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Workshop - AIDS-Hilfe Wuppertal eV

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haben mit durchschnittlich 13,7<br />

Jahren das erste Mal das Gefühl,<br />

“anders” zu sein, Mädchen<br />

mit 15 Jahren. Beim äußeren<br />

Coming Out unterscheiden sich<br />

die beiden Gruppen kaum noch.<br />

Jungen outen sich mit durchschnittlich<br />

16,5 Jahren, Mädchen<br />

mit 16,9 Jahren. Ältere<br />

Studien zeigten, dass Mädchen<br />

größere Schwierigkeiten im<br />

Coming Out haben als Jungen.<br />

Rigorosere Geschlechterrollen<br />

werden hierfür meist verantwortlich<br />

gemacht, da sie Mädchen<br />

besonders unter Druck setzten,<br />

sich der heterosexuellen Norm<br />

anzupassen.<br />

Das alles zeigt, dass die<br />

Identitätsentwicklung stark von<br />

Zeitgeist, kulturellen und familiären<br />

Einflüssen bestimmt wird –<br />

neben den jeweiligen<br />

Persönlichkeitseigenschaften der<br />

Jugendlichen. Denn auch dass<br />

muss aus psychologischer Sicht<br />

betont werden: Je nach<br />

Persönlichkeitsstruktur kann das<br />

gleiche belastende Ereignis für<br />

zwei Jugendliche unterschiedlich<br />

bewertet und verarbeitet werden<br />

– auch oder gerade wenn sich<br />

die Persönlichkeit noch in einem<br />

Entwicklungsprozess befindet.<br />

Die Präsenz und das Wissen<br />

über homo- und bisexuelle Lebensweisen<br />

haben durch das<br />

sozialkritische Engagement ver-<br />

schiedener Gruppen (z.B. des<br />

deutschen Lesben- und<br />

Schwulenverbands in Deutschland),<br />

durch wissenschaftliche<br />

Forschung und das verstärkte<br />

öffentliche Auftreten von homosexuell<br />

orientierten Menschen in<br />

den letzten Jahrzehnten stark<br />

zugenommen. Umso bemerkenswerter<br />

ist ein Befund des Meinungsforschungsinstituts<br />

“iconkids & youth” vom März<br />

vergangenen Jahres. In einer<br />

repräsentativen mündlichen Befragung<br />

wurden Jugendliche<br />

danach gefragt, wie gut sie verschiedene<br />

gesellschaftliche<br />

Gruppierungen finden. 71 Prozent<br />

der befragten Jungen und<br />

51 Prozent der Mädchen äußerten<br />

sich negativ zu Homosexuellen.<br />

Hier ist ein negativer Trend<br />

festzustellen, denn bei einer gleichen<br />

Befragung aus dem Jahr<br />

1998 äußerten nur 34 Prozent<br />

der 12 – 17jährigen, dass sie<br />

Schwule und Lesben “nicht oder<br />

überhaupt nicht gut” fänden.<br />

Wie ist dieser Anstieg zu erklären?<br />

Nun, meiner Ansicht nach<br />

verursacht möglicherweise die<br />

gegenwärtige starke Medienpräsenz<br />

bestimmter – und nicht<br />

gerade realistischer schwuler<br />

und lesbischer Lebensweisen –<br />

einen stärkeren Abgrenzungsprozess<br />

bei jenen Jugendlichen,<br />

die auf dieser oberflächlichen<br />

Ebene mit dem Thema konfrontiert<br />

sind, und das dürften nach<br />

wie vor in dem angesprochenen<br />

Alter die meisten sein. Die in den<br />

Medien dargestellten Lesben<br />

und Schwule werden womöglich<br />

darüber hinaus keine geeigne-<br />

Situation lesbischer und<br />

schwuler Jugendlicher<br />

aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive<br />

Kai Seiler, Dipl.-Psychologe<br />

ten Identifikationsfiguren für heterosexuelle<br />

Jugendliche darstellen<br />

– überspitzt gesagt ist Jackie<br />

Chan schon etwas anderes als<br />

Carsten Flöter. In diesem Zusammenhang<br />

stellt sich auch die<br />

Frage, inwieweit die Medienfiguren<br />

überhaupt geeignete<br />

Identifikationsflächen für junge<br />

Lesben und schwule im Coming<br />

Out bieten. In den meisten<br />

Soaps z.B. wird eine weitgehend<br />

unproblematische Welt im<br />

gutsituierten und sozial höher<br />

gestellten Milieu gezeigt. Eben<br />

noch Hetero mit Freundin und<br />

jetzt knutschend mit dem Medizinstudenten<br />

auf dem Sofa –<br />

und alle Eltern und Freunde finden<br />

es toll.<br />

Provokant kann man hier fragen,<br />

ob diese Szenen den unter Hänseleien<br />

leidenden und von seinen<br />

Eltern zurückgewiesenen<br />

Jungschwulen nicht noch verstörter<br />

machen, da er seine Lebenswirklichkeit<br />

dort nicht wiederfindet.<br />

Eine Studie der Universität München<br />

im Auftrag des niedersächsischen<br />

Sozialministeriums aus<br />

dem Jahr 2001 zeigt, dass das<br />

Outing in Familie und Schule<br />

nach wie vor als erheblicher<br />

Stressfaktor wahrgenommen<br />

wird. Fast die Hälfte der dortigen<br />

15 bis 25-jährigen Interviewpartner<br />

hat bisher dem eige-<br />

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