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22 Situation lesbischer und schwuler Jugendlicher aus Sicht von Jugendlichen Katja Fuchte, SchLAu Wuppertal Situation lesbischer und schwuler Jugendlicher aus Sicht von Jugendlichen Katja Fuchte, SchLAu Wuppertal nünftigen Argumente haben wieso sie “Lesben und Schwule scheiße finden”. Über das SchLAu-Projekt findet Stefan zur B.J., der LesBi-Schwulen Jugendgruppe Wuppertal e.V.. Er trifft Gleichgesinnte in entspannter Atmosphäre, erlebt lustige Gesprächsabende, gemeinsame Ausflüge und die gut besuchte Jugendgruppenparty. Bei letzterer ist seine Mithilfe an der Bar gefragt, schon nach kurzer Zeit fühlt sich der Neunzehnjährige in die Gruppe integriert. Mittwoch abends geht er neuerdings mit zum Stammtisch im Merlin’s auf der Hochstraße, den nächsten Sommerurlaub will er in Spanien auf einer Ferienfreizeit des LesBiSchwulen Jugendnetzwerks Lambda verbringen. Stefan überlegt, ob er einem schwulen Sportverein beitreten soll, um in einem entspannteren Umfeld Fußball spielen zu können. Kurz gesagt: Ihm tut es gut für eine Weile komplett in ein LesBiSchwules Umfeld einzutauchen und sich Unterstützung zu holen, bis er sich sicher genug fühlt nicht-LesBiSchwulen Menschen zu zeigen, wie er empfindet; bis er zu sich und seinen Empfindungen stehen kann. Das Thema “Eltern” ist für Stefan immer noch problematisch, aber er spricht viel mit seinen neuen Freunden darüber und ist überzeugt, dass er sein Coming Out schon packen wird. Als nächstes möchte ich Ihnen Lena vorstellen Sie ist sechzehn Jahre alt und geht in die zehnte Klasse einer Hauptschule. Ihre Familie ist katholisch, LesBiSchwule Menschen sind verpönt, gelten bei den Eltern als eklig und sündig. Lena ist ebenfalls gläubig und gleichzeitig davon überzeugt, dass Gott sie so liebt, wie er sie erschaffen hat. Die Kirche vermittelt ihr jedoch ein anderes Bild. Die Sechzehnjährige weiß nicht, woran sie glauben soll: an ihr Gefühl, oder an die Botschaft ihres Pfarrers?! Lena ist in ihre Deutschlehrerin verliebt. Sie fühlt sich allein mit diesen Gefühlen – weiß nicht mit wem sie darüber reden könnte – denn in ihrem Freundeskreis wird oft gefrotzelt über Lesben, nach dem Motto “Die haben noch nicht den richtigen Mann abbekommen!”. Die Mädels in Lenas Clique begrüßen sich immer mit ‚dreimaligem Küssen auf den Mund’, weil’s chic ist. Eigentlich empfindet Lena auch nichts Besonderes dabei, nur wenn sie Claudia auf diese Weise begrüßt, prickelt es immer in ihrem Bauch und ein heißer Stich durchfährt sie von oben bis unten. Die Gefühle des Teenagers fahren Achterbahn, Lena möchte sie gerne ausleben, Claudias Körper spüren… . Sie würde gerne mit jemandem Vertrautes über ihre Gefühle reden. Die Menge der beschriebenen Unsicherheitsfaktoren führt dazu, dass sich Lena nicht traut ihre Lebensvorstellung “öffentlich zu bekennen”. Was könnte passieren? Lena fährt mit dem Bus in die Innenstadt Wuppertals und entdeckt dort die Telefonnummer vom Lesbentelefon “Lesbental”. Diese Nummer liegt drei Wochen in einem Buch auf ihrem Schreibtisch versteckt, dann endlich traut sie sich dort anzurufen. Die lesBischen Frauen am anderen Ende der Leitung zeigen viel Verständnis für Lenas Situation und plaudern aus dem Nähkästchen. Der erste Schritt ist gemacht. Die Sechzehnjährige bekommt die Adresse der LesBiSchwulen Jugendgruppe in Wuppertal; fasst sich irgendwann ein Herz und macht sich auf den Weg zum Gruppentreffen. (Ihren Eltern erzählt Lena, sie gehe mit Monika aus ihrer Klasse zum Schwimmen.) Zum Geburtstag bekommt die Hauptschülerin ihren eigenen Computer, seitdem ist sie oft im
Internet unterwegs. Lena hat die Homepage der HUK-Gruppe (“Homosexuelle und Kirche”) entdeckt und chattet in einem Lesbenforum mit Mädels aus Wuppertal und Umgebung. Die anonyme Internet-Umgebung bietet ihr genügend Schutz bei ihrer Suche nach Bekanntschaften. Lena hat sich bereits ein Userprofil angelegt und die erste Antwort auf ihre Kontaktanzeige erhalten. Mit dem “Krümelmonster” will sie sich nächste Woche in der Eisdiele treffen. Wie aufregend, da muss Lena sich noch dringend neue Klamotten kaufen… . Beispiel Nummer drei ist Tobi Der Siebzehnjährige hat seinen Realschulabschluss absolviert und gerade seine Ausbildung zum Fliesenleger begonnen. Er lebt in einer betreuten Wohngruppe, weil zu Hause einiges schief gelaufen ist und er mit seinen Eltern nicht mehr zusammenleben kann. Tobi ist bi, das heißt beide Geschlechter können Gefühle des Begehrens in ihm auslösen. Er empfindet sich dadurch als reich an Gefühlen, hat aber gleichzeitig das Gefühl, andere erwarte- ten eine Entscheidung für die Mädels von ihm. Diese Ambivalenz ist schwer auszuhalten, gerade weil all seine männlichen Freunde momentan eine Freundin haben, er zurzeit gerne mit einem Mann zusammen wäre. Tobi hat Angst von seinem Umfeld nicht ernst genommen zu werden, wenn er davon erzählen würde, deshalb ist er ungeoutet. Wie könnte Tobi unterstützt werden? In der betreuten Wohngemeinschaft liegen Informations-Broschüren aus. In denen entdeckt Tobi Ansprechpartner/innen für LesBiSchwule Fragen, unter anderem auch Adressen im Internet. Dort kann sich der Jugendliche informieren über Jugend- und andere Gruppen, LesBiSchwule Parties, Kneipen, Chatrooms, berühmte LesBi-Schwule Persönlichkeiten, mit denen er sich identifizieren kann, und so weiter. In der Wohngemeinschaft kann der Azubi auf einen gut über LesBiSchwules Leben informierten, erfahrenen und offenen Betreuer zugehen und mit ihm reden, wenn ihm danach ist. Beim nächsten Videoabend gukken alle Mitbewohner/innen gemeinsam einen Film mit LesBi- Schwuler Thematik; es wird ein Ausflug zum Christopher-Street- Day (CSD) nach Köln angeboten. Tobi ist sehr froh, dass LesBi- Schwules Leben selbstverständ- Situation lesbischer und schwuler Jugendlicher aus Sicht von Jugendlichen Katja Fuchte, SchLAu Wuppertal 23
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