05.04.2015 Aufrufe

Carolin Alles Lüge

Georg, den fremden Mann, wie meinen Liebsten behandeln, was musste ich denn da tun? Ich hätte es ja immer schon getan, sagte Georg, nur vor mir selbst verleugnet. Also brauchte ich nichts zu tun, doch ich musste es offen zeigen. Ich kletterte auf Georgs Schoß und setzte mich breitbeinig vor ihn. Eine bislang ebenso undenkbare Geste und ich musste lachen. „Georg, wenn es so ist, dass es öffentlich und vor allem vor uns selbst so sein darf, dass wir uns lieben, müssen wir da nicht manches verändern?“ vermutete ich. „Und woran denkst du da konkret außer Küssen und Zärtlichkeiten?“ wollte Georg wissen. „Na ja, eine Frau und ein Mann, die sich lieben, gehen doch auch miteinander ins Bett. Aber das kann ich noch nicht. Bewahre, was rede ich für einen Schrott, alles aus der großen Halde des Alltagsmülls generiert. Ich bin ein wenig nervös, Georg, und da plappere ich einfach drauf los, was ich eigentlich gar nicht will. Was ich wirklich will, das weiß ich gar nicht genau. Ich glaube schon, dass ich dich ganz möchte, auch körperlich, aber ohne Sex. Sex hat immer so etwas Aggressives, nicht wahr?“ erklärte ich, und wir lachten uns schief. „Georg, es ist nicht einfach so, dass ich freudig und beglückt bin, das bin ich schon, aber da ist noch so viel Verworrenes, Ungeklärtes. Ich glaube, ich muss mich in unseren Zustand erst langsam einleben.“ erklärte ich. Wir hatten die ganze Zeit mit Kaffee in der Küche verbracht. Georg schlug vor, einen kleinen Spaziergang zu machen, das kühle ab und beruhige. „Und am Teich werden die Enten mir zuschnattern: „Was der Georg erzählt, alles nur Lüge.“ versuchte ich zu scherzen.

Georg, den fremden Mann, wie meinen Liebsten behandeln, was musste ich denn da tun? Ich hätte es ja immer schon getan, sagte Georg, nur vor mir selbst verleugnet. Also brauchte ich nichts zu tun, doch ich musste es offen zeigen. Ich kletterte auf Georgs Schoß und setzte mich breitbeinig vor ihn. Eine bislang ebenso undenkbare Geste und ich musste lachen. „Georg, wenn es so ist, dass es öffentlich und vor allem vor uns selbst so sein darf, dass wir uns lieben, müssen wir da nicht manches verändern?“ vermutete ich. „Und woran denkst du da konkret außer Küssen und Zärtlichkeiten?“ wollte Georg wissen. „Na ja, eine Frau und ein Mann, die sich lieben, gehen doch auch miteinander ins Bett. Aber das kann ich noch nicht. Bewahre, was rede ich für einen Schrott, alles aus der großen Halde des Alltagsmülls generiert. Ich bin ein wenig nervös, Georg, und da plappere ich einfach drauf los, was ich eigentlich gar nicht will. Was ich wirklich will, das weiß ich gar nicht genau. Ich glaube schon, dass ich dich ganz möchte, auch körperlich, aber ohne Sex. Sex hat immer so etwas Aggressives, nicht wahr?“ erklärte ich, und wir lachten uns schief. „Georg, es ist nicht einfach so, dass ich freudig und beglückt bin, das bin ich schon, aber da ist noch so viel Verworrenes, Ungeklärtes. Ich glaube, ich muss mich in unseren Zustand erst langsam einleben.“ erklärte ich. Wir hatten die ganze Zeit mit Kaffee in der Küche verbracht. Georg schlug vor, einen kleinen Spaziergang zu machen, das kühle ab und beruhige. „Und am Teich werden die Enten mir zuschnattern: „Was der Georg erzählt, alles nur Lüge.“ versuchte ich zu scherzen.

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<strong>Carolin</strong>s Mann, oder ist <strong>Carolin</strong> Georgs Frau?“ versuchte Georg zu scherzen.<br />

„Nein, Georg, wie kannst du so einen Schwachsinn reden. Das ist die erste<br />

Lektion, dass es keine Besitzverhältnisse unter Personen gibt.“ antwortete ich.<br />

„Und trotzdem wird man öffentlich wohl bis in Ewigkeit jemanden als die Frau<br />

von bezeichnen.“ mutmaßte Georg. Die Frau meines Vaters kam mit vor<br />

Freude glänzendem Gesicht. Nein, nicht an der Tür kurz umarmen, wir<br />

mussten uns ins Wohnzimmer stellen und dann schlang Mutter einen Arm um<br />

meinen und einen um Georgs Hals. Anschließend wurden wir beide nochmal<br />

einzeln gedrückt und geherzt. „Bei Beziehungen zwischen anderen Menschen<br />

weißt du ja nie, wie sich was gestaltet, aber ich habe mir nichts sehnlicher<br />

gewünscht, als dass ihr beide, trotz deines strikten Verdikts, zusammenfinden<br />

möchtet. „Und warum hast dir das so dringend gewünscht?“ wollte ich wissen.<br />

„<strong>Carolin</strong>, erspare mir doch die ganzen Lobhudeleien. Ich spüre einfach, dass es<br />

etwas tief Verbindendes zwischen euch gibt. Ich mag Georg ja auch sehr gern,<br />

vielleicht ist das eine Gefühlsströmung, die du von mir geerbt hast.“ sagte<br />

Mutter. Das war allerhand, denn ich dachte eher sie hätte mir etwas von ihrer<br />

Misandrie vererbt. Den Männern kommt ja bei unserer Spezies nicht die<br />

Funktion zu, ästhetische Glanzlichter darzustellen, aber sie erkannte bei jedem<br />

Mann im Fernsehen aus seinem Auftreten und Verhalten Grundzüge seines<br />

Wesens und Charakters, und das war meistens übel. Nach ihrer Scheidung war<br />

ein altes Büchlein "Der Mann als logische und sittliche Unmöglichkeit und als<br />

Fluch der Welt" zu ihrer Bibel geworden. Zum Feminismus hatte sie sich aber<br />

nicht durchgerungen. Dass ich keinen Mann mehr wollte, konnte sie gut<br />

verstehen, und dass sie sich jetzt über Georg für mich freute, war höchst<br />

verwunderlich. Vielleicht gibt es ja doch etwas genetisch, biologisches, das<br />

Männer und Frauen nicht nur zum Sex miteinander motiviert, sondern sie auch<br />

animiert, miteinander gemeinsam glücklich sein zu wollen. Georg hatte Recht,<br />

es dauerte nicht lange, bis alle Bekannten über unsere vermeintliche<br />

Verehelichung informiert waren. Im Grunde nicht schlecht, so musste und<br />

konnte ich allen erklären, wie es sich zwischen uns verhielt. Am meisten<br />

erstaunt war Reemda. „Reemda, ich habe doch nicht den Feminismus verraten.<br />

Es gibt einfach etwas in dir, das lässt sich nicht befehlen. Ich habe es lange<br />

versucht, aber was ich mir ausgedacht habe, war <strong>Lüge</strong>. Ich habe mich selbst<br />

belogen.“ erklärte ich. „Und jetzt, was wird jetzt aus eurem Glück, wenn Georg<br />

in Freiburg oder Rostock eine Professur angeboten bekommt? Wird er sie<br />

ablehnen wegen der Liebe?“ fragte Reemda. Darüber hatten wir noch gar nicht<br />

nachgedacht, hatten einfach nur in unserem Glück geschwelgt. Georg kam<br />

jetzt jeden Abend von Köln. Er hatte sich noch nirgendwo beworben. „Bislang<br />

war auch keine passende Stelle ausgeschrieben. Wir bekommen einige neue<br />

Stellen, und ich habe schon mit Gott und der Welt geredet, um ihnen klar zu<br />

machen, wie lukrativ und dringend es wäre, die befristete Dozentenstelle in<br />

eine ordentliche Professur umzuwandeln.“ erklärte Georg. „Wie steht es, warst<br />

du bislang erfolgreich?“ wollte ich wissen. „Davon erfährst du ja nichts. Es<br />

kommt darauf an, wie intensiv sich die Leute dann in den Gremien dafür<br />

einsetzen, oder ob sie sich doch von anderen Argumenten überzeugen lassen.“<br />

erklärte Georg dazu. Das hieß, vorläufig warten, bis die Entscheidungen<br />

gefallen waren. Eine Atmosphäre des Wartens kam aber nie auf. Jeder Tag war<br />

ein neuer Tag der Ewigkeit. Dass ich jetzt früher aufwachen musste, störte<br />

nicht, denn ich wollte mit Georg gemeinsam den neuen Tag begrüßen. Auch

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