien und<br />

Befunde, Bd. 2; Göttingen<br />

Jugendliche erleben sexuelle Orientierungen<br />

Watzlawik, M., 2003;<br />

Internetbefragung zur sexuellen<br />

Identitätsentwicklung bei amerikanischen<br />

und deutschsprachigen Jugendlichen<br />

von 12 – 16 Jahren<br />

Angenommene Dissertation an der<br />

Universität Braunschweig<br />

A Paradigm to Clarify the Life Cycle of<br />

Changing Attitudes Towards Deviant<br />

Behavior<br />

Winik, C., 1991; In: R.G. Kelley (Ed.),<br />

Perspectives on Deviances. Cincinnati<br />

37


38<br />

Adressen<br />

Referentinnen<br />

& Referenten<br />

Stefan Timmermanns<br />

Projekt TRIANGLE<br />

Johannesstr. 46, 53225 Bonn<br />

Thomas Haas<br />

Anyway<br />

Kamekestr. 14, 50672 Köln<br />

Kai Sailer<br />

Dipl. Psychologe<br />

Briller Str.130; 42105 <strong>Wuppertal</strong><br />

Uwe Schönemann<br />

Ev. Verein für Kinder-, Jugendund<br />

Familienhilfe <strong>Wuppertal</strong><br />

Nesselstr. 30, 42287 <strong>Wuppertal</strong><br />

Uschi Förster<br />

Bildungscooperative Oberhausen<br />

Behrenstr. 61<br />

46049 Oberhausen<br />

Thomas Rattay<br />

Jugendnetzwerk Lambda<br />

Dorotheenstr. 9, 23564 Lübeck<br />

Andreas Müller<br />

Pro Familia<br />

Elberfelder Str. 6<br />

40822 Mettmann<br />

Ursula Bösken<br />

Moderatorin des Landesinstituts<br />

für Lehrer/innenfortbildung Soest<br />

Hullbergweg 13, 58454 Witten<br />

Katja Fuchte<br />

SchLAu <strong>Wuppertal</strong><br />

Arnikaweg 78<br />

33100 Paderborn<br />

Veranstalter/innen<br />

<strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> <strong>Wuppertal</strong> e.V.<br />

Friedrich-Ebert-Straße 109-111<br />

42117 <strong>Wuppertal</strong><br />

Telefon: 0202 – 45 00 03<br />

aidshilfe@wtal.de<br />

<strong>AIDS</strong>-Beratungsstelle<br />

des Gesundheitsamtes<br />

der Stadt <strong>Wuppertal</strong><br />

Willy-Brandt-Platz 19<br />

42105 <strong>Wuppertal</strong><br />

Telefon: 0202 – 563 20 89<br />

Gleichstellungsstelle<br />

Wegnerstr. 7<br />

42275 <strong>Wuppertal</strong><br />

Telefon: 0202 – 563 53 70<br />

gleichstellungsstelle@stadt.wuppertal.de<br />

profamilia<br />

Hofaue 21<br />

42103 <strong>Wuppertal</strong><br />

Telefon: 0202 – 43 18 49<br />

wuppertal@profamilia-nrw.de<br />

Ressort Jugendamt und Soziale<br />

Dienste, Fachreferat Sozialarbeit/-pädagogik<br />

Neumarkt 10<br />

42103 <strong>Wuppertal</strong><br />

Telefon: 0202 – 563 26 91<br />

winfried.schilke@stadt.wuppertal.de


Wir bedanken uns bei...<br />

...den Referentinnen und Referenten<br />

für ihre erhellenden Redebeiträge<br />

und den fachlichen<br />

Input.<br />

...den <strong>Workshop</strong>leiterinnen und<br />

–leitern für die engagierte Moderation<br />

der <strong>Workshop</strong>s und ihre<br />

fachlichen Beiträge.<br />

...den Protokollantinnen für die<br />

Dokumentation der <strong>Workshop</strong>-<br />

Ergebnisse.<br />

...André Niebur für die Zusammenstellung<br />

der Dokumentation.<br />

...dem Cafe Leo der Volkshochschule<br />

für die leckere Bewirtung<br />

...dem Nachbarschaftsheim<br />

“Alte Feuerwache” für die gute<br />

Versorgung mit Räumen und<br />

Equipment.<br />

...den Gruppen, Vereinen und<br />

Projekten, die sich am Info-Stand<br />

beteiligt haben.<br />

...dem Schwulen Netzwerk<br />

NRW und der Glücksspirale für<br />

die finanzielle Unterstützung der<br />

Tagung und der Dokumentation.<br />

Herausgeber<br />

<strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> <strong>Wuppertal</strong> e.V.,<br />

Gleichstellungsstelle & Ressort<br />

Jugendamt und Soziale Dienste<br />

Bilder: André Niebur<br />

& Katja Fuchte<br />

Druck: Stadtbetrieb Information<br />

und Kommunikation der Stadtverwaltung<br />

<strong>Wuppertal</strong><br />

Auflage: 600 Stück, März 2004<br />

Hinweis<br />

Die Liste der Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer kann bei Bedarf<br />

über die <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong>- <strong>Wuppertal</strong><br />

bezogen werden.<br />

Telefon: 0202 - 45 00 03<br />

Danke &<br />

Impressum<br />

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