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wege zur - innenwelt magazin

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<strong>innenwelt</strong><br />

Neuauflage!<br />

Aktualisierte und ergänzte Ausgabe!<br />

Mehr Fakten – mehr Service.<br />

• Depression<br />

• Angststörung<br />

• Zwangsstörung<br />

• Suizid<br />

• Bipolare Störung<br />

• Schizophrenie<br />

• Demenz<br />

• Suchterkrankung<br />

• Alkoholismus<br />

• Schlafstörung<br />

• Burn-Out<br />

• Medikamentöse Therapie<br />

• Medizinische Psychotherapie<br />

<strong>wege</strong> <strong>zur</strong><br />

seelischen<br />

gesundheit


e d i t o r i a l<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber leser,<br />

seinem Ursprung nach hat das Wort „Seele“<br />

mit „See“ zu tun, es steht für die Tiefe des Menschen,<br />

für das Unergründliche, das Mysteriöse,<br />

für die innere Welt. Ein schönes Bild – wer die<br />

Seele ergründen will, darf keine Scheu davor<br />

haben, unter die oft spiegelglatte Oberfläche<br />

hinabzutauchen. Auch für die <strong>innenwelt</strong> steht<br />

die Seele im Mittelpunkt. Wenn man, um den<br />

Psychiater Erwin Ringel zu zitieren, von der<br />

„österreichischen Seele“<br />

spricht, dann scheint<br />

es um diese schlecht<br />

bestellt zu sein. Laut<br />

einer aktuellen Studie<br />

der Krankenkasse sind<br />

rund 900.000 Österreicher<br />

psychisch krank.<br />

Rund 32 Prozent der krankheitsbedingten<br />

Frühpensionierungen erfolgten 2009 aus<br />

psychischen Gründen. Die Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO betrachtet das Leiden, das<br />

jeden Zehnten irgendwann trifft, als die belastendste<br />

Krankheit, der ein Mensch ausgesetzt<br />

sein kann. Für viele Betroffene ist das mehr, als<br />

sie ertragen können. Rund 1.500 Österreicher<br />

jährlich sind so verzweifelt, dass ihnen der Tod<br />

als einziger Ausweg erscheint. Sie wählen den<br />

Suizid, um unter ihren Seelenschmerz einen<br />

Schlussstrich zu setzen. Gegenüber früher, wo<br />

über Seelenpein nur hinter der vorgehaltenen<br />

Hand gesprochen wurde, erhält das sensible<br />

Thema immer mehr Aufmerksamkeit. Das<br />

merken wir nicht zuletzt an der enormen<br />

Nachfrage. Die <strong>innenwelt</strong> spezial mit dem Titel<br />

„Wege <strong>zur</strong> seelischen Gesundheit“, welche<br />

2006 zum ersten Mal erschien, wurde mehrmals<br />

nachgedruckt und ist mittlerweile zum<br />

Klassiker avanciert. Wir sind besonders stolz<br />

darauf, dass diese Ausgabe vielfach als Unterrichtsmaterial<br />

in Schulen und Ausbildungseinrichtungen<br />

verwendet wird. Grund genug,<br />

dachten wir uns, diese <strong>innenwelt</strong> spezial zu<br />

überarbeiten und zu ergänzen. Das Ergebnis<br />

der redaktionellen „Frischzellenkur“ halten Sie<br />

nun in den Händen.<br />

Wie immer freuen wir uns über Ihr Feedback<br />

unter: redaktion@<strong>innenwelt</strong>.at.<br />

Gegen<br />

Helfen,<br />

s<br />

Eine gute Zeit wünschen Ihnen<br />

Katja Beran und Julie Hsiao<br />

Redaktion <strong>innenwelt</strong><br />

PS: Die <strong>innenwelt</strong> freut sich auch auf Besuch in<br />

ihrem e-Home unter: www.<strong>innenwelt</strong>.at und<br />

auf Facebook: www.facebook.com/<strong>innenwelt</strong><br />

www.<strong>innenwelt</strong>.at<br />

www.facebook.com/<strong>innenwelt</strong>


Rasanter Anstieg<br />

Grau in grau statt das „Bunt fürs Leben“ –<br />

die farbliche Tristesse passt auch zu den<br />

Gemütszuständen, die der Depression als<br />

typisch zugeschrieben werden. Einsamkeit,<br />

Hoffnungslosigkeit, innere Leere und Verzweiflung<br />

können Betroffene im Extremfall<br />

bis in den Selbstmord treiben. Psychische<br />

Krankheiten, zu denen auch die Depressidas<br />

Grau(en) der Seele<br />

Einer Studie zufolge sehen Menschen, die<br />

an Depressionen leiden, die Welt tatsächlich<br />

mit anderen Augen. Die Seelenschwärze<br />

scheint auf die Wahrnehmung abzufärben<br />

und alles in einen Grauschleier zu<br />

tauchen. Das besagt eine Studie, die von<br />

Wissenschaftlern aus den Bereichen Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und Augenheilkunde<br />

am Universitätsklinikum Freiburg<br />

durchgeführt wurde. Bei einem Experiment<br />

mit 40 depressiven und 40 gesunden Testpersonen<br />

fanden die Forscher heraus, dass<br />

die Netzhaut depressiver Menschen deutlich<br />

schwächer auf Schwarzweißkontraste<br />

reagiert. Fazit: Die Umgebung erscheint<br />

grau, egal, ob Blumen, Straßen, Häuser<br />

oder andere Menschen.<br />

on zählt, sind generell eine Zeitbombe. Je<br />

mehr man sie ignoriert, verharmlost, unterschätzt<br />

oder in Schweigen hüllt, umso<br />

gefährlicher ist ihr tödliches Potenzial. In<br />

Europa ist Depression bereits tödlicher<br />

als Aids, Drogenmissbrauch und Verkehrsunfälle<br />

zusammen. Keine Volkskrankheit<br />

verursacht laut WHO einen so hohen<br />

Lleidensdruck und zudem ähnlich hohe<br />

Kkosten wie die Depression.<br />

Versorgung verbessern<br />

Was uns das angeht? Jede Menge. Denn<br />

die jüngst vom Hauptverband der österreichischen<br />

Sozialversicherungsträger<br />

veröffentlichten Zahlen zeigen einen dramatischen<br />

Anstieg an psychischen Erkrankungen.<br />

Rund 900.000 ÖsterreicherInnen<br />

sind <strong>wege</strong>n dieser Diagnose in Behandlung.<br />

Ein Umstand, der sich auch vermehrt<br />

in (kostenintensiven) Krankenständen<br />

und Frühpensionierungen manifestiert.<br />

Das heißt: Vielleicht ist man, mit Glück,<br />

nicht selbst betroffen. Aber bei der großen<br />

Anzahl an Patientinnen und Patienten<br />

stehen die Chancen gut, dass jemand im<br />

Bekannten- oder Freundeskreis an seelischer<br />

Schieflage laboriert. Gut gemeinte<br />

Ratschläge wie „Das wird schon wieder“<br />

oder „Reiß dich zusammen“ helfen da wenig.<br />

Eine psychische Erkrankung heilt nicht<br />

eben mal so von alleine – ebensowenig wie<br />

ein Diabetes oder ein erhöhter Blutdruck.<br />

Umso wichtiger ist es, dass betroffene<br />

Menschen so frühzeitig wie möglich professionelle<br />

Unterstützung erhalten. Dies,<br />

so die Botschaft der <strong>innenwelt</strong>, spart Leid<br />

und unnötige Kosten. Unser Anliegen ist<br />

es, mit Informationen wie dieser <strong>innenwelt</strong><br />

spezial Betroffene zu ermutigen, in<br />

einer schwierigen, düsteren Zeit Hilfe einzufordern.<br />

Weiteres Ziel muss es sein, die<br />

Versorgungslücken, die auch die ambulante<br />

und dezentrale psychiatrische Versorgung<br />

betrifft, zu verbessern. Gelingt es, diese<br />

Zugangshürden abzubauen, kann das verzögerte<br />

Diagnosen, überlange Wartezeiten<br />

auf Therapien und letztlich Chronifizierung<br />

von Erkrankungen verhindern. Barrieren,<br />

die in einer modernen Gesellschaft längst<br />

der Vergangenheit angehören müssten.<br />

Wer mehr über psychische Erkrankungen<br />

weiß, kann auch mehr be<strong>wege</strong>n – für sich<br />

und andere.<br />

p s y c h i a t r i s c h e v e r s o r g u n g<br />

statt alleine lassen!<br />

Die<br />

Jeder dritte Europäer hat ernste psychische<br />

Probleme – die ärztliche Versorgung<br />

lässt jedoch zu wünschen übrig!<br />

Fazit: Betroffene und deren Angehörige<br />

fühlen sich zunehmend alleine gelassen<br />

und gesellschaftlich diskriminiert.<br />

Experten schlagen Alarm: Etwa 38 Prozent<br />

der Europäer hatten im Jahr 2010<br />

eine psychische Störung. Ärztliche Hilfe<br />

erhielten nur die wenigsten. Als Gründe<br />

dafür werden in einer großen Studie die<br />

immer noch geringe Akzeptanz psychisch<br />

Kranker sowie eine uneinheitliche Versorgung<br />

genannt.<br />

Die Depression führt nicht nur einen<br />

Spitzenplatz bei den psychischen Erkrankungen<br />

an, sondern bei allen Krankheiten<br />

in Europa. Insgesamt sind psychische<br />

Störungen dem Ergebnis der Studie nach<br />

die Ursache für mehr als ein Viertel der<br />

krankheitsbedingten gesellschaftlichen<br />

Belastungen. Bei den Depressionen geht<br />

die WHO von einer deutlichen Zunahme<br />

der Erkrankungen aus. Die adäquate Betreuung<br />

und Versorgung der Betroffenen<br />

sowie eine breite Unterstützung der Angehörigen<br />

– die ja meist die finanzielle<br />

Hauptlast der Behandlung tragen – stellen<br />

große gesellschaftliche Herausforderungen<br />

dar.<br />

Quelle: Wittchen, H. U. et al.: The size and<br />

burden of mental disorders and other disorders<br />

of the brain in Europe 2010. European<br />

Neuropsychopharmakology 2011;<br />

21 (9): 655-79<br />

<strong>innenwelt</strong> fordert:<br />

• rasche und professionelle ärztliche<br />

Versorgung für psychisch Kranke<br />

muss sichergestellt<br />

werden.<br />

• Psychotherapie muss durch<br />

Unterstüt zung seitens der Krankenkasse<br />

leistbar gemacht werden.<br />

• Psychisch Kranke müssen sozial<br />

besser abgesichert werden.<br />

• Die ärztliche Versorgung muss im<br />

Einklang mit den Leitlinien stehen.<br />

Psychisch Kranke haben das<br />

Recht auf moderne Medikamente.<br />

Kostenersparnis darf nicht auf<br />

dem Rücken jener ausgetragen<br />

werden, die sich nicht wehren<br />

können.<br />

.


Depression –<br />

d e p r e s s i o n<br />

4 INNENWELT<br />

O. Univ. Prof.<br />

Dr.h.c.mult. Dr.med<br />

Siegfried Kasper<br />

Vorstand, Universitätsklinik für Psychiatrie und<br />

Psychotherapie, Medizinische Universität Wien<br />

Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien<br />

Tel.: +43.1.40400 3568<br />

E-Mail: biol-psychiatry@meduniwien.ac.at<br />

www.meduniwien.ac.at/psychiatrie<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist eine Depression?<br />

Der Begriff Depression ist so in unseren<br />

Sprachgebrauch übergegangen, dass wir<br />

ihn allzu beliebig verwenden. Als depressiv<br />

wird oft jemand bezeichnet, der an<br />

niedergedrückter Stimmung leidet. Der<br />

Übergang zwischen „normaler“ Niedergeschlagenheit,<br />

die jeder von Zeit zu Zeit<br />

hat, und einer echten Depression ist zwar<br />

fließend, tatsächlich handelt es sich aber<br />

bei der Depression um eine ernst zu nehmende<br />

Erkrankung, deren wichtigstes<br />

Merkmal die seelische Nieder ge schlagenheit<br />

ist. Es muss allerdings kein äußerer<br />

auslösender Grund für das Seelentief<br />

vorhanden sein – genau dieser Umstand<br />

macht es für das Umfeld des Betroffenen<br />

auch so schwer, dessen inneres Leiden<br />

nachvollziehen zu können. Fälschlicherweise<br />

wird Depression oft als Persönlichkeitszug<br />

gesehen, den Betroffene eben<br />

hinnehmen müssen. Zum Glück sind wir<br />

jedoch heute in der Lage, Depressionen<br />

sehr gut behandeln zu können.<br />

Was sind die Ursachen<br />

für eine Depression?<br />

„Alle Abenteuer sind im Kopf“ heißt es. Im<br />

Kopf – genauer gesagt, im Gehirn – ist aber<br />

auch der Ursprung der Depression zu finden.<br />

Depressive Menschen haben einen gestörten<br />

Gehirnstoffwechsel. Die Spiegel der<br />

Überträgersubstanzen (Neurotransmitter)<br />

Serotonin und Nora d renalin sind im Vergleich<br />

zu Gesunden niedriger. Depression resultiert<br />

somit aus der fehlenden Balance im<br />

biochemischen Gleichgewicht. Das Nervensystem<br />

ist „aus dem Lot“ und dieser Mangel<br />

an Gehirnbotenstoffen macht sich durch<br />

seelische Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit<br />

und Leistungsdefizite bemerkbar.<br />

Wichtig zu wissen: Depression ist keineswegs<br />

die Folge falschen Denkens, Verhaltens<br />

oder Fühlens. Man nimmt an, dass die<br />

Neigung <strong>zur</strong> Depression zum Teil vererbbar<br />

ist. Hat man bereits einmal eine Depression<br />

durchlebt, so besteht ein erhöhtes Risiko,<br />

dass die Krankheit erneut auftritt.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

In Zukunft wird Depression möglicherweise<br />

die am häufigsten gestellte Diagnose sein.<br />

Weltweit sind depressive Erkrankungen<br />

schon jetzt die häufigste Ursache für Erwerbsunfähigkeit.<br />

In Österreich leiden rund<br />

400.000 Personen unter depressionen.<br />

250.000 befinden sich in hausärztlicher<br />

Behandlung, bei etwa 130.000 wurden<br />

Depressionen tatsächlich diagnostiziert,<br />

optimal behandelt werden hingegen nur<br />

maximal 36.000 Betroffene.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man<br />

als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise an<br />

einer Depression leidet?<br />

Grundbeschwerden der Depression sind<br />

niedergeschlagene Stimmung, negative,<br />

verlangsamte Gedankengänge und<br />

Kon zen tra tions störungen. Leichte bis<br />

mittelschwere Depressionen können<br />

Traurigkeit und das ständige Bedürfnis<br />

zu weinen hervorrufen. Ein schwer depressiver<br />

Mensch erlebt hingegen oft<br />

das Gefühl der inneren Ver steinerung,<br />

alles scheint gleichgültig, auch die Teilnahme<br />

am Leben anderer fehlt völlig.<br />

Hinzu kommen Antriebsstörungen, der<br />

Betroffene kann sich nur schwer zu normalen,<br />

gewohnten Aktivitäten aufraffen.<br />

In ein Geschäft einkaufen zu gehen kann<br />

bereits eine enorme Kraftanstrengung<br />

darstellen.<br />

Nicht immer sind alle Anzeichen der Depression<br />

vorhanden, gelegentlich können<br />

zunächst auch körperliche Beschwerden<br />

im Vordergrund stehen. Betroffene verlieren<br />

an Gewicht, leiden an Schlaflosigkeit,<br />

klagen über Rückenschmerzen oder Herzprobleme.<br />

Depressionen werden oftmals<br />

nicht als Erkrankung erkannt, weil diese<br />

Symptome falsch interpretiert werden.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender<br />

Mensch vielleicht an<br />

Depressionen erkrankt ist?<br />

Der Partner, Freund oder Angehörige<br />

erlebt den depressiven Menschen plötzlich<br />

als völlig andere Persönlichkeit.<br />

Der Mensch, mit dem man den Alltag<br />

teilt, zieht sich mit einem Mal <strong>zur</strong>ück,<br />

hat keine Energie mehr, ist gedrückter<br />

Stimmung oder vielleicht auch gereizt<br />

und lieblos. Viele Betroffene, vor allem<br />

Frauen, weinen sehr oft. Männer hinge-


traurige Volkskrankheit<br />

gen verschweigen ihre Traurigkeit eher,<br />

hier stehen körperliche Symptome im<br />

Vordergrund. Ein wichtiges Anzeichen<br />

ist die gestörte Nachtruhe – depressive<br />

Menschen liegen häufig nachts wach,<br />

grübeln, die Gedanken drehen sich im<br />

Kreis. Mag sein, dass sich der Betroffene<br />

seinen Angehörigen überhaupt nicht<br />

mitteilt oder diese – im Gegenteil – mit<br />

Vorwürfen und Anklagen konfrontiert.<br />

Am Arbeitsplatz macht der Betroffene<br />

viele Pausen und ist auffallend häufig<br />

krank. Depressive Menschen fühlen sich<br />

im Job rasch persönlich angegriffen oder<br />

gemobbt. Für Außenstehende können<br />

Menschen mit Depressionen generell<br />

sehr anstrengend sein, da sich deren Welt<br />

nur um ihre eigene Befindlichkeit dreht.<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat der Arzt, Depressionen<br />

zu diagnostizieren?<br />

Der Facharzt stellt die Diagnose durch<br />

ein ausführliches Gespräch, die sogenannte<br />

Anamnese. Noch vor wenigen<br />

Jahren wurden Depressionen nach möglichen<br />

Ursachen eingeteilt. Diese Klassifikation<br />

wird heute aufgrund neuerer<br />

Erkenntnisse nicht mehr vorgenommen.<br />

Heute werden Depressionen nur noch<br />

nach dem Schweregrad unterteilt. Wichtig<br />

für die Diagnose ist, dass die Symptome<br />

mindes tens für einige Wochen<br />

wahrnehmbar sind und den Betroffenen<br />

in seinem persönlichen oder beruflichen<br />

Umfeld beeinträchtigen. In einigen Fällen<br />

werden Blutproben untersucht und<br />

computertomografische (CT-)Untersuchungen<br />

veranlasst, um andere Ursachen<br />

für die depressiven Symptome auszuschließen,<br />

wie z. B. zu niedriger Blutzucker,<br />

Mangel an Vitamin B12, Demenz<br />

oder hormonelle Störungen.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen Depressionen<br />

mit anderen (psychischen)<br />

Erkrankungen?<br />

Depressionen können auch in Zusa m-<br />

menhang mit ängstlicher Anspannung<br />

und Unruhe stehen. Fast die Hälfte aller<br />

depressiven Patienten zeigten Angstsymptome,<br />

die innere Spannung kann sich<br />

in Panikattacken äußern. Auch anhaltende<br />

körperliche Symptome, die nicht auf eine<br />

Behandlung ansprechen, wie beispielsweise<br />

Kopf schmerzen, Verdauungsstörungen<br />

und chronische Schmerzen, stehen oft in<br />

Zu sammen hang mit Depression. Depression<br />

wiederum erhöht das Risiko einer körperlichen<br />

Erkrankung.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden<br />

Depressionen behandelt?<br />

In der Therapie der Depression steht<br />

ein breites Spektrum an Medikamenten<br />

und Psychotherapien <strong>zur</strong> Verfügung. Die<br />

neueren Antidepressiva, die sogenannten<br />

SSRI (Selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren),<br />

werden heute in der Therapie<br />

bevorzugt eingesetzt und wirken sehr<br />

gut. Der bei Depressionen im Gehirn stark<br />

verminderte Nervenbotenstoff Serotonin<br />

wird durch die Medikamente wieder auf<br />

ein normales Niveau gebracht. Die Kombination<br />

der medikamentösen Behandlung<br />

mit Antidepressiva und Psychotherapie<br />

hat sich als besonders wirksam<br />

erwiesen.<br />

Was kann man als Betroffener<br />

selbst gegen diese Krankheit tun?<br />

Leidet ein Mensch an Bluthochdruck oder<br />

bricht er sich die Hand, steht eine medizinische<br />

Behandlung außer Frage. Bei der Depression<br />

haben wir leider noch mit vielen<br />

gesellschaftlichen Vorurteilen zu kämpfen,<br />

die bei den Betroffenen zu dem Glauben<br />

führen können, den Weg aus dem Seelentief<br />

alleine finden zu müssen. Mein Appell:<br />

Depressionen lassen sich heilen! Warten<br />

Sie nicht ab, bis der Leidensdruck zu groß<br />

wird, sondern suchen Sie schon bei den<br />

ersten Anzeichen der Krankheit professionelle<br />

Hilfe.<br />

Wie können Angehörige einem<br />

depressiven Menschen helfen?<br />

Kommentare wie „Reiß dich zusammen“<br />

oder „Es wird schon wieder“ sind völlig<br />

fehl am Platz, da Depressionen nicht mit<br />

ein bisschen Willensanstrengung zu bewältigen<br />

sind. Lange Gespräche mit dem<br />

Betroffenen über Probleme, Denk- und<br />

Verhaltensweisen sind für gewöhnlich<br />

ebenso wenig sinnvoll. Besser ist es, den<br />

Blick nach vorne zu richten. Erster Schritt<br />

ist, dem Betroffenen klarzumachen, dass<br />

es sich bei Depression um eine Stoffwechselerkrankung<br />

handelt, die behandelt<br />

werden kann. Der nächste Schritt<br />

besteht dann darin, einen Arzt aufzusuchen<br />

und sich helfen zu lassen.<br />

Welche Folgen kann eine<br />

unbehandelte Depression haben?<br />

Sicher ist, dass die Nichtbehandlung von<br />

Depressionen zu einem drei- bis vierfach<br />

höheren Suizidrisiko führt. Die Depression<br />

ist eine lebensgefährliche Erkrankung und<br />

stellt die Hauptursache für Suizide dar:<br />

10–15 Prozent der Betroffenen nehmen<br />

sich das Leben. Im Vergleich zu anderen Todesursachen<br />

versterben Menschen global<br />

gesehen etwa dreimal so häufig an einem<br />

Suizid wie an AIDS und etwa achtmal so<br />

häufig wie an Malaria. Suizide sind in Österreich<br />

doppelt so häufig wie Todesfälle<br />

durch einen Verkehrsunfall.<br />

FAct-Box<br />

Depression ist eine Er krankung, die<br />

mit seelischer Niedergeschlagenheit<br />

sowie körperlichen und psychischen<br />

Störungen einhergeht.<br />

Merkmale einer Depression:<br />

• Antriebslosigkeit<br />

• Innere Unruhe und<br />

Schlafstörungen<br />

• Fehlende Lebensfreude<br />

• Innere Leere und Traurigkeit<br />

• Vermindertes Selbstwertgefühl<br />

• Schwindendes Interesse<br />

• Konzentrationsschwäche<br />

• Unentschlossenheit<br />

• Schuldgefühle, Selbstanklagen<br />

• Suizidgedanken<br />

Mit modernen Antidepressiva sind Depressionen<br />

sehr gut behandelbar.<br />

5


d e p r e s s i o n<br />

Kindheit – gar<br />

6 INNENWELT<br />

Dr. med. Christian<br />

Kienbacher<br />

Medizinische Universität Wien<br />

Universitätsklinik für<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien<br />

Tel.: +43.1.40400 3012<br />

E-Mail: christian.kienbacher@meduniwien.ac.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist Depression im<br />

Kindes- und Jugendalter?<br />

Wir verstehen darunter ein ähnliches<br />

Krankheitsbild, wie es auch im Erwachsenenalter<br />

auftritt. Depressionen zählen<br />

zu den Störungen, deren Zahl bei Kindern<br />

und Jugendlichen in industrialisierten Ländern<br />

massiv zunehmen. Allerdings äußert<br />

sich Depression bei den 0- bis 18-Jährigen<br />

meist anders als bei „den Großen.“ Daher<br />

fällt die Diagnose auch schwerer.<br />

Warum war das Thema<br />

lange Zeit tabuisiert?<br />

Zunächst ist Depression generell ein Thema,<br />

das mit Mythen und Vorurteilen belegt<br />

ist. Hinzu kommt, dass Depression in dieser<br />

jungen Altersgruppe an unserem Bild<br />

der „glücklichen, unbeschwerten Kindheit“<br />

rüttelt. Leider aber wird die Tatsache, dass<br />

auch Menschen im Alter von 0 bis 18 erhebliche<br />

seelische Probleme haben können,<br />

immer mehr zum gesellschaftlich relevanten<br />

Thema und <strong>zur</strong> Herausforderung für<br />

die psychosoziale Versorgung in Österreich.<br />

Wie häufig ist Depression<br />

im Kindes- und Jugendalter?<br />

Im Vergleich <strong>zur</strong> Allgemeinbevölkerung<br />

sind Kinder und Jugendliche seltener betroffen.<br />

Doch es gibt eine Entwicklung mit<br />

zunehmendem Alter: Unter den Kindern<br />

leiden knapp 3 Prozent an Depressionen,<br />

unter den Jugendlichen sind es 0,4 bis 6,4<br />

Prozent. Mit dem Ende des Kindesalters<br />

zeigt sich, dass mehr Mädchen bzw. junge<br />

Frauen zu den Betroffenen zählen.<br />

Was sind die Ursachen für Depression<br />

im Kindes- und Jugendalter?<br />

Zum einen können sich Depressionen als<br />

Reaktion auf belastende Lebensumstände<br />

entwickeln. Belastungen wie etwa schulische<br />

Probleme, Scheidung der Eltern,<br />

Verlust von Haustieren und Freunden oder<br />

Mobbing. Besonders problematisch sind<br />

naturgemäß Dauerbelastungen, die häufig<br />

in Form familiärer Krisen auftreten. Dazu<br />

zählen etwa ständiger Streit, Vernachlässigung,<br />

Missbrauch, Geldmangel oder eine<br />

psychische Erkrankung der Eltern. Zurzeit<br />

wird viel darüber diskutiert, ob psychische<br />

Störungen eher umweltbedingt sind oder<br />

genetische Auslöser haben. Aber wie auch<br />

immer – noch wichtiger als die Ursachenforschung<br />

ist die möglichst frühzeitige und<br />

professionelle Behandlung.<br />

Kann Depression im Kindes- und<br />

Jugendalter zu Suizid führen?<br />

Depressive Schulkinder formulieren zunächst<br />

einmal verbal ihre Traurigkeit und<br />

können auch schon suizidale Gedanken<br />

äußern. Kinder unter 10 Jahren entwickeln<br />

zwar suizidale Gedanken, setzen diese aber<br />

nur sehr selten in die Tat um. Im Jugendalter<br />

kommt es jedoch dann zu einem<br />

drastischen Anstieg von Suizidversuchen<br />

und Suiziden. Suizidversuche treten am<br />

häufigsten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

auf und sind zudem bei Frauen<br />

zwei- bis dreimal häufiger.<br />

Wie sollte man auf<br />

Suizid-Ankündigungen<br />

eines Kindes oder<br />

Jugendlichen reagieren?<br />

Bei Suizidgedanken – etwa wenn Kinder/<br />

Jugendliche laut äußern, wie sie „es“ tun<br />

würden – ist rasches Handeln gefordert.<br />

Immerhin begeht in Österreich pro Woche<br />

ein Mensch unter 18 Jahren Suizid.<br />

Wichtig: Sofort ansprechen! Dem Betroffenen<br />

aktiv zuzuhören bedeutet, ihm die<br />

Möglichkeit zu geben, seinen seelischen<br />

Ballast loszuwerden.<br />

Wie wichtig ist die<br />

Vernetzung mit Experten?<br />

Sehr wichtig. Zunächst geht es, wie erwähnt,<br />

darum, das Thema anzusprechen.<br />

Der nächste Schritt ist dann, Fachleute<br />

wie z. B. Schulärzte und Schulpsychologen<br />

einzubinden. Aus einer Studie geht hervor,<br />

dass Jugendliche nicht anonym beraten<br />

werden wollen. Sie wollen sich jemandem<br />

„face to face“ anvertrauen, erwarten sich<br />

dann aber auch entsprechende Hilfe.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Woran erkenne ich als Jugendlicher,<br />

dass ich an einer Depression leide?<br />

Depression ist gekennzeichnet durch eine<br />

Traurigkeit, die nicht erlebnis- oder ereignisgesteuert<br />

ist. Zum anhaltenden Stimmungstief<br />

kommt auch eine Antriebsminderung<br />

dazu. Wenn man am Morgen am liebsten<br />

gar nicht aufstehen würde, sich durch den


nicht kinderleicht<br />

Tag schleppt und nicht weiß, welchen Sinn<br />

das Leben eigentlich hat – dann sollte man<br />

sich Hilfe holen. Typisch sind Gedanken,<br />

die sich immer ums selbe Thema drehen –<br />

„Wozu das Ganze?“ Zusätzlich können auch<br />

sogenannte vegetative Erscheinungen wie<br />

Mundtrockenheit, eine Enge in der Brust<br />

oder starke Verstopfung hinzukommen.<br />

Fühlt sich die Seele unwohl, dann leidet<br />

auch der Körper. Ganz wichtig ist es, diese<br />

Symptome ernst zu nehmen und sich an<br />

eine Vertrauensperson zu wenden.<br />

Woran erkenne ich als Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender junger Mensch<br />

an Depressionen leidet?<br />

Im Gegensatz zu einer Erkrankung im<br />

Erwachsenenalter äußern sich Depressionen<br />

in jungen Jahren ganz anders. Bei<br />

noch sehr jungen Kindern zeigen sich<br />

seelische Qualen psychosomatisch. Die<br />

kleinen Patienten leiden dann an Erbrechen,<br />

Übelkeit, Bauchschmerzen und<br />

Kopfschmerzen. Stehen im Kleinkindalter<br />

(bis drei Jahre) Apathie und Spielunlust im<br />

Vordergrund, sind es im Vorschulalter vor<br />

allem Stimmungslabilitäten, mangelnde<br />

Fähigkeit, sich zu freuen und eventuell<br />

auch aggressives Verhalten. In Pubertät<br />

und im Jugendalter zeigen sich Depressionen<br />

durch ein vermindertes Selbstwertgefühl,<br />

Ängste, Konzentrationsmangel und<br />

auch in Form von starken Schwankungen<br />

der Gemütslage über den Tag hinweg<br />

(völlig down in der Früh, aktiv erst ab dem<br />

frühen Abend).<br />

Warum wird Depression im<br />

Kindes- und Jugendalter<br />

oft nicht erkannt?<br />

Depressionen im Kindes- und Jugendalter<br />

sind seltener als bei Erwachsenen,<br />

verlaufen dafür aber meist atypisch, was<br />

die Symptome betrifft. Daher fällt die Diagnose<br />

auch schwerer. Jugendliche maskieren<br />

die Depression zudem meist mit<br />

aggressivem Verhalten, welches als typisches<br />

Anzeichen der Pubertät verkannt<br />

wird. Die Grenzen zwischen normaler<br />

Entwicklung und einem krankhaften Stimmungstief<br />

sind oft fließend.<br />

Was sind die Risikofaktoren für<br />

Depression im Kindes- und Jugendalter?<br />

Besonders gefährdet sind Kinder aus<br />

Familien mit vorhandenen Depressionserkrankungen<br />

bei erwachsenen Angehörigen<br />

– das deshalb, weil ein genetischer<br />

Aspekt bei der Erkrankung an Depressionen<br />

vermutet wird. Erleiden diese Kinder<br />

zusätzlich besonderen Stress wie Verlust<br />

eines Elternteils, schwere Erkrankung,<br />

Scheidung der Eltern, Lernschwierigkeiten<br />

oder ein Trauma wie sexuellen Missbrauch<br />

oder körperliche Misshandlung, dann erhöht<br />

sich die Gefahr einer tatsächlichen<br />

Depressionserkrankung.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden Depressionen bei<br />

Kindern und Jugendlichen behandelt?<br />

Die psychotherapeutische Intervention ist<br />

bei Kindern und Jugendlichen das Mittel<br />

der ersten Wahl. Handelt es sich allerdings<br />

um eine schwere Form der Depression,<br />

sollten auch Antidepressiva verabreicht<br />

werden. Dazu gibt es bislang aber nur<br />

wenige klinische Studien. Mit der medikamentösen<br />

Behandlung muss man langsam<br />

beginnen und engmaschig kontrollieren.<br />

Leider fehlt es in Österreich auch hierzu<br />

an Strukturen, um diese Versorgung<br />

sicherzustellen.<br />

In welchen Fällen ist eine stationäre<br />

Aufnahme <strong>zur</strong> Behandlung nötig?<br />

Leichte und mittelschwere Depressionen<br />

im Kindes- und Jugendalter können zumeist<br />

ambulant behandelt werden, in<br />

schweren Fällen sollte eine stationäre<br />

Aufnahme erfolgen. Hier gibt es in Österreich<br />

jedoch ein Problem: Die Kinderund<br />

Jugendpsychiatrie hat nicht genügend<br />

stationäre Betten. Fazit: Kinder<br />

und Jugendliche werden regelmäßig auf<br />

Stationen der Erwachsenen-Psychiatrie<br />

aufgenommen. Aufgrund dieser Situation<br />

ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

vom Gesundheitsministerium sogar zum<br />

„Mangelfach“ erklärt worden. Ziel ist es,<br />

in den kommenden Jahren die Ausbildung<br />

von zusätzlichen Fachärzten zu forcieren,<br />

um die Versorgung sicherzustellen.<br />

Was, wenn Depression bei Kindern<br />

und Jugendlichen unbehandelt bleibt?<br />

Bleiben Depressionen unbehandelt, können<br />

sie chronisch werden oder im Erwachsenenalter<br />

wiederkommen. Vor allem: Unbehandelt<br />

geht die Depression mit einem<br />

beträchtlichen Suizidrisiko einher.<br />

Was macht die Kinderund<br />

Jugendpsychiatrie?<br />

In Österreich ist diese seit 25 Jahren als<br />

Zusatzfach (für Neurologen, Psychiater<br />

und Pädiater) anerkannt und seit 2007<br />

ein eigenes ärztliches Sonderfach. Unser<br />

Fach erfordert große Liebe zu Kindern<br />

und Jugendlichen, andererseits umfangreiches<br />

Wissen aus verschiedenen Wissenschaften,<br />

nämlich der Medizin, der Psychologie<br />

und der Pädagogik. Weil wir bei<br />

unserer Arbeit die Erkenntnisse, Methoden<br />

und Erfahrungen verschiedener Wissenschaften<br />

nützen und weil wir gleichzeitig<br />

sehr eng mit Eltern, Erziehern und medizinischen<br />

Berufen zusammenarbeiten,<br />

können wir den Prozess der Entwicklung,<br />

aber auch der Irritation erkennen und<br />

die geeigneten Behandlungs<strong>wege</strong>, Förderungen<br />

und Therapien aufzeigen.<br />

FAct-Box<br />

Suizidprävention ist wichtig!<br />

Suizid ist bei Jugendlichen in Österreich<br />

nach Unfällen bereits die zweithäufigste<br />

Todesursache. Nur eine flächendeckende,<br />

qualitativ hochwertige kinderund<br />

jugendpsychiatrische Versorgung<br />

kann <strong>zur</strong> wirkungsvollen Suizidprävention<br />

beitragen. Dafür aber braucht es<br />

in Österreich mehr Ausbildungsplätze<br />

und mehr Behandlungseinrichtungen.<br />

Vorrangiges Ziel der Österreichischen<br />

Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

ist es, die Versorgung zu<br />

verbessern.<br />

Informationen unter: www.oegkjp.at<br />

7


d e p r e s s i o n<br />

Depression im Alter: Eis<br />

Univ.-Prof.<br />

DDr. Peter Fischer<br />

SMZ-Ost – Donauspital<br />

Psychiatrische Abteilung<br />

Langobardenstraße 122, 1220 Wien<br />

Tel.: +43.1.28802 3000<br />

E-Mail: p.fischer@wienkav.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was versteht man unter<br />

Depression im Alter?<br />

Generell sind die Symptome bei einer Depression<br />

altersunabhängig. Der Mensch leidet<br />

an Antriebslosigkeit und ist freudlos, er<br />

hat Schwierigkeiten durchzuschlafen und<br />

keinen Appetit, seine Tagesrhythmik ist gestört<br />

und er leidet an innerer Unruhe, sein<br />

Suizidrisiko ist erhöht und er wertet sich<br />

selbst ab.<br />

Wie viele Menschen sind<br />

in Österreich betroffen?<br />

Man schätzt, dass von den 65- bis 70-Jährigen<br />

etwa 10 Prozent betroffen sind, von<br />

den 75-Jährigen etwa 16 Prozent und von<br />

den 85-Jährigen sogar 25–30 Prozent.<br />

Wie hoch ist das Risiko,<br />

an Depression im Alter<br />

zu erkranken?<br />

Bei 80-jährigen Frauen beträgt es etwa 40<br />

Prozent, bei 80-jährigen Männern 20–25<br />

Prozent. Wer bereits in jüngeren Jahren Depressionen<br />

hatte, weist ein höheres Risiko<br />

auf, wieder daran zu erkranken. Auch wenn<br />

eine Depression im Alter zu kurz oder un<strong>zur</strong>eichend<br />

behandelt wird, steigt das Risiko,<br />

dass sie wiederkehrt.<br />

Was ist der Unterschied<br />

zu einer Depression bei<br />

jungen Menschen?<br />

Im Allgemeinen sind die Symptome die<br />

gleichen, dennoch gibt es ein paar Unterschiede.<br />

Ein typisches Symptom ist „innere<br />

Unruhe“. Während ein junger Mensch<br />

sich innerlich unruhig fühlt, nach außen<br />

hin aber lethargisch wirkt, trägt der alte<br />

Mensch seine innere Unruhe auch nach<br />

außen und wirkt auf sein Umfeld umtriebig.<br />

Dennoch ist er dabei antriebslos,<br />

was nicht verwechselt werden sollte. Auch<br />

klagen alte Menschen seltener über sexuelle<br />

Probleme, wobei sich allerdings<br />

die Frage stellt, ob sich der (meist) jüngere<br />

Arzt traut, einen Patienten im Alter<br />

seiner Eltern nach sexuellen Problemen<br />

zu fragen, oder ob ein(e) PatientIn ihm<br />

gegenüber sexuelle Probleme überhaupt<br />

zugibt. Ältere Patienten mit Depressionen<br />

klagen ebenfalls häufiger über körperliche<br />

Beschwerden als junge Patienten. Wobei<br />

wiederum das Risiko besteht, dass der behandelnde<br />

Arzt sich mehr auf die körperlichen<br />

Krankheiten konzentriert statt auf<br />

die Depression, die dahinter liegt.<br />

Was ist die Ursache für<br />

Depressionen im Alter?<br />

In vielen Fällen sind sogenannte „life<br />

events“, d. h. einschneidende Erlebnisse,<br />

der Auslöser für Depressionen. In der VITA-<br />

Studie, bei der in Wien sieben Jahre lang<br />

Menschen ab 75 Jahren begleitet wurden,<br />

zeigte sich, dass ein hoch signifikanter Zusammenhang<br />

besteht zwischen Ereignissen,<br />

die Kinder oder Enkel betreffen, und<br />

der Entstehung von Depressionen.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

An welchen Anzeichen<br />

erkenne ich als Betroffener,<br />

möglicherweise an einer<br />

Depression im Alter zu leiden?<br />

Ein signifikantes Anzeichen ist das Auftreten<br />

von Interesselosigkeit. Wenn jemand,<br />

der sich sein Leben lang für bestimmte<br />

Dinge wie etwa Sportübertragungen interessiert<br />

hat, plötzlich kein Interesse<br />

und keine Freude mehr daran hat. Auch<br />

körperliche Symptome wie Appetitverlust<br />

oder Durchschlafstörungen können auf<br />

eine Depression hinweisen.<br />

Welche Probleme<br />

stellen sich bei der Diagnose<br />

von Depressionen im Alter?<br />

Das Problem besteht darin, dass alte Menschen<br />

häufig an Krankheiten leiden, deren<br />

Symptome aber zugleich die Symptome von<br />

Depressionen sein können. So können Kopfschmerzen<br />

oder Übelkeit bei Frauen über 40<br />

auch Ausdruck einer Depression sein. Auch<br />

Kreislauflabilität, d. h. ein morgendlicher<br />

Kollaps oder niedriger Blutdruck am Morgen,<br />

kann ein Zeichen für Depression sein. Ebenso<br />

äußern sich Depressionen über gastrointestinale<br />

Beschwerden wie Durchfall oder<br />

Verstopfung – die häufig als typische Alterskrankheiten<br />

diagnostiziert und nicht als Ausdruck<br />

von Depressionen gesehen werden.<br />

Wie ist der Zusammenhang<br />

von Depression im Alter und Demenz?<br />

Da gibt es sehr komplexe Zusammenhänge,<br />

viele Demenzen beginnen mit Symptomen<br />

einer Depression wie Interesselosigkeit<br />

8 INNENWELT


zeit im Herbst des Lebens<br />

Warum ist das Einhalten der<br />

Kontrolltermine beim Arzt wesentlich<br />

für eine wirksame Therapie?<br />

Im Allgemeinen erfolgt ein erster Kontrolltermin<br />

bei einer medikamentösen Therapie<br />

nach drei Wochen, um zu schauen,<br />

ob die Dosis stimmt oder erhöht werden<br />

muss. Dann erfolgen Kontrollen in regelmäßigen<br />

Abständen und nach Abschluss<br />

der Therapie etwa zwei- bis dreimal pro<br />

Jahr. Stimmt die Compliance des Patienten<br />

– d. h. seine aktive Mitarbeit – ist auch<br />

der Therapieerfolg gegeben.<br />

oder innere Unruhe. Auch wirken schwere<br />

Depressionen wie eine Demenz: So hat jemand,<br />

der schwer depressiv ist, auch eine<br />

herabgesetzte Gedächtnisleistung. Und<br />

Menschen, die in ihrem Leben mehrere Depressionen<br />

hatten, haben ein erhöhtes Risiko<br />

an Demenz zu erkranken. Um Demenz<br />

vorzubeugen, ist es daher umso wichtiger,<br />

Depressionen präventiv zu behandeln.<br />

Besteht auch bei Depression<br />

im Alter Suizidgefahr?<br />

Die Suizidgefahr ist absolut gegeben und<br />

man weiß mittlerweile, dass mindestens<br />

60–70 Prozent aller Selbstmorde Folge<br />

von Depressionen sind. Das Risiko für<br />

einen Selbstmord steigt mit zunehmendem<br />

Alter – vor allem bei Männern.<br />

Muss man das Auftreten<br />

einer Depression in späteren<br />

Lebensjahren schicksalhaft<br />

hinnehmen?<br />

Keinesfalls! Depressionen sind auch im<br />

Alter gut therapierbar. Ebenso gibt es zahlreiche<br />

Menschen, die auch im hohen Alter<br />

eine optimistische und lebensbejahende<br />

Grundeinstellung besitzen.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Kann Depression im Alter<br />

wirksam behandelt werden?<br />

Ja. Zwei Drittel der Depressionen im Alter<br />

sind gut behandelbar. Unerlässlich ist<br />

es daher, sich beim Auftreten der ersten<br />

Anzeichen an den Arzt zu wenden. In den<br />

meisten Fällen besteht die Behandlung aus<br />

einer Kombination von Psychotherapie<br />

(z. B. Gesprächstherapie) und medikamentöser<br />

Therapie mit Psychopharmaka, welche<br />

– aus Rücksicht auf den älteren Organismus<br />

– sehr behutsam eingesetzt und<br />

einschleichend dosiert werden, d. h. die<br />

Dosis wird langsam gesteigert. Sinn einer<br />

Psychotherapie ist es, den auslösenden<br />

Faktor für die Depression zu bearbeiten.<br />

Es gibt übrigens PsychotherapeutInnen,<br />

die auf das Klientel der Älteren spezialisiert<br />

sind und neben der entsprechenden<br />

Erfahrung mit geriatrischen Themen auch<br />

die nötige persönliche Reife besitzen, die<br />

es braucht, damit ältere Menschen sich<br />

ihnen anvertrauen können.<br />

Gibt es Möglichkeiten,<br />

die Erkrankung zu verhindern oder<br />

ihr Fortschreiten zu stoppen?<br />

Als sehr wirkungsvolles Instrument <strong>zur</strong><br />

Vorbeugung von Depression im Alter haben<br />

sich Sozialkontakte erwiesen. Und<br />

zwar zu nicht-verwandten Personen,<br />

sprich: zu Freunden – egal, ob Menschen,<br />

die man von klein auf kennt oder solche,<br />

die man erst im Alter kennengelernt hat.<br />

Denn mit diesen kann man meist ehrlicher<br />

und offener reden als mit den eigenen<br />

Kindern oder Enkeln.<br />

Welche Möglichkeiten<br />

der Therapie bei Depression im Alter<br />

gibt es sonst noch?<br />

Komplementäre Methoden sollten ergänzend<br />

eingesetzt werden, um eine Depression<br />

erfolgreich zu behandeln. Konkret<br />

heißt das, die Angehörigen einzubinden<br />

und generell zu schauen, wie das soziale<br />

Umfeld des Betroffenen beschaffen ist.<br />

Mit dem Ziel, diesen wieder in ein Netz<br />

sozialer Strukturen zu integrieren.<br />

Welche Folgen kann eine unbehandelte<br />

Depression im Alter haben?<br />

Die Folgen können sehr zahlreich sein<br />

und von Anfälligkeit für Krankheiten<br />

über Schwächung des Immunsystems<br />

bis hin zu steigendem Risiko für Behinderung,<br />

Demenz oder Suizid reichen.<br />

Auf jeden Fall verschlechtert sich<br />

die Lebensqualität des Betroffenen beträchtlich.<br />

FAct-Box<br />

• in Österreich sind schätzungsweise<br />

10 Prozent der 65- bis 70-Jährigen<br />

von Depression im Alter betroffen,<br />

von den 75-Jährigen etwa 16 Prozent<br />

und von den 85-Jährigen sogar<br />

25–30 Prozent.<br />

• Symptome sind Interesselosigkeit<br />

und Antriebslosigkeit, innere<br />

Unruhe, Appetitverlust, aber auch<br />

Schlafstörungen, Kopfschmerzen<br />

oder Verdauungsstörungen.<br />

• Zwei Drittel der Depressionen im<br />

Alter sind gut behandelbar. Unerlässlich<br />

ist es daher, sich beim Auftreten<br />

der ersten Anzeichen an den<br />

Arzt zu wenden.<br />

9


d e p r e s s i o n<br />

Die weibliche Seite<br />

Doz. dr.<br />

alexandra<br />

whitworth<br />

Augustinergasse 9a, 5020 Salzburg<br />

Tel.: +43.664.3342 388<br />

E-Mail: mypsychiaterin@aon.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Wie viele Frauen leiden<br />

an Depressionen?<br />

Depressive Störungen zählen zu den häufigsten<br />

psychiatrischen Erkrankungen. In<br />

Österreich leiden geschätzte 800.000<br />

Menschen an einer Form von Depression.<br />

Jede vierte Frau, aber „nur“ jeder zehnte<br />

Mann ist einmal im Leben davon betroffen.<br />

Wesentlich mehr Frauen als Männer<br />

verüben einen Suizidversuch, allerdings<br />

liegt die tatsächliche Sterberate hier bei<br />

Männern in allen Altersgruppen weitaus<br />

höher.<br />

Ist Depression demnach eine<br />

„weibliche Erkrankung“?<br />

Nein, allerdings wird Depression bei<br />

Frauen häufiger erkannt, weil Frauen<br />

meist frühzeitiger zum Arzt gehen.<br />

Warum sind Frauen von Depressionen<br />

öfters betroffen als Männer?<br />

Zum einen sind Frauen aus hormonellen<br />

Gründen von vornherein gefährdeter, an<br />

einer Depression zu erkranken. Darauf<br />

deutet auch das erhöhte Auftreten von<br />

Depression in Zeiten hormoneller Umstellung<br />

hin, wenn der Botenstoff Östrogen<br />

im Körper absinkt – z. B. nach einer<br />

Geburt oder während des Wechsels. Weiters<br />

spielen aber auch typisch weibliche<br />

Persönlichkeitsfaktoren eine Rolle, wie<br />

etwa die typisch weibliche Tendenz, sich<br />

für alles verantwortlich zu fühlen und den<br />

Erwartungen des Umfelds entsprechen zu<br />

müssen.<br />

Ein höheres Risiko besteht außerdem,<br />

wenn Depression auch bei anderen Familienmitgliedern<br />

auftritt.<br />

Aber ebenso soziokulturelle Gründe und<br />

die soziale Stellung der Frau können eine<br />

Erklärung dafür sein, dass Frauen öfters an<br />

Depression erkranken. Die Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO listet als spezifisch<br />

weibliche Risikofaktoren eine frühe<br />

Heirat, Teenager-Schwangerschaften<br />

oder die Bevorzugung von Brüdern auf.<br />

Gibt es noch weitere soziokulturelle<br />

Risikofaktoren, die die Entwicklung<br />

einer Depression begünstigen können?<br />

Hier gibt es eine Reihe an Faktoren, die<br />

möglicherweise zum Entstehen einer<br />

Depression beitragen. Begonnen bei der<br />

Erziehung des jungen Mädchens bis hin<br />

<strong>zur</strong> veränderten gesellschaftlichen Rolle<br />

der Frau. Die Mehrfachbelastung durch<br />

Beruf und Familie verursacht in vielen<br />

Fällen körperlichen und seelischen Stress.<br />

Gleichzeitig haben Frauen schlechtere<br />

Karrierechancen, auch diese Frustration<br />

kann zu Depression führen. Weitere<br />

Risikofaktoren: Der Verlust eines Elternteils<br />

vor dem 10. Lebensjahr und andere<br />

einschneidende „Life-Events“ wie z. B.<br />

Gewalterfahrungen oder sexueller Missbrauch,<br />

die dazu führen können, dass eine<br />

Depression entsteht. Gewalt gehört generell<br />

zu den größten Gesundheitsrisiken<br />

von Frauen. Untersuchungen belegen,<br />

dass rund 40 Prozent aller Frauen im Alter<br />

zwischen 16–85 Jahren körperliche oder<br />

sexuelle Gewalterfahrungen gemacht haben.<br />

Überwiegend handelt es sich dabei<br />

um häusliche Gewalt. Auch existenzielle<br />

Sorgen oder gar Armut, und damit die<br />

Ausgrenzung aus der Gesellschaft, zählen<br />

zu den Auslösern einer Depression.<br />

In welchen weiteren Lebensphasen<br />

der Frau treten Depressionen<br />

besonders häufig auf?<br />

Vor der Pubertät und nach dem Klimakterium<br />

sind die Depressionsraten zwischen<br />

den Geschlechtern ähnlich verteilt, aber<br />

bereits ab der Adoleszenz haben Mädchen<br />

ein bis zu doppelt so hohes Risiko,<br />

an einer Depression zu erkranken wie<br />

das männliche Geschlecht. Die höheren<br />

weiblichen Depressionsraten entstehen<br />

im frühen Erwachsenenalter, erreichen<br />

einen Gipfel im mittleren Lebensalter<br />

und sinken in der postmenopausalen<br />

Phase (die Zeit nach den Wechseljahren)<br />

wieder ab. In der Kindheit und im<br />

späteren Lebensalter werden kaum Geschlechtsunterschiede<br />

– und wenn, dann<br />

oft sogar mit einem höheren Risiko für<br />

Männer – gefunden.<br />

Warum sind Frauen vor der<br />

Menstruation oder nach einer Geburt<br />

anfälliger für eine Depression?<br />

In diesen Zeiten geht es mit den Hormonen<br />

„auf und ab“. Eine wichtige<br />

Rolle bei der hormonellen Achterbahn<br />

spielt das Hormon Östrogen. Es erhöht<br />

die Konzentration von Serotonin und<br />

weiteren Botenstoffen des Gehirns, beispielsweise<br />

Acetylcholin, Noradrenalin<br />

10 INNENWELT


der Depression<br />

und Dopamin. Sexualhormone und ihre<br />

Schwankungen beeinflussen Botenstoffe<br />

wie Serotonin und Noradrenalin, aber<br />

auch die Empfindlichkeit, mit der Zellen<br />

auf Antidepressiva reagieren.<br />

Was ist eine Wochenbettdepression?<br />

Diese im Fachterminus sogenannte postpartale<br />

Depression tritt nach der Geburt<br />

auf. Oft wird die Wochenbettdepression<br />

mit dem „Babyblues“ verwechselt. Unter<br />

den berühmten „Heultagen“ nach der<br />

Entbindung versteht man allerdings nur<br />

eine leichtere depressive Verstimmung,<br />

die wohl durch die heftige hormonelle<br />

Umstellung ausgelöst wird. Erst wenn<br />

die Symptome länger als zwei Wochen<br />

andauern, muss man an eine ernst zu<br />

nehmende Wochenbettdepression denken.<br />

In 15–20 Prozent der Fälle treten<br />

depressive Symptome später und anhaltend<br />

auf und sind behandlungsbedürftig.<br />

Diese Wochenbettdepressionen werden<br />

oft zu spät oder gar nicht erkannt, und<br />

führen so – abgesehen vom Leiden der Mutter<br />

– zu starken Belastungen der Mutter-<br />

Kind-Bindung. Im Extremfall kann diese<br />

seelische Belastung bis hin zu Suizidgedanken<br />

oder -versuchen führen.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Welche Symptome zeigen sich bei<br />

depressiven Frauen?<br />

Untersuchungen zufolge präsentiert<br />

sich die Krankheit bei Frauen und Männern<br />

unterschiedlich. So zeigen Frauen<br />

eher die „klassischen“ Kernsymptome:<br />

Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit<br />

und Energielosigkeit.<br />

Männer hingegen reagieren häufiger mit<br />

Aggression, Rückzug und Alkoholkonsum.<br />

Ein wesentliches Symptom bei Frauen ist<br />

der Verlust der Konzentrationsfähigkeit<br />

– dahinter mag sich Überforderung und<br />

Stress verbergen, es kann aber eben auch<br />

ein Hinweis auf Depression sein.<br />

Welche körperlichen Symptome kann<br />

eine Depression verursachen?<br />

Sehr oft beschreiben Frauen beim Arztbesuch<br />

nicht die genannten, typischen<br />

Depressionssymptome sondern Schmerzen<br />

(speziell Rückenschmerzen), Schlafstörungen<br />

und Magen-Darm-Probleme.<br />

Dass dahinter eine Depression stecken<br />

könnte, ist vielen gar nicht bewusst.<br />

Ist eine weibliche Depression anders<br />

als die Depression des Mannes?<br />

Ein wesentlicher Unterschied ist der<br />

frühere Erkrankungsbeginn, weiters<br />

zeichnet sich die „weibliche Depression“<br />

durch längere Episoden aus, was leider<br />

auch eine Chronifizierung begünstigt.<br />

Das heißt, das Gros der depressiven<br />

Frauen schleppt die Erkrankung sehr<br />

lange mit sich herum und erleidet, nach<br />

Phasen der Besserung, immer wieder<br />

Rückfälle. Umso wichtiger ist es, um Leben<br />

und Lebensqualität zu schützen, sich<br />

rechtzeitig in professionelle Therapie zu<br />

begeben.<br />

Tritt Depression bei Frauen gemeinsam<br />

mit anderen psychischen Leiden auf?<br />

Sehr häufig paart sich Depression mit<br />

Angsterkrankungen und Essstörungen,<br />

Kopfschmerzen und Migräne. Dieses gemeinsame<br />

Auftreten nennt man „Komorbidität“.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie wird Depression bei<br />

Frauen therapiert?<br />

Mittelschwere bis schwere Depressionen<br />

sollten mit Antidepressiva behandelt werden,<br />

begleitend dazu trägt häufig eine Psychotherapie<br />

<strong>zur</strong> Besserung bei. Hormonpräparate in<br />

Kombination mit Antidepressiva können bei<br />

schweren Fällen in den Wechseljahren bis zu<br />

einem Jahr eingesetzt werden.<br />

Was können von Depression<br />

betroffene Frauen tun?<br />

Auch wenn Frauen in der Regel dazu erzogen<br />

werden, dem eigenen Befinden nicht<br />

so viel Aufmerksamkeit zu schenken und<br />

Probleme „in sich hineinzufressen“, statt<br />

diese zu artikulieren: Eine Depression gehört<br />

in jedem Fall rechtzeitig gegenüber<br />

der Ärztin oder dem Arzt angesprochen<br />

und in Folge behandelt.<br />

11


A n g s t s t ö r u n g<br />

Angststörung –<br />

12 INNENWELT<br />

O. Univ.-Prof.<br />

DDr. Hans-Peter<br />

Kapfhammer<br />

Medizinische Universität Graz<br />

Universitätsklinik für Psychiatrie<br />

Auenbruggerplatz 31, 8036 Graz<br />

Tel.: +43.316.385 3612<br />

E-Mail: hans-peter.kapfhammer@klinikum-graz.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was sind Angststörungen?<br />

Kein Mensch ist frei von Angst und das ist<br />

auch gut so. Ängste gehören zu unserem<br />

Leben. Sie treten in den unterschiedlichsten<br />

Situationen und Zusammenhängen<br />

auf, weisen auf drohende Gefahren hin<br />

und haben damit eine wichtige Schutzfunktion.<br />

Als normale Stressreaktion<br />

kann Angst in Situationen entstehen,<br />

die als bedrohlich und unkontrollierbar<br />

eingeschätzt werden (z. B. Prüfungssituation).<br />

Das Symptom Angst ist differenzialdiagnostisch<br />

unspezifisch und hat viele<br />

Gesichter. Eine häufige Form der Angststörung<br />

ist die „generalisierte Angststörung“.<br />

Die Bezeichnung „generalisiert“<br />

drückt aus, dass diese Form der Angststörung<br />

nicht auf eine bestimmte Situation<br />

oder ein bestimmtes Objekt gerichtet ist.<br />

Andere Angststörungen sind hingegen<br />

an bestimmte Auslöser oder Situationen<br />

gebunden – zum Beispiel Phobien – hier<br />

haben wir es mit irrationalen Ängsten<br />

vor konkreten Dingen oder Situationen<br />

zu tun.<br />

Was sind die Ursachen für<br />

Angststörungen?<br />

Wie bei den meisten psychischen Störungen<br />

gibt es auch bei den Angststörungen<br />

nicht die eine bekannte Ursache.<br />

Stattdessen geht man von einer Vielzahl<br />

verursachender auslösender Faktoren<br />

aus, die erst im Zusammen- und Wechselwirken<br />

den tatsächlichen Ausbruch<br />

der Störung bewirken. Konstitutionelle<br />

Faktoren wie eine genetische Prädisposition,<br />

Temperamentsfaktoren sowie<br />

Umweltfaktoren wie ein überbehütendes<br />

oder emotional kaltes oder strenges Elternhaus<br />

dürften ebenso eine Rolle spielen<br />

wie negative Lebensereignisse.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

Mittlerweile gehören Angststörungen sogar<br />

zu den häufigsten psychischen Er krankun<br />

gen in Österreich. Etwa 15–20 Prozent<br />

der Menschen leiden irgendwann einmal<br />

darunter. In der Allgemeinpraxis sind mehr<br />

als 10 Prozent der Patienten davon betroffen.<br />

Weniger als 50 Prozent der Fälle<br />

werden diagnos tiziert und nur ein kleiner<br />

Teil wird behandelt. Gründe dafür sind<br />

Scham der Patienten, über ihre Angst zu<br />

sprechen, Befürchtungen, als psychisch<br />

krank etikettiert zu werden oder einseitige<br />

Wahr nehmung körperlicher Symptome.<br />

Viele Ärzte sind mit der Diagnose und<br />

Therapie von Angststörungen noch wenig<br />

vertraut, was zu einseitiger körperlicher<br />

Abklärung führen kann.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise an einer<br />

Angststörung leidet?<br />

Angststörungen machen sich meist schon<br />

in der Kindheit oder Jugend, spätestens<br />

im frühen Erwachsenenalter bemerkbar.<br />

Zentrales Merkmal der generalisierten<br />

Angststörung: ständige unkontrollierbare<br />

Sorgen und Befürchtungen, die derart<br />

belastend werden, dass sie psychisch<br />

krank machen und zahlreiche körperliche<br />

Symptome bewirken. Die primären<br />

Symptome von Angst treten mehrere<br />

Wochen lang auf, meistens sogar mehrere<br />

Monate. Menschen mit Angststörungen<br />

empfinden oft gar nicht die Angst<br />

selbst als das hervorstechende Symptom.<br />

Stattdessen werden häufig körperliche<br />

Symptome wie etwa Schwindel, Herzrasen,<br />

Zittern, verminderte Belastbarkeit<br />

oder auch Magen-Darm-Beschwerden<br />

genannt.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch<br />

vielleicht Angststörungen hat?<br />

Das Beschwerdebild eines Angstpatienten<br />

ist zermürbend und sorgt bei Außen stehenden<br />

oft für Ratlosigkeit. Betroffene<br />

wirken rastlos, innerlich unruhig und getrieben.<br />

Hinzu kommt Reizbarkeit mit zunehmenden<br />

Merk- und Konzentrationsstörungen.<br />

Auf lange Sicht können sich<br />

Angsterkrankte kaum noch entspannen<br />

und regenerieren, sind daher im Alltag<br />

rasch erschöpft. Belastend für Angehörige<br />

ist die wachsende Sorgenbereitschaft<br />

des Betroffenen. Im fortgeschrittenen<br />

Stadium droht ein zunehmendes Vermeidungs-<br />

und damit Rück zugs verhalten. In<br />

vielen Fällen klagen Partner darüber, der<br />

Betroffene wäre „erkaltet“ und hätte das<br />

Interesse an ihrer Person und an gemeinsamen<br />

Aktivitäten verloren.


der tägliche Horror<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat der Arzt, eine Angststörung<br />

zu diagnostizieren?<br />

Die Diagnose von Angststörungen erfolgt<br />

nach den Kriterien der heute<br />

gebräuchlichs ten Klassifikationssysteme<br />

ICD-10 und DSM-IV. Während vor 20<br />

Jahren lediglich zwischen Angstneurosen<br />

und Phobien unterschieden wurde,<br />

finden sich in den modernen Klassifikationen<br />

spezifische Phobie, soziale Phobie,<br />

Panikstörung mit/ohne Agoraphobie,<br />

generalisierte Angsterkrankung, posttraumatische<br />

Be lastungsstörung und<br />

Zwangsstörung. All diese Angsterkrankungen<br />

zeigen einen unterschiedlichen<br />

Beginn und Verlauf und erfordern unter<br />

einem klinisch-praktischen Gesichtspunkt<br />

spezielle Beachtung.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen Angststörungen mit anderen<br />

(psychischen) Erkrankungen?<br />

Die psychiatrische Komorbidität ist<br />

hoch: Depressive Störungen sind mit<br />

über 60 Prozent vertreten, Panikstörungen<br />

kommen in 11–27 Prozent der<br />

Fälle vor, spezifische Phobien sowie<br />

eine soziale Phobie sind zu je 15–56<br />

Prozent vertreten. Zwanghafte, paranoide<br />

und ängstlich-vermeidende<br />

Persön lichkeits stö run gen werden bei<br />

60 Prozent der Betroffenen beobachtet.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden<br />

Angststörungen behandelt?<br />

Die Behandlung von Angst- und Panikstö<br />

run gen oder Phobien ruht auf zwei<br />

Säulen: medikamentöse Therapie und<br />

Psycho the rapie. Krankhafte Angst ist<br />

immer mit einem biochemischen Ungleichgewicht<br />

im Gehirn verbunden. Bevorzugt<br />

werden in der Be hand lung selektive<br />

Serotonin-Wieder aufnahmehemmer<br />

(SSRI), welche sowohl gegen Ängste als<br />

auch gegen Depression zum Einsatz kommen.<br />

Der Königsweg der Psychotherapie<br />

ist nach heutigem Wissen die kognitive<br />

Verhaltenstherapie. Ein Teil der Behandlung<br />

besteht darin, den Patienten – nach<br />

entsprechender psychologischer Vorbereitung<br />

– mit den Auslösern seiner<br />

Angst zu konfrontieren. Wer Angst vor<br />

hohen Gebäuden hat, besteigt mit dem<br />

Therapeuten einen Turm, wer Angst vor<br />

sozialen Kontakten hat, übt, wildfremde<br />

Leute nach der Uhrzeit zu fragen. Entscheidend<br />

dabei ist, dass der Betroffene<br />

am eigenen Leib erlebt, dass die von ihm<br />

als unausweichlich angesehene Katastrophe<br />

(„Ich sterbe“ oder „Alle werden mich<br />

auslachen“) ausbleibt.<br />

Was kann man<br />

als Betroffener selbst gegen<br />

diese Krankheit tun?<br />

Der erste Schritt: erkennen, dass man unter<br />

einer Angststörung leidet! In jedem<br />

Fall sollte man sich frühzeitig an einen<br />

Arzt wenden. Leider geschieht dies viel zu<br />

selten. Doch je hartnäckiger die Angst verdrängt<br />

wird, desto mehr zehrt sie an der<br />

Lebens kraft.<br />

Wie können Angehörige<br />

einem Menschen mit<br />

Angststörungen helfen?<br />

Angststörungen sind nicht nur für den<br />

Betroffenen selbst belastend. Auch der<br />

Lebenspartner und die Familie sind durch<br />

die Ängste und das veränderte Verhalten<br />

der vertrauten Person mit Problemen konfrontiert<br />

und in ihrer Lebensqualität eingeschränkt.<br />

In dieser Situation brauchen auch<br />

Angehörige Unterstützung und die Möglichkeit,<br />

sich mit anderen Menschen auszutauschen,<br />

die vor ähnlichen Problemen<br />

stehen oder ähnliche Erfahrungen gemacht<br />

haben. Selbsthilfegruppen für Angehörige<br />

sind hierbei eine wichtige Anlaufstelle zum<br />

Erfahrungsaustausch und um neue Sichtund<br />

Verhaltensweisen kennenzulernen.<br />

Welche Folgen<br />

kann eine unbehandelte<br />

Angststörung haben?<br />

Die Folgen von Angststörungen sind mitunter<br />

gravierend: Weil man sich schämt, die<br />

Ängste einzugestehen und Hilfe zu suchen,<br />

wird das Problem verleugnet. Angst auslösende<br />

Situationen werden gemieden, das<br />

Leben um die Ängste herum neu organisiert<br />

und dies alles auf zunehmend unrichtiger<br />

Argumentationsbasis. Die weiteren<br />

Folgen sind oft soziale Isolierung sowie ein<br />

Zurückbleiben hinter den eigenen Möglichkeiten.<br />

Steigt der Druck, werden häufig<br />

Alkohol, Beruhigungs- und Schlafmittel<br />

oder – bei jungen Patienten – Drogen konsumiert.<br />

Krankheitsbilder<br />

FAct-Box<br />

pAnikattacke: Akuter, intensiver und<br />

zeitlich begrenzter Angst anfall, kann<br />

bei allen Angst störungen auftreten.<br />

Panikstörung: Wiederkehrende, unerwartete,<br />

nicht durch äußere Umstände<br />

ausgelöste Panik attacken. Diese erreichen<br />

innerhalb von 1–3 Minuten ihr<br />

Maximum und klingen meist binnen<br />

10–30 Minuten wieder ab. Gelegentlich<br />

können sie aber auch einige Stunden<br />

andauern.<br />

Phobien: Störungen, bei denen Angst<br />

durch eindeutig definierte, im Allgemeinen<br />

ungefährliche Situationen oder<br />

Objekte hervorgerufen wird.<br />

Agoraphobie: Bei dieser be steht<br />

nicht nur Angst vor weiten Plätzen<br />

(griechisch: agora = Marktplatz), sondern<br />

vor allen Situationen außerhalb<br />

der gewohnten Umgebung und bei<br />

beschränkten Möglichkeiten <strong>zur</strong> Flucht<br />

oder Hilfe von außen.<br />

Soziale Phobie („Soziale Angststörung“):<br />

Betroffene fürchten sich<br />

vor Situationen, in denen sie im Mittelpunkt<br />

stehen. Sie haben Angst, etwas<br />

zu sagen oder zu tun, das demütigend<br />

oder peinlich sein könnte.<br />

Spezifische Phobien: Hier wird die<br />

Angst durch ein Objekt oder eine Situation<br />

ausgelöst.<br />

Generalisierte Angststörung:<br />

Ständiges Sich-Sorgen gilt als das zentrale<br />

Merkmal der generalisierten Angststörung.<br />

13


Z w a n g s s t ö r u n g<br />

Zwangsstörung – dem<br />

Prim. Univ.-Prof.<br />

Dr. Christoph<br />

Stuppäck<br />

Universitätsklinikum für<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

CDK Salzburg<br />

Ignaz-Harrer-Straße 79, 5020 Salzburg<br />

Tel.: +43.662.4483 4300<br />

E-Mail: c.stuppaeck@salk.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was sind Zwangsstörungen?<br />

Gedanken wie „Ist der Ofen wirklich<br />

aus?“ oder „Habe ich das Bügeleisen<br />

abgeschaltet?“ kennen wir alle. Bei Menschen,<br />

die unter einer Zwangsstörung<br />

leiden, drängen sich diese Gedanken jedoch<br />

in einem Maß auf, das die Grenze<br />

der Normalität überschreitet. Betroffene<br />

empfinden die vom Zwang diktierten<br />

Impulse und Handlungen oft selbst als<br />

unsinnig. Dennoch ist das Bedürfnis, ihnen<br />

nachzugeben, übermächtig. Denn,<br />

werden die Zwangsrituale nicht befolgt,<br />

dann würde, befürchten Betroffene, etwas<br />

Schre ckliches passieren. Wie quälend<br />

dies sein kann, kann man sich vorstellen:<br />

Da verlässt ein Mensch das Haus, um <strong>zur</strong><br />

Arbeit zu gehen. Nach ein paar Metern<br />

kehrt er um, er möchte sich vergewissern,<br />

ob der Wasserhahn abgedreht ist. Er ist es.<br />

Gut. Doch kaum setzt er seinen Weg fort,<br />

zwingt ihn die Frage „Ist der Wasserhahn<br />

auch wirklich zu?“ zum erneuten Umkehren.<br />

Das dritte Mal, er befindet sich nun<br />

schon ein gutes Stück weg von zu Hause,<br />

treibt ihn die Sorge um das vermeintlich<br />

rinnende Wasser wieder <strong>zur</strong>ück. Obwohl<br />

er weiß, dass alles in Ordnung ist – der<br />

Zwang lässt sich durch Logik und Vernunft<br />

nicht besänftigen. Eine andere Form der<br />

Krankheit ist der Waschzwang. Betroffene<br />

schrubben sich wie besessen die Hände,<br />

mehrmals täglich wird desinfiziert. Auch<br />

wenn die exzessiven Reinigungsrituale zu<br />

Hautreizungen und Ekzemen führen – die<br />

Angst vor Schmutz und Bakterien ist so<br />

groß, ohne professionelle Hilfe von außen<br />

können Menschen mit Zwangsstörungen<br />

das negative Gedan kenkarussell nicht<br />

stoppen.<br />

Was sind die Ursachen<br />

für Zwangsstörungen?<br />

Eine zentrale Rolle bei der Entwicklung einer<br />

Zwangserkrankung spielt die entsprechende<br />

genetische Veranlagung. Eine erbliche<br />

Belastung bedeutet jedoch nicht, dass<br />

die Krankheit auch tatsächlich ausbricht.<br />

Untersuchungen zeigen zudem einen Zusammenhang<br />

zwischen dem Serotoninstoffwechsel<br />

im Hirn und dem Auftreten<br />

von Zwangsstörungen. Erwiesen ist, dass<br />

bei Zwangspatienten, die Me di kamente<br />

erhalten, welche die Wieder aufnahme von<br />

Serotonin hemmen, eine Besserung eintritt.<br />

Wie viele Menschen leiden an<br />

dieser Krankheit?<br />

2–3 Prozent der Österreicher sind im Laufe<br />

ihres Lebens von einer Zwangs er kran kung<br />

betroffen. Die Zwangserkrankung hat es<br />

immer schon gegeben, es leiden heutzutage<br />

nicht mehr Menschen darunter als<br />

früher. Dank der besseren diagnostischen<br />

Möglichkeiten wird die Zwangs erkrankung<br />

jedoch häufiger erkannt und in Folge therapeutisch<br />

behandelt.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise an einer<br />

Zwangsstörung leidet?<br />

Wie alle Krankheiten aus dem neurotischen<br />

Formenkreis tritt auch diese Krankheit rund<br />

um das 20. Lebensjahr auf. Im Durchschnitt<br />

dauert es 11 Jahre, bis sich der Betroffene<br />

zum Arzt wagt und die Diagnose „Zwangsstörung“<br />

erhält. Das liegt auch daran, dass<br />

die Grenze zum „normalen Zwang“ dünn<br />

ist. In jedem Büro ist ein Perfektionist zu<br />

finden, der es unerträglich findet, wenn<br />

seine Bleistifte am Schreibtisch nicht alle<br />

parallel mit der Spitze nach vorne nebeneinander<br />

am Schreibtisch liegen. Der ein Bild<br />

an der Wand gerade rückt, sobald es einen<br />

Millimeter schief hängt, der Türschnallen<br />

am Klo prinzipiell mit dem Ellbogen öffnet.<br />

Behand lungswürdig werden solche Rituale<br />

dann, wenn Betroffene massiv darunter leiden<br />

und der persönliche Radius, die Selbstbestimmung,<br />

zunehmend geringer wird.<br />

Der Ausführung folgt Erleichterung, die<br />

allerdings nur kurz anhält. Viele Be troffene<br />

schämen sich, soziale Aktivitäten nehmen<br />

ab. Um nicht „seltsam“ aufzufallen, meiden<br />

Zwangs er krankte die Gesellschaft anderer.<br />

Ein gefährlicher Rückzug, der das Fortschreiten<br />

des Krankheitsverlaufs begünstigt<br />

und bis zum Suizid führen kann. Übrigens:<br />

Von der Zwangsstörung sind Frauen<br />

und Männer gleichermaßen betroffen.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch vielleicht<br />

Zwangsstörungen hat?<br />

Oft gelingt es Betroffenen sehr gut, die<br />

Krankheit zu verschleiern oder Situationen,<br />

14 INNENWELT


„Tick“ hilflos ausgeliefert<br />

in denen sich Symptome zeigen könnten,<br />

aus dem Weg zu gehen. Die Zwangsstörung<br />

hat außerdem viele Gesichter. Es ist für den<br />

Partner, den Freund oder den Angehörigen<br />

gar nicht so leicht zu durchschauen, ob der<br />

vermeintlich Betroffene einfach schrullig ist<br />

oder ein Perfektionist – oder ob er mit dem<br />

Zwang ein echtes, massives Problem hat. In<br />

vielen Fällen entwickeln Betroffene und deren<br />

Umfeld auch gemeinsame Zwangsrituale.<br />

Ein Familienoberhaupt, das an Zwang leidet,<br />

fordert etwa Frau und Kinder mehrmals täglich<br />

auf, die Wände nach Schimmel abzusuchen<br />

und den Boden keimfrei zu schrubben.<br />

Um den Schein der Normalität aufrechtzuerhalten,<br />

machen alle mit. Die Diktion des<br />

Zwangs unterwirft somit die ganze Familie,<br />

das hat ein großes zerstörerisches Potenzial.<br />

Wir raten Angehörigen dringend dazu, selbst<br />

Unterstützung zu suchen, zum Beispiel in einer<br />

Selbsthilfegruppe.<br />

Welche Möglichkeiten hat der Arzt,<br />

eine Zwangsstörung zu diagnostizieren?<br />

Die Zwangsstörung hat viele Kom ponenten<br />

und ist nicht einfach zu diag nostizieren. Für<br />

den Arzt erfordert das eine intensive Auseinandersetzung<br />

mit dem Patienten. Die Diagnose<br />

wird durch Abfragen nach Zwangsgedanken<br />

und Zwangshandlungen gestellt,<br />

nach Zwängen, die sich für den Betroffenen<br />

täglich aufdrängen.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen Zwangsstörungen<br />

mit anderen (psychischen)<br />

Erkrankungen?<br />

Zwang ist kein isoliertes psychisches Problem.<br />

Engen Zwänge das Leben ein, hat das häufig<br />

andere seelische Erkrankungen <strong>zur</strong> Folge, etwa<br />

Depressionen oder Angststörungen wie Panik<br />

oder Phobien. Eine große Überlappung besteht<br />

vor allem <strong>zur</strong> Depression. Mehr als die<br />

Hälfte der Patienten mit Zwangsstörungen<br />

haben in ihrem Leben depressive Phasen.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden<br />

Zwangsstörungen behandelt?<br />

Zwangskranken kann durch psychotherapeutische<br />

Behandlung geholfen werden,<br />

erfolgreich wird hier vor allem die Verhaltenstherapie<br />

eingesetzt.<br />

Begleitend dazu haben sich Anti depressiva<br />

bewährt, die den Serotoninspiegel<br />

wieder in Balance bringen. Eine<br />

Kombination von Wiederaufnahmehemmern<br />

(SSRI) und Ver haltens therapie birgt<br />

hervorragende Chancen, den Zwang zu<br />

durchbrechen.<br />

Was kann man als Betroffener selbst<br />

gegen diese Krankheit tun?<br />

Betroffene entwickeln mit der Zeit<br />

schwere Schuldgefühle, Scham und<br />

Angst zustände. Unser Appell ist immer<br />

wieder, möglichst frühzeitig einen Facharzt<br />

aufzusuchen – die Lebenszeit ist zu<br />

kostbar, um sich vom Zwang terrorisieren<br />

zu lassen.<br />

Wie können Angehörige einem Menschen<br />

mit Zwangsstörungen helfen?<br />

Wenn Außenstehende erstmals spüren,<br />

mit dem Betroffenen „stimmt etwas<br />

nicht“, hat dieser meist schon einen jahrelangen<br />

Leidensweg hinter sich. Man<br />

kann Zwangserkrankten die irrationalen<br />

Ängste nicht ausreden. Der Versuch,<br />

durch logische Argumente oder Appelle<br />

an die Vernunft eine Besserung zu bewirken,<br />

wird fehlschlagen. Aber: Man kann –<br />

und soll – Betroffenen Mut machen, einen<br />

Facharzt aufzusuchen.<br />

Welche Folgen kann eine unbehandelte<br />

Zwangsstörung haben?<br />

Im schlimmsten Fall führt die Zwangserkrankung<br />

in den Suizid. Die ungewollten<br />

ritualisierten Abläufe werden als derart<br />

quälend und unerträglich empfunden,<br />

dass der Tod als einziger Ausweg erscheint.<br />

FAct-Box<br />

Kennzeichen der Zwangsstörungen<br />

sind wiederkehrende Zwangsgedanken<br />

und/oder Zwangshandlungen. Obwohl<br />

der Betroffene diese Gedan ken, Impulse<br />

oder Rituale oft selbst als unsinnig<br />

empfindet, muss er diesen nachgeben.<br />

Grund dafür sind Fantasien über vermeintlich<br />

furchtbare Konsequenzen<br />

bei Nicht befol gen. In Österreich sind<br />

2–3 Prozent der Bevölkerung im Laufe<br />

ihres Lebens von Zwangser krankungen<br />

betroffen.<br />

15


Suizid –<br />

S u i z i d<br />

16 INNENWELT<br />

ao. Univ.-Prof.<br />

Dr. Peter Hofmann<br />

Medizinische Universität Graz<br />

Universitätsklinik für Psychiatrie<br />

Auenbruggerplatz 31, 8036 Graz<br />

Tel.: +43.316.385 83415<br />

E-Mail: peter.hofmann@klinikum-graz.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Wie viele Suizide<br />

gibt es pro Jahr?<br />

Etwa 1.300 Menschen nehmen sich pro<br />

Jahr in Österreich das Leben – damit rangiert<br />

Österreich im europaweiten Spitzenfeld.<br />

Global nehmen Selbst tötungen<br />

zu. In den Industrieländern (also auch<br />

in Österreich) ist jedoch seit Beginn der<br />

1980er-Jahre eine stetige Abnahme zu<br />

verzeichnen, was vor allem mit der guten<br />

Versorgung an Antidepressiva zu erklären<br />

ist.<br />

Ist eine bestimmte Personengruppe<br />

besonders gefährdet?<br />

Statistisch gesehen sind alleinstehende<br />

Männer im fortgeschrittenen Alter besonders<br />

suizidgefährdet. In Österreich ist<br />

die Selbsttötungsrate bei Männern doppelt<br />

so hoch wie bei Frauen und nimmt<br />

mit steigendem Alter noch mehr zu.<br />

Suizid ist in den meisten Fällen das Resultat<br />

einer (unbehandelten) De pression<br />

bzw. einer anderen psychischen Störung<br />

wie bipolare Störung, Schizo phrenie<br />

oder Angststörung. Neben psychischen<br />

Erkrankungen gibt es auch noch andere<br />

Suizidgründe, die jedoch relativ selten<br />

vorkommen, wie z. B. eine schwere,<br />

schmerzhafte Erkrankung, eine Lebenskrise<br />

oder Gesichtsverlust.<br />

Ein besonderes Phänomen unserer Zeit<br />

ist das Problem des „Alterssuizids“.<br />

Die über 60-Jährigen sind die einzige<br />

Personen gruppe, in der Selbsttötungen<br />

zahlenmäßig zugenommen haben. Da es<br />

noch nie zuvor so viele alte Menschen<br />

gegeben hat, ist diese Entwicklung relativ<br />

neu. Man nimmt an, dass beim Alterssuizid<br />

die persönliche Lebensbilanz eine<br />

wichtige Rolle als Auslöser spielt („Bilanzsuizid“).<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen Suizide mit anderen<br />

psychischen Erkrankungen?<br />

Wie bereits erwähnt, sind Selbsttötungen<br />

zum Großteil das Resultat einer<br />

De pression oder eines anderen seelischen<br />

Leidens. Etwa 90 Prozent der<br />

vollendeten Suizide (und 60 Prozent der<br />

Suizidversuche) werden von Menschen<br />

unternommen, die an einer psychischen<br />

Erkrankung leiden. Da die Diagnose in<br />

vielen Fällen erst im Nachhinein gestellt<br />

wird, ist diese Zahl jedoch mit Vorsicht<br />

zu betrachten.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wann besteht Suizidgefahr?<br />

Menschen, die sich selbst das Leben<br />

nehmen wollen, sind hin- und hergerissen<br />

zwischen den zwei widersprüchlichen<br />

Ge fühlswelten Sterbewunsch<br />

und Lebens wille. In dieser Anspannung<br />

reden sie über ihre Absicht oder deuten<br />

auf andere Weise auf ihre mögliche Tat<br />

hin. Laut Professor Erwin Ringel (gründete<br />

1948 das erste Selbsttötungsverhütungszentrum)<br />

gibt es drei wichtige<br />

Anzeichen, die auf eine besondere Suizidneigung<br />

hinweisen:<br />

1. Einengung<br />

Die betreffenden Patienten fühlen sich<br />

in einer eingeengten Situation, wobei sie<br />

das Gefühl haben, schwer herauszukönnen.<br />

Sie beschäftigen sich gedanklich immer<br />

wieder mit dieser Problematik und<br />

erfahren auch zwischenmenschlich eine<br />

Einengung, indem sie sich zunehmend<br />

isolieren und dadurch vereinsamen.<br />

2. Gehemmte und gegen die eigene Person<br />

gerichtete Aggression<br />

Sie besteht darin, dass Menschen, die<br />

unter Aggressionen leiden und diese<br />

aus verschiedenen Gründen nicht ausleben<br />

oder besprechen können, diese gehemmten<br />

Aggressionen dann gegen die<br />

eigene Person richten.<br />

3. Suizidfantasien<br />

Diese verlaufen ebenfalls in drei Phasen:<br />

1. Phase: „Ich möchte tot sein.“<br />

2. Phase: „Ich könnte mich selbst töten.“<br />

3. Phase: „Wie werde ich es tun und<br />

wann?“<br />

Der Betroffene konkretisiert seine Suizidfantasie<br />

(oft bis ins kleinste Detail).<br />

Höchste Gefahr ist geboten!<br />

Wie erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender<br />

Mensch suizidgefährdet ist?<br />

Beobachten Sie bei einem Menschen<br />

mehrere der folgenden Verhaltensweisen,<br />

sollten Sie hellhörig werden:


tödliches Seelenleid<br />

• Zunehmende soziale Isolation<br />

• Dinge werden in Ordnung gebracht:<br />

ein Testament wird gemacht, Gegenstände<br />

von persönlichem Wert werden<br />

verschenkt<br />

• Widersprüchliche Gemütslage: Reizbarkeit,<br />

Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit<br />

verändern sich sprunghaft zu Euphorie<br />

und überdrehtem Verhalten<br />

• Antriebslosigkeit: kein Interesse mehr<br />

an früheren Hobbys, No-Future-Gedanken,<br />

Mangel an Energie und Initiative<br />

• Beschäftigung mit dem Tod<br />

• Körperliche Veränderungen<br />

• Leichtfertiges Verhalten, z. B.<br />

im Stra ßen verkehr<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat ein Arzt, eine<br />

akute Suizidneigung<br />

festzustellen?<br />

Viele Betroffene suchen vor dem eigentlichen<br />

Tötungsakt einen Arzt auf<br />

und kündigen ihre Tat (unbewusst) an.<br />

Hier ist die Hellhörigkeit des Arztes gefragt,<br />

die Alarmzeichen richtig zu deuten.<br />

Im Idealfall erkennt der Arzt schon<br />

vor dem ersten Suizidversuch, dass die<br />

Möglichkeit einer suizidalen Handlung<br />

gegeben ist. Liegt der Grund für die<br />

Suizidneigung in einer psychischen Erkrankung,<br />

wird der Allgemeinmediziner<br />

einen Facharzt in die weitere Behandlung<br />

miteinbeziehen.<br />

..................................<br />

rasche hilfe<br />

..................................<br />

Wie kann ein Angehöriger<br />

einem suizidgefährdeten<br />

Menschen helfen?<br />

Grundsätzlich gilt in der Sui zid prä vention<br />

der Leitsatz: „Hunde, die bellen, beißen<br />

auch!“ Der Großteil aller Suizide (80<br />

Prozent) wird angekündigt. Wichtig ist,<br />

diese Drohungen ernst zu nehmen (auch<br />

fraglich harmlose). Sprechen Sie den Betroffenen<br />

direkt auf die Möglichkeit einer<br />

Selbsttötung an. Versuchen Sie auch herauszufinden,<br />

ob der Gefährdete bereits<br />

konkrete Vorstellungen hat, wie er sich<br />

das Leben nehmen will. Je genauer die<br />

Vorstellungen sind, desto größer ist das<br />

Risiko!<br />

Was unternimmt ein Arzt,<br />

wenn er bei einem Patienten eine<br />

hohe Suizidneigung feststellt?<br />

In Österreich gibt es zwei Fälle, in denen<br />

man eine Person gegen ihren Willen in eine<br />

Psychiatrie einweisen kann: Wenn Gefahr<br />

für das eigene oder Gefahr für ein fremdes<br />

Leben besteht. Es obliegt allein dem Arzt,<br />

den Ernst der Lage – und damit die Notwendigkeit<br />

einer Einlieferung – festzustellen.<br />

Der Betroffene wird so lange professionell<br />

überwacht, bis keine akute Suizidgefahr<br />

mehr besteht.<br />

Neben der Hilfe im „Notfall“ spielt auch<br />

die ärztliche Nachsorge eine wichtige Rolle.<br />

Eine nachfolgende, konsequente Behandlung<br />

der seelischen Erkrankung ist wichtig,<br />

um einen erneuten Suizidversuch zu verhindern.<br />

An wen kann sich<br />

ein Betroffener in<br />

Krisenzeiten wenden?<br />

Menschen mit Suizidgedanken und -absichten<br />

sollten so schnell wie möglich professioneller<br />

Hilfe zugeführt werden. Versuchen<br />

Sie den Betroffenen dazu zu be<strong>wege</strong>n,<br />

einen Arzt aufzusuchen oder eine ano-<br />

Rund 1.300 Suizidfälle gibt es in Österreich pro Jahr. Betroffen sind vor allem Menschen,<br />

die an einer (unbehandelten) psychischen Er krankung leiden. Personen, die sich<br />

das Leben nehmen wollen, kündigen ihre Tat vorher an!<br />

Ö3-ÖRK Kummernummer:<br />

116 123 (16-24 Uhr, kostenlos)<br />

Telefonseelsorge<br />

Notruf österreichweit 0-24 Uhr:<br />

142 (kostenlos)<br />

Sorgentelefon für Kinder,<br />

Jugendliche und Erwachsene:<br />

0800 201 440 (Mo-Sa 14-18 Uhr,<br />

kostenlos)<br />

ORF „Rat auf Draht“:<br />

147, österreichweit (kostenlos)<br />

nyme Telefonseelsorge an<strong>zur</strong>ufen. Die<br />

Notrufnummern stehen natürlich auch<br />

ratlosen Angehörigen <strong>zur</strong> Verfügung.<br />

Wenn Sie mit der Situation eines suizidgefährdeten<br />

Menschen in Ihrem Familien-<br />

oder Freundeskreis überfordert sind<br />

oder nicht wissen, wie Sie dem Betroffenen<br />

am besten helfen können, stehen<br />

Ihnen Kummernummer & Co <strong>zur</strong> Seite.<br />

Kriseninterventionszentrum:<br />

01 406 95 95 0<br />

Psychosozialer Notdienst:<br />

310 87 79 od. 310 87 80<br />

Wiener Kindertelefon:<br />

319 66 66<br />

FAct-Box<br />

Sozialpsychiatrischer<br />

Notdienst Wien:<br />

täglich von 0-24 Uhr – 365 Tage im Jahr,<br />

313 30<br />

Noch mehr Telefonnummern finden Sie im örtlichen Telefonbuch oder im Internet,<br />

z. B. unter www.depression.at<br />

17


S u i z i d<br />

Suizidprävention –<br />

Chefarzt Prim. Dr.<br />

Georg Psota<br />

Psychosozialer Dienst Wien<br />

Modecenterstraße 14/B/4, 1030 Wien<br />

Tel.: +43.1.4000 53021<br />

E-Mail: chapost@psd-wien.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Depression ist aufgrund der<br />

Suizidgefahr eine potenziell<br />

tödliche Krankheit –<br />

ist diese Botschaft bereits bei der<br />

breiten Öffentlichkeit<br />

angekommen?<br />

2.400 Jahre nach Hippokrates, der die<br />

Melancholie bereits in seiner Typenlehre<br />

erwähnt hat, wird noch immer die<br />

Frage gestellt, ob Depression überhaupt<br />

eine Krankheit sei. Häufig wird Depressiven<br />

sogar „Schuld“ an ihrer Erkrankung<br />

gegeben. Und das, obwohl es weit mehr<br />

Depressiv- als Aids- oder Malariakranke<br />

gibt. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit<br />

nötig. Suizidneigungen zu erkennen und<br />

entsprechend zu handeln ist nicht nur<br />

für medizinische Laien ein Thema, wie<br />

die Fakten zeigen: Jede fünfte Depression<br />

wird vom Allgemeinmediziner nicht erkannt,<br />

selbst nach zahlreichen Kontakten<br />

wurde nur jeder zweite depressive Patient<br />

als solcher diagnostiziert.<br />

Ein weiteres gängiges Vorurteil ist, dass<br />

man gegen Depression nicht viel machen<br />

kann. Anders als z. B. ein gebrochenes<br />

Bein muss man seelischen Schmerz quasi<br />

hinnehmen und schicksalhaft ertragen.<br />

Auch das ist unwahr. Depression kann,<br />

sofern sie professionell behandelt wird,<br />

in den meisten Fällen geheilt werden.<br />

Wichtig ist in diesem Zusammenhang,<br />

immer wieder klarzumachen: Nicht behandelte<br />

Depressionen sind in Österreich<br />

der häufigste Suizidgrund!<br />

Gibt es ein Stadt-Land-Gefälle<br />

in der Suizidstatistik?<br />

Bis in die 80er-Jahre lagen die städtischen<br />

Gebiete bei der Suizidrate stets vor den<br />

ländlichen, mittlerweile hat sich dieses Verhältnis<br />

umgekehrt. Kärnten steht auf der<br />

Negativ-Liste der Suizide ganz oben. Den<br />

größten Erfolg bei der Reduktion von Selbsttötungen<br />

hat hingegen Wien erreicht.<br />

Was ist der Schlüssel<br />

zum Erfolg in der Suizidprävention?<br />

Unserer Erfahrung nach steht und fällt<br />

erfolgreiche Suizidvermeidung mit der –<br />

möglichst niederschwelligen – raschen<br />

und professionellen Krisenhilfe. Die niedrigen<br />

Suizidzahlen in Wien etwa lassen sich<br />

darin begründen, dass Ärzte, Ambulatorien<br />

und Spitäler in der Stadt leichter und unkompliziert<br />

erreichbar sind. Ein wesentlicher<br />

Faktor ist auch die größere Anonymität<br />

der Stadt, welche die Suche nach Hilfe<br />

erleichtert. In einem kleinen Dorf würde es<br />

sich wahrscheinlich schneller herumsprechen,<br />

was viele Betroffene dazu zwingt, ihr<br />

Leid im Stillen zu ertragen.<br />

Welche Probleme sind es<br />

vorwiegend, die in der heutigen Zeit<br />

zu Depression oder<br />

Suizidgedanken führen?<br />

Während es früher vor allem Patienten in<br />

psychiatrischen Krisensituationen waren,<br />

die sich an den Psychosozialen Notdienst<br />

gewandt haben, sind es mittlerweile immer<br />

mehr Menschen in schwierigen Lebenssituationen.<br />

Ereignisse wie Scheidung,<br />

Trennung, Arbeitslosigkeit und existenzielle<br />

Nöte verursachen emotionale Erschütterungen,<br />

die in unserer schnelllebigen Zeit<br />

nicht immer so „abgefedert“ werden können,<br />

wie das nötig wäre. Oft fehlt es dafür<br />

an sozialen Beziehungen und Netzwerken,<br />

um Krisen den Beigeschmack der Katastrophe<br />

zu nehmen und die Ressourcen der<br />

Lebensbewältigung zu aktivieren. Hinzu<br />

kommt eine generelle Verunsicherung der<br />

Menschen, bedingt durch die Wirtschaftskrise,<br />

Veränderungen am Arbeitsmarkt und<br />

gesellschaftliche Umbrüche. Man kann<br />

sagen, die heutige Zeit stellt veränderte<br />

Herausforderungen an die Psyche – die<br />

Nachfrage nach dementsprechenden Hilfsangeboten<br />

steigt zusehends.<br />

Wie hoch ist die Bereitschaft,<br />

sich in einer Krisensituation<br />

Unterstützung zu holen?<br />

Die Menschen sind in der heutigen Zeit<br />

sicher eher bereit, eine psychische Krise<br />

behandeln zu lassen als früher. Das zeigen<br />

auch die Zahlen des Hauptverbandes<br />

der Sozialversicherungsträger. Zwischen<br />

1991 und 2009 ging die Zahl der Krankenstandstage<br />

um 4 Prozent <strong>zur</strong>ück. Anders<br />

bei den „psychiatrischen Krankheiten“:<br />

Fast dreimal so viele Krankenstandstage<br />

gab es aus diesem Grund im selben<br />

Zeitraum. Daraus lässt sich herauslesen,<br />

dass psychisches Leid ernster genommen<br />

wird, als es früher der Fall war, und das<br />

Bewusstsein für die Wichtigkeit kompetenter<br />

Hilfe zunimmt.<br />

18 INNENWELT


einen Lichtblick setzen!<br />

Lichtblick – Stopp Suizid!<br />

Eine Info-Initiative der <strong>innenwelt</strong>, in<br />

Kooperation mit Experten und engagierten<br />

Mitstreitern, um auf die<br />

Wichtigkeit von Suizidprävention aufmerksam<br />

zu machen und das Wissen<br />

über erfolgreiche Suizidvermeidung zu<br />

fördern.<br />

www.<strong>innenwelt</strong>.at<br />

www.facebook.com/<strong>innenwelt</strong><br />

FAct-Box<br />

Rasche Hilfe, wenn die Seele brennt –<br />

Psychosoziale Dienste in Wien (PSD)<br />

Seit ihrer Gründung 1979 im Zuge<br />

der Psychiatriereform bilden die PSY-<br />

CHOSOZIALEN DIENSTE IN WIEN ein<br />

breites Netzwerk an ambulanten Einrichtungen<br />

für eine umfassende sozialpsychiatrische<br />

Grundversorgung.<br />

Im Mittelpunkt steht die bedarfsgerechte<br />

und qualitativ hochstehende<br />

Behandlung und Betreuung psychisch<br />

kranker Menschen.<br />

Was sind die Ziele<br />

der Suizidprävention?<br />

Die Zahl der Suizide ist leicht rückläufig. Dennoch<br />

gibt es durchaus Potenzial für eine weitere<br />

Reduktion der Suizide. 12,2 pro 100.000<br />

Einwohner lautete die Rate im Jahr 2009 in<br />

Wien. Das nächste Ziel muss sein, dass wir<br />

unter 11 pro 100.000 kommen, was allerdings<br />

auch von äußeren Faktoren – beispielsweise<br />

wirtschaftlichen – abhängt!<br />

Gibt es eine Zielgruppe,<br />

die punkto Prävention besonders<br />

im Mittelpunkt steht?<br />

Besonderes Augenmerk ist sicherlich auf die<br />

Gruppe der Senioren zu legen. Die Selbsttötungen<br />

von Jugendlichen und Männern in der<br />

Midlife-Crisis steht zwar medial mehr im Mittelpunkt,<br />

weil diese Form der Suizide meist in<br />

einem dramatischen Kontext steht. Wie die<br />

Statistik der „Wiener Werkstätte für Suizidforschung“,<br />

einer interdisziplinären Arbeitsgruppe,<br />

beweist, sind Männer ab 65 aber in besonderem<br />

Maße gefährdet. Sorgen macht uns auch<br />

die Zunahme der Selbsttötungen unter Kindern<br />

und Jugendlichen, auch hier sind entsprechende<br />

Maßnahmen gefordert, um der jungen Generation<br />

zu helfen.<br />

Vorrangiges Ziel des PSD ist es, psychiatrisch<br />

erkrankten Menschen und<br />

deren Angehörigen unkompliziert und<br />

schnell Hilfe zu leisten. Unsere zahlreichen<br />

Einrichtungen sind daher über das<br />

gesamte Wiener Stadtgebiet verteilt.<br />

Wir orientieren uns speziell am Bedarf<br />

und Bedürfnis der Hilfe suchenden<br />

Menschen und sind rund um die Uhr<br />

erreichbar. Eine Beratung erfolgt kostenlos,<br />

ohne E-Card auch auf Wunsch<br />

anonym. Dieser flexible Zugang soll die<br />

bestmögliche Therapie gewährleisten:<br />

wohnortnah und niederschwellig.<br />

www.psd-wien.at<br />

19


B i p o l a r e S t ö r u n g<br />

Bipolare Störung –<br />

ao. Univ.-Prof. Prim.<br />

Dr. Christian<br />

Simhandl<br />

ÖÄK Psy III, Lehrpraxis<br />

Bahngasse 43, 2700 Wr. Neustadt<br />

Tel.: +43.664.10 35 35 1<br />

E-Mail: psychiatrie@simhandl.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist eine bipolare Störung?<br />

Die bipolare Störung ist eine Erkrankung,<br />

bei der sich depressive Episoden<br />

mit manischen bzw. hypomanischen<br />

Phasen abwechseln. Bereits in der Antike<br />

wurden Stim mungsschwankungen<br />

im Zusammen hang mit Melancholie<br />

beschrieben und zahlreiche Persönlichkeiten<br />

der Vergan genheit wie Virginia<br />

Woolf, Vincent van Gogh oder Robert<br />

Schumann waren „himmelhoch jauchzend,<br />

zu Tode betrübt“. Für Menschen<br />

mit bipolarer Störung (auch manisch-depressives<br />

Krankheitsgeschehen genannt)<br />

gleicht das Leben einer Achter bahn, gefangen<br />

im extremen Gefühls spektrum<br />

zwischen grenzenloser Euphorie und<br />

absolutem Tief. Bei der Mehrzahl der<br />

Patienten überwiegen allerdings die depressiven<br />

Phasen. Diese Episoden werden<br />

subjektiv in viel stärkerem Ausmaß mit<br />

Beeinträchtigungen verknüpft als manische<br />

Episoden.<br />

Was sind die Ursachen für<br />

eine bipolare Störung?<br />

Die genauen Ursachen sind immer noch<br />

nicht bekannt. Es gibt lediglich Modellvorstellungen<br />

hinsichtlich vermuteter<br />

Abweichungen im Hirnstoffwechsel,<br />

gesicherte Erkenntnisse liegen jedoch<br />

nur teilweise vor. Wichtig bei einer erstmaligen<br />

manischen oder depressiven<br />

Episode ist der Ausschluss einer organischen<br />

Er kran kung, allen voran einer<br />

Schilddrüsen erkrankung.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

In Österreich leiden bei einer engeren<br />

Definition 85.000 bis 170.000 (1–2<br />

Prozent) Menschen an einer bipolaren<br />

Störung, bei diesen Betroffenen dürfte<br />

etwa die Hälfte der Erkrankungen nicht<br />

erkannt sein. Es dauert im Durchschnitt<br />

8 Jahre, nach dem Auftreten der ersten<br />

Symptome, bis die Diagnose gestellt<br />

wird. Unter su chungen der letzten Jahre<br />

haben zudem ergeben, dass 50 Prozent<br />

der Patienten derzeit einen völlig unbefriedigenden<br />

Thera pie erfolg aufweisen.<br />

Vor allem auch leichtere Formen von<br />

Stimmungsschwankungen (400.000–<br />

800.000) sind sehr häufig und werden<br />

oft nicht diagnostiziert und somit auch<br />

nicht behandelt. Die Folge sind zusätzliche<br />

Probleme mit Alkohol und Drogen,<br />

Angster krankungen, Essstörungen und<br />

auch Suizidalität.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise an einer<br />

bipolaren Störung leidet?<br />

Die bipolare Störung ist eine Erkrankung,<br />

die sich zumeist in jungen Jahren das<br />

erste Mal zeigt. Betroffene beschreiben<br />

ihr Leben als Film, bei dem die Szenen<br />

durcheinandergeraten und in dem sie<br />

nicht mehr Regie führen. Die typische<br />

manische Phase entwickelt sich im Unterschied<br />

<strong>zur</strong> Depression ziemlich schnell.<br />

Innerhalb nur weniger Tage lässt die Manie<br />

Betroffene vor Energie pulsieren und<br />

pusht zu scheinbaren Höchstleistungen.<br />

Man ist rund um die Uhr gehobener Stimmung<br />

und platzt vor Tatendrang oder hat<br />

viele Ideen. Das Rad der Aktivität dreht<br />

sich immerfort, bis es irgendwann stockt<br />

– nicht selten folgt unmittelbar nach der<br />

Manie der Höllensturz in die Depression.<br />

Wenn man bipolar Erkrankte im Nachhinein<br />

nach dem Erkrankungsbeginn fragt,<br />

so berichten rund 73 Prozent, dass ihre<br />

Erkrankung mit einer depressiven Episode<br />

begonnen hat. Bei einem Großteil<br />

der Patienten wurde daher anfangs eine<br />

unipolare Depression behandelt und in<br />

der Diagnostik der Gesamtverlauf nicht<br />

berücksichtigt.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch<br />

vielleicht an einer bipolaren<br />

Störung erkrankt ist?<br />

In den depressiven Phasen ziehen sich<br />

Betroffene meist von ihrer Umwelt<br />

<strong>zur</strong>ück. Soziale Kontakte werden vernachlässigt,<br />

selbst alltägliche Aufgaben<br />

können nicht mehr ausgeführt werden.<br />

In manischen Episoden wirken sich die<br />

Symptome ebenfalls stark auf die Beziehungen<br />

<strong>zur</strong> Umwelt aus. Übliche und<br />

bisher beachtete soziale Normen werden<br />

missachtet, das soziale Verhalten<br />

ist von Distanzlosigkeit geprägt. Manische<br />

Phasen werden subjektiv sogar<br />

als positiv empfunden – man ist „gut<br />

20 INNENWELT


Achterbahn des Gefühls<br />

drauf“ und aktiv. Sehr hilfreich für eine<br />

erfolgreiche Behandlung ist, wenn sich<br />

Angehörige über die Krankheit informieren<br />

und im Idealfall den Betroffenen zu<br />

einem Arztbesuch motivieren können.<br />

Eine unbehandelte manisch-depressive<br />

Krankheit hat fatale Folgen und zerstörerische<br />

Auswirkungen auf das gesamte<br />

Leben der Betroffenen und ihrer Familien:<br />

Durch die in der Manie ohne Urteilsvermögen<br />

verübten Exzesse werden<br />

Beziehungen zerstört und Existenzen in<br />

den Sand gesetzt.<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat der Arzt, eine bipolare Störung<br />

zu diagnostizieren?<br />

Mithilfe moderner Klassifikations systeme<br />

wie ICD-10 und DSM-IV wird die<br />

Diagnose anhand objektivierbarer und<br />

be schreibbarer Kriterien festgelegt. Bei<br />

den ersten Patientenkontakten ist eine<br />

detaillierte Anamnese von großer Bedeutung.<br />

Dazu gehört die präzise Befragung<br />

zu Suchterkrankungen, früheren<br />

Verhal tens auf fälligkeiten oder familiären<br />

Prädis positionen. Es muss gesagt werden,<br />

dass die vorhandenen Diagno sekriterien<br />

nur die schwereren Verlaufs formen erfassen!<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen bipolare Störungen<br />

mit anderen (psychischen)<br />

Erkrankungen?<br />

Bei Erwachsenen ist Alkohol- und sonstiger<br />

Drogenmissbrauch die häufigste<br />

Komorbidität. Medikamentenmissbrauch<br />

tritt vor allem bei zusätzlichen Angststörungen<br />

und schlecht behandelten<br />

Depressionen auf. Außerdem neigen<br />

bipolar Erkrankte vermehrt zu anderen<br />

körperlichen Erkrankungen, wobei Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen an erster Stelle<br />

stehen.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden bipolare<br />

Störungen behandelt?<br />

In den vergangenen Jahren haben sich<br />

die Behandlungsmöglichkeiten der depressiven<br />

wie manischen Phasen durch<br />

neue Medikamente deutlich verbessert.<br />

Ent scheidend in der Therapie der bipolaren<br />

Erkrankung ist immer die Phasenpro<br />

phylaxe – quasi das „Schutzmittel“<br />

für die Seele dieser Patienten. Voraussetzung<br />

für den Erfolg der Therapie ist der<br />

kontinuierliche Kontakt mit dem behandelnden<br />

Arzt. Eine sinnvolle Phasenprophylaxe<br />

lässt sich nur durch langfristigen<br />

Medikamen ten einsatz, mitunter lebensbegleitend,<br />

erreichen.<br />

Was kann man als<br />

Betroffener selbst gegen<br />

diese Krankheit tun?<br />

Als Betroffener ist es besonders wichtig,<br />

die verordneten Medikamente regelmäßig<br />

einzunehmen, auch wenn man sich<br />

gesund fühlt. Das Absetzen ohne ärztliche<br />

Rücksprache kann einen erneuten<br />

Krankheitsschub auslösen. Auch im Hinblick<br />

auf die Rückfallverhütung ist eine<br />

stabile Beziehung zwischen Arzt und<br />

Patient unerlässlich, um erste Anzeichen<br />

einer erneuten akuten Episode frühzeitig<br />

zu erkennen und gegenzusteuern. Die Beachtung<br />

und Pflege eines regelmäßigen<br />

Tag-Nacht-Rhythmus ist ebenfalls von<br />

großer Bedeutung.<br />

Wie können Angehörige<br />

einem Menschen mit<br />

bipolaren Störungen helfen?<br />

Da die Manie für Betroffene eine Hochphase<br />

der Gefühle bedeutet, weigern<br />

sich diese vor allem in dieser Phase,<br />

freiwillig Medikamente einzunehmen,<br />

die diese Hochphase ja bekämpfen würden.<br />

Nicht selten müssen Angehörige<br />

diese Krankheitsphase „aussitzen“, was<br />

mehrere Wochen dauern und die Beziehung<br />

sehr belasten kann. Kinder und<br />

Jugendliche leiden besonders darunter,<br />

dass Mütter oder Väter in ihren Krankheitsphasen<br />

teilweise oder sogar ganz<br />

bei der Erziehung und im Haushalt ausfallen.<br />

Angehörige sollten auch an sich<br />

selbst denken. Mittlerweile gibt es einige<br />

Selbsthilfegruppen speziell für Angehörige.<br />

Das frühzeitige Reagieren ist<br />

äußerst wichtig. Oft werden die ersten<br />

Anzeichen verniedlicht und nicht ernst<br />

genommen.<br />

Welche Folgen kann eine<br />

un be handelte bipolare Störung haben?<br />

Beziehungen brechen oft auseinander,<br />

Arbeitsplätze gehen verloren, Aus bil dungen<br />

werden abgebrochen, Suchtprobleme<br />

können dazukommen. Der Krankheit ihren<br />

Lauf zu lassen kann tödlich enden:<br />

20–25 Prozent der Betroffenen unternehmen<br />

einen Selbsttötungs ver such, 15<br />

Prozent scheiden durch Suizid aus dem<br />

Leben. Menschen mit bipolaren Störungen<br />

benötigen Hilfe, und zwar frühzeitig!<br />

FAct-Box<br />

Bipolare Störung:<br />

Erkrankung, bei der sich depressive und<br />

manische Episoden abwechseln.<br />

Manisch-depressive Störung:<br />

Ältere Bezeichnung für eine bipolare<br />

Störung.<br />

Depressive Episode:<br />

Mindestens zweiwöchige, zum Teil aber<br />

auch monatelange Phase, in der mehrere<br />

Symp tome der Depression dauerhaft<br />

vorhanden sind.<br />

Manische Episode:<br />

Mindestens eine Woche dauernde Phase<br />

extrem gehobener Stimmung.<br />

Hypomane Episode:<br />

Schwächer ausgeprägte manische Episode.<br />

Zyklothyme Störung:<br />

Zahlreiche hypomane Episoden wechseln<br />

sich mit depressiven Episoden ab.<br />

Die Symptome sind weniger stark ausgeprägt<br />

als bei echten manischen oder<br />

depressiven Episoden.<br />

21


S c h i z o p h r e n i e<br />

Schizophrenie – zwis<br />

22 INNENWELT<br />

Univ.-Prof.<br />

Dr. W. Wolfgang<br />

Fleischhacker<br />

Universitätsklinik für<br />

biologische Psychiatrie<br />

Department für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie<br />

Anichstraße 35, 6020 Innsbruck<br />

Tel.: +43.512.5042 3669<br />

E-Mail: wolfgang.fleischhacker@i-med.ac.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist Schizophrenie?<br />

Kaum eine psychische Krankheit ist so<br />

sehr mit Mythen und Missverständnissen<br />

belas tet wie die Schizophrenie. So<br />

wird dieses Leiden nach wie vor fälschlicherweise<br />

mit Persönlichkeitsspaltung<br />

gleichgesetzt. Doch die literarischen<br />

„Vor bilder“ Jekyll & Hyde spiegeln in<br />

keiner Weise den Charakter einer Schizophre<br />

nie erkrankung wider. Ebenso weit<br />

verbreitet – und ebenso falsch – ist die<br />

Meinung, Schizophrenie sei unbehandelbar.<br />

Dem ist entgegenzuhalten: Schizophrenie<br />

ist zwar nicht heilbar, aber bei<br />

entsprechender Behandlung können die<br />

Symptome häufig wieder <strong>zur</strong>ückgebildet<br />

werden. Schizo phrenie ist eine psychische<br />

Er krankung, bei der die gesamte<br />

Gefühls welt, die gesamte Persönlichkeit<br />

betroffen ist. Denken, Wahrnehmen,<br />

Fühlen, Kommunikation und Erleben des<br />

Betroffe nen sind gestört – der Patient<br />

baut sich eine eigene, falsche Wirklichkeit<br />

auf. Der Symptomkomplex, mit dem<br />

Schizo phre niepatienten zu kämpfen haben,<br />

lässt sich in drei Gruppen einteilen:<br />

• Wahrnehmungsstörungen:<br />

akustische Sinnestäuschungen, Halluzinationen,<br />

Be dro hungsängste, Verfolgungswahn,<br />

Wahn vorstellungen in Bezug<br />

auf eigene Macht und Fähigkeiten<br />

• Desorganisationssymptome:<br />

Gedächtnis- oder Konzentrationsprobleme,<br />

Unfähig keit, einen Gedanken zu<br />

Ende zu führen, plötzliches Gedankenabreißen<br />

• Antriebsstörungen:<br />

Energieverlust, so zialer Rückzug<br />

Die Ausprägung der Symptome ist von<br />

Patient zu Patient unterschiedlich.<br />

Die falsche Wahrnehmung der Realität<br />

führt mitunter dazu, dass Betroffene<br />

nicht mehr in der Lage sind, ein „normales“,<br />

selbstständiges Leben zu führen. Die<br />

daraus resultierenden sozialen Konsequenzen<br />

wiegen schwer: Die Erkrankten<br />

fallen aus dem Berufsleben heraus, Partnerschaften<br />

und Familien zerbrechen.<br />

Was sind die Ursachen für Schizophrenie?<br />

Die Ersterkrankung tritt meist in der<br />

Übergangsphase zwischen Jugend- und<br />

Erwachsenenalter auf. Der Betroffene<br />

zeigt sich gegenüber Umweltfaktoren<br />

besonders empfindlich und verfügt über<br />

eine verminderte Fähigkeit, mit Stress<br />

umzugehen. Den biologischen Grund<br />

dafür vermutet man in einer Stoffwechselstörung<br />

im Gehirn. Dafür können<br />

auch genetische Faktoren mitverantwortlich<br />

sein. Der Botenstoff Dopamin<br />

wird – nach allem, was man heute weiß –<br />

in Stress situationen übermäßig ausgeschüttet.<br />

Das wiederum führt dazu, dass<br />

das Gehirn mit der Verarbeitung der im<br />

Übermaß übermittelten Informationen<br />

und Reize überfordert ist. Auf der erhöhten<br />

Dopamin pro duktion basiert auch<br />

die medikamentöse Therapie.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

0,8 Prozent der Bevölkerung erkranken,<br />

statistisch gesehen, irgendwann in ihrem<br />

Leben an Schizophrenie. Da die Häufigkeit<br />

der Schizophrenie auf der ganzen<br />

Welt etwa gleich ist, wären in Österreich<br />

etwa 80.000 Menschen von dieser Erkrankung<br />

betroffen.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise<br />

an Schizophrenie leidet?<br />

Viele PatientInnen erkennen, dass sich<br />

bei ihnen etwas verändert hat, dass etwas<br />

„nicht stimmt“. Als psychische Erkrankung<br />

wird es vor allem beim Erstauftreten<br />

selten erkannt. Auch später kann<br />

die Krank heits einsicht oft fehlen.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger, dass<br />

ein nahestehender Mensch vielleicht<br />

an Schizophrenie erkrankt ist?<br />

Je früher eine Schizophrenie erkannt<br />

wird, umso besser und effizienter kann<br />

die Erkrankung behandelt werden. Da, wie<br />

zuvor kurz beschrieben, die Betroffenen<br />

nur selten eine Krank heitseinsicht haben,<br />

spielt das nähere Umfeld bei der Früherkennung<br />

eine besonders wichtige Rolle.<br />

Die Frühsymp tome einer möglichen Erkrankung<br />

können recht unterschiedlich<br />

ausfallen. Sie reichen von bizarren Verhaltensweisen<br />

und Vor stellungen über<br />

Konzentrationsprobleme, sozialen Rückzug<br />

bis hin zu manifesten Wahnvorstel-


chen Himmel und Hölle<br />

lungen. Meist registrieren Familie, Freunde<br />

oder Lehrer ein für die betreffende Person<br />

atypisch merkwürdiges Ver hal ten. Damit<br />

dieses richtig gedeutet wird – und der Betroffene<br />

in Folge die richtige Behandlung<br />

erhält –, ist eine gute und umfangreiche<br />

Aufklä rungs arbeit (vor allem an Schulen)<br />

sehr wichtig.<br />

Welche Möglichkeiten hat<br />

der Arzt, Schizophrenie zu<br />

diagnostizieren?<br />

Der praktische Arzt kann nach einer körperlichen<br />

Untersuchung (es gibt körperliche<br />

Erkrankungen, die Schizophreniesymp<br />

tome täuschend ähnlich imitieren<br />

können) und einem Gespräch – sowohl<br />

mit dem Pa tien ten als auch mit ihm nahestehenden<br />

Per so nen – feststellen, ob tatsächlich<br />

eine Schi zophre nieerkrankung<br />

vorliegt oder nicht. Handelt es sich tatsächlich<br />

um Schizo phrenie, so ist unbedingt<br />

ein Psychiater in die Behandlung<br />

miteinzubeziehen.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

steht Schizophrenie mit anderen<br />

(psychischen) Erkrankungen?<br />

Es besteht eine Wechselwirkung zwischen<br />

Schizophrenie und Suchterkrankungen.<br />

Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung<br />

sind häufiger nikotin-, alkoholoder<br />

cannabisabhängig. Menschen mit<br />

Schizophrenie zeigen häufig auch depressive<br />

Symptome. Das Suizidrisiko liegt bei<br />

ungefähr 10 Prozent.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie wird Schizophrenie<br />

behandelt?<br />

Schizophrenie ist zwar nicht heilbar, aber<br />

gut behandelbar. In den akuten Krankheits<br />

phasen kann eine stationäre Behandlung<br />

notwendig sein, nach Abklingen<br />

der psychotischen Symptomatik ist<br />

allerdings die ambulante Betreuung in<br />

den allermeisten Fällen ausreichend.<br />

Die Behandlung steht auf drei Säulen:<br />

• Medikamentöse Therapie:<br />

Die eingesetzten Medikamente (sogenannte<br />

Anti psychotika) zielen darauf<br />

ab, die akuten Symptome der Erkrankung<br />

zu behandeln und nach einer<br />

erfolgreichen Therapie ein Wiederaufflackern<br />

der Erkrankung zu verhindern.<br />

Während der akuten Erkran kungs phase<br />

sprechen Wahnideen und Halluzinationen<br />

am besten auf die Be handlung an.<br />

Im Rahmen der vorbeugenden Langzeitbehandlung<br />

kann man bei 80 Prozent<br />

der Schizophreniepatienten Rück fäl le<br />

verhindern. Im vergangenen Jahr zehnt<br />

haben sich Medikamente durchgesetzt,<br />

die ein breiteres Spektrum an Symptomen<br />

behandeln, in Summe weniger<br />

Nebenwirkungen haben und auch von<br />

den Patienten besser akzeptiert werden.<br />

• Psychotherapie:<br />

Auch hier gibt es mehrere Therapieziele:<br />

So kann Psychotherapie unterstützend<br />

<strong>zur</strong> Linderung von Symp tomen beitragen.<br />

Vor allem Ansätze aus der kognitiven<br />

Verhaltenstherapie haben sich<br />

hier als wirksam erwiesen. Zudem hilft<br />

psychotherapeutische Unterstützung,<br />

die Krankheitseinsicht und -bewältigung<br />

zu verbessern.<br />

• Soziotherapie:<br />

Die zielt darauf ab, dem Patienten eine<br />

Wiedereingliederung in die Gesellschaft<br />

zu ermöglichen (z.B. durch Maßnahmen<br />

wie Arbeitstraining oder betreutes<br />

Wohnen). Die sozialen Konsequenzen<br />

einer schizophrenen Erkrankung wiegen<br />

extrem schwer. Im Rahmen einer akuten<br />

Episode kommt es zu massiven Einschnitten<br />

im Sozial leben (Schule, Beruf<br />

und Familie).<br />

Bei etwa 15 Prozent aller Erkrankten<br />

treten nach dem Abklingen einer ersten<br />

Krankheits phase nie wieder schizophrene<br />

Episoden auf, bei weiteren 50 Prozent<br />

treten mehrfach Episoden auf, die aber<br />

relativ leicht wieder in den Griff zu bekommen<br />

sind. Die restlichen Patienten<br />

sprechen selbst auf eine optimale Behandlung<br />

nicht gut an, was zu chronischer<br />

Erkrankung und Behinderung führen kann.<br />

Was kann man als<br />

Betroffener selbst gegen<br />

diese Krankheit tun?<br />

Die Bereitschaft des Kranken, mit seinem<br />

Arzt, seinem Therapeuten zusammenzuarbeiten<br />

ist eine wichtige Voraussetzung<br />

für einen langfristig positiven Verlauf.<br />

Dies gilt nicht nur für die Psy cho therapie,<br />

sondern auch für die medikamentöse Behandlung,<br />

die Soziotherapie und die Rehabilitation.<br />

Wie können Angehörige einem<br />

schizophrenen Menschen helfen?<br />

Freunde und Familie eines Schizo phreniepatienten<br />

sind einem enormen Druck<br />

ausgesetzt. Immer wollen sie dem Betroffenen<br />

helfen, wissen aber meist nicht,<br />

wie. Der Balanceakt zwischen Schonen<br />

und Fordern, den es zu meistern gilt, ist<br />

alles andere als einfach. Das gesellschaftliche<br />

Stigma führt bei den Angehörigen<br />

zudem oft zu falscher Scham, Angst oder<br />

auch Schuldgefühlen.<br />

Wichtige Unterstützung, Hilfe und ausreichende<br />

Information erhält man bei<br />

HPE-Österreich, einem gemeinnützigen,<br />

überparteilichen Zusammenschluss der<br />

Vereine von Angehörigen und Freunden<br />

psychisch Erkrankter. Näheres dazu erfahren<br />

Sie unter www.hpe.at<br />

Welche Folgen kann eine<br />

unbehandelte Schizophrenie haben?<br />

Bei Menschen, die sich nicht konsequent<br />

therapieren lassen, treten die Schizophrenieschübe<br />

oft häufiger und in immer<br />

stärkerer Intensität auf. Dies erhöht<br />

• … die Gefahr der Chronifizierung,<br />

… das Suizidrisiko – 10 Prozent aller<br />

•<br />

Schizophreniepatienten nehmen sich<br />

das Leben, 30–40 Prozent unternehmen<br />

zumindest einmal einen Suizidversuch,<br />

• … die Neigung zu verbaler und tätlicher<br />

Aggression.<br />

• … das Risiko einer körperlichen Erkrankung.<br />

FAct-Box<br />

Schizophrenie ist eine kom plexe, den<br />

ganzen Menschen betreffende Störung<br />

des Fühlens, Denkens, Wollens, Verhaltens<br />

und der Kommu nikation. 0,8 Prozent der<br />

Bevöl kerung sind davon betroffen.<br />

Schizophrenie ist nicht heilbar, aber gut<br />

behandelbar.<br />

23


Demenz –<br />

D e m e n z<br />

24 INNENWELT<br />

ao. Univ.-Prof.<br />

Dr. Josef Marksteiner<br />

Landeskrankenhaus Hall<br />

Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie A<br />

Milser Strasse 10, 6060 Hall<br />

Tel.: +43.5.05 04 33000<br />

E-Mail: josef.marksteiner@tilak.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist Demenz?<br />

Unter Demenz (vom lateinischen Ausdruck<br />

„dementia“ für „weg vom Geist“)<br />

versteht man eine fortschreitende Erkrankung<br />

des Gehirns, bei der es zu<br />

einem Abfall der geistigen Leistungsfähigkeit<br />

kommt. Betroffene haben<br />

Schwierigkeiten, neue gedankliche Inhalte<br />

aufzunehmen und wiederzugeben.<br />

Ge dächtnisleistung und Denkvermögen<br />

nehmen sukzessive ab.<br />

Im Frühstadium dieser Hirnleis tungsstörung<br />

sind vor allem Urteils- und Orientierungs<br />

vermögen beeinträchtigt. Später<br />

folgen Sprach- und Rechenstörungen sowie<br />

erste Persönlichkeitsveränderungen.<br />

Mit der Zeit sind die Patienten nicht<br />

mehr in der Lage, ihren Alltag alleine zu<br />

meis tern. Die Persönlichkeitsstörungen<br />

nehmen zu: Die Patienten leiden vermehrt<br />

unter Stim mungs schwankungen,<br />

aggressiven und de pressiven Phasen, was<br />

auch die Angehörigen und Pfleger vor<br />

große Probleme stellt.<br />

Was sind die Ursachen<br />

für Demenz?<br />

Hauptrisikofaktor für eine Demenzerkrankung<br />

ist das Alter. Der höhere Anteil<br />

an weiblichen Patienten kann damit<br />

begründet werden, dass Frauen eine um<br />

einige Jahre höhere Lebenserwartung<br />

haben.<br />

• der bei Weitem häufigste Demenzauslöser<br />

ist die Alzheimer’sche Krankheit.<br />

Bei diesem schweren Leiden hemmen<br />

krankhafte Eiweiße (Beta-Amyloid,<br />

Tau-Protein) die Funktion der Nervenzellen.<br />

Dadurch kommt es in den<br />

Hirnregionen, die für die Merkfähigkeit<br />

verantwortlich sind, zu einem Mangel<br />

an dem nervenzell aktivierenden Botenstoff<br />

Acetylcholin.<br />

• Am zweithäufigsten tritt die gefäßbedingte<br />

(vaskuläre) Demenz auf. Hier führen<br />

Durchblutungsstörungen zu Veränderungen<br />

der Hirnsubstanz und -funktion.<br />

• Daneben kann es bei anderen altersbedingten<br />

Gehirnerkrankungen zu einer<br />

sogenannten sekundären Demenz kommen.<br />

Ein Beispiel dafür ist die „Demenz<br />

mit Lewy-Körperchen“ (resultierend<br />

aus der Lewy-Körperchen-Erkrankung).<br />

Auch bei Parkinsonpatienten können<br />

aufgrund der jahrelangen Medikation<br />

demenzielle Erscheinungen auftreten.<br />

• stoffwechselstörungen und Infektionen<br />

des Gehirns (z. B. Creutzfeldt-Jakob-<br />

Erkrankung) lösen in manchen Fällen<br />

ebenfalls Demenz aus.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

Mit der steigenden Lebenserwartung<br />

wird auch Demenz immer häufiger diagnostiziert.<br />

Aktuell sind in Österreich<br />

120.000 bis 160.000 Menschen von dieser<br />

Hirnleistungsstörung betroffen – Tendenz<br />

steigend.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als<br />

Betroffener, dass man<br />

möglicherweise an Demenz leidet?<br />

Die meisten alten Menschen haben Angst<br />

davor, an Demenz zu erkranken. Erste Anzeichen<br />

für diese Hirnleistungsstörung<br />

werden daher gerne verschwiegen bzw.<br />

als „typische Alterserscheinungen“ abgetan.<br />

Das führt in der Regel dazu, dass die<br />

meis ten Betroffenen relativ spät einen<br />

Arzt aufsuchen – und das in vielen Fällen<br />

auf Anraten der Familie.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch<br />

vielleicht an Demenz erkrankt ist?<br />

Enge Familienmitglieder registrieren<br />

meist zuerst einen Abfall der geistigen<br />

Leistungsfähigkeit und Veränderungen in<br />

der Persönlichkeit. Typische Symptome<br />

einer möglichen Demenzerkrankung sind:<br />

• Vergesslichkeit<br />

• Konzentrationsstörungen<br />

• Orientierungslosigkeit<br />

• Sprachstörungen<br />

• eingeschränktes Urteilsvermögen<br />

• Antriebsverlust<br />

Diese Anzeichen können, müssen aber<br />

nicht gleichzeitig auftreten. Liegt der<br />

Verdacht einer Demenzerkrankung vor,<br />

sollte man als Angehöriger gemeinsam<br />

mit dem Betroffenen einen Neurologen<br />

oder Psychiater aufsuchen.


gelöschte Erinnerung<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat der Arzt, eine Demenz<br />

zu diagnos tizieren?<br />

Am Beginn einer ausführlichen Untersuchung<br />

steht das Gespräch mit dem Betroffe<br />

nen und einem nahen Angehörigen.<br />

Bei diesem Erstkontakt ist seitens des<br />

Mediziners große Sensibilität gefragt, da<br />

vielen Patienten erst jetzt bewusst wird,<br />

dass es sich bei ihren Problemen möglicherweise<br />

nicht um „typische Alterserschei<br />

nungen“ handelt, sondern um eine<br />

schwere Erkrankung. Anhand von neuropsychologischen<br />

Tests versucht der<br />

Arzt den Verdacht auf eine Demenz zu<br />

widerlegen bzw. zu bestätigen. In dieser<br />

Phase der Diagno sestellung gilt es, andere<br />

Leiden auszuschließen. So treten z. B.<br />

auch bei einem depressiven Syndrom<br />

Gedächtnisstörungen auf, ohne dass eine<br />

echte Demenz vorliegt.<br />

Hat der Arzt den begründeten Verdacht<br />

auf eine Demenz, wird er weitere<br />

Untersu chun gen anordnen: eine Computer-<br />

oder Kernspintomografie (macht<br />

Veränderun gen der Gehirnstruktur sichtbar)<br />

oder eine Blutuntersuchung (um<br />

Stoffwechsel stö rungen aufzudecken).<br />

Mit hilfe eines Elektro enzephalogramms<br />

(EEG) schätzt der Arzt das Ausmaß der<br />

Hirn funktions verände rungen ein.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

steht Demenz mit anderen<br />

(psychischen) Erkrankungen?<br />

Körperliche Begleiterscheinungen: Im<br />

fortgeschrittenen Stadium der Demenz<br />

verlieren die Betroffenen ihre Eigeninitiative.<br />

Sie vernachlässigen z. B. die<br />

Nahrungsaufnahme und verlieren dadurch<br />

stark an Gewicht – was sie anfälliger<br />

für diverse Infektionskrankheiten<br />

macht. Auch motorische Störungen sind<br />

typische Begleiterscheinungen einer<br />

Demenz. Die Patienten werden steifer,<br />

unbeweglicher. In Verbindung mit<br />

einem verminderten Haltereflex steigt<br />

die Sturzgefahr und somit das Risiko von<br />

Knochenbrüchen.<br />

Psychische Begleiterscheinungen: 60–90<br />

Prozent aller Alzheimerkrankten leiden unter<br />

Depressionen, Wahnvorstellungen oder<br />

Halluzinationen. Darauf muss auch in der<br />

Therapie eingegangen werden: Viele Patienten<br />

benötigen sowohl Medikamente gegen<br />

die Demenz als auch Psycho pharmaka.<br />

Im Durchschnitt versterben die Betroffenen<br />

zehn Jahre nach Diagnosestellung,<br />

wobei nicht die Demenz die Todesursache<br />

ist, sondern die durch diese Hirnleis<br />

tungsstörung begünstigten Erkrankungen.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie wird Demenz behandelt?<br />

Bei der Alzheimer- und bei der vaskulären<br />

Demenz ist (noch) keine Heilung möglich,<br />

jedoch kann durch eine konsequente<br />

Therapie der Hirnabbau verlangsamt bzw.<br />

aufgehalten werden.<br />

Medikamentöse Therapie: Welche Wirkstoffe<br />

zum Einsatz kommen, hängt primär<br />

davon ab, wie fortgeschritten die Erkrankung<br />

bereits ist. Grundsätzlich gilt: Je<br />

früher man mit der Behandlung anfängt,<br />

umso effizienter können die Symptome<br />

der Demenz therapiert werden. Im Frühstadium<br />

einer Alzheimer-Demenz ist z. B.<br />

der Einsatz von Acetylcholinesterase-<br />

Hemmern sinnvoll. Diese Präparate erhöhen<br />

die Verfügbarkeit des Signalstoffs<br />

Acetylcholin. Bei einer mittelschweren<br />

bis schweren Demenz zeigen NMDA-<br />

Antagonisten wie Memantin die besten<br />

Erfolge. Sie verhindern die Nervenüberreizung<br />

durch den Botenstoff Glutamat.<br />

Hirnleistungstraining: stellt die zweite<br />

wichtige Säule der Demenztherapie dar.<br />

Verschiedene Gedächtnisübungen („Gehirn<br />

jogging“) und alltagsrelevante Trainings<br />

erhalten bzw. steigern die geistige<br />

Leistungsfähigkeit.<br />

Was kann ein Betroffener selbst<br />

gegen diese Krankheit tun?<br />

Einigen Formen der Demenzerkrankungen<br />

(z. B. vaskuläre Demenz) kann durch<br />

eine gesunde Lebensweise – ausgewogene<br />

Ernährung, Ausdauersport – vorgebeugt<br />

werden. Gegen das Auftreten<br />

einer Alzheimererkrankung ist man als<br />

Be troffener noch machtlos.<br />

Wie können Angehörige einem<br />

Menschen mit Demenz helfen?<br />

• seien Sie geduldig! Durch Ungeduld<br />

gibt man der betroffenen Person das<br />

Gefühl, etwas falsch gemacht zu<br />

haben – das führt zu Traurigkeit, Scham<br />

und Frustration.<br />

• Führen Sie sich immer wieder vor Augen,<br />

dass der Betroffene nur über eine<br />

verminderte Hirnleistung verfügt.<br />

Überfordern Sie den Patienten daher<br />

nicht mit verbindlichen Vereinbarungen<br />

und prüfenden Fragen.<br />

• nahrung fürs Hirn: Achten Sie auf eine<br />

ausgewogene, vitamin- und fischölreiche<br />

Ernährung mit reichlich Flüssigkeit.<br />

• geben Sie dem Betroffenen Orientierungshilfen,<br />

z. B. durch einen gut strukturierten<br />

Tagesablauf, Uhren und Kalender.<br />

• die Pflege dementer Menschen erfordert<br />

viel psychische und physische<br />

Kraft. Scheuen Sie sich nicht davor, Hilfe<br />

anzunehmen.<br />

Welche Folgen kann eine<br />

unbehandelte Demenz haben?<br />

Auch wenn die Demenz heute noch nicht<br />

heilbar ist, so trägt eine konsequente<br />

Therapie doch viel dazu bei, die Lebensqualität<br />

Betroffener länger zu erhalten.<br />

Ohne Behandlung nimmt man einen<br />

schnelleren Verlauf – und damit einen<br />

rasanteren Verfall der Hirnleistung – in<br />

Kauf.<br />

FAct-Box<br />

Unter Demenz versteht man eine Hirnleistungsstörung,<br />

bei der es zum stetigen<br />

Verfall der Gedächtnis- und Merkleistung<br />

kommt. Da der Anteil alter<br />

Menschen in der Gesamtbevölkerung<br />

zunimmt, werden auch Demenzerkrankungen<br />

in Zukunft vermehrt auftreten.<br />

Meist ist eine Alzheimererkrankung der<br />

Auslöser.<br />

25


S u c h t e r k r a n k u n g<br />

Suchterkrankung –<br />

26 INNENWELT<br />

Prim. Univ.-PROF.<br />

Dr. Christian Haring<br />

Landeskrankenhaus Hall<br />

Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie B<br />

Milser Strasse 10, 6060 Hall<br />

Tel.: +43.5.05 04 32030<br />

E-Mail: christian.haring@tilak.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist eine Suchterkrankung?<br />

Sucht ist eine schwere Krankheit und<br />

keine Charakterschwäche. Dies zu betonen<br />

ist äußerst wichtig, denn oft werden<br />

Süchte nicht ernst genommen, als<br />

Charakterschwäche oder moralisches<br />

Fehlverhalten angesehen. Wer süchtig<br />

ist, egal ob nach Drogen, Alkohol oder<br />

Casino, der ist krank und benötigt eine<br />

professionelle Behandlung.<br />

Generell unterscheidet man stoffgebundene<br />

und stoffungebundene Süchte.<br />

Unter stoffgebundener Sucht wird die<br />

Ab hängigkeit von Substanzen (Alkohol,<br />

Nikotin, Heroin) verstanden, bei der<br />

stoffungebundenen Sucht leiden Betroffene<br />

unter einem nicht kontrollierbaren<br />

Verlangen nach exzessivem Verhalten.<br />

Essstörungen und Glücksspielsucht zählen<br />

ebenso dazu wie Arbeitssucht, Internet<br />

sucht, Sexsucht oder Kaufsucht.<br />

Was sind die Ursachen für<br />

eine Suchterkrankung?<br />

Eine Suchterkrankung ist nicht ein Krankheitsbild<br />

mit einer einzigen Ursache.<br />

Vielmehr haben wir es hier mit einer<br />

komplizierten Wechselwirkung zwischen<br />

umweltbedingt gelernten und genetischen<br />

Faktoren zu tun. In vielen Fällen<br />

haben Suchtkranke eine biologische<br />

Veranlagung, aber erst durch soziale<br />

Lebensumstände oder Schicksalsschläge<br />

kommt die Krankheit zum Ausbruch. Mithilfe<br />

einer Substanz oder einer Verhaltensweise<br />

mit Suchtpotenzial versucht<br />

der Betroffene, diesen Problemen zu entfliehen.<br />

Wie viele Menschen leiden an<br />

einer Suchterkrankung?<br />

Nach aktuellen Berechnungen des Anton-<br />

Proksch-Instituts sind 20 Prozent der österreichischen<br />

Bevölkerung über 16 Jahre<br />

suchtkrank – das sind 1,4 Millionen Menschen!<br />

Suchtkrankheit ist demnach alles<br />

andere als ein Randgruppenproblem.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener, dass<br />

man möglicherweise süchtig ist?<br />

Das ist von Sucht zu Sucht verschieden.<br />

Ein allgemeines Kriterium ist der Kontrollverlust.<br />

Der Betroffene kann die<br />

Sucht nicht mehr steuern, handelt gegen<br />

eigenes besseres Wissen und gute Vorsätze.<br />

Wesentliche Merkmale einer Abhängigkeitserkrankung<br />

sind weiters psychische<br />

Entzugserscheinungen und eine<br />

laufend notwendige Dosiserhöhung. Bei<br />

stoffgebundenen Süchten kommen noch<br />

schwere Entzugserscheinungen hinzu.<br />

Für alle Suchtformen gilt: Dreht sich der<br />

ganze Tagesablauf um die Sucht und wird<br />

das Verlangen nach der Droge (ob Alkohol<br />

oder Internet) zum zentralen Le bensthema,<br />

dann liegt eine Abhängigkeit vor.<br />

Woran erkennt man, dass ein<br />

nahestehender Mensch an einer Suchterkrankung<br />

leidet?<br />

Das ist oft gar nicht so einfach, da Betroffene<br />

dazu neigen, die Sucht zu bagatellisieren<br />

oder zu verschleiern. Die<br />

Entwicklung einer Abhängigkeit verläuft<br />

schleichend über Jahre vom häufigen<br />

Missbrauch bis hin <strong>zur</strong> Sucht. In Phasen,<br />

in denen die Sucht nicht so ausgeprägt<br />

scheint, können Betroffene ihren Angehörigen<br />

meist sehr glaubhaft versichern,<br />

es sei „alles in Ordnung“. Ans Licht geholt<br />

wird die Sucht nicht selten erst<br />

durch Folge- und Begleitprobleme des<br />

Betroffenen – etwa durch den Verlust<br />

des Arbeitsplatzes durch Alkohol oder<br />

wirtschaftliche Not, weil der Ehemann<br />

spielsüchtig ist.<br />

Welche Möglichkeiten<br />

hat der Arzt, eine Suchterkrankung<br />

zu diagnostizieren?<br />

Wie erwähnt versteht man unter dem<br />

Schlagwort „Sucht“ ein komplexes<br />

Krankheitsbild, dementsprechend umfassend<br />

ist die Anamnese. Auch deshalb,<br />

weil eine Suchterkrankung selten allein<br />

kommt, sondern Betroffene zusätzliche<br />

psychische Erkrankungen (Depression,<br />

Angst etc.) aufweisen, die diagnostiziert<br />

und behandelt werden müssen. Meist<br />

ist neben der Sucht, auf die das Hauptaugenmerk<br />

fällt, auch nach anderen<br />

Formen der Abhängigkeit zu fahnden.<br />

Beispielweise sind Alkohol- und Nikotinsucht<br />

in den meisten Fällen aneinandergekoppelt,<br />

die Kombination Spielsucht/Alkoholsucht<br />

ist ebenfalls häufig<br />

zu finden. Bei der Anamnese werden alle


Flucht aus der Realität<br />

Informationen und Fakten gesammelt,<br />

die eine fundierte Diagnostik ermöglichen.<br />

Im Mittelpunkt stehen hier ausführliche<br />

therapeutische Gespräche mit<br />

dem Sucht erkrankten. Ziel unseres Instituts<br />

ist generell eine dimensionale Diagnostik<br />

im Sinne einer „Human-based<br />

Medicine“, die den Patienten dort abholt,<br />

wo er sich gerade befindet und ihn nicht<br />

in Kategorien einordnet.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

steht Sucht mit anderen<br />

(psychischen) Erkrankungen?<br />

Rund die Hälfte der Suchtpatienten<br />

leidet unter weiteren psychischen Störungen.<br />

Die häufigsten sogenannten<br />

Komorbiditätsstörungen sind Angststörungen<br />

und depressive Erkrankungen.<br />

Die Kombination Sucht und seelisches<br />

Leid ist ein Problem für sich: Man trinkt<br />

etwa zu viel, weil man sich in einer ausweglosen<br />

Situation glaubt. Der Alkohol<br />

wiederum ist eine Substanz, welche Depressionen<br />

verstärkt – ein unheilvoller<br />

Kreislauf setzt sich in Gang.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie wird eine<br />

Suchterkrankung behandelt?<br />

Handelt es sich um eine stoffgebundene<br />

Suchterkrankung (Alkohol, Drogen), dann<br />

geht es zunächst um den Entzug von<br />

der Droge. Der Körper wird, vereinfacht<br />

gesagt, entgiftet. Eine Behandlung, die<br />

unbedingt in professionelle Hände gehört,<br />

da es dabei zu lebensbedrohlichen<br />

Gegenreaktionen des Organismus kommen<br />

kann. Medikamentöse Unterstützung<br />

lindert hier die körperlichen und<br />

psychischen Entzugserscheinungen. Der<br />

Entzug ist ein großer Schritt für den Betroffenen<br />

– aber nur ein kleiner, um ein<br />

neues Leben ohne Sucht zu beginnen.<br />

Ziel der Therapie muss es auch sein, die<br />

unstillbare Gier und das Verlangen nach<br />

dem Suchtstoff oder dem exzessiven<br />

Verhalten zu bekämpfen. Begleitende<br />

Psychotherapie hilft dem Patienten, neue<br />

Perspektiven zu entwi ckeln. Abstinenz,<br />

also das Stoppen des Suchtverhaltens,<br />

ist zweifelsohne wichtig. In erster Linie<br />

muss der Betroffene aber wieder Herr<br />

über seine Zukunft werden. Damit das<br />

gelingt, braucht es eine Therapie, in der<br />

das Vertrauen zu sich selbst wieder aufgebaut<br />

werden kann.<br />

Was kann man als Betroffener selbst<br />

gegen diese Krankheit tun?<br />

Der erste Schritt ist zugleich der schwierigste:<br />

sich einzugestehen, dass man sein<br />

Leben nicht mehr im Griff hat, weil die<br />

Gier nach dem Suchtstoff dominiert –<br />

und qualifizierte Hilfe in Anspruch zu<br />

nehmen.<br />

Wie können Angehörige einem<br />

süchtigen Menschen helfen?<br />

Ein Entzug und der Prozess danach lassen<br />

sich mit emotionaler Rückendeckung<br />

leichter bewältigen. Angehörige können<br />

für Stabilität sorgen und dem Alltag des<br />

Betroffenen Struktur geben. Fatal wäre<br />

es jedoch, die eigenen Interessen und<br />

Ziele dabei aus den Augen zu verlieren<br />

oder gar in eine so genannte Co-Abhängigkeit<br />

zu schlittern. Als sehr nützlich haben<br />

sich Selbsthilfegruppen für Angehörige<br />

erwiesen, wo in einem geschützten<br />

Rahmen Begegnung mit Gleichgesinnten<br />

möglich ist.<br />

Welche Folgen kann eine<br />

unbehandelte Sucht haben?<br />

Sucht verändert einen Menschen von<br />

Grund auf. Suchtkranke verlieren oft ihre<br />

sozialen Kontakte, Freunde wenden sich<br />

ab, Ehen zerbrechen. Hinzu kommen wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten, Pro b leme im<br />

Job oder gar Arbeitslosigkeit. Davon abgesehen<br />

ist jede Suchtform eine große<br />

Belastung für den Körper, die Gesundheit<br />

leidet. Aus eigener Kraft schaffen es die<br />

wenigsten, die Sucht hinter sich zu lassen.<br />

Wer sich helfen lässt, zeigt schon ein<br />

hohes Maß an Selbst verantwortung.<br />

FAct-Box<br />

Die Suchterkrankung ist ein komplexes<br />

Krankheitsbild. Generell unterscheidet<br />

man stoffgebundene Sucht (Alkohol,<br />

Nikotin, Drogen etc.) und stoffungebundene<br />

Sucht (Essstörungen,<br />

Glücksspielsucht, Arbeitssucht, Internetsucht,<br />

Sexsucht oder Kauf sucht). 20 Prozent<br />

der österreichischen Bevölkerung<br />

über 16 Jahre gelten als suchtkrank.<br />

27


A l k o h o l i s m u s<br />

Alkohol – Gesel<br />

28 INNENWELT<br />

Prim. Univ.-Prof.<br />

Dr. Michael Musalek<br />

Anton-Proksch-Institut<br />

Mackgasse 7-11, 1237 Wien<br />

Tel.: +43.1.880 10 811<br />

E-Mail: musalek@api.or.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was bedeutet alkoholkrank?<br />

Alkoholkrank bedeutet, dass ein Mensch<br />

seelisch und körperlich von Alkohol abhängig<br />

ist. Die körperliche Abhängigkeit<br />

äußert sich durch physische Ent zugssymptome<br />

in Trinkpausen, die seelische<br />

Abhängigkeit durch das zwingende Verlangen<br />

nach weiterem Alkoholkonsum.<br />

Im fortgeschrittenen Stadium kreisen<br />

alle Gedanken des Betroffenen um den<br />

Konsum alkoholischer Getränke, soziale<br />

Kontakte und Interessen werden vernachlässigt,<br />

körperlicher und psychischer<br />

Zustand verschlechtern sich rapide. Es ist<br />

wichtig, die Alkoholkrankheit als eigenständiges<br />

Krankheitsbild abzugrenzen,<br />

ernst zu nehmen und zu behandeln.<br />

Was sind die Ursachen<br />

für eine Alkoholkrankheit?<br />

Das Suchtmittel Nummer eins unserer<br />

Gesellschaft ist nun einmal der Alkohol.<br />

Es besteht ein gesellschaftlicher Druck,<br />

bei gewissen Anlässen ein Glas Sekt oder<br />

auch „ein Schnapserl“ zu konsumieren.<br />

Fatal für jene Menschen, die Alkohol als<br />

scheinbar probate Lösung für Probleme<br />

ansehen. Die Gründe, warum manche<br />

Menschen abhängig werden und andere<br />

nicht, sind nicht gänzlich geklärt. Eine<br />

klar definierte Suchtpersönlichkeit gibt<br />

es nicht. Neben körperlichen Voraussetzungen<br />

spielen sowohl Persönlichkeitsals<br />

auch tiefenpsychologische Faktoren<br />

eine Rolle. Auch die sozialen Umstände<br />

sind maßgebend. Gilt im Umfeld erhöhter<br />

Alkoholkonsum als normal, begüns tigt<br />

dies das Risiko einer Alkoholkrankheit.<br />

So ist die Wahrscheinlichkeit, selbst eine<br />

Abhängigkeit zu entwickeln, bei Kindern<br />

alkoholabhängiger Elternteile dreimal<br />

höher als bei Kindern nicht abhängiger<br />

Eltern.<br />

Wie viele Menschen leiden<br />

an dieser Krankheit?<br />

Laut dem Fonds Gesundes Österreich<br />

konsumieren knapp 900.000 Österreicher<br />

Alkohol in einem gesundheitsschädlichem<br />

Ausmaß. Etwa 8.000 sterben pro<br />

Jahr an den Folgen. Dramatisch: Immer<br />

Jüngere trinken immer mehr. Während<br />

das Einstiegsalter etwa vor 20 Jahren<br />

zwischen 14 und 16 Jahren lag, greifen<br />

heute bereits die 12- bis 13-Jährigen <strong>zur</strong><br />

Flasche. Der jüngsten WHO-Studie zufolge<br />

konsumieren in der Alters gruppe der<br />

15-Jährigen 33,1 Prozent der Mädchen<br />

und 35,9 Prozent der Burschen regelmäßig<br />

alkoholische Getränke.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener, dass<br />

man möglicherweise süchtig ist?<br />

Die folgenden Kriterien können auf einen<br />

problematischen Umgang mit Alkohol<br />

oder eine Alkoholkrankheit hinweisen:<br />

• sie verspüren den starken Wunsch, Alkohol<br />

zu trinken.<br />

• sie sind nicht mehr in der Lage, die<br />

Menge des Alkoholkonsums vernünftig<br />

zu steuern.<br />

• Sie setzen Alkohol als „Medikament“<br />

ein, etwa um sich zu beruhigen oder in<br />

sozialen Situationen zu bestehen.<br />

• nach Absetzen oder Einschränken des<br />

Al ko holkonsums treten körperliche Beschwerden<br />

auf.<br />

• sie benötigen immer mehr Alkohol, um<br />

die ursprüngliche Wirkung zu erreichen.<br />

• sie gehen Ihren Interessen nicht mehr<br />

nach oder wirken mit der Zeit ungepflegt.<br />

• sie trinken, obwohl ärztliche Untersuchungen<br />

eindeutig ergeben haben, dass<br />

Ihre Gesundheit in Gefahr ist.<br />

• sie sind während der Arbeitszeit oder<br />

auch im Straßenverkehr alkoholisiert.<br />

• sie trinken weiter, obwohl Sie Probleme<br />

in der Familie haben oder Gefahr laufen,<br />

Ihren Arbeitsplatz zu verlieren.<br />

Woran erkennt ein Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch<br />

vielleicht an Alkoholkrankheit leidet?<br />

Chronischer Alkoholabhängigkeit geht<br />

meist mit psychischen und sozialen Problemen<br />

einher:<br />

• familiäre Probleme<br />

• Probleme am Arbeitsplatz<br />

• erhöhte Verletzungsgefahr<br />

• Verlust des Führerscheins<br />

• Rückzug des Freundeskreises


lschaftsdroge Nr. 1<br />

Ob ein Angehöriger möglicherweise alkoholkrank<br />

ist, lässt sich auch an anderen<br />

typischen Symptomen erkennen. Dazu<br />

zählen Rotfärbung der Haut, deutlich<br />

hervortretende Äderchen im Gesicht<br />

und am Oberkörper, Zittern, Sprachstörungen<br />

oder starke Unruhe.<br />

Welche Möglichkeiten hat<br />

der Arzt, eine Alkoholkrankheit zu<br />

diagnostizieren?<br />

Die Diagnose der Alkoholkrankheit ist nicht<br />

einfach zu stellen. Betroffene spielen ihr<br />

Problem zumeist herunter und akzeptieren<br />

ihre Krankheit nicht. Der Arzt ist daher oft<br />

auf Angaben von Angehörigen sowie auf<br />

Laboruntersuchungen angewiesen. Wichti<br />

ges Kriterium ist dabei der Eiweißstoff<br />

„Car bohydrat De fizientes Transferrin“<br />

(CDT). Der CDT-Wert ist erhöht, wenn über<br />

7 Tage jeweils mehr als 50–60 Gramm Alkohol<br />

aufgenommen wurden. Der Grenzwert,<br />

ab dem mit Sicherheit Schädigungen<br />

eintreten, liegt für Männer bei 60 Gramm<br />

und für Fra u en bei 40 Gramm Alkohol täglich.<br />

Doch Vorsicht: die Grenzwerte allein<br />

sind nicht ausschlaggebend. Auch wer viel<br />

weniger trinkt, dies jedoch regelmäßig und<br />

aus einem starken inneren Verlangen heraus<br />

tut, gilt als gefährdet!<br />

In welchem Zusammenhang<br />

steht die Alkoholkrankheit mit<br />

anderen (psychischen) Erkrankungen?<br />

Bei vielen Alkoholkranken besteht ein<br />

enger Zusammenhang mit De pressionen:<br />

Das Vorliegen einer Depression<br />

erhöht das Risiko einer Alkoholkrankheit<br />

um das mindestens Zwei- bis<br />

Dreifache, umgekehrt leiden bis zu<br />

75 Prozent der Al ko hol kranken unter<br />

depressiven Symp tomen. Oft leiden<br />

Alkoholkranke auch unter Angststörungen<br />

und sehen im „Freund Alkohol“,<br />

da dieser stimmungsaufhellend und<br />

angstlösend wirkt, einen Ausweg. Auch<br />

Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit und<br />

Konzentrations störungen gehen mit der<br />

Sucht einher. Organe, die durch eine Alkoholkrankheit<br />

nachhaltig geschädigt<br />

werden können, sind vor allem Leber,<br />

Bauchspeichel drüse und Magen. Darüber<br />

hinaus kann die Erkrankung zu einer<br />

Schädigung der Nervenbahnen führen,<br />

Muskelschwäche oder -krämpfe sowie<br />

Nervenschmerzen sind die Folge.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie wird die Alkoholkrankheit<br />

behandelt?<br />

Die Therapie erfolgt in drei Stufen: In<br />

einer ersten Phase, der Motivationsphase,<br />

muss der Betroffene verstehen, dass<br />

er krank ist und Hilfe benötigt. Die zweite<br />

Phase ist die Entgiftungsphase, der eigentliche<br />

Alkoholentzug. Die Entgiftung<br />

wird ambulant oder stationär im Krankenhaus<br />

durchgeführt. Die dritte Phase<br />

der Therapie heißt Entwöhnungsphase.<br />

Im Rahmen einer psychotherapeutischen<br />

Betreuung muss sich der Patient an das<br />

Leben ohne Alkohol gewöhnen und neue<br />

Perspektiven gewinnen.<br />

Ist es unverzichtbar, dass der Betroffene<br />

nie wieder einen Tropfen Alkohol<br />

trinkt – also absolut abstinent bleibt?<br />

Rasche und vollkommene Abstinenz gilt<br />

nach wie vor als oberstes Therapieziel.<br />

Den modernen Weg sehen wir darin,<br />

dem Patienten wieder zu einem sinnerfüllten,<br />

freudvollen Leben zu verhelfen.<br />

Wer kraft der Therapie lernt, zum Leben<br />

„Ja“ zu sagen, dem fällt es auch leichter,<br />

auf Alkohol zu verzichten. Das erfordert<br />

im Wortsinn ein neues Selbst-Bewusstsein,<br />

welches wir den Betroffenen vermitteln<br />

möchten. Gelingt dies, sind die<br />

Chancen, von dem gewohnheitsmäßigen<br />

Griff <strong>zur</strong> Flasche weg zu kommen, vielversprechend.<br />

Was ist, wenn der Betroffen immer<br />

wieder Rückfälle erleidet?<br />

Dies kommt leider häufig vor. Wichtig ist<br />

in diesen Fällen, sind sich internationale<br />

Experten einig, die Motivationsarbeit<br />

und die Wahl eines realistischen, gemeinsam<br />

erarbeiteten Therapieziels - z.B, den<br />

Alkoholkonsum langsam zu reduzieren.<br />

Medikamente, die in den Stoffwechsel<br />

des Gehirns eingreifen und dort den Belohnungsmechanismus<br />

dämpfen, können<br />

dabei unterstützend wirken.<br />

Was kann man als Betroffener selbst<br />

gegen diese Krankheit tun?<br />

Wichtig für Betroffene ist zu verstehen:<br />

Abhängigkeit vom Alkohol ist kein abartiges<br />

Verhalten sondern eine Krankheit.<br />

Ähnlich wie Bluthochdruck oder Diabetes<br />

– auch diese Krankheiten sind nicht mit<br />

gutem Willen sondern nur durch Therapie<br />

heilbar. Zum Glück steht Alkoholabhängigen<br />

in Österreich mittlerweile ein<br />

breites therapeutisches Angebot <strong>zur</strong> Verfügung,<br />

das sie in jeder Phase der Sucht<br />

„auffängt“. Unser Appell an Betroffene:<br />

Bitte nutzen Sie diese Einrichtungen<br />

auch!<br />

Wie können Angehörige einem alkoholkranken<br />

Menschen helfen?<br />

Angehörige von alkoholkranken Menschen<br />

befinden sich in einer schwierigen<br />

Situation: zerrissen zwischen der Loyalität<br />

dem Betroffenen gegenüber, dem<br />

Wunsch, die Krankheit gegebenenfalls<br />

auch zu verheimlichen, und der Bürde,<br />

die Alkoholsucht mittragen zu müssen.<br />

Hinzu kommt: Häufig wollen Angehörige<br />

zwar, dass der Süchtige die Sucht<br />

aufgibt, unterstützen jedoch unbewusst<br />

das Suchtverhalten, indem sie den Betroffenen<br />

beschützen oder aber kontrollieren.<br />

Ein solches Verhalten nennt man<br />

Co-Abhängigkeit; vergleichbar ist diese<br />

Dynamik mit Rädchen, die ineinandergreifen.<br />

Eine Therapie kann An gehörigen<br />

verständlich machen, welche Rolle sie im<br />

System der Abhängigkeit spielen.<br />

Welche Folgen kann die unbehan delte<br />

Alkoholkrankheit haben?<br />

Ohne Therapie ist die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung eines Alkoholabhängigen<br />

um zwölf Jahre vermindert.<br />

Häufigste Todes ur sa chen sind Suizid,<br />

Unfälle, Herzer krankungen und Krebserkrankungen.<br />

Ein Hauptproblem in der Behandlung<br />

der Alkoholkrankheit ist, dass<br />

diese Erkrankung in den meisten Fällen<br />

erst relativ spät erkannt wird. Je kürzer<br />

das Bestehen der Suchterkrankung, desto<br />

besser ist jedoch die Prognose. Wichtig<br />

ist daher die Früherkennung von Alkoholmissbrauch<br />

und Alkoholsucht!<br />

29


S c h l a f s t ö r u n g e n<br />

Schlafstörungen –<br />

Univ.-Prof.<br />

Dr. Bernd Saletu<br />

Universitätsklinik für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie in Wien<br />

Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien<br />

Tel.: +43.1.40400 3637<br />

E-Mail: bernd.saletu@meduniwien.ac.at<br />

Schlaflabor im Rudolfinerhaus<br />

Billrothstraße 78, 1190 Wien<br />

www.schlaflabor-saletu.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was sind Schlafstörungen?<br />

Wenn wir von Schlafstörungen sprechen,<br />

verstehen wir darunter laut WHO eine<br />

Vielzahl von unterschiedlichsten Abweichungen<br />

des Schlafes von der Norm. Das<br />

betrifft sowohl seine Quantität, Qualität<br />

und zeitliche Einbettung in den 24-Stunden<br />

Schlaf-Wach-Rhythmus als auch<br />

seine Erholungswerte sowie die Befindlichkeit<br />

und Leistungsfähigkeit am nächsten<br />

Tag. Die internationale Klassifikation<br />

von Schlafstörungen (ICSD-1), welche neben<br />

klinischen Kriterien auch Schlaflaborbefunde<br />

berücksichtigt, unterscheidet<br />

über 88 (!) verschiedene Schlafstörungen.<br />

Die gerade aktualisierte ICSD-2 kennt sogar<br />

über 100 Schlafstörungen.<br />

Die übliche Schlafdauer liegt bei den<br />

meisten erwachsenen ÖsterreicherInnen<br />

(63 Prozent) übrigens zwischen 7 und 8<br />

Stunden. 17 Prozent kommen mit 6 Stunden<br />

aus und 9 Prozent brauchen 9 Stunden<br />

Schlaf. Ausnahmen bestätigen dabei<br />

die Regel: Wie man weiß, kam Napoleon<br />

mit nur 4 Stunden Schlaf aus. Und auch<br />

in Österreich brauchen 6 Prozent der Erwachsenen<br />

nur 5 Stunden Schlaf; etwa 3<br />

Prozent benötigen dafür 10 Stunden.<br />

Was sind die Ursachen<br />

für Schlafstörungen?<br />

Gemäß WHO unterscheidet man nicht-organische<br />

und organische Schlafstörun gen. Ein<br />

Drittel der Schlafstörungen sind organisch,<br />

also körperlich bedingt (z. B. hervorgerufen<br />

durch schlafbezogene Atmungsstörungen<br />

wie Schnarchen oder Apnoe). Zwei Dritteln<br />

liegen nicht-organische (emotionale) Ursachen<br />

zugrunde. Bei den nicht-organischen<br />

Schlafstörun gen sind in 41 Prozent der Fälle<br />

Angststörungen, Belas tungs- und Anpassungsstörungen<br />

an widrige Lebensumstände<br />

die Ursache. Bei 31 Prozent sind es affektive<br />

Störungen (z.B. Depre ssion, Dysthymie)<br />

und in etwa 15 Prozent der Fälle rauben<br />

substanzinduzierte Störungen (Alkohol-,<br />

Drogen- und Medikamenten missbrauch<br />

oder -abhängigkeit) den Schlaf. Die ICSD-1<br />

wiederum gliedert die Ur sachen für Schlafstörungen<br />

im Wesen tlichen in folgende 3<br />

Gruppen:<br />

1. Dyssomnien<br />

Bei Dyssomnien ist der Schlaf hinsichtlich<br />

Dauer, Qualität oder Ablauf beeinträchtigt.<br />

Dabei unterscheidet man einerseits<br />

intrinsische Schlafstörungen (Störungen<br />

von innen) wie z. B. die primäre Insomnie<br />

(erlernte Schlaflosigkeit ohne Begleiterkran<br />

kungen), die Narkolepsie (zu viel<br />

Schlaf), die Schlafapnoe (Atemaussetzer)<br />

oder das Restless-Legs-Syndrom (RLS)<br />

(Bewegungsdrang durch Missempfindungen<br />

in den Beinen, die hauptsächlich im<br />

Ruhezustand und am Abend auftreten).<br />

Und andererseits extrinsische Schlafstörungen<br />

(Stö run gen von außen), z. B.<br />

mangelnde Schlaf hygiene und umweltbedingte<br />

oder medikamenteninduzierte<br />

Schlafstörungen.<br />

Daneben gibt es noch Störungen des<br />

Schlaf-Wach-Rhythmus, z. B. bei Schichtarbeitern<br />

oder das Jetlag-Syndrom.<br />

2. Parasomnien<br />

Parasomnien sind Funktionsstörungen<br />

oder abnorme Episoden, die während<br />

des Schlafes auftreten. Dazu zählen z. B.<br />

Schlaf wandeln, Pavor nocturnus (nächtlicher<br />

Aufschrei, Schlafangst), Albtraum<br />

oder auch Zähneknirschen und Bettnässen.<br />

3. Schlafstörungen, die durch psychische,<br />

neurologische und andere körperliche Erkrankungen<br />

hervorgerufen werden.<br />

Wie viele Menschen<br />

leiden an Schlafstörugen?<br />

25 Prozent der ÖsterreicherInnen leiden<br />

an Schlafstörungen – 80 Prozent der<br />

Menschen mit Schlafstörungen länger<br />

als 1 Jahr, 50 Prozent länger als 5 Jahre.<br />

Dennoch sprechen nur 35 Prozent der<br />

Schlafgestörten mit ihrem Arzt über ihre<br />

Probleme!<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener,<br />

dass man möglicherweise<br />

an Schlafstörungen leidet?<br />

Schlafstörungen äußern sich oft in Beschwerden,<br />

die Betroffene gar nicht<br />

unbedingt mit gestörter Nachtruhe in<br />

Zusammenhang bringen. Man hat das<br />

Gefühl, geschlafen zu haben, fühlt sich<br />

tagsüber jedoch abgespannt und müde.<br />

Patienten mit Schlafstörungen klagen<br />

häufig darüber, nicht einschlafen zu können,<br />

nachts immer wieder aufzuwachen<br />

und dann länger wach zu liegen. Nächt-<br />

30 INNENWELT


durchwachte Nächte<br />

liches Schwitzen oder der häufige Gang<br />

<strong>zur</strong> Toilette beeinträchtigen den Schlaf.<br />

Kopfschmerzen und Verspannun gen im<br />

Nacken können ebenso wie Muskelschmerzen<br />

auf Schlafstörungen hinweisen.<br />

Der als wenig erholsam empfundene<br />

Schlaf führt dazu, dass Betroffene tagsüber<br />

müde und erschöpft sind.<br />

Woran erkennt man als<br />

Angehöriger, dass ein<br />

nahestehender Mensch vielleicht<br />

Schlafstörungen hat?<br />

Liegt der Partner nachts wach, wälzt er<br />

sich im Bett hin und her, schnarcht laut<br />

und unregelmäßig und eventuell sogar<br />

mit Atempausen oder knirscht mit den<br />

Zähnen, beeinträchtigt das auch den<br />

Schlaf des „Bettgenossen“. Aber nicht nur<br />

das nahe Umfeld wird bemerken, dass<br />

etwas nicht stimmt. Getrübte Nachtruhe<br />

äußert sich auch am Arbeitsplatz durch<br />

Konzentrationsstörungen, Gereiztheit und<br />

rapiden Leistungsabfall.<br />

Weche Möglichkeiten hat der Arzt,<br />

Schlafstörungen zu diagnostizieren?<br />

Im Erstgespräch werden der Ablauf des<br />

Schlafes und die möglichen Krankheitsbilder<br />

identifiziert. Wenn möglich, wird<br />

dann die Schlaf- und Aufwachqualität<br />

ambulant oder im Schlaflabor subjektiv<br />

und objektiv gemessen. Dies dient dazu,<br />

genauestens zu evaluieren, was mit dem<br />

Körper in der Nacht passiert. Bei Verdacht<br />

auf körperliche Ursachen sind weitere<br />

internistische oder neurologische<br />

Unter su chungen nötig.<br />

In welchem Zusammenhang<br />

stehen Schlafstörungen mit anderen<br />

(psychischen) Erkrankungen?<br />

Da eine Schlafstörung selten isoliert auftritt,<br />

sondern zumeist mit anderen Erkrankungen<br />

einhergeht, besteht auch Bedarf<br />

an einer engen Zusammenarbeit mit anderen<br />

Fachgebieten (z. B. Lungen fach arzt,<br />

HNO-Arzt, Psychiater und Neuro lo ge).<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Wie werden Schlafstörungen<br />

behandelt?<br />

Manchmal kann es schon helfen, die Lebensgewohnheiten<br />

umzustellen. Dauerhafte<br />

Schlafprobleme lassen sich nach<br />

eingehender ärztlicher Beratung durch<br />

Psychotherapie, somatische Verfahren<br />

(z. B. Lichttherapie, HNO-Operation etc.)<br />

oder durch die Einnahme von Medikamenten<br />

behandeln. Bei Schlafstörungen,<br />

die zum Beispiel durch Depression hervorgerufen<br />

oder verschlimmert werden,<br />

werden schlaffördernde (nicht aktivierende!)<br />

Antidepressiva bereits seit Jahren<br />

erfolgreich eingesetzt.<br />

Was kann man als Betroffener selbst<br />

gegen Schlafstörungen tun?<br />

Nicht selten resultiert chronischer<br />

Schlaf mangel aus Problemen der Schlafhygiene,<br />

allem voran ein zu spätes Zubettgehen.<br />

Ungünstig ist es, im Bett<br />

fernzusehen oder zu arbeiten. Auch das<br />

Einschlafen vor dem Fernseher auf dem<br />

Sofa sollte vermieden werden, es erschwert<br />

das spätere Einschlafen im Bett<br />

nur unnötig. Das Verzehren schwerer<br />

Mahlzeiten am Abend sowie das Trinken<br />

koffeinhaltiger Getränke (Kaffee, schwarzer<br />

Tee, Cola) können ebenfalls Ursachen<br />

für Schlafstörungen sein. Besser ist es,<br />

ein Glas warme Milch zu sich zu nehmen.<br />

Durch eine Veränderung der Lebensgewohnheiten<br />

lassen sich viele schlafstörende<br />

Faktoren beseitigen, zu empfehlen<br />

sind ausgewogene Ernährung, Bewegung,<br />

Entspannung und Stressbewäl tigung.<br />

Helfen diese „Hausmittel“ nicht, sollte<br />

sich der Betroffene frühzeitig an einen<br />

Facharzt wenden.<br />

Wie können Angehörige einem<br />

Menschen mit Schlafstörungen helfen?<br />

Schlafstörungen werden oft nicht ernst<br />

genommen – vom Betroffenen nicht, aber<br />

auch Angehörige neigen häufig dazu, die<br />

Schlafprobleme herunterzuspielen. Optimal<br />

wäre, den Betroffenen frühzeitig zu<br />

einem Besuch beim Arzt zu motivieren.<br />

Welche Folgen können unbehandelte<br />

Schlafstörungen haben?<br />

Der Kohlenhydratstoffwechsel verschlechtert<br />

sich, die Blutzuckerwerte<br />

schnellen in die Höhe und die Produktion<br />

der Schild drüsen hormone gerät durcheinander.<br />

Unbehandelt drohen schwerwiegende<br />

Erkran kungen wie Bluthochdruck,<br />

Herzin farkt und Schlaganfall. Schlafmangel<br />

wirkt sich auch auf die Psyche<br />

aus. Betroffene werden schreckhaft,<br />

reizbar und misstrauisch. Die Stimmung<br />

wird negativ, Wahr nehmungs- und Konzentrationsfähigkeit<br />

und damit z. B. die<br />

Fahrtauglichkeit nehmen ab. Wird das<br />

Schlafpensum über einen längeren Zeitraum<br />

auf ein absolutes Minimum reduziert<br />

oder Schlaf ganz verhindert, stellen<br />

sich Depressionen oder Sinnestäuschungen<br />

und Halluzinationen ein.<br />

Mögliche Anzeichen von<br />

Schlafstörungen:<br />

FAct-Box<br />

• An mindestens 4 Tagen in der Woche<br />

benötigt man länger als 30 Minuten<br />

zum Einschlafen bzw. nach nächtlichem<br />

Erwachen zum Wiedereinschlafen.<br />

• die Beschwerden dauern länger als<br />

einen Monat an.<br />

• die Tagesbefindlichkeit ist stark beeinträchtigt<br />

• die Angst davor, nicht einschlafen zu<br />

können, steigert sich zu einer regelrechten<br />

Bett- und Nachtangst.<br />

31


B u r n - o u t<br />

Burn-out – Wenn<br />

32 INNENWELT<br />

PRIM. UNIV.-PROF. DDR.<br />

MICHAEL Lehofer<br />

Landesnervenklinik Sigmund Freud<br />

Wagner-Jauregg-Platz 1, 8011 Graz<br />

Tel.: +43.316.2191 0(2205)<br />

E-Mail: michael.lehofer@lsf-graz.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist ein Burn-out?<br />

Burn-out ist ein Komplex aus körperlichen,<br />

emotionalen, kognitiven sowie verhaltensorientierten<br />

Symptomen und stets<br />

als Reaktion auf chronische psychische<br />

und/oder physische Stressoren zu verstehen.<br />

Wie viele Menschen leiden an Burnout?<br />

In Österreich leiden gemäß Schätzungen<br />

derzeit etwa 9 Prozent der Bevölkerung an<br />

Depressionen, wobei mindestens 400.000<br />

Menschen aufgrund ihrer depressiven<br />

Symptomatik einer ärztlichen Behandlung<br />

bedürfen (Alpbach, 2010; ÖGAM, 2010).<br />

Für das Burn-out-Syndrom liegen bislang<br />

keinerlei epidemiologische Daten vor. Jedoch<br />

besteht in der Wissenschaft Konsens<br />

über den prognostizierten Anstieg psychischer<br />

Erkrankungen im Allgemeinen und<br />

des Burn-out-Syndroms im Speziellen.<br />

Ist Burn-out eine ärztliche Diagnose?<br />

Nein, das Burn-out stellt nach dem Diagnoseschema<br />

ICD-10 keine ärztliche Diagnose<br />

dar, sondern wird als Z73.0 im Rahmen<br />

von Lebensbewältigungsproblemen<br />

(Z73) angeführt. Burn-out ist einer der<br />

unschärfsten Begriffe in der Psychiatrie.<br />

Hinter dem mittlerweile leider inflationär<br />

gebrauchten Begriff steht ein heterogenes<br />

Krankheitsbild, dessen klinisches Erscheinungsbild<br />

stark von den jeweiligen Ursachen<br />

geprägt ist. Im Zentrum steht jedoch<br />

das Kardinalsymptom „Erschöpfung“ als<br />

Reaktion auf eine länger währende Belastung<br />

am Arbeitsplatz.<br />

Was sind die Ursachen für ein Burn-out?<br />

Das Syndrom entwickelt sich aus emotionaler<br />

Erschöpfung und reduzierter Leistungsfähigkeit<br />

über einen längeren Zeitraum<br />

(meist Jahre). Als Ursache gelten<br />

Stress, fehlende Erholung und dysfunktionale<br />

Coping-Strategien. Das heißt: Der<br />

Betroffene hat enorm hohe Ideale und<br />

Ansprüche an sich selbst. Meist ist die<br />

Identifikation mit der Arbeit groß – und<br />

jeder kleine Fehler wird als persönlicher<br />

Misserfolg gewertet. Diese Diskrepanz<br />

zwischen dem eigenen Perfektionismus<br />

und der Realität wird als seelische Kränkung<br />

empfunden – und das macht, auf<br />

lange Sicht, tatsächlich psychisch und<br />

physisch krank. Dazu kommt, dass die<br />

Betroffenen den hohen Arbeitseinsatz<br />

beibehalten oder gar intensivieren, und<br />

damit immer mehr in den Sog der Negativspirale<br />

geraten.<br />

In welchem Zusammenhang steht<br />

Burn-out mit anderen Erkrankungen?<br />

Grundsätzlich können alle internistischen<br />

Krankheiten als Begleiterkrankungen<br />

eines Burn-out-Syndroms auftreten. Entsprechende<br />

Zusammenhänge sind gemäß<br />

Literatur vor allem für Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen nachgewiesen. So geht<br />

Hypertonie als chronische Stressreaktion<br />

häufig mit Burn-out einher, wobei insbesondere<br />

Personen, die das Gefühl haben,<br />

weniger Kontrolle über ihre Arbeit zu haben,<br />

häufiger einen erhöhten Blutdruck<br />

aufweisen.<br />

Welcher Zusammenhang<br />

besteht zwischen Burn-out<br />

und Depression?<br />

Eine Studie, welche die Überlappung zwischen<br />

Burn-out und depressiven Erkrankungen<br />

analysierte, kam eindeutig zu dem<br />

Ergebnis einer klaren Beziehung zwischen<br />

den beiden Krankheitsbildern: Das Risiko,<br />

eine depressive Erkrankung zu entwickeln,<br />

war größer bei gleichzeitigem Vorliegen<br />

eines schweren Burn-out-Syndroms. Ferner<br />

wies die Hälfte der Studienteilnehmer<br />

mit schwerem Burn-out auch eine depressive<br />

Störung auf. Auch Angststörungen<br />

gehen häufig mit der Burn-out-Symptomatik<br />

einher.<br />

Birgt Burn-out auch ein Suizid-Rsiko?<br />

Definitiv: ja! Mit zunehmendem Schweregrad<br />

eines Burn-out-Syndroms steigt die<br />

Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige<br />

Vorliegen einer Depression und auch dem<br />

damit verbundenen höheren Suizidalitätsrisiko.<br />

Welche Persönlichkeits-Typen<br />

haben ein besonders hohes<br />

Burn-out-Risiko?<br />

Menschen, die anfällig für Stress sind. Prädestiniert<br />

sind aber auch Menschen mit<br />

hohen Idealen, die extrem ehrgeizig und<br />

perfektionistisch sind und immer der/die<br />

Beste sein wollen. Sie streben nach An-


Idealismus krank macht<br />

erkennung und Wertschätzung und sind<br />

unfähig, „Nein“ zu sagen. Im Vordergrund<br />

stehen Ängste, den Erwartungen anderer<br />

nicht zu entsprechen, den Arbeitsplatz zu<br />

verlieren, zu versagen, die Angst vor Kritik<br />

gepaart mit geringem Selbstwertgefühl.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wie erkennt man als Betroffener, dass<br />

man möglicherweise an Burn-out<br />

leidet?<br />

Betroffene leiden zunächst an Erschöpfung,<br />

Kraft- und Antriebslosigkeit, auch<br />

Schlafstörungen sind hier typisch. Das<br />

Bild vom „nicht abschalten können“ ist<br />

beim Burn-out-Syndrom zutreffend, mit<br />

fortschreitendem Stadium mündet der<br />

Zustand der Erschöpfung sehr oft in eine<br />

Sinnkrise, bei der Beruf, aber auch die private<br />

Situation, massiv in Frage gestellt<br />

werden. Spätestens ab hier bedarf es dringend<br />

professioneller Hilfe!<br />

Woher weiß ich, ob ich lediglich<br />

erschöpft bin oder tatsächlich auf ein<br />

Burn-out zusteuere?<br />

Die US-Sozialpsychologin Christina Maslach<br />

hat drei Dimensionen beschrieben,<br />

die beim Burn-out gegeben sein müssen:<br />

1. eine überwältigende Erschöpfung durch<br />

fehlende emotionale und physische Ressourcen.<br />

2. Gefühle des Zynismus und<br />

der Depersonalisation (Distanziertheit,<br />

Zynismus) und 3. Ineffizienz (reduziertes<br />

persönliches Engagement, reduzierte Leistungsfähigkeit,<br />

reduzierte persönliche<br />

Leistungszufriedenheit).<br />

Woran erkenne ich als Angehöriger,<br />

dass ein nahestehender Mensch an<br />

Burn-out leidet?<br />

Betroffene verändern sich in ihrer Persönlichkeit,<br />

reagieren z. B. aggressiv und<br />

zynisch auf ihr Umfeld. Viele ziehen sich<br />

emotional <strong>zur</strong>ück, die sozialen Kontakte<br />

werden immer spärlicher. Zusätzlich klagen<br />

sie eventuell über psychosomatische<br />

Beschwerden und/oder neigen dazu, zu<br />

viel Kaffee, Alkohol oder Schlafmittel zu<br />

konsumieren.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Welche Möglichkeiten hat der Arzt,<br />

Burn-out zu diagnostizieren?<br />

Die beiden Wissenschaftler Maslach und<br />

Jackson entwickelten einen Fragebogen,<br />

das sogenannte Maslach Burn-out Inventory<br />

(MBI). Das MBI ist ein standardisiertes<br />

und gut untersuchtes Bewertungsinstrument<br />

eines Burn-out-Syndroms.<br />

Mittels MBI können Burn-out-assoziierte<br />

Symptome und deren Schweregrade vom<br />

Betroffenen selbst erfasst und bewertet<br />

werden. Schwachpunkt dieses Burn-out-<br />

Tests ist, dass sich die Fragen ausschließlich<br />

auf Probleme in der Arbeitswelt beziehen,<br />

obwohl wie erwähnt immer mehr<br />

Personengruppen jenseits des klassischen<br />

Managers betroffen sind.<br />

Wie wird Burn-out behandelt?<br />

Wegen der Variabilität des Krankheitsbildes<br />

gibt es keine Standardtherapie. Die<br />

Behandlung muss sich nach möglichst<br />

umfassender Anamnese den individuellen<br />

Beschwerden des Patienten und den<br />

wahrscheinlichen Auslösern widmen.<br />

Wie wichtig ist die Änderung des Lebensstils<br />

als Teil der Therapie?<br />

Im fortgeschrittenen Stadium ist es oft<br />

sinnvoll, den Betroffenen aus der Belastungssituation<br />

herauszunehmen (z. B.<br />

durch Krankschreibung, Teilzeit). Ein<br />

Krankenstand kann die akute Situation<br />

entschärfen. Die Dauer richtet sich nach<br />

der Schwere der Symptomatik und sollte<br />

zumindest bis <strong>zur</strong> groben Wiederherstellung<br />

des Schlafrhythmus und der vom<br />

Patienten selbst gefühlten Leistungsfähigkeit<br />

gehen. Ein schweres depressives<br />

Zustandsbild kann eine längere Arbeitsunfähigkeit<br />

bedingen. Die Krankschreibung<br />

ist jedoch kein Ersatz für eine Therapie.<br />

In noch weniger belasteten Phasen ist<br />

eine Behandlung möglicherweise zielführender,<br />

die parallel <strong>zur</strong> Arbeitssituation<br />

verläuft. Hier kann das neue Erleben von<br />

erfolgreichen Strategien in der Arbeitswelt<br />

unter Umständen schneller zu Erfolg<br />

führen als ein Herausnehmen aus der Situation,<br />

die selbst wieder als Belastung<br />

erlebt wird (vollständiger Misserfolg als<br />

„Krankheitsfall“). Ergänzende Therapiemaßnahmen<br />

sind vorwiegend sportliche<br />

Aktivitäten, körperliche Rekonditionierung,<br />

Entspannungsübungen, Zugänge<br />

mit kreativtherapeutischen und gestalterischen<br />

Elementen (Ergotherapie). Die<br />

Initiation der Teilnahme an Selbsthilfegruppen<br />

ist begrüßenswert. Aus arbeitspsychologischer<br />

Sicht müssen eventuelle<br />

kritische Interaktionen der (früheren) Arbeitsumwelt<br />

mit als Verhaltenstherapie-<br />

Ziel genommen werden.<br />

Wie sieht die<br />

medikamentöse Therapie aus?<br />

Das Hauptaugenmerk der pharmakologischen<br />

Behandlung liegt auf der Beeinflussung<br />

des serotonergen Systems durch<br />

die Einnahme von Antidepressiva. Mittel<br />

der Wahl in der Therapie des Burn-out-<br />

Syndroms stellen Selektive Serotonin-<br />

Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) dar.<br />

Vorteil dieser SSRIs ist, dass sie in Hinblick<br />

auf die häufig gleichzeitig vorkommenden<br />

Suchterkrankungen bei Burn-out-Patienten<br />

angewendet werden können, weil<br />

sie kein Suchtpotenzial bergen.<br />

Welche Form von Psychotherapie ist<br />

empfehlenswert?<br />

Hier empfehlen sich vor allem kognitivverhaltenstherapeutische<br />

Techniken sowie<br />

Stressmanagement-Training, ergänzt<br />

durch psychodynamische Ansätze.<br />

FAct-Box<br />

Schnell-Check „Brenne ich aus“?<br />

Mögliche Fragestellungen bei Verdacht<br />

auf ein Burn-out-Syndrom:<br />

1. Fühlen Sie sich schon länger als 6 Monate<br />

total erschöpft?<br />

2. Fehlt Ihnen oft die Energie für die einfachsten<br />

Aufgaben des täglichen Lebens?<br />

3. Brauchen Sie immer länger, um sich zu<br />

erholen?<br />

4. Fühlen Sie sich schon beim Aufstehen<br />

erschöpft?<br />

5. Leiden Sie unter Konzentrationsschwäche<br />

und Vergesslichkeit?<br />

6. Haben Sie den Spaß an den meisten<br />

Dingen verloren?<br />

7. Haben Sie das Gefühl, mit immer mehr<br />

Energie immer weniger zu erreichen?<br />

8. Ziehen Sie sich vermehrt von Ihren<br />

Mitmenschen <strong>zur</strong>ück?<br />

Wenn Sie 5 oder mehr Fragen mit „Ja“<br />

beantwortet haben, sollten Sie mit Ihrem<br />

Arzt sprechen.<br />

33


m e d i k a m e n t ö s e t h e r a p i e<br />

Die Chemie im<br />

34 INNENWELT<br />

Univ.-Prof.<br />

Dr. Gerald Zernig<br />

Psychiatrische Universitätsklinik<br />

Bereich Experimentelle Psychiatrie<br />

Anichstraße. 35, 6020 Innsbruck<br />

Tel.: +43.512.504 23711<br />

E-Mail: gerald.zernig@i-med.ac.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Welche verschiedenen Wirkprinzipien<br />

bei Antidepressiva gibt es?<br />

Biologisch gesehen ist bei einer Depression<br />

der Stoffwechsel des Gehirns<br />

gestört. Aufgabe der Antidepressiva ist<br />

es nun, das Ungleichgewicht an Botenstoffen<br />

(Trans mit tern) im Gehirn zu regulieren.<br />

Unter su chungen zeigen, dass<br />

bei Men schen mit Depressionen der<br />

Spiegel der Überträgersubstanzen Serotonin<br />

und/oder Nora dre na lin im Vergleich<br />

zu Gesunden niedriger ist. Dieses<br />

Defizit macht sich durch Depressio nen<br />

oder auch Angst zu stände bemerkbar.<br />

Antidepressiva beeinflussen das Neurotrans<br />

mittersystem. Die Konzentration<br />

der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin<br />

wird gezielt erhöht, wodurch die<br />

Nervensignale wieder besser weitergeleitet<br />

werden. Die Medikamente wirken<br />

allerdings nicht sofort nach der ersten<br />

Einnahme, sondern mit zeitlicher Verzögerung.<br />

Das heißt, die erwünschte Wirkung<br />

kann nach einer Woche eintreten,<br />

es kann aber auch bis zu vier Wochen<br />

dauern, bis sich der psychische Zustand<br />

des Patienten bessert.<br />

Zu den wichtigsten Antidepressiva zählen<br />

folgende Substanzgruppen:<br />

SSRI (Selektive Serotonin-Wiederauf nahme<br />

hemmer) blockieren das Transportmolekül,<br />

das den Botenstoff Serotonin<br />

wieder in seine Speicher <strong>zur</strong>ückbefördert.<br />

Auf diese Weise wird die Wiederaufnahme<br />

von Serotonin in die Nervenzellen<br />

verhindert und die Konzentration des<br />

Boten stoffes im Gehirn erhöht. Damit<br />

wirken diese Medikamente vor allem<br />

aktivierend, stimmungsaufhellend und<br />

angstlösend, bei manchen Patienten aber<br />

auch dämpfend. Geeignet sind sie bei<br />

allen Formen der Depression (auch bei<br />

schweren De pressionen) und gegen Ängste<br />

im Umgang mit vielen Menschen (Soziophobie).<br />

SSRI machen in den meisten<br />

Fällen kaum müde und wirken nur wenig<br />

appetitsteigernd.<br />

Eine Weiterentwicklung der SSRI ist die<br />

neue Substanzklasse ASRI (Allosterischer<br />

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer).<br />

Dieses Medikament mit dem Wirkstoff<br />

Escitalopram wirkt noch spezifischer auf<br />

den Serotoninhaushalt und ist daher besonders<br />

rasch wirksam.<br />

Können Psychopharmaka<br />

abhängig ma chen?<br />

Neuroleptika und Antidepressiva machen<br />

nicht abhängig (süchtig). Es gibt unter den<br />

Psychopharmaka jedoch Medikamentengruppen,<br />

die süchtig machen können. Ein<br />

gewisses Abhängigkeitsrisiko (= Suchtrisiko)<br />

haben Tranquilizer und Schlafmittel.<br />

Beim Absetzen solcher Medikamente<br />

können genau jene Symptome<br />

verstärkt auftreten, gegen die diese<br />

Medikamente ursprünglich angewendet<br />

wurden. Tranquilizer wirken nicht antidepressiv<br />

und werden daher nur in Krisensituationen<br />

<strong>zur</strong> Minderung von Ängs ten und<br />

nur zu Beginn der antidepressiven Therapie<br />

begleitend eingesetzt.<br />

Darf ich Psychopharmaka nach<br />

eigenem Ermessen absetzen, wenn es<br />

mir zum Beispiel besser geht?<br />

Wie erwähnt, machen Neuroleptika und<br />

Antidepressiva nicht abhängig. Dennoch<br />

darf man die vom Arzt verschriebenen<br />

Medikamente auf keinen Fall schlagartig<br />

absetzen. Auch für Tranquilizer und<br />

Schlafmittel gilt, diese Präparate keinesfalls<br />

ohne ärztliche Rücksprache abzusetzen.<br />

Dann treten nämlich sogenannte<br />

Absetzerscheinungen auf. Diese äußern<br />

sich durch innere Unruhe und Spannung,<br />

Reizbarkeit, Missgestimmtheit, Angstzustände,<br />

Kraftlosigkeit, Schweißausbrüche,<br />

Appetitverlust, Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen,<br />

Magen-Darm-Krämpfe, Durchfall,<br />

Schlafstörungen oder lebhafte bis<br />

ängstigende Traumbilder, Kopf- und<br />

Muskel schmerzen, Schwindel, Gefühl des<br />

Zer schlagenseins sowie Bewegungs störun<br />

gen.<br />

Darf man verschiedene Antidepressiva<br />

miteinander kombinieren?<br />

Es kann manchmal sinnvoll sein, Antidepressiva<br />

aus unterschiedlichen Substanzgruppen,<br />

die sich dadurch in ihrem<br />

neurobiologischen Profil unterscheiden,<br />

miteinander zu kombinieren. Dies sollte<br />

aber erst geschehen, wenn das therapeutische<br />

Potenzial eines Medi ka mentes<br />

voll ausgeschöpft wurde, d. h. wenn die<br />

Dosierung des Antidepressi vums, für das


Kopf regulieren<br />

sich Ihr Arzt/Ihre Ärztin entschieden hat,<br />

ausreichend erhöht wurde, ohne dass sich<br />

der gewünschte Effekt einstellt.<br />

Was tun, wenn ich das Gefühl habe,<br />

dass mein Antidepressivum<br />

keine Wirkung zeigt?<br />

Der Erfahrung nach neigen Österreichs<br />

Ärzte speziell bei der Behandlung der Depression<br />

dazu, Medikamente zu niedrig zu<br />

dosieren. Patienten, die nicht ausreichend<br />

auf das Medikament ansprechen wenn<br />

die Wirkung also zu gering ist, sollten<br />

umgehend mit dem behandelnden Arzt<br />

Rücksprache halten. Dieser kann dann das<br />

Antidepressivum entsprechend aktiv erhöhen,<br />

um dessen therapeutisches Potenzial<br />

voll auszuschöpfen. Emp fehlenswert<br />

ist, die Dosiserhöhung in einem möglichst<br />

frühen Stadium vorzunehmen. Vermieden<br />

wird dadurch, im Glauben, das Medikament<br />

wirke nicht, verfrüht auf ein anderes<br />

Präparat umzusteigen. Durch einen<br />

vielleicht sogar mehrmaligen Wechsel des<br />

Präparates kann wichtige Zeit im Heilungsprozess<br />

verloren gehen.<br />

Ist bei der medikamentösen<br />

Behandlung von Depressionen eine<br />

begleitende psychotherapeutische<br />

Behandlung sinnvoll?<br />

Bei der Behandlung von Depression, vor<br />

allem mit leichter bis mittelschwerer<br />

Ausprägung, hat sich eine begleitende<br />

Psychotherapie als äußerst sinnvoll erwiesen.<br />

Denn Depression ist eine Krankheit<br />

mit zwei Seiten – neben der neurobiologischen<br />

Komponente gibt es eben auch<br />

eine psychosoziale Seite. Der Patient lernt<br />

in der Therapie, wie er mit Belastungen<br />

umgehen kann. Es ist zu erwarten, dass<br />

die Kombination aus Psychotherapie und<br />

medikamentöser Therapie zusätzlichen<br />

Nutzen für den Patienten bringt.<br />

Darf ich während der<br />

medikamentösen Behandlung mit<br />

Psychopharmaka Alko hol trinken?<br />

Patienten sollten beachten, dass Alkohol<br />

den dämpfenden Effekt vieler Psychophar<br />

maka verstärken kann. Die durch<br />

Psycho pharmaka möglicherweise beeinträchtigte<br />

Verkehrstüchtigkeit wird bei<br />

Alkohol genuss zusätzlich herabgesetzt.<br />

Bespre chen Sie dies bitte mit Ihrem Arzt!<br />

Verändern Medikamente, die bei der<br />

Behandlung von psychischen<br />

Erkran kun gen zum Einsatz kommen,<br />

die Persön lichkeit?<br />

Viele Betroffene befürchten, Psycho pharma<br />

ka führen zum Verlust der Selbst kontrolle<br />

und rauben die Persönlichkeit. Diese Angst ist<br />

verständlich, jedoch völlig unbegründet. Vielmehr<br />

tritt das Ge gen teil ein: Psychopharmaka<br />

unterstützen gesunde Persönlichkeitsanteile<br />

und bessern krankheitsbedingte Störungen<br />

des Erle bens und Verhaltens. Psycho pharmaka<br />

dienen also zu einem großen Teil dazu, die<br />

Kontrolle über das eigene Erleben und Handeln<br />

wiederzugewinnen. Betroffene berichten<br />

darüber, sich nach Einnahme der Medikamente<br />

wieder „wie sie selbst“ zu fühlen, als<br />

Persönlichkeit, die man eigentlich ist. Mithilfe<br />

von Psychopharmaka haben Erkrankte die<br />

Möglichkeit, aus der krankheitsbedingten sozialen<br />

Isolation <strong>zur</strong>ückzukehren und wieder an<br />

gesellschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen.<br />

Ihnen wird etwas <strong>zur</strong>ückgegeben, das viele<br />

schon längst vergessen glaubten.<br />

FAct-Box<br />

• Psychopharmaka dürfen nur auf ärztliche<br />

Anweisung und nach umfassender<br />

Unter suchung eingenommen<br />

werden. Fragen Sie Ihren behandelnden<br />

Arzt nach Wirkungen und unerwünschten<br />

Arzneimittelwirkungen.<br />

• informieren Sie Ihren Arzt, wenn Sie<br />

gleichzeitig andere Medikamente<br />

einnehmen. Dies gilt besonders für<br />

Johanniskrautpräparate. Sprechen Sie<br />

eventuelle (auch frühere) Probleme<br />

mit Alkohol, Drogen, Schmerz- und<br />

Beruhigungsmitteln an.<br />

• halten Sie sich unbedingt an die<br />

ärztlich verschriebene Dosierung und<br />

setzen Sie die Medikamente nicht eigenmächtig<br />

ab. Sie riskieren dadurch<br />

massive gesundheitliche Konsequenzen.<br />

• so nützlich das Internet manchmal<br />

auch ist: Speziell zum Thema Psychopharmaka<br />

finden sich im Netz<br />

eine Vielzahl an unseriösen Informationsquellen.<br />

Lassen Sie sich von<br />

Mythen, Vorurteilen oder vermeintlichen<br />

Laien be richten nicht verunsichern.<br />

Medizinisch fundierte Informa<br />

tion garantiert Ihnen Ihr Arzt. Sie<br />

können sich mit allen Fragen vertrauensvoll<br />

an ihn wenden. Die Erfahrung<br />

zeigt: Je umfassender Patien ten über<br />

ihre Erkrankung und die Therapie Bescheid<br />

wissen, desto rascher bessert<br />

sich ihre psychische Verfassung!<br />

35


m e d i z i n i s c h e p s y c h o t h e r a p i e<br />

Medizinische Psychother<br />

36 INNENWELT<br />

Prim. Dr.<br />

Eleonore<br />

Miller-Reiter<br />

Psychosoziale Dienste in Wien,<br />

Sozialpsychiatrisches Ambulatorium Donaustadt<br />

Attemsgasse 7D, 1220 Wien<br />

Tel.: +43.1.202 5251 53131<br />

E-Mail: eleonore.miller-reiter@psd-wien.at<br />

..................................<br />

Grundsätzliches<br />

..................................<br />

Was ist Psychotherapie?<br />

Psychotherapie stammt vom griechischen<br />

Begriff „Psychotherapiea“. Wörtlich übersetzt<br />

bedeutet dies so viel wie „Pflegen<br />

der Seele“. Psychotherapie bezeichnet die<br />

Behandlung der Seele beziehungsweise<br />

von seelischen Problemen. Sie bietet mit<br />

spezifischen therapeutischen Methoden<br />

und Interventionen Hilfe bei Störungen<br />

des Denkens, Fühlens, Erlebens und Handelns.<br />

Dazu zählen die Vorbeugung und<br />

Heilung von psychischen Problemen,<br />

Verhaltensstörungen und Krankheiten<br />

mithilfe verschiedener psychologischer<br />

Methoden.<br />

Ist Psychotherapie<br />

wissenschaftlich abgesichert?<br />

Ja, bei der Psychotherapie wird mithilfe<br />

wissenschaftlich fundierter Methoden<br />

den Ursachen und Auslösern seelischer<br />

Probleme auf den Grund gegangen. Sie<br />

dient der Prävention und Heilung von<br />

psychischen Störungen und wirkt langfristig.<br />

Kann die Psychotherapie<br />

im Bereich der psychischen<br />

Erkrankungen die medikamentöse<br />

Therapie ersetzen?<br />

Meist ist dies nicht der Fall. Sehr viele<br />

Patienten, speziell wenn diese an Depressionen<br />

leiden, benötigen zunächst<br />

medikamentöse Hilfe, um sich überhaupt<br />

zu einer Psychotherapie „aufraffen“<br />

zu können und dieser zugänglich zu<br />

sein. Der große Vorteil der psychotherapeutischen<br />

Methoden ist es, dass diese<br />

auch vorbeugend angewandt werden<br />

können, also bevor die Krise erst einmal<br />

da ist. Generell sollten die medikamentöse<br />

Behandlung und die Psychotherapie<br />

jedoch weniger als konkurrenzierende,<br />

sondern als sich ergänzende Wege<br />

betrachtet werden.<br />

Welche Formen von Psychotherapie<br />

werden angeboten?<br />

Die bekanntesten psychotherapeutischen<br />

Schulen sind Familientherapie,<br />

Gestalttherapie, Individualpsychologie,<br />

Logotherapie, Psychoanalyse, Systemische<br />

Therapie und Verhaltenstherapie/<br />

Kognitive Therapie. Um Psychotherapeut<br />

zu werden, ist weder ein Medizin- noch<br />

ein Psychologiestudium nötig, jedoch<br />

muss eine langährige, umfassende Psychotherapie-Ausbildung<br />

absolviert werden.<br />

..................................<br />

Anzeichen<br />

..................................<br />

Wann ist eine<br />

Psychotherapie ratsam?<br />

Wer von seelischen Problemen geplagt<br />

wird und diese alleine nicht in den Griff<br />

bekommt, sollte sich ebenso wenig wie<br />

bei körperlichen Erkrankungen scheuen,<br />

professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen<br />

– am besten, so früh wie möglich.<br />

Seelischen Schmerz unbehandelt mit sich<br />

herumzutragen, stellt einen gewaltigen<br />

und unnötigen Leidensdruck dar, darüber<br />

hinaus besteht die Gefahr der Chronifizierung.<br />

Wenn psychisches Leid über<br />

einen längeren Zeitraum zum ständigen<br />

Begleiter wird verschlimmern sich die<br />

Symptome, weitere Probleme entstehen<br />

und auch die Behandlung der Erkrankung<br />

ist dann schwieriger.<br />

Welche Voraussetzungen<br />

sollte die/der Betroffene mitbringen?<br />

Für den Erfolg einer Therapie ist es sehr<br />

bedeutsam, dass der Betroffene ernsthaft<br />

dazu bereit ist, sich mit seinen Problemen<br />

auseinanderzusetzen und an<br />

deren Beseitigung – unterstützt durch<br />

den Psychotherapeuten – mitzuarbeiten.<br />

Damit eine Psychotherapie erfolgreich<br />

ambulant durchgeführt werden kann,<br />

muss beim Patienten ein Mindestmaß an<br />

psychischer Stabilität und Belastbarkeit<br />

noch gegeben sein. Andernfalls ist eine<br />

stationäre Psychotherapie vorzuziehen.<br />

Welche psychotherapeutische<br />

Ausbildung haben Psychiaterinnen<br />

und Psychiater?<br />

Der Begriff „Psychiatrie“ bedeutet „Heilkunde<br />

für psychische Erkrankungen“.<br />

Der Fachbereich befasst sich mit der<br />

Forschung, Diagnose und Behandlung<br />

psychischer Störungen. Der Facharzt für<br />

Psychiatrie und Psychotherapeutische<br />

Medizin hat ein Medizinstudium absolviert<br />

und weiß somit über die Funktionsweise<br />

und die Erkrankungen des<br />

menschlichen Körpers Bescheid. Im An-


apie – Seele auf der Couch<br />

schluss an sein Medizinstudium folgt<br />

die Facharztausbildung zum Psychiater.<br />

Diese vermittelt Spezialkenntnisse über<br />

Krankheiten des Geistes und der Seele.<br />

Was diesen Berufsstand auszeichnet, ist,<br />

dass die „Fachärzte für Psychiatrie und<br />

Psychotherapeutische Medizin“ zusätzlich<br />

zum Medizinstudium eine entsprechende<br />

intensive psychotherapeutische<br />

Ausbildung absolviert haben, die es ihnen<br />

möglich macht, psychotherapeutische<br />

Maßnahmen in einen medizinischen Gesamtbehandlungsplan<br />

zu integrieren. Die<br />

Schaffung des neuen Facharztes für Psychiatrie<br />

und psychotherapeutische Medizin<br />

war ein wesentlicher Schritt auf dem<br />

Weg in die moderne Psychiatrie – und<br />

auch ein Signal dafür, dass neben dem<br />

naturwissenschaftlichen zunehmend das<br />

humanwissenschaftliche Denken und<br />

Handeln im Vordergrund steht. Sprich:<br />

der Mensch als Individuum – und damit<br />

auch sein soziales Umfeld – rückt in den<br />

Vordergrund.<br />

..................................<br />

Behandlung<br />

..................................<br />

Welche psychischen Erkrankungen<br />

behandelt der Psychiater<br />

mittels Psychotherapie?<br />

Die Bandbreite reicht von Depression und<br />

Angststörung über Zwangsstörungen, bipolare<br />

Störung und Schizophrenie bis hin<br />

<strong>zur</strong> Essstörung. Auch Suchterkrankungen<br />

und Alkoholismus zählen zu den psychischen<br />

Krankheiten.<br />

Was erwartet Betroffene<br />

beim Psychiater?<br />

Beim Psychiater oder der Psychiaterin erwartet<br />

den Patienten ein(e) medizinisch<br />

kompetente(r) Ansprechpartner(in) für<br />

alle Beschwerden, Sorgen und Ängste, die<br />

hier in ruhiger, angenehmer Atmosphäre<br />

erzählt werden können. PsychiaterInnen<br />

hören aufmerksam zu, fragen, wenn es<br />

dem Verständnis dient, nach und treten<br />

dem Betroffenen mit Respekt und Wertschätzung<br />

gegenüber. Wichtig zu wissen<br />

ist, dass in diesem Rahmen alles anvertraut<br />

werden kann, was den Patienten<br />

seelisch belastet – also auch Gefühle oder<br />

Gedanken, die dem Betroffenen selbst<br />

vielleicht bedrohlich oder eigenartig erscheinen.<br />

PsychiaterInnen unterliegen übrigens<br />

der Verschwiegenheitspflicht.<br />

Wie lange dauert eine Psychotherapie?<br />

Das ist individuell verschieden. Handelt<br />

es sich um eine akute Krise, helfen womöglich<br />

wenige Sitzungen in Kombination<br />

mit medikamentöser Therapie, um<br />

wieder in Balance zu kommen. Auf jeden<br />

Fall gilt, was auch bei den meisten anderen<br />

Dingen gilt: Nur Regelmäßigkeit<br />

bringt den Erfolg.<br />

37


?<br />

Ambulant: nicht stationär, nicht an einen Ort gebundene Behandlung<br />

G l o s s a r<br />

Fachbegriffe leicht erklärt<br />

Affekt: intensive Gemütsbewegung von kurzer Dauer<br />

Anamnese: Bezeichnung für die Krankheits- und Lebensgeschichte des Klienten bzw. Patienten<br />

Antidepressivum: auf die Psyche wirkendes Medikament <strong>zur</strong> Behandlung von Depressionen, stimmungsaufhellend und antriebssteigernd<br />

Body-Mass-Index (BMI): Der BMI errechnet sich nach dieser Formel: Köpergewicht in kg/Körpergröße in m<br />

Chronisch: über einen langen Zeitraum hinweg anhaltend<br />

Compliance: Bereitschaft des Patienten <strong>zur</strong> Mitarbeit, z. B. <strong>zur</strong> regelmäßigen Einnahme der verordneten Medikamente oder <strong>zur</strong><br />

Mitarbeit in der Psychotherapie<br />

Demenz: allmählicher Abbau der Persönlichkeit mit Verlust erworbener geistiger Fähigkeiten<br />

Komplementär: ergänzend<br />

Lebensqualität: ist – laut WHO – die Vorstellung des Menschen von seiner Stellung im Leben, im Kontext des Kultur- und Wertesystems,<br />

in dem er lebt, und in Beziehung zu seinen Zielen, Erwartungen, Normen und Belangen<br />

Manie: in der Psychiatrie der Gegenpol <strong>zur</strong> Depression, gekennzeichnet durch grundlose Heiterkeit, übertriebene Selbsteinschätzung,<br />

Enthemmung, erhöhten Bewegungs- und Rededrang und Verschwendungs sucht<br />

Neurologie: Wissenschaft von Aufbau, Funktion und Erkrankung des Nerven systems<br />

Neurotransmitter: Botenstoffe bzw. Über trägersubstanzen; sie ermöglichen oder unterstützen eine Übertragung und/oder Weiterleitung<br />

nervöser Erre gung im autonomen oder zentralen Nervensystem<br />

Placebo: Scheinmedikament ohne Wirk stoff, wird in Studien eingesetzt, um die Wirkung von Medikamenten nachzuweisen<br />

Prävalenz: Bestand an Fällen einer be stimmten Krankheit zu einem bestimmten Zeitpunkt, bezogen auf die Ein woh nerzahl; wird<br />

die Zeiteinheit länger gewählt, so spricht man z. B. von einer Wochen prävalenz bzw. Lebenszeit prä valenz<br />

Präventiv: vorbeugend<br />

Psych-: (gr.) Wortteil mit der Bedeutung „Seele, Gemüt“<br />

Psyche: Gesamtheit bewusster und unbewusster seelischer (insbesondere emotionaler) Vorgänge und geistiger bzw. intellektueller<br />

Funktionen<br />

Psychologie: Lehre vom Erleben und Verhalten des Menschen in Bezug auf sich und seine Umwelt<br />

Psychopharmaka: Arzneimittel, die auf die Psyche einwirken<br />

Rezidivierend: nach einer Unter bre chung oder nach einem bestimmten Zeit raum wieder auftretend<br />

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Art von Antidepressiva, die sele k tiv die Wiederaufnahme von Serotonin in die<br />

Nervenzelle hemmt<br />

Suizid: Selbsttötung<br />

Transmitter: Überträgerstoff der Ner ven zellen; Substanz, die durch chemische Reaktion an den Synapsen Informa tionen speichert<br />

oder weiterleitet<br />

WHO: Weltgesundheitsorganisation, Teil organisation der UNO<br />

Impressum: <strong>innenwelt</strong>: Informationen zum Thema Psyche für Betroffene, Angehörige und Ärzte. Eigentümer: Initiative Welt der Depression, unterstützt von Lundbeck Austria GmbH, Dresdner<br />

Straße 82, 1200 Wien. Redaktion: Katja Beran, Felicitas Freise. Art Direction, Grafik und DTP: phase5. Fotos: Archiv, fotolia.com. Redaktionsanschrift: Sommerergasse 14, 1130 Wien. E-Mail:<br />

redaktion@<strong>innenwelt</strong>.at. Offenlegung nach §15, Abs. 1–4, Mediengesetz: Grundlegende Richtung des Mediums: Informationen und Wissenswertes für das Leben mit seelischen Erkrankungen.<br />

Alle Texte und Beiträge in der <strong>innenwelt</strong> wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche,<br />

insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen. Aufgrund der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf<br />

geschlechtsspezifische Bezeichnungen.<br />

38 INNENWELT


DAS MAGAZIN FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEBENSQUALITÄT<br />

Warum immer mehr<br />

Jugendliche den Lebensmut<br />

verlieren – und was man<br />

dagegen tun kann.<br />

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Psycho-Who is who<br />

● Wer macht was?<br />

Die Vorsilbe „Psy-“ weist darauf hin, dass<br />

es um die Behandlung der Seele geht. Doch<br />

dann nehmen die Verständnisprobleme auch<br />

schon ihren Lauf. Die unterschiedlichen Arbeitsfelder<br />

von Psychotherapeut, Psychiater<br />

und Psychologe werden allzu oft in einen<br />

Topf geworfen oder miteinander verwechselt.<br />

Die <strong>innenwelt</strong> erklärt, worin sich Psychiatrie,<br />

Psychologie und Psychotherapie<br />

unterscheiden.<br />

● Psychiatrie<br />

Der Begriff „Psychiatrie“ bedeutet „Heilkunde<br />

für psychische Erkrankungen“. Der<br />

Fachbereich befasst sich mit der Forschung,<br />

Diagnose und Behandlung psychischer Störungen.<br />

Was diesen Berufsstand auszeichnet,<br />

ist, dass die „Fachärzte für Psychiatrie und<br />

Psychotherapeutische Medizin“ zusätzlich<br />

zum Medizinstudium eine entsprechende<br />

intensive psychotherapeutische Ausbildung<br />

absolviert haben, die es ihnen möglich<br />

macht, psychotherapeutische Maßnahmen<br />

in einen medizinischen Gesamtbehandlungsplan<br />

zu integrieren.<br />

● Psychologie<br />

ist die Wissenschaft vom menschlichen Verhalten<br />

und Erleben und hat zum Ziel, dieses mit<br />

wissenschaftlichen Methoden zu beschreiben,<br />

zu erklären, vorherzusagen und bei Bedarf auch<br />

positiv zu beeinflussen. Die Hauptgebiete der<br />

Psychologie sind die Theoretische Propädeutik<br />

(z. B. Statistik, Methodenlehre, Wissenschaftstheorie),<br />

die Allgemeine Psychologie (z. B. Neuro-,<br />

Wahrnehmungs- und Lernpsychologie), die<br />

Differenzielle Psychologie (z. B. Entwicklungs-,<br />

Persönlichkeits-, Motivations- und Sozialpsychologie)<br />

sowie die Angewandte Psychologie<br />

(z. B. Klinische, Arbeits-, Schul-, Medien- und<br />

Wirtschaftspsychologie).<br />

PsychologInnen haben ein abgeschlossenes<br />

Psychologie-Studium und weisen je nach<br />

Fachrichtung unterschiedliche Zusatzqualifikationen<br />

auf.<br />

● Psychotherapie<br />

ist die Behandlung von psychischen Leidenszuständen<br />

mit spezifischen therapeutischen<br />

Methoden und Interventionen.<br />

Die bekanntesten psychotherapeutischen<br />

Schulen sind Familientherapie, Gestalttherapie,<br />

Individualpsychologie, Logotherapie,<br />

Psychoanalyse, Systemische Therapie<br />

und Verhaltenstherapie/Kognitive Therapie.<br />

Um Psychotherapeut zu werden, ist weder<br />

ein Medizin- noch ein Psychologiestudium<br />

nötig, jedoch muss eine mehrjährige Psychotherapie-Ausbildung<br />

absolviert werden.<br />

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seiten<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

0079_RZ_InnenWelt_003 23.02.2005 11:49 Uhr Seite 1<br />

GEDICHT-WETTBEWERB:<br />

NEUES AUS DER WELT DER DEPRESSION FÜR BETROFFENE, ANGEHÖRIGE UND ÄRZTE<br />

Willi Resetarits,<br />

FAST forWORT>>-Schirmherr:<br />

Optimist<br />

Ich bin ein unheilbarer<br />

FAST forWORT>><br />

viele geniale Texte<br />

– drei glückliche<br />

Gewinner<br />

– Mit der Kraft der Kreativität gegen Depression.<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

657_InnenWelt_006_RZ 16.08.2006 11:20 Uhr Seite 1<br />

DAS MAGAZIN FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEBENSQUALITÄT<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

only good news<br />

NEWSLETTER FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEb ENSq U a LITä T<br />

11<br />

GRATIS!<br />

ZUM<br />

MITNEHMEN<br />

Liebeserklärung<br />

ans Leben<br />

Bestseller-Autor<br />

Andreas Salcher im<br />

großen Interview<br />

weg<br />

aus der<br />

depression<br />

Je frühzeitiger<br />

die Therapie,<br />

umso besser die<br />

Chancen!<br />

„ZWISCHEN SCHEIN UND SEIN” –<br />

DER UNTERNEHMER THOMAS KLEIN<br />

(„ALMDUDLER”) ÜBER SEIN LEBEN MIT DER DEPRESSION.<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

DAS MAGAZIN FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEBENSQUALITÄT<br />

Kindheit im<br />

Schatten<br />

Hilfe für Kinder<br />

psychisch kranker<br />

Eltern<br />

Demenz<br />

Möglichst lange<br />

„normal“ leben –<br />

so wird es möglich.<br />

Foto: corbis – Andrew Haagen<br />

are good news<br />

Bei depression und angst:<br />

rechtzeitig therapie<br />

starten statt zuwarten!<br />

An einer psychischen Erkrankung<br />

zu leiden kann das Leben<br />

erheblich belasten. Der<br />

1. Österreichische Patientenbericht<br />

„Angststörung und<br />

Depression“ bringt es an den<br />

Tag: Die befragten Patienten<br />

führen an, dass sie nur sehr<br />

schlecht mit der Erkrankung<br />

und ihren Auswirkungen auf<br />

den Alltag leben können. Ein<br />

großes Problem besteht darin,<br />

das sich viele Menschen<br />

bei psychischen Problemen<br />

davor scheuen, ärztliche Hilfe<br />

in Anspruch zu nehmen.<br />

So vergehen laut Umfrage<br />

des 1. Österreichischen<br />

Patientenberichtes durchschnittlich<br />

rund 2,5 Jahre<br />

von den ersten Symptomen<br />

bis <strong>zur</strong> Therapie. Ähnlich ist<br />

die Situation bei Erkrankungen<br />

wie Alzheimer-Demenz<br />

und Parkinson, die ebenfa ls<br />

gese lschaftlich stigmatisiert<br />

werden. Umgekehrt: Je früher<br />

eine Therapie begonnen<br />

wird, desto besser stehen<br />

die Chancen, die Krankheit<br />

zu besiegen oder deren Fortschreiten<br />

zu verzögern.<br />

➜ Weiterlesen auf Seite 3<br />

sarah<br />

kuttner:<br />

schreiben<br />

gegen<br />

tabus<br />

Auf den Bestse lerlisten finden<br />

sich immer Bücher mit<br />

„sperrigen“ Themen wie<br />

Depression und Angst. Die<br />

deutsche TV-Moderatorin<br />

beschreibt in „Mängelexemplar“<br />

den psychischen<br />

Zusammenbruch der Endzwanzigerin<br />

Caro, die immer<br />

auf der Überholspur unterwegs<br />

ist, bis die „schwarzen<br />

Löcher in der Seele“ sie <strong>zur</strong><br />

inneren Einkehr zwingen.<br />

-> Lesen Sie mehr auf Seite 4<br />

10<br />

GRATIS!<br />

ANGST UND PANIKATTACKEN<br />

schluss mit der<br />

angst vor der<br />

angst – hier<br />

finden sie hilfe<br />

DR. CLAUDIA REINER-LAWUGGER:<br />

Postpartale<br />

Depression –<br />

das Seelenleid der<br />

jungen Mütter<br />

keine<br />

ZUM<br />

MITNEHMEN<br />

Suizid vermeiden!<br />

Jedes Opfer ist eines<br />

zuviel – Anzeichen erkennen<br />

und rechtzeitig (be)handeln.<br />

prominenter<br />

wirklichkeit<br />

seelenschmerz<br />

GENIAL VERRÜCKT. WARUM KÜNSTLER WIE ROBBIE<br />

WILLIAMS SO HÄUFIG AN DEPRESSIONEN & CO LEIDEN.<br />

news<br />

Foto: NDRN/ VIVA / Ruprecht Stempel<br />

01/09<br />

BIPOLARE DEPRESSION<br />

warum<br />

frühzeitige<br />

behandlung so<br />

wichtig ist<br />

06<br />

KABARETTISTIN ANDREA HÄNDLER:<br />

Was mir im<br />

Kampf gegen<br />

die Depression<br />

geholfen hat<br />

GRATIS!<br />

ZUM<br />

MITNEHMEN<br />

angst<br />

Foto: fotolia – Akley Road Photo<br />

Vielleicht gehören produktiveres Betriebsklima<br />

praktiziert wird, als<br />

Sie auch zu denen,<br />

die den Begriff „Krise“ das bisher der Fall war.<br />

nicht mehr hören können.<br />

Natürlich, Anlass, die fährt endlich den längst<br />

Das Bildungssystem er-<br />

Zukunft schwarzzumalen, überfä ligen Wandel, grüne<br />

Branchen boomen, er-<br />

gibt’s mehr als genug:<br />

globale Finanzflaute, Firmenpleiten<br />

innovative Technologien<br />

neuerbare Energien und<br />

und Kon-<br />

liegen im Aufwind, da in<br />

junktursor-<br />

gen, progvestiert<br />

wird, Kreativität<br />

diese mehr denn je innostizierte<br />

und Persönlichkeit zählen<br />

steigende wieder, es wird zunehmend<br />

kooperiert, statt<br />

Arbeitslosigkeit,<br />

wachsende Job- im Einzelkämpferwettbewerb<br />

gegeneinander zu<br />

unsicherheit, damit einhergehend<br />

der Anstieg arbeiten, wodurch eine<br />

psychischer Erkrankungen<br />

etc. Doch gleichrung<br />

um sich greift. Al-<br />

ganz neue, soziale Wähzeitig<br />

ist auch eine ganz les Gründe dafür, das im<br />

andere Stimmung im Journalismus gepredigte<br />

Land spürbar. Immer Motto „only bad news<br />

mehr Menschen lassen are good news“ entsprechend<br />

zu adaptieren. Wir<br />

sich von der alarmistischen<br />

Panikmache nicht schauen lieber nach vorne,<br />

bieten Lösungen und<br />

anstecken, im Gegenteil:<br />

Sie können dem wirtschaftlichen<br />

Umbruch Auch und gerade dann,<br />

setzen positive Impulse.<br />

durchaus überwiegend wenn es um das Thema<br />

Positives abgewinnen. psychische Erkrankungen<br />

Das Platzen der Finanzblase<br />

hat dazu geführt, letter, das jüngste Kind<br />

geht. Der <strong>innenwelt</strong> news-<br />

das „Höher-schnellerweiter“-Prinzip,<br />

welches bringt Ihnen in kompak-<br />

der „<strong>innenwelt</strong>-Familie“,<br />

uns Wirtschaftswachstum<br />

und Wohlstand ohne über neue wissenschaftliter<br />

Form einen Überblick<br />

Ende versprochen hat, zu che Studien, interessante<br />

hinterfragen. Alte Arbeitsplätze<br />

gehen zwar verlozepte,<br />

abgerundet durch<br />

Denkmode le und Konren<br />

– dafür aber erfinden Angebote <strong>zur</strong> Vernetzung<br />

sich viele Branchen neu, und Hilfe. Immer mit dem<br />

innovative Wirtschaftsmode<br />

le entstehen und kann auch mehr be<strong>wege</strong>n.<br />

Tenor: Wer mehr weiß,<br />

damit auch wieder Arbeitsplätze.<br />

An denen –<br />

Für sich und andere.<br />

durch die Rückbesinnung Eine gute Zeit wünscht<br />

auf Grundwerte wie Beständigkeit,<br />

Verantwor-<br />

Katja Beran<br />

Ihnen<br />

tung und Kooperation – Chefredaktion<br />

ein weitaus besseres und <strong>innenwelt</strong> newsletter<br />

Sind wir<br />

nicht alle ein<br />

bisschen Monk?<br />

Der TV-Liebling MONK jeden Donnerstag<br />

um 20:15 in ORF 1<br />

PSYCHOSOMATIK<br />

über die seele<br />

den körper<br />

heilen und<br />

gesund werden<br />

leben in der anderen<br />

Foto: ORF/Universal<br />

Foto: Lukas Beck<br />

03<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

944_Innenwelt_07_07 13.04.2007 11:28 Uhr Seite 1<br />

© www.lukasbeck.com<br />

DAS MAGAZIN FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEBENSQUALITÄT<br />

vom<br />

GLÜCKS-SCHULUNG<br />

umfrage:<br />

was kinder<br />

stark fürs<br />

leben macht<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

schizophrenie-<br />

MAGERSUCHT<br />

07<br />

GRATIS!<br />

ZUM<br />

MITNEHMEN<br />

schmähbruder<br />

zum<br />

STARKABARETTIST<br />

ROLAND DÜRINGER<br />

GANZ PERSÖNLICH<br />

philosophen<br />

ZWANGSSTÖRUNGEN<br />

vom tick zum<br />

seelenterror:<br />

hilfe gegen<br />

den zwang<br />

hungern nach<br />

bestätigung<br />

kann tödlich<br />

enden<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

NEWSLETTER FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEBENSQUALITÄT<br />

Tödliches<br />

Schweigen<br />

Die Seele in<br />

Szene setzen<br />

Neu: „Kinotherapie“ im Zur Unterhaltung a leine<br />

Anton-Proksch-Institut soll dieses nicht dienen. Vielmehr<br />

ist es das Ziel, über das<br />

Wien-Kalksburg.<br />

Medium Film therapeutische<br />

In Zeiten, in denen man sich Botschaften zu transportieren.<br />

An spezie len Abenden<br />

„im falschen Film“ glaubt,<br />

hilft es oft, sich den richtigen wird ein Seminarraum des<br />

Film im Kino anzuschauen. Anton-Proksch-Instituts<br />

Gute Filme sind wie Balsam<br />

für die Seele, in jedem Über Großbildprojektion<br />

zum Kino umfunktioniert.<br />

Ze luloid-Streifen steckt ein kann dann in der Gruppe ein<br />

Stück Lebenshilfe. Seit kurzem<br />

ist die „Kino-Therapie“ lebt werden. Unverzichtbar<br />

ausgewählter Kinofilm er-<br />

auch Teil des umfassenden ist die Nachbesprechung, bei<br />

Therapie-Angebots im Anton-Proksch-Institut<br />

Wien- und persönliche Botschaft<br />

der über Inhalt, Bedeutung<br />

Kalksburg. Österreichs modernste<br />

Suchtklinik macht Infos unter: www.api.co.at<br />

des Films diskutiert wird.<br />

durch innovative Behandlungen<br />

von sich reden – zuletzt<br />

durch das neu entwickelte<br />

ORPHEUS-PROGRAMM, zu<br />

welchem nun auch das Modul<br />

„Kino-Therapie“ gehört.<br />

WAS IST SCHIZOPHRENIE<br />

URSACHEN<br />

ANZEICHEN<br />

DIAGNOSE<br />

KRANKHEITSVERLAUF<br />

BEHANDLUNGSSTRATEGIEN<br />

LEBEN MIT SCHIZOPHRENIE<br />

LEITFADEN FÜR ANGEHÖRIGE<br />

Clearing<br />

Österreich:<br />

Job-<br />

Chancen<br />

„klären“<br />

Psychische Erkrankungen und<br />

Beeinträchtigungen bei Kindern<br />

und Jugendlichen stiegen<br />

deutlich an. Bereits 10–<br />

15% der jungen Österreicher<br />

benötigen therapeutische<br />

Unterstützung. Besonders<br />

dramatisch ist die Situation<br />

bei der Arbeitssuche. In Zeiten<br />

wachsender Arbeitslosigkeit<br />

schaut es spezie l für<br />

Jugendliche mit psychischen<br />

Problemen düster aus. Unterstützung<br />

für Jobsuchende<br />

bietet der Verein Clearing<br />

Österreich. Das Angebot des<br />

engagierten Teams ist auf die<br />

Bedürfnisse von Jugendlichen<br />

mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf, sozial-emotionaler<br />

Beeinträchtigung bzw.<br />

Behinderung an der Schwelle<br />

zwischen Schule und Beruf<br />

ausgerichtet. Ziel ist, diesen<br />

berufliche Perspektiven aufzuzeigen<br />

und bei den ersten<br />

Schritten in die Jobwelt zu<br />

unterstützen. Infos unter:<br />

www.clearing.or.at<br />

news<br />

DER TRAGISCHE TOD Enkes tragischer Tod löste<br />

DES DEUTSCHEN FUSS- eine Welle an Mitgefühl<br />

BALLTORHÜTERS und Betroffenheit aus –<br />

ROBERT ENKE ZEIGT: und lenkte den Fokus auf<br />

DEPRESSIONEN SIND ein brennendes Thema:<br />

IN UNSERER GESELL- Wie weit darf Selbstaufgabe<br />

gehen, um Leistung<br />

SCHAFT NOCH IMMER<br />

EIN TABU. MIT OFT zu erbringen? Sieg und<br />

TÖDLICHEN FOLGEN Niederlage liegen nah beieinander<br />

– Spitzenstars<br />

FÜR BETROFFENE.<br />

Profi-Sport ist ein hartes des internationalen Sports<br />

Business, das vollsten körperlichen<br />

wie mentalen Versagensängsten natur-<br />

sind Leistungsdruck und<br />

Einsatz erfordert. Aber wie gemäß in besonders hohem<br />

Maße ausgesetzt.<br />

weit darf Ehrgeiz gehen?<br />

Was läuft falsch, wenn Dennoch: Das Risiko, an<br />

sich junge Menschen lieber<br />

das Leben nehmen Arbeitswelt zu zerbrechen<br />

den Anforderungen der<br />

als Schwäche zuzulassen? und diese psychische<br />

Fragen, die der Selbstmord<br />

des 32 Jahre alten zu müssen, ist auch in<br />

Belastung verschweigen<br />

Top-Torwarts Robert Enke anderen Berufen gegeben.<br />

Wirtschaftskrise und<br />

aufwirft. Nach außen hin<br />

war Enke stets bemüht, Jobmangel machen diese<br />

Situation nicht besser,<br />

sich nichts anmerken zu<br />

lassen. In Wahrheit aber sondern verschärfen die<br />

litt der HSV-Spieler seit Notlage Betroffener drastisch.<br />

Die Österreichische<br />

vielen Jahren unter Depressionen.<br />

An einem Gese lschaft für Psychiatrie<br />

(ÖGPP) veranstaltete<br />

Dienstagabend ste lt er<br />

sich im niedersächsischen am 6.11.09 ein Pressegespräch<br />

in prominent<br />

Neustadt-Eilvese auf die<br />

Eisenbahnschienen. Um besetzter Runde. Thema:<br />

18.17 erfasst ihn der „Vertrauen in der Krise<br />

Regionalexpress 4427. statt Vertrauenskrise“.<br />

-> Mehr darüber lesen Sie im Innenteil<br />

● Fit für den<br />

Alltag bleiben<br />

Geheilt werden kann die tierungs- und A ltagstraining<br />

Krankheit Demenz noch und begleitenden psychotherapeutische<br />

Maßnahmen.<br />

nicht. Umso wichtiger ist es,<br />

den Verlauf der Erkrankung Wesentlich ist dabei, die<br />

zu verlangsamen und die Alltagsfähigkeiten<br />

der Betroffe-<br />

möglichst früh zu beginnen,<br />

medikamentöse Therapie<br />

nen möglichst lange zu erhalten.<br />

Dazu beitragen kann ersten Anzeichen einer be-<br />

nämlich dann, wenn sich die<br />

eine Kombination aus Medikamenten,<br />

körperlicher Ak-<br />

Weitere Infos finden Sie unginnenden<br />

Demen zeigen.<br />

tivität, Gedächtnis-, Orienter:<br />

www.alzheimerinfo.at<br />

© Studio Laif<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

DAS MAGAZIN FÜR SEELISCHE GESUNDHEIT UND LEbENSqUALITäT<br />

in zeitlupe<br />

diagnose morbus parkinson:<br />

hilfe für betroffene und<br />

angehörige<br />

engel fliegen einsam<br />

Der stille Tod des Songwriters<br />

Hannes S. Ein Nachruf<br />

– und viele Fragen.<br />

stärker als die sucht<br />

Kreatives Tun weckt<br />

ungeahnte Kräfte. Im Anton-<br />

Proksch-Institut setzt man<br />

auf ein neues Therapiekonzept.<br />

Mit Erfolg.<br />

lyrik? ja bitte!<br />

Start frei für den großen<br />

Lyrik-Wettbewerb der<br />

<strong>innenwelt</strong>. Wer<br />

schreibt, gewinnt!<br />

prominenter<br />

parkinson-patient:<br />

michael J. Fox<br />

gibt nicht auF<br />

leben<br />

08<br />

GRATIS!<br />

Zum<br />

mitnehmen<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

DEPRESSION<br />

BIPOLARE DEPRESSION<br />

ANGST<br />

ZWANG<br />

SCHIZOPHRENIE<br />

DEMENZ<br />

SUCHT<br />

ESSSTÖRUNGEN<br />

PTSD<br />

PSYCHOSOMATIK<br />

SCHLAFSTÖRUNGEN<br />

MEDIKAMENTÖSE THERAPIE<br />

PSYCHOTHERAPIE<br />

KOMPLEMENTÄRMEDIZIN<br />

<strong>wege</strong> <strong>zur</strong> seelischen<br />

gesundheit<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

<strong>innenwelt</strong><br />

psychiater:<br />

was sie tun,<br />

wie sie helfen,<br />

neues<br />

<strong>innenwelt</strong><br />

über das<br />

alter<br />

warum sie ärzte fürs leben sind!<br />

Neurologische uNd psychiatrische erkraNkuNgeN<br />

bei ältereN MeNscheN – experteN-iNfos uNd<br />

hilfe für betroffeNe uNd aNgehörige<br />

ein zeichen fürs<br />

leben setzen<br />

Lichtblick<br />

THERAPIE UND HEILUNG PSYCHISCHER<br />

ERKRANKUNGEN – DIE OPTIMALE THERAPIE<br />

IST UNERSETZBAR!<br />

Stopp Suizid!<br />

WDD-1852 11/2011<br />

Menschen, die an Depressionen leiden, erleben die Welt auf ihre Weise.<br />

Wir bieten Betroffenen und Angehörigen Hilfe und Unterstützung.<br />

www.<strong>innenwelt</strong>.at<br />

www.facebook.com/<strong>innenwelt</strong>

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