INSIDER Osnabrück // April 2015
Titelstory: Osnabrücker Flugkapitän Matthias Guder im Interview über den (Alp-)Traumjob Pilot Interviews mit "Schnalli" (Bastard Club/Shock Records/Iron Walrus) und Florian Stisser (Schlecks) Außerdem lauter Gewinnspiele und jede Menge Szene-News
Titelstory: Osnabrücker Flugkapitän Matthias Guder im Interview über den (Alp-)Traumjob Pilot Interviews mit "Schnalli" (Bastard Club/Shock Records/Iron Walrus) und Florian Stisser (Schlecks) Außerdem lauter Gewinnspiele und jede Menge Szene-News
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„Es endete bei mir im Burnout”<br />
<strong>Osnabrück</strong>er Flugkapitän Matthias Guder<br />
über den (Alb)traum-Beruf Pilot<br />
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Matthias Guder zu Gast beim <strong>INSIDER</strong><br />
<strong>INSIDER</strong>: Herr Guder, können Sie<br />
sich noch daran erinnern, wo Sie<br />
vom Absturz der Germanwings-<br />
Maschine erfahren haben?<br />
Matthias Guder: Ich stand gegen<br />
11.30 Uhr zuhause in der Küche<br />
und habe im Radio beiläufig nur<br />
etwas von „Germanwings“ und<br />
„Absturz“ gehört. Da jedoch die<br />
Espressomaschine lief, hab ich<br />
das erst beim zweiten Hinhören<br />
realisiert. Die Nachricht hat mich<br />
absolut umgehauen und mir kamen<br />
direkt die Tränen…<br />
Sie sind selbst Pilot und haben<br />
Passagierflugzeuge zigmal über<br />
die Alpen von Düsseldorf nach<br />
Barcelona und wieder zurück gesteuert.<br />
Fühlt man dann nochmals<br />
intensiver mit?<br />
Ja, zweifellos. Zumal ich selbst<br />
für Eurowings (Anm. d. Red.: damals<br />
die Muttergesellschaft von<br />
Germanwings) geflogen bin und –<br />
wie Sie schon sagen – diese Strecke<br />
zum Alltag zählte. Es hätte also<br />
durchaus sein können, dass<br />
ich den ein oder anderen Kollegen<br />
von damals noch kenne. In<br />
dem Moment kommt das eigene<br />
Fliegerherz direkt wieder hoch<br />
und man versetzt sich in die Lage<br />
des Bordpersonals.<br />
Erst später sickerte die Information<br />
durch, dass dieser Absturz<br />
wohl bewusst herbeigeführt<br />
wurde. Hätte man das anhand<br />
der Flugdaten früher erkennen<br />
können?<br />
Zunächst denkt man immer an<br />
technische Ursachen, aber für<br />
mich war recht schnell klar, dass<br />
da irgendetwas nicht gestimmt<br />
haben muss. Der Sinkflug dauerte<br />
über acht Minuten – bei einem<br />
echten Absturz wären es<br />
vielleicht ein oder zwei gewesen,<br />
maximal. Außerdem würde kein<br />
Pilot der Welt bei einem technischen<br />
Defekt weiter Richtung Alpen<br />
fliegen, wenn auf der anderen<br />
Seite Flachland und Flughäfen liegen,<br />
wo man notlanden könnte.<br />
Nach derartigen Tragödien werden<br />
schnell Forderungen nach<br />
strengeren Sicherheitsmaßnahmen<br />
laut. Was halten Sie davon?<br />
Ich meine: Wenn jemand sich so<br />
etwas fest vornimmt, hilft keine Sicherheitsvorschrift<br />
der Welt. Außerdem<br />
sind solche Maßnahmen<br />
wie die neue „Zwei-Personen-<br />
Cockpitregel“ häufig Aktionismus,<br />
um die Öffentlichkeit zu beruhigen.<br />
Seht her, wir reagieren!<br />
Debattiert wird nun auch darüber<br />
wie groß der Stress über den<br />
Wolken für das Personal da oben<br />
tatsächlich ist. Welche Erfahrungen<br />
haben Sie selbst gemacht?<br />
Die Belastung ist extrem, sowohl<br />
körperlich als auch psychisch.<br />
Der terminliche Stress ist enorm,<br />
teilweise sind es bis zu fünf Starts<br />
täglich. Über jede Verspätung<br />
wird genau Protokoll geführt. Dazu<br />
das Hin und Her zwischen den<br />
Zielen, ständig aus dem Koffer lebend<br />
und in anderen Hotels aufwachend,<br />
die Belastung bei Start<br />
und Landung – das schlaucht<br />
wirklich extrem. Bei mir endete<br />
das phasenweise darin, dass ich<br />
nachts auf dem Weg zur Toilette<br />
gegen die Hotelwand gelaufen<br />
bin, weil ich noch nicht realisiert<br />
hatte, dass ich schon wieder in einem<br />
neuen Zimmer bin.<br />
Waren das auch die Gründe, warum<br />
Sie nach zehn Jahren nicht<br />
mehr Flugkapitän sein wollten?<br />
Ja. Es wurde mir einfach zu viel<br />
– und schließlich endete das im<br />
Burnout, also einer psychischen<br />
und körperlichen Erschöpfung.<br />
Ich war komplett ausgebrannt<br />
und konnte mir nicht mehr vorstellen,<br />
das noch Jahrzehnte so<br />
durchzuziehen. Später habe ich<br />
erfahren, dass ein ehemaliger<br />
Kollege sogar im Cockpit gestorben<br />
ist. Herzinfarkt. Einfach so.<br />
Das hat mir nochmals vor Augen<br />
geführt, dass es die richtige<br />
Entscheidung war, dies alles<br />
zu beenden. Ich will es gar nicht<br />
schlecht reden, andere halten<br />
das vielleicht durch, aber für<br />
mich war es nichts mehr. Auch,<br />
wenn es natürlich Momente gibt,<br />
in denen ich gerne wieder fliegen<br />
würde.<br />
Was sagen Sie zu dem Argument,<br />
dass ein Pilot ja schließlich bis zu<br />
250.000 Euro „Entschädigung“<br />
für diesen Stress bekommt?<br />
Schön wäre es, aber das ist komplett<br />
überholt. Mag ja sein, dass<br />
der ein oder andere Langstreckenkapitän<br />
kurz vor der Rente<br />
noch einen derartigen Vertrag<br />
hat, aber heutzutage ist das anders.<br />
Viele Einsteiger sind beim<br />
Berufseinstieg verschuldet, weil<br />
sie ihre Ausbildung selbst finanzieren<br />
mussten, es gibt keine<br />
Jobgarantie und beim Gehalt<br />
rutscht das Komma schnell mal<br />
‘ne Stelle nach links… Es geht<br />
auch nicht mehr ums Fliegen<br />
an sich, sondern vor allem um<br />
werbewirksame Pünktlichkeitsstatistiken.<br />
Ich bin damals während<br />
des Orkans Kyrill manuell<br />
gelandet – meinen Sie, da hat mir<br />
nachher jemand auf die Schulter<br />
geklopft? Sicher nicht.<br />
Haben Sie während Ihres Dienstes<br />
mal eine brenzlige Situation<br />
erlebt?<br />
Beim Start in München ist einmal<br />
ein Triebwerk ausgefallen,<br />
sodass wir direkt wieder umkehren<br />
mussten. Unsicher gefühlt<br />
habe ich mich allerdings<br />
nie, denn selbst dann lief alles<br />
absolut routiniert ab und jedes<br />
Crewmitglied wusste, was es zu<br />
tun hat. Es gibt für jede Situation<br />
Checklisten und regelmäßige<br />
Trainings.<br />
Die Kernfrage lautet ja: Wie<br />
konnte „jemand wie Andreas L.“<br />
überhaupt ins Cockpit gelangen?<br />
Halten Sie deshalb regelmäßige,<br />
psychologische Pflichttests<br />
für Piloten generell für sinnvoll?<br />
Der Unsicherheitsfaktor Mensch<br />
bleibt immer bestehen, egal wie<br />
regelmäßig kontrolliert wird. Außerdem<br />
lässt sich eine psychische<br />
Erkrankung auch nicht messen,<br />
sodass man sie bei standardisierten<br />
Tests sicher verheimlichen<br />
könnte. Es muss ein Grundvertrauen<br />
bleiben, denn jeder<br />
kennt seinen eigenen Körper am<br />
besten. Ich hatte nie Skrupel,<br />
auch mal einen Flug ausfallen zu<br />
lassen, wenn ich mich nicht flugtauglich<br />
gefühlt habe.<br />
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<strong>INSIDER</strong> hat<br />
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Die Maiwochen:<br />
Highlights <strong>2015</strong>!<br />
<strong>Osnabrück</strong> präsentiert sich<br />
auf der 43. Maiwoche vom<br />
09. bis zum 17. Mai wieder in<br />
bester Feierlaune. Seit Jahren<br />
Mr G and his Billy Boys<br />
entwickelt sich das größte Stadtfest<br />
der Region zur Plattform für<br />
junge Bands und als Heimat-<br />
Anker für routinierte Bühnenmusiker.<br />
Neben altbekannten<br />
Namen wie Sofaband als Opener<br />
(08. Mai, Georgstraße) und<br />
Caught Indie Act (10. Mai, Neumarkt)<br />
finden sich im Programm<br />
vermehrt aufstrebende Bands<br />
der Region wie Bulletride (16.<br />
Mai, Herrenteichstraße) oder<br />
Taiga (09. Mai, Herrenteichstraße),<br />
die mit der Maiwoche ein<br />
großes Sprungbrett nutzen können.<br />
Einen Abschied feiern hingegen<br />
nach 15 Jahren Maiwoche<br />
Mr. G & his Billy Boys (16. Mai,<br />
Georgstraße). Die Rock’n’Roller<br />
werden an diesem Tag ihr letztes<br />
gemeinsames Konzert spielen.<br />
Musikalisches Highlight ist<br />
sicher Tom Gaebel and his Orchestra<br />
(12. Mai, Marktplatz).<br />
Der ausgezeichnete Jazz-Musiker<br />
swingte schon unterhaltsam<br />
durch die TV-Landschaft und als<br />
gebürtiger Ibbenbürener wird<br />
die Stimmung auch vor der Bühne<br />
grandios sein. Den traditionellen<br />
Abschluss der Maiwoche begeht<br />
natürlich die Blues Company<br />
auf dem Markplatz.<br />
Auch<br />
der verrückte<br />
Entertainer<br />
Kay Ray (17.<br />
Mai, Georgstraße)<br />
stattet<br />
am letzten<br />
Tag der<br />
Maiwoche<br />
seiner Heimatstadt<br />
einen<br />
seiner durchgeknallten<br />
Besuche<br />
ab.<br />
Tom Gaebel<br />
04<br />
Lokal | Regional Anzeigensonderteil <strong>INSIDER</strong> 04-<strong>2015</strong>