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ARD-Jahrbuch 2010 - Inhalt und Artikel

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<strong>Jahrbuch</strong> 10


_ <strong>ARD</strong>-<strong>Jahrbuch</strong> 10<br />

42. Jahrgang<br />

Herausgegeben von der<br />

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland (<strong>ARD</strong>)<br />

unter Mitwirkung der<br />

<strong>ARD</strong>-Werbung<br />

Verantwortlich für den Herausgeber<br />

Peter Boudgoust,<br />

Intendant des Südwestr<strong>und</strong>funks


_ redaktion<br />

Doris Rehme-Lauer (doris.rehme@dra.de),<br />

Catherine Artzt (catherine.artzt@dra.de),<br />

Gudrun Augustin (gudrun.augustin@dra.de),<br />

Adrian Haus (adrian.haus@dra.de)<br />

Jutta Weismüller (jutta.weismueller@dra.de),<br />

Deutsches R<strong>und</strong>funkarchiv (DRA).<br />

_ produktion <strong>und</strong> vertrieb<br />

Jutta Weismüller (jutta.weismueller@dra.de),<br />

Cornelia Springer (cornelia.springer@dra.de),<br />

Deutsches R<strong>und</strong>funkarchiv (DRA).<br />

_ geschäftsführung<br />

Hans-Gerhard Stülb, Deutsches R<strong>und</strong>funkarchiv (DRA).<br />

_ anschrift von redaktion <strong>und</strong> geschäftsführung<br />

Bertramstr. 8, 60320 Frankfurt am Main,<br />

Telefon (0 69) 15 68 72 11, Fax (0 69) 15 68 71 00<br />

E-Mail: ardjahrbuch@dra.de<br />

_ umschlag<br />

Stefanie Miller, Karlsruhe. _ layout, typografie <strong>und</strong> grafik-design<br />

Peter Wolf KommunikationsDesign, Hainburg.<br />

_ reproduktionen<br />

_ gesetzt<br />

_ druck<br />

Dinges & Frick GmbH, Wiesbaden.<br />

in BSK Garamond <strong>und</strong> Thesis.<br />

Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG,<br />

Frankfurt am Main.<br />

_ verlag<br />

_ auslieferung<br />

Hans-Bredow-Institut, Hamburg <strong>2010</strong>.<br />

Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden.<br />

_ alle rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers.<br />

_ isbn 978-3-8329-6235-7<br />

_ Der Umschlag des <strong>ARD</strong>-<strong>Jahrbuch</strong>s ist aus einem Wettbewerb<br />

hervorgegangen, den die <strong>ARD</strong> an der Hochschule für<br />

Gestaltung (HfG) Karlsruhe veranstaltet hat.<br />

_ Im Sinne einer besseren Lesbarkeit hat sich die<br />

Redaktion entschieden, Begriffe wie Hörer, Zuschauer,<br />

Redakteur geschlechtsneutral zu verwenden.<br />

Selbstverständlich sind immer Hörer <strong>und</strong> Hörerinnen,<br />

Zuschauer <strong>und</strong> Zuschauerinnen, Redakteure <strong>und</strong><br />

Redakteurinnen gemeint.


_ <strong>Artikel</strong><br />

Mit 60 ein Best Ager<br />

Verlässlich <strong>und</strong> glaubwürdig in die Zukunft<br />

Von Peter Boudgoust _ 13<br />

Meine Jahre mit der <strong>ARD</strong><br />

Ein kritischer Beobachter schaut zurück<br />

Von Lutz Hachmeister _ 15<br />

»In der ersten Reihe«<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> der<br />

öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funk<br />

Von Karl-Dieter Möller _ 21<br />

Die sechs politischen Magazine im Ersten<br />

Eine vergleichende Übersicht _ 29<br />

Mediale Visitenkarte der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Die Deutsche Welle im Wandel<br />

Von Erik Bettermann _ 36<br />

Den Finger in die W<strong>und</strong>e legen<br />

Reporter-Pools beim <strong>ARD</strong>-Radio bringen eine<br />

neue journalistische Qualität<br />

Von Bernhard Hermann <strong>und</strong> Arthur Landwehr _ 43<br />

. . . auch jenseits ausgetretener Pfade<br />

Literatur im Radio – eine Bestandsaufnahme<br />

Von Frank Johannsen _ 49<br />

Literatur im Radio<br />

Literatursendeplätze im <strong>ARD</strong>-Hörfunk<br />

Von Gudrun Augustin _ 59<br />

Die Todeszone<br />

Die Öl-Katastrophe am Golf von Mexiko im Fokus<br />

der <strong>ARD</strong>-Berichterstattung<br />

Von Ralph Sina _ 63<br />

Als Journalist im Gottesstaat Iran<br />

Pressefreiheit: ein Fremdwort<br />

Von Peter Mezger _ 67<br />

Land der Finsternis – Land des Lichts<br />

Von Gegensätzen <strong>und</strong> Widersprüchen in Südafrika<br />

Von Richard Klug _ 72<br />

Präsent sein in der digitalen Welt<br />

Die Multiplattformstrategie der <strong>ARD</strong><br />

Von Heidi Schmidt _ 76<br />

Junge Wilde <strong>und</strong> Zielstrebige Trendsetter<br />

Die junge Generation nach MedienNutzerTypologie 2.0<br />

Von Ekkehardt Oehmichen _ 81<br />

Von Clara <strong>und</strong> Lilipuz<br />

Klassik, Kinder <strong>und</strong> Jugend in der <strong>ARD</strong><br />

Von Carsten Dufner _ 86<br />

WDR Kinderstudio, WDR Abenteuerreise <strong>und</strong> mehr<br />

Medienkompetenz am Beispiel des WDR<br />

Von Annette Busch-Wiesenthal <strong>und</strong> Ute teigler _ 93<br />

Qualitätspartnerschaft<br />

Die neue Vereinbarung zwischen <strong>ARD</strong><br />

<strong>und</strong> Produzentenallianz<br />

Von Christoph E. Palmer <strong>und</strong> Johannes Kreile _ 99<br />

Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft <strong>2010</strong><br />

Das <strong>ARD</strong>-WM-Team setzte Maßstäbe<br />

in Deutschland <strong>und</strong> Südafrika<br />

Von Bertram Bittel <strong>und</strong> Thomas Wehrle _ 103<br />

Olympische Winterspiele <strong>2010</strong> in Vancouver<br />

Startschuss für Das Erste HD<br />

Von Gabriele Arlt <strong>und</strong> Volker Frank _ 108<br />

IT versus R<strong>und</strong>funktechnik<br />

Digitalisierung <strong>und</strong> Vernetzung in den Funkhäusern<br />

Von Heiko Block _ 109<br />

Reihe Medienmenschen<br />

»Und nun schalten wir um ...«<br />

Die Inspizientin Annette Dols _ 113<br />

Von Gudrun Augustin<br />

Wenn Millionen zuschauen<br />

Der Sendeingenieur Jochen Groß _ 116<br />

Von Adrian Haus<br />

Es klappert nicht einfach so<br />

Der Geräuschemacher Max Bauer _ 119<br />

Von Adrian Haus<br />

_ Chronik <strong>und</strong> Berichte<br />

Chronik 2009 _ 125<br />

<strong>ARD</strong> <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funkanstalten _ 125<br />

Wettbewerbe <strong>und</strong> Veranstaltungen _ 146<br />

R<strong>und</strong>funkpolitik 2009/<strong>2010</strong> _ 162<br />

Von Verena Wiedemann _ 162<br />

Reform der R<strong>und</strong>funkfinanzierung _ 162 I Dreistufentests<br />

abgeschlossen _ 163 I »Tagesschau« für Smartphones<br />

in der Kritik _ 165 I Krise . . . welche Krise? _<br />

166 I Renditegeschenk für die Privaten: Product<br />

Placement _ 166 I Trotz positiver Zahlen: Rückgang<br />

<strong>Inhalt</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0 5


der Informationsangebote bei den Privaten _ 167 I<br />

Ehrliche Debatte notwendig _ 167 I Verbot von<br />

Werbung <strong>und</strong> Sponsoring bei <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> ZDF _ 168 I<br />

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag unterzeichnet _<br />

168 I Internet-Enquete eingesetzt _ 168 I Qualitätspartnerschaften<br />

der <strong>ARD</strong> _ 169<br />

R<strong>und</strong>funkfinanzen 2009 _ 170<br />

Gesamtergebnis: Finanziell wieder ein schwieriges Jahr<br />

für die Landesr<strong>und</strong>funkanstalten _ 170 I Ertragslage:<br />

trotz Gebührenerhöhung stieg Gebührenaufkommen<br />

nur gering an _ 172 I Aufwandsentwicklung: Intensive<br />

Sparaktivitäten, Aufwendungen trotz erhöhter<br />

Rückstellungsbildung auf Vorjahresniveau,<br />

Aufwendungen für den Gebühreneinzug erneut<br />

gesunken _ 175 I Finanzierungsstruktur: Eigenkapitalquote<br />

leicht vermindert _ 176 I Aktiva _ 176 I<br />

Passiva _ 176<br />

Produktion <strong>und</strong> Technik 2009 _ 177<br />

Sender, Leitungsverbindungen <strong>und</strong> Studios 2009 _ 178 I<br />

HDTV auf dem Weg zum Regelbetrieb _ 179 I DVB-T ist<br />

der terrestrische TV-Standard _ 180 I Verhaltener DAB-<br />

Ausbau _ 181 I Programmverbreitung via Kabel <strong>und</strong><br />

Satellit _ 182 I Neue Möglichkeiten im World Wide<br />

Web _ 193 I UKW-Versorung wird weiter verbessert _<br />

184 I Mit HYBNET-Neu <strong>und</strong> HDTV in die Zukunft _<br />

184 I Neue Technik von Tel Aviv bis Saarbrücken _ 185 I<br />

Hörfunk als digitale Basis für Multimedialität _ 186 I<br />

HDTV als Richtschnur in der Fernsehproduktion _ 186 I<br />

Mobile Technik allerorts auf dem neuesten Stand _ 187 I<br />

Großereignisse: NATO-Gipfel, Leichtathletik-WM <strong>und</strong><br />

20 Jahre Mauerfall _ 188 I IRT: Technologie verstehen<br />

<strong>und</strong> umsetzen _ 189 I RBT: Ingenieurbüro von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong><br />

ZDF _ 189<br />

Gemeinschaftseinrichtungen 2009 _ 190<br />

Degeto Film GmbH: Erfolgreiche Auftragsproduktionen<br />

für die <strong>ARD</strong> _ 190 I Deutsches R<strong>und</strong>funkarchiv: Aufarbeitung<br />

der DDR-Bestände <strong>und</strong> Vernetzung der modernisierten<br />

Datenbanken _ 191 I Gebühreneinzugszentrale:<br />

Gebührenerhöhung stabiliert Gesamterträ-<br />

ge _ 192 I <strong>ARD</strong>.ZDF medienakademie: Ganz nah an den<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten _ 193<br />

Medienforschung 2009 _ 194<br />

Sehdauer bleibt hoch _ 195 I Das Erste <strong>und</strong> die Dritten<br />

vorn _ 195 I Das Informationsangebot des Ersten <strong>und</strong><br />

dessen Nutzung haben zugenommen _ 196 I<br />

»Tagesschau« nach wie vor meistgesehene Nachrich-<br />

tensendung _ 196 I »Eurovision Song Contest«<br />

6 <strong>Inhalt</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

<strong>und</strong> »2009 – Das Quiz« meistgesehene<br />

Unterhaltungssendungen im Ersten _ 197 I <strong>ARD</strong>/<br />

ZDF-Wahlmonitor 2009 _ 198 I Große Resonanz auf<br />

Fußball-Länderspiele _ 199 I Das Erste: Wertschätzung<br />

auf konstant hohem Niveau _ 199 I Dritte Programme<br />

in der Summe an der Spitze _ 200 I <strong>ARD</strong>/ZDF-<br />

Online-Studie 2009 _ 201 I Unterhaltungssendungen<br />

<strong>und</strong> Ratgeber stark nachgefragt _ 202 I JIM-Studie<br />

2009 _ 203 I Media Analyse <strong>2010</strong> Radio I: <strong>ARD</strong>-<br />

Programme dominieren weiter den Markt _ 206 I<br />

Kultur- <strong>und</strong> Infoprogramme bleiben erfolgreich _ 206 I<br />

Unterschiede in den Regionen _ 207 I DW-TV, DW-<br />

RADIO <strong>und</strong> DW-WORLD.DE: Multiplattform-Angebote<br />

sprechen internationale Zielgruppen an _ 208<br />

Hörfunk 2009 _ 209<br />

Modernes Informationsradio: hr-iNFO r<strong>und</strong>um<br />

erneuert _ 210 I Die Hörfunkprogramme der <strong>ARD</strong><br />

2009 _ 210 I Noch informativer: Der neue Abend in<br />

SWR2 _ 211 I hr3 <strong>und</strong> WDR 2: noch mehr attraktive<br />

Angebote _ 212 I Funkhaus Europa jetzt auch in<br />

Berlin <strong>und</strong> Brandenburg _ 212 I BR Klassik: Die ganze<br />

Welt der Klassik unter einem Dach _ 212 I Neue<br />

Sendungen: Von »Play Jazz« bis »Opern-Lunch« _ 213<br />

I Programmwochen <strong>und</strong> Schwerpunktprogramme _<br />

215 I Aktuelles <strong>und</strong> thematische Schwerpunkte: »Klima<br />

konkret« – Information <strong>und</strong> Service im <strong>ARD</strong>-Radio _<br />

216 I Akzente <strong>und</strong> Jahrestage: »60 x Deutschland« <strong>und</strong><br />

»Mauersplitter« – Deutschlands Umbrüche im <strong>ARD</strong>-<br />

Radio _ 218 I Hörspiel <strong>und</strong> Medienkunst: »Chronik der<br />

Gefühle« – Die Welt des Alexander Kluge als Hörspiel<br />

_ 222 I Auslandsprogramme 2009: Synergien schaffen:<br />

DW-RADIO <strong>und</strong> DW WORLD mit gemeinsamen<br />

Redaktionen _ 225<br />

<strong>ARD</strong>-Themenwoche 2009 _ 226<br />

»Ist doch Ehrensache – Wie Menschen sich für die<br />

Gesellschaft engagieren« _ 226<br />

Fernsehen 2009 _ 228<br />

Das Erste _ 228<br />

Politik, Gesellschaft, Kultur: Dauerwahlkampf im<br />

Zeichen der Wirtschaftskrise _ 229 I Die Fernsehprogramme<br />

der <strong>ARD</strong> 2009 _ 230 I Sport: Leichtathletik<br />

in HD _ 231 I Fernsehfilm: »Mein Leben« <strong>und</strong> »Der<br />

Baader Meinhof Komplex« _ 232 I Spielfilm: Beste<br />

Fernsehunterhaltung – die Auftragsproduktionen <strong>und</strong><br />

Kinohighlights der <strong>ARD</strong> Degeto _ 233 I Unterhaltung:<br />

Markenzeichen – Wissen- <strong>und</strong> Quizsendungen _ 234 I<br />

Kirche: Neues Konzept für »Gott <strong>und</strong> die Welt« _ 236 I<br />

Familie: »Bei uns <strong>und</strong> um die Ecke« _ 237 I Ausland: Der<br />

Papst in Israel _ 237 I Vorabend: Relaunch der Dailys _<br />

237


Die Dritten Programme<br />

Bayerisches Fernsehen: Stark in der Region _ 238 I<br />

hr-fernsehen: Frische, hessische <strong>Inhalt</strong>e _ 239 I MDR<br />

FERNSEHEN: 20 Jahre Mauerfall: Der MDR feierte mit _<br />

239 I NDR Fernsehen in Zusammenarbeit mit Radio<br />

Bremen: Nah dran, streitbar <strong>und</strong> unterhaltsam _ 240<br />

I rbb Fernsehen: 20 Jahre friedliche Revolution _ 241 I<br />

SWR Fernsehen <strong>und</strong> SR Fernsehen: NATO-Gipfel <strong>und</strong><br />

Amoklauf _ 241 I WDR Fernsehen: Programmreform<br />

<strong>und</strong> neue Formate _ 242<br />

Satelliten-, Digital- <strong>und</strong> Auslandsprogramme<br />

3sat: 25 Jahre 3sat _ 243 I ARTE: »24h Berlin« _ 244 I<br />

PHOENIX: Innovative Informationsvermittlung _ 245 I<br />

KI.KA: Mit Information, Vielfalt <strong>und</strong> Qualität zum<br />

Erfolg _ 245 I BR-alpha: »Hitler vor Gericht« _ 246 I <strong>ARD</strong><br />

Digital: Vielfalt <strong>und</strong> Qualität für alle _ 247 I EinsExtra:<br />

Nachrichten im Viertelst<strong>und</strong>entakt _ 247 I EinsFestival:<br />

Für Menschen, die Fernsehen lieben _ 247 I EinsPlus:<br />

Programm- <strong>und</strong> Ideenwerkstatt _ 248 I DW-TV:<br />

Im Zeichen von Regionalisierung <strong>und</strong> deutschen<br />

Jahrestagen _ 248<br />

Online 2009 _ 249<br />

12. R<strong>und</strong>funkänderungsstaatsvertrag <strong>und</strong><br />

Dreistufentest _ 249 I <strong>ARD</strong> Mediatheken: Noch benutzerfre<strong>und</strong>licher,<br />

mehr Premiuminhalte _ 250 I<br />

<strong>ARD</strong> Online: Verbessertes Layout _ 250 I Die <strong>ARD</strong> bei<br />

YouTube, Facebook, Twitter & Co. _ 250 I Information:<br />

Wahl-Specials <strong>und</strong> neue Formate im Internet _ 251 I<br />

Börse <strong>und</strong> Wirtschaft: Weltweite Finanzkrise _ 252 I<br />

Zeitgeschichte: 60 Jahre B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland,<br />

20 Jahre Mauerfall _ 252 I sportschau.de: Neue Adresse,<br />

bewährte Qualität _ 253 I Kultur: Botticelli, »Romy«,<br />

NDR Comedy Contest _ 253 I Bildung <strong>und</strong> Wissen:<br />

Mitlernen <strong>und</strong> Mitmachen _ 253 I Barrierefreiheit:<br />

Zugangsbarrieren sukzessive abgebaut _ 254 I DW-<br />

WORLD.DE: 60 Jahre B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland,<br />

»Generation ’89« _ 254<br />

_ Organisation <strong>und</strong> Personalien<br />

Stand 1. August <strong>2010</strong><br />

Personalien von A bis Z _ 258<br />

<strong>ARD</strong> _ 259<br />

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland _ 259<br />

<strong>Inhalt</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

<strong>ARD</strong>-Einrichtungen _ 260<br />

Degeto _ 260 I <strong>ARD</strong>.ZDF medienakademie _ 260 I<br />

Deutsches R<strong>und</strong>funkarchiv _ 260 I Gebühreneinzugszentrale<br />

_ 260 I Institut für R<strong>und</strong> funktechnik _ 261 I<br />

R<strong>und</strong>funk-Betriebstechnik _ 261 I SportA Sport rechte-<br />

<strong>und</strong> Marketing-Agentur GmbH _ 261<br />

Gemeinsame Programme _ 262<br />

<strong>ARD</strong>-Gemeinschaftsprogramm Das Erste _ 262 I <strong>ARD</strong><br />

Digital _ 262 I EinsExtra _ 262 I Einsfestival _ 262 I<br />

EinsPlus _ 263 I KI.KA – Der Kinderkanal von <strong>ARD</strong><br />

<strong>und</strong> ZDF _ 263 I PHOENIX. Der Ereignis- <strong>und</strong> Dokumentationskanal<br />

von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> ZDF _ 263 I 3sat –<br />

Satellitenfernsehen des deutschen Sprachraums _ 263<br />

Auslandskorrespondenten _ 264<br />

Karte _ 264 I Liste _ 266<br />

<strong>ARD</strong>-R<strong>und</strong>funkanstalten _ 268<br />

Karte: Sendegebiete, Funkhäuser, Studios <strong>und</strong> Büros _<br />

268 I Bayerischer R<strong>und</strong>funk _ 269 I Hessischer<br />

R<strong>und</strong>funk _ 273 I Mitteldeutscher R<strong>und</strong>funk _ 275 I<br />

Norddeutscher R<strong>und</strong>funk _ 278 I Radio Bremen _ 282 I<br />

R<strong>und</strong>funk Berlin-Brandenburg _ 284 I Saarländischer<br />

R<strong>und</strong>funk _ 287 I Südwestr<strong>und</strong>funk _ 289 I Westdeutscher<br />

R<strong>und</strong>funk _ 293 I Deutsche Welle _ 296<br />

<strong>ARD</strong>-Beteiligungen _ 298<br />

Deutschlandradio _ 298 I ARTE Deutschland <strong>und</strong> ARTE<br />

G.E.I.E. _ 300<br />

<strong>ARD</strong>-Werbung <strong>und</strong> Werbegesellschaften _ 301<br />

Arbeitsgemeinschaft der <strong>ARD</strong>-Werbegesellschaften _<br />

301 I BRmedia _ 301 I hr werbung _ 301 I MDR-Werbung<br />

_ 302 I NDR Media _ 302 I Radio Bremen Media _<br />

302 I RBB Media _ 302 I SWR Media Services _ 303 I<br />

Werbefunk Saar _ 303 I WDR media group _ 303<br />

_ Statistik 2009<br />

Finanzstatistik 2009 _ 307<br />

Landesr<strong>und</strong>funkanstalten<br />

Vermögensrechnung: Statistische Zusammenfassung<br />

_ 308 I Landesr<strong>und</strong>funkanstalten einzeln _ 310<br />

Ertrags- <strong>und</strong> Aufwandsrechnung/Finanzrechnung:<br />

Statistische Zusammenfassung _ 312 I Bayerischer<br />

R<strong>und</strong>funk _ 314 I Hessischer R<strong>und</strong>funk _ 316 I Mitteldeutscher<br />

R<strong>und</strong>funk _ 318 I Norddeutscher R<strong>und</strong>funk<br />

_ 320 I Radio Bremen _ 322 I R<strong>und</strong>funk Berlin-<br />

Brandenburg _ 324 I Saarländischer R<strong>und</strong>funk _ 326 I<br />

Südwestr<strong>und</strong>funk _ 328 I Westdeutscher R<strong>und</strong>funk _<br />

330 I Grafik: Erträge <strong>und</strong> Aufwendungen 2009 _ 333<br />

Gesamtübersichten: Erträge aus Teilnehmergebüh-<br />

7


en _ 334 I Empfangsgeräte nach Einzugsgebieten _<br />

335 I Aufwendungen für die GEZ _ 336 I Aufwendun -<br />

gen für Befreiungsbearbeitung <strong>und</strong> Beauftragtendienst<br />

_ 336 I Anteil der Verwaltungskosten an den<br />

Gesamtkosten _ 336 I Ausstrahlungskosten _ 337 I<br />

Investitionen _ 337 I Besetzte Planstellen _ 338 I<br />

Finanzausgleich der <strong>ARD</strong> _ 338<br />

Deutsche Welle<br />

Ertrags- <strong>und</strong> Aufwandsrechnung _ 339 I<br />

Vermögensrechnung _ 340 I Investitionen _ 342<br />

Deutschlandradio<br />

Ertrags- <strong>und</strong> Aufwandsrechnung _ 343 I<br />

Vermögensrechnung _ 344 I Investitionen _ 346<br />

Werbestatistik 2009 _ 347<br />

Umsätze Werbefunk _ 348 I Umsätze Werbefernsehen<br />

_ 348 I Grafik: Programmanteile Werbefunk <strong>und</strong><br />

Werbefernsehen 2000 – 2009 _ 350<br />

Hörfunkstatistik 2009 _ 351<br />

Landesr<strong>und</strong>funkanstalten<br />

Bayerischer R<strong>und</strong>funk _ 352 I Hessischer R<strong>und</strong>funk _<br />

352 I Mitteldeutscher R<strong>und</strong>funk _ 354 I Norddeutscher<br />

R<strong>und</strong>funk _ 354 I Radio Bremen _ 356 I R<strong>und</strong>funk<br />

Berlin-Brandenburg _ 356 I Saarländischer R<strong>und</strong>funk _<br />

357 I Südwestr<strong>und</strong>funk _ 358 I Westdeutscher R<strong>und</strong>funk<br />

_ 358 I Gesamtübersicht _ 360<br />

Deutschlandradio<br />

Deutschlandradio Kultur <strong>und</strong> Deutschlandfunk _ 360<br />

Deutsche Welle<br />

Deutsches <strong>und</strong> Fremdsprachenprogramm _ 361<br />

Fernsehstatistik 2009 _ 362<br />

Erstes Deutsches Fernsehen<br />

Gesamtprogramm nach Erstsendungen <strong>und</strong> Wiederholungen<br />

_ 365 I Programmzulieferungen von <strong>ARD</strong>aktuell<br />

_ 365 I Gesamtprogramm nach Programmentstehung<br />

_ 366 I Grafik: Erstes Fernsehprogramm<br />

nach Erstsendungen, Wiederholungen <strong>und</strong> Programment<br />

stehung _ 366 I Grafik: Informationsanteil im Ersten<br />

<strong>und</strong> in den Dritten Programmen der <strong>ARD</strong> _ 367<br />

Dritte Fernsehprogramme<br />

Gesamtprogramme nach Ressorts _ 368 I Gesamtprogramme<br />

nach Programmentstehung _ 368 I Grafik:<br />

Dritte Fernsehprogramme nach Programmentste-<br />

hung _ 370<br />

Satellitenprogramm PHOENIX<br />

<strong>ARD</strong>-Anteil _ 368<br />

Satellitenprogramm KI.KA<br />

<strong>ARD</strong>-Anteil _ 369<br />

Satellitenprogramm 3sat<br />

<strong>ARD</strong>-Anteil nach Ressorts _ 370<br />

8 <strong>Inhalt</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Europäischer Kulturkanal ARTE<br />

<strong>ARD</strong>-Anteil nach Ressorts _ 371<br />

Bayerischer R<strong>und</strong>funk<br />

BR-alpha nach Ressorts <strong>und</strong> nach Erstsendungen/<br />

Wiederholungen _ 371<br />

Deutsche Welle<br />

DW-TV nach Sprachen _ 372 I DW-TV nach <strong>Inhalt</strong>en _<br />

372 I DW-TV nach Programmentstehung _ 372<br />

Medienforschungsdaten 2009 _ 373<br />

Hörfunknutzung 2009<br />

B<strong>und</strong>esweit _ 374 I BR-Sendegebiet _ 376 I HR-Sendegebiet<br />

_ 376 I MDR-Sendegebiet _ 377 I NDR-Sendegebiet<br />

_ 377 I Radio-Bremen-Sendegebiet _ 378 I<br />

RBB-Sendegebiet _ 378 I SR-Sendegebiet _ 379 I SWR-<br />

Sendegebiet _ 379 I WDR-Sendegebiet _ 380<br />

Fernsehen 2009<br />

Empfangspotenziale der Fernsehprogramme b<strong>und</strong>esweit<br />

2005 – 2009 _ 381 I Ebenen des Fernsehempfangs<br />

<strong>und</strong> Anzahl empfangbarer Programme 2005 – 2009 _<br />

381 I Nutzung b<strong>und</strong>esweit, Westdeutschland,<br />

Ostdeutschland, 2005 – 2009 _ 382 I Nutzung einzelner<br />

Programme in einzelnen Zeitabschnitten _ 383 I<br />

Grafik: Marktanteile einzelner Programme in der Prime<br />

Time _ 383 I Nutzung einzelner Programme in einzelnen<br />

Altersgruppen _ 384 I Marktanteile der Dritten<br />

Programme in den einzelnen Sendegebieten _ 384<br />

_ Dokumente<br />

Dreizehnter Staatsvertrag zur Änderung<br />

r<strong>und</strong>funkrechtlicher Staatsverträge<br />

(Dreizehnter R<strong>und</strong>funkänderungsstaatsvertrag)<br />

Vom 30. Oktober – 20. November 2009 _ 389<br />

Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes<br />

über den »Westdeutschen R<strong>und</strong>funk Köln«<br />

<strong>und</strong> des Landesmediengesetzes für das Land<br />

Nordrhein-Westfalen (LMG NRW)<br />

13. R<strong>und</strong>funkänderungsgesetz<br />

Vom 8. Dezember 2009 (Auszug) _ 395<br />

Gesetz zur Änderung des<br />

Bayerischen R<strong>und</strong>funkgesetzes <strong>und</strong><br />

des Bayerischen Mediengesetzes<br />

Vom 8. Dezember 2009 (Auszug) _ 403<br />

Gesetz zur Änderung r<strong>und</strong>funkrechtlicher<br />

Vorschriften<br />

Vom 24. Juni <strong>2010</strong> (Auszug) _ 404<br />

Art. 1: Änderung des Gesetzes über den Hessischen<br />

R<strong>und</strong>funk _ 404


Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes<br />

Vom 23. März <strong>2010</strong> _ 406<br />

Fortentwicklung der »Bonner Beschlüsse«<br />

Auszug aus dem Bericht des <strong>ARD</strong>-Vorsitzenden an den<br />

Vorsitzenden der R<strong>und</strong>funkkommission der Länder<br />

Vom 16. November 2009 _ 409<br />

<strong>ARD</strong>-Richtlinien für Werbung, Sponsoring,<br />

Gewinnspiele <strong>und</strong> Produktionshilfe<br />

in der Fassung vom 12. März <strong>2010</strong> _ 410<br />

_ Register<br />

Personen _ 419 I Sachen _ 431 I Titel _ 440 I<br />

Abkürzungen _ 448 I Bildnachweis _ 451<br />

<strong>Inhalt</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

9


<strong>Artikel</strong>


Mit 60 ein Best Ager<br />

Verlässlich <strong>und</strong> glaubwürdig in die Zukunft<br />

Von Peter Boudgoust<br />

60<br />

Jahresringe sind es inzwischen,<br />

schmalere für schwierige Jahre,<br />

dickere für gute. Die <strong>ARD</strong> ist in<br />

diesem Land gewachsen, stark<br />

geworden <strong>und</strong> auch in Zeiten sich verändernder<br />

»Lebensbedingungen« fest verwurzelt.<br />

Nie zuvor in unserer 60-jährigen Geschichte<br />

ist aber soviel darüber diskutiert worden, was<br />

wir dürfen <strong>und</strong> – vor allem – was nicht. Für das<br />

Internet haben wir inzwischen Klarheit: Die<br />

Dreistufentests sind abgeschlossen <strong>und</strong> bestätigen,<br />

dass unsere Internetangebote vor allem<br />

publizistisch unverzichtbar sind. Wer die Onlineauftritte<br />

der Landesr<strong>und</strong>funkanstalten oder<br />

etwa <strong>ARD</strong>.de, DasErste.de oder tagesschau.de<br />

nutzt, bekommt vielfältige Informationen <strong>und</strong><br />

Nachrichten aus allen wichtigen Bereichen.<br />

Information, Bildung <strong>und</strong> Unterhaltung – die<br />

drei Gr<strong>und</strong>pfeiler des öffentlich-rechtlichen<br />

Auftrages sind auch im Internet das Maß der<br />

Dinge. Natürlich ist es vor allem aus Sicht der<br />

Nutzer bedauerlich, dass wir mehr als eine<br />

Million Dokumente löschen oder depublizieren<br />

mussten <strong>und</strong> künftig <strong>Inhalt</strong>e nach Ablauf<br />

bestimmter Fristen aus dem Netz nehmen müssen.<br />

An der Qualität unserer Angebote ändert<br />

sich dadurch aber nichts. Im Gegenteil: Wir<br />

werden unser Profil weiter schärfen.<br />

Nun sollte man aber auch meinen, dass am<br />

Ende der Verfahren endlich die Stimmen verstummen,<br />

die hartnäckig das Gerücht befeuern,<br />

dass hochprofitable Zeitungsverlage <strong>und</strong> kommerzielle<br />

Sender durch uns <strong>und</strong> unsere Internetangebote<br />

in ihrer Existenz bedroht seien. Doch<br />

das Mantra von der angeblichen Schieflage <strong>und</strong><br />

Online-Expansion der Öffentlich-Rechtlichen<br />

klingt weiter. Das Depublizieren in unseren<br />

Angeboten beweist das Gegenteil. Außerdem<br />

machen die Online-Angebote der <strong>ARD</strong> auf<br />

Deutschland bezogen nach IVW-Erhebung<br />

(Informationsgemeinschaft zur Feststellung der<br />

Verbreitung von Werbeträgern e.V.) weniger als<br />

ein Prozent aus. Das ist also nicht einmal ein<br />

Stück vom großen Kuchen, sondern ein kleines<br />

Häppchen. Und auch sonst belegen nackte Zahlen<br />

am besten, dass ausgerechnet diejenigen,<br />

die am lautesten die angebliche Ungerechtigkeit<br />

beklagen, wirtschaftlich besonders gut dastehen.<br />

Die Axel Springer AG zum Beispiel hat<br />

im ersten Halbjahr <strong>2010</strong> einen Rekordgewinn<br />

erzielt <strong>und</strong> profitierte dabei von Wachstumseffekten<br />

im digitalen Geschäft. Ähnlich sieht es<br />

bei kommerziellen TV-Sendern wie etwa der<br />

Mediengruppe RTL aus. Die erwirtschaftete im<br />

absoluten Krisenjahr 2009 eine Traumrendite<br />

<strong>und</strong> erzielte vor allem wegen des wachsenden<br />

Fernsehwerbemarktes in Deutschland in den<br />

ersten sechs Monaten diesen Jahres das beste<br />

Ergebnis der Firmengeschichte. Erfolgsmeldun-<br />

gen sind auch von der ProSiebenSat.1 Media<br />

AG zu hören – trotz einer von den Finanzinvestoren<br />

aufgehäuften Schuldenlast. Respekt.<br />

Aber wieso dann immer wieder Selbstmitleid<br />

<strong>und</strong> Frontalangriff? Wir sind ganz sicher keine<br />

ökonomische Bedrohung – für niemanden. Die<br />

wirklichen Gegner im Kampf um Marktanteile<br />

im Internet sind ganz andere, zum Beispiel<br />

Google, Facebook <strong>und</strong> YouTube. Wir stehen<br />

mit unseren publizistisch wertvollen <strong>Inhalt</strong>en<br />

Editorial A R D - J A H R B U C H 1 0 13


für eine unabhängige, keinerlei kommerziellen<br />

Zwängen unterworfene Berichterstattung. Wir<br />

spielen fair <strong>und</strong> halten uns an die Regeln, die<br />

der Gesetzgeber vorgibt. Aber vermutlich geht<br />

es manchem Konkurrenten gar nicht mal um<br />

eine subjektiv empf<strong>und</strong>ene – wenn auch faktisch<br />

nicht vorhandene – Gefährdung, sondern<br />

um etwas ganz anderes: den Versuch, das duale<br />

System auszuhebeln <strong>und</strong> so eine neue Medienordnung<br />

anzustreben. Eine Ordnung, die sich<br />

nicht mehr in erster Linie an den Wünschen<br />

<strong>und</strong> Interessen der Menschen orientiert. Eine<br />

Ordnung, in der es vor allem um Profit geht,<br />

in der ökonomisches Streben wichtiger ist als<br />

das, was für unsere Gesellschaft wichtig <strong>und</strong> gut<br />

ist. Die <strong>ARD</strong> jedenfalls steht in der deutschen<br />

Medienlandschaft für unabhängige Berichterstattung<br />

<strong>und</strong> ist eine elementare Stütze unserer<br />

Demokratie.<br />

Ein deutliches Bekenntnis zum öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk haben die Ministerpräsidenten<br />

abgegeben mit ihrem neuen Modell zur<br />

R<strong>und</strong>funkfinanzierung, das modern <strong>und</strong> zukunftsfähig<br />

ist. Künftig soll es einen R<strong>und</strong>funkbeitrag<br />

pro Wohnung geben; der Besitz eines<br />

Radios oder Fernsehers, mit denen R<strong>und</strong>funk<br />

empfangen werden kann, ist dann nicht mehr<br />

entscheidend. Und das ist gerade mit Blick auf<br />

die technische Entwicklung vor allem bei mobilen<br />

Geräten folgerichtig. Die Politik will auch<br />

der hohen Zahl an Schwarzsehern bzw. -hörern<br />

begegnen <strong>und</strong> Hausbesuche von Gebührenbeauftragten<br />

weitgehend verzichtbar machen.<br />

Vieles dürfte einfacher werden – auch deshalb<br />

begrüßen wir das Modell der Länder. Wir gehen<br />

davon aus, dass wir durch die Umstellung<br />

nicht mehr Geld bekommen als jetzt, hoffen<br />

aber, dass der Trend zu immer weniger Einnahmen<br />

gestoppt werden kann <strong>und</strong> die Akzeptanz<br />

insgesamt gestärkt wird.<br />

Selbst dazu beitragen können wir am besten<br />

mit gutem Programm, das die Menschen erreicht,<br />

glaubwürdig ist, verlässlich <strong>und</strong> auf dem<br />

aktuellen Stand der Technik. Seit den Olympischen<br />

Winterspielen im Februar in Vancouver<br />

sendet Das Erste HD r<strong>und</strong> um die Uhr in High<br />

Definition – ohne Zusatzkosten, auch in Zukunft.<br />

Seither können unsere Zuschauer noch<br />

schärfere Bilder sehen als zuvor. Auch bei der<br />

Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika hat das<br />

für einen noch nie da gewesenen Fernsehgenuss<br />

gesorgt. Und der Anteil unserer nativen, also<br />

bereits in HD produzierten Sendungen steigt<br />

weiter. Jetzt schon sind das neben großen Sportereignissen<br />

vor allem Fernsehfilme, Dokumentationen<br />

<strong>und</strong> Magazine. Die Vorzüge jedenfalls<br />

sind seh- <strong>und</strong> hörbar. Ganz nebenbei haben wir<br />

bei der FIFA WM auch noch einen Rekord aufgestellt:<br />

Mehr als 31 Millionen Zuschauer haben<br />

das Halbfinale Deutschland gegen Spanien am<br />

Fernseher verfolgt, soviele wie nie zuvor. Das<br />

zeigt, dass wir richtig liegen, wenn wir derartige<br />

Sportveranstaltungen übertragen, Ereignisse,<br />

die ganz viele Menschen bewegen <strong>und</strong> ein gene -<br />

ratio nenübergreifendes Gemeinschaftsgefühl<br />

erzeugen. Wo, wenn nicht im öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk, ist dafür der geeignete Platz?<br />

Auch Lena Meyer-Landrut ist ein gutes Beispiel<br />

dafür: Ein ganzes Land hat der Kandidatin, die<br />

vom Ersten, von Stefan Raab <strong>und</strong> den Popwellen<br />

der <strong>ARD</strong> gemeinsam gef<strong>und</strong>en wurde,<br />

die Daumen gedrückt. Der Eurovision Song<br />

Contest <strong>2010</strong> <strong>und</strong> der deutsche Sieg haben<br />

eine nicht gekannte b<strong>und</strong>esweite Begeisterung<br />

erzeugt, die noch lange nicht abgeebbt ist. Im<br />

kommenden Jahr werden wir nun selbst das<br />

Musikspektakel ausrichten.<br />

Das wird ein finanzieller Kraftakt – in<br />

Zeiten, in denen mehr denn je Sparen angesagt<br />

ist. Jede Landesr<strong>und</strong>funkanstalt hat spürbare<br />

Gebührenrückgänge zu verzeichnen, <strong>und</strong> wir<br />

alle müssen uns fragen, was wir uns künftig leisten<br />

wollen <strong>und</strong> können <strong>und</strong> was nicht. Schon<br />

jetzt intensivieren wir Kooperationen untereinander,<br />

harmonisieren technische Standards<br />

<strong>und</strong> gemeinsame Anschaffungen. Vieles davon<br />

ist unsichtbar <strong>und</strong> geschieht geräuschlos, was<br />

gut ist, denn Zuschauer, Hörer <strong>und</strong> Nutzer<br />

unserer Angebote sollen im Ergebnis von den<br />

Einsparungen so wenig wie möglich merken<br />

<strong>und</strong> auch in Zukunft vielfältige Angebote mit<br />

einem gewohnt hohen Qualitätsstandard von<br />

uns erhalten.<br />

Zu unseren 60 Jahresringen werden noch<br />

viele dazukommen. Um weiter zu gedeihen<br />

<strong>und</strong> zu blühen, beschneiden wir jetzt gezielt<br />

ein paar Äste, manche werden vielleicht sogar<br />

entfernt. Und natürlich geht es auch nicht ohne<br />

angemessene Licht- <strong>und</strong> Wasserzufuhr. Wenn<br />

also alles optimal zusammenkommt, dann werden<br />

wir ganz sicher kraftvoll <strong>und</strong> stark bleiben.<br />

14 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


60 Jahre <strong>ARD</strong> – auf einer »Sentimental Journey« durch-<br />

streift Lutz Hachmeister Jahrzehnte seiner eigenen<br />

Medien-Biografie, er schaut auf <strong>ARD</strong>-Programme <strong>und</strong><br />

-Persönlichkeiten, lässt wichtige r<strong>und</strong>funkpolitische<br />

Ereignisse Revue passieren <strong>und</strong> berichtet von seinen<br />

vielfältigen Erfahrungen als Journalist, Kritiker,<br />

Autor <strong>und</strong> Filmproduzent. Heute ist Lutz Hachmeister<br />

Professor für Mediengeschichte <strong>und</strong> -politik an<br />

der Universität Dortm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Geschäftsführer der<br />

Kölner Gesellschaft für Medienberatung HMR<br />

International. Im Februar 2006 eröffnete Hachmeister<br />

das wissenschaftliche Institut für Medien- <strong>und</strong><br />

Kommunikationspolitik (IfM) in Berlin-Charlottenburg.<br />

Seit 1997 übernimmt Hachmeister Regie <strong>und</strong> Kon-<br />

zeption für dokumentarische TV-Formate <strong>und</strong> Dokumen-<br />

tarfilme, einige davon inzwischen preisgekrönt.<br />

Foto oben: »Alma Mater«, Fernsehspiel<br />

von Dieter Meichsner <strong>und</strong> Rolf Hädrich<br />

Meine Jahre mit der <strong>ARD</strong><br />

Ein kritischer Beobachter schaut zurück<br />

Von Lutz Hachmeister<br />

M<br />

eine Zusammenarbeit mit den<br />

Sendern der <strong>ARD</strong> hat mir Begegnungen<br />

mit ehemaligen Attentätern<br />

der Rote Armee Fraktion<br />

(RAF), mit SPD-Parteivorsitzenden, mit Industrielenkern<br />

wie Edzard Reuter <strong>und</strong> Eberhard<br />

von Brauchitsch <strong>und</strong> auch mit dem Keyborder<br />

von Rammstein eingebracht. Für ZDF-Produktionen<br />

habe ich Claudia Cardinale, Omar<br />

Sharif, Sheikh Mohammed Al Maktoum oder<br />

Peter Lindbergh beim Shooting mit Isabella<br />

Rossellini interviewt. Meine Zeit mit, für <strong>und</strong><br />

mitunter auch gegen die <strong>ARD</strong> – als Autor, Kritiker,<br />

Beobachter – war wohl härter, politischer<br />

<strong>und</strong> mehr auf Entscheidungen gerichtet als die<br />

Engagements beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten<br />

– jedenfalls bislang.<br />

_ Erste Fernseherfahrungen<br />

In meiner Kindheit gab es zunächst nur »das<br />

Fernsehen«, ohne für meine Generation bedeutsame<br />

Sendermarken, in Schwarz-Weiß. Meine<br />

Eltern kauften sich zur Fußball-Weltmeisterschaft<br />

1966 ihr erstes TV-Gerät. Meine Altersgenossen<br />

<strong>und</strong> ich sahen »Immer wenn er Pillen<br />

nahm«, »Percy Stuart« oder »Belphegor«, ohne<br />

diese Programme <strong>ARD</strong> oder ZDF zuordnen zu<br />

können. Ein so einschneidendes Ereignis des<br />

Unterhaltungsfernsehens wie »Wünsch Dir was«<br />

mit Dietmar Schönherr <strong>und</strong> Vivi Bach hätte ich<br />

auch später ohne Umschweife immer der <strong>ARD</strong><br />

zugeordnet. In Wirklichkeit lief diese Show, mit<br />

der die sexuelle Revolution blitzartig mit den<br />

»Vollprogrammen« kompatibel schien – »die<br />

17-jährige Kandidatin Leonie Stöhr ließ in der<br />

Meine Jahre mit der <strong>ARD</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0 15


Sendung vom 7. November 1970 ihre Brüste in<br />

einer transparenten Bluse sehen«, wie man noch<br />

heute bei Wikipedia detailliert nachlesen kann –,<br />

von 1969 bis 1972 unter Federführung des ORF<br />

beim ZDF.<br />

_ Die publizistische Weiterentwicklung<br />

Später lernte man natürlich in der politischen<br />

Ausrichtung das »ZDF-Magazin« von »Monitor«<br />

oder »Panorama« zu unterscheiden, aber<br />

die <strong>ARD</strong> als solche kam vor allem in mein<br />

Bewusstsein, als ich 1978 begann, Publizistik<br />

an der Universität Münster zu studieren. Die<br />

damals noch kleine Disziplin war erheblich<br />

politisierter als die heutige akademisch-brave<br />

Rudolf Rohlinger (l.) <strong>und</strong><br />

Claus-Hinrich Casdorff im Interview<br />

»Medienwissenschaft«. Führende Fachvertreter<br />

wie Peter Glotz oder Harry Pross, Wolfgang<br />

Langenbucher, Elisabeth Noelle-Neumann oder<br />

Otto B. Roegele waren mindestens so sehr in<br />

der praktischen Publizistik zu Hause wie in der<br />

Wissenschaft.<br />

Damals kündigten die CDU-Ministerpräsidenten<br />

Ernst Albrecht <strong>und</strong> Gerhard Stoltenberg<br />

den Staatsvertrag über den NDR, um ihn politisch<br />

zu »regionalisieren«. Es gab heftige Debatten<br />

um den angeblichen »Rotfunk« <strong>und</strong> die<br />

zu anarchistische WDR-»Radiothek«. Helmut<br />

Schmidt forderte den fernsehfreien Sonntag,<br />

die Einrichtung von Kabelpilotprojekten nebst<br />

(letztlich völlig folgenloser) Begleitforschung<br />

wurde beschlossen. Schließlich setzte das<br />

Trio Helmut Kohl, Leo Kirch <strong>und</strong> Christian<br />

Schwarz-Schilling den Privatfunk in (West-)<br />

Deutschland durch. Als Student hatte ich recht<br />

früh begonnen, medienpolitische Texte für<br />

die (von der Evangelischen Kirche herausgege-<br />

bene) Monatszeitschrift »medium« zu publizieren,<br />

mit deutlicher Gr<strong>und</strong>sympathie für das<br />

öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funkprinzip, <strong>und</strong> so<br />

interviewte ich auch die damaligen Pressechefs<br />

Michael Schmid-Ospach (WDR) <strong>und</strong> Hansjörg<br />

Bessler (SDR) über die Möglichkeit einer<br />

öffentlich-rechtlichen Programmzeitschrift nach<br />

BBC-Vorbild. Damals galt noch Hans Bauschs<br />

Doktrin von der publizistischen Gewaltenteilung<br />

zwischen öffentlich-rechtlichem R<strong>und</strong>funk<br />

<strong>und</strong> privatwirtschaftlich organisierter Presse,<br />

<strong>und</strong> so waren sich die beiden <strong>ARD</strong>-Strategen<br />

einig, die Karte einer »Hörzu« der <strong>ARD</strong> nur »in<br />

einer Notwehrsituation« zu ziehen.<br />

_ Journalistische Gehversuche<br />

Als Student verbrachte man den wesentlichen<br />

Teil seiner Zeit in der Kneipe <strong>und</strong> im Kino,<br />

so dass sich die Rezeption von <strong>ARD</strong>-Fernsehprogrammen<br />

auf die »Sportschau« <strong>und</strong> gelegentliche<br />

»Tatorte« reduzierte – Präferenzmedium<br />

war deutlich der Hörfunk, vor allem das<br />

WDR-2-»Morgenmagazin« mit Gisela Marx<br />

oder Carola Stern. Interessanterweise gibt es bis<br />

heute keine zureichende Forschung über die<br />

Medienrezeption von Studenten, obwohl doch<br />

alle Medienunternehmen an der Nachwuchs-<br />

Elite als potenzielles Publikum interessiert sind.<br />

Im Studium lernte ich (über eine Lehrveranstaltung<br />

zur »Radiothek«) den WDR-Hörfunkredakteur<br />

Lothar Fend kennen, der mir die<br />

Möglichkeit eröffnete, an Hörfunk-Features zu<br />

arbeiten: über Georges Simenon, über Ulrike<br />

Meinhof, über den »SPIEGEL«, die außerparlamentarische<br />

Opposition in der Adenauer-Zeit<br />

<strong>und</strong> den von mir sehr bew<strong>und</strong>erten kanadischen<br />

Medienforscher Marshall McLuhan<br />

– für mich damals wie heute das Alpha <strong>und</strong><br />

Omega jeder avancierten Medientheorie. Die<br />

Honorare waren bescheiden, aber verlockend<br />

war die Möglichkeit, mit der »Nagra«, einem<br />

transportablen Tonbandgerät, loszuziehen <strong>und</strong><br />

in die biografische Nachwelt Ulrike Meinhofs<br />

einzutauchen; aus jener Zeit resultiert meine<br />

Bekanntschaft mit Stefan Aust.<br />

_ Erste Schritte als Fernsehkritiker<br />

1984 zog ich nach Berlin; mein Münsteraner<br />

Promotionsverfahren hing durch zwei formale<br />

Gegengutachten längere Zeit in der Luft; das<br />

eingemauerte Westberlin, obwohl geografisch<br />

weit im Osten, war immerhin Deutschlands<br />

16 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


größte Stadt, machte durch Hausbesetzer, »taz«<br />

<strong>und</strong> Clubszene von sich reden (popkulturell<br />

war Münster allerdings auch erstaunlich weit<br />

vorne). Und nicht zuletzt: In Westberlin drohte<br />

kein Wehrdienst. Ich schrieb, neben der Arbeit<br />

an den WDR-Hörfunkessays, vor allem Fernsehkritiken<br />

<strong>und</strong> <strong>Artikel</strong> für die in Branchenkreisen<br />

seinerzeit wohl noch stärker beachtete Fachkorrespondenz<br />

»epd – Kirche <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk«<br />

– als Chefredakteur amtierte Hendrik Schmidt,<br />

bald darauf einer der frühen RTL-Fernsehmanager<br />

<strong>und</strong> später Ghostwriter der Memoiren von<br />

Danièle Thoma. Bald wurde ich der epd-Spezialist<br />

für den Sender Freies Berlin (SFB) <strong>und</strong> einer<br />

der drei, vier frühen »Medienjournalisten«, die<br />

sich mit der ebenso putzigen wie komplizierten<br />

publizistischen Szene Westberlins beschäftigten.<br />

Für den SFB schien der Begriff »Intendantenkrise«<br />

eigens erf<strong>und</strong>en worden zu sein. Vor<br />

meiner Berliner Zeit hatte der ehemalige SPD-<br />

Parteisprecher Franz Barsig in zwei Amtsperioden<br />

die kleine Anstalt vergeblich mit harter<br />

Hand zu führen versucht (»Sender Franz Barsig«).<br />

Im Gefolge der 1968er-Bewegung wähnte<br />

er zunehmend Haschrebellen <strong>und</strong> ideologische<br />

Wühlmäuse im eigenen Haus <strong>und</strong> auch bei<br />

anderen <strong>ARD</strong>-Sendern (besonders bei WDR<br />

<strong>und</strong> SWF), die seiner Meinung nach geistige<br />

Unterstützungsdienste für die RAF <strong>und</strong> andere<br />

harte Gesetzesbrecher leisteten. Nun hat wohl<br />

kein einziges <strong>ARD</strong>-Programm jemals irgendwen<br />

in die Hände von Terroristen oder in die<br />

harte Drogenszene gelotst. Aber Barsig schrieb<br />

später ein bitteres, heute ganz vergessenes, aber<br />

für medienpolitisch Interessierte wieder lesenswertes<br />

Buch über die »öffentlich-rechtliche Illusion«,<br />

in dem er für eine scharfe Begrenzung<br />

der Wirkungsmöglichkeiten des öffentlichrechtlichen<br />

Systems plädierte.<br />

Der SFB jedenfalls war personalpolitisch<br />

zerrüttet, die Gr<strong>und</strong>stimmung bei den Redakteuren<br />

depressiv bis wütend. Im R<strong>und</strong>funkrat<br />

dominierte inzwischen Eberhard Diepgens<br />

Mann fürs Grobe, der CDU-Fraktionsvorsitzende<br />

Klaus-Rüdiger Landowsky, als eine Art<br />

ständiger Neben-Intendant. Im Intendantenamt<br />

selbst hätten es in dieser Situation auch<br />

taktisch-strategische Genies nicht leicht gehabt.<br />

Der im August <strong>2010</strong> verstorbene Lothar Loewe<br />

verstand sich mehr als publizistischer Frontstadtkommandant<br />

<strong>und</strong> glaubte irrigerweise, von<br />

seinem Ruf als Vollblutjournalist länger zehren<br />

zu können. Sein Nachfolger Günter Herrmann,<br />

der ehemalige WDR-Justiziar, war ein wenig zu<br />

stolz darauf, den r<strong>und</strong>funkrechtlichen Kernbegriff<br />

der »Gr<strong>und</strong>versorgung« erf<strong>und</strong>en zu haben.<br />

Beide scheiterten vorzeitig <strong>und</strong> mit allerlei<br />

Getöse.<br />

Programmpolitisch wurde im SFB-Fernsehen<br />

Heinz Drache, den man vor allem aus<br />

den Edgar-Wallace-Verfilmungen kannte, als<br />

»Tatort«-Kommissar reaktiviert. In der SFB-<br />

»Abendschau« dominierte mir zu sehr der Ton-<br />

»Tatort« des SFB aus dem Jahr 1986:<br />

»Kleine Kanaille«, mit Heinz Drache (r.)<br />

als Hauptkommissar Bülow,<br />

Anja Jaenicke <strong>und</strong> Herbert Herrmann<br />

fall der Laubenpieper <strong>und</strong> Zehlendorfer (das<br />

war nicht das ganze SFB-Programm, um fair zu<br />

bleiben, es gab auch eine Talkshow wie »Leute«<br />

oder den »s-f-beat« im Hörfunk). Die SFB-Beobachtung<br />

brachte mir meine erste feste Stelle<br />

beim »Tagesspiegel« <strong>und</strong> den Auftrag ein, eine<br />

»Medienseite« zu gestalten, in der, so mein Vorschlag,<br />

nicht nur Hörfunk <strong>und</strong> Fernsehen, sondern<br />

auch Medienpolitik <strong>und</strong> -forschung, Pressekritik<br />

<strong>und</strong> die Ökonomie des publizistischen<br />

Gewerbes verhandelt werden sollten. Das klang<br />

für die Verlagsleitung des damaligen »Tagesspiegel«,<br />

die mit einer geplanten b<strong>und</strong>esweit<br />

vertriebenen Sonntagsausgabe überregionale<br />

Ambitionen hatte, zunächst attraktiv <strong>und</strong> modern,<br />

führte aber zwangsläufig zu zahlreichen<br />

Konflikten, da der »Tagesspiegel« natürlich medienpolitisch<br />

selbst Partei war, etwa in Fragen<br />

des Video- <strong>und</strong> Bildschirmtextes oder des RIAS-<br />

Meine Jahre mit der <strong>ARD</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0 17


Fernsehens. Am Sturz der Intendanten Loewe<br />

<strong>und</strong> Herrmann hatte meine Kommentierung<br />

sicherlich Anteil. Ich bin darauf nicht stolz,<br />

im Gegenteil, diese ersten Berliner Jahre mit<br />

ihren Durchstechereien <strong>und</strong> Vereinnahmungen<br />

lehrten mich, einen überforcierten Journalismus<br />

ad personam kritisch zu betrachten, zumindest<br />

dann, wenn er zum Selbstzweck des publizistischen<br />

Angriffs wird. Einen <strong>Artikel</strong> für den<br />

»Tagesspiegel«, in dem ich dem SFB nach der<br />

Wahl von Günther von Lojewski zum Intendanten<br />

einen weiteren Absturz in die Bedeutungslosigkeit<br />

voraussagte, nahm die Chefredaktion<br />

ohne mein Wissen aus dem Blatt. Das<br />

war zu verschmerzen, da ich bereits der designierte<br />

Nachfolger von Hans Janke in der Leitung<br />

des Grimme-Instituts war.<br />

_ Im Adolf-Grimme-Institut<br />

Bei den Kuratoriumssitzungen des Grimme-<br />

Instituts in Marl, in der für viele unwirtlichen<br />

Emscher-Lippe-Provinz, sollte ich dann Günter<br />

Struve wiedertreffen, der dort, wenn ich mich<br />

recht erinnere, WDR-Vertreter in diesem erstaunlich<br />

hochrangig besetzten Gremium war.<br />

Struve <strong>und</strong> vor allem <strong>ARD</strong>-Programmdirektor<br />

Dietrich Schwarzkopf haben bei »Grimme«,<br />

mitunter kopfschüttelnd <strong>und</strong> mit feiner Ironie,<br />

sehr verlässlich meine Kante gehalten, wenn<br />

es zu Auseinandersetzungen mit Vertretern des<br />

Deutschen Volkshochschulverbandes (dem<br />

Träger des Instituts) oder Referenten des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

kam, zumeist in der Frage, wie stark Erwachsenenbildung<br />

oder praktisch-strategische Medienkritik<br />

(respektive medienpolitische Interventionen)<br />

in der Institutsarbeit gewichtet werden<br />

sollten.<br />

Qualitätsfernsehen gestern . . . :<br />

»Alma Mater« von Dieter Meichsner (1969,<br />

Foto links) <strong>und</strong> »Vier St<strong>und</strong>en vor Elbe 1«<br />

(1968) von Eberhard Fechner, mit Helga<br />

Feddersen (r.) <strong>und</strong> Carsta Löck (Foto oben)<br />

Mein Vorgänger Hans Janke, der zum ZDF-<br />

Fernsehspiel gewechselt war, hatte bereits mit<br />

seinen Vorstellungen von der zu preisenden<br />

»Qualität im Populären« vieles bewegt; ich<br />

selbst war der Meinung, dass auch außerordentliche<br />

Programmleistungen des Privatfernsehens<br />

gerade bei der Vergabe der Grimme-Preise sofort<br />

zu berücksichtigen waren – also mit den<br />

kreativen Köpfen von RTL oder Sat.1 nicht<br />

nach der Devise »Spiel nicht mit den Schmuddelkindern«<br />

verfahren werden durfte. So kam<br />

es etwa dazu, dass Marcel Ophüls seinen Film<br />

»Novembertage«, den Helmut Thoma mit einer<br />

spontanen Schlussfinanzierung für RTL eingekauft<br />

hatte, in Marl vorab präsentierte – ein<br />

heute <strong>und</strong>enkbarer Vorgang.<br />

Auf der anderen Seite waren die großen Autoren<br />

<strong>und</strong> Reporter des öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehens zu pflegen <strong>und</strong> ermutigen: Eberhard<br />

Fechner, Heinrich Breloer <strong>und</strong> Horst Königstein,<br />

Hajo Friedrichs, Georg Stefan Troller<br />

oder Dieter Meichsner, dessen »Alma Mater«<br />

ich schon aus formalästhetischen Gründen<br />

für eines der ungewöhnlichsten Fernsehspiele<br />

halte, das im <strong>ARD</strong>-Verb<strong>und</strong> jemals produziert<br />

wurde (übrigens mit Hans Bausch in der Rolle<br />

des Rektors der Freien Universität Berlin). Über<br />

»Grimme« gäbe es viel Anekdotisches <strong>und</strong><br />

Persönliches zu erzählen – bei einer Preisverleihung<br />

hatten etwa die vier ZDF-»Bellheimer«<br />

18 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


Mario Adorf, Will Quadflieg, Heinz Schubert<br />

<strong>und</strong> Hans Korte mein Chefbüro als Redoute<br />

okkupiert, hielten mich für einen Beauftragten<br />

vom Service <strong>und</strong> verlangten, dass »der nette<br />

junge Mann« ein ums andere Mal die Versorgung<br />

mit westfälischem Pils übernehmen sollte.<br />

Einiges aus jenen Tagen hat institutionell bis<br />

heute überlebt: so die jährliche »Cologne Conference«<br />

als Forum für internationales Fernsehen<br />

<strong>und</strong> die globale Medienentwicklung oder<br />

das »<strong>Jahrbuch</strong> Fernsehen« für die unabhängige<br />

Fernseh- <strong>und</strong> Medienkritik (soweit vorhanden).<br />

Bei »Grimme« kam es allerdings auch zu<br />

dem härtesten Clash mit der <strong>ARD</strong>, als 1993<br />

einer meiner <strong>Artikel</strong> für »Die Woche« unversehens<br />

unter der Überschrift »Adieu <strong>ARD</strong>« als<br />

Titelstory erschien – pünktlich zur Eröffnung<br />

der Berliner Funkausstellung. Manfred Bissinger<br />

hatte mich – mit einem für heutige Verhältnisse<br />

fürstlichen Autorenhonorar – als medienpolitischen<br />

Kommentator für dieses neue Periodikum,<br />

das der »ZEIT« Konkurrenz machen<br />

wollte, engagiert. Meine <strong>Artikel</strong> waren auf Wirkung<br />

getextet, sie sollten <strong>und</strong> wollten Folgen<br />

haben: Darunter litten der damalige Premiere-<br />

Chef Bernd K<strong>und</strong>run (der seinen Mitarbeitern<br />

schriftlich verbot, einen meiner Texte demonstrativ<br />

in ihren Büros aufzuhängen), immer wieder<br />

der Bertelsmann-Konzern, der gerade die<br />

luxemburgische CLT übernahm, oder auch der<br />

Sender VOX, der dann (allerdings ohne mein<br />

Zutun) rasch insolvent wurde.<br />

Der konkrete Anlass für den <strong>ARD</strong>-<strong>Artikel</strong><br />

bestand darin, dass sich der WDR-Intendant<br />

Friedrich Nowottny recht brüsk <strong>und</strong>, wie ich<br />

fand, mit jener Überheblichkeit, in die große<br />

öffentlich-rechtliche Sender manchmal verfallen,<br />

von einem eigentlich verabredeten<br />

WDR-Engagement des Star-Interviewers Roger<br />

Willemsen (»0137« auf Premiere) verabschiedet<br />

hatte. Zudem hatte »Die Woche«-Redaktion<br />

manche Textstellen gekürzt <strong>und</strong> verschärft (worüber<br />

man sich als Journalist allerdings nie über<br />

Gebühr beklagen sollte), <strong>und</strong> natürlich hatte<br />

ich mit der Formulierung, das <strong>ARD</strong>-Logo habe<br />

»leise Anklänge an die faschistische Ästhetik«<br />

den Bogen auch deutlich überspannt. Es kam<br />

nun faktisch <strong>und</strong> im Tonfall zu verschärften<br />

Reaktionen: Der WDR drohte mit dem Entzug<br />

von Fördergeldern für das Institut, was die ohnehin<br />

gr<strong>und</strong>ängstlichen Mitarbeiter weiter mit<br />

Sorgen belud. Jobst Plog erk<strong>und</strong>igte sich bei<br />

NRW-Ministerpräsident Rau <strong>und</strong> bei der DVV-<br />

Vorsitzenden Rita Süssmuth, wie sicher ich im<br />

Amt sei (um es milde zu formulieren) – <strong>und</strong> im<br />

Nachhinein betrachtet ist es bei der Gemenge-<br />

<strong>und</strong> Gegnerlage auch ein kleines W<strong>und</strong>er, dass<br />

ich dann noch zwei eher ruhige Jahre im Marler<br />

Institutsdirektorat blieb.<br />

_ Neue Herausforderungen:<br />

von der Theorie zur Praxis<br />

Während der Arbeit bei »Grimme« hatte ich<br />

mir vorgenommen, irgendwann mit dem praktischen<br />

Fernseh- <strong>und</strong> Filmemachen zu beginnen<br />

– mit den Jurys über Timing, Text-Bild-Scheren<br />

oder Suspense zu diskutieren, war wohlfeil, es<br />

selbst zu probieren eine andere Herausforderung.<br />

Dazu kam eine auch durch das <strong>ARD</strong>-<br />

. . . <strong>und</strong> heute:<br />

»Eichmanns Ende – Liebe, Verrat, Tod«, mit<br />

Cornelia Kempers <strong>und</strong> Herbert Knaup<br />

(Foto links), <strong>und</strong> »Takiye – Spur des Terrors«,<br />

mit Erhan Emre (l.) <strong>und</strong> Ali Sürmeli (Foto<br />

rechts), liefen <strong>2010</strong> im Ersten.<br />

Meine Jahre mit der <strong>ARD</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0 19


Programm – mit seinem »Film-Festival« oder<br />

den Reihen über die Nouvelle Vague – frühzeitig<br />

geweckte Faszination für die Kontingenz<br />

der audio-visuellen Ästhetik. »Collidoskope«<br />

(McLuhan) wie Doku-Dramen oder der Zusammenhang<br />

zwischen »gegenläufiger« Faktenrecherche<br />

<strong>und</strong> Dokumentarfilm begeistern mich<br />

bis heute. Für mein erstes 45-minütiges Fernseh-<br />

Feature begab ich mich, gemeinsam mit den<br />

Kollegen Freddie Röckenhaus <strong>und</strong> Petra Höfer,<br />

auf eher sicheres Terrain: Unter dem Titel »Der<br />

Bauch des Fernsehens« zeigten wir deutsche<br />

Programm-Manager <strong>und</strong> Einkäufer bei der MIP-<br />

TV in Cannes. Ermöglicht hat diese Reportage<br />

der dann früh verstorbene WDR-Redakteur<br />

Knut Fischer.<br />

Die Produktionen für <strong>ARD</strong>-Sender beschäftigten<br />

sich mit aufwändiger recherchierten zeitgeschichtlichen<br />

Themen, die nach Möglichkeit<br />

auch über das rein Filmische hinaus neue his-<br />

»Fre<strong>und</strong>schaft! Die Freie Deutsche Jugend«<br />

toriografische Fakten zutage fördern sollten: so<br />

eine Dokumentation über das US War Criminal<br />

Prison Nr. 1 in Landsberg (WDR/BR 2001),<br />

die Biografie des von der RAF ermordeten<br />

Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer<br />

(WDR/NDR, 2003) oder die Geschichte der<br />

Freien Deutschen Jugend (»Fre<strong>und</strong>schaft!«<br />

WDR/NDR/RBB, 2009). »Schleyer – eine deutsche<br />

Geschichte« brachte zwei Grimme-Preise<br />

ein, der FDJ-Film den Deutschen Fernsehpreis.<br />

Zuletzt zeigte sich die <strong>ARD</strong> anschlussfähig<br />

an das ZDF <strong>und</strong> ermöglichte mir, gemein-<br />

sam mit ARTE <strong>und</strong> der Filmstiftung NRW,<br />

Geschmackserlebnisse bei neun Drei-Sterne-<br />

Köchen auf der ganzen Welt, von New York<br />

bis Tokio. Es wird eine Zustandsbeschreibung<br />

der gegenwärtigen deutschen Sozialdemokratie<br />

folgen (WDR/SWR/RBB), an der zurzeit mit<br />

Interviews <strong>und</strong> szenischen Beobachtungen gearbeitet<br />

wird.<br />

Die <strong>ARD</strong> fördert zudem nach anfänglichem<br />

Zögern, überzeugt dann durch die Diplomatie<br />

Fritz Raffs, das Institut für Medien- <strong>und</strong> Kommunikationspolitik<br />

(IfM) mit Sitz in Berlin <strong>und</strong><br />

Köln, dessen Gründung von mir deshalb mit<br />

einer gewissen Zähigkeit betrieben wurde, weil<br />

ich dieses Politikfeld nach wie vor für strategisch<br />

wie intellektuell untersteuert halte, gerade<br />

in Zeiten neuer technologisch-publizistischer<br />

Verwerfungen durch das Internet. Peter Boudgoust<br />

<strong>und</strong> Lutz Marmor sind hier zurzeit die<br />

<strong>ARD</strong>-Vertreter im Kuratorium.<br />

_ Irgendwelche Wünsche, nach alldem?<br />

Ja, dass der <strong>ARD</strong>-Verb<strong>und</strong>, ebenso wie das ZDF,<br />

sich vor allem als großes Haus mit vielen Wohnungen<br />

für qualifizierte Rechercheure, Autoren,<br />

Filmemacher <strong>und</strong> Moderatoren versteht, denen<br />

die Zeit <strong>und</strong> die Mittel gewährt werden sollten,<br />

das aus sich herauszuholen, was in ihnen steckt.<br />

Dass die öffentlich-rechtlichen Sender sich<br />

ohne Arroganz der auch finanziell privilegierten<br />

Stellung bewusst sind, die sie de facto auch<br />

im europäischen Vergleich haben. Dass sie sich<br />

mitunter auch gegen bloß formale Okkupationen<br />

von Plätzen <strong>und</strong> Kanälen entscheiden,<br />

zugunsten der Konzentration auf publizistische<br />

Kernaufgaben, die auch intellektuell schärfer<br />

zu definieren wären. Und dass sie sich, bei aller<br />

Hinneigung zum Heimatlichen <strong>und</strong> liebenswert<br />

Provinziellen, auch als europäischer <strong>und</strong> globaler<br />

Faktor begreifen. Und ich wünsche mir<br />

als Partner Redakteure der <strong>ARD</strong>, die mehr zum<br />

Wagnis anspornen als gouvernantenhaft auf<br />

die unbedingte Einhaltung von Konventionen<br />

achten, die einem angeblichen Publikumsgeschmack<br />

entstammen – der sich ja nur dann ändert,<br />

wenn man ihm etwas zumutet.<br />

20 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Lutz Hachmeister, Journalist, Sachbuchautor,<br />

Hochschullehrer <strong>und</strong> Filmproduzent


Die rheinland-pfälzische Landesregierung unter Minis-<br />

terpräsident Kurt Beck strebt beim B<strong>und</strong>esverfassungs-<br />

gericht ein Normenkontrollverfahren gegen den ZDF-<br />

Staatsvertrag an. Es geht um die Zusammensetzung der<br />

Aufsichtsgremien <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene parteipo-<br />

litische Einflussnahme auf Programm <strong>und</strong> Personal. An-<br />

lass sind die öffentlichen Kontroversen um die Vertrags-<br />

verlängerung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender.<br />

Um das Thema Staatsferne ging es auch schon im ersten<br />

großen Fernsehurteil von 1961. Damals hat das B<strong>und</strong>es-<br />

verfassungsgericht das so genannte Adenauer-Fernse-<br />

hen u. a. mit Hinweis auf die Freiheit des R<strong>und</strong>funks vor<br />

staatlichen Einflüssen gestoppt.<br />

Seitdem hat das höchste Gericht immer wieder in R<strong>und</strong>-<br />

funkfragen entscheiden müssen <strong>und</strong> dabei wesentlich<br />

zur Ausformung der Medienordnung in Deutschland<br />

beigetragen.<br />

»In der ersten Reihe«<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> der öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funk<br />

Von Karl-Dieter Möller<br />

V<br />

erfassungsrichter sind Fernsehzuschauer<br />

– wie Millionen andere<br />

Bürger auch; Ärger über manche<br />

Programmentscheidungen mit eingeschlossen.<br />

So brachte ein ehemaliger Präsident<br />

des Gerichts wenig Verständnis gegenüber<br />

dem Autor dieser Zeilen dafür auf, dass am<br />

8. 10. 2006 Michael Schumacher, der Formel-<br />

1-Weltmeister, die Spitzenmeldung in der<br />

20.00-Uhr-»Tagesschau« war. Ein Motorschaden<br />

hatte einen erneuten Weltmeistertitel verhindert.<br />

Was das solle? Erklärungsversuche, dass<br />

dies ein Ereignis sei, das Millionen Zuschauer<br />

interessiere, hatten wohl nicht wirklich überzeugen<br />

können. Auch gelegentlich geübte Kritik<br />

der Damen <strong>und</strong> Herren in den roten Roben<br />

– am Programm von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> ZDF – hat die<br />

Gr<strong>und</strong>überzeugung für den öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk in 60 Jahren nie erschüttern<br />

können. Im Gegenteil. Zum 60. Geburtstag<br />

der <strong>ARD</strong> lässt sich eine ebenso einfache wie<br />

wahre Behauptung aufstellen: Gäbe es das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

(BVerfG) nicht, gäbe es<br />

den öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funk in seiner<br />

heutigen Ausprägung wohl nicht mehr. Beim<br />

BVerfG sitzt der öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funk<br />

in der ersten Reihe. Aber er wird einiges<br />

tun müssen, damit er dort sitzen bleibt. Mit<br />

dem neuen Modell eines R<strong>und</strong>funkbeitrags pro<br />

Wohnung könnte ihm das im Sinne der Fortentwicklung<br />

der Rechtsprechung des Gerichts<br />

im Karlsruher Schlossbezirk gelingen.<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk A R D - J A H R B U C H 1 0 21


Die Entscheidungen des BVerfGs zur R<strong>und</strong>funkfreiheit<br />

gehören zu den großen Traditionslinien<br />

seiner Rechtsprechung. Die Garantie der<br />

R<strong>und</strong>funkfreiheit wurde von den obersten Verfassungshütern<br />

in einer Reihe von R<strong>und</strong>funkurteilen<br />

<strong>und</strong> in mehreren Entscheidungen zu<br />

den R<strong>und</strong>funkgebühren im Laufe der letzten<br />

60 Jahre Schritt für Schritt mit relativ engmaschigen<br />

Strukturen versehen.<br />

Die Rechtsprechung des BVerfGs stand <strong>und</strong><br />

steht dabei nicht außerhalb öffentlicher Kritik.<br />

R<strong>und</strong>funkpolitisch sind es vor allem seine<br />

Aussagen zum so genannten dualen R<strong>und</strong>funksystem<br />

in Deutschland. Hier gibt es viele Befürworter,<br />

aber ebenso hat das System viele (Gift-)<br />

Pfeile auf sich gezogen.<br />

Das Gericht hat in den Augen seiner Kritiker<br />

den Gesetzgeber »nirgendwo so offensichtlich<br />

entmannt« wie auf diesem Gebiet <strong>und</strong> einen<br />

»verfassungsrechtlichen Jurisdiktionsstaat« eingeführt,<br />

so lautete die professorale Kritik.<br />

Nicht weniger kritisiert, aber von f<strong>und</strong>amentaler<br />

Bedeutung für den öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk waren in seiner 60-jährigen Geschichte<br />

die so genannten R<strong>und</strong>funkgebühren-<br />

Urteile. Auffällig an diesen Urteilen ist der<br />

Aspekt, dass die Verfassungsrichter ein Gr<strong>und</strong>recht<br />

nutzen, um richterrechtliche Regeln über<br />

die R<strong>und</strong>funkordnung zu formulieren, deren<br />

Gestaltung doch eigentlich Sache der Länder<br />

ist. Das Gr<strong>und</strong>gesetz betont in Art. 5 Abs. 1<br />

Satz 2 »die Freiheit der Berichterstattung durch<br />

R<strong>und</strong>funk« <strong>und</strong> garantiert in Art. 5 Abs. 1 Satz<br />

1 Alt. 2 GG das Recht, »sich aus allgemein<br />

zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten«.<br />

Diese Vorgaben sind – was viele gar<br />

nicht wissen – vor allem als Reaktion auf das<br />

nationalsozialistische R<strong>und</strong>funkregime zu erklären,<br />

welches das Anhören ausländischer Sender<br />

unter Strafe gestellt <strong>und</strong> sich den R<strong>und</strong>funk als<br />

Propagandainstrument angeeignet hat. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> misst das BVerfG der gr<strong>und</strong>gesetzlichen<br />

Garantie der Freiheit des R<strong>und</strong>funks<br />

f<strong>und</strong>amentale Bedeutung bei, <strong>und</strong> zwar für das<br />

gesamte öffentliche, politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Leben. Dabei haben die Verfassungsrichter<br />

das Gr<strong>und</strong>recht von Anfang an aber nicht nur<br />

aus der Perspektive der Bürger gesehen, sondern<br />

gerade auch aus der Sicht der R<strong>und</strong>funkveranstalter.<br />

_ Deutschland-Fernsehen GmbH<br />

Den Gr<strong>und</strong>stein für ihre R<strong>und</strong>funk-Rechtsprechung<br />

legten die Verfassungsrichter bereits im<br />

Ersten Fernsehurteil am 28. 2. 1961. Es war ein<br />

Urteil, das auch gleich zu einer erheblichen<br />

Missstimmung zwischen den Verfassungsorganen<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />

führte. Unter der Ägide des damaligen<br />

B<strong>und</strong>eskanzlers Konrad Adenauer hatte<br />

die B<strong>und</strong>esregierung im Juli 1960 die private<br />

»Deutschland-Fernsehen GmbH« gegründet.<br />

Hintergr<strong>und</strong> war, dass dem Kanzler die politische<br />

Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehens nicht passte. Es kam ihm <strong>und</strong> der<br />

B<strong>und</strong>esregierung daher sehr gelegen, dass der<br />

damalige technische Fortschritt durch Erschließung<br />

neuer Frequenzen ein weiteres Fernsehprogramm<br />

ermöglichte. Die Länder Hamburg<br />

<strong>und</strong> Hessen aber klagten vor dem BVerfG, <strong>und</strong><br />

die »roten Roben« kippten die »Deutschland-<br />

Fernsehen-GmbH«, erklärten sie für verfassungswidrig.<br />

Das Gericht entschied erstmals über die<br />

Kompetenzverteilung zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Ländern im Hinblick auf die R<strong>und</strong>funkgesetzgebung.<br />

Die zweite Kernaussage betraf die Feststellung,<br />

dass der R<strong>und</strong>funk staatsfrei zu organisieren<br />

ist. Die Entscheidung von 1961 gilt daher<br />

auch als »Magna Charta« der verfassungsrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funkordnung. Das hinderte den<br />

damaligen Kanzler Adenauer aber nicht daran,<br />

am 8. 3. 1961 seinen Ärger über das Karlsruher<br />

Urteil im Deutschen B<strong>und</strong>estag im rheinischen<br />

Tonfall loszuwerden.<br />

»Meine sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren.<br />

Ich komme zum Fernsehstreit. Das Kabinett<br />

war sich darin einig, dass das Urteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts<br />

falsch ist, meine Damen<br />

<strong>und</strong> Herren.« Applaus aufseiten der Regierungspartei,<br />

Proteste <strong>und</strong> Buhrufe im Plenum bei der<br />

22 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


Opposition. Adenauer aber fuhr unbeirrt fort:<br />

»Meine Herren! Meine Herren! Sie können<br />

doch wirklich nicht erwarten, dass ich mich<br />

hier hinstelle <strong>und</strong> sage, das ist ein gutes Urteil.«<br />

Karlsruhe reagierte empört. Der damalige Präsident,<br />

Gebhard Müller, wies die Kritik scharf<br />

zurück.<br />

Warum B<strong>und</strong>eskanzler Konrad Adenauer<br />

(Foto unten) das Urteil nicht passte, war klar.<br />

Die Richter schrieben in ihr Urteil, dass die<br />

R<strong>und</strong>funkfreiheit nicht nur ein individuelles<br />

Freiheitsrecht des Bürgers gegenüber dem Staat<br />

gewährleiste, sondern auch die Eigenständigkeit<br />

des R<strong>und</strong>funks als Institution garantiere.<br />

Bereits 1961 erwies das Gericht eine erstaunliche<br />

Weitsicht im Hinblick auf die technische Entwicklung.<br />

Das Gericht hielt es auch mit Art. 5<br />

GG für vereinbar, dass eine private Gesellschaft<br />

Fernsehen betreibt. Damit war bereits vor 50<br />

Jahren der Weg hin zu der später vorgenommenen<br />

Öffnung der R<strong>und</strong>funkordnung verfassungsrechtlich<br />

geebnet.<br />

_ Duales System <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>versorgung<br />

Die Gr<strong>und</strong>lage für eine duale R<strong>und</strong>funkordnung<br />

– also öffentlich-rechtlicher R<strong>und</strong>funk auf<br />

der einen, privater R<strong>und</strong>funk auf der anderen<br />

Seite – legte das Gericht aber erst 20 bzw. 25<br />

Jahre später, 1981 <strong>und</strong> 1986 mit seinem so genannten<br />

dritten <strong>und</strong> vierten R<strong>und</strong>funkurteil.<br />

1981 erkannte das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

die Verfassungsmäßigkeit von privatem R<strong>und</strong>funk<br />

erstmals gr<strong>und</strong>sätzlich an <strong>und</strong> skizzierte<br />

dann fünf Jahre später, 1986, seine Vorstellungen<br />

von privatem <strong>und</strong> öffentlichem R<strong>und</strong>funk. Die<br />

Richter prägten den Begriff »Gr<strong>und</strong>versorgung«<br />

als Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Systems.<br />

Für die Sicherung der Gr<strong>und</strong>versorgung sei es<br />

daher erforderlich, so das Gericht, die technischen,<br />

finanziellen, organisatorischen <strong>und</strong><br />

personellen Bedingungen so auszugestalten,<br />

dass der öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funk dieser<br />

Aufgabe gerecht werden könne. Beim privaten<br />

R<strong>und</strong>funk könnten geringere Anforderungen an<br />

die Breite des Programmangebots <strong>und</strong> die Sicherung<br />

gleichwertiger Vielfalt gestellt werden,<br />

solange die Gr<strong>und</strong>versorgung durch den öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk gewährleistet ist.<br />

_ Lokaler R<strong>und</strong>funk<br />

»Halbe Kosten, halber Sieg?« Es wäre verfehlt,<br />

aus der Halbierung der Verfahrensgebühr, die<br />

Karlsruhe den Klägern <strong>und</strong> Beklagten auferlegte,<br />

auf ein Urteils-Patt zu schließen. Die<br />

Wahrheit ist: Der Süddeutsche R<strong>und</strong>funk<br />

(SDR) war der eigentliche Sieger beim fünften<br />

R<strong>und</strong>funkurteil des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts.<br />

»Die baden-württembergische Landtagsfraktion<br />

– der Verlierer«, schrieben die Stuttgarter<br />

Nachrichten am 5. 6. 1987. Anlass für den Bericht:<br />

ein 78-seitiger Beschluss des BVerfGs<br />

vom 24. 3. 1987. Er war ohne mündliche Verhandlung<br />

ergangen. Vorausgegangen war eine<br />

Verfassungsbeschwerde des SDR <strong>und</strong> des<br />

Südwestfunks (SWF) gegen Teile des badenwürttembergischen<br />

Landesmediengesetzes vom<br />

16. 12. 1985. Das Landesmediengesetz untersagte<br />

den öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funkanbietern<br />

die Veranstaltung von zusätzlichen, bisher nicht<br />

gesendeten regionalen <strong>und</strong> lokalen R<strong>und</strong>funkprogrammen.<br />

Den privaten R<strong>und</strong>funkveranstaltern<br />

sollte durch das Gesetz der Start erleichtert<br />

werden, indem ihnen im lokalen <strong>und</strong> regionalen<br />

Bereich ein Vorrang vor dem öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk eingeräumt wurde. Des<br />

Weiteren machte das Gesetz das Anbieten von<br />

Ton- <strong>und</strong> Bewegtbilddiensten auf Abruf (Online-Dienste)<br />

von einer besonderen Zulassung<br />

durch Gesetz oder Staatsvertrag abhängig. Beide<br />

Punkte sahen die Verfassungsrichter als einen<br />

Verstoß gegen die R<strong>und</strong>funkfreiheit an, erklärten<br />

die gesetzlichen Regelungen für nichtig.<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk A R D - J A H R B U C H 1 0 23


Die Reaktionen auf diesen, am 4. 6. 1987 veröffentlichten<br />

Beschluss waren – je nach Interessenlage<br />

– unterschiedlich. Für den damaligen<br />

Intendanten des SDR, Hans Bausch, war die<br />

Entscheidung von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung<br />

für die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks im lokalen <strong>und</strong> regionalen Bereich.<br />

»Den Politikern in den Mehrheitsfraktionen der<br />

Landtage wird deutlich gemacht, dass sie nicht<br />

nach Belieben in die Selbstverwaltung <strong>und</strong> in<br />

die Programmpolitik der Anstalten hineinregie-<br />

R<strong>und</strong>funkgebührenurteil 1994:<br />

der damalige <strong>ARD</strong>-Vorsitzende Jobst Plog,<br />

Intendant des NDR (M.l.); Dieter Stolte, ZDF-<br />

Intendant (M.); Albert Scharf, Intendant des<br />

BR (r.), im »Plenum-Saal« des BVerfGs<br />

ren dürfen«, so Hans Bausch. Der Vorsitzende<br />

des B<strong>und</strong>esverbandes Kabel <strong>und</strong> Satellit, Jürgen<br />

Doetz, sprach dagegen davon, dass die Richter<br />

einen »Freibrief für Verdrängungswettbewerb<br />

erteilt« hätten, der die duale R<strong>und</strong>funkordnung<br />

erheblich infrage stelle.<br />

Einen Erfolg für künftige Privatanbieter<br />

konnte die baden-württembergische Landesregierung<br />

dann aber doch noch erzielen – was<br />

auch der Gr<strong>und</strong> für die Teilung der Kosten war:<br />

Karlsruhe verwehrte den öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten die Werbung im lokalen <strong>und</strong> regionalen<br />

R<strong>und</strong>funk, ebenso wie Pay-TV.<br />

Dieser Punkt aber änderte nichts daran, dass<br />

das »fünfte R<strong>und</strong>funkurteil« eine eindeutige<br />

Aussage aus Karlsruhe an die Politiker enthielt:<br />

Medienpolitik ist in der B<strong>und</strong>esrepublik nicht<br />

mit der Brechstange zu machen!<br />

_ Die Entwicklungsgarantie<br />

»Gr<strong>und</strong>versorgung heißt nicht Minimal-Versorgung«,<br />

hatten die Verfassungsrichter den Politikern<br />

in den Beschluss von 1987 geschrieben.<br />

»Gr<strong>und</strong>versorgung könne aber auch nicht auf<br />

einem einmal erreichten Stand eingefroren werden«,<br />

meinten sie dann 1991. Den Kernsatz des<br />

Urteils am 5. 2. 1991 las der Vorsitzende des Ersten<br />

Senats <strong>und</strong> Präsident des Gerichts, Roman<br />

Herzog, vor: »Mit der Gewährleistungspflicht<br />

wäre es unvereinbar, den öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand<br />

in programmlicher, finanzieller <strong>und</strong> technischer<br />

Hinsicht zu beschränken. Der Gr<strong>und</strong>versorgungsauftrag<br />

lässt sich im dualen System<br />

unter den bestehenden Bedingungen vielmehr<br />

nur erfüllen, wenn der öffentlich-rechtliche<br />

R<strong>und</strong>funk nicht allein in seinem gegenwärtigen<br />

Zustand, sondern auch in seiner zukünftigen<br />

Entwicklung gesichert ist.«<br />

An diesen Maßstäben hatte das BVerfG verschiedene<br />

Bedingungen des Gesetzes über den<br />

WDR bzw. des Gesetzes für den privaten R<strong>und</strong>funk<br />

in NRW überprüft, bei dem es um die<br />

Frage ging, welche Angebote zum Gr<strong>und</strong>auftrag<br />

des öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funks gehören.<br />

Hier gaben die Richter zur Antwort, dass<br />

es nicht nur eine Entwicklungsgarantie geben<br />

müsse, sondern diese auch die Erschließung<br />

neuer Übertragungswege (beispielsweise Satellit<br />

<strong>und</strong> Kabel) umfasse.<br />

_ Die R<strong>und</strong>funkgebühr<br />

Wie viel es Gebührenzahler <strong>und</strong> Gebührenzahlerinnen<br />

kosten sollte, »in der ersten Reihe«<br />

sitzen zu dürfen, das hatten bis Mitte der 80er<br />

Jahre die Ministerpräsidenten der Länder ausgehandelt.<br />

Über die Gebührenerhöhung durften<br />

dann die Länderparlamente beschließen.<br />

Dem Ganzen war ein Verfahren vorgeschaltet,<br />

in dem ein Gremium – die 1975 eingesetzte<br />

Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs<br />

der R<strong>und</strong>funkanstalten, kurz KEF – die Bedarfsanmeldungen<br />

der Sender prüft <strong>und</strong> den<br />

Länderchefs entsprechend Vorschläge vorlegt.<br />

Davon wichen die Ministerpräsidenten in der<br />

Vergangenheit regelmäßig mit Rücksicht auf<br />

die Wählerstimmen nach unten ab. Mit dieser<br />

Verfahrensart der Gebührenfestsetzung hatte<br />

der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem<br />

Verfahren verfassungsrechtliche Probleme. Er<br />

setzte sein Verfahren daher aus <strong>und</strong> legte dem<br />

BVerfG das Problem auf den Tisch.<br />

24 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


Damit war die »Kardinalfrage« gestellt: Wer<br />

darf die R<strong>und</strong>funkgebühren festsetzen? Oder,<br />

salopper formuliert, gilt tatsächlich: Wer zahlt,<br />

schafft an?<br />

Für die R<strong>und</strong>funk- <strong>und</strong> Fernsehanstalten<br />

schrillten alle Alarmglocken. Mit diesem Verfahren<br />

wurde das Finanzierungssystem des<br />

öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funks auf den<br />

Prüfstand gestellt. So führt die Präsenzliste des<br />

Verfassungsgerichts in diesem Verfahren nicht<br />

nur den Intendanten des BR, Albert Scharf, auf,<br />

sondern für die <strong>ARD</strong> Jobst Plog, Vorsitzender<br />

der <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> Intendant des NDR, Hermann<br />

Fünfgeld, Intendant des SDR, <strong>und</strong> für das ZDF<br />

Intendant Dieter Stolte. Auch der Intendant des<br />

damaligen SWF, Peter Voß, war nach Karlsruhe<br />

gekommen. Von Baden-Baden hatte er den kürzesten<br />

Anreiseweg. Hatte die Bayerische Staatsregierung<br />

zur mündlichen Verhandlung noch<br />

den Staatssekretär <strong>und</strong> Leiter der Staatskanzlei,<br />

Herbert Huber, nach Karlsruhe geschickt, war<br />

es zur Urteilsverkündung nur noch ein Ministerialrat.<br />

So etwas wird beim Gericht sehr fein registriert<br />

<strong>und</strong> löst mehr als nur Stirnrunzeln aus.<br />

Es fehlt der Respekt vor dem Verfassungsorgan<br />

BVerfG.<br />

Die Verlesung des 65-seitigen Urteils am<br />

28. 2. 1994 teilten sich Präsident Roman Herzog<br />

<strong>und</strong> der Berichterstatter in dieser Sache, B<strong>und</strong>esverfassungsrichter<br />

Dieter Grimm. Ein Urteil,<br />

von dem Polemiker anschließend meinten, es<br />

sei mit einer »Heiligsprechung« des öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks zu vergleichen. Das sicher<br />

nicht, aber die Leitsätze der Entscheidung<br />

sprechen eine deutliche Sprache. Vor allem der<br />

dritte Leitsatz des Urteils: »Für die Gebührenfinanzierung<br />

gilt der Gr<strong>und</strong>satz der Programmneutralität.<br />

Im Verfahren der Gebührenfinanzierung<br />

ist von den Programmentscheidungen der<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten auszugehen. Die Gebühr<br />

darf nicht zu Zwecken der Programmlenkung<br />

oder der Medienpolitik eingesetzt werden.«<br />

Die angereisten Intendanten, Justiziare <strong>und</strong><br />

Referenten konnten ihre Freude über das Urteil<br />

kaum verbergen. Im »Plenum-Saal« des<br />

Gerichts – im Rücken das Ölporträt des streng<br />

blickenden ehemaligen Präsidenten Hermann<br />

Höpker Aschoff – nahmen der <strong>ARD</strong>-Vorsitzende<br />

Jobst Plog <strong>und</strong> ZDF-Intendant Dieter<br />

Stolte auf einer improvisierten Pressekonferenz<br />

zum Urteil Stellung. Jobst Plog wörtlich: »Wir<br />

wollen doch wenigstens eine erste Bewertung<br />

versuchen, <strong>und</strong> die kann nur sein: Wir freuen<br />

uns über dieses Urteil <strong>und</strong> sehen darin eine<br />

erhebliche Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks. Nicht nur das,<br />

sondern im gegenwärtigen Zeitpunkt auch ein<br />

klares Stück Existenzsicherung in die Zukunft<br />

gewendet. Das ist zu einem Zeitpunkt, wo andere,<br />

die besonders schlau <strong>und</strong> klug sind, uns<br />

das Ende schon vorhergesagt haben.«<br />

Natürlich nahm dieser medienpolitische<br />

»Paukenschlag« auch im <strong>ARD</strong>-Programm breiten<br />

Raum ein. Der Beitrag über das Urteil in<br />

»Kurzberichterstattungs-Urteil« am 17. 2. 1998:<br />

WDR-Intendant Fritz Pleitgen (l.) <strong>und</strong><br />

BR-Intendant Albert Scharf sind schon früh<br />

zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal<br />

des BVerfGs gekommen.<br />

der Hauptausgabe der »Tagesschau« um 20.00<br />

Uhr hatte gar eine Länge von 2 Minuten <strong>und</strong><br />

11 Sek<strong>und</strong>en. Um 21.35 Uhr sendete Das Erste<br />

einen »Brennpunkt«, moderiert vom damaligen<br />

Chefredakteur des SDR, Ernst Elitz.<br />

»Tagesthemen«-Moderator Ulrich Wickert »verpackte«<br />

die Entscheidung am Ende des Tages<br />

so: »Es geht ums Geld, ums leidige Geld, <strong>und</strong><br />

wenn man sich da nicht einigen kann, läuft<br />

man zum Kadi. In diesem Fall war es für die<br />

<strong>ARD</strong> <strong>und</strong> das ZDF besonders schwierig; denn<br />

das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht musste sich mit<br />

der Frage befassen, ob die Festsetzung der<br />

R<strong>und</strong>funkgebühren, die 23,80 DM im Monat<br />

betragen, von den politischen Parteien in den<br />

Landtagen abhängen darf, wie es im Augenblick<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk A R D - J A H R B U C H 1 0 25


der Fall ist, oder nicht. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof<br />

hält die bestehende Regelung<br />

für verfassungswidrig, da sie den Politikern<br />

einen zu großen Einfluss auf das Programm<br />

ermöglicht. Diesem Gedanken hat sich das<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht heute angeschlossen.«<br />

Das war der Tag des 8. R<strong>und</strong>funkurteils.<br />

Wer aber dachte, damit herrsche nun Ruhe<br />

in der Gebührenfrage, der irrte. Ein Nachrichtenmagazin<br />

formulierte es so: »Wenn ein Politiker<br />

sich auf sehr simple Weise in das Herz seiner<br />

Wähler einschmeicheln will, dann braucht<br />

er nur auf die R<strong>und</strong>funkgebühren zu schimpfen.«<br />

Auf solche Weise lassen sich ordentlich<br />

Ressentiments schüren.<br />

In ihrem ersten Gebührenurteil 1994 hatten<br />

die Verfassungsrichter ein Verfahren erzwungen,<br />

bei dem die Politik fast bis zum Schluss außen<br />

vor bleibt. Seither prüfen 16 unabhängige Sachverständige<br />

der KEF die Bedarfsanmeldung der<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten <strong>und</strong> legen die Gebühren<br />

fest. Die unabhängigen Experten empfahlen<br />

Anfang 2004 nach eingehender Prüfung eine<br />

monatliche Gebührenerhöhung von 1,09 Euro<br />

zum 1. 1. 2005. Die Ministerpräsidenten der Länder<br />

kürzten den Betrag auf 88 Cent. Ihre Begründung:<br />

Die R<strong>und</strong>funkanstalten hätten noch<br />

Einsparpotenzial. Angesichts der angespannten<br />

wirtschaftlichen Lage könne der Gebührenzahler<br />

nicht noch mehr belastet werden.<br />

Nur die Faust in der Tasche ballen oder<br />

Verfassungsbeschwerden gegen die Gebührenentscheidung<br />

erheben <strong>und</strong> damit die Ministerpräsidenten<br />

verklagen, deren politisches<br />

Wohlwollen der öffentlich-rechtliche R<strong>und</strong>funk<br />

benötigt? Die Intendanten von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> vor<br />

allem der Intendant des ZDF waren sich nicht<br />

sicher. Ohne verfassungsrechtliches Risiko sind<br />

Verfassungsbeschwerden nicht, denn auch beim<br />

Verfassungsgericht gilt die amerikanisch-forensische<br />

Wahrheit: »Wer den Friseurladen betritt,<br />

muss damit rechnen, dass er rasiert wird.« Dann<br />

aber fand man doch noch zusammen. <strong>ARD</strong>,<br />

ZDF <strong>und</strong> Deutschlandradio legten Verfassungsbeschwerden<br />

ein.<br />

Dass Peter Boudgoust seinen ersten regulären<br />

Arbeitstag als neuer Intendant des SWR<br />

im B<strong>und</strong>esverfassungsgericht verbringen würde,<br />

hätte er sich auch nicht träumen lassen. Aber<br />

er unterstützte die Verfassungsklage durch seine<br />

Präsenz in Karlsruhe. Auf der Präsenzliste zur<br />

mündlichen Verhandlung am 2. 5. 2007 standen<br />

die Namen Fritz Raff, <strong>ARD</strong>-Vorsitzender <strong>und</strong><br />

Intendant des SR, Thomas Gruber, Intendant<br />

Urteilsverkündung am 11. 9. 2007<br />

zum Thema Gebührenerhöhung:<br />

die Vertreter der Länder, darunter<br />

Günther Oettinger (r.) <strong>und</strong> Kurt Beck (M.)<br />

des BR, Markus Schächter, Intendant des ZDF,<br />

<strong>und</strong> Ernst Elitz, Intendant des Deutschlandradios.<br />

Aufseiten der B<strong>und</strong>esländer waren die Ministerpräsidenten<br />

Beck aus Rheinland-Pfalz <strong>und</strong><br />

Oettinger aus Baden-Württemberg nach Karlsruhe<br />

gekommen. Was den Ersten Senat des<br />

Verfassungsgerichts allerdings überraschte, so<br />

konnte man später hinter vorgehaltener Hand<br />

in Karlsruhe hören, war die Tatsache, dass sich<br />

die deutschen Landtage insgesamt so wenig am<br />

Verfahren interessiert zeigten. Nur Schleswig-<br />

Holstein <strong>und</strong> Bayern hatten sich gemeldet.<br />

Immerhin ging es doch um die Rolle des Gesetzgebers<br />

im Prozess der Gebührenfinanzierung,<br />

<strong>und</strong> das sind in unserem staatsrechtlichen<br />

System eben die Bürgerschaften, Abgeordnetenhäuser<br />

<strong>und</strong> Landtage, unbeschadet natürlich<br />

der politisch-praktischen Wirklichkeiten des<br />

Gebührenfindungsverfahrens. Wer sich so wenig<br />

interessiert zeigt, muss sich nicht w<strong>und</strong>ern,<br />

wenn er am Ende wenig in den Händen hält.<br />

Nach der mündlichen Verhandlung im Mai<br />

2007 hatte man aufseiten der öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten das Gericht noch mit mehr als<br />

gemischten Gefühlen verlassen. Die kritischen<br />

Fragen von der Richterbank hatten Zweifel am<br />

Erfolg der Verfassungsbeschwerden aufkommen<br />

lassen. War man doch etwas zu forsch in den<br />

»Friseurladen« gegangen?<br />

Am Tag des Urteils überraschte der Erste<br />

Senat des BVerfGs dann wohl alle: Verfassungsbeschwerdeführer<br />

<strong>und</strong> Verfassungsbeschwerdegegner.<br />

Die erste Bemerkung des rheinland-<br />

26 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck nach<br />

dem Urteil an seinen Kollegen Oettinger war<br />

nicht für die Kameras bestimmt, aber ehrlich:<br />

Beck wörtlich: »Jetzt sind wir auf den Bauch<br />

gefallen.« In die Kameras sagte er: »Wenn <strong>ARD</strong>,<br />

ZDF <strong>und</strong> Deutschlandradio heute einen Gr<strong>und</strong><br />

haben zu feiern, dann ist es alleine derjenige,<br />

dass eine Entwicklungsgarantie auch in die digitale<br />

Welt heute mehrfach in dem Urteil bestätigt<br />

<strong>und</strong> betont worden ist.«<br />

Die Intendanten von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> ZDF übten<br />

sich nach dem Urteil in Bescheidenheit. Der<br />

damalige <strong>ARD</strong>-Vorsitzende Fritz Raff: »Es wird<br />

keine Sieger <strong>und</strong> Besiegten geben. Es gibt nur<br />

Rechtssicherheit.« Und der Intendant des SWR,<br />

Peter Boudgoust, ergänzte: »Es ist klargestellt<br />

worden, dass es diesen öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk braucht für die Erhaltung der Meinungsvielfalt<br />

in diesem Land.«<br />

Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht entschied,<br />

dass die Finanzierung entwicklungsoffen <strong>und</strong><br />

entsprechend bedarfsgerecht gestaltet werden<br />

müsse. Das Gericht steht zur Bestands- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsgarantie zugunsten des öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks. Sie ist vom Gericht<br />

aus der Erfahrung heraus formuliert, dass das,<br />

was besteht, häufig nur bestehen bleiben kann,<br />

wenn man ihm erlaubt, sich fortzuentwickeln.<br />

So schrieb es der ehemalige Verfassungsrichter<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem als Berichterstatter<br />

ins 85-seitige Urteil, <strong>und</strong> so las es der<br />

damalige Präsident Hans-Jürgen Papier vor. Das<br />

Urteil wurde live in PHOENIX, dem Ereignis-<br />

<strong>und</strong> Dokumentationskanal von <strong>ARD</strong> <strong>und</strong> ZDF,<br />

aus Karlsruhe übertragen.<br />

Nach dem »Gebührenurteil« 2007:<br />

Der damalige <strong>ARD</strong>-Vorsitzende Fritz Raff steht<br />

den Journalisten für Fragen zur Verfügung.<br />

_ Der R<strong>und</strong>funkbeitrag<br />

Diesen Gedanken der bedarfsgerechten Finanzierung<br />

griff der ehemalige Verfassungsrichter,<br />

Staats- <strong>und</strong> Steuerrechtler Paul Kirchhof aus<br />

Heidelberg auf. Im Auftrag von <strong>ARD</strong>, ZDF<br />

<strong>und</strong> Deutschlandradio legte er im Mai <strong>2010</strong> ein<br />

Gutachten vor, in dem das bestehende Finanzierungssystem<br />

fortentwickelt <strong>und</strong> deutlich vereinfacht<br />

wird. Die R<strong>und</strong>funkgebühr soll nicht<br />

mehr länger nach der Zahl der Empfangsgeräte,<br />

sondern pro Wohnung berechnet werden. Am<br />

9. 6. <strong>2010</strong> stimmten die Ministerpräsidenten der<br />

Länder in einem Eckpunktepapier zu, dass für<br />

den öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funk künftig<br />

eine Abgabe pro Wohnung erhoben wird. »Der<br />

9. Juni <strong>2010</strong> ist zweifellos ein wichtiges Datum<br />

in der <strong>ARD</strong>-Vorsitzzeit des SWR«, sagte Peter<br />

Boudgoust, der derzeitige <strong>ARD</strong>-Vorsitzende,<br />

der zum Jahresende <strong>2010</strong> den Vorsitz an WDR-<br />

Intendantin Monika Piel abgeben wird.<br />

Ob der neue R<strong>und</strong>funkbeitrag – ab dem Jahr<br />

2013 – das »r<strong>und</strong>funkrechtliche Köchelverzeichnis«<br />

der R<strong>und</strong>funkentscheidungen, wie der ehemalige<br />

Verfassungsrichter Udo Steiner es einmal<br />

formulierte, weiter ansteigen lässt <strong>und</strong> um<br />

neue Urteile anreichert, bleibt abzuwarten. Zu<br />

befürchten ist es. Ganz sicher aber könnte das<br />

»r<strong>und</strong>funkrechtliche Köchelverzeichnis« noch<br />

um Urteile ergänzt werden, sollte das BVerfG<br />

Gelegenheit haben, die Auswirkungen der<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk A R D - J A H R B U C H 1 0 27


Nach dem Urteil von 1998 haben Fernsehsender<br />

weiterhin das Recht, Kurzberichte von<br />

Sportveranstaltungen auszustrahlen.<br />

Werder Bremen – Hamburger SV am 8. 5. <strong>2010</strong><br />

Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />

in Luxemburg <strong>und</strong> des Europäischen Gerichtshofs<br />

für Menschenrechte in Straßburg im Bereich<br />

des öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funks <strong>und</strong><br />

seiner Finanzierung in seine Rechtsprechung<br />

mit einzubeziehen.<br />

_ Fernsehen <strong>und</strong> Fußball<br />

Eine Entscheidung soll zum Schluss nicht unerwähnt<br />

bleiben. Ob sie allerdings in die Reihe<br />

der »großen R<strong>und</strong>funkurteile« einzureihen ist –<br />

zumindest Fußballfans dürften das von Herzen<br />

bejahen. Es ging um die »schönste Nebensache<br />

der Welt«, um Fußball. 1998 schrieben die Damen<br />

<strong>und</strong> Herren in den roten Roben im »Namen<br />

des Volkes« ein Bürgerrecht auf Fußball<br />

(<strong>und</strong> sonstigen Spitzensport) im Fernsehen fest.<br />

In den Länderr<strong>und</strong>funkgesetzen <strong>und</strong> im<br />

R<strong>und</strong>funkstaatsvertrag war das Recht auf kostenlose<br />

Kurzberichterstattung verankert, das<br />

auch ohne den Erwerb von Senderechten die<br />

Ausstrahlung von Neunzig-Sek<strong>und</strong>en-Beiträgen<br />

erlaubte.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung, große Medienkonzerne<br />

<strong>und</strong> der Deutsche Fußballb<strong>und</strong> (DFB)<br />

sahen sich durch das winzige Recht auf kostenlose<br />

Kurzberichte im öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehen in ihrer Absicht gestört, aus bewegten<br />

Sportbildern eine handhabbare <strong>und</strong><br />

verknappbare, damit teure Ware werden zu<br />

lassen. Der Prozessbevollmächtigte der B<strong>und</strong>esregierung,<br />

der Münchner Staatsrechtsprofessor<br />

Hans-Jürgen Papier, hatte in der mündlichen<br />

Verhandlung im November 1997 gemeint, beim<br />

Sport gehe es »nur« um Unterhaltung, <strong>und</strong> dafür<br />

müsse halt nach der deutschen Rechts- <strong>und</strong><br />

Sozialordnung bezahlt werden. Alles andere sei<br />

»publizistische Sozialisierung«, mussten sich<br />

die Intendanten des WDR, Fritz Pleitgen, des<br />

BR, Albert Scharf, <strong>und</strong> des damaligen SDR,<br />

Hermann Fünfgeld, vorhalten lassen. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />

hatte ihre Normenkontrollklage<br />

stellvertretend gegen das nordrhein-westfälische<br />

R<strong>und</strong>funkgesetz angestrengt <strong>und</strong> die Gesetzgebungskompetenz<br />

der Länder bestritten.<br />

Vier Monate später, im Februar 1998, fiel<br />

dann das Urteil: Zum Freiheitsrecht der Bürger<br />

auf ungehinderten Informationszugang <strong>und</strong><br />

zum Recht der Sender auf Informationstätigkeit<br />

gehören auch Sportereignisse. Wegen der Vielfalt<br />

des Angebots müssten Meinungsmonopole<br />

verhindert werden – <strong>und</strong> zwar rechtzeitig. Im<br />

Urteil zur »Kurzberichterstattung« geht es nicht<br />

um Marktanteile <strong>und</strong> Quoten, sondern um den<br />

Wert der Informationsvielfalt <strong>und</strong> um die Gefahren<br />

einer totalen Kommerzialisierung von<br />

Informationen.<br />

Für die Kurzberichte im Profi-Fußball aber<br />

muss ein Entgelt gezahlt werden. Fritz Pleitgen<br />

nach dem Urteil: »Ich denke, damit mussten<br />

wir rechnen. Da ist das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

mit der Zeit gegangen. Und ich hatte das<br />

auch eigentlich für mich schon so in die Richtung<br />

gestellt.«<br />

Immer wieder haben die Hüter des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

in ihren R<strong>und</strong>funkurteilen in den letzten<br />

60 Jahren versucht, die Welt des R<strong>und</strong>funks<br />

nach den hohen Ansprüchen des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

zu formen. Das Wort »Gemeinwohl« hat dabei<br />

einen ganz neuen Klang bekommen.<br />

28 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Karl-Dieter Möller, <strong>ARD</strong>-Rechtsexperte <strong>und</strong><br />

bis Ende <strong>2010</strong> Leiter der <strong>ARD</strong>-Fernsehredaktion<br />

Recht <strong>und</strong> Justiz beim SWR, Karlsruhe


mehrfach abgesichert <strong>und</strong> überprüft, jeder Beweis muss gut<br />

dokumentiert sein. Dies macht investigativen Journalismus<br />

oft mühselig – <strong>und</strong> kostspielig.<br />

Zuschriften, Zuschauertelefone, E-Mails, Blogs – alle<br />

Redaktionen kommunizieren auf vielfältige Weise mit<br />

ihren Zuschauern, um deren Lob, Kritik oder Anregungen<br />

aufzugreifen. »Kontraste«, »REPORT MAINZ« <strong>und</strong> »Report<br />

München« <strong>und</strong> bald auch »Panorama« sind auf Facebook<br />

(»REPORT MAINZ« auch bei Twitter) vertreten. Ziel ist es, mit<br />

Zuschauern aktiv in Kontakt zu treten <strong>und</strong> Internetnutzer<br />

über exklusive journalistische <strong>Inhalt</strong>e gezielt auf die Sendung<br />

aufmerksam zu machen <strong>und</strong> ein Feedback zu erhalten.<br />

»Kontraste« hat in den letzten Jahren sehr erfolgreich Blogs<br />

zu kontroversen Berichten im Internet eingerichtet, die sehr<br />

stark genutzt werden, mit überwiegend kompetenter <strong>und</strong><br />

informativer Resonanz. Seit Juni �0�0 hat auch »Report München«<br />

einen stark frequentierten Blog.<br />

Die sechs politischen Magazine im Ersten<br />

»Fakt«, »Kontraste«, »Monitor«, »Panorama«, »REPORT MAINZ« <strong>und</strong> »Report München« gehören<br />

zu den unverwechselbaren Markenzeichen der <strong>ARD</strong>. 1960 machte »Anno«, der Vorläufer von<br />

»Report«, später »Report München«, den Anfang. 2006 führte die letzte gr0ße Veränderung im<br />

Programmschema des Ersten dazu, dass die Sendezeit der Magazine um 15 auf 30 Minuten<br />

reduziert wurde. Anlässlich des 60-jährigen Geburtstags der <strong>ARD</strong> hat das <strong>ARD</strong>-<strong>Jahrbuch</strong> die Redak-<br />

tionsleiter der politischen Magazine einen Fragebogen beantworten lassen. Viele Unterschiede,<br />

aber auch Gemeinsamkeiten finden sich auf den nächsten Seiten.<br />

Fragen auf den folgenden Seiten:<br />

Wie charakterisieren Sie Ihr Magazin? Was ist das<br />

Besondere, worin unterscheidet sich Ihr Magazin von den<br />

anderen? Gibt es eine spezielle Ausrichtung des Magazins?<br />

Was waren »schlagzeilen«-Themen �009/�0�0? Wie<br />

erfolgt die themenauswahl ? Dominiert die Aktualität<br />

oder werden Entwicklungen langfristig verfolgt <strong>und</strong>/oder<br />

wieder aufgegriffen? Was betrachten Sie als größten Erfolg?<br />

Welche Beiträge haben nachhaltig gewirkt, hatten die<br />

höchste Resonanz oder politische konsequenzen? Auf<br />

welchen Wegen bzw. über welche quellen gelangen Sie<br />

an Ihre Informationen? Wie beurteilen Sie bzw. gewährleisten<br />

Sie die Validität von Informationen? Wie versuchen Sie,<br />

auch die jungen Zuschauer zu erreichen? Wenn Sie sich einen<br />

sendeplatz aussuchen könnten, welcher wäre das?<br />

kurrenz geprägt, kritisch <strong>und</strong> konstruktiv. Kooperationen<br />

gibt es, sind aber die Ausnahme, wie beispielsweise zwischen<br />

»Fakt« <strong>und</strong> »REPORT MAINZ« beim Thema »Schulen des<br />

Terrors – wie in Islamseminaren Hass gepredigt wird«. Gemeinsam<br />

entstanden zwei Beiträge, die in beiden Magazinen<br />

liefen, natürlich mit gegenseitigem Hinweis. Außerdem gibt<br />

es einmal im Jahr ein Treffen der Magazine.<br />

Tabu-Themen gibt es keine, direkten Druck auch nicht.<br />

Allerdings versuchen gut organisierte Lobbygruppen wie<br />

beispielsweise die Ärzte- <strong>und</strong> Pharma-Verbände, mit Kampagnen<br />

Druck aufzubauen. Nach einem Bericht von »REPORT<br />

MAINZ« über die Einkünfte von Fachärzten mobilisierte der<br />

Verband die Patienten: Mit Tausenden von Protestfaxen<br />

wurde wochenlang das Faxgerät der Redaktion lahmgelegt.<br />

Die Androhung von juristischen Schritten <strong>und</strong>/oder juristische<br />

Auseinandersetzungen auch schon in der Recherchephase<br />

nehmen zu, spezialisierte Anwälte drohen mit Klagen<br />

<strong>und</strong> Schadensersatzforderungen. Jede Behauptung muss<br />

So gab es Übereinstimmung bei der Frage nach einer<br />

gemeinsamen Dachmarke für die Magazine:<br />

»Jedes <strong>ARD</strong>-Magazin ist seine eigene Marke <strong>und</strong> hat sein<br />

eigenes Profil. Die Pluralität macht die <strong>ARD</strong>-Magazine stark.<br />

Die Redaktionen der sechs <strong>ARD</strong>-Politmagazine stehen für<br />

investigativen Journalismus <strong>und</strong> sind Garanten für die kontinuierliche<br />

Pflege dieser Form des Journalismus. Und dies<br />

muss auch durch eigenständige Sendungen deutlich gemacht<br />

werden. Gerade in Zeiten, in denen verstärkt über die Qualität<br />

des Journalismus diskutiert wird, ist dies ein besonders<br />

wichtiges Gut für die <strong>ARD</strong>. Und in der letzten <strong>ARD</strong>-Studie zu<br />

den Politikmagazinen sagten 70 Prozent der befragten Zuschauer,<br />

dass sie diese Vielfalt schätzen. Warum diese Stärke<br />

also aufgeben?«<br />

Gemeinsam stimmen sich die Magazine ab: Woche für<br />

Woche in Schaltkonferenzen <strong>und</strong> in Telefonaten. So werden<br />

Synergien hergestellt, doppelte Recherchen zu einem Thema<br />

vermieden, um mit Gebührengeldern sparsam umzugehen.<br />

Die Zusammenarbeit ist von einer fre<strong>und</strong>schaftlichen Kon-<br />

Die politischen Magazine im Ersten A R D - J A H R B U C H 1 0 29


30<br />

Nachdem »Fakt« wiederholt über einen in<br />

Deutschland lebenden mutmaßlichen Hauptverantwortlichen<br />

von Kriegsverbrechen im Kongo<br />

berichtet hatte, kam es zu dessen Verhaftung.<br />

Durch ein unsinniges Gesetz wurden über Nacht<br />

H<strong>und</strong>erttausende Verkehrsschilder ungültig. Auf<br />

die Kommunen kamen Kosten in dreistelliger Millionenhöhe<br />

zu. Am Tag nach dem »Fakt«-Bericht<br />

wurde das Gesetz gekippt.<br />

quellen Informationen über Missstände <strong>und</strong><br />

Skandale erreichen die Redaktion auf vielen<br />

Wegen – auch über unsere Zuschauer. Diese Informationen<br />

werden intensiv überprüft, denn die<br />

Richtigkeit der Recherchen ist der Maßstab für<br />

die Glaubwürdigkeit des Magazins. Seit einem<br />

Jahr arbeitet »Fakt« auch erfolgreich mit der<br />

medienübergreifenden MDR-Rechercheredaktion<br />

zusammen.<br />

junges publikum »Fakt« will möglichst alle Altersgruppen<br />

erreichen. Wir versuchen natürlich,<br />

Themen zu finden, die auch jüngere Zuschauer<br />

interessieren. Wir biedern uns diesem Personenkreis<br />

aber nicht an.<br />

wunsch-sendeplatz Der »Fakt«-Sendeplatz<br />

ist eigentlich in Ordnung. Wir würden uns eher<br />

einen deutlich besseren Vorlauf wünschen.<br />

»Fakt« (MDR) /// Start: 15. 7. 1992 /// Montag 21.45 Uhr /// Moderator: Thomas Kausch ///<br />

Redaktionsleiter: Wolfgang Fandrich /// MA 2009: 8,9 %<br />

sitzen, geht die Manipulation von Fußballspielen<br />

offenbar ungehindert weiter. 30. 11. 2009:<br />

Entenfleisch aus Stopfmastproduktion: Falsch<br />

etikettiertes Entenfleisch aus der qualvollen<br />

Stopfleberproduktion gelangt in den Handel <strong>und</strong><br />

in Restaurants. Die Reaktion kommt prompt: Das<br />

Fleisch wird umgehend vom Markt genommen.<br />

themenauswahl Hier gilt: die Mischung macht<br />

den Reiz aus. »Fakt« ist vor allem ein investigatives<br />

Magazin. Eigenrecherchierte Themen sind die<br />

Basis <strong>und</strong> gleichzeitig das oberste Qualitätsmerkmal<br />

für ein politisches Magazin. Die Geschichten<br />

werden selbstverständlich weiterverfolgt <strong>und</strong><br />

– wenn sich ein neuer Ansatz ergibt – auch wieder<br />

aufgegriffen. So beispielsweise im Mai <strong>2010</strong>,<br />

als »Fakt« nach zehn Jahren erneut über einen<br />

immer noch nicht geklärten Fall von Justiz-Irrsinn<br />

berichtete.<br />

konsequenzen Nach der »Fakt«-Berichterstattung<br />

über Gänseteile aus der qualvollen Stopfmastproduktion<br />

in IKEA-Restaurants wurden die<br />

Produkte umgehend vom Markt genommen.<br />

charakter »Fakt« ist das jüngste <strong>ARD</strong>-Politikmagazin<br />

<strong>und</strong> das einzige politische Magazin im<br />

deutschen Fernsehen, das in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />

produziert wird. Die Nähe zu den Problemen<br />

vor Ort bringt eine höhere Sensibilisierung<br />

der Redaktion für diese Themen mit sich, die sich<br />

regelmäßig in der Sendung wiederfinden. »Fakt«<br />

ist ein investigatives Meinungsmagazin. Die Recherchen<br />

sind auf jeden Fall ergebnisoffen, es<br />

gibt keinen »dogmatischen Leitfaden«. Ziel ist,<br />

Missstände <strong>und</strong> Fehlentwicklungen zu enthüllen.<br />

Im Blickfeld sind dabei alle Parteien, Verbände<br />

etc., keine Vereinigung wird gezielt ausgespart<br />

oder geschont.<br />

schlagzeilen-themen 3. 5. <strong>2010</strong>: Die streng<br />

geheime »Capture or kill«-Liste der NATO in Afghanistan.<br />

Bei den NATO-Truppen in Afghanistan<br />

existiert eine Liste mit den Namen gefährlicher<br />

Taliban-Kämpfer, die gefangengenommen<br />

oder getötet werden sollen. Diese Liste gilt als<br />

streng geheim. »Fakt« liegt exklusiv das Papier<br />

vor, das nicht einmal im B<strong>und</strong>estag bekannt ist.<br />

15. 3./3. 5. <strong>2010</strong>: Hintermänner <strong>und</strong> Hintergründe<br />

zum Fußball-Wettskandal. »Fakt« enthüllt: Obwohl<br />

die mutmaßlichen Drahtzieher des jüngsten<br />

Fußball-Wettskandals inzwischen im Gefängnis<br />

<strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


Neuwahlen im B<strong>und</strong>esland Berlin. Geschichte geschrieben<br />

haben die Beiträge über die DDR in den<br />

1980er Jahren. Sie hatten eine besondere Bedeutung<br />

für die friedliche Revolution <strong>und</strong> den Fall der<br />

Mauer. Diese Beiträge haben zeitgeschichtliche<br />

Bedeutung erlangt. Die Beiträge zur DDR werden<br />

zum Teil als DVD <strong>und</strong> als Onlineangebot der B<strong>und</strong>eszentrale<br />

für politische Bildung in erster Linie<br />

Schulen zur Verfügung gestellt.<br />

quellen Die Autoren von »Kontraste« haben<br />

sich im Laufe der Jahre ein Netzwerk an Informationsquellen<br />

erarbeitet, das ihnen Zugang auch<br />

zu vertraulichen Quellen ermöglicht. Alle Informationen<br />

werden von uns sorgfältig gegengeprüft.<br />

Die Themen der Sendung werden überdies<br />

auch von freien Autoren außerhalb des RBB <strong>und</strong><br />

von Zuschauern an uns herangetragen. Selbstverständlich<br />

wird auch hier die journalistische<br />

Sorgfaltspflicht eingehalten.<br />

junges publikum Wir stellen in vielen Gesprächen<br />

fest, dass unser Magazin auch bei jüngeren<br />

Zuschauern Interesse hervorruft. Leider haben<br />

sich viele von ihnen ganz oder zu großen Teilen<br />

aus der Fernsehrezeption zurückgezogen. Hier<br />

wollen wir mit ästhetisch ansprechenden Filmen<br />

<strong>und</strong> mit auch für diese Zielgruppe interessanten<br />

Themen ein Gegengewicht schaffen. Darüber hinaus<br />

sprechen wir junge Zuschauer mit unseren<br />

Online- <strong>und</strong> Facebook-Auftritten an.<br />

wunsch-sendeplatz Wir sind mit unserem gegenwärtigen<br />

Sendeplatz sehr zufrieden.<br />

»Kontraste« (RBB) /// Start: 18. 1. 1968 /// Donnerstag 21.45 Uhr /// Moderatorin: Astrid Frohloff<br />

/// Redaktionsleiter: Reinhard Borgmann /// MA 2009: 10,4 %<br />

Gefahr durch tödliche Keime. In Deutschlands<br />

Kliniken lauert ein gefährlicher Keim: MRSA. Er ist<br />

gegen fast alle Antibiotika resistent <strong>und</strong> fordert<br />

viele Todesopfer pro Jahr. Die Krankenhäuser<br />

schweigen. Und die Ges<strong>und</strong>heitspolitik wartet<br />

ab, statt endlich zu handeln.<br />

themenauswahl »Kontraste« hat in den letzten<br />

Jahren eine besondere Expertise bei den Themen<br />

Ges<strong>und</strong>heit, B<strong>und</strong>eswehr, Deutsche Bahn,<br />

Rechtsextremismus <strong>und</strong> Atomkraft entwickelt.<br />

Diese Themen werden kontinuierlich weiterverfolgt.<br />

Auf der anderen Seite werden relevante aktuelle<br />

Fragestellungen im gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />

politischen Raum aufgegriffen. »Kontraste« leistet<br />

durch eigene Themensetzungen einen Beitrag<br />

zum politischen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Diskurs.<br />

konsequenzen Ein großer Erfolg war der Beitrag<br />

über das »Infektionsrisiko Krankenhaus« im<br />

Jahr 2009. In zahlreichen Reaktionen schilderten<br />

uns die Zuschauer ihre eigenen Erfahrungen mit<br />

ungenügender Hygiene <strong>und</strong> gefährlichen Keimen.<br />

Sie bestätigten unsere Recherchen, daraus<br />

entwickelte sich eine Folgeberichterstattung. Politische<br />

Auswirkungen hatte der Beitrag über<br />

den Berliner Bankenskandal im Jahr 2001. In der<br />

Folge kam es zum Rücktritt des Regierenden<br />

Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) <strong>und</strong> zu<br />

charakter »Kontraste« ist das investigative<br />

politische Magazin der <strong>ARD</strong> aus der Hauptstadt<br />

<strong>und</strong> Metropole Berlin. Die Sendung informiert<br />

politisch unabhängig, unbequem <strong>und</strong> ideologiefrei.<br />

»Kontraste« setzt auf selbst recherchierte<br />

Themen, die auch abseits des Mainstreams liegen<br />

können, <strong>und</strong> zeichnet sich durch sorgfältige <strong>und</strong><br />

hartnäckige Eigenrecherche aus. Einen inhaltlichen<br />

Schwerpunkt stellen zeitgeschichtliche<br />

Themen dar, deren besondere Bedeutung für die<br />

Gegenwart hervorgehoben wird. »Kontraste« hat<br />

keine »politische Linie«, aber engagiert sich politisch<br />

– durch vorurteilsfreie Aufklärung.<br />

schlagzeilen-Themen 29. 4. <strong>2010</strong>: Ausbildungsmängel<br />

– B<strong>und</strong>eswehr schlecht vorbereitet<br />

im Kriegseinsatz. Die Kämpfe in Afghanistan<br />

werden immer brutaler, die Zahl der Toten <strong>und</strong><br />

Verletzten steigt. Erstmals beklagen jetzt Soldaten<br />

in »Kontraste«, dass die B<strong>und</strong>eswehr sie nur<br />

ungenügend auf den Kampfeinsatz vorbereitet<br />

hat. 14. 1. <strong>2010</strong>: Gefährliche Reise – die Bahn spart<br />

beim ICE auf Kosten der Sicherheit, Pannen der<br />

Bahn sind keine Seltenheit. Der Konzern beruft<br />

sich oft auf das widrige Wetter. Doch in Wahrheit<br />

ist das Problem hausgemacht. »Kontraste«<br />

belegt, dass die Bahn bei Wartungsarbeiten<br />

spart – bisweilen sogar auf Kosten der Sicherheit.<br />

20. 8. 2009: Infektionsrisiko Krankenhaus –<br />

Die politischen Magazine im Ersten A R D - J A H R B U C H 1 0 31


32<br />

quellen Die Validität von Informationen wird<br />

bei »Monitor« in mehreren Stufen überprüft.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt das Vieraugenprinzip, d. h., an<br />

komplexen Themen arbeiten mehrere Autoren<br />

<strong>und</strong> mindestens ein festangestellter Redakteur.<br />

Jede Quelle wird auf Glaubwürdigkeit überprüft,<br />

Falsifizieren ist dabei erwünscht. Abnahmen erfolgen<br />

meist durch die gesamte Redaktion, um<br />

jede nur denkbare Lücke in der Recherche zu<br />

schließen. Außerdem arbeiten wir nach dem Primärquellenprinzip:<br />

keine Berichterstattung vom<br />

Hörensagen.<br />

junges publikum Jüngere Zuschauer erreichen<br />

wir durch gezielte Berichte zu ihrer Lebenswirklichkeit,<br />

aber auch durch selbst gesetzte Zukunftsthemen,<br />

wie etwa unsere Schwerpunktsendungen<br />

zu Demokratie, Welternährungskrise, Klimawandel.<br />

Immer wichtiger wird unsere Internetseite,<br />

die inhaltlichen Mehrwert <strong>und</strong> Diskussionen<br />

anbietet.<br />

wunsch-sendeplatz Donnerstags, direkt nach<br />

der »Tagesschau«, 45 Minuten, <strong>und</strong> das am liebsten<br />

wöchentlich.<br />

»Monitor« (WDR) /// Start: 21. 5. 1965 /// Donnerstag 21.45 Uhr /// Moderatorin <strong>und</strong><br />

Redaktionsleiterin: Sonia Mikich /// MA 2009: 11,2 %<br />

Atommüll-Lager Asse, am 2. 7. 2009: die Enttarnung<br />

von Stasi-Mitarbeitern beim Staatsschutz.<br />

themenauswahl Die Themenauswahl ist eine<br />

Mischung. Wir versuchen, aktuellen Entwicklungen<br />

eigene Aspekte abzugewinnen, oder liefern<br />

den notwendigen Hintergr<strong>und</strong> dazu. Wir setzen<br />

aber auch Themen, über die kaum gesprochen<br />

<strong>und</strong> geschrieben wird. Beispiele für originäre<br />

Filmessays: Internet <strong>und</strong> Demokratie, Gerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Finanzkrise, alternative Wirtschaftsmodelle,<br />

Wandel des Datenschutzes.<br />

konsequenzen Folgende Themen haben eine<br />

große Resonanz in der Politik, den Medien <strong>und</strong><br />

bei den Zuschauern gehabt: bezahlte Lobbyisten<br />

(»Leihbeamte«) in B<strong>und</strong>esministerien, die Defizite<br />

der Riester-Rente, die Schuldenfalle Studium, die<br />

Datenkrake ELENA (Elektronisches Entgeltnachweisverfahren),<br />

die Interessen der Pharmalobby<br />

(Beiträge zum Verband Forschender Arzneimittelhersteller<br />

vfa, zur Schweinegrippe, zum Institut<br />

für Qualität <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

IQWiG, zum Antidepressivum Reboxetin).<br />

Die Berichte sorgten für Anfragen im B<strong>und</strong>estag,<br />

Interventionen des B<strong>und</strong>esrechnungshofs<br />

oder der Staatsanwaltschaft <strong>und</strong> bewirkten<br />

Korrekturen gängiger Praktiken.<br />

charakter Recherchieren, informieren, einmischen<br />

– das ist das Credo von »Monitor«. Die<br />

Redaktion will Machtstrukturen <strong>und</strong> Machtmissbrauch<br />

in der Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

enthüllen <strong>und</strong> den Zuschauern helfen, sich ein<br />

Urteil zu bilden. Investigativer, meinungsfreudiger<br />

Journalismus als Gegengewicht zur Flut oberflächlicher<br />

Mainstream-Informationen: In einer<br />

immer diffuseren Wirklichkeit möchten wir für<br />

Transparenz sorgen. Dazu gehören eine aufwändige<br />

Recherche <strong>und</strong> eine verständliche Erzählhaltung,<br />

selbst wenn es kompliziert wird. Wir haben<br />

keine Angst vor »großen Gegnern«, ob Konzern,<br />

Partei oder Institution. Die Ausrichtung des<br />

Magazins: kritisch nach allen Seiten, unabhängig<br />

davon, wer regiert oder das Sagen hat.<br />

schlagzeilen-themen 9. 9. <strong>2010</strong>: »Etikettenschwindel<br />

Laufzeitverlängerung«, 19. 8. <strong>2010</strong>:<br />

»Milliarden-Geschäft mit Klimazertifikaten«,<br />

20. 5. <strong>2010</strong>: »Betrug an Riester-Anlegern«, Sicherheitslücken<br />

beim sozialen Netzwerk Facebook,<br />

22. 4. <strong>2010</strong>, 25. 3. <strong>2010</strong>, 28. 1. <strong>2010</strong>, 5. 11. 2009,<br />

24. 9. 2009: Kriegsverbrechen in Afghanistan,<br />

23. 7. 2009: »Kosten der Endlagerung« über das<br />

<strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


quellen Zentral bei »Panorama« ist die Beschaffung<br />

von gerichtsfesten Beweisen durch eigene<br />

Autoren. Recherche wird also nicht outgesourct.<br />

Die Redaktion kennt damit alle Quellen, auch die<br />

im Bericht evtl. nur anonym darstellbaren. Regelmäßig<br />

arbeitet »Panorama« dabei mit dem Reporterpool<br />

von NDR Info <strong>und</strong> dem neuen Recherchebeauftragten<br />

im NDR Fernsehen zusammen.<br />

junges Publikum Wird angesprochen vor allem<br />

durch die Einführung von »Panorama – Die<br />

Reporter« <strong>und</strong> die Übernahme einiger stilprägender<br />

Elemente dieser Sendung ins Erste. So<br />

ist die Machart von »Panorama – Die Reporter«<br />

deutlich auf die neuen Sehgewohnheiten des Publikums<br />

zugeschnitten <strong>und</strong> soll die Verjüngung<br />

des Programms nachhaltig f<strong>und</strong>ieren: schnellere<br />

Schnitte, der deutlichere Einsatz von Musik, aber<br />

auch ein inhaltlich weniger abstrakter Zugang<br />

als im klassischen »Panorama« zu komplexen<br />

Themen. Insgesamt entspricht »Panorama – Die<br />

Reporter« eher den im Internet gelernten Sehgewohnheiten.<br />

wunsch-Sendeplatz Donnerstags, 21.45 Uhr,<br />

15 Minuten länger (wie früher).<br />

»Panorama« (NDR) /// Start: 4. 6. 1961 /// Donnerstag 21.45 Uhr /// Moderatorin: Anja Reschke<br />

/// Redaktionsleiter: Stephan Wels <strong>und</strong> Volker Steinhoff /// MA 2009: 11,9 %<br />

Geheimdienstes gegen Oppositionelle in<br />

Deutschland, 7. 4. 2009: »Die KiK-Story – die<br />

miesen Methoden des Textildiscounters«. Einzelne<br />

Recherchen wie diese aus dem 2008 im<br />

NDR Fernsehen neu etablierten Magazin »Panorama<br />

– Die Reporter« fanden auch den Weg<br />

ins Erste.<br />

themenauswahl Nachhaltige Berichterstattung<br />

<strong>und</strong> Fach-Schwerpunkte bei bestimmten<br />

Magazinen werden vom Publikum durchaus<br />

honoriert. Solche Schwerpunkte gibt es bei »Panorama«<br />

u. a. bei den Themenbereichen Arbeitsmarkt,<br />

Ges<strong>und</strong>heitspolitik, Islamismus, Rechtsextremismus<br />

<strong>und</strong> Bankenkrise. Trotzdem bietet ein<br />

Magazin wie »Panorama« in der Regel auch Hintergründe<br />

zu aktuell relevanten Themen.<br />

konsequenzen Der größte Erfolg der letzten<br />

Jahre war die Aufdeckung des BND-Einsatzes in<br />

Bagdad zur Unterstützung des amerikanischen<br />

Angriffs auf den Irak. »Bomben auf Bagdad<br />

– Deutsche Agenten am Irak-Krieg beteiligt«,<br />

gesendet am 12.1.2006, war der entscheidende<br />

Auslöser des so genannten BND-Untersuchungsausschusses<br />

im B<strong>und</strong>estag.<br />

charakter »Panorama« ist der Klassiker des<br />

investigativen Fernseh-Journalismus in Deutschland.<br />

»Panorama« deckt Fehler der Mächtigen<br />

auf, <strong>und</strong> anders als in manch anderen Programmen<br />

werden die Verantwortlichen auch mit<br />

diesen Vorwürfen konfrontiert. Dabei hat »Panorama«<br />

das Lagerdenken längst verlassen: Ein<br />

Beitrag über Ausbeutung am Arbeitsmarkt findet<br />

genauso seinen Platz wie ein Bericht über die<br />

Notwendigkeit des Afghanistan-Einsatzes.<br />

schlagzeilen-themen 6. 8. 2009: »Milliardengrab<br />

Landesbanken: Banker kassieren, Politiker<br />

schauen zu« – Recherchen zu den fehlenden<br />

Gehaltsobergrenzen für Vorstandsmitglieder<br />

der Landesbanken von Nordrhein-Westfalen<br />

(WestLB) <strong>und</strong> Baden-Württemberg (LBBW), obwohl<br />

die Banken von staatlichen Hilfen abhängig<br />

sind. In diesem Zusammenhang fiel besonders<br />

der für die LBBW verantwortliche Ministerpräsident<br />

Günther Oettinger durch latente Drohungen<br />

vor laufender Kamera auf. 15. 10. 2009: »Iraner in<br />

Deutschland – wie das Regime seine Kritiker verfolgt«<br />

– Bericht zum Vorgehen des iranischen<br />

Die politischen Magazine im Ersten A R D - J A H R B U C H 1 0 33


34<br />

Blackwater berichtete. Schon in der Abmoderation<br />

konnte Moderator Fritz Frey verkünden, dass<br />

Heckler & Koch alle Geschäftsbeziehungen zu<br />

Blackwater aufgeben würde.<br />

quellen »REPORT MAINZ« arbeitet mit unterschiedlichen<br />

Quellen. Ganz wichtig ist das Informantennetz,<br />

das sich die Redakteure im Laufe<br />

der Jahre aufgebaut haben. Eine eherne Regel<br />

ist das Vorhandensein von mindestens zwei unterschiedlichen<br />

Quellen, also Dokumente <strong>und</strong><br />

Zeugenaussagen oder Studien <strong>und</strong> persönliche<br />

Erfahrungen oder Expertenwissen. Ebenso hilft<br />

die eigene Kompetenz, die sich die Mitarbeiter im<br />

Laufe der Jahre aufgebaut haben.<br />

junges publikum Die Aufgabe von »REPORT<br />

MAINZ« ist nicht in erster Linie, sich auf jüngere<br />

oder ältere Zuschauer zu fokussieren. Wir wollen<br />

Probleme aufdecken, kritikwürdige Zustände<br />

be nennen, Verantwortliche damit konfrontieren<br />

<strong>und</strong> darauf hinwirken, dass die Missstände<br />

behoben werden. Dabei werden immer wieder<br />

Themen aufgegriffen, die jüngere Zuschauer<br />

betreffen, beispielsweise die Missstände beim<br />

Bachelor-Studium, die Gefahren des Internets bei<br />

Magersucht oder die Ausbeutung durch Praktika.<br />

Gleichzeitig versuchen wir durch einen starken<br />

Internetauftritt <strong>und</strong> mit Podcasts <strong>und</strong> Platzierungen<br />

in sozialen Netzwerken auch dort vertreten<br />

zu sein, wo sich jüngere Politikinteressierte treffen.<br />

wunsch-sendeplatz »REPORT MAINZ« könnte<br />

mit jedem Sendeplatz am Hauptabend leben, sofern<br />

er einen guten Publikumsvorlauf bietet.<br />

»REPORT MAINZ« (SWR) /// Start: 25. 4. 1966 (als »Report Baden-Baden«) /// Montag 21.45 Uhr<br />

/// Moderator: Fritz Frey /// Redaktionsleiterin: Birgitta Weber /// MA 2009: 9,7 %<br />

scheide falsch sind. Alle bedeutenden Zeitungen<br />

<strong>und</strong> H<strong>und</strong>erte von Regionalausgaben zitierten<br />

»REPORT MAINZ«.<br />

themenauswahl Nachhaltigkeit hat einen<br />

großen Stellenwert. Das heißt: »REPORT MAINZ«<br />

bleibt an Themen dran, verfolgt deren Entwicklung<br />

kontinuierlich, um eigene Akzente zu setzen.<br />

Immer wieder im Fokus sind die Themengebiete<br />

wie Pflege, Missstände im Tierschutz <strong>und</strong> in der<br />

fleischverarbeitenden Industrie. Bei herausragenden<br />

politischen Themen prüft die Redaktion<br />

regelmäßig <strong>und</strong> mit viel Energie, ob es gelingt,<br />

einen eigenen, möglichst exklusiven Zugang zum<br />

Ereignis zu finden.<br />

konsequenzen Recherchen von »REPORT<br />

MAINZ« werden von Akteuren in Politik <strong>und</strong><br />

Wirtschaft ernst genommen, zwingen politisch<br />

Verantwortliche zum Reagieren: Die Sondierungsgespräche<br />

über eine rot-rot-grüne Koalition<br />

in Nordrhein-Westfalen etwa wären, das darf<br />

man vermuten, anders verlaufen, hätte »REPORT<br />

MAINZ« nicht über das fragwürdige Verhältnis<br />

der NRW-Linken zur DDR <strong>und</strong> Stasi berichtet.<br />

Konkrete unmittelbare Konsequenzen hatte<br />

auch unser Bericht über die Kaninchenhaltung in<br />

Deutschland: Sowohl REWE als auch tegut nahmen<br />

Kaninchenfleisch aus dem Sortiment. Die<br />

schnellste Reaktion auf einen Beitrag bekam die<br />

Redaktion, als sie über die strategische Partnerschaft<br />

des deutschen Waffenherstellers Heckler<br />

& Koch mit der umstrittenen US-Söldnerfirma<br />

charakter »REPORT MAINZ«, die Sendung mit<br />

dem Fuchs, spürt gesellschaftliche <strong>und</strong> politische<br />

Missstände auf. Das Magazin ist politisch unabhängig,<br />

investigativ <strong>und</strong> kritisch. Der Anspruch<br />

an die Beiträge lautet: Exklusivität <strong>und</strong> Relevanz.<br />

Beides ist zum Markenzeichen von »REPORT<br />

MAINZ« geworden. Im Zentrum der Arbeit steht<br />

die exklusive Recherche; ein Alleinstellungsmerkmal<br />

ist »Lisas Welt«, die Glosse am Ende der<br />

Sendung, die seit nunmehr vier Jahren aus Kinderperspektive<br />

regelmäßig die Berliner »Bühne«<br />

satirisch aufs Korn nimmt.<br />

schlagzeilen-themen 22. 3.<strong>2010</strong> / 19. 7. <strong>2010</strong>:<br />

Das größte Medienecho in diesem Jahr erreichten<br />

bislang die Enthüllungen über die Rolle von<br />

Robert Zollitsch bei der Aufdeckung von sexuellem<br />

Missbrauch in seinem ehemaligem Bistum.<br />

Die 20.00-Uhr-»Tagesschau« berichtete mehrere<br />

Male, in regionalen <strong>und</strong> überregionalen Zeitungen<br />

erscheinen an die 100 <strong>Artikel</strong>. Mehr als<br />

2 000 Onlinemedien zitierten »REPORT MAINZ«.<br />

24. 8. 2009: Auf dem Höhepunkt des B<strong>und</strong>estagswahlkampfes<br />

gab es einen Bericht über<br />

das Geburtstagsessen, das Kanzlerin Merkel<br />

auf Staatskosten für Deutsche-Bank-Chef Josef<br />

Ackermann im Kanzleramt gegeben hatte. Der<br />

Beitrag löste ein enormes Echo in Politik <strong>und</strong><br />

Medien aus <strong>und</strong> war tagelang Thema auch in der<br />

ausländischen Presse. 11. 1. <strong>2010</strong>: Eine Reportage<br />

deckte auf, dass H<strong>und</strong>ertausende Hartz-IV-Be-<br />

<strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


gativen Journalismus tätig <strong>und</strong> entsprechend<br />

vernetzt sind. Aus diesem Kreis stammen die<br />

meisten Themenideen; Vorschläge von Zuschauern<br />

werden aber häufiger im Rahmen von Recherchen<br />

aufgegriffen. Im intensiven Kontakt<br />

zwischen den Autoren <strong>und</strong> dem Chef vom Dienst<br />

sowie in der redaktionellen Abnahme werden alle<br />

Rechercheergebnisse überprüft. Wann immer<br />

möglich wird auch versucht, die Betroffenen vor<br />

der Kamera mit den Recherchen zu konfrontieren.<br />

junges publikum »Report München« will Zuschauer<br />

aller Altersschichten erreichen. In den<br />

letzten Jahren wurde allerdings ein besonderes<br />

Augenmerk auf die Bindung jüngerer Zuschauergruppen<br />

gelegt. So wurde das Themenspektrum<br />

deutlich erweitert – es werden vermehrt Themen<br />

wie die Probleme junger Familien oder aus dem<br />

Bereich Bildung behandelt. Das Thema Politik<br />

wird nicht nur in Form der klassischen Parteienberichterstattung<br />

angegangen, sondern stark<br />

auf die konkreten Auswirkungen von politischen<br />

Entscheidungen auf die Lebenswirklichkeit der<br />

Menschen bezogen (beispielsweise Mängel bei<br />

der Qualifikation von Arbeitslosen). Hier tragen<br />

wir dem gewandelten Politikverständnis gerade<br />

der jüngeren Generation Rechnung.<br />

wunsch-sendeplatz »Report München«<br />

hat sich im Laufe seiner Geschichte auf jedem<br />

Sendeplatz erfolgreich behauptet <strong>und</strong> jegliche<br />

programmliche Herausforderung angenommen<br />

– wie auch zur Zeit auf dem schwierigen Montagabend-Sendetermin.<br />

»Report München« (BR) /// Start: 5. 8. 1962 (25. 10. 1960 als »Anno«) /// Montag 21.45 Uhr<br />

/// Moderatorin: Claudia Schick /// Redaktionsleiter: Stephan Keicher /// MA 2009: 10,0 %<br />

Entwicklungen in der Banken- <strong>und</strong> Finanzbranche<br />

sowie am Arbeitsmarkt <strong>und</strong> in der Bildungspolitik<br />

langfristig begleitet.<br />

konsequenzen Schlagzeilen machte der Bericht<br />

über den Palmölskandal bei deutschen<br />

Unternehmen, den »Report München« bereits<br />

im März 2007 als erstes politisches Magazin mit<br />

konkreten Zahlen aufdeckte <strong>und</strong> so das Ausmaß<br />

der Problematik von Palmöl als so genannter<br />

»Biokraftstoff« verdeutlichte. Der Film hat Branchenexperten<br />

zufolge eine Lawine ins Rollen<br />

gebracht. Ein besonders großes Echo hatte die<br />

Berichterstattung über die CDU-Parteispendenaffäre<br />

in den Jahren 1999/2000. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

Recherchen musste der damalige CDU-Partei<strong>und</strong><br />

Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble<br />

ein weiteres Treffen mit dem Waffenhändler<br />

Schreiber <strong>und</strong> damit eine Lüge vor dem B<strong>und</strong>estag<br />

eingestehen. Wenige Tage nach der »Report<br />

München«-Sendung trat Wolfgang Schäuble<br />

von all seinen Parteiämtern zurück. Für großes<br />

Aufsehen sorgte 1984 eine Durchsuchungsaktion<br />

der B<strong>und</strong>esanwaltschaft in den Räumen der<br />

»Report München«-Redaktion. Der Auslöser: ein<br />

Film über den geheimen »B<strong>und</strong>eswehrplan 1985<br />

– 1997«. Fahnder des BKA beschlagnahmten damals<br />

die geheime Akte.<br />

quellen Die Redaktion zeichnet sich durch einen<br />

festen Stamm von Redakteuren <strong>und</strong> freien<br />

Autoren aus, die schon seit langem im investi-<br />

charakter »Report München« ist das Urgestein<br />

unter den deutschen Politmagazinen. Kernstücke<br />

der Berichterstattung sind für das inves tigative<br />

Magazin das Aufdecken von Missständen, die<br />

Frage nach der Verantwortlichkeit <strong>und</strong> die direkte<br />

Konfrontation mit den Verantwortlichen. Besonderes<br />

Augenmerk legt »Report München« auf die<br />

kontinuierliche Berichterstattung zu den Problemen<br />

der Mittelschicht <strong>und</strong> auf die Diskussion<br />

r<strong>und</strong> um das Thema Integration.<br />

schlagzeilen-themen Einen besonderen<br />

Schwerpunkt legte »Report München« 2009/<br />

<strong>2010</strong> auf die Banken- <strong>und</strong> Finanzkrise – z. B. mit<br />

Berichten über die Enthüllungen zu den Vorgängen<br />

r<strong>und</strong> um die Hypo Real Estate (HRE) <strong>und</strong> die<br />

Versäumnisse bei der Kontrolle. Die Rechercheergebnisse<br />

flossen in einen B<strong>und</strong>estagsuntersuchungsausschuss<br />

mit ein. B<strong>und</strong>esweit für Schlagzeilen<br />

sorgten auch die exklusiven Recherchen<br />

zum Thema »Uran im Trink- <strong>und</strong> Mineralwasser«,<br />

die die Diskussion um die Einführung von Grenzwerten<br />

entscheidend angestoßen haben, sowie<br />

die aufsehenerregende Dokumentation über<br />

»Die Tragödie von Solln – Wenn Zivilcourage tödlich<br />

endet«.<br />

themenauswahl »Report München« hat den<br />

Anspruch, zu aktuellen politischen Entwicklungen<br />

f<strong>und</strong>ierte Hintergr<strong>und</strong>berichte zu bieten.<br />

Dies gilt besonders für die intensive Beobachtung<br />

der Berliner Politik. Daneben werden besonders<br />

Die politischen Magazine im Ersten A R D - J A H R B U C H 1 0 35


Mediale Visitenkarte der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Die Deutsche Welle im Wandel<br />

Von Erik Bettermann<br />

Vor 50 Jahren wurde die DW als eigenständige Auslands-<br />

r<strong>und</strong>funkanstalt der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

etabliert. Davor war das 1953 gestartete Kurzwellen-<br />

programm für das Ausland Gemeinschaftseinrichtung<br />

der <strong>ARD</strong>-Mitglieder.<br />

War die DW in den Anfangsjahren vor allem »Brücke zur<br />

Heimat«, muss sie sich heute bei der medialen<br />

Außendarstellung des Landes im internationalen Wett-<br />

bewerb bewähren. Die fortschreitende Globalisierung,<br />

Digitalisierung <strong>und</strong> die Herausforderungen auf den<br />

weltweiten Medienmärkten erfordern neue Strategien.<br />

Laut Gesetz soll die DW »das Verständnis <strong>und</strong> den<br />

Austausch der Kulturen <strong>und</strong> Völker fördern«. Für Emp-<br />

fänger in Krisenregionen sowie in Ländern mit<br />

eingeschränkter Informationsfreiheit ist die DW oft<br />

einzige Quelle objektiver Nachrichten.<br />

L<br />

ange habe er Deutschland »nur mit<br />

Hitler <strong>und</strong> dem Fall der Berliner Mauer<br />

in Verbindung gebracht«, schrieb vor<br />

einiger Zeit ein junger Kenianer an die<br />

DW. Durch das Kisuaheli-Programm habe er<br />

dann viel mehr über Deutschland erfahren:<br />

dass ein deutscher Kardinal zum Papst <strong>und</strong> Angela<br />

Merkel zur ersten B<strong>und</strong>eskanzlerin gewählt<br />

worden seien. Der deutsche Auslandssender<br />

ist ein reichweitenstarkes Instrument, ein Bild<br />

unseres Landes in der Welt zu zeichnen. Der<br />

frühere B<strong>und</strong>espräsident Horst Köhler sagte bei<br />

seinem Besuch des Senders, dass Deutschland<br />

in der Welt einen Ruf als fairer <strong>und</strong> verlässlicher<br />

Partner genieße, dazu trage auch die DW bei.<br />

Und er stellte klar, Deutschland brauche »eher<br />

eine kräftigere Stimme draußen«, um seine Stärken<br />

<strong>und</strong> sein vielfältiges Engagement vermitteln<br />

zu können.<br />

_ Globale Wahrnehmung unverzichtbar<br />

Menschen in vielen Regionen der Erde schauen<br />

auf unser Land, wollen wissen, wie wir zu<br />

wichtigen internationalen Themen <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

stehen – ob Klimawandel oder<br />

Finanzkrise, Nahost-Konflikt oder dieLage in<br />

Afghanistan. Deutschland genießt als neutraler<br />

Mittler hohes Ansehen in der Welt. Das ist ein<br />

Wert, den wir nicht hoch genug veranschlagen<br />

können.<br />

Deutschland ist als Export- <strong>und</strong> Kulturnation<br />

auf globale Wahrnehmung angewiesen.<br />

Dies kann nur mit klar vermittelten Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Positionen aus deutscher Quelle gelingen.<br />

Wer sonst, wenn nicht wir selbst, sollte<br />

unser Land vertreten? Schon in Paris <strong>und</strong> Lon-<br />

36 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


don sieht man Ereignisse <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

mit anderen Augen als in Berlin. Wir müssen<br />

unsere Interessen im Wettbewerb der Nationen<br />

<strong>und</strong> Regionen ohne mediale Zwischenhändler<br />

artikulieren können.<br />

20 Jahre nach der Einheit sucht Deutschland<br />

auf manchen Feldern der internationalen Politik<br />

immer noch seine Rolle. 20 Jahre nach der<br />

Einheit muss unser Land wissen, ob es in seiner<br />

medialen Außendarstellung in der Regionalliga<br />

oder in der Champions League spielen will.<br />

Andere Nationen – die USA, Großbritannien,<br />

Frankreich, Russland <strong>und</strong> China, um nur die<br />

bedeutendsten zu nennen – haben hier bereits<br />

klar Position bezogen. China plant eine globale<br />

Medienoffensive, für die es Mittel in Milliardenhöhe<br />

bereitstellen will. »Chinas Stimme soll<br />

weltweit gehört werden«, so das für Ideologie<br />

<strong>und</strong> Medien zuständige Mitglied des Politbüros<br />

mit Blick auf die Expansion des staatlichen Senders<br />

China Central Television (CCTV). Weitere<br />

Staaten investieren in ihre mediale Außendarstellung<br />

– <strong>und</strong> verschärfen den Kampf beim<br />

weltweiten Publikum um das knappe Gut Aufmerksamkeit<br />

weiter.<br />

_ Juwel in der öffentlich-rechtlichen Senderfamilie<br />

Am 11. 6. 1953 unterzeichneten die damaligen<br />

Mitglieder der <strong>ARD</strong> den Vertrag über die Einrichtung<br />

eines gemeinschaftlichen Kurzwellenprogramms:<br />

Geburtsst<strong>und</strong>e der DW. Wenige<br />

Wochen vorher, am 3. 5., hatte sie in Köln mit<br />

einem Hörfunkprogramm in deutscher Sprache<br />

den Sendebetrieb aufgenommen. Bis 1956<br />

lag die Verantwortung für das Programm beim<br />

Nordwestdeutschen R<strong>und</strong>funk (NWDR), danach<br />

beim WDR. Für die Sendungen konnte<br />

der deutsche Auslandsr<strong>und</strong>funk auf das Gesamtangebot<br />

der Landesr<strong>und</strong>funkanstalten zurückgreifen.<br />

Die Intendanten von NWDR <strong>und</strong><br />

später WDR waren auch für die Deutsche Welle<br />

verantwortlich.<br />

Mit dem Gesetz über die Errichtung von<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten des B<strong>und</strong>esrechts vom<br />

29. 11. 1960 wurde die DW eine eigenständige<br />

R<strong>und</strong>funkanstalt. Der Auftrag der <strong>ARD</strong> an<br />

den WDR, den deutschen Auslandssender als<br />

Gemeinschaftseinrichtung zu betreiben, erlosch.<br />

Am 7. 6. 1962 trat die DW dem öffentlichrechtlichen<br />

Senderverb<strong>und</strong> als Vollmitglied<br />

wieder bei. Auf den ersten Blick ein Exot in der<br />

öffentlich-rechtlichen Familie – bei näherem<br />

Hinsehen jedoch ein besonderes Juwel.<br />

International präsente Medien konkurrieren<br />

weltweit um ihr Publikum.<br />

_ Mediales Portfolio in 30 Sprachen<br />

Die Deutsche Welle ist die mediale Visitenkarte<br />

Deutschlands in der Welt. Angebote in Hörfunk,<br />

Fernsehen <strong>und</strong> Internet in 30 Sprachen,<br />

das ist das journalistische Portfolio. Sie werden<br />

produziert von Mitarbeitern aus über 60 Nationen.<br />

Hinzu kommt die DW-Akademie, die seit<br />

fast 50 Jahren Medienschaffende aus Entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Schwellenländern fortbildet. 2009<br />

hat sie zudem den bilingualen Master-Studiengang<br />

»International Media Studies« gestartet.<br />

Der Auftrag des Senders hat sich mit dem<br />

novellierten DW-Gesetz 2005 verändert: Bis<br />

dahin stand die Vermittlung eines Deutschlandbildes<br />

im Mittelpunkt. Heute sollen die Ange-<br />

DW-Studio beim NWDR 1953<br />

Deutsche Welle im Wandel A R D - J A H R B U C H 1 0 37


ote »Deutschland als europäisch gewachsene<br />

Kulturnation <strong>und</strong> freiheitlich verfassten demokratischen<br />

Rechtsstaat verständlich machen«<br />

– <strong>und</strong> das Verständnis <strong>und</strong> den Austausch der<br />

Kulturen <strong>und</strong> Völker fördern. Dazu gehört<br />

auch, Sichtweisen aus anderen Kontinenten<br />

wiederzugeben. Zugleich soll die DW die deutsche<br />

Sprache fördern.<br />

Die DW finanziert sich im Unterschied zu<br />

den anderen öffentlich-rechtlichen Sendern aus<br />

Steuermitteln. Staatsfern organisiert, berichtet<br />

sie umfassend, wahrheitsgetreu <strong>und</strong> pluralistisch:<br />

Sie ist weder Regierungssender noch PR-<br />

Agentur Deutschlands. »Unabhängig«, »glaubwürdig«,<br />

»dialogisch« <strong>und</strong> »deutsch«, das sind<br />

ihre zentralen Markenwerte. Weltweit hat sie<br />

sich damit bei Partnern <strong>und</strong> Nutzern über Jahrzehnte<br />

hinweg großes Ansehen erworben.<br />

Die DW ist mehr als ein Sender, sie ist Kommunikationspartner.<br />

Der partnerschaftliche Ansatz<br />

bedeutet, die zunehmend aktiven Hörer,<br />

Zuschauer <strong>und</strong> Internet-Nutzer in einen Dialog<br />

einzubinden, möglichst in ihrer jeweiligen<br />

Landessprache. Die DW: ein verlässlicher <strong>und</strong><br />

vertrauenswürdiger Experte, der Orientierung<br />

bietet <strong>und</strong> damit Sicherheit gibt.<br />

_ »Informationssuchende« im Fokus<br />

Das Bild von der »Brücke zur Heimat« hat<br />

hierzulande jahrzehntelang die Wahrnehmung<br />

der DW geprägt. Die deutschsprachigen Programme<br />

in Hörfunk <strong>und</strong> später auch Fernsehen<br />

waren für Deutsche <strong>und</strong> Deutschstämmige in<br />

aller Welt oft die einzige Quelle für Aktuelles<br />

aus Deutschland. Internet <strong>und</strong> Satelliten haben<br />

dieses Informationsmonopol gebrochen.<br />

Ob »Tagesschau« oder »Der Alte« (ZDF), ob<br />

»Deutschland sucht den Superstar« (RTL) oder<br />

»Galileo« (ProSieben) – deutschsprachige Inlandsprogramme<br />

bis hin zum Lokalradio sind<br />

heute fast überall im Ausland über Internet<br />

abrufbar.<br />

Das hat die Hierarchie der Zielgruppen<br />

nachhaltig beeinflusst. Im Mittelpunkt steht<br />

heute die Vermittlung deutscher Perspektiven<br />

an ausländische Informationssuchende: jene,<br />

die sich für vielfältige Sichtweisen interessieren<br />

<strong>und</strong> sich vor allem aus Medien informieren, die<br />

durch ihre gesellschaftliche Stellung Einfluss<br />

auf die öffentliche Meinungsbildung haben. In<br />

autoritären Staaten zielen wir insbesondere auf<br />

jene, die sich aktiv für Demokratie, Freiheits-<br />

Studierende des ersten Master-Studien-<br />

gangs »International Media Studies«<br />

rechte <strong>und</strong> Fortschritt einsetzen. Für sie ist die<br />

DW eine wichtige Quelle unzensierter Information.<br />

Noch immer leben zwei Drittel der Menschheit<br />

in Staaten, die ihren Bürgern Informations-,<br />

Meinungs- <strong>und</strong> Pressefreiheit verwehren.<br />

Die Existenz von immer mehr Kanälen <strong>und</strong><br />

Ausspielwegen für Informationen wie Blogs <strong>und</strong><br />

Twitter erschwert die Kontrolle durch Regierungen<br />

<strong>und</strong> Parteidiktaturen – so im Iran, auch<br />

in China oder Kuba. Die iranische Gesellschaft<br />

ist extrem jung, mehr als jeder Zweite ist unter<br />

30 Jahren – <strong>und</strong> damit besonders aufgeschlossen<br />

für die Chancen der Neuen Medien. Die Digitalisierung<br />

hat die Möglichkeiten des Einzelnen<br />

erweitert, seine individuellen Freiheitsrechte<br />

auszuüben: Eine Chance für die Bürger, eine<br />

Bedrohung für abgeschottete politische Systeme.<br />

Sie reduzieren »ihr« Internet gleichsam<br />

auf nationale Intranets, um die Bevölkerung<br />

von unerwünschten Informationen abzuhalten.<br />

Cyberpolizisten – allein in China mehr<br />

als 50 000 – überwachen <strong>Inhalt</strong>e <strong>und</strong> verfolgen<br />

potenzielle Systemgegner, organisieren Hackerangriffe<br />

<strong>und</strong> gezielte Postings, manipulieren<br />

Webseiten. Auch Auslandssender sind Restriktionen<br />

unterworfen: gezielte Störung der Über-<br />

38 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


tragung (»Jamming«), Blockade <strong>und</strong> Zensur des<br />

Internets, Einschüchterung <strong>und</strong> Verhaftung von<br />

Korrespondenten gehören zur gängigen Praxis<br />

in unfreien Medienmärkten.<br />

Hier <strong>und</strong> in vielen anderen Ländern gibt es<br />

keine qualifizierte Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung von<br />

Journalisten <strong>und</strong> auch kaum Studiengänge für<br />

angehende Journalisten. Diese Lücke hilft die<br />

DW-Akademie zu schließen, unter anderem mit<br />

dem neuen Master-Studiengang »International<br />

Media Studies«.<br />

Im Kampf für Medienfreiheit <strong>und</strong> bei der<br />

Förderung zivilgesellschaftlicher Prozesse spielt<br />

die DW eine wichtige Rolle.<br />

Die Informationssuchenden weltweit erreichen<br />

wir in der jeweiligen Muttersprache <strong>und</strong><br />

der Lingua franca Englisch. Das vielsprachige<br />

Angebot ist zugleich eine Bedingung, das Interesse<br />

an Deutsch als Fremdsprache zu wecken.<br />

Denn nur mit unseren <strong>Inhalt</strong>en in 30 Sprachen<br />

erreichen wir auch diejenigen, die noch kein<br />

oder nur wenig Deutsch sprechen – <strong>und</strong> die wir<br />

so auch auf unser kostenloses Deutschkursangebot<br />

verweisen. Natürlich wird die DW auch<br />

weiterhin mit Sendungen in deutscher Sprache<br />

präsent sein.<br />

In unseren Angeboten zeichnen wir Deutschland<br />

so, wie es ist. Seit zwei Jahren auch mit<br />

verstärkter Unterstützung durch die <strong>ARD</strong>-<br />

Landesr<strong>und</strong>funkanstalten <strong>und</strong> das ZDF. Die<br />

Kooperation hat neue Möglichkeiten eröffnet,<br />

deutschsprachige Zuschauer besser zu bedienen,<br />

das Programmvolumen in allen Sprachen zu<br />

erhöhen <strong>und</strong> die Wiederholungsrate zu senken.<br />

Auswahlkriterien für die Übernahme einzelner<br />

Beiträge oder ganzer Sendungen: Sie müssen<br />

in das Programmprofil des Auslandsfernsehens<br />

passen, <strong>und</strong> die weltweiten Rechte müssen vorhanden<br />

sein.<br />

Die tägliche Sendung »euromaxx – Leben<br />

<strong>und</strong> Kultur in Europa« besteht zu etwa zehn<br />

Prozent aus <strong>ARD</strong>/ZDF-Beiträgen, das Globalisierungsmagazin<br />

»GLOBAL 3000« zu einem<br />

Drittel, »IM FOCUS – Dokumentationen<br />

<strong>und</strong> Reportagen« zu r<strong>und</strong> 70 Prozent. DW-TV<br />

übernimmt von den öffentlich-rechtlichen<br />

Inlandsprogrammen auch ganze Sendungen,<br />

beispielsweise »Presseclub«, »hart aber fair«,<br />

»Maybrit Illner« <strong>und</strong> »ML Mona Lisa«.<br />

_ Dynamische Medienmärkte weltweit<br />

Die deutsche Medienlandschaft hat sich in den<br />

zurückliegenden Jahren unter dem Einfluss von<br />

Globalisierung, Digitalisierung <strong>und</strong> Konvergenz<br />

erheblich verändert. Auf internationaler Ebene<br />

ist die Dynamik noch ungleich größer. Wer hier<br />

Zur Förderung zivilgesellschaftlicher<br />

Prozesse bietet die DW-Akademie Kurse für<br />

angehende Journalisten in Afghanistan.<br />

Deutsche Welle im Wandel A R D - J A H R B U C H 1 0 39


erfolgreich agieren will, muss sich inhaltlich,<br />

technisch <strong>und</strong> strukturell auf die Herausforderungen<br />

einlassen. Permanente Reform <strong>und</strong><br />

Marktanpassung, so lautet das Rezept.<br />

In fast allen Weltregionen verbessert sich die<br />

technische Infrastruktur. Spätestens Ende <strong>2010</strong><br />

wird es in China mehr Breitband-Internetanschlüsse<br />

geben als in den USA. Fast zwei Drittel<br />

der Mobilfunknutzer (4,5 Mrd Handy-Verträge<br />

weltweit) leben in Asien <strong>und</strong> Afrika. In vielen<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern zeichnen<br />

sich digitale Sprünge ab.<br />

Die fortschreitende Digitalisierung <strong>und</strong> die<br />

Etablierung neuer Empfangsplattformen führen<br />

zu radikalen Veränderungen bei der Produktion<br />

<strong>und</strong> Distribution von Medieninhalten.<br />

Neben das lineare Angebot der traditionellen<br />

Medien treten zeit- <strong>und</strong> ortsunabhängige, interaktive<br />

<strong>und</strong> auf die jeweiligen Bedürfnisse<br />

zugeschnittene <strong>Inhalt</strong>e. Zugleich entwickeln die<br />

Konsumenten von Medieninhalten neue Nutzungsmuster,<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong> Bedürfnisse.<br />

So steigt weltweit die Nachfrage nach personalisierter<br />

<strong>und</strong> zeitunabhängiger Mediennutzung,<br />

beispielsweise durch Podcasts, Video- <strong>und</strong> Audio-on-Demand-Angebote<br />

oder E-Mail-Newsletter.<br />

Insbesondere Multiplikatoren <strong>und</strong> junge,<br />

gebildete Menschen verfügen in wohlhabenden<br />

<strong>und</strong> stärker entwickelten Regionen über immer<br />

mehr multifunktionsfähige Endgeräte <strong>und</strong> über<br />

Breitbandanschlüsse, die einen qualitativ hochwertigen<br />

<strong>und</strong> zeitsouveränen Medienkonsum<br />

erlauben. Dementsprechend werden immer<br />

mehr <strong>Inhalt</strong>e über Distributionswege wie<br />

Streaming, Podcasting <strong>und</strong> Downloads auf<br />

immer mehr Plattformen (Handys, Spielekonsolen,<br />

MP3-Player, IPTV) in immer mehr Nutzungskontexten<br />

(mobil, stationär, parallel, live,<br />

on demand) abgerufen.<br />

Bislang passive Konsumenten von Informationen<br />

betätigen sich aktiv als Produzenten – sei<br />

es mit Weblogs oder Twitter, mit Audio- oder<br />

Videoangeboten im Netz. Statistisch gesehen<br />

eröffnet heute in jeder Sek<strong>und</strong>e ein neues Weblog.<br />

In unfreien Medienmärkten sind sie zum<br />

unverzichtbaren Mittel freier Meinungsäußerung<br />

geworden.<br />

Das dynamische Umfeld auf den Medienmärkten<br />

verschärft den Wettbewerb, auch für<br />

die Auslandssender. Neben die seit längerer Zeit<br />

agierenden Akteure mit ähnlichen Aufträgen<br />

oder Zielen – wie DW, BBC World Service,<br />

CNN, Voice of America oder Radio France Internationale<br />

(RFI) – treten neue internationale<br />

Anbieter in den Markt ein, zum Beispiel Al<br />

Jazeera International, France 24, Russia Today<br />

<strong>und</strong> CCTV Englisch aus Peking.<br />

_ Neuausrichtung erforderlich<br />

Deutschland verfügt über ein hoch entwickeltes<br />

Mediensystem. Viele Länder beneiden uns<br />

um seine Vielfalt <strong>und</strong> Qualität. Stärken, die<br />

Deutschland in der medialen Außenpräsenz<br />

ausspielen kann <strong>und</strong> muss. Die DW will daher<br />

künftig noch mehr als bisher mit öffentlichrechtlichen<br />

<strong>und</strong> kommerziellen Medienunternehmen<br />

kooperieren. <strong>ARD</strong>-Landesr<strong>und</strong>funkanstalten,<br />

das ZDF, das Deutschlandradio,<br />

privatwirtschaftliche Medienunternehmen <strong>und</strong><br />

Institutionen laden wir ein, mit uns gemeinsam<br />

ihren Beitrag zu leisten, die Wahrnehmung<br />

Deutschlands in der Welt zu verbessern. Verantwortung<br />

tragen alle, die ein originäres Interesse<br />

an einer starken weltweiten Medienpräsenz unseres<br />

Landes haben. Es ist im Interesse aller, die<br />

attraktiven <strong>Inhalt</strong>e, die wir hierzulande haben,<br />

40 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


esser nach draußen zu tragen. Ebenso können<br />

die B<strong>und</strong>esländer mit ihrer Kompetenz für Inlandsr<strong>und</strong>funk<br />

in diesen Prozess einbezogen<br />

werden.<br />

Wir brauchen den politischen Willen, die<br />

DW als die mediale Visitenkarte der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

in der Welt zu stärken. Ziel ist eine<br />

gemeinsame Gestaltung <strong>und</strong> politische Verantwortung<br />

des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder. Die unterschiedlichen<br />

Zuständigkeiten für Inlands- <strong>und</strong><br />

Auslandsr<strong>und</strong>funk dürfen kein Hindernis für<br />

eine erfolgreiche Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen<br />

<strong>und</strong> privaten Anbieter mit der<br />

DW bilden.<br />

Andere Länder sind weiter als Deutschland.<br />

So speist sich TV 5 aus <strong>Inhalt</strong>en öffentlich-rechtlicher<br />

Inlandssender in Frankreich, Belgien, der<br />

Schweiz <strong>und</strong> Kanada. BBC World Service <strong>und</strong><br />

das TV-Angebot BBC World News können auf<br />

das Team von BBC News zugreifen, auf die<br />

Korrespondentenbüros <strong>und</strong> auf 2 000 BBC-<br />

Journalisten weltweit. Das sind ganz andere<br />

Ressourcen, die für die Programmgestaltung zur<br />

Verfügung stehen. Frankreich hat die früher unabhängigen<br />

Sendeanstalten RFI, France 24 <strong>und</strong><br />

TV5 Monde im vergangenen Jahr unter dem<br />

Dach einer Holding zusammengeführt, der<br />

staatlichen R<strong>und</strong>funkgesellschaft »L’audiovisuel<br />

extérieur de la France«. Das erleichtert die<br />

Kooperation der beteiligten Sender. In diese<br />

Richtung müssen auch wir uns in Deutschland<br />

stärker bewegen.<br />

Mit ihrer Strategie für die Jahre <strong>2010</strong> bis<br />

2013, der gesetzlich geforderten »Aufgabenplanung«,<br />

gibt die DW die Initialzündung für eine<br />

politische Debatte in Deutschland. Über eine<br />

gemeinsame Gestaltung <strong>und</strong> politische Verantwortung<br />

des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder für die<br />

DW wurden bereits Gespräche mit den meisten<br />

Ministerpräsidenten geführt. Das Konzept ist<br />

auf sehr viel Zustimmung gestoßen. Die <strong>ARD</strong>-<br />

Intendanten haben eine Arbeitsgruppe gebildet,<br />

die sich mit diesen Fragen beschäftigt. Einbezogen<br />

in die Gespräche sind auch die Intendanten<br />

von ZDF <strong>und</strong> Deutschlandradio.<br />

In der Reihe »Gesichter Deutschlands«<br />

dokumentieren DW-Reporter, wie Menschen<br />

in Deutschland leben <strong>und</strong> arbeiten;<br />

darunter die Notfallärztin Dagmar Zillig (o.),<br />

der Almbauer Jakob Müller (M.) <strong>und</strong> die<br />

Busfahrerin Marion Thoma (u.).<br />

Deutsche Welle im Wandel A R D - J A H R B U C H 1 0 41


DW-Intendant Bettermann übergibt den<br />

Entwurf der Aufgabenplanung<br />

<strong>2010</strong> bis 2013 am 24. 3. an B<strong>und</strong>estagspräsident<br />

Norbert Lammert.<br />

_ Permanente Reform im Inneren<br />

Die politische Diskussion um die Zukunft der<br />

DW wird begleitet <strong>und</strong> unterstützt von weitreichenden<br />

Veränderungsprozessen in ihrem Inneren.<br />

In der digitalen Welt müssen <strong>Inhalt</strong>e so<br />

produziert werden, dass sie für die unterschiedlichsten<br />

Verbreitungswege eingesetzt werden<br />

können. Eine wichtige Voraussetzung für diese<br />

Anforderungen sind multimedial arbeitende<br />

Redaktionen.<br />

Schon vor zwei Jahren hat die DW begonnen,<br />

die vormals getrennten Redaktionen für<br />

Radio <strong>und</strong> Internet zusammenzuführen. Die<br />

DW ist eines der ersten deutschen Medienhäuser,<br />

das diesen zukunftsweisenden Weg geht.<br />

Die Multimedia-Redaktionen bieten maßgeschneiderte<br />

<strong>Inhalt</strong>e für die jeweilige Zielregion –<br />

Text, Bild, Audio <strong>und</strong> Video auf DW-WORLD.<br />

DE, über mobile Seiten <strong>und</strong> über zahlreiche<br />

Partner im Netz <strong>und</strong> Radio. Für die Verbreitung<br />

von Hörfunkangeboten setzt die DW auf<br />

Wege, die insbesondere die Ausstrahlung über<br />

Partner ermöglichen. Die gewählten Module<br />

müssen sowohl UKW-tauglich sein als auch on<br />

demand angeboten werden können. Darüber<br />

hinaus stellt die DW verstärkt Video-<strong>Inhalt</strong>e für<br />

die Verbreitung über Internet <strong>und</strong> mobile Plattformen<br />

zur Verfügung.<br />

Und das mit messbarem Erfolg: Im heiß umkämpften<br />

Markt in Mittel- <strong>und</strong> Südosteuropa<br />

beispielsweise steigerte die verstärkte Onlinepräsenz<br />

die Reichweite deutlich. Das serbische<br />

<strong>und</strong> das bulgarische Angebot verzeichneten im<br />

Januar <strong>2010</strong> doppelt so viele monatliche Nutzer<br />

wie im Jahr zuvor. Insgesamt stieg die Zahl der<br />

Seitenaufrufe aller Sprachen im vergangenen<br />

Jahr um 40 Prozent. Von der Kurzwelle hat sich<br />

die DW in der Region schon vor Jahren verabschiedet.<br />

Redaktionelle Kapazitäten, die früher für die<br />

Produktion einer Kurzwellensendung benötigt<br />

wurden, stehen heute zur Verfügung, um Audio-Module<br />

für reichweitenstarke UKW-Partner<br />

<strong>und</strong> On-demand-Angebote im Internet zu erstellen.<br />

Das ermöglicht es, thematisch näher am<br />

»K<strong>und</strong>en« zu sein, seine Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />

besser zu befriedigen <strong>und</strong> das Angebot<br />

über die optimalen Plattformen zu verbreiten.<br />

Für die multimedial arbeitenden Redaktionen<br />

im Bonner Funkhaus nimmt die Video-Zukunft<br />

im Netz bereits konkrete Formen an – auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von Nachrichtenfilmen von DW-TV<br />

in Berlin.<br />

Wo das Internet noch nicht flächendeckend<br />

verbreitet ist, setzt die DW auf UKW-Partner<br />

vor Ort: Die Afrikaprogramme etwa sind auf<br />

mehr als 250 Partnersendern präsent <strong>und</strong> erreichen<br />

wöchentlich r<strong>und</strong> 40 Millionen Menschen<br />

auf dem afrikanischen Kontinent. Die Angebote<br />

sind zudem als Podcast <strong>und</strong> per RSS-Feed<br />

erhältlich. Bereits heute bietet die DW »Videoon-Demand«<br />

in 22 Sprachen – ein Angebot, das<br />

laufend weiterentwickelt wird.<br />

Das vielfältige Interesse <strong>und</strong> die Sympathie,<br />

die Deutschland in vielen Regionen der Welt<br />

entgegengebracht wird, sind eine Chance für<br />

unser Land, die wir nutzen müssen. Auslandsr<strong>und</strong>funk<br />

behält seine Bedeutung – wie die Etablierung<br />

neuer international agierender Sender<br />

zeigt. Um uns herum erkennen die Staaten, wie<br />

wichtig in der globalisierten Welt der Kampf<br />

um die Informations- <strong>und</strong> Deutungshoheit<br />

ist. Die Neuausrichtung der Deutschen Welle<br />

kommt da zum richtigen Zeitpunkt.<br />

Erik Bettermann,<br />

Intendant der Deutschen Welle<br />

42 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


Das SWR-Team »Reporter <strong>und</strong> Recherche« – allen voran<br />

der Journalist Wilm Hüffer – war u. a. maßgeblich<br />

an der Aufdeckung des milliardenschweren Finanzie-<br />

rungsskandals um den Freizeitpark Nürburgring in<br />

Rheinland-Pfalz beteiligt. Sie widerlegten die Behaup-<br />

tungen der rheinland-pfälzischen Landesregierung,<br />

dass private Geldgeber zur Hälfte die Kosten des Frei-<br />

zeitparks Nürburgring tragen würden, recherchierten<br />

windigen amerikanischen <strong>und</strong> arabischen Investoren<br />

hinterher <strong>und</strong> überführten maßgeblich Beteiligte der<br />

Falschaussage. Die Ergebnisse der Recherchen koste-<br />

ten u. a. den früheren rheinland-pfälzischen<br />

Finanzminister Ingolf Deubel sein Amt <strong>und</strong> sorgten<br />

dafür, dass ein parlamentarischer Untersuchungsaus-<br />

schuss sich mit der Aufklärung befasste.<br />

Bedingungen, Arbeitsweisen <strong>und</strong> Ziele der <strong>ARD</strong>-<br />

Reporter-Pools erläutert der folgende Text.<br />

Den Finger in die W<strong>und</strong>e legen<br />

Reporter-Pools beim <strong>ARD</strong>-Radio bringen eine neue journalistische Qualität<br />

Von Bernhard Hermann <strong>und</strong> Arthur Landwehr<br />

H<br />

olger Schmidts Werkzeug ist heute<br />

ein Aktenordner. Tagelang hat er<br />

Menschen interviewt. Protokolle aus<br />

Polizeiquellen <strong>und</strong> vertrauliche Details<br />

von Informanten, die nicht genannt werden<br />

können, sind zwischen den Deckeln, ein<br />

paar Fotos, ein paar Dokumente, deren <strong>Inhalt</strong><br />

Sprengstoff sein kann. Holger Schmidt ist einer<br />

der Experten <strong>und</strong> Reporter über Terrorismus<br />

<strong>und</strong> innere Sicherheit bei der <strong>ARD</strong>, Mitglied<br />

der Redaktion »Reporter <strong>und</strong> Recherche« beim<br />

SWR in Baden-Baden. Seine Story: Ein beliebter,<br />

von seinen Patienten <strong>und</strong> Nachbarn geschätzter<br />

Arzt in Baden-Württemberg, zugleich<br />

ein gesuchter Gesprächspartner von lokalen Politikern<br />

<strong>und</strong> Kirchenvertretern, soll sein Konto<br />

einer Terrorgruppe zur Geldwäsche überlassen<br />

haben. Mindestens. Es geht um nicht weniger<br />

als den spanischen Ermittlungsbericht zum<br />

Bombenattentat von Madrid. »Können Sie das<br />

beweisen?« Ein »Das hat mir jemand gesagt«<br />

gilt hier nicht. »Wer ist Ihre Quelle? Haben Sie<br />

Unterlagen, die die Aussage belegen?« »Die<br />

Quelle müssen Sie schützen? Die Information<br />

benutzen, aber zitieren geht nicht!« Und dann:<br />

»Dieses Wort können Sie einbauen, das andere<br />

geht zu weit <strong>und</strong> ist nicht präzise abgesichert!<br />

So ist das Manuskript in Ordnung – kann gesendet<br />

werden!«<br />

_ Die Spezialisten: <strong>ARD</strong>-Reporter- <strong>und</strong> Recherche-<br />

Pools<br />

Ein typischer Dialog, wenn Journalisten auf Juristen<br />

treffen. Das genau gehört zum Arbeitsalltag<br />

der Hörfunkredaktionen in der <strong>ARD</strong>, die<br />

sich auf investigativen Journalismus spezialisiert<br />

Reporter <strong>und</strong> Recherche A R D - J A H R B U C H 1 0 43


NDR-Info-Reporter deckten zweifelhafte Milliardengeschäfte<br />

der HSH Nordbank auf:<br />

Bild Mitte: HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher<br />

wehrt alle Interviewversuche ab.<br />

Bild unten: NDR-Info-Reporter Peter Hornung<br />

(v.) <strong>und</strong> Jürgen Webermann werten die<br />

Unterlagen aus.<br />

haben. »Reporter <strong>und</strong> Recherche« beim SWR<br />

ist ein Team von vier Journalisten <strong>und</strong> einem<br />

Dokumentar sowie Spezialisten für Online-Recherche.<br />

Beim NDR in Hamburg sind es sechs<br />

feste Reporter, die als Pool seit 2005 für die exklusiven<br />

Geschichten sorgen. Sie stehen nicht<br />

unter Produktionsdruck, müssen also keine<br />

festen Sendeplätze »füllen«, sondern können<br />

sich für aufwändige <strong>und</strong> langfristige Recherchen<br />

die notwendige Zeit nehmen. Genauigkeit <strong>und</strong><br />

Qualität gehen hier vor Geschwindigkeit <strong>und</strong><br />

Redaktionsschluss. Nur so war es für den NDR<br />

möglich, die Pannen bei der HSH Nordbank<br />

aufzudecken, die geradezu für ein politisches<br />

Erdbeben in Norddeutschland gesorgt haben.<br />

NDR-Reporter brachten den Stein ins Rollen:<br />

Sie präsentierten der Öffentlichkeit Dokumente<br />

<strong>und</strong> Zeugen, die bestätigten, dass die Landesbank<br />

von Hamburg <strong>und</strong> Schleswig-Holstein<br />

fragwürdige <strong>und</strong> strafrechtlich relevante Milliardendeals<br />

zu verantworten hatte <strong>und</strong> in der<br />

Folge mit Steuermilliarden vor der Pleite gerettet<br />

werden musste.<br />

Eine Renaissance des Reporter-Journalismus<br />

im Hörfunk? Den Anschein hat es, denn in<br />

mehreren Funkhäusern der <strong>ARD</strong> werden inzwi -<br />

schen ganz bewusst solche Reporter-Redaktionen<br />

gebildet <strong>und</strong> mit den notwendigen Ressourcen<br />

ausgestattet. Beim HR ist es die »Story«-<br />

Redaktion« von hr-iNFO, die mit eigenen Recherchen<br />

<strong>und</strong> einer markanten Umsetzung das<br />

journalistische Profil der Welle stärkt. Sie hat im<br />

Sommer 2009 ihre Arbeit aufgenommen. Die<br />

Redaktion arbeitet eng mit den Programmmachern<br />

zusammen, identifiziert die Geschichten<br />

<strong>und</strong> organisiert die Recherchen. Ebenfalls Mitte<br />

2009 gründete der MDR im Landesfunkhaus<br />

Sachsen mit »PRO« eine eigene Recherche-<br />

Redaktion, nachdem man seit Jahren gute Erfahrungen<br />

im Landesfunkhaus Thüringen mit<br />

einer solchen Redaktion gemacht hatte. »PRO«<br />

steht dabei für »Planungs-, Recherche- <strong>und</strong><br />

Online-Redaktion«. Diese Redaktion ist trimedial<br />

angelegt, arbeitet an großen, mittelfristigen<br />

Themen <strong>und</strong> publiziert sie dann mit gemeinsamer<br />

medialer Kraft von Hörfunk, Fernsehen<br />

<strong>und</strong> Internet.<br />

_ Hörfunk, Fernsehen <strong>und</strong> Internet:<br />

gemeinsam sind sie stark<br />

Zusammenarbeit über die Medien hinweg ist<br />

überall eine wichtige Entwicklung. Beim NDR<br />

ist es unter anderem die enge Vernetzung mit<br />

Kollegen des NDR Fernsehens, von »Panorama«<br />

<strong>und</strong> der Online-Redaktion, beim SWR<br />

mit »REPORT MAINZ«, die den exklusiven<br />

Geschichten über die Medien hinaus Wirkung<br />

verleihen hilft.<br />

»Wühlmäuse« hat es immer gegeben unter<br />

den Radiojournalisten der <strong>ARD</strong>, Männer <strong>und</strong><br />

Frauen, die hartnäckig an einer Geschichte bleiben,<br />

bis sie all die Schichten abgetragen haben,<br />

die andere über die Fakten legen. Die sich nicht<br />

44 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


abspeisen lassen mit dem Eindruck eines gepflegten<br />

Rasens, bis sie absolut sicher sind, dass<br />

dies nicht Gras ist, das jemand über einen Skandal<br />

hat wachsen lassen. Typisch für Hörfunkjournalismus<br />

waren sie lange Zeit nicht. Radio<br />

war eher »das schnellste Medium«, weniger »das<br />

exklusive <strong>und</strong> investigative«.<br />

_ Das Radio ist ganz vorn dran<br />

In der Folge lag die Priorität des Radios lange<br />

Zeit auf seiner Geschwindigkeit <strong>und</strong> der Fähigkeit,<br />

neue Informationen, die irgendwo auf<br />

der Welt an die Oberfläche kamen, innerhalb<br />

kürzester Zeit an die Hörer weiterzugeben.<br />

Bestens ausgebildete <strong>und</strong> hoch kreative Redakteure<br />

gestalten täglich viele H<strong>und</strong>ert St<strong>und</strong>en<br />

Programm, das die Hörer verlässlich über das<br />

Geschehen in der Welt <strong>und</strong> in ihrer Region informiert.<br />

Das Radio ist ganz vorn dran, wenn es um<br />

Berichterstattung geht. Das schnellste Medium<br />

– meist schneller als das Internet, weil das<br />

gesprochene Wort dank modernster Übertragungstechnik<br />

oft schon vom Ort des Geschehens<br />

live über den Sender geht.<br />

Das Radio ganz vorn dran bei der Information,<br />

als Urheber einer Geschichte – das haben<br />

sich inzwischen die genannten Sender zum<br />

Ziel gesetzt <strong>und</strong> diese Redaktionen gegründet,<br />

deren Aufgabe es ist, Geschichten auszugraben,<br />

exklusiv <strong>und</strong> originär zu berichten oder mit<br />

einfühlsamen <strong>und</strong> akustisch reizvollen Reportagen<br />

Ereignisse sinnlich erfahrbar zu machen,<br />

mit großem Erfolg, wie die häufigen Zitate in<br />

Zeitungsartikeln <strong>und</strong> auf Online-Seiten, die auf<br />

Erkenntnisse von Hörfunkreportern der <strong>ARD</strong><br />

verweisen, eindrucksvoll belegen.<br />

_ Das Radio setzt Themen<br />

Viele Radiofeatures geben einfach einen spannenden<br />

Einblick in Facetten unserer Gesellschaft,<br />

die den meisten Hörern nicht vertraut<br />

sind. Andere graben genau die Fakten aus, die<br />

der Stoff sind, aus dem Skandale gemacht werden.<br />

Da sind die vertuschten Umweltsünden<br />

aus Profitgier, da sind Fälle von Korruption<br />

in Politik <strong>und</strong> Verwaltung; manche klein <strong>und</strong><br />

überschaubar, andere so, dass bewusst Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Leben von Menschen aufs Spiel<br />

gesetzt werden. Auch solche bringen die Radioreporter<br />

ans Licht <strong>und</strong> sorgen so dafür, dass Abhilfe<br />

geschaffen wird <strong>und</strong> Verantwortliche die<br />

Konsequenzen ziehen müssen.<br />

Finanzierungsskandal um den Freizeitpark<br />

Nürburgring: SWR-Reporter spürten betrügerische<br />

Geldgeber auf (Bild oben).<br />

Passkopie eines privaten Investors, des<br />

Amerikaners Pierre Sloan Dupont,<br />

den SWR-Reporter als international bekannten<br />

Finanzbetrüger namens James Rice<br />

enttarnten (Bild Mitte).<br />

SWR-Reporter Erwin Kohla, Kai Laufen, Wilm<br />

Hüffer <strong>und</strong> Stefan Giese (Bild unten, v. l.)<br />

»Darauf sind wir stolz«, sagt Joachim Knuth,<br />

Programmdirektor Hörfunk des NDR, der<br />

den Reporter-Pool von NDR Info 2005 als damaliger<br />

Chefredakteur initiiert hatte. »Immer<br />

häufiger sind es unsere Reporter, die die Themen<br />

setzen, über die die Republik diskutiert.«<br />

Beispiele dafür gibt es inzwischen viele: Der<br />

Reporter <strong>und</strong> Recherche A R D - J A H R B U C H 1 0 45


HR z. B. hat sehr genau die Pandemiepläne der<br />

Behörden in Hessen analysiert <strong>und</strong> veröffentlicht.<br />

Und passend zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft<br />

brachten hr-iNFO-Reporter Fakten<br />

<strong>und</strong> Hintergründe zum »Big Business Fußball«;<br />

erschreckend auch das Ergebnis einer Recherche<br />

beim SWR, in der nachgewiesen wurde, dass<br />

minderwertiger Stahl aus Asien in Leitplanken<br />

an deutschen Autobahnen verarbeitet wurde.<br />

Das Material ist spröde <strong>und</strong> hat wahrscheinlich<br />

schon zu tödlichen Unfällen geführt. Nur an<br />

welchen Straßen diese Leitplanken als tödliche<br />

Falle stehen, weiß niemand mehr. Und der<br />

NDR schließlich konnte nachweisen, dass H<strong>und</strong>erttausende<br />

Puten gekeult wurden, obwohl<br />

sie keine Vogelgrippen-Gefahr darstellten. Das<br />

Geld aus der Seuchenkasse war schnell verdient.<br />

_ Overnewsed but <strong>und</strong>erinformed?<br />

Redaktionen für spezielle Recherche <strong>und</strong> investigativen<br />

Journalismus sind in der <strong>ARD</strong><br />

aber weit mehr als eine Augenblicksidee. Diese<br />

Redaktionen sind Teil einer wichtigen Anstrengung<br />

des öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funks, den<br />

Journalismus zu stärken. Zuverlässige <strong>und</strong> verlässliche<br />

Information ist nämlich ein wertvolles<br />

Gut, das immer seltener wird. Angesichts der<br />

weltumspannenden, immer <strong>und</strong> überall verfügbaren<br />

Nachrichten im Internet mag dies im<br />

ersten Augenblick als widersprüchlich erscheinen.<br />

Information bieten über das Netz nicht<br />

nur Zeitungen, R<strong>und</strong>funk- <strong>und</strong> Fernsehsender<br />

oder spezielle Magazine. Jede Information ist<br />

aus Tausenden Quellen abrufbar, in Blogs, Foren,<br />

in sozialen Netzwerken wie Facebook oder<br />

frei Handy <strong>und</strong> Internet, geliefert über Twitter<br />

<strong>und</strong> andere Organisationen. Abonnierte Feeds<br />

liefern wenige Augenblicke nach dem Ereignis<br />

die passende Meldung. Die klassischen Medien<br />

sind ebenfalls voll mit Informationen, drucken<br />

<strong>und</strong> senden, was Journalisten schreiben. Selbst<br />

kleinste kommerzielle Hörfunksender liefern<br />

pünktlich Nachrichten <strong>und</strong> geben sich als Tor<br />

zum Wissen um das Geschehen in der Welt<br />

<strong>und</strong> in der Region. Auf der anderen Seite klagen<br />

die Zeitungen, dass ihre Meldungen <strong>und</strong><br />

Geschichten nicht mehr gefragt sind. Auflagen<br />

gehen zurück, weil die früheren K<strong>und</strong>en sich<br />

ihr Informationspaket selbst schnüren <strong>und</strong> auf<br />

Geschmack, Interessen <strong>und</strong> Zeitbudget hin<br />

m<strong>und</strong>gerecht zuschneiden. Ein Überangebot,<br />

<strong>und</strong> da setzt die <strong>ARD</strong> noch eins drauf?<br />

Ein Überangebot ist es nur scheinbar, was<br />

sich leicht mit einem einfachen Experiment<br />

feststellen lässt: mithilfe der alles könnenden<br />

Suchmaschine Google Meldungen zu einem<br />

Ereignis suchen <strong>und</strong> dann die unterschiedlichen<br />

Quellen vergleichen. Die wahrscheinliche Erkenntnis<br />

ist, dass selbst bei Quellen, die man<br />

nie miteinander in Verbindung bringen würde,<br />

die Meldungen absolut identisch sind. Die<br />

Ursache dafür ist einfach: Meist bedienen sich<br />

die Nachrichtenanbieter im Netz aus ein <strong>und</strong><br />

derselben Quelle, sehr häufig eine Agenturmeldung<br />

oder ein Zeitungsartikel, der irgendwo im<br />

Netz auftauchte. Wer weiterforscht, stellt fest,<br />

dass der Wahrheitsgehalt einer solchen Meldung<br />

in der Regel nicht überprüft wurde. Bei<br />

vielen Nachrichtenanbietern im Netz haben<br />

nicht einmal Journalisten diese Meldung gelesen,<br />

geschweige denn überprüft <strong>und</strong> redigiert.<br />

Maschinen haben sie ins Netz geholt. Crawler-<br />

Programme, die den ganzen Tag das Netz nach<br />

Nachrichten durchforsten, sind dort die Redak-<br />

46 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


teure, häufig die einzigen. Die Anbieter haben<br />

in diesem Fall entschieden, dass Maschinen<br />

auswählen, was gemeldet wird, <strong>und</strong> richten sich<br />

dabei nach einem Wahrscheinlichkeitsalgorithmus,<br />

der Gesprächswert <strong>und</strong> Interesse danach<br />

beurteilt, wann <strong>und</strong> woher die Meldung kam<br />

<strong>und</strong> wie oft sie schon im Netz dupliziert wurde.<br />

_ Unerlässliche Recherche<br />

Es gibt ein traurig-berühmt gewordenes Beispiel<br />

dafür, welche Folgen das haben kann: Im Jahr<br />

2008 meldete die Nachrichtenseite von Google<br />

an einem Sonntag, die Fluggesellschaft United<br />

Airlines habe Konkurs angemeldet. Diese Meldung<br />

wurde von anderen Medien übernommen,<br />

unter anderem von einem Börsen-Informationsdienst.<br />

Die Wallstreet reagierte bereits<br />

am frühen Montagmorgen <strong>und</strong> schickte die<br />

United-Aktie in den Keller. Das Problem: Die<br />

Meldung war sechs Jahre alt <strong>und</strong> United längst<br />

aus der Krise. Ursache war ein Zeitungsartikel,<br />

der aus dem Archiv versehentlich mit aktuellem<br />

Datum verbreitet worden war. Nachgedruckt<br />

haben mehrere, nicht einer hat überprüft, recherchiert.<br />

Zu wenig Zeit, keine Kapazität – das<br />

sind die Erklärungen.<br />

Journalistische Information ist nicht nur ein<br />

wertvolles, sondern auch ein teures Gut. Guter<br />

Journalismus verlangt gut ausgebildete Journalisten,<br />

die ihr Handwerk verstehen <strong>und</strong> die<br />

ausreichend Zeit <strong>und</strong> Ressourcen haben, ihre<br />

Arbeit zu leisten. Es kommt ja nicht von ungefähr,<br />

dass beispielsweise der private Fernsehsender<br />

Sat.1 seine Nachrichtenangebote drastisch<br />

reduziert hat. Eine gute Nachrichtenredaktion<br />

benötigt eine hohe Investition, während mit<br />

Nachrichten nur schwer Geld zu verdienen ist.<br />

Andere suchen ihr Heil in einer neuen Definition<br />

dessen, was wichtige Informationen sind,<br />

<strong>und</strong> stellen den Boulevard in den Mittelpunkt<br />

ihrer Berichterstattung.<br />

hr-iNFO machte die Krisenszenarien<br />

der hessischen Landesregierung für den<br />

Fall einer Pandemie publik: Oliver<br />

Günther (l.) im Gespräch mit Christoph<br />

Unger, Präsident des B<strong>und</strong>esamtes<br />

für Bevölkerungsschutz <strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

_ Die besondere Verantwortung des öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks<br />

Diese Entwicklung, dass Informationen zwar<br />

zugänglich sind, ihre Vervielfachung es aber<br />

unmöglich macht, klar zu erkennen, was wahr<br />

<strong>und</strong> was bewusst oder unbewusst manipuliert<br />

ist, gibt dem öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funk<br />

eine besondere Verantwortung. Diese liegt<br />

schon, unter veränderten Vorzeichen, dem<br />

ursprünglichen Auftrag zugr<strong>und</strong>e. Denn frei<br />

zugängliche, für jeden verfügbare <strong>und</strong> verlässliche<br />

Information ist eine der entscheidenden<br />

Säulen einer funktionierenden Demokratie.<br />

Dies ist der Gr<strong>und</strong> dafür, dass die Alliierten bei<br />

der Gründung der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

vor mehr als 60 Jahren so großen Wert darauf<br />

gelegt haben, unabhängigen Journalismus zu<br />

ermöglichen, zu verankern <strong>und</strong> zu sichern. Die<br />

Gründung der öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funkanstalten<br />

spielte in dieser Strategie zur<br />

Demokratisierung der deutschen Bevölkerung<br />

eine ganz wesentliche Rolle. Neben einem weit<br />

gefassten <strong>und</strong> unzensierten Kulturangebot, das<br />

den Menschen wieder zur Verfügung stand, war<br />

es vor allem die unabhängige, an der Wahrheit<br />

<strong>und</strong> den Bedürfnissen der Menschen orientierte<br />

journalistische Information, die die Basis für<br />

eine neue, stabile Gesellschaft legte.<br />

An diesem vor sechs Jahrzehnten gelegten<br />

F<strong>und</strong>ament hat sich im zweiten Jahrzehnt des<br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts ebenso wenig etwas geändert<br />

wie an den Aufgaben. Sehr wohl geändert haben<br />

sich die Kanäle, über die die Menschen<br />

heute die Information bekommen, auf deren<br />

Basis sie wichtige Entscheidungen treffen, die<br />

ihr persönliches Alltagsleben ebenso tangieren<br />

wie große politische Weichenstellungen, die<br />

unsere Gesellschaft lenken. Dafür benötigen<br />

sie Informationen, auf die sie sich verlassen<br />

können, weil sie von unabhängigen <strong>und</strong> professionell<br />

arbeitenden Journalisten recherchiert<br />

<strong>und</strong> aufbereitet wurden. Diese Notwendigkeit<br />

ist umso stärker, weil die Vervielfachung der<br />

Ausspielwege <strong>und</strong> die Informationsüberflutung<br />

durch das Internet für Verunsicherung sorgen.<br />

Reporter <strong>und</strong> Recherche A R D - J A H R B U C H 1 0 47


Mit der geschilderten quantitativen Vergrößerung<br />

des Angebots ist gleichzeitig die Qualität<br />

massiv gesunken.<br />

Diese Entwicklung verlangt von den öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten in doppel ter<br />

Weise eine besondere Verantwortung, die der<br />

ihrer Gründerzeit in nichts nachsteht. Allerdings<br />

hat sich der Schwerpunkt dieser Verantwortung<br />

verschoben. Während es nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg notwendig war, überhaupt<br />

erst einmal Information zur Verfügung zu<br />

stellen, ist die Rolle heute in erster Linie, den<br />

Menschen Sicherheit durch Zuverlässigkeit bei<br />

der Auswahl <strong>und</strong> Aufbereitung der Information<br />

zu geben. Dies gilt für Hörfunk, Fernsehen <strong>und</strong><br />

Internet gleichermaßen. Für einige Jahre, als<br />

Internet <strong>und</strong> kommerzielle Nachrichtenkanäle<br />

das »globale Dorf« der Informationsgesellschaft<br />

kreierten, schien es, als komme es vor allem darauf<br />

an, zu sichten, zu überprüfen, zu organisieren,<br />

das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen<br />

<strong>und</strong> ein zuverlässiges <strong>und</strong> verlässliches Informationsangebot<br />

zu komponieren. Die Information<br />

selbst stand ja zur Verfügung. Dies hat der Hörfunk<br />

der <strong>ARD</strong> in hervorragender Weise erfüllt.<br />

_ Informationshäppchen der Öffentlichkeitsarbeiter<br />

. . .<br />

Jetzt, einige Jahre später, stellt sich die Lage anders<br />

dar. Die Überfülle ist geblieben, der echte<br />

Gehalt geht dramatisch zurück. Vor allem die<br />

Legionen von Öffentlichkeitsarbeitern in Politik<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft haben die Hoheit über viele<br />

Themen erobert. Viel Geld ist hier investiert<br />

worden, genau wissend, dass gut aufbereitete<br />

<strong>und</strong> leicht zu verarbeitende Informationshappen<br />

gern genommen <strong>und</strong> verbreitet werden.<br />

Das erleichtert überlasteten Redaktionen die<br />

Arbeit, macht es oft erst möglich, Zeitungen,<br />

Sendungen oder Onlineseiten zu füllen. Inzwischen<br />

lassen Unternehmen fertige Hörfunkbeiträge<br />

oder Reportagen produzieren, die kostenlos<br />

zur Verfügung stehen, im Vertrauen darauf,<br />

dass sie gesendet werden, weil in Redaktionen<br />

kein Geld für gründlichen <strong>und</strong> eigenständigen<br />

Journalismus vorhanden ist. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

lassen sich Missstände von den Beteiligten<br />

gut vertuschen.<br />

_ . . . contra Analyse <strong>und</strong> Hintergr<strong>und</strong><br />

Die Wahrheit ans Licht zu holen, Missstände<br />

aufzudecken, mit Zeit <strong>und</strong> Ressourcen zu<br />

hinterfragen, ob eigentlich stimmt, was Pressemitteilungen<br />

verkünden, das gehört zu den<br />

wichtigen Aufgaben des Journalismus. Journalismus<br />

als Vierte Gewalt im Staat kann nur dann<br />

diese Aufgabe ausfüllen, wenn er sich selbst die<br />

Aufgabe stellt, zu überprüfen, was in Politik,<br />

Wirtschaft oder Behörden als Fakten präsentiert<br />

wird. Die Aufgabe ist, Widersprüche <strong>und</strong> Unstimmigkeiten<br />

aufzudecken <strong>und</strong> die Interessen<br />

hinter dem Handeln zu analysieren <strong>und</strong> transparent<br />

zu machen.<br />

Und so waren <strong>und</strong> sind die Reporter des<br />

Hörfunks aktiv. Neben der HSH-Nordbank-<br />

Recherche des NDR gehörten sicher der Handel<br />

mit B<strong>und</strong>eswehrpistolen in Afghanistan,<br />

Datenlecks beim Finanzdienstleister AWD oder<br />

die unerlaubte Videoüberwachung in einer Drogeriekette<br />

zu den spektakulärsten Geschichten.<br />

Dass »Tagesschau« <strong>und</strong> »Tagesthemen« oder<br />

Printmedien wie die »Süddeutsche Zeitung« ein<br />

Hörfunkprogramm wie NDR Info mit Exklusivstorys<br />

zitieren, war früher fast ausgeschlossen.<br />

Genauso freut man sich beim SWR über<br />

Presseartikel, die ihre Berichterstattung über die<br />

skandalöse Finanzierung des Nürburgring-Freizeitparks<br />

mit Zitaten aus dem SWR belegen. Im<br />

Sommer war es eine erschütternde Reportage<br />

über den Handel mit Fußballtalenten aus afrikanischen<br />

Staaten in Europa, die für Aufsehen<br />

sorgte.<br />

Bei den Hörern jedenfalls scheinen diese<br />

Exklusiv-Berichte gut anzukommen, denn<br />

meist gibt es sehr viel Resonanz. Inzwischen ist<br />

es auch so, dass Menschen die Reporter als Gesprächspartner<br />

suchen, wenn ihnen etwas unter<br />

den Nägeln brennt. Die Landesr<strong>und</strong>funkanstalten<br />

haben aus dem nachhaltigen Erfolg die<br />

Konsequenz gezogen, u. a. mit dem <strong>ARD</strong> Radiofeature<br />

regelmäßig investigative Reportagen<br />

zu senden. Diese kommen abwechselnd von<br />

jeweils einem Sender <strong>und</strong> stehen allen anderen<br />

<strong>und</strong> damit dem Publikum in ganz Deutschland<br />

zur Verfügung.<br />

48 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Bernhard Hermann, Hörfunkdirektor beim<br />

SWR <strong>und</strong> Vorsitzender<br />

der <strong>ARD</strong>-Hörfunk-Kommission<br />

Arthur Landwehr,<br />

Chefredakteur Hörfunk des SWR


Das allmähliche Verschwinden des Buches aus der<br />

Gesellschaft wird – <strong>und</strong> das nicht erst mit der wachsen-<br />

den Bedeutung der elektronischen Medien – immer<br />

G RA S HA LM E<br />

wieder prognostiziert. Dass Kulturpessimismus fehl am<br />

Dies hier im Gras<br />

Platz ist, zeigen nicht zuletzt immer wieder neue Gene-<br />

ist die Antenne<br />

rationen von begabten Nachwuchsautoren <strong>und</strong> leiden-<br />

meines Kofferradios<br />

schaftlichen Lesefans jeden Alters. Beide Gruppierungen<br />

<strong>und</strong> das dort<br />

bedient das Radio in idealer Weise, neben den Kultur-<br />

über der Saar<br />

wellen immer mehr auch die Jugendradios der <strong>ARD</strong>. on3-<br />

sind Angelruten,<br />

radio (BR) z. B. tourt in jedem Herbst mit seinen »Lese-<br />

ausgefahrene Grashalme<br />

reihen« quer durch Bayern <strong>und</strong> stellt Nachwuchsautoren<br />

neben der Lenkstange<br />

auf den Clubbühnen verschiedener Städte vor. »N-JOY<br />

meines abgestellten Mopeds.<br />

liest« heißt eine andere Aktion, in der das NDR-Jugend-<br />

Ich höre Nachrichten.<br />

radio ein Buch gemeinsam mit seinen Hörern im Radio<br />

Wallraff ist frei,<br />

liest. Oder die »1LIVE Plan B Shortstory«: Einmal im Mo-<br />

die griechische Junta<br />

nat vertont das junge WDR-Radio für sein Publikum eine<br />

ist entmachtet.<br />

Short Story, die Königsdisziplin aller Autoren.<br />

(Radiogedicht von Arnfrid Astel, 1978)<br />

. . . auch jenseits ausgetretener Pfade<br />

Literatur im Radio<br />

Von Frank Johannsen<br />

L<br />

iebe geht durch den Magen, heißt es.<br />

Ob solch altbackene Küchen-Weisheit<br />

in Zeiten der Generation Fastfood überhaupt<br />

noch belastbar ist? In der Welt<br />

der Literatur jedenfalls spielten süffig beschriebene<br />

Schmaus-<strong>und</strong>-Braus-Erlebnisse seit je eine<br />

wichtige <strong>und</strong> bisweilen auch erotisch aufgeladene<br />

Rolle.<br />

Nicht nur im hanseatisch feinen Universum<br />

der Lübecker Familie Buddenbrook wurde zum<br />

Lobpreis der großbürgerlichen Tafelkultur immer<br />

wieder gern gediegen aufgetischt. Vom<br />

kolossalen, wegen hemmungsloser Nitrat-Zufuhr<br />

ziegelrot prangenden Schinken mit brauner,<br />

säuerlicher Schalottensauce bis zum in Kris tallschüsseln<br />

servierten Gemisch aus Makronen,<br />

Himbeeren, Biskuits <strong>und</strong> Eiercreme, dem<br />

»Plettenpudding«. »Ja«, schrieb Thomas Mann,<br />

»man konnte eines nahrhaften Bissens gewärtig<br />

sein bei Buddenbrooks . . .«<br />

_ Literatur <strong>und</strong> Kulinarik: ein Genuss<br />

Kaum ein Roman kam <strong>und</strong> kommt ohne Küche,<br />

Tafel <strong>und</strong> Kochgeschirr aus. Kein Autor<br />

schickt seine Helden gern mit leerem Magen<br />

durch den Plot. Und Studien belegen, dass leidenschaftliche<br />

Leser auch gern gut essen.<br />

Die Literatur-Redaktion von Radio Bremen<br />

wagte deshalb ein Experiment. Man sei neugierig<br />

gewesen, berichtet Kulturchefin Lore<br />

Kleinert, ob es wohl klappen könnte, über<br />

Küche, Kulinarik <strong>und</strong> Lebensstil neue Leserschichten<br />

zu erreichen.<br />

Zum »Abend in der Küche« versammelten<br />

sich im Dezember 2009 die Autoren Lea Singer,<br />

Jan Weiler <strong>und</strong> Christoph Peters um den Herd<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0 49


in der Lehrküche der Bremer Volkshochschule.<br />

Ein Spitzenkoch war auch dabei. Es wurde<br />

gelesen, geredet, gekocht <strong>und</strong> gekostet. Die<br />

Sendung wurde nicht nur live im Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR) übertragen, sondern<br />

auch im Internet, wo die Autoren <strong>und</strong> »Küchengott«<br />

Sebastian Dickhaut eigens ein Forum<br />

für diese neue Sendeart einrichteten. Mit Erfolg.<br />

Fortsetzung folgt: Die kalorienreiche Veranstaltung<br />

soll künftig dauerhaft auf der Speisekarte<br />

des Programms stehen.<br />

_ Literatur <strong>und</strong> Reisen: eine lange Tradition<br />

Wie das Essen zählt das Reisen zu den beständigen<br />

Motiven der Literatur: Goethe unterwegs<br />

ins Land, wo die Zitronen blühen, Johann<br />

Gottfried Seumes »Spaziergang nach Syrakus<br />

im Jahre 1802«, Jack Kerouacs »On the Road«<br />

auf der Landkarte der amerikanischen Beatnik-<br />

Kultur, Sten Nadolny mit der »Netzkarte« auf<br />

Zufallsreise durchs Schienenreich der B<strong>und</strong>esbahn<br />

oder Pascal Mercier im »Nachtzug nach<br />

Lissabon«. Schriftsteller sind gern »einfach mal<br />

weg« <strong>und</strong> unterwegs zu Abenteuern <strong>und</strong> neuen<br />

(Selbst-)Erfahrungen. Die Leser folgen ihnen<br />

<strong>und</strong> ihren Helden nur allzu bereitwillig auf den<br />

Streifzügen <strong>und</strong> kleinen Fluchten.<br />

Auf realen Reisewegen von da nach dort<br />

vermittelt der HR Literatur auf Hochgeschwindigkeits-Trassen.<br />

Bei 200 St<strong>und</strong>enkilometern<br />

sind wohlgesetzte Worte der Dichter bestens<br />

geeignet, nervige Handy-Belanglosigkeiten des<br />

Sitznachbarn unterhaltsam auszublenden <strong>und</strong><br />

bei Verspätungen vom wieder mal verpassten<br />

Anschluss tröstlich abzulenken. Gemeinsam<br />

mit der Deutschen Bahn <strong>und</strong> dem »Hörverlag«<br />

bietet hr2-kultur bereits seit 2001 auf Kanal 4<br />

für Reisende im ICE mit Kurzerzählungen aus<br />

allen literarischen Epochen <strong>und</strong> Genres nahrhaften<br />

Literatur-Proviant. Im März <strong>2010</strong> war<br />

bereits die 100. Staffel zu hören, mit Liebesgeschichten<br />

von Hermann Hesse.<br />

_ Literatur als Stützpfeiler der <strong>ARD</strong>-Kulturradios<br />

Ob auf sommerlicher Saar-Kreuzfahrt mit dem<br />

»SR 2-Krimischiff« oder im Rahmen der »lit.<br />

COLOGNE« beim »WDR 5-Literaturmarathon«<br />

als 24-stündiges Literatur-Happening mit 100<br />

Texten zu thematischen Schwerpunkten, ob<br />

beim »1LIVE Klubbing« Lesungen <strong>und</strong> DJ-Sets<br />

im rasanten Wechsel präsentiert werden, der<br />

HR zur Frankfurter Buchmesse die alljährliche<br />

Gala der »<strong>ARD</strong>-Radionacht der Bücher« veranstaltet<br />

oder literarischer Talk in der Kölner Bar<br />

»Zum scheuen Reh« angesagt ist: Auf welchen<br />

angestammten oder außergewöhnlichen Hör-<br />

Wegen auch immer sie vermittelt wird – die<br />

Literatur zählt zweifellos zum Kern-Repertoire<br />

der öffentlich-rechtlichen Kulturprogramme.<br />

Im RBB-Kulturradio findet Literatur im<br />

Gr<strong>und</strong>e »zu jeder Tages- <strong>und</strong> Nachtzeit statt«,<br />

sagt Wortchefin Claudia Ingenhoven, zum Beispiel<br />

in der werktäglichen Reihe »Lesestoff« mit<br />

Live-Rezensionen von Belletristik, Sach- <strong>und</strong><br />

50 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

. . . Aus Sicht des Menschen kann man Zukunft als die<br />

Summe aller Möglichkeiten beschreiben, die sich innerhalb<br />

einer Lebensspanne theoretisch realisieren<br />

könnten, also als unüberschaubare, vielleicht sogar<br />

unendlich große Menge von potenziellen Lebenswegen.<br />

Allein das ist schon gruselig: ein riesiges Möglichkeitenmonster.<br />

Die Zukunft schwarzsehen heißt,<br />

den größten Teil dieser möglichen Lebensverläufe als<br />

scheiternd zu betrachten. Damit gleicht die Zukunft<br />

einem Labyrinth aus Sackgassen, Irrwegen, Stolperfallen<br />

<strong>und</strong> anderen Gefahren, während nur wenige,<br />

schwer zu findende Wege einigermaßen heil durch<br />

den Schlamassel führen.<br />

Für den Einzelnen, der es mit einer solchen Zukunft<br />

aufnehmen will, folgt daraus: Jeder Schritt kann<br />

ein Fehler sein. Jede Entscheidung gewinnt existenzielle<br />

Bedeutung – wenn sie sich als falsch erweist,<br />

führt sie den Menschen in die Irre, er geht verloren<br />

<strong>und</strong> findet nicht mehr oder nur noch mit großer Anstrengung<br />

auf den richtigen Pfad zurück.<br />

Also, liebe Abiturienten, immer schön alles richtig<br />

machen! Aufpassen! Abwägen! Vernünftig sein! Ich<br />

hoffe, Sie haben sich bei der Wahl Ihrer Leistungskurse<br />

überlegt, ob der Studiengang, den Sie anstreben,<br />

an einen Numerus Clausus geb<strong>und</strong>en ist. Sehen<br />

Am 29. 6. <strong>2010</strong> hielt die Autorin <strong>und</strong> Juristin<br />

Juli Zeh eine Rede zum Thema »Das<br />

Mögliche <strong>und</strong> die Möglichkeiten« an die<br />

Abiturienten des Saarlands. 1999 rief<br />

u. a. der SR die »Abiturreden« in der Tradition<br />

der Schul reden ins Leben. Seither<br />

wendet sich jährlich ein Schriftsteller in<br />

einer öffentlichen Veranstaltung an die<br />

saarländischen Abiturienten.


Sie zu, dass Sie so schnell wie möglich mit Ihrer Ausbildung<br />

beginnen. Keine Zeit verschwenden! Keine<br />

Umwege! Überlegen Sie sich gut, welchen Beruf<br />

Sie ergreifen wollen, denken Sie antizyklisch, beziehen<br />

Sie Wirtschaftsp rognosen, Klimaentwicklung<br />

<strong>und</strong> Weltpolitik in Ihre Entscheidung ein. Falls Sie<br />

studieren, bloß nicht bummeln! Sie müssen schnell<br />

fertig werden, am besten schneller als alle anderen.<br />

Trotzdem sollten Sie mindestens zwei Fremdsprachen<br />

lernen, mindestens ein Semest er im Ausland verbringen,<br />

<strong>und</strong> vergessen Sie nicht, Praxiserfahrungen zu<br />

sammeln, die sind das A <strong>und</strong> O! Gehen Sie jobben,<br />

machen Sie Praktika <strong>und</strong> Volontariate. Beweisen Sie<br />

auch Ihre soziale Ader. Ehrenamtliche Betätigung <strong>und</strong><br />

soziales Engagement machen sich gut im Lebenslauf.<br />

Und bitte schön kein Fachidiot werden; Sie müssen<br />

vielseitig <strong>und</strong> flexibel sein; immerhin leben wir in einer<br />

Kommunikationsgesellschaft.<br />

Wenn Sie nach Ihren Hobbys gefragt werden,<br />

antworten Sie bitte nicht »Musik hören <strong>und</strong> Kino«.<br />

Da muss schon was Spezielleres dabei sein, Modellbau<br />

oder Schach oder Saxophon, aber auch nicht zu speziell,<br />

nicht so was Introvertiertes wie Fische züchten<br />

oder Radiergummis sammeln. Halten Sie sich schlank.<br />

Fettleibigkeit könnte als Zeichen von Dummheit<br />

oder fehlender Disziplin gedeutet werden. . . .<br />

Kinderbüchern. In der internen Themenstatistik<br />

rangiert Literatur denn auch regelmäßig an erster<br />

oder zweiter Stelle. »Wohl an die 1 000 Bücher<br />

pro Jahr« werden in den unterschiedlichen<br />

Formaten des Programms von NDR Kultur thematisiert,<br />

schätzt Literaturchef Stephan Lohr.<br />

»Bayern 2 hat seine Literaturformate in den<br />

vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt«,<br />

betont Kulturchef Dieter Heß. Aufbauend<br />

auf einem breiten <strong>und</strong> hochrangigen Repertoire<br />

aus 60 Jahren Radiokultur verfolge man<br />

die Strategie, vielfältigste literarische Formen<br />

<strong>und</strong> Farben aus früherer <strong>und</strong> heutiger Zeit, aus<br />

aller Herren Länder sowie natürlich aus Bayern<br />

in sorgfältiger Auswahl zu präsentieren. Aktualität<br />

wie etwa Anfang <strong>2010</strong> bei einem Schwerpunkt<br />

zu Haiti, das unter den Folgen eines<br />

verheerenden Erdbebens leidet, spiele dabei<br />

ebenso eine Rolle wie die Lust auf Wiederentdeckung<br />

beinahe vergessener Autoren.<br />

Radio <strong>und</strong> Literatur – das gehört für Karl<br />

Karst zusammen wie Hören <strong>und</strong> Sprechen.<br />

Schließlich sei ja Literatur in ihrem Ursprung<br />

gesprochenes Wort, sagt der Programmchef<br />

der Kulturwelle WDR 3: »lebendig erzählte Geschichte«.<br />

_ Literatur für alle<br />

Der heiß umkämpfte Markt der Bücher ist<br />

kaum mehr zu überschauen. Als kulturellen<br />

Service helfen deshalb auch die populären Hörfunkwellen<br />

der Landesr<strong>und</strong>funkanstalten bei<br />

der Orientierung. In Sendungen wie »Abendrot«<br />

(SR 1 Europawelle) oder »1LIVE Plan B«<br />

(1LIVE/WDR) werden Bücher bewertet, Bestseller-Erfolge<br />

hinterfragt, Hörbuch-Tipps <strong>und</strong><br />

Empfehlungen zum Literaturangebot für Kinder<br />

gegeben.<br />

_ Redakteure als Scouts in der literarischen<br />

Landschaft<br />

Die eigentliche Domäne für die kritische Begleitung,<br />

aber auch für die Förderung der Lesekultur<br />

<strong>und</strong> der Literatur sind natürlich nach<br />

wie vor die Informations- <strong>und</strong> Kulturwellen der<br />

<strong>ARD</strong> <strong>und</strong> die Angebote von Deutschlandfunk<br />

<strong>und</strong> Deutschlandradio Kultur. Die Kulturradios<br />

bieten reichlich Sendeplätze für Kritik, für<br />

Schriftsteller-Porträts, für Gespräche mit Autoren<br />

<strong>und</strong> Rezensenten, für die Auseinandersetzung<br />

mit einem literarischen Werk oder einer<br />

ganzen Epoche.<br />

Die Literaturredakteure sind erfahrene<br />

Scouts im Labyrinth der Neuerscheinungen<br />

<strong>und</strong> im Stimmengewirr der Event-Kultur, <strong>und</strong><br />

sie vermessen mit Sorgfalt, Umsicht <strong>und</strong> mit<br />

dem Blick für das Besondere die literarischen<br />

Landschaften auch abseits der Pfade wohlfeiler<br />

Mainstream-Erfolgsgeschichten.<br />

Sie geben Einblicke in die Gedankenwelt<br />

von Schriftstellern <strong>und</strong> Anregungen für literarische<br />

Entdeckungen, <strong>und</strong> sie gewährleisten<br />

kompetente Orientierungshilfe zur Bewertung<br />

neuer Trends. An jedem ersten Dienstag im<br />

Monat stellt die SWR2-Literatur-Redaktion die<br />

aktuelle »SWR-Bestenliste« vor: »Vier Kritiker<br />

diskutieren, welche Neuerscheinungen sie wie<br />

<strong>und</strong> warum bewegt haben – gerührt oder geschüttelt,<br />

überrascht oder enttäuscht, erfreut<br />

oder geärgert. Ein etwas meinungsstärkerer Austausch<br />

über die etwas gewichtigeren Bücher«,<br />

beschreibt SWR2-Literaturchef Walter Filz das<br />

Profil der Reihe.<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0 51


_ Im Radio: Leseförderung mit Breitenwirkung<br />

Wie es ja überhaupt eine der wichtigsten Aufgaben<br />

der Literatursendungen in den Kulturprogrammen<br />

ist, den Hörern auch Appetit auf<br />

die vielleicht etwas schwereren literarischen<br />

Hauptgänge zu machen. Denn die sind dann<br />

am Ende eben auch intellektuell sättigender<br />

als manch luftiges Amuse-Bouche. Und gerade<br />

die anspruchsvollere oder regional bedeutsame<br />

Literatur hat im Radio einen Verbündeten, wie<br />

sie ihn sich nicht besser wünschen könnte.<br />

Nach den Daten der Media Analyse <strong>2010</strong> Radio<br />

I nutzen jeden Tag 5,5 Millionen Menschen<br />

mindestens eines der öffentlich-rechtlichen Kultur-<br />

<strong>und</strong> Informationsprogramme. Innerhalb<br />

von 14 Tagen schalten 17,9 Millionen Hörer ein<br />

solches Programm ein. Selbst wenn nicht alle<br />

diese Hörer auch die literarischen Angebote des<br />

Hörfunks nutzen: Fest steht angesichts dieser<br />

Zahlen, dass alleine die Kulturprogramme der<br />

Literatur <strong>und</strong> den Autoren ein Publikum garantieren,<br />

das in dieser Zahl selbst ein Bestseller<br />

kaum erreichen kann.<br />

So wird das Radio selbst konstitutiver Teil<br />

der literarischen Welt, auch was die gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> politische Wirkung von Litera-<br />

tur anbelangt. Beispielsweise beim Brückenschlag<br />

zwischen Ost <strong>und</strong> West, bei der Zusammenführung<br />

der deutsch-deutschen Autoren,<br />

bei der Erweiterung der gegenseitigen Kenntnisse<br />

über die Leselandschaften der neuen <strong>und</strong><br />

der alten B<strong>und</strong>esländer. Dieser Aufgabe fühlt<br />

sich das »Lese-Café« von »MDR FIGARO« besonders<br />

verpflichtet. Mehr als 400 Sendungen<br />

sind bisher produziert <strong>und</strong> ausgestrahlt worden.<br />

Beim SR nehmen die wöchentlichen Formate<br />

»Literatur im Gespräch« <strong>und</strong> »BücherLese«<br />

kontinuierlich auch die literarischen Entwicklungen<br />

in Frankreich <strong>und</strong> Luxemburg in den<br />

Blick.<br />

»Diwan« heißt das Büchermagazin von Bayern<br />

2. Große Resonanz findet das »Diwan«-<br />

Rätsel – wie viele weitere literarische Suchspiele<br />

in den <strong>ARD</strong>-Kulturradios auch –, in dem nach<br />

einer literarischen Figur oder einem bekannten<br />

Werk der Weltliteratur gefragt wird. Zu gewinnen<br />

gibt es: »nur« ein Buch.<br />

_ Literatur im Radio unterwegs<br />

Wie hört sich welche literarische Szene an? Was<br />

hat sie zu sagen? Wen spricht sie an? Und wie<br />

ist die Resonanz aus der literarischen Welt?<br />

Die SWR2-Literatur-Redaktion hält das Mikrofon<br />

in Schriftsteller-Bars in der Ukraine, in<br />

Krimi-Clubs in Skandinavien, in Dichter-Cafés<br />

in Berlin oder belauscht die ortlosen Weblogs<br />

des weltweiten Netzes. Das Literatur-Feature<br />

thematisiert literarische Strömungen auf der<br />

ganzen Welt <strong>und</strong> präsentiert sie den Hörern in<br />

unterschiedlichsten Formen: politische Meinungen,<br />

gesellschaftliche Haltungen <strong>und</strong> ästhetische<br />

Bekenntnisse zwischen Hochliteratur <strong>und</strong><br />

literarischem Undergro<strong>und</strong>.<br />

Das Ungewöhnliche <strong>und</strong> Experimentelle<br />

in der Literatur, die Grenzüberschreitung zwischen<br />

Literatur <strong>und</strong> Musik, Wort <strong>und</strong> Klang<br />

macht seit 2001 »WDR 3 open: WortLaut« zum<br />

Programm. In <strong>Inhalt</strong> <strong>und</strong> Machart richtet man<br />

52 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Musik aus The Adventures of Mark Twain (Max<br />

Steiner, Komponist)<br />

O-Ton Filmausschnitt aus: The Adventures of<br />

Mark Twain<br />

Es wird immer Überlegene <strong>und</strong> Unterdrückte<br />

geben, denke ich. Aber in unserem Land können<br />

<strong>und</strong> müssen wir an der Demokratie, an<br />

unserem Ideal festhalten, weil es ein fester Bestandteil<br />

unserer Gesellschaft ist. Pflegen wir<br />

auch in Zukunft unsere stolze Tradition der<br />

Freiheit <strong>und</strong> Toleranz. Schwören wir, dass aus<br />

Toleranz niemals Gleichgültigkeit wird <strong>und</strong><br />

aus Freiheit niemals Zügellosigkeit. Achten<br />

wir die Rechte des jeweils anderen, <strong>und</strong> verteidigen<br />

wir, möglichst mit der Feder, doch falls<br />

nötig auch mit dem Schwert unser unveräußerliches<br />

Privileg, als freies <strong>und</strong> vereintes Volk<br />

zu leben. applaus<br />

Sprecherin:<br />

Samuel Langhorne Clemens, genannt Mark<br />

Twain, richtet sich in diesem patriotischen<br />

Aufruf an das amerikanische Volk. Er appelliert<br />

an die Werte der Gründerväter, an die<br />

nationale Geschlossenheit seines Volkes <strong>und</strong><br />

schließlich an dessen Verteidigungsbereitschaft.<br />

Doch nur im Film, denn Mark Twain<br />

hat diese Rede nie gehalten. Es ist der Schau-<br />

Auszug aus »Mark Twain – Romantiker <strong>und</strong><br />

Kämpfer«, eine »wissenswert«­Sendung<br />

in hr2­kultur von Joachim Meissner zum<br />

100. Todestag des amerikanischen Schriftstellers


spieler Fredric March [mit Synchronstimme],<br />

der hier in der Rolle des Schriftstellers brilliert.<br />

Die Hollywood-Biografie The Adventures of<br />

Mark Twain stammt aus dem Kriegsjahr 1944.<br />

Damals suchte das amerikanische Kino nach<br />

nationalen Helden, <strong>und</strong> Mark Twain bediente<br />

den gutmütigen <strong>und</strong> volksnahen Charakter<br />

eines aufrechten <strong>und</strong> humorvollen Erzählers –<br />

doch nur um den Preis der Manipulation, wie<br />

Bill Whitaker in einem Kommentar zur Neuausgabe<br />

der Filmmusik schreibt.<br />

Zitator:<br />

Clara Clemens, die Tochter des Schriftstellers,<br />

weigerte sich, die dunkleren, bis dahin unveröffentlichten<br />

Werke ihres Vaters freizugeben,<br />

in denen er etwa die Religion anprangert <strong>und</strong><br />

den Kapitalismus kritisiert. Aber selbst wenn<br />

Clara bereit gewesen wäre, die Werke zu veröffentlichen:<br />

dies wäre für die amerikanische<br />

»Heimatfront« nicht der richtige Zeitpunkt<br />

gewesen, sich mit dieser Seite ihres nationalen<br />

Idols auseinanderzusetzen.<br />

Sprecherin:<br />

Aus Propagandagründen präsentierte man<br />

dem Publikum nur den »halben« Mark Twain.<br />

. . .<br />

sich in der St<strong>und</strong>e vor Mitternacht explizit an<br />

ein jüngeres Publikum <strong>und</strong> präsentiert Lautgedichte,<br />

Text- <strong>und</strong> Toncollagen, Performances<br />

<strong>und</strong> Dichter als DJs sowie in der Reihe »Homestory«<br />

regelmäßig eine »Spaßreise in Autoren-<br />

Haushalte mit einem Schriftsteller zum Anfassen«.<br />

Auf welchen Wegen kann die Literatur heute<br />

ihre Leser erreichen? Und wer liest eigentlich<br />

was <strong>und</strong> warum? Mit O-Ton-Reportagen aus<br />

der Stadtbibliothek, dem Bücherbus, der Gefängnis-Bibliothek<br />

oder den Büchereien in so<br />

genannten Problemstadtteilen räumt die Literatur-Redaktion<br />

von Radio Bremen immer wieder<br />

gern mit dem Vorurteil auf, dass die Freude an<br />

der Literatur eine Sache von per se kulturaffinen<br />

Milieus wie den in der »MedienNutzerTypologie<br />

2.0« beschriebenen »Kulturorientierten<br />

Traditionellen« oder den »Modernen Kulturorientierten«<br />

sei (vgl. Ekkehardt Oehmichen: Junge<br />

Wilde <strong>und</strong> Zielstrebige Trendsetter).<br />

_ Autoren <strong>und</strong> Radio: eine ganz besondere<br />

Beziehung<br />

Die Literatur <strong>und</strong> das Radio, das ist eine Geschichte,<br />

die so alt ist wie das elektronische<br />

Medium selbst, denn es besteht von Anfang an<br />

eine ganz besondere Beziehung zwischen den<br />

Schriftstellern <strong>und</strong> dem Kasten mit den vielen<br />

Tönen <strong>und</strong> Zwischentönen.<br />

Als er »blutjung« war, erinnert sich der 1929<br />

in Bern geborene Schriftsteller Paul Nizon,<br />

hatte er ein kleines weißes Radio, das wie ein<br />

Krankenhausgerät aussah. »Das Drehen auf der<br />

Skala war Magie. Das Ding war das Hörloch zur<br />

Welt. Guten Tag, Welt, sagte der junge Mann,<br />

Guten Tag, Menschheit.«<br />

Anders als beim Fernsehen werde man nicht<br />

von den transportierten kognitiven <strong>Inhalt</strong>en<br />

abgelenkt, meint der Schweizer Schriftsteller<br />

Adolf Muschg, denn das Auge sei auf schnelle<br />

Reizverarbeitung spezialisiert: »Sieh <strong>und</strong> vergiss.<br />

Aufmerksamkeit ist gefragt – Beteiligung<br />

nicht. Akustische Reize verlangen mehr von<br />

uns. Sie bedürfen der Interpretation, sie lassen<br />

etwas zu wünschen übrig, das heißt zu ergänzen,<br />

<strong>und</strong> das heißt: zu bedenken.«<br />

Von solch hehrem Anspruch an die dem<br />

Hör funk innewohnenden intellektuellen Spielräume<br />

war recht wenig zu spüren, als mit der<br />

ersten Übertragung aus dem Berliner Vox-Haus<br />

im Oktober 1923 die Radiogeschichte in<br />

Deutschland begann. Obwohl von seinen<br />

Veranstaltern erst einmal ausdrücklich als<br />

Unterhaltungs-R<strong>und</strong>funk bezeichnet <strong>und</strong> betrachtet,<br />

wurden alsbald auch die kulturellen<br />

Möglichkeiten des neuen Massenmediums debattiert.<br />

Schließlich faszinierte <strong>und</strong> inspirierte<br />

das »große W<strong>und</strong>er des R<strong>und</strong>funks« Technik-<br />

Enthusiasten, Schriftsteller <strong>und</strong> Publizisten gleichermaßen.<br />

Rudolf Arnheim etwa schwärmte – im<br />

Sprachduktus der 1920er Jahre – von der Überwindung<br />

räumlicher Isoliertheit, dem »Kulturimport<br />

auf den Flügeln der Welle« <strong>und</strong> dem<br />

»Überfliegen der Grenzen«. Insbesondere dem<br />

Künstler, dem Kunstfre<strong>und</strong> <strong>und</strong> dem Theoretiker<br />

verschaffe der R<strong>und</strong>funk ein ganz neues<br />

weites <strong>und</strong> in jeder Beziehung lohnendes Betätigungsfeld.<br />

In der Tat. Nicht zuletzt mit Blick auf die<br />

seinerzeit durchaus ansehnlichen Honorare für<br />

exklusive Funk-Arbeiten, vor allem aber wohl<br />

beflügelt vom Sendungs-Bewusstsein, mit literarischen<br />

Werken <strong>und</strong> Essays ein ungewohnt<br />

breites Publikum erreichen <strong>und</strong> womöglich gar<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0 53


neue Schichten für die Kunst des Wortes erschließen<br />

zu können, erfasste die Autoren ein<br />

großer Radio-Eifer.<br />

_ Prominente Literaten im frühen Radio<br />

Walter Benjamin etwa schrieb Texte für den<br />

Kinderfunk der »Berliner Funkst<strong>und</strong>e«. Thomas<br />

Mann las bereits 1924 im Programm der Frankfurter<br />

Sendegesellschaft aus seinem noch unveröffentlichten<br />

Bildungsroman »Der Zauberberg«.<br />

Und Bertolt Brecht lieferte neben dem<br />

1929 urgesendeten Radio-Lehrstück »Der Lindberghflug«<br />

mit seinen Vorstellungen von der<br />

Verwandlung des R<strong>und</strong>funks aus einem Distributionsapparat<br />

in einen Kommunikationsapparat<br />

sogar die »Radio-Utopie« eines interaktiven<br />

Sender-Empfänger-Modells eine Vorstellung,<br />

die heute angesichts der vielfältigen interaktiven<br />

Möglichkeiten aktueller denn je ist.<br />

Nur allzu gern ließen die etablierten Geistesgrößen<br />

des vitalen Kulturbetriebs der Weimarer<br />

Republik in Sendereihen wie »St<strong>und</strong>e der<br />

Lebenden« oder »Der Dichter als Stimme der<br />

Zeit« von sich hören.<br />

Einmal abgesehen von solch altväterlich<br />

anmutenden Titeln sind die damals erprobten<br />

klassischen Vermittlungsformen von Literatur<br />

im Hörfunk, also Essays, Lesungen, »Dichterporträts«,<br />

Buchempfehlungen, kritische Rezensionen<br />

<strong>und</strong> Diskurs-Sendungen, bis heute<br />

gängige Praxis.<br />

_ Lesungen, das Herz des Literaturangebots<br />

Vor allem die Lesung hat im Radio noch jede<br />

Programmreform unbeschadet überstanden.<br />

Formate wie »Fortsetzung folgt« (SWR2<br />

<strong>und</strong> SR 2 KulturRadio), »Ohrclip« (WDR 5),<br />

»Lese buch« (Nordwestradio) oder »Lesezeit«<br />

(Deutschlandfunk) sind unverzichtbarer Bestandteil<br />

jedes öffentlich-rechtlichen Kulturprogramms.<br />

Die Lesungen sind beim Publikum so beliebt,<br />

dass zum Beispiel das Kulturprogramm<br />

des MDR neben der morgendlichen »FIGARO<br />

Lesezeit« <strong>und</strong> dem Wiederholungstermin am<br />

Abend Anfang 2008 zusätzlich eine viertelstündige<br />

Klassiker-Lesung unter dem Titel »Figarothek«<br />

ins Angebot nahm. Zum Start der Reihe<br />

geriet man beim MDR geradezu ins Schwärmen<br />

über all die vielen F<strong>und</strong>stücke aus den mit literarischem<br />

Tafelsilber prall gefüllten Schatzkammern<br />

der Funkhaus-Archive: Durch die Wieder-<br />

Monika Radl erhielt für ihren Text<br />

»Kaprun« 2009 den Walter­Serner­Preis des<br />

RBB. Die Autorin, geboren 1976 in Sulzbach­<br />

Rosenberg in der Oberpfalz, lebt in Berlin.<br />

Von 1999 bis 2008 war sie als Schauspielerin<br />

<strong>und</strong> Autorin an den Uckermärkischen<br />

Bühnen Schwedt/Oder engagiert. Monika<br />

Radl schrieb Songtexte für verschiedene<br />

Musikgruppen <strong>und</strong> war Sängerin der Band<br />

»Monily <strong>und</strong> die Papierflieger«.<br />

begegnung oder eine erste Bekanntschaft mit<br />

Meisterwerken von Goethe, E.T.A. Hoffmann,<br />

Kafka, Keller <strong>und</strong> Fontane eröffnen sich den<br />

Hörern neue Welten.<br />

Samstags um 22.30 Uhr macht Deutschlandradio<br />

Kultur in einer »Lesung zur Nacht« die<br />

Geschichte des Begehrens hörbar. Unter dem<br />

Titel »Erotikon« präsentiert man sinnliche Literatur,<br />

die ihre herausfordernde Bildkraft jenseits<br />

der Schmuddelecken behauptet, <strong>und</strong> folgt dabei<br />

der schon für die Renaissance <strong>und</strong> das De-<br />

54 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

. . .<br />

Wenn ich ehrlich bin, denke ich jedes Mal, du<br />

spielst immer das gleiche Lied, Herr von Elo.<br />

Hol-mich-hier-raus-Polka, haha. Stimmt natürlich<br />

nicht. Vielleicht liegt es am Instrument Akkordeon,<br />

das keine große Interpretation zulässt,<br />

ich kenne mich damit nicht aus. Kleine französische<br />

Funken Hoffnung ins hektische Leben.<br />

Die Ballade der armen terminierten<br />

Tetrapakianer – so klingt, was du spielst, egal,<br />

was du spielst. Die Menschen aber, die halten<br />

nicht inne <strong>und</strong> denken mit dir über abendliche<br />

Fledermäuse am Seineufer nach, die werfen dir<br />

keine Münzen in den Akkordeonkasten, die wollen<br />

nur raus aus dem Tunnel. An wie viele Tunnel<br />

erinnerst du dich, Herr von Elo, wie viele Tunnel,<br />

aus denen die vielen Ders <strong>und</strong> Dies, mit <strong>und</strong> ohne<br />

Gedanken, Bindegewebszusammenbrüchen, nur<br />

raus wollten, so schnell es möglich war. Wenn es<br />

noch möglich war, raus. Wenn sie es überhaupt<br />

aus dem Zug, beispielsweise, geschafft hatten,<br />

aus dem Zug, in dem Hydrauliköl brannte, dessen<br />

Türen zu lange automatisch verschlossen<br />

geblieben waren. Wer es aus dem Zug geschafft<br />

hatte, dem blieb der höllische Tunnel. Raus aus<br />

dem Tunnel, was hieß das: Raus nach oben oder<br />

raus nach unten laufen, nach links oder rechts,


welcher Spurt führte ins Krankenhaus <strong>und</strong> welcher<br />

sofort in den Tod? Entscheiden Sie jetzt.<br />

Verquasseln Sie sich nicht. Wer jetzt kein Ticket,<br />

der nie mehr. Raus. In deiner Liedersammlung,<br />

Herr von Elo, wird nicht geschrien <strong>und</strong> nicht<br />

geröchelt. In den Erinnerungen, die du wach<br />

klimperst, wird geschwelgt, nicht erstickt. Disharmonien,<br />

kannst du sie für mich greifen, einen<br />

leuchtenden Schriftzug komponieren: Erinnern<br />

Sie sich denn nicht an Kaprun? Hier auf<br />

halber Strecke ist die Lebensgefahr für Sie<br />

doch am größten. Aber du greifst nur Wohlklänge,<br />

Herr von Elo, bist du möglicherweise<br />

todkrank? Todkrank nostalgisch? Bist du daher<br />

chronisch unempfindlich für drängende Menschen,<br />

stickige Luft <strong>und</strong> Höllenphantasien? Was<br />

geht in deinem Kopf vor, Herr von Elo, nickst du<br />

mir achtmal die Woche zu, weil du beschränkt<br />

bist, weil du nicht bemerkst, dass du in diesem<br />

Tunnel mit deinem Leben spielst? Oder hoffst<br />

du gerade darauf – bist du so oft über Buckel gejumpt,<br />

dass du keinen Kitzel mehr brauchst, leer<br />

gepumpter Chinchilla forever – wartest du in<br />

deiner Mittelkurve auf die Katastrophe, sitzt du<br />

deshalb achtmal die Woche hier vor deinem Akkordeon<br />

<strong>und</strong> spielst den immer gleichen Sums? . . .<br />

kameron des Boccaccio geltenden Überlegung,<br />

dass gerade in der kunstvollen Schilderung des<br />

Intimen <strong>und</strong> Privaten Gr<strong>und</strong>züge gesellschaftlichen<br />

Lebens öffentlich werden.<br />

_ Zukunftsweisend: Kooperation von Radio <strong>und</strong><br />

Hörbuch<br />

Neuproduktionen von Lesungen fürs Radio<br />

werden oft von vornherein in Zusammenarbeit<br />

mit Verlagen als Hörbuch konzipiert <strong>und</strong> kalkuliert.<br />

In einer monumentalen Gesamtlaufzeit<br />

von 67 St<strong>und</strong>en haben RBB, SWR, NDR, Radio<br />

Bremen <strong>und</strong> Der Audio Verlag DAV mit<br />

Ulrich Noethen die Lesung von Tolstois »Krieg<br />

<strong>und</strong> Frieden« produziert <strong>und</strong> als Hörbuch mit<br />

54 CDs publiziert.<br />

Christian Brückner, populär als Synchronstimme<br />

für Robert De Niro in zahllosen Filmen,<br />

hat mit seinem unverwechselbaren Timbre<br />

für den SR <strong>und</strong> den Parlando Verlag Irma<br />

Wehrlis neue Übersetzung von »Schau heimwärts,<br />

Engel« von Thomas Wolfe gelesen. In<br />

einer weiteren Produktion nahm er – sogar mit<br />

altgriechischen Original-Einschüben – einen<br />

Klassiker der Weltliteratur auf: Homers »Odyssee«,<br />

die Nietzsche als »Text ohne Ende für den<br />

Denkenden« bezeichnete, in einer Laufzeit von<br />

16 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 53 Minuten.<br />

Gute Orientierung nach strengen Qualitäts-<br />

Maßstäben im längst unübersichtlichen Angebot<br />

auf dem deutschen Hörbuchmarkt bietet<br />

seit 1997 die monatlich erscheinende »hr2 Hörbuch-Bestenliste«.<br />

2008 wurde unter der Federführung des SWR<br />

von den Kulturprogrammen der <strong>ARD</strong> das bis<br />

dato größte Lyrik-Projekt der deutschen R<strong>und</strong>funkgeschichte<br />

umgesetzt: die Audio-Ausgabe<br />

der von Karl Otto Conrady herausgegebenen<br />

wichtigsten Anthologie deutschsprachiger Gedichte:<br />

»Lauter Lyrik – Der Hör-Conrady«. Die<br />

im Patmos Verlag publizierte, 21 CDs umfassende<br />

Edition wurde 2009 als einziges Hörbuch<br />

mit dem »Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik«<br />

ausgezeichnet.<br />

Ein ebenso ambitioniertes <strong>und</strong> viel beachtetes<br />

Literaturprojekt legte der HR gemeinsam<br />

mit Random House im Juni <strong>2010</strong> zum 90. Geburtstag<br />

des Kritiker-»Papstes« Marcel Reich-<br />

Ranicki vor. Der den Erzählungen gewidmete<br />

Teil seines 2003 heftig diskutierten »Kanons<br />

der deutschen Literatur« erschien als Hörbuch<br />

auf 40 CDs mit 70 Novellen, Kurzgeschichten,<br />

Parabeln, Legenden, Kalendergeschichten <strong>und</strong><br />

Anekdoten von 61 Autoren aus den Epochen<br />

der deutschen Literatur, gelesen von prominenten<br />

Schauspielern wie Ulrich Matthes oder<br />

Nina Petri.<br />

»Ein gewichtiges Plädoyer für ein allzu leicht<br />

gerade im Deutschen vergessenes Genre. Ein<br />

Überblick über die Vielgestaltigkeit, die Größe<br />

der kleinen Form«, meinte der Rezensent der<br />

»Welt«. Und in der »ZEIT« schrieb Alexander<br />

Cammann: »Andere ästhetische Erfahrungen –<br />

Comics, Popmusik, Computerspiele, Internet<br />

– prägen heute die Vorstellungen vom dem, was<br />

Kunst ist, nicht zuletzt bei deren Deutern.« Insofern<br />

könne man auch ein bisschen wehmütig<br />

werden, wenn man das jüngste Werk des Literaturvermittlers<br />

»MRR« erlebe, diesmal hörend,<br />

nicht lesend oder fernsehend, denn »wann las<br />

man zuletzt Annette von Droste-Hülshoffs ›Judenbuche‹?<br />

Jedenfalls haben wir sie noch nie<br />

so erlebt wie durch Martina Gedecks zart zitternde,<br />

ahnungsvoll doppelbödige Stimme.«<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0 55


_ Das Radio als Förderer für neue deutsche Literatur<br />

Es ist schön <strong>und</strong> wichtig, auf dem Hörbuchmarkt<br />

mit erfolgreichen Produktionen <strong>und</strong> in<br />

den Bestenlisten präsent zu sein. So hat z. B.<br />

der SR mit »Der Alchimist« von Paulo Coelho<br />

bei mehr als 250 000 verkauften CDs einen<br />

veritablen Hörbuch-Bestseller gelandet. Die<br />

Literatur-Redaktionen der öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funkanstalten sind sich allerdings seit<br />

jeher ihrer besonderen Aufgabe <strong>und</strong> Verantwortung<br />

bewusst, gerade auch jener Literatur<br />

ein Forum zu geben, die es schwer hat, den<br />

Erfolgskriterien des kommerziellen Buch- <strong>und</strong><br />

Hörbuchmarktes zu genügen.<br />

»Ein junger Autor, der in den 50er Jahren<br />

mit Schreiben anfing, hatte eines zu wissen:<br />

Über die R<strong>und</strong>en kommt man nur, wenn es<br />

beim Funk etwas gibt«, erinnerte sich in einem<br />

Beitrag zum 5o-jährigen Bestehen des WDR der<br />

Kölner Schriftsteller <strong>und</strong> langjährige Hörspielchef<br />

beim Deutschlandfunk Jürgen Becker.<br />

In einem Vortrag über Literatur im öffentlich-rechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funk erinnerte der frühere<br />

BR-Kulturchef Christoph Lindenmeyer 2006<br />

daran, welch maßgebliche Verdienste die Literatur-Redaktionen<br />

in den Funkhäusern bei der<br />

Wiederentdeckung einer selbständigen, nicht<br />

länger gleichgeschalteten Literatur »für eine<br />

– wie wir heute gerne glauben – geradezu literatursüchtige<br />

Gesellschaft Westdeutschlands<br />

durch Sendeplätze, Vorschüsse <strong>und</strong> Honorare,<br />

Kongresse, Tagungen <strong>und</strong> aufwändige Studioproduktionen«<br />

hatten.<br />

Ohne das intellektuelle Profil <strong>und</strong> das kreative<br />

Miteinander der Schriftsteller <strong>und</strong> der<br />

Literatur-Redakteure, die nicht selten selbst<br />

Schriftsteller waren, urteilt Jürgen Becker, hätte<br />

sich die deutsche Literatur »wohl anders, armseliger«<br />

entwickelt. Die Funktion des öffentlichrechtlichen<br />

R<strong>und</strong>funks, nicht nur als zuverlässiger<br />

publizistischer Begleiter, sondern auch als<br />

bedeutender Faktor der Kultur <strong>und</strong> der Künste<br />

zu wirken, spielt vor allem auf dem Feld der<br />

Literatur auch heute noch eine wichtige Rolle.<br />

Kulturprogramme wie Bayern 2 verstehen<br />

nicht nur die Sendungen über <strong>und</strong> mit Literatur<br />

als konkrete Lese- <strong>und</strong> Literaturförderung. Man<br />

sieht sich vielmehr auch in der Verantwortung<br />

als direkter Förderer von Literatur-Projekten<br />

<strong>und</strong> von Schriftstellern <strong>und</strong> insbesondere von<br />

Nachwuchsautoren. »Wortspiele«, ein Festival<br />

internationaler junger Literatur in München,<br />

wird unter anderem mit dem Bayern 2-Wortspiele-Preis<br />

für junge Literatur unterstützt.<br />

T O M O R R O W ‘ S D A U G H T E R S<br />

I want to write a poem<br />

About pretty black girls<br />

Who don‘t relax and lie their dreams away<br />

Voices that curl<br />

The straight edges of history<br />

Hair thin slices of a movement<br />

Turning the world kinky<br />

I respect the disciplined silent screamers<br />

Who expose the holes<br />

Emily Dickinson, I am climbing through<br />

To your wooden shed of isolation<br />

Where the robin‘s song<br />

Robbed you of your sanity<br />

I revere people to my own detriment<br />

Perhaps you did too<br />

But when I enter your hallowed hearth<br />

Please don‘t turn me away<br />

I want to show pretty black girls<br />

How to look at their hearts<br />

With eyes blaring at full blast<br />

The way you did<br />

Together we can build a bridge<br />

To the promise in their faces<br />

And pull them towards poems<br />

By pretty black girls<br />

Wearing crowns of change<br />

»Bayern 2 Lesesommer« brachte anlässlich<br />

der Fußball­WM einen Schwerpunkt<br />

zu Afrika. Hier wurde u. a. dieses Gedicht<br />

von Lebogang Mashile, einer jungen<br />

südafrikanischen Autorin, die als eine der<br />

wichtigsten Poetry­Performerinnen ihres<br />

Landes gilt, in der Übersetzung von Arne<br />

Rautenberg vorgestellt.<br />

NDR Kultur pflegt Kulturpartnerschaften<br />

mit dem »VGH – Literaturfest Niedersachsen«,<br />

dem »Göttinger Literaturherbst« <strong>und</strong> dem »HarbourFront-Literaturfestival«.<br />

Daneben richtet<br />

das NDR-Kulturprogramm in Hamburg einen<br />

»Debütantensalon« aus. Bereits seit 1995 gibt<br />

es den für Kurzgeschichten ausgeschriebenen<br />

»MDR-Literaturwettbewerb«, dessen Preisträger<br />

traditionell auf Lesereise im MDR-Sendegebiet<br />

gehen.<br />

SWR2 vergibt regelmäßig »Schreib-Aufträge«<br />

an Schriftsteller. Zum Beispiel für den Sonder-<br />

56 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0


T Ö C H T E R V O N M O R G E N<br />

Ich will ein Gedicht schreiben<br />

Über schöne schwarze Mädchen<br />

Die sich nicht ihre Träume glätten <strong>und</strong> plätten lassen<br />

Über Stimmen die sich kräuseln<br />

Um die begradigten Kanten der Geschichte<br />

Haarkleine Teile einer Bewegung<br />

Machen die Welt krauser<br />

Ich respektiere die Disziplinierten die leise schreien<br />

Die Löcher zeigen<br />

Emily Dickinson, ich klettere durch<br />

In deinem hölzernen Verschlag der Isolation<br />

Wo der Gesang des Rotkehlchens<br />

Dir den Verstand geraubt hat<br />

Ich verehre Menschen zu meinem eigenen Nachteil<br />

Vielleicht hast du das auch getan<br />

Doch wenn ich deinen heiligen Herd betrete<br />

Verstoße mich bitte nicht<br />

Ich will schönen schwarzen Mädchen zeigen<br />

Wie sie ihre Herzen betrachten sollen<br />

Mit auf vollen Touren schmetternden Augen<br />

So wie du es getan hast<br />

Zusammen können wir eine Brücke bauen<br />

Zu der Verheißung in ihren Gesichtern<br />

Und sie herüberziehen zu Gedichten<br />

Von schönen schwarzen Mädchen<br />

Die Kronen des Wandels tragen<br />

termin »Die Erzählung« im Magazin »SWR2-<br />

LiteraturEN« oder für Hörspielproduktionen,<br />

die große Romane als Vorlage haben. SR 2 KulturRadio<br />

greift seit 1999 mit der »Abiturrede«<br />

eine freiheitliche Tradition des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

auf <strong>und</strong> bittet zu jedem Schulabschluss deutschsprachige<br />

Schriftsteller wie Herta Müller (2001)<br />

oder Juli Zeh (<strong>2010</strong>) um eine exklusive Rede<br />

an die Abiturienten, die in Zeitungen vorabgedruckt<br />

wird <strong>und</strong> auch als Buch erscheint.<br />

Für den alljährlichen »Walter-Serner-Preis«<br />

wählt das Kulturradio (RBB) aus r<strong>und</strong> 1 000<br />

bislang unveröffentlichten Kurzgeschichten, die<br />

das »Leben in den großen Städten« zum Thema<br />

haben, die beste aus <strong>und</strong> prämiert sie in Zusammenarbeit<br />

mit dem Literaturhaus auf einer<br />

öffentlichen Veranstaltung. Der SR erinnert mit<br />

dem »Eugen-Helmlé-Preis« an den im Jahr 2000<br />

gestorbenen bedeutenden Übersetzer aus dem<br />

Französischen <strong>und</strong> Spanischen.<br />

Mithilfe der von hr2-kultur gestarteten<br />

Initiative »Literaturland Hessen« wird das li-<br />

terarische Erbe eines ganzen B<strong>und</strong>eslandes systematisch<br />

erschlossen <strong>und</strong> erlebbar gemacht.<br />

2004 wurde das Gemeinschaftsprojekt mit dem<br />

Hessischen Ministerium für Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Kunst <strong>und</strong> dem Hessischen Literaturrat e.V. ins<br />

Leben gerufen, um die Literaturtradition des<br />

Landes stärker ins öffentliche Bewusstsein zu<br />

holen <strong>und</strong> die vielen Orte, an denen das literarische<br />

Erbe gepflegt <strong>und</strong> lebendig gehalten<br />

wird, als Ausflugs- <strong>und</strong> Reiseziele zu erschließen.<br />

Viele Tausend Besucher aus Hessen <strong>und</strong><br />

ganz Deutschland haben das »Literaturland<br />

Hessen« bereits für sich entdeckt, nicht zuletzt<br />

beim zweiten hessenweiten »Tag für die Literatur«,<br />

der im Frühjahr 2009 mehr als 20 000<br />

Besucher, Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auf literarische<br />

Spurensuche lockte.<br />

_ Mit dem Internet auf neuen Wegen zum Hörer<br />

In seinem Beitrag für das <strong>ARD</strong>-<strong>Jahrbuch</strong> zur<br />

Bedeutung der Literatur im Radio musste Alfred<br />

Paffenholz, seinerzeit Leiter der Abteilung<br />

»Kultur <strong>und</strong> Gesellschaft« bei Radio Bremen,<br />

1988 noch einen Nachteil des »flüchtigen Mediums«<br />

Hörfunk gegenüber dem Buch einräumen:<br />

Als Zuhörer könne man leider nicht wie<br />

ein Leser zurückblättern <strong>und</strong> sich eine Textstelle<br />

noch mal vornehmen <strong>und</strong> bei einem Gedanken<br />

verweilen.<br />

Dieses »Manko unseres Mediums« gegenüber<br />

dem Buch ist heute dank Internet weitgehend<br />

überw<strong>und</strong>en. Viele Literatur-Formate<br />

wie »Fragen an den Autor« (SR 2 KulturRadio),<br />

»Das Gespräch« (NDR Kultur) oder »Forum<br />

Buch« (SWR2) können per Podcast oder Streaming<br />

on demand zeitsouverän genutzt werden.<br />

HR, SR, SWR <strong>und</strong> WDR bieten ihren<br />

Hörern mit dem »Radiorecorder« jeweils eine<br />

spezielle Software an, die problemlos von der<br />

Website heruntergeladen werden kann <strong>und</strong> die<br />

für den privaten Gebrauch Aufzeichnungen fast<br />

aller Sendungen <strong>und</strong> Abonnements kompletter<br />

Sendereihen ermöglicht.<br />

Längst selbstverständlicher Hörer-Service ist<br />

in allen Kulturwellen, dass die Themen der Literatursendungen<br />

auf der Homepage angekündigt<br />

<strong>und</strong> oft auch mit vertiefenden <strong>und</strong> visualisierenden<br />

Themendossiers erweitert werden. Die<br />

morgendliche Buchbesprechung im Kulturradio<br />

(RBB) wird auf der Website zum Beispiel von<br />

den Rezensenten zusammengefasst <strong>und</strong> der<br />

besprochene Text mit maximal fünf möglichen<br />

»Kulturradio-Ks« bewertet.<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0 57


Der SR hat im Jahr 2007 Sendungen von<br />

Arnfrid Astel, deutscher Lyriker <strong>und</strong> von 1967<br />

bis 1998 Leiter der Literaturabteilung, aus dem<br />

ersten Jahrzehnt seiner Radioarbeit ausgesucht.<br />

Ein Schwerpunkt lag bei Autoren der Region,<br />

Grenzüberschreitungen waren willkommen.<br />

Die Sendungen wurden im Internet zugänglich<br />

gemacht <strong>und</strong> mit umfangreichem Hintergr<strong>und</strong>material<br />

versehen. Entstanden ist ein literatur-<br />

<strong>und</strong> regionalkulturgeschichtlich interessantes<br />

Dokument, das auch viel vom Zeitgeist der<br />

gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Strömungen<br />

erzählt.<br />

Pionierarbeit auf dem Feld der Literaturvermittlung<br />

via Internet hat Radio Bremen<br />

in Zusammenarbeit mit Stadtbibliothek <strong>und</strong><br />

Universität beim Aufbau des ersten deutschen<br />

Literaturhauses im Netz geleistet. Lore Kleinert<br />

erinnert sich, dass dieses Vorhaben im Gründungsjahr<br />

2005 noch ziemlich verwegen klang:<br />

»Ein virtuelles Literaturhaus? Wie sollte das<br />

gehen?« Heute gilt das Unternehmen als wegweisend<br />

für literarische Online-Netzwerke. Als<br />

wichtige Plattform für den Austausch zwischen<br />

Autoren, Übersetzern, Lesern <strong>und</strong> Veranstaltern<br />

sowie als Forum für Debatten <strong>und</strong> Experimente<br />

wurde das Projekt mit nationalen Preisen belohnt<br />

<strong>und</strong> vergibt seinerseits einen Preis: die<br />

»Bremer Netzresidenz«. Ausgezeichnet werden<br />

Autoren, die im Internet neue literarische Formen<br />

realisieren <strong>und</strong> besonders die jüngeren<br />

Leser-Generationen ansprechen.<br />

_ iPad <strong>und</strong>/oder Buch?<br />

Auch die Literatur zieht hier also ihren Nutzen<br />

aus der allgegenwärtigen Verknüpfung alter <strong>und</strong><br />

neuer Medien. Aber in Zeiten der Konvergenz<br />

der Medien haben sich nicht nur Hörfunk <strong>und</strong><br />

Fernsehen neuen Herausforderungen zu stellen.<br />

Auch das älteste Massen-Medium, das Buch,<br />

muss nun den Weg ins neue digitale Zeitalter<br />

suchen.<br />

»Was werden wir in 20 Jahren lesen?«, fragte<br />

im Juni <strong>2010</strong> Klaus Brinkbäumer in seinem<br />

»SPIEGEL«-<strong>Artikel</strong> »Die Bücherformel« <strong>und</strong><br />

zitiert die Prognose eines Marketing-Experten:<br />

»Die Lesenden von morgen sind die Digital Natives<br />

von heute, denen es egal ist, ob sie einen<br />

Text am Bildschirm lesen oder ausgedruckt.«<br />

Lesegeräte wie der von Amazon propagierte<br />

e-Book-Reader Kindle <strong>und</strong> Tablet-PCs wie das<br />

kultige iPad von Apple sollen nach dem Willen<br />

der Elektronikgiganten das gute alte Buch zunehmend<br />

ablösen.<br />

Der Göttinger Verleger Gerhard Steidl hat<br />

sich in einem Gespräch mit der »Frankfurter<br />

R<strong>und</strong>schau« für diese »neue Welt« offen gezeigt:<br />

Er finde ja auch, dass bei einem Buch, das man<br />

sich für den Urlaub kauft, das man liest, um es<br />

dann wegzulegen <strong>und</strong> nie wieder anzuschauen,<br />

eine Online-Version völlig genüge. Gleichzeitig<br />

betonte Steidl den kulturellen <strong>und</strong> sinnlichen<br />

Wert hochwertiger Bücher, die eben weit mehr<br />

sind als nur ein austauschbares Trägermedium<br />

für einen literarischen <strong>Inhalt</strong>. Jedes Buch liege<br />

anders in der Hand, habe ein anderes Gewicht,<br />

fasse sich anders an. »Die Seiten fallen. Es<br />

macht Geräusch. Es ist angenehm, bei einem<br />

Buch die unterschiedlichen Papiere anzufassen.<br />

Da passiert etwas in den Fingerspitzen. Wenn<br />

Sie dann im Sessel sitzen <strong>und</strong> das Buch vor<br />

der Nase haben, dann merken Sie auch, wie es<br />

riecht.«<br />

Den ganz persönlichen Zugang <strong>und</strong> die individuelle<br />

genussvolle Wahrnehmung hat das<br />

Erlebnis Literatur in beiden Medien gemein.<br />

Denn anders als auf einem kalt funktionalen<br />

elektronischen Lesegerät behält Literatur im<br />

Hörfunk ihre sinnliche Qualität. Aus dem haptischen<br />

wird zwar akustisches Erleben, aber es<br />

schwinden weder Sinn noch Sinnlichkeit. Das<br />

ist sicher eine Erklärung für den anhaltend<br />

großen Erfolg, den Literatur in ihrer vorgelesenen<br />

Form im Radio <strong>und</strong> auf Tonträgern hat.<br />

Wie sehr gerade auch Schriftsteller das Radio<br />

mit seiner Vielfalt schätzen, hat Wolf Wondratschek<br />

auf Einladung der WDR 3-Sendung<br />

»Mosaik« unter dem Titel »Dichter am Äther«<br />

sehr schön auf den Punkt gebracht: Er habe<br />

beim Radiohören das Zuhören gelernt <strong>und</strong> das<br />

Staunen. Wenn man es richtig zu nutzen verstehe,<br />

könne das Radio eine Bibliothek sein,<br />

eine Börse, ein Konzertsaal, ein Märchenwald,<br />

eine Universität. »Und der beste Kumpel, wenn<br />

man unterwegs ist.«<br />

58 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Frank Johannsen, Hörfunkdirektor <strong>und</strong><br />

stellvertretender Programmdirektor des SR


MO<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.15 Buchempfehlung<br />

9.30 – 10.00 Die Lesung<br />

(Wh 15.05 – 15.30)<br />

MDR FIGARO<br />

9.05 – 9.35 Lesezeit (Wh<br />

19.05 – 19.35)<br />

9.45 – 10.00 Hörbuch (Wh<br />

14.15 – 14.30)<br />

15.10 – 15.45 Figarothek –<br />

die Klassikerlesung<br />

MDR INFO<br />

’15 – ’30 Hörbuch der Woche<br />

NDR Info<br />

10.56 Das politische Buch<br />

Judith Hermann las im RBB-<br />

Kulturradio aus ihrem neuen<br />

Roman »Alice«.<br />

NDR Kultur<br />

8.30 – 9.00 Am Morgen<br />

vorgelesen<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

ca. 12.40 Neue Bücher<br />

ca. 15.20 Neue Hörbücher<br />

22.00 – 22.35 Am Abend<br />

vorgelesen<br />

23.00 Lauter Lyrik<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

10.20 Buchtipp<br />

11.40 Lesestück<br />

18.30 – 19.00 Lesebuch<br />

Radioeins (RBB)<br />

18.20 Schöner Lesen – die<br />

Radioeins Bücherliste<br />

Kulturradio (RBB)<br />

8.45 Lesestoff<br />

<strong>ARD</strong>-Radionacht der Hörbücher<br />

<strong>2010</strong>, live von der Leipziger<br />

Buch messe, Randi Crott (l.) <strong>und</strong><br />

Walter Filz.<br />

14.30 – 15.00 Lesung (Wh<br />

23.04 – 23.35)<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 15.30 Fortsetzung<br />

folgt<br />

SWR2<br />

14.30 – 14.55 Fortsetzung<br />

folgt<br />

14.55 – 15.00 Die Buchkritik<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages<br />

ca. 12.30 Text des Tages<br />

– Lyrik<br />

ca. 14.30 Buchrezensionen<br />

WDR 5<br />

10.50 Service Bücher<br />

10.58 <strong>und</strong> 12.57 Ein Gedicht<br />

Deutschlandfunk<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

19.15 – 20.00 Andruck<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

9.33, 10.33, 11.33, 14.33,<br />

15.33, 16.33 Buchempfehlungen<br />

DI<br />

Bayern 2<br />

14.05 – 15.00 Bayern 2-<br />

Favoriten<br />

21.30 – 22.30 radioTexte<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.15 Buchempfehlung<br />

9.30 – 10.00 Die Lesung (Wh<br />

15.05 – 15.30)<br />

MDR FIGARO<br />

7.40 – 7.50 Buch der Woche<br />

(Wh. 16.40 – 16.50)<br />

9.05 – 9.35 Lesezeit (Wh<br />

19.05 – 19.35)<br />

15.10 – 15.45 Figarothek –<br />

die Klassikerlesung<br />

NDR 1 Niedersachsen<br />

ca. 15.45 Margaretes<br />

Bücherwelt<br />

21.05 – 21.30 Bücherwelt<br />

NDR Info<br />

10.55 <strong>und</strong> 12.55 Das Buch<br />

der Woche<br />

NDR Kultur<br />

7.20 Stoltenberg liest<br />

8.30 – 9.00 Am Morgen<br />

vorgelesen<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

ca. 12.40 Neue Bücher<br />

ca. 15.20 Neue Hörbücher<br />

22.00 – 22.35 Am Abend<br />

vorgelesen<br />

23.00 Lauter Lyrik<br />

»Aber man hat ja noch den<br />

Sicherheitsgurt« lautete<br />

der Titel der Geschichte, für<br />

die Katha rina Hartwell 2009<br />

den MDR-Literaturpreis<br />

erhielt.<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Sunnyi Melles las in Bayern 2<br />

»radioTexte – Das offene Buch«.<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

10.20 Buchtipp<br />

11.40 Lesestück<br />

18.30 – 19.00 Lesebuch<br />

Inforadio (RBB)<br />

8.55 Neu im Buchregal (Wh<br />

10.55, 12.55)<br />

Kulturradio (RBB)<br />

8.45 Lesestoff<br />

14.30 – 15.00 Lesung (Wh<br />

23.04 – 23.35)<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 15.30 Fortsetzung<br />

folgt<br />

20.04 – 21.00 Literatur im<br />

Gespräch<br />

SR 3 Saarlandwelle<br />

ca. 10.00 Lesezeichen<br />

SWR2<br />

14.30 – 14.55 Fortsetzung<br />

folgt<br />

14.55 – 15.00 Die Buchkritik<br />

22.05 – 23.00 Literatur<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages<br />

ca. 12.30 Text des Tages<br />

– Lyrik<br />

ca. 14.30 Buchrezensionen<br />

L i t e r at u r i m r a d i o<br />

59


L i t e r at u r i m r a d i o<br />

WDR 4<br />

10.40 Buchtipps<br />

WDR 5<br />

10.50 Service Bücher<br />

10.58 <strong>und</strong> 12.57 Ein Gedicht<br />

Deutschlandfunk<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

9.33, 10.33, 11.33, 14.33,<br />

15.33, 16.33 Buchempfehlungen<br />

19.30 – 20.00 Literatur<br />

MI<br />

B5 aktuell<br />

6.24 <strong>und</strong> 8.24 Neues vom<br />

Buchmarkt<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.15 Buchempfehlung<br />

9.30 – 10.00 Die Lesung (Wh<br />

15.05 – 15.30)<br />

MDR FIGARO<br />

9.05 – 9.35 Lesezeit (Wh<br />

19.05 – 19.35)<br />

9.45 – 10.00 Buchvorstellung<br />

(Wh 14.15 – 14.30)<br />

15.10 – 15.45 Figarothek –<br />

die Klassikerlesung<br />

Günter Grass bei einer Hörbuchproduktion<br />

von NDR Kultur<br />

NDR Info<br />

10.56 Buch-Tipp<br />

NDR Kultur<br />

8.30 – 9.00 Am Morgen<br />

vorgelesen<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

ca. 12.40 Neue Bücher<br />

ca. 15.20 Neue Hörbücher<br />

22.00 – 22.35 Am Abend<br />

vorgelesen<br />

23.00 Lauter Lyrik<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

10.20 Buchtipp<br />

11.40 Lesestück<br />

18.30 – 19.00 Lesebuch<br />

Kulturradio (RBB)<br />

8.45 Lesestoff<br />

14.30 – 15.00 Lesung (Wh<br />

23.04 – 23.35)<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 15.30 Fortsetzung<br />

folgt<br />

Ingo Schulze zu Gast bei »WDR 3<br />

open: WortLaut«<br />

SWR2<br />

14.30 – 14.55 Fortsetzung<br />

folgt<br />

14.55 – 15.00 Die Buchkritik<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages<br />

ca. 12.30 Text des Tages<br />

– Lyrik<br />

ca. 14.30 Buchrezensionen<br />

WDR 5<br />

10.58 <strong>und</strong> 12.57 Ein Gedicht<br />

<strong>ARD</strong> Radiofestival <strong>2010</strong>,<br />

Maxim Biller las<br />

»Hölderlin im Krieg«.<br />

Deutschlandfunk<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

20.30 – 21.00 Lesezeit<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

9.33, 10.33, 11.33, 14.33,<br />

15.33, 16.33 Buchempfehlungen<br />

DO<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.15 Buchempfehlung<br />

9.30 – 10.00 Die Lesung (Wh<br />

15.05 – 15.30)<br />

MDR FIGARO<br />

9.05 – 9.35 Lesezeit (Wh<br />

19.05 – 19.35)<br />

9.45 – 10.00 Buchvorstellung<br />

(Wh 14.15 – 14.30)<br />

15.10 – 15.45 Figarothek –<br />

die Klassikerlesung<br />

17.05 – 18.00 Sachbuch<br />

Journal (am ersten Do im<br />

Monat)<br />

22.00 – 23.00 Diskurs<br />

NDR Info<br />

10.55 <strong>und</strong> 12.55 Die Sachbücher<br />

des Monats (am ersten<br />

Donnerstag im Monat)<br />

NDR Kultur<br />

8.30 – 9.00 Am Morgen<br />

vorgelesen<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

ca. 12.40 Neue Bücher<br />

ca. 15.20 Neue Hörbücher<br />

60 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

22.00 – 22.35 Am Abend<br />

vorgelesen<br />

23.00 Lauter Lyrik<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

10.20 Buchtipp<br />

11.40 Lesestück<br />

18.30 – 19.00 Lesebuch<br />

Funkhaus Europa<br />

(WDR/Radio Bremen)<br />

15.10 Buch-Tipp darin auch:<br />

Kinder-<strong>und</strong> Jugendbuchpreis<br />

›Luchs‹ (einmal monatl.)<br />

Kulturradio (RBB)<br />

8.45 Lesestoff<br />

14.30 – 15.00 Lesung (Wh<br />

23.04 – 23.35)<br />

Ulrich Matthes liest »Freiheit«<br />

von Jonathan Franzen für das RBB-<br />

Kulturradio.<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 15.30 Fortsetzung<br />

folgt<br />

SWR2<br />

14.30 – 14.55 Fortsetzung<br />

folgt<br />

14.55 – 15.00 Die Buchkritik<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages


ca. 12.30 Text des Tages<br />

– Lyrik<br />

ca. 14.30 Buchrezensionen<br />

23.05 – 24.00 WortLaut/<br />

Live<br />

Lesung mit Nobelpreisträgerin<br />

Herta Müller in WDR 3<br />

WDR 5<br />

10.50 Service Hörbücher<br />

10.58 <strong>und</strong> 12.57 Ein Gedicht<br />

Deutschlandfunk<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

9.33, 10.33, 11.33, 14.33,<br />

15.33, 16.33 Buchempfehlungen<br />

FR<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.15 Hörbuchempfehlung<br />

9.30 – 10.00 Die Lesung (Wh<br />

15.05 – 15.30)<br />

MDR FIGARO<br />

9.05 – 9.35 Lesezeit (Wh<br />

19.05 – 19.35)<br />

9.45 – 10.00 Buchvorstellung<br />

(Wh 14.15 – 14.30)<br />

Christa Wolf las beim RBB aus<br />

ihrem neuen Buch »Stadt der Engel<br />

oder the overcoat of Dr. Freud«.<br />

15.10 – 15.45 Figarothek –<br />

die Klassikerlesung<br />

NDR Info<br />

10.56 Buch-Tipp<br />

NDR Kultur<br />

8.30 – 9.00 Am Morgen<br />

vorgelesen<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

ca. 12.40 Neue Bücher<br />

ca. 15.20 Neue Hörbücher<br />

22.00 – 22.35 Am Abend<br />

vorgelesen<br />

23.00 Lauter Lyrik<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

10.20 Buchtipp<br />

11.40 Lesestück<br />

13.05 – 14.00 Literaturforum<br />

18.30 – 19.00 Lesebuch<br />

Radioeins (RBB)<br />

10.20 Favorit Drucksache –<br />

die Buchempfehlung<br />

Kulturradio (RBB)<br />

8.45 Lesestoff<br />

14.30 – 15.00 Lesung (Wh<br />

23.04 – 23.35)<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 15.30 Fortsetzung<br />

folgt<br />

SWR2<br />

14.30 – 14.55 Fortsetzung<br />

folgt<br />

14.55 – 15.00 Die Buchkritik<br />

1LIVE (WDR)<br />

23.05 – 24.00 1LIVE Klubbing<br />

– 1LIVE liest!<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages<br />

ca. 12.30 Text des Tages<br />

– Lyrik<br />

ca. 14.30 Buchrezensionen<br />

WDR 5<br />

10.50 Service Bücher<br />

10.58 <strong>und</strong> 12.57 Ein Gedicht<br />

Deutschlandfunk<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

9.33, 10.33, 11.33, 14.33,<br />

15.33, 16.33 Buchempfehlungen<br />

SA<br />

Bayern 2<br />

14.05 – 15.00 Diwan<br />

15.05 – 15.15 Hörbuchmagazin<br />

21.05 – 22.00 radioTexte am<br />

Samstag<br />

Die Autoren Christoph Peters<br />

<strong>und</strong> Jan Weiler (v. l.) mit Chefkoch<br />

Sebastian Dickhaut (r.) beim<br />

»Abend in der Küche« im Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

hr2-kultur<br />

6.20 Das Gedicht<br />

9.25 – 10.00 Die Erzählung<br />

am Samstagmorgen<br />

17.05 – 18.00 Mikado<br />

Spezial – Bücher, Hörbücher<br />

<strong>und</strong> CDs<br />

20.05 Literatur im Kreuzverhör<br />

(siebenmal jährl.)<br />

MDR FIGARO<br />

19.05 – 19.30 Buchjournal<br />

(alle 14 Tage)<br />

Literatur im Radio A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

Michael Krüger, Dichter,<br />

Essayist, Herausgeber, zu Gast<br />

bei »SWR2 Zeitgenossen«<br />

NDR Kultur<br />

8.30 – 9.00 Die Sonnabend-<br />

Story<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

18.30 – 19.00 Neue Sachbücher<br />

(am letzten Samstag im<br />

Monat)<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

19.05 – 20.00 F<strong>und</strong>sachen<br />

(Lyrik) (zweiwöchentl.)<br />

Kulturradio (RBB)<br />

19.04 – 19.30 Kulturtermin<br />

Literatur<br />

SR 2 KulturRadio<br />

15.04 – 16.00 BücherLese<br />

inkl. HörbuchTipp<br />

SWR2<br />

14.05 – 15.00 SWR2 aus<br />

dem Land – Musik <strong>und</strong><br />

Literatur<br />

SWR cont.ra<br />

21.03 – 22.00 SWR2 aus<br />

dem Land – Musik <strong>und</strong> Literatur<br />

(Wh. von SWR2)<br />

L i t e r at u r i m r a d i o<br />

61


L i t e r at u r i m r a d i o<br />

WDR 5 Literaturmarathon,<br />

»100 Bücher – 100 Städte«, zum<br />

achten Mal führte WDR 5 <strong>2010</strong><br />

24 St<strong>und</strong>en live aus dem Funkhaus<br />

literarisch in <strong>und</strong> durch die unterschiedlichsten<br />

Städte.<br />

WDR 3<br />

ca. 6.15 Text des Tages<br />

WDR 5<br />

20.05 – 21.00 Bücher (Wh.<br />

sonntags 15.05 <strong>und</strong> montags<br />

1.05)<br />

21.05 – 23.00 Ohrclip<br />

20.05 – 22.00 Die telefonische<br />

Mord(s)beratung<br />

(sechsmal jährlich)<br />

Deutschlandfunk<br />

16.05 – 16.30 Büchermarkt<br />

– Bücher für junge Leser<br />

20.05 – 22.00 Studio LCB<br />

(letzter Sa im Monat)<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

11.33 Buchempfehlungen<br />

17.30 – 18.00 Lesung<br />

22.30 – 23.00 Erotikon<br />

Zum 90. Geburtstag von Literaturkritiker<br />

Marcel Reich-Ranicki<br />

publizierten hr2-kultur <strong>und</strong> Random<br />

House die Erzählungen des<br />

»Kanons der deutschen Literatur«<br />

als Hörbuch.<br />

SO<br />

Bayern 2<br />

11.00 – 11.30 radioTexte –<br />

Das offene Buch<br />

10.05 – 11.00 Michael Skasa<br />

(Wh. 17.05 – 18.00 )<br />

hr2-kultur<br />

9.45 Das Gedicht<br />

12.05 Kulturszene Hessen<br />

MDR FIGARO<br />

9.45 – 10.00 F<strong>und</strong>us<br />

16.05 – 17.30 FIGARO-<br />

Lesecafé (14-täglich; Wh.<br />

dienstags 22.00 )<br />

NDR1 Niedersachsen<br />

6.20 Sinngedicht<br />

NDR 2<br />

8.40 Buchtipps<br />

NDR Info<br />

14.05 – 15:00 Buchtipps<br />

für Kinder<br />

(an jedem ersten Sonntag<br />

im Monat)<br />

NDR Kultur<br />

10.40 Lauter Lyrik<br />

13.05 – 14.00 Wickerts<br />

Bücher (an jedem ersten So<br />

im Monat)<br />

ca. 17.40 Das Buch der<br />

Woche<br />

20.00 – 21.55 Sonntagsstudio<br />

15. MDR-Literaturnacht,<br />

Leif Randt erhielt den ersten Preis<br />

des MDR-Literaturwettbewerbs<br />

Nordwestradio<br />

(Radio Bremen/NDR)<br />

15.05 – 16.00 Literaturzeit<br />

(Wh. montags 19.05<br />

– 20.00); darin auch:<br />

Kinder-<strong>und</strong> Jugendbuchpreis<br />

»Luchs« (einmal monatl.)<br />

Inforadio (RBB)<br />

ca. 10.24 Quergelesen (Wh.<br />

15.24 <strong>und</strong> montags 1.24)<br />

Radioeins (RBB)<br />

18.05 – 19.00 Seite Eins –<br />

Büchermagazin<br />

SR 2 KulturRadio/<br />

antenne saar<br />

11.04 – 12.00 Fragen an<br />

den Autor<br />

62 <strong>Artikel</strong> A R D - J A H R B U C H 1 0<br />

SWR2<br />

17.05 – 18.00 Forum Buch<br />

SWR cont.ra<br />

21.03 – 22.00 Forum Buch<br />

(Wh. von SWR2)<br />

DASDING (SWR)<br />

17.03 – 22.00 Schriftsteller<br />

(jeden 3. Sonntag im Monat)<br />

WDR 3<br />

12.05 – 13.00 Gutenbergs<br />

Welt (<strong>und</strong> feiertags)<br />

15.05 – 16.00 Literaturfeature<br />

(14-täglich <strong>und</strong> feiertags)<br />

16.10 – 16.30 Büchermarkt<br />

Deutschlandfunk<br />

16.05 – 16.30 Büchermarkt<br />

– Das Buch der Woche<br />

»Der Hörkanon«,<br />

herausgegeben <strong>und</strong> kommentiert<br />

von Marcel Reich-Ranicki, eine<br />

Auswahl auf 40 CDs<br />

Deutschlandradio Kultur<br />

0.05 – 1.00 Werkstatt/<br />

Literatur<br />

9.33, 11.33 Buchempfehlungen<br />

12.30 – 13.00 Lesart

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