9.9 – 4.11 2012 Schwedische Botschaft - Building Blocks
9.9 – 4.11 2012 Schwedische Botschaft - Building Blocks
9.9 – 4.11 2012 Schwedische Botschaft - Building Blocks
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www.buildingblocksberlin.de<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong><br />
<strong>9.9</strong> – <strong>4.11</strong> <strong>2012</strong><br />
1<br />
www.schweden.org
Inhalt<br />
S 8<br />
AFF Architekten und Nürtingen-<br />
Grundschule<br />
S 20<br />
Dahm Architekten + Ingenieure<br />
und Mendel-Grundschule<br />
4 Grußwort des <strong>Schwedische</strong>n<br />
<strong>Botschaft</strong>ers, Staffan Carlsson<br />
5 Grußwort des Regierenden<br />
Bürgermeisters von Berlin,<br />
Klaus Wowereit<br />
7 »<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> Berlin – Spielen<br />
und Bauen« von Joachim Granit<br />
28 Workshops, Führungen<br />
30 »<strong>Building</strong> Future Cities« von<br />
Andrea Benze und Angela Uttke<br />
31 Nordische Fachkonferenz:<br />
»Mit Kindern im Dialog –<br />
Partizipative Stadtentwicklung«<br />
32 »Monologe, Dialoge, Stimmen-<br />
gewirr« von Agnes Katharina<br />
Müller und Angela Uttke<br />
35 »Performative Architektur« von<br />
Jonatan Habib Engqvist<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> Berlin<br />
Idee und Konzeptentwicklung:<br />
Projektteam: Mareike Röper, Magnus Brink, Grit Thunemann,<br />
Britta Söderlund, Carina Östlund, Helena Onn, Marika Lagercrantz,<br />
Karin Viklund Bornhauser, Elin Asklöv (<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>);<br />
Emilia Rosenqvist, Joachim Granit (Färgfabriken); Jake Ford,<br />
Martin Frostner, Lisa Olausson (Medium)<br />
S 12<br />
BARarchitekten und Kastanienbaum<br />
Grundschule<br />
S 24<br />
Ortner & Ortner und Nelson<br />
Mandela State International<br />
School Berlin<br />
Presse und Öffentlichkeitsarbeit: Karla Linke, Wiebke Ankersen<br />
(<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>); Beatrice Faßbender<br />
Web: www.andreasjonsson.de<br />
Grafisches Konzept: Medium, Stockholm<br />
Grafikdesign: Kristina Brusa, Leipzig<br />
Lithografie: Carsten Humme, Leipzig<br />
Druck: Henke Pressedruck, Berlin<br />
Übersetzung: Edith C. Watts<br />
Ausstellungsbau: Werkstatt für temporäre Bauten, www.wftbberlin.de<br />
Bildnachweis: S. 2 © Sagano Nishigori & photoroomservice &<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> / S. 4 © Christian T Jørgensen / S. 5 © Senatskanzlei<br />
/ S. 6+7 © Färgfabriken / S. 9 © AFF / S. 10+11 © Sagano<br />
S 16<br />
Die Baupiloten und Albert-<br />
Schweitzer-Schule<br />
S 47<br />
Partner, Sponsoren und Förderer<br />
Von links nach rechts: Steffen Hanisch<br />
(NCC), Staffan Carlsson (<strong>Schwedische</strong>r<br />
<strong>Botschaft</strong>er), Olaf Tertel (NCC) und Bert<br />
Plöger (FAW)<br />
Nishigori / S. 13 © BARarchitekten / S. 14+15 © Sagano Nishigori<br />
/ S. 17 © Baupiloten / S. 18+19 © Sagano Nishigori / S. 21 © Dahm<br />
A+I / S. 22+23 © Sagano Nishigori & photoroom-service / S. 25<br />
© Ortner & Ortner / S. 30 © JAS e.V. / S. 31 © Arkki – School of Archi-<br />
tecture for Children and Youth / S. 32–34 Sagano Nishigori & photo-<br />
roomservice & JAS e.V. / S. 35+38+39 Quelle: Wikipedia Commons<br />
/ S. 35 Kenneth Fairfax (Creative Commons Attribution 2.0 Generic)<br />
/ S. 37 El Funcionario (Creative Commons Attribution-Share Alike<br />
3.0 Unported) & Michele1978rimini (lizenzfrei) / S. 38 © Felix<br />
Brüggemann, AOC, SBA, Peter Cook & Medium / S. 39 Mandy (Creative<br />
Commons Attribution 2.0 Generic) & Smallbones (Creative<br />
Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication (lizenzfrei)<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> – Kinder als Bauherren<br />
In <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> geht es um die Beteiligung<br />
von Kindern und Jugendlichen an Bau- und<br />
Stadtplanungsprozessen: Sie schlüpfen in die<br />
Rolle der Bauherren und entwerfen zusam-<br />
men mit Berliner Architekten fantasievolle<br />
Gebäude. Die Kinder und Jugendlichen sind<br />
zwischen 6 und 16 Jahre alt und besuchen unter-<br />
schied liche Schulen in Berlin. Sie arbeiten mit<br />
fünf aus gewählten Architekturbüros in Gruppen<br />
zusammen. Gemeinsam mit den Architekten<br />
sprechen sie über ihre Wünsche und Visionen<br />
und entwerfen Modelle für ihre Traumhäuser,<br />
die dann in großem Maßstab und begeh -<br />
bar auf der Ausstellungsfläche der Nordischen<br />
<strong>Botschaft</strong>en in Berlin ausgestellt werden.<br />
Die Ausstellung wird von Führungen, Workshops<br />
zu Architektur und Stadtplanung für Kinder<br />
und Erwachsene sowie von einer Fachkonferenz<br />
begleitet.<br />
Das Konzept für <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> wurde von<br />
Färgfabriken/Medium entwickelt und bereits mit<br />
großem Erfolg 2010 in Stockholm und 2011 in<br />
Oslo umgesetzt.<br />
www.buildingblocksberlin.de<br />
3
Grußwort des <strong>Schwedische</strong>n <strong>Botschaft</strong>ers, Staffan Carlsson Grußwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit<br />
»Wo fühlst du dich in deinem Schulgebäude am<br />
wohlsten?« – »Wenn ich ganz ehrlich sein soll:<br />
eigentlich nirgendwo«. Dieser Wortwechsel<br />
zwischen Architekt und Kind in einem frühen<br />
Stadium des Projekts <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> in Berlin<br />
verdeutlicht die himmelweite Entfernung,<br />
die oftmals zwischen routinemäßiger Planung<br />
öffentlichen Raums und dem Erleben und<br />
den Bedürfnissen der eigentlichen Nutzer liegt.<br />
Kinder als Auftraggeber<br />
von Architektur,<br />
diese ungewohnte<br />
Konstellation bildet<br />
den Kern des Projektes<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>,<br />
in dem Architekten<br />
fünf Fantasiehäuser<br />
Berliner Schüler<br />
realisieren. Hier geht<br />
es um ungewohnte<br />
Begegnungen, die<br />
Früchte tragen sollen:<br />
Kinder treffen auf<br />
Architekten, Kulturschaffende<br />
auf Praktiker<br />
der Baubranche, Lehrlinge auf Spitzen-<br />
architekten. Es geht um Dialog, um neue Denkansätze<br />
und Inspiration für Architektur: Nicht<br />
nur das Endresultat der ausgestellten Häuser,<br />
sondern schon der Prozess selbst, der ungewöhnliche<br />
Weg zu den Häusern ist Teil des Projektziels.<br />
Ein anderer wichtiger Ausgangspunkt<br />
ist die Partizipation.<br />
Kinder spielen in Schweden eine wichtige Rolle.<br />
Von den neun Millionen Einwohnern in unserem<br />
Land sind fast zwei Millionen jünger als 18 Jahre,<br />
und ihre Interessen und Rechte werden besonders<br />
geschützt. So ist der Kinder-Ombudsman<br />
beispielsweise für die Einhaltung und Umsetzung<br />
der Kinderrechtskonvention der Vereinten<br />
Nationen zuständig, die »das Recht des Kindes<br />
auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und Erholung<br />
entsprechend dem Alter des Kindes, sowie das<br />
Recht, frei am kulturellen und künstlerischen<br />
Leben teilzunehmen« schützt. Was die Teilhabe<br />
von Kindern an öffentlichen Prozessen betrifft,<br />
stehen wir noch ganz am Anfang, aber wir<br />
versuchen, ihnen zuzuhören.<br />
Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, dieses<br />
von der schwedischen Kunsthalle Färgfabriken<br />
und Medium entwickelte Ausstellungskonzept,<br />
das bereits mit großem Erfolg in Stockholm und<br />
Oslo verwirklicht wurde, nach Berlin zu holen.<br />
Die weltoffene Metropole Berlin, noch immer im<br />
Wandel begriffen, erscheint als idealer Ort<br />
für den Dialog über partizipative Stadtentwicklung.<br />
Ein Dialog auf mehreren Ebenen: zwischen<br />
Deutschland und Schweden, zwischen Alt und<br />
Jung, Laien und Experten. Es ist spannend<br />
zu beobachten, wie das schwedische Konzept<br />
sich hier in Deutschland weiterentwickelt.<br />
Dank unserer deutschen und nordischen Partner<br />
können wir ein fantastisches Programm rund<br />
um die Ausstellung anbieten, das vom großen<br />
Eröffnungsfest für die ganze Familie über Workshops<br />
für Kitas und Schulen und ein Herbst-<br />
ferienprogramm bis hin zur abschließenden<br />
Fachkonferenz für Experten reicht.<br />
Ohne die Begeisterung und das große Engagement<br />
unserer Partner und Sponsoren wäre die Realisierung<br />
von <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> nicht möglich gewesen.<br />
Bei ihnen möchte ich mich deshalb hier<br />
ganz herzlich für die hervorragende Zusammenarbeit<br />
bedanken. Unser besonderer Dank<br />
gilt dabei natürlich den Kindern und Architekten<br />
sowie der Firma NCC Deutschland, die den<br />
Bau der Traumhäuser möglich gemacht und<br />
von den tüchtigen Lehrlingen der Ausbildungsstätte<br />
FAW ausführen lassen hat. Auch die<br />
Berliner Wohnungsbaugesellschaft GESOBAU,<br />
die IKEA Stiftung und das Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung haben<br />
das Programm großzügig unterstützt, eine<br />
Übersicht der zahlreichen weiteren Partner und<br />
Sponsoren finden Sie auf Seite 47.<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> kann dem oben zitierten Kind<br />
das Unwohlsein in seinem Schulgebäude<br />
nicht nehmen. Wir hoffen aber, dass das Projekt<br />
nicht zuletzt eine Diskussionen darüber an-<br />
stoßen kann, dass wir in unser aller Interesse<br />
einer großartigen Ressource mehr Beachtung<br />
schenken sollten: den Wünschen und der<br />
Kreativität unserer Kinder.<br />
Berlins Flair als weltoffene und kulturell<br />
vielfältige Metropole speist sich aus vielen<br />
Quellen. Eine dieser Quellen – das sind die<br />
vielen diplomatischen Vertretungen, die<br />
heute in der deutschen Hauptstadt ansässig<br />
sind. Die meisten <strong>Botschaft</strong>en sind offene<br />
Häuser, sie laden zu Lesungen, Konzerten,<br />
Ausstellungen und tragen auf diese Weise<br />
die Kultur ihres Heimatlandes in die Stadt.<br />
Zudem haben viele Staaten mit ihren<br />
<strong>Botschaft</strong>sneubauten spannende architektonische<br />
Akzente gesetzt, die Berlins Stadt-<br />
bild bereichern und prägen.<br />
Bestes Beispiel: die Nordischen <strong>Botschaft</strong>en,<br />
deren beeindruckendes Ensemble für die<br />
Berlinerinnen und Berliner längst zur Attraktion<br />
und zum Wahrzeichen des Lebensgefühls der<br />
Nordischen Länder geworden ist. Und auch<br />
das »Innenleben« stimmt: Die <strong>Botschaft</strong>en<br />
pflegen skandinavische Gastfreundschaft, sie<br />
tragen viel bei zum politischen Dialog wie<br />
auch zur kulturellen Vielfalt Berlins und bringen<br />
auf diese Weise ein lebendiges Stück Nordeuropa<br />
in das Herz unserer Stadt.<br />
Die enge und herzliche Verbundenheit mit<br />
Berlin – dafür steht nun auch das Ausstellungsprojekt<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> der <strong>Schwedische</strong>n<br />
<strong>Botschaft</strong>, das in den kommenden Wochen<br />
im Felleshus der Nordischen <strong>Botschaft</strong>en zu<br />
sehen sein wird.<br />
Die Idee, Kinder und Jugendliche gemeinsam<br />
mit Berliner Architekturbüros Gebäude entwerfen<br />
zu lassen und die Ergebnisse dann einer<br />
breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, hat<br />
doppelten Charme: Zum einen erhalten Berliner<br />
Schülerinnen und Schüler hier die einzigar tige<br />
Gelegenheit, sich altersgerecht mit moderner<br />
4 5<br />
Architektur, Baukultur und Stadtplanung<br />
zu befassen. Sie bringen sich mit ihren Wünschen<br />
und Vorstellungen, ja, mit ihrer gesamten<br />
Kreativität ein und erleben hautnah mit, wie<br />
ihr Traumhaus Formen annimmt.<br />
So werden Leidenschaften geweckt, Begabungen<br />
sichtbar gemacht und neue Kräfte freigesetzt.<br />
In jedem Fall ist ein Projekt wie dieses für seine<br />
jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine tolle<br />
Chance für neue Erfahrungen.<br />
Zum anderen bedeutet <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> für<br />
die Berliner Architekturbüros wie auch für das<br />
interessierte Publikum, sich ernsthaft mit den<br />
Ideen von Kindern und Jugendlichen auseinanderzusetzen<br />
und deren Kreativität ins Zentrum<br />
architektonischer Überlegungen zu rücken.<br />
So wird vielleicht manche gewohnte Denk-<br />
weise aufgebrochen und neuer Impuls<br />
gewonnen werden. Dazu trägt auch das be-<br />
gleitende Rahmenprogramm bei, das die<br />
Zukunft der Stadt aus der Sicht von Kindern<br />
untersucht und die Teil habemöglichkeiten<br />
junger Menschen an Stadtplanungsprozessen<br />
auslotet. In Zeiten, in denen eine familien-<br />
und kindgerechnete Stadtentwicklung immer<br />
mehr an Bedeutung gewinnt, ist das ein<br />
wichtiger Ansatz.<br />
Mein Dank gilt allen, die zur Realisierung des<br />
Ausstellungsprojekts <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> beige-<br />
tragen haben: insbesondere der <strong>Schwedische</strong>n<br />
<strong>Botschaft</strong> in Berlin, den Nordischen <strong>Botschaft</strong>en<br />
insgesamt, dem schwedischen Zentrum für<br />
Gegenwartskunst und Architektur Färgfabriken<br />
und dem Designstudio Medium sowie allen<br />
Partnern und Sponsoren. Zugleich danke ich<br />
den beteiligten Berliner Schulen und Archi tekten<br />
für ihr Engagement. Ich wünsche der Ausstellung<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> sowie dem umfangreichen<br />
Rahmenprogramm zahlreiche interessierte<br />
Besucherinnen und Besucher.<br />
Schirmherr des Projekts <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> Berlin – Spielen und Bauen<br />
Ich bin in den finnischen Schären.<br />
Hinter mir liegen zwei intensive<br />
Tage in Berlin, Treffen mit Bauleuten<br />
und Architekten und Absprachen<br />
zur 3. Auflage von <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>.<br />
Noch eine Woche bis Mittsommer.<br />
Ich gehe auf einem Pfad an einer<br />
Waldlichtung vorbei, auf der vor<br />
einigen Jahren eine Idee entstand.<br />
Auf der Lichtung ist um eine Eiche<br />
herum über die Jahre ein Bauwerk<br />
entstanden. Ein Erwachsener würde<br />
dazu »Baumhütte« sagen, doch für<br />
die Kinder, die sie errichtet haben, hat<br />
sie andere Inhalte und Funktionen.<br />
Ich durfte mehr darüber erfahren.<br />
Das Bauwerk ist multifunktional und<br />
verändert sich ständig, je nachdem,<br />
welche Kinder- und Altersgruppen<br />
an ihm arbeiten oder es für bestimmte<br />
Zwecke nutzen. Es besteht<br />
aus Holz, Nägeln und Stoffbahnen<br />
und liegt noch im Winterschlaf, wartet<br />
auf neue Kinder und Jugendliche.<br />
Genau dieses Bauwerk war die<br />
Inspirationsquelle für <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>,<br />
ein Projekt, das mit Jake Ford, Lisa<br />
Olausson und Martin Frostner vom<br />
Design- und Kommunikationsbüro<br />
Medium entwickelt wurde, alle sehr<br />
erfahren in der Arbeit mit Kindern und<br />
Krea tivität. Bei <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> geht<br />
es um die Idee, Kinder und Jugendliche<br />
als Bauherren mit Architekten<br />
zusammenzubringen. Wir wussten<br />
um ihre einzigartige Fähigkeit, Gedanken<br />
und Ideen über Raumgebilde<br />
und Zusammenhänge zu formulieren,<br />
aber nicht, wie sich diese im<br />
Gespräch mit Architekten entwickeln<br />
und konkretisieren würden. Würde es<br />
funktionieren? Wir ver tieften uns in<br />
die Idee und sprachen mit Pädagogen<br />
und vielen anderen Akteuren im<br />
Bereich Kinder und Schaffensprozesse.<br />
Und wir testeten unsere Idee<br />
in zwei interessanten Versuchen<br />
»live« an Architekten und Kindern.<br />
Ausgehend von diesen Erfahrungen<br />
formulierten wir einen Anforderungskatalog<br />
als Hilfsinstrument für<br />
die Architekten im Dialog mit ihren<br />
neuen Auftraggebern.<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> ist auf Reisen gegangen<br />
und hat nun seine 3. Station<br />
erreicht. Unsere erste Ausstellung<br />
in Stockholm im Frühjahr 2010 war<br />
ein Abenteuer mit großen logistischen<br />
Herausforderungen. Färg fabriken<br />
erlebte eine gigantische Renovierung,<br />
und eine 2 m breite und etwa 1 m<br />
tiefe Furche durchzog unsere große<br />
Ausstellungshalle von 900 m ² . Bis<br />
zu 200 Personen renovierten das Gebäude<br />
und bauten gleichzeitig die<br />
Ausstellung auf. Bei der ersten <strong>Building</strong>-<strong>Blocks</strong>-Ausstellung<br />
ging es uns<br />
nicht nur darum, mit schwedischen<br />
Kindern als Bauherren eine Stadt<br />
im Maßstab 1:1 zu errichten. Wir<br />
wollten das Projekt auch bei unseren<br />
internationalen Kontakten verankern<br />
und sehen, wie es in verschiedenen<br />
Teilen der Welt aufgenommen wird.<br />
Gibt es kulturelle Unterschiede in<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>, Stockholm 2010<br />
der Art, wie wir Gebäude konstruieren,<br />
und wenn ja, spiegeln sich diese in<br />
den architektonischen Ideen der<br />
Kinder wider? Der Architekt Jean<br />
Charles Tall arbeitete beispielsweise<br />
im westafrikanischen Senegal mit<br />
einer Gruppe 10-12-jähriger Jungen<br />
zusammen, deren Lebensverhältnisse<br />
sich grundlegend von denen<br />
der übrigen Kinder in den neun durchgeführten<br />
Projekten unterschieden.<br />
Das senegalesische Haus war kein<br />
Fantasiegebilde wie viele andere<br />
Häuser, sondern eine klassische Villa,<br />
die ganz konkrete Bedürfnisse erfüllte:<br />
Meerblick, Sicherheit, Basketballfeld<br />
und getrennte Räume für<br />
Männer und Frauen. Die anderen<br />
Bauten repräsentierten andere Ideen<br />
und Be dürfnisse: acht Meter hohe<br />
kokonförmige Gebilde, goldene<br />
Kapseln, labyrinthische Konstruktionen<br />
u. a. – fantasievolle Bau werke<br />
und komplexe Strukturen, bei<br />
denen die Bauherren einzeln oder<br />
als Gruppe unsere Auffassungen von<br />
6 7<br />
Architektur und Raumgebilden<br />
auf hohem Niveau herausforderten.<br />
Es ist wichtig zu betonen, dass<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> ein Prozess ist, der<br />
an jedem neuen Ort mit neuen Kindern,<br />
Architekten und Bauleuten<br />
neu entwickelt und umgesetzt wird.<br />
In Oslo, wo das Projekt in enger<br />
Modell J & T Architects, <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>, Stockholm 2010<br />
Zusammenarbeit mit Norsk Form<br />
durchgeführt wurde, schufen norwegische<br />
Kinder und Jugendliche<br />
sechs Hausunikate. Färgfabriken<br />
und DogA (das Norwegische Design-<br />
und Architekturzentrum) verfügen<br />
über große Ausstellungsflächen in<br />
ehemaligen Industriegebäuden.<br />
Durch die Mitnutzung von Wänden<br />
und Pfeilern konnten die Bauten<br />
freiere Formen annehmen. In Berlin<br />
steht <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> vor neuen Herausforderungen,<br />
denn das Felleshus<br />
der Nordischen <strong>Botschaft</strong>en ist ein<br />
Ausstellungsort mit völlig anderen<br />
Voraussetzungen. Da die Eingänge<br />
klein sind und die Ausstellungsräume<br />
keine größeren Veränderungen zulassen,<br />
werden die fünf Häuser für<br />
die Ausstellung als Bausätze konstruiert<br />
und vor Ort aufgebaut. Dadurch<br />
kann das Projekt nach der Ausstellungszeit<br />
weiterleben und andernorts<br />
neue Funk tionen erhalten.<br />
Einige Architekten und Kinder haben<br />
bereits alterna tive Orte für die Häuser<br />
nach Ausstellungsende gefunden.<br />
Neue Orte bedeuten neue Möglichkeiten<br />
– und eine neue Dimension<br />
für <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> – eine Ausstellung,<br />
die Spielen und Bauen verbindet<br />
und die – so hoffen wir – inspiriert!<br />
Joachim Granit<br />
Künstlerischer Leiter / Creative<br />
Director, Färgfabriken
In der Box<br />
macht jedes<br />
Kind, was<br />
es will.<br />
Piggsvin<br />
BAUHERREN<br />
Nürtingen-Grundschule<br />
Berlin-Kreuzberg<br />
Smila Winkelmann, 9 Jahre<br />
Zidal Güleryüz, 11 Jahre<br />
Jak Rollhäuser, 11 Jahre<br />
Elisa Koberstein Merino, 10 Jahre<br />
Lorenz Stark, 11 Jahre<br />
Joanna Luka Köster, 10 Jahre<br />
Jamaya Eckardt, 10 Jahre<br />
1 Wir wohnen in: Friedrichshain-Kreuzberg und<br />
Treptow 2 Welche Sprachen sprechen wir:<br />
Deutsch, Spanisch, Türkisch 3 Das macht uns<br />
glücklich: Haus in der Türkei, Katzenbaby,<br />
Familie in Spanien, Pferde, Computer, Freundin<br />
4 Unsere Lieblingsplätze oder -gebäude: Reiterhof,<br />
mein Bett, Kastanienbaum-Schule, Strand,<br />
Dachboden 5 Unsere Idole: Alma, Geschwister<br />
6 Unsere Lieblingsfarben: Rot, Weiß, Schwarz,<br />
Türkis und Grün 7 Unsere Hobbys: Reiten,<br />
Schwimmen, Tiere pflegen, Klettern, Spielen<br />
8 Das würden wir gerne erfinden: Kugelschreiberschwert,<br />
Flügel schuhe, Zeitmaschine, Alltagsmaschine<br />
Schutzhütte am Fichtelberg, 2010<br />
Erweiterungsbau Ludwig-Hoffmann-Grundschule<br />
Berlin-Friedrichshain, <strong>2012</strong><br />
8 9<br />
AFF Architekten<br />
ARCHITEKTEN<br />
Anja Fröhlich, Monic Frahn<br />
1 Wir wohnen in: Friedrichshain 2 Welche<br />
Sprachen sprechen wir: Deutsch, Englisch<br />
3 Das macht uns glücklich: ein Familienausflug<br />
mit allen vier Kindern, ein spannendes Buch in<br />
der Badewanne, frankophiler Pop auf langen<br />
Autofahrten, ein gutes Essen mit Freunden<br />
(Anja), ein Tag am Meer (Monic) 4 Unsere Lieblingsplätze<br />
oder -gebäude: Orte, die mit schönen<br />
Erinnerungen verbunden sind, und der Fernsehturm,<br />
der Blick über unsere Stadt 5 Unsere<br />
Idole: Pipi Langstrumpf, Joachim Ringelnatz,<br />
Marlene Dietrich (Anja), Vivienne Westwood<br />
(Monic) 6 Unsere Lieblings farben: Himmelblau<br />
und Giftgrün 7 Unsere Hobbys: Zeichnen,<br />
Tischtennis, Fahrradfahren, Schwimmen, Yoga,<br />
Nähen 8 Das würden wir gerne erfinden: eine<br />
Schwimmbahn, die sich auftut, wenn man sie<br />
braucht, wie das fiktive Gleis 9¾ im Bahnhof<br />
King’s Cross<br />
BÜRO<br />
In einer ehemaligen DDR-Bücherei in Berlin-<br />
Friedrichshain wird das zehnköpfige Büro AFF<br />
von den Brüdern Sven und Martin Fröhlich<br />
geleitet.<br />
Für AFF geht es bei Architektur um Objekte<br />
und deren Verhältnis zu ihrem Ort und ihrer Aufgabe.<br />
Die Architekten versuchen, auf unterschiedlichste<br />
Weise die spezifischen Eigenarten<br />
und Traditionen der Objekte herauszufiltern,<br />
ohne in den bestehenden Konventionen der Dinge<br />
gefangen zu sein. Die Langeweile im Objekt<br />
stellt für AFF einen unerträglichen Zustand dar.<br />
Ihre Arbeit besteht daher aus einer Entwurfsstrategie<br />
der Interpretation, in der die Beobachtung<br />
und Analyse unterschiedlicher Qualitäten<br />
der Dinge sich in einem ständigen Fluss entwickeln.<br />
Diese Beobachtung und Umsetzung macht<br />
viel Spaß – und Spaß, Fantasie und neue Ideen<br />
für alte Dinge sind ein wesentlicher Bestandteil<br />
ihrer Arbeit.<br />
www.aff-architekten.com
IDEE<br />
Jak, Joanna, Elisa, Lorenz, Zidal, Smila und<br />
Jamaya wünschen sich ein gemeinsames Haus,<br />
in dem sie alle zusammen herumtoben, Filme<br />
anschauen und Kuchen oder Pizza essen<br />
können. Trotzdem fordert jeder einen kleinen<br />
Bereich, in den er sich allein zurückziehen kann<br />
– der eine mit seiner Bartagame, die andere mit<br />
einem spannenden Buch, zum Computer zocken,<br />
»Wilde Hühner« spielen oder einfach Musik<br />
hören. Weil es so viele Mädchen in der Gruppe<br />
gibt, haben sich Jak und Lorenz entschieden<br />
enger zusammenzurücken. Natürlich stellen sich<br />
alle gleich vor, dass das Haus eine Küche, viele<br />
Schlafzimmer, Badezimmer und Dachgarten<br />
haben soll, aber wenn es geht, bitte auch<br />
viel mehr. Zwei Geschosse soll das Haus haben,<br />
die Treppen dürfen verwinkelt sein, jeder<br />
Raum braucht selbstverständlich eine Abtrennung.<br />
Die Fenster müssen besonders sein,<br />
Nachbarn darf es keine geben. Zum Tauschen<br />
von Spielsachen soll auf jeden Fall eine Second-<br />
Hand-Box zur allgemeinen Benutzung unterkommen.<br />
Auch so ein Kaugummiautomat<br />
wie auf der Straße wäre schön. Schließlich<br />
sollte der Eingang ins Haus möglichst so klein<br />
sein, dass ihr Lehrer nicht durchpasst.<br />
Das ist eine schwierige Aufgabe. Diese Vielzahl<br />
von Wünschen in einem Haus mit 4×4 Meter<br />
Grundfläche unterzubringen, gleicht einer »Eierlegenden<br />
Wollmilchsau«. So besprachen wir es<br />
bereits beim ersten Treffen mit den Kindern.<br />
Dennoch suchten wir eine Lösung, die möglichst<br />
viele Vorstellungen umsetzen konnte. Wir entwickelten<br />
ein Haus aus Schichten, wie bei einer<br />
Zwiebel. Sehr kompakt mit einem großen, offenen<br />
Raum im Zentrum. Die äußere Wand aus<br />
zwei Schichten ist ein Klettergang. In ihr stecken<br />
sechs kleine Räume mit einer kleinen Öffnung<br />
nach außen und einer großen zum inneren Hof.<br />
Jeder kann in dieser Kletterschicht in seinen eigenen<br />
Raum, der mehr eine eigene Box ist, klettern.<br />
Wenn er nicht gestört werden will, kann er<br />
einen Vorhang schließen. In der Box macht jedes<br />
Kind was es will. Sie sollen die Wände selbst<br />
gestalten mit persönlichen Bildern oder farbig<br />
anstreichen oder, oder, oder …<br />
Von außen soll das gemeinsame Haus etwas<br />
wie eine Burg aussehen, in der das Innere vielleicht<br />
ein verwunschenes Prinzessinnenzimmer<br />
birgt. Der Eingang ist wie alles auch klein, aber<br />
mit ein bisschen Geschick kann man sicher auch<br />
von außen hinaufklettern. Vielleicht doch noch<br />
eine Chance für den Lehrer!<br />
Monic Frahn, Anja Fröhlich<br />
10 11
Ein buntes<br />
Haus, wo<br />
alles drin ist.<br />
Buntes<br />
Schneckenhaus<br />
BAUHERREN<br />
Kastanienbaum Grundschule<br />
Berlin-Mitte<br />
Yara Farmi, 6 Jahre<br />
Linus Maximilian Tenge, 8 Jahre<br />
Nina Vanessa Spielmann, 8 Jahre<br />
Amon Wilms, 7 Jahre<br />
1 Wir wohnen in: Berlin-Mitte 2 Welche Sprachen<br />
sprechen wir: Deutsch, Bulgarisch, Russisch,<br />
Englisch 3 Das macht uns glücklich: Schlafen,<br />
Eis mit Sahne, Sport, Schwimmen 4 Unsere<br />
Lieblingsplätze oder -gebäude: Höhle, Schule,<br />
Krausnickpark, Schwimmbad, Kino, Tanzschule,<br />
Gedächtnis kirche 5 Unsere Idole: Spiderman,<br />
Daniele von DSDS, Gesangslehrerin (Lena),<br />
Mario Gomez 6 Unsere Lieblingsfarben: Rot,<br />
Neongelb, Orange, Türkis, Grün, Lila/Pink<br />
7 Unsere Hobbys: Klettern, Tanzen, Schwimmen<br />
8 Das würden wir gerne erfinden: einen<br />
Schrank, der fliegen kann; eine sprechende<br />
Tafel, die laufen kann; ein Bogen aus Lego, der<br />
Luftrollen machen kann; einen auto matischen<br />
Schwester betreuer<br />
Oderberger Straße 56 in Berlin-Prenzlauer Berg, 2009<br />
12 13<br />
BARarchitekten<br />
ARCHITEKTEN<br />
Antje Buchholz, Jack Burnett-Stuart, Michael<br />
von Matuschka, Jürgen Patzak-Poor<br />
1 Wir wohnen in: Berlin-Prenzlauer Berg und<br />
Eagle Rock, L.A. 2 Welche Sprache sprechen<br />
wir: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch<br />
3 Das macht uns glücklich: eine gute Mischung<br />
4 Unsere Lieblingsplätze oder -gebäude:<br />
Palazzo Raggione in Padua, DLRG-Station in<br />
Berlin von Ludwig Leo, die Loosbar in Wien von<br />
Adolf Loos und das Schindler House in L.A. von<br />
R.M. Schindler 5 Unsere Idole: Wir haben viele<br />
Vorbilder, aber keine Idole: Ludwig Leo, Jean<br />
Prouvé, Eileen Grey, Ray and Charles Eames,<br />
Adolf Loos, Moisei Ginzburg, R.M. Schindler,<br />
Ted Smith 6 Unsere Lieblingsfarben: Rapsgelb,<br />
Resedagrün, Lichtgrau, Moosgrau, Kieselgrau<br />
und Grau 7 Unsere Hobbys: Puzzeln 8 Das wür-<br />
den wir gerne erfinden: wärmedämmenden Beton,<br />
Jugendarbeitslosigkeitsbeseitigungsmaschine<br />
BÜRO<br />
BAR (Base for Architechture and Research) wird<br />
in diesem Jahr 20 Jahre alt. Das Berliner Architektenbüro<br />
hat seit der Gründung alle Aspekte<br />
des Bauens erforscht – vom »Durchgangsbad«,<br />
einer Badezimmerlösung für Einraumwohnungen,<br />
bis zu Strategien für Entwicklung und<br />
Neunutzung von Baulücken in Brandenburger<br />
Städten. In ihrer Arbeit konzentrieren sich die<br />
Architekten vor allem auf Forschung im Bereich<br />
Urbanität und auf die Herausforderungen<br />
der Stadtplanung. Die Stadt als sich stetig ent-<br />
wickelnder Treffpunkt und die Gebäude dieser<br />
Stadt als Träger mehrerer Nutzungsfunktionen<br />
sind zentrale Bestandteile der Arbeit von BAR.<br />
www.barwork.de
IDEE<br />
Das Haus der Kinder der Klasse 1/2 der Kastanienbaum-Schule<br />
hat ein lebendiges Erdgeschoss:<br />
Im Kiosk können die Kinder selbstgemachte<br />
Baste leien oder Kekse verkaufen. In der<br />
Minigalerie können Bilder ausgestellt werden.<br />
Die erste Ausstellung wird die Traumhaus-Bilder<br />
der 25 Klassenkameraden von Yara, Nina, Amon<br />
und Linus zeigen. Für die Bibliothek werden jetzt<br />
schon Bücher gesammelt, damit die Regale voll<br />
sind, wenn das Haus fertig gebaut ist und eingeweiht<br />
wird. Durch den Gemeinschaftsraum<br />
kommt man in ihr Treppenhaus.<br />
Diese vier farbenfrohen Einheiten Kiosk, Galerie,<br />
Bibliothek und Gemeinschaftsraum werden<br />
so gebaut, dass man sie nach der Ausstellung<br />
auch wieder aufbauen und wiederverwenden<br />
kann. Der Kiosk könnte Teil eines Schülercafés<br />
werden. Unter die Bibliothekskiste könnte man<br />
Rollen schrauben und als fahrbare Bibliothek<br />
durch die Schule schieben …<br />
Das Treppenhaus windet sich langsam nach<br />
oben (Schneckenhaus!), von den Zwischenpodesten<br />
gehen Räume ab. Hier findet man den<br />
Mädchen- und den Jungensbereich, so, wie<br />
es sich die Bau herren gewünscht haben. Die<br />
Räume haben unterschiedliche Ebenen, die mit<br />
Stufen oder einer Rutsche (leider keine Wasserrutsche,<br />
wie ursprünglich gewünscht!) verbunden<br />
sind, so dass sich der Mädchen- und der<br />
Jungensbereich an anderer Stelle wiedertrifft.<br />
Ein Schacht in der Mitte sollte eigentlich der<br />
erhoffte Geheimgang von ganz unten nach ganz<br />
oben werden. Das ist aber zu gefährlich, deshalb<br />
kann diese Verbindung nur als »Kissenschacht«<br />
verwendet werden.<br />
Wie der Name des Hauses andeutet, soll es<br />
ganz bunt werden. Die Bauherren schlagen die<br />
Farben Neongelb, Schwarz, Rot und Blau vor.<br />
Michael von Matuschka<br />
Mitarbeit: Florian Gilles<br />
14 15
Sitzen,<br />
essen, liegen,<br />
schauen und<br />
fliegen.<br />
Blickfänger<br />
BAUHERREN<br />
Albert-Schweitzer-Schule<br />
Berlin-Neukölln<br />
Fehime Sinanaj, 16 Jahre<br />
Edona Gashi, 15 Jahre<br />
Sennur Basar, 16 Jahre<br />
1 Wir wohnen in: Berlin-Neukölln 2 Welche<br />
Sprachen sprechen wir: Deutsch, Französisch,<br />
Englisch, Albanisch, Spanisch, Türkisch 3 Das<br />
macht uns glücklich: Erfolg, Glück, mit der<br />
Familie zusammen zu sein und Freunde<br />
4 Unsere Lieblingsplätze: Comenius-Garten,<br />
Britzer Garten und Tempel hofer Feld 5 Unsere<br />
Idole: Marcel Remus, Atatürk, meine Schwester<br />
6 Unsere Lieblingsfarben: Pastelltöne,<br />
Schwarz, Rot, knallige Farben und Neonfarben<br />
7 Unsere Hobbys: Reisen, Lesen, Zeichnen<br />
8 Das würden wir gerne vom Projekt <strong>Building</strong><br />
<strong>Blocks</strong> lernen: Grundwissen über Architektur,<br />
unserer Kreativität freien Lauf lassen<br />
Kita Taka-Tuka-Land, Berlin-Spandau, 2007<br />
Erika-Mann-Grundschule, Berlin-Wedding, 2008<br />
16 17<br />
Die Baupiloten<br />
ARCHITEKTEN<br />
Nils Ruf, Max Graap, Marius Busch<br />
1 Wir wohnen in: Prenzlauer Berg, Kreuzberg<br />
2 Welche Sprachen sprechen wir: Deutsch,<br />
Französisch, Englisch 3 Das macht uns glücklich:<br />
schöne Aussicht, schöne Architektur<br />
4 Unsere Lieblingsplätze oder -gebäude:<br />
Brunnen am Christian-Weber-Platz, la Tour<br />
Bois-le-Prêtre von Druot, Lacaton & Vassal (Nils),<br />
Kölner Brett von Brandlhuber und das New<br />
Museum of Contemporary Art von Sanaa (Max)<br />
5 Unsere Idole: Fritz Pearls (Nils), Marius Busch<br />
& Nils Ruf (Max) 6 Unsere Lieblingsfarben:<br />
Rosa und Silber, Grün und Weiß 7 Unsere<br />
Hobbys: Lesen, Faulenzen, Reisen, Kochen &<br />
Essen, mit Freunden quatschen & Kaffee trinken<br />
8 Das würden wir gerne erfinden: eine<br />
Zeitmaschine und Floo Powder<br />
BÜRO<br />
Die Baupiloten sind eigentlich kein Architektenbüro,<br />
sondern Teil eines Projekts der Technischen<br />
Universität Berlin, in dem Studenten zusammen<br />
mit ihren Lehrern und Architekten<br />
Gebäude erschaffen. So will man das in vielen<br />
Fällen allzu theoretische Architekturstudium<br />
auf eine praktische Ebene heben. Die Baupiloten<br />
durchlaufen alle Bauphasen – vom konzeptionellen<br />
Entwurf bis zur Realisierung, oft mit<br />
knappen Budgets.<br />
In Berlin und in ganz Deutschland kann man<br />
auf öffentliche Gebäude der Baupiloten stoßen.<br />
Nicht selten geht es um Schulen und KiTas, wo<br />
man die Bestrebungen, Kinder und Jugendliche<br />
an der Planung zu beteiligen, deutlich sieht. So<br />
werden graue Schulgebäude zu fantasievollen<br />
und kinderfreundlichen Neuschöpfungen.<br />
Die Baupiloten gibt es an der TU seit 2003,<br />
als die freie Architektin Susanne Hofmann das<br />
Projekt aus der Taufe hob.<br />
www.baupiloten.com
IDEE<br />
Edona, Fehime und Sennur wollen nicht mehr<br />
morgens zur Schule kommen und auf einen<br />
langweiligen, ungemütlichen Platz gucken. Sie<br />
möchten einen Platz gestalten, wo man chillen<br />
kann, sich unterhalten, dringende Dinge besprechen<br />
… Aus diesem Grund sind diese<br />
drei Schülerinnen Teil der »Platz-AG«. Eine AG,<br />
die Ideen für die Neugestaltung des Albert-<br />
Schweitzer-Platzes direkt vor ihrer Schule<br />
ent wickelt. Der Entwurf erfüllt also zwei Aufgaben.<br />
Zum einen als Ausstellungsobjekt in<br />
den Nor dischen <strong>Botschaft</strong>en und zum anderen<br />
als Möbel auf dem Albert-Schweitzer-Platz.<br />
Die Schülerinnen beginnen mit dem Bau von<br />
drei individuellen Modellen, die ihre Wünsche<br />
und Träume in einem Objekt darstellen. Alle<br />
drei wünschen sich eine Vielzahl an Sitzmöglichkeiten.<br />
Am liebsten auf unterschiedlichen<br />
Ebenen. Mal überdacht, mal offen. Fehime und<br />
Sennur denken auch an eine Ausstellungswand,<br />
auf der die Platz-AG informieren kann oder die<br />
Kunstkurse ihre Bilder zur Schau stellen.<br />
Wir stellen viele Fragen zu ihren Lieblingsorten:<br />
Was macht ihr da? Wie sieht es dort aus?<br />
Wie riecht es? Sitzt du, stehst du, liegst du? Wir<br />
gehen auch auf den Platz, dort ist es aber<br />
schwierig, denn eigentlich gefällt den Dreien<br />
dort bisher gar nichts. Um noch mehr über<br />
die Wünsche von Edona, Fehime und Sennur<br />
zu erfahren, werden Collagen gebastelt. Auf<br />
ihnen wird die Atmos phäre an ihrem Traumort<br />
dargestellt. Die Berichte werden differenzierter:<br />
Edona liegt auf einem grünen Hügel und<br />
schaut auf das besondere Etwas, Fehime sitzt<br />
geschützt vor der Sonne und genießt ihr Essen<br />
und Sennur fliegt auf einem weichen Kissen,<br />
umgeben von Blumen und bunten Mustern.<br />
Wir entwickeln eine aufgeständerte Plattform,<br />
die auf den 4×4 Metern unterschiedlichste Bereiche<br />
zum Stehen, Sitzen und Liegen bietet.<br />
Eine Bar, an der Fehime Getränke verkaufen, ihr<br />
Taschengeld aufbessern, vielleicht sogar reich<br />
werden kann. Das Wohnzimmer mit unterschiedlichen<br />
Sitzen für eine große Gruppe. Die<br />
Lounge, etwas geschützt, für private Gespräche<br />
der Schülerinnen, die nicht jeder hören darf.<br />
Das Sonnendeck für das gemütliche Liegen und<br />
in den Himmel Schauen. Viele Kissen liegen auf<br />
der Plattform. Manche sind befestigt, manche<br />
sind lose und können dann individuell genutzt<br />
werden. An der Brüstung werden Blumentöpfe<br />
befestigt, die Schülerinnen organisieren dafür<br />
gerne aus jeder Klasse ihrer Schule Blumen.<br />
Auch die kleine Ausstellungsfläche unter dem<br />
Sonnendeck wird von den Schülerinnen bespielt.<br />
Die Schirme bilden das gewisse Etwas und lassen<br />
eine zusätzliche Individualität zu. Sie sind<br />
verstellbar und verspiegelt, sie bieten Sonne<br />
oder Schatten und erzeugen ständig neue Blicke.<br />
Durch die modulare Bauweise kann die Plattform<br />
nach der Ausstellung in einer anderen<br />
Konfigu ration auf dem Albert-Schweitzer-Platz<br />
aufgebaut werden.<br />
Sie kann sich dem<br />
Platz anpassen und<br />
neue Qualitäten ent-<br />
wickeln, damit sich<br />
Edona, Fehime und<br />
Sennur auch dort<br />
endlich wohl fühlen.<br />
Nils Ruf, Max Graap,<br />
Marius Busch<br />
18 19
Pizza essen<br />
zwischen<br />
Legosteinen.<br />
Jupeviniti<br />
BAUHERREN<br />
Mendel-Grundschule<br />
Berlin-Pankow<br />
Pepe Brix, 10 Jahre<br />
Till Haroske, 10 Jahre<br />
Jurek Karzikowski, 10 Jahre<br />
Nils Gnädig, 11 Jahre<br />
Vincent Kierstein, 10 Jahre<br />
1 Welche Sprache sprechen wir: Deutsch<br />
2 Wir wohnen in: Berlin-Pankow 3 Das macht<br />
uns glücklich: Fußball, Lego, Familie 4 Unsere<br />
Lieblingsplätze oder -gebäude: Bürgerpark,<br />
Fußballplatz, Tower Bridge in London, Ringofen<br />
in Templin, Lüneburger Heide 5 Unsere Idole:<br />
Mutter, Schwester, Klaas-Jan Hüntelhaar,<br />
Miroslav Klose, Hundertwasser 6 Unsere Lieblingsfarben:<br />
Blau, Gelb, Grün 7 Unsere Hobbys:<br />
Lego bauen, Basketball, Fußball, Klettern,<br />
Schwimmen 8 Das würden wir gerne erfinden:<br />
Autos, die Kinder per Sprache steuern können,<br />
Propellerträger, ferngesteuerte Mini-Star-Wars-<br />
Figuren, Transportroboter, umweltfreundlichen<br />
Treibstoff<br />
Kongresshalle, Berlin-Mitte, 2006<br />
20 21<br />
ARCHITEKTEN<br />
Dahm Architekten + Ingenieure<br />
Andrea Martin, Kerk-Oliver Dahm<br />
1 Wir wohnen in: Berlin-Köpenick 2 Welche<br />
Sprache sprechen wir: Deutsch, Englisch<br />
3 Das macht uns glücklich: meine Kinder, Sport,<br />
Aner kennung meiner Arbeit, eine weite bunte<br />
Sommerwiese 4 Unsere Lieblingsplätze:<br />
Berlin-Mitte, ein Haus am Meer 5 Unsere Idole:<br />
Marka Kumpe Martin, Erwin Strittmatter<br />
6 Unsere Lieblingsfarben: Blau, Sommergrün<br />
7 Unsere Hobbys: meine Kinder, Sport, Haus,<br />
Garten, Familie 8 Das würden wir gerne erfinden:<br />
eine Zeitmaschine, eine Konservierungs-/<br />
Ablagemaschine für schöne Augenblicke, Düfte<br />
und Emotionen<br />
BÜRO<br />
Hinter Dahm Architekten + Ingenieure steht<br />
Kerk-Oliver Dahm, der seit 2001 das Büro<br />
in Berlin-Friedrichshain leitet. Dahm Architekten<br />
haben vor allem mit Wohngebäuden gear -<br />
beitet und besonders mit deren energetischen<br />
Sanierung. Alte Häuser werden so energie-<br />
effizienter und umweltfreundlicher, gleichzeitig<br />
aber auch schöner und wohnfreundlicher.<br />
Auch die Modernisierung, Sanierung und Erweiterung<br />
legendärer Gebäude ist ein wichtiger<br />
Teil der Architektur. Dem Haus des Lehrers und<br />
der denkmalgeschützten Kongresshalle am<br />
Alexanderplatz hat Dahm Architekten ein schöneres<br />
und moderneres Aussehen verliehen, sodass<br />
das Haus auch heute als Kongresszentrum<br />
genutzt werden kann.<br />
www.dahm-ai.de<br />
Haus des Lehrers, Berlin-Mitte, 2006
IDEE<br />
In der Diskussion mit der Jungs-WG 5/5<br />
(5 Jungs der 5. Klasse) und dem Versuch, sie<br />
aus der Ein familienhausstruktur heraus-<br />
zulocken, ent wickelten sich – ganz frei von<br />
Zwängen – erst viele Ideen, wie eine solche<br />
WG (natürlich ohne Eltern!) funktionieren<br />
kann und später, welcher Hülle diese bedarf:<br />
EIN GANZ NORMALER TAG<br />
»In der Zentrale spielt Ordnung keine Rolle –<br />
alles kann man hier machen, auch Pizza<br />
zwischen Legosteinen essen. Von der Zentrale<br />
aus kann nach der stärkenden Mahlzeit in alle<br />
›50 Winkel und Ecken‹ und auf alle ›1000<br />
Ebenen‹ ausgeströmt werden. Wer es bis zur<br />
Brücke geschafft hat, ist der Herrscher des<br />
Towers und der Meister am Game-Controller!«<br />
VORSCHLäGE<br />
– ein Turm: der Tower<br />
– ein zentraler Spiele-Bereich: die Zentrale<br />
– ein Computerraum: die Brücke<br />
– Privatsphäre: die Kojen<br />
– ein Raum zum Basteln, Malen und Erfinden:<br />
die Werkstatt<br />
– Stauraum für Gerümpel (viel Gerümpel):<br />
der Rollcontainer<br />
– Garten / Terrasse / Pool / Grill / Haustiere:<br />
das Deck<br />
– Sport: die Ebenen, Rutschstange, Netze<br />
– Extras: der Wintergarten, Solaranlage,<br />
Graffitiwand<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Die Definition von Prioritäten und die Beschränkung<br />
auf reale Möglichkeiten (Baukörper<br />
4×4×4,5 m; einfache technische Lösungen,<br />
wenig Rundungen …) fällt den Bauherren<br />
schwer – wie im wahren Leben. Das Ergebnis<br />
erinnert kurioserweise an die Lösungen<br />
eines großen schwedischen Möbelhauses<br />
– spricht das gegen den Architekten oder<br />
für das Möbelhaus? Ein Schloss ist es nicht<br />
geworden, aber heraus gekommen ist ein<br />
»Ichfühlmichsauwohl«-Haus.<br />
Andrea Martin, Kerk-Oliver Dahm<br />
22 23
Kleines Objekt von<br />
5 individuellen Eigentümern<br />
(L-U-H-K-S),<br />
Gebäude mit Licht<br />
(LUX), Ein- und Aus-<br />
blicken (LOOKS).<br />
LUHKS<br />
BAUHERREN<br />
Nelson Mandela State<br />
International School Berlin<br />
Berlin-Wilmersdorf<br />
Celine Niemitz-Rossant, 14 Jahre<br />
Niklas Gantenbein, 15 Jahre<br />
Sandra Werner, 15 Jahre<br />
Leon Ludwig, 15 Jahre<br />
Siri Black, 15 Jahre<br />
1 Wir wohnen in: Reinickendorf, Neukölln,<br />
Schöneberg und Zehlendorf 2 Welche Sprachen<br />
sprechen wir: Deutsch, Englisch 3 Das macht<br />
uns glücklich: schönes Wetter, Mitmenschen,<br />
sozial sein, die richtige Atmosphäre, auf Bäume<br />
klettern 4 Unsere Lieblingsplätze: am Kanal,<br />
Viktoria-Luise-Platz, Volkspark, Fischtal und<br />
Greenwichpromenade 5 Unsere Idole: Will<br />
Champion, Barack Obama und positiv denkende<br />
Leute 6 Unsere Lieblingsfarben: Blau, Grün,<br />
Rot und Türkis 7 Unsere Hobbys: Malen, Klavier,<br />
Volleyball, Zeichnen und Musik 8 Das würden<br />
wir gerne erfinden: Zeitmaschine, Teleporter<br />
und den Weltfrieden<br />
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und<br />
Universitätsbibliothek, Dresden, 2002<br />
Solarpavillon, Campus der FH Potsdam, 2011<br />
24 25<br />
Ortner & Ortner<br />
ARCHITEKTEN<br />
Manfred Ortner; Johan Sauer, Daniel Hanack<br />
(Atelier1b)<br />
1 Wir wohnen in: Wilmersdorf und Charlottenburg<br />
2 Welche Sprachen sprechen wir: Deutsch,<br />
Englisch, Schwedisch 3 Das macht uns glücklich:<br />
ein guter Film, ein schönes Konzert, Tiefschnee-<br />
und Skifahren 4 Unsere Lieblingsplätze und<br />
-gebäude: Phil har monie Berlin, Sächsische<br />
Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek,<br />
Dresden (SLUB) 5 Unsere Idole: Ken<br />
Adams, Hans Poelzig, Piero de la Francesca, Jan<br />
Vermeer, Baltus, alle guten Maler 6 Unsere<br />
Lieblingsfarben: Dunkelblau, Indigo, Rostrot<br />
7 Unsere Hobbys: Skifahren, Klettern, Kino 8 Das<br />
würden wir gerne erfinden: Funkstrom, schwarzes<br />
Licht<br />
BÜRO<br />
Die Geschichte von Ortner & Ortner reicht zurück<br />
bis zum Jahr 1970 in Düsseldorf. Damals hießen<br />
sie Haus-Rucker-Co und bewegten sich in der<br />
Landschaft zwischen Freier Kunst und Architektur.<br />
Sie arbeiteten viel mit innovativen Themen<br />
wie der Verschmelzung von natürlich Gewachsenem<br />
und künstlich Geschaffenem. Haus-<br />
Rucker-Co war mit großen Projekten mehrmals<br />
auf der documenta in Kassel vertreten. Seit den<br />
letzten zwei Jahrzehnten ist Ortner & Ortner ein<br />
reines Architekturbüro mit einer fast unendlichen<br />
Liste von realisierten und häufig sehr bekannten<br />
Projekten – Kulturzentren, Einkaufszentren<br />
und Wohnbebauungen – in ganz Deutschland<br />
und Österreich. Sowohl das Wiener<br />
Museumsquartier als auch das kürzlich eröffnete<br />
Boulevard Berlin in Steglitz wurden<br />
von Ortner & Ortner entworfen. Seit 1994 haben<br />
die beiden Brüder Manfred und Laurids einen<br />
Ableger in Berlin.<br />
www.ortner.at<br />
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Duisburg, <strong>2012</strong>
IDEE<br />
Da sitzen sie: fünf junge Bauherren – Celine,<br />
Niklas, Sandra, Leon, Siri –, Schüler/Innen der<br />
Nelson-Mandela-Schule, die sich ein kleines<br />
Gebäude wünschen.<br />
Ihre Schule ist die beste, mehrere haben familiären<br />
Kontakt zur Architektur – sie reden lustig,<br />
aber vernünftig, reagieren wohlwollend bis<br />
begeistert auf Projekte, die wir ihnen zeigen.<br />
Überhaupt: Die Bauherren sind ziemlich erwachsen<br />
und sehr sympathisch.<br />
Nach einem Programm für das Haus gefragt,<br />
kristallisiert sich rasch ein kleines Gebäude<br />
ohne spezifische Nutzung heraus, eine Art Clubhaus.<br />
Wichtig hingegen erscheinen Licht,<br />
Dimensionen, Stimmungen. Die Kommunikation<br />
innerhalb des kleinen Hauses, das Gemeinschaftliche<br />
rückt ins Zentrum. Und doch gibt es<br />
Differenzierungswünsche, kleinere Bereiche,<br />
unterschiedlich in Stimmungen und Licht. Immer<br />
wieder kreisen diese Themen und es entsteht<br />
so etwas wie ein sprachlicher Raumplan<br />
(A. Loos), den wir in Modellen umzusetzen<br />
versuchen: fließender Raum mit verschiedenen<br />
Niveaus, eher Bereiche, die um einen größeren<br />
anzuordnen sind. Themen wie Variabilität,<br />
Transluzenz, traditionelle japanische Architek-<br />
tur tauchen auf und verschwinden wieder.<br />
Vielleicht zu viel, zu teuer.<br />
Bei der Frage nach dem Aussehen des Gebäudes<br />
spricht Sandra so en passant vom »Stilbruch«.<br />
Sie kennt das aus der Mode und schließlich<br />
haben Häuser und Kleider einiges gemeinsam.<br />
Uns als Architekten liegt das, sehen wir doch im<br />
»Crossing« die Chance, einem allzu glatten,<br />
elitären Stil zu entkommen. Wir diskutieren über<br />
einen Bezug dieses Hauses zu ihrer Schule, ob in<br />
der Herkunft und Haltung von Nelson Mandela<br />
nicht etwas fürs Haus, für den »Stilbruch« zu gewinnen<br />
ist. Es scheint allen Beteiligten finanziell<br />
zu schwierig und möglicherweise zu platt.<br />
Wir einigen uns, zu dem sehr klaren, modular<br />
gebauten Kubus Versatzstücke, ornamentale<br />
Stücke aus einer traditionellen bürgerlichen<br />
Architektur zuzufügen – diese allerdings atypisch<br />
einzusetzen. Jeder Bauherr bekommt sein<br />
eigenes Stück – eine kleine individuelle Attitude<br />
fürs kühle Clubambiente.<br />
LUHKS – das kleine Haus aus Holz – zeigt außen<br />
seine Struktur und Konstruktion. Jede Seite<br />
einschließlich des Bodens hat eine Öffnung für<br />
Licht und Ein- und Ausblicke. Innen differenziert<br />
sich der Kubus in verschiedene Raumsphären<br />
und Ebenen und einen größeren gemeinschaftlich<br />
zentralen Bereich. In den plastisch sich<br />
auskragenden Wand- und Deckenelementen<br />
sind die Deko-Versatzstücke aus dem Bauhaus<br />
eingearbeitet. Das ganze Gebäude wird weiß<br />
getüncht mit einer Art Gips-Milch, die manchmal<br />
dicker, manchmal dünner ist: Sie homogenisiert<br />
alles, gibt dem Ganzen einen artifiziellen<br />
Modellcharakter.<br />
Ergänzt werden soll das Haus durch fünf<br />
Schein werfer auf Stativen: Sie werfen das Licht<br />
auf sehr spezifische Weise in die Innenräume,<br />
sorgen dort für entsprechende Atmosphäre.<br />
Manfred Ortner, Johan Sauer, Daniel Hanack<br />
26 27
Eröffnungsfest<br />
<strong>9.9</strong> <strong>2012</strong><br />
11–17 Uhr<br />
Eintritt frei<br />
FÜNF BAUHERREN, FÜNF HäUSER –<br />
beauftragt von Berliner Schülern und<br />
entworfen von renommierten Architekten.<br />
Bei der Eröffnung der Ausstellung<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> können diese<br />
fantastischen, begehbaren Raumgebilde<br />
erstmals bestaunt werden.<br />
ERÖFFNUNGSFEST PROGRAMM<br />
BEGRÜSSUNG (11.30 h)<br />
Mit <strong>Botschaft</strong>er Staffan Carlsson und<br />
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher<br />
BASTELAKTION (12, 13, 14, 15 & 16 h)<br />
Erstelle selber einen »<strong>Building</strong> Block«<br />
und nutze ihn als Rucksackhaus,<br />
Taschenhaus oder Hut.<br />
(JAS – Jugend Architektur Stadt)<br />
MUSIKWERKSTATT (12 – 13 Uhr)<br />
Schrott-Nisse und Blech-Johan aus<br />
Schweden präsentieren selbstgemachte<br />
Musikinstrumente aus (Bau-)Schrott.<br />
Musik zum Spielen und Anfassen.<br />
FILMPROGRAMM (14 – 15 h)<br />
Trickfilme über die Abenteuer des<br />
kleinen Frosches Frobi und über<br />
ein Schweinchen, das vom Fliegen<br />
träumt. (Spatzenkino)<br />
EINFÜHRUNG (15.30 h)<br />
Die schwedische Kulturrätin Marika<br />
Lagercrantz erklärt die Idee hinter<br />
»<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>«<br />
SPIEL- UND SCHMÖKERECKE<br />
Vattenfall informiert über den spar-<br />
samen Einsatz von Energie und wie<br />
man klimafreundlich Strom herstellt.<br />
BUCHVERKAUF<br />
Büchertisch von Pankebuch mit nor-<br />
dischen Kinder- und Jugendbüchern<br />
KULINARISCHES<br />
<strong>Schwedische</strong> Spezialitäten für die<br />
ganze Familie in der Kantine der<br />
Nordischen <strong>Botschaft</strong>en<br />
Das Eröffnungsfest wird unterstützt<br />
von Vattenfall Europa AG<br />
Workshops<br />
<strong>9.9</strong>– <strong>4.11</strong> <strong>2012</strong><br />
jeden Dienstag und<br />
Donnerstag<br />
für Schulen<br />
und Kitas<br />
Jeden Dienstag und Donnerstag laden<br />
wir vormittags zu Workshops für<br />
Schulklassen und Kitagruppen ein.<br />
Wir bauen an einem utopischen<br />
Stadtmodell und hinterfragen den<br />
herkömmlichen Städtebau. Dabei<br />
entsteht zeitgleich eine ständig wachsende<br />
Sammlung von Stadtplänen.<br />
Am Ende jeder Veranstaltung platzieren<br />
wir kleine Baustellenschilder<br />
ins Stadtmodell als Planungsauftrag<br />
für die nächste Workshopgruppe.<br />
Uhrzeit: jeweils 9 – 13 Uhr<br />
Alter: Vorschulkinder bis 6. Klasse<br />
Grundschule<br />
Anmeldung und Info:<br />
kleine baumeister, Tel. 030 / 61 30 81 47<br />
www.kleinebaumeister.de<br />
anmeldung@kleinebaumeister.de<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> &<br />
kleine baumeister<br />
JAS Jugend Architektur Stadt e.V. ist ein gemein-<br />
nütziger Verein zur Förderung der baukulturellen<br />
Bildung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.<br />
Mit seinen Aktivitäten möchte der Verein<br />
junge Menschen anregen, Architektur, Design, Stadt<br />
und Landschaft – die gestaltete Lebensumwelt<br />
mit allen Sinnen wahrzunehmen, neu zu entdecken<br />
und mitzugestalten. Ziel ist es, Kindern einen<br />
verantwortungsvollen und kreativen Umgang mit<br />
unterschiedlichen Räumen zu vermitteln.<br />
JAS ist bundesweit aktiv, mit Schwerpunkten im<br />
Ruhrgebiet, Köln, Hamburg und Berlin. Vereinssitz<br />
ist Essen. Seit 2010 gibt es die Kinder- und Jugendakademie<br />
für Baukultur JAS VOR ORT in Essen<br />
als feste Anlaufstelle und außerschulische Bildungseinrichtung. <br />
Gruppenführungen<br />
<strong>9.9</strong>–<strong>4.11</strong> <strong>2012</strong><br />
auf Anfrage<br />
Wie sieht ein haustierfreundliches<br />
Haus aus? Und braucht man unbedingt<br />
Türen? Berechtigte Fragen, oder?<br />
Kinder und ihre Kreativität in den<br />
Mittelpunkt moderner Architektur<br />
zu stellen, um zu neuen Denkwegen<br />
zu inspirieren – das ist die Ausgangsidee<br />
von <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>. Bei unseren<br />
Führungen berichten wir über den<br />
kreativen Arbeitsprozess und erkunden<br />
gemeinsam die Ergebnisse des Projekts:<br />
begehbare Häuser zum Spielen,<br />
Wohnen und Träumen …<br />
Alter: alle Altersgruppen<br />
Sprache: Deutsch, Englisch oder<br />
Schwedisch<br />
Kosten: 3 € (Erwachsene), 2 € (Kinder),<br />
Schulklassen frei!<br />
Anmeldung und Info:<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>, Tel. 030 / 50 50 60<br />
buildingblocks.berlin@foreign.ministry.se<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> &<br />
JAS – Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
Kontakt: JAS – Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
Vöcklinghauser Straße 10, 45130 Essen<br />
www.jugend-architektur-stadt.de<br />
info@jugend-architektur-stadt.de<br />
berlin@jugend-architektur-stadt.de<br />
JAS e.V. in Berlin und Brandenburg: Dr. Andrea Benze,<br />
Jan Abt, Pia Degenhardt, Ralf Fleckenstein,<br />
Prof. Dr. Angela Uttke mit Juliane Heinrich, Christina<br />
Jiménez Mattsson, Agnes Müller, Christiane Pietsch<br />
Nordische<br />
Workshops<br />
jeweils sonntags<br />
am 16., 23., 30.9<br />
& 21., 28.10 <strong>2012</strong><br />
offen für alle<br />
»<strong>Building</strong> Future Cities« – welchen<br />
Einfluss haben Klimawandel, Raum-<br />
und Energiebedarf, veränderte Mobilität,<br />
Nahrungsproduktion und demografischer<br />
Wandel auf die Stadt? Wie<br />
werden wir morgen leben? Spielerisch<br />
entwerfen wir Visionen zukünftiger<br />
Stadträume und testen diese an<br />
einem großen Stadtmodell. Dabei<br />
erhalten wir Verstärkung von Einrichtungen<br />
der baukulturellen Bildung<br />
aus den nordischen Ländern.<br />
Workshopdaten:<br />
16.09 <strong>2012</strong> Malene Abildgaard<br />
(Dansk Arkitektur Center, Kopenhagen)<br />
23.09 <strong>2012</strong> Madeléne Beckman<br />
(Arkitekturmuseet, Stockholm)<br />
30.09 <strong>2012</strong> Niina Hummelin<br />
(Arkki, Helsinki)<br />
21.10 <strong>2012</strong> Hildur Steinthorsdottir<br />
(Iceland Design Centre, Reykjavik)<br />
28.10 <strong>2012</strong> Alf Howlid (Norsk Form,<br />
Oslo). Workshop für Erwachsene aus<br />
den Bereichen Architektur, Pädagogik,<br />
Stadtplanung<br />
Uhrzeit: Jeweils 10.30 – 14 Uhr<br />
Alter: 7 – 10 Jahre (außer 28.10)<br />
Anmeldung und Info:<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>, Tel. 030 / 50 50 60<br />
buildingblocks.berlin@foreign.ministry.se<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> &<br />
JAS – Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
www.buildingblocksberlin.de<br />
Herbstferien-<br />
Workshops<br />
7. & 14.10 <strong>2012</strong><br />
nur mit<br />
Anmeldung<br />
Welche Raumträume habt ihr?<br />
Wie sehen Gebäude und die Stadt<br />
der Zukunft aus? Wir erforschen<br />
»Kinder(T)räume« und bauen selbst<br />
an einem Stadtmodell der Zukunft,<br />
das die Ausstellung <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong><br />
bereichern wird. Dabei geht es sowohl<br />
um die Sicht der Kinder auf reale<br />
Veränderungen wie auch um Träume.<br />
Dauer: 11 – 13 Uhr und 14 – 16 Uhr<br />
Alter: 5 – 8 und 9 – 12 Jahre<br />
Anmeldung und Info:<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>, Tel. 030 / 50 50 60<br />
buildingblocks.berlin@foreign.ministry.se<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> &<br />
JAS – Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
28 29<br />
Auf Anfrage können Fachleute und<br />
Firmengruppen Kreativ workshops<br />
wahrnehmen, die auch eine Führung<br />
durch die Ausstellung beinhalten.<br />
Dabei soll vor allem der kreative<br />
Umgang mit Stadt und Raum angeregt<br />
und Räume für bestimmte Tätigkeiten<br />
entworfen werden, die auf Defizite<br />
in der heutigen Stadt reagieren.<br />
Spontanes Handeln und Querdenken<br />
sind gefragt.<br />
Dauer: ca. 3 – 4 Stunden<br />
Sprache: Deutsch oder Englisch<br />
Kosten: auf Anfrage<br />
Anmeldung und Info:<br />
<strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong>, Tel. 030 / 50 50 60<br />
buildingblocks.berlin@foreign.ministry.se<br />
Veranstalter: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> &<br />
JAS – Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
kleine baumester<br />
Kreativworkshops<br />
<strong>9.9</strong>–<strong>4.11</strong> <strong>2012</strong><br />
für Erwachsene<br />
auf Anfrage<br />
Architektur bildet den Rahmen für den Alltag jedes<br />
Kindes und vermittelt durch ihre ästhetische Gestaltung<br />
und Nutzung schon früh eine bestimmte Atmosphäre<br />
und Wertehaltung. Um eine Sensibilisierung<br />
der Kinder für Architektur und Stadtgeschichte kreativ<br />
und aktiv zu unterstützen, initiieren die kleinen<br />
baumeister vielfältige Forschungsreihen.<br />
Wesentliche Ziele der Arbeit der kleinen baumeister<br />
sind die Herausbildung eines kritischen Blicks von<br />
Kindern und Jugendlichen auf ihre gebaute Umgebung<br />
und das Aneignen von Fachwissen im Sinne<br />
des forschenden Lernens. Berlinweite Modellprojekte<br />
unterstützen gezielt das interdisziplinäre Arbeiten<br />
von Schulen, Kindergärten und Erziehern mit Kulturinstitutionen,<br />
Entscheidungsträgern aus Wirtschaft,<br />
Politik und Architektur.<br />
kleine baumeister<br />
architektouren für Kinder und Jugendliche<br />
Jessica und Johannes Waldera<br />
Regensburger Straße 31, 10777 Berlin<br />
t 030-61308147 f 030-61308149<br />
www.kleinebaumeister.de<br />
info@kleinebaumeister.de<br />
Alle Veranstaltungen im Felleshus der Nordischen <strong>Botschaft</strong>en, Rauchstraße 1, Berlin-Tiergarten<br />
Eintritt frei, wenn nicht anders angegeben.
<strong>Building</strong> Future Cities<br />
Pädagogisches Rahmenprogramm zur Ausstellung<br />
Heute lebt über die Hälfte der Weltbevölkerung bereits<br />
in Städten – darunter mehr als eine Milliarde Kinder und<br />
Jugendliche. Städte sind mehr und mehr das konkrete<br />
Lebensumfeld der Heranwachsenden – Grund genug, sich<br />
mit Stadtentwicklung, ihrer Geschichte und den Erfordernissen<br />
für ihre Zukunft zu beschäftigen. Mit »<strong>Building</strong><br />
Future Cities« strebt das pädagogische Rahmenprogramms<br />
für die Ausstellung <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> eine Maßstabserweiterung<br />
an – vom einzelnen Gebäude zum<br />
Kontext der Stadt. Es soll eine Brücke geschlagen werden<br />
zwischen individuell erlebten Räumen und der Entwicklung<br />
von Visionen für das Zusammenleben in der Stadt.<br />
Exemplarische Beispiele für Gebäude, die den Bedürfnissen<br />
von Kindern entsprechen, werden in den Exponaten<br />
der Ausstellung »<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>« direkt und mit allen<br />
Sinnen erfahrbar. Doch wie sollen sich zukünftige Nachbarschaften<br />
und Stadtteile entwickeln? Welche Aspekte<br />
stehen für Kinder und Jugendliche innerhalb des komplexen<br />
urbanen Gefüges im Vordergrund? Welche Visionen<br />
haben die Heranwachsende heute von der Zukunft der<br />
Stadt, die sie hoffentlich morgen selber gestalten werden?<br />
Das Städtische ist Ausgangspunkt für eine Reihe<br />
spannender Fragen und Experimente zur Zukunft der<br />
Stadt aus Sicht von Kindern und wird das pädago-<br />
gische Rahmenprogramm zur Ausstellung bestimmen.<br />
Es werden Workshops und Führungen für Kinder und<br />
Erwachsene angeboten. Explizit werden in den Workshops<br />
des Berliner Büros kleine baumeister auch<br />
Schulklassen und Kindergartengruppen angesprochen,<br />
ihre Visionen zum Berliner Baublock zu bauen. Parallel<br />
werden Kinder im Rahmen von fünf nordischen Workshops<br />
sowie in Ferienworkshops ein 3×3 Meter großes<br />
Stadtmodell der Zukunft bauen. Die nordischen Workshops<br />
werden von JAS Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
mit fünf Partnerorganisationen aus Schweden, Finnland,<br />
Norwegen, Island und Dänemark durchgeführt.<br />
»<strong>Building</strong> Future Cities« wird dabei nicht einen imaginären<br />
Ort bespielen, sondern anhand eines Ausschnitts von<br />
Berlin, der den Standort der Nordischen <strong>Botschaft</strong>en mit<br />
einschließt. Klimawandel, die Endlichkeit fossiler<br />
Brennstoffe, demografische Entwicklungen, veränderte<br />
Ansprüche an das Wohnen, Arbeiten und Lernen sollen<br />
Ausgangspunkte für die Ideen der Kinder bilden.<br />
Me-thodisch lässt die Arbeit an einem großen, über die<br />
verschiedenen Workshops wachsenden Stadtmodell eine<br />
Erforschung zukünftiger Stadtideen und -visionen in<br />
unterschiedlichen Maßstäben und mit unterschiedlicher<br />
Komplexität zu. Je nach Alter der Teilnehmer können die<br />
Themen ausgehend von eigenen Erfahrungen spielerisch<br />
und kreativ in unterschiedlichen Maßstäben umgesetzt<br />
werden. Gleichzeitig ermöglicht der konkrete Ausschnitt<br />
von Berlin, aktuelle Debatten und Überlegungen zur<br />
Stadtentwicklung in die Workshops einfließen zu lassen.<br />
Zentrale Themen der Workshops werden Freiräume, Stadt<br />
der Kinder, Mobilität und Verkehr, Ernährung, Energie,<br />
Wohnen, Lernen und Kultur sein.<br />
Die unterschiedlichen Workshops reagieren thematisch<br />
aufeinander. Jeder Workshop arbeitet in einer eigenen<br />
Farbe, die für die Modellbaumaterialien bestimmend<br />
sein werden. Über die Farbcodierung werden die unterschiedlichen<br />
Zukunftsschichten für die Besucher der<br />
Ausstellung ablesbar. Hintergründe zu den einzelnen<br />
Interventionen im Modell werden in einem Bautagebuch<br />
dokumentiert. Auf diese Weise entsteht im Modell<br />
eine mehrstimmige Stadtvision mit Harmonien und Dis-<br />
sonanzen, mit Übereinkünften und Widersprüchen,<br />
wie sie tatsächliche Stadtentwicklungen kennzeichnen.<br />
Nur steht hier die Sicht der Kinder uneingeschränkt<br />
im Vordergrund.<br />
Angela Uttke, Andrea Benze<br />
JAS Jugend Architektur Stadt e.V.<br />
29. und 30.10 <strong>2012</strong><br />
Nordisch-deutsche Fachkonferenz<br />
»Mit Kindern im Dialog – Partizipative Stadtentwicklung«<br />
Zum Abschluss der Ausstellung laden die Nordischen <strong>Botschaft</strong>en in Berlin zu einer Fachkonferenz ein. Neben der<br />
Präsentation und Auswertung der <strong>Building</strong>-<strong>Blocks</strong>-Projekte in Stockholm, Oslo und Berlin stellen nordische<br />
Partner institutionen wie Arkki, Boverket / Trafikverket, Dansk Arkitektur Center, Iceland Design Center und Norsk<br />
Form nordische Pilotprojekte zum Thema vor. Diesen gegenübergestellt werden aktuelle Modellvorhaben aus dem<br />
Forschungs feld »Jugend bewegt Stadt« des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Experten,<br />
Stadtplaner und Politiker, u. a. von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, diskutieren<br />
themenrelevante Fragestellungen.<br />
PRäSENTATIONEN<br />
PODIUMS-<br />
GESPRäCHE<br />
FÜHRUNG<br />
DURCH DIE<br />
AUSSTELLUNG<br />
Felleshus der Nordischen <strong>Botschaft</strong>en<br />
Rauchstraße 1 | 10787 Berlin-Tiergarten<br />
Sprachen: Deutsch + Englisch (simultan verdolmetscht)<br />
keine Teilnahmegebühr<br />
30 31<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>³<br />
Drei Stationen, drei Erfahrungsberichte:<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> in Stockholm, Oslo<br />
und Berlin<br />
Partizipative Stadtentwicklung in Nordeuropa<br />
Wohin des Wegs? – Bewegungsmuster von Kindern und Jugendlichen<br />
im öffentlichen Raum in Norwegen • Wir bekommen ein Regionalkrankenhaus!<br />
Slagelse – eine dänische Stadt und ihre Bevölkerung im<br />
Wandel • Linien und Landschaft = isländische Stadt • KinderKultur(T)<br />
räume und Stadtplanung in der Welt designhauptstadt <strong>2012</strong> Helsinki<br />
• Wenn Kinder und Jugendliche mehr als nur Bahnhof verstehen –<br />
sechs schwedische Kommunen und ihre Ver kehrs- und Stadtplanung<br />
• Kopenhagen im Dialog mit Kindern – Verankerung der Partizipation<br />
in kommunalen Verwaltungsstrukturen<br />
Partizipation<br />
Ein Prozess in der Berliner Stadtentwicklung<br />
mit Tradition und Zukunft<br />
ARCHITEKTUR-<br />
FÜHRUNG<br />
DURCH<br />
DIE NORDISCHEN<br />
BOTSCHAFTEN<br />
Jugend bewegt Stadt<br />
Spannende Modellvorhaben des Bundesministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von und mit<br />
Jugendlichen aus ganz Deutschland<br />
NETWORKING<br />
Veranstalter: Nordische <strong>Botschaft</strong>en<br />
Anmeldung und Info: <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong><br />
Tel. 030 / 50 50 60, www.buildingblocksberlin.de<br />
buildingblocks.berlin@foreign.ministry.se
Monologe, Dialoge, Stimmengewirr<br />
Ein forschender Blick auf Kinder und Jugendliche als Bauherren<br />
In den letzten Jahren haben die<br />
Debatten der Planenden und Bauenden<br />
über eine stärkere Beteiligung<br />
der Gesellschaft an der Produktion<br />
und Gestaltung von Stadt zugenommen.<br />
Darin rückt auch die Rolle von<br />
Kindern und Jugendlichen stärker in<br />
den Fokus und die Frage, wie diese<br />
insbesondere an der Gestaltung von<br />
kinder- und jugendgerechten Räumen<br />
miteinbezogen werden können.<br />
Gleichzeitig gewinnt architektur-<br />
oder baukulturelle Bildung für künftige<br />
Entscheidungsträger und Gestalter<br />
der Stadt der Zukunft an<br />
Bedeutung. Hier wird Kindern und<br />
Jugendlichen im schulischen und<br />
außerschulischen Kontext Wissen<br />
und Handwerkszeug zu Architektur<br />
und Stadt vermittelt.<br />
Das Projekt <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> geht in<br />
Hinblick auf die beiden Handlungsfelder,<br />
Partizipation und Bildung,<br />
einen Schritt weiter, indem es Kindern<br />
eine explizite Rolle als Bauherren<br />
zuweist.<br />
So hatten fünf Gruppen, bestehend<br />
aus Kindern oder Jugendlichen und<br />
Architekten, die Aufgabe, je ein maximal<br />
4×4×4 Meter großes Ausstellungsobjekt,<br />
einen sogenannten <strong>Building</strong><br />
Block zu entwickeln. Außer den Außenmaßen<br />
und dem Baumaterial<br />
Holz waren die architektonische<br />
Gestaltung, die Art der Nutzung und<br />
der Zweck des Gebäudes freigestellt.<br />
Demnach gehörte die Programmdefinition<br />
mit zur Aufgabenstellung.<br />
Die <strong>Schwedische</strong> <strong>Botschaft</strong> stellte<br />
die fünf Gruppen aus verschiedenen<br />
Berliner Stadtvierteln zusammen,<br />
in denen Architekten international,<br />
national oder auch regional agierender<br />
Büros mit Schülern aus verschiedenen<br />
Grund- und Oberschulen<br />
aufeinander trafen. Die Konstellationen<br />
waren in jeder Projektgruppe<br />
ganz unterschiedlich: Manchmal<br />
nahmen die Inhaber des Büros<br />
selbst oder aber Angestellte und<br />
Praktikanten, alleine oder in Teams<br />
an dem Projekt teil. Die Schülergruppen<br />
variierten ebenfalls stark:<br />
Die Gruppengröße bewegte sich<br />
von drei bis acht Schülern pro Projekt,<br />
und das Alter der Schüler lag<br />
je nach Gruppe bei ungefähr sechs,<br />
zehn oder sechzehn Jahren. Auch<br />
gehörten die Kinder und Jugendlichen<br />
verschiedenen Kulturkreisen an und<br />
besaßen unterschiedliche Bildungshintergründe.<br />
Jede Gruppe traf sich<br />
zwei- bis dreimal, um das Ausstellungsobjekt<br />
zu entwerfen. Die Zusammenarbeit<br />
fand in den jeweiligen<br />
Architekturbüros statt. Nur bei einer<br />
Gruppe wurde das »Büro« in ein<br />
Zimmer in der teilnehmenden Schule<br />
verlegt, so dass die beteiligten Jugendlichen<br />
die Möglichkeit hatten,<br />
auch außerhalb der festgelegten<br />
Treffen dort vorbeizukommen und<br />
den Entwurfsprozess zu begutachten.<br />
Diese Projektgruppe hatte auch als<br />
einzige die zusätzliche Aufgabe, ein<br />
Gebäude zu entwickeln, das während<br />
und nach der Ausstellung unter freiem<br />
Himmel steht; nach der Ausstellung<br />
wird es auf dem Vorplatz der<br />
Schule aufgebaut. Alle anderen Objekte<br />
waren von Anfang an für den<br />
Innenraum vorgesehen und wurden<br />
allein für die Ausstellung entworfen.<br />
Des Weiteren wurden die Schüler<br />
aufgefordert, insbesondere die Innengestaltung<br />
der Ausstellungsobjekte<br />
sehr eigenständig zu bestimmen,<br />
angefangen von der Farbgestaltung<br />
der Wände, über die Dekoration<br />
mit Kissen und Büchern, bis hin zur<br />
Anfertigung von Postern und Bildern<br />
zum Aufhängen. In den Objekten<br />
wurden teilweise Ausstellungs-<br />
flächen vorgesehen, um unter<br />
anderem den Entwurfsprozess<br />
präsentieren zu können.<br />
Der endgültige Bau der Ausstellungsobjekte<br />
erfolgte durch die Baufirma<br />
NCC Deutschland und durch Lehrlinge<br />
der Ausbildungsstätte FAW,<br />
wodurch das Prinzip des »Learning<br />
by doing« weitergeführt wurde.<br />
Eine Entwurfsgruppe älterer Schüler<br />
formulierte den ausdrücklichen<br />
Wunsch, ebenfalls am Bau des <strong>Building</strong><br />
<strong>Blocks</strong> beteiligt zu werden, was<br />
die Kuration der Ausstellung jedoch<br />
nicht vorsah.<br />
Als Grundlage für diesen Beitrag<br />
wurde während mehrerer Gruppentreffen<br />
eine teilnehmende Beobachtung<br />
durchgeführt. Im Anschluss<br />
daran fanden Gespräche mit einzelnen<br />
Schülern und Architekten statt,<br />
in denen diese von ihren persönlichen<br />
Eindrücken und Erfahrungen berichteten.<br />
Als weitere Informationsquellen<br />
dienten Protokolle und<br />
Zeichnungen der Architekten, Kinder<br />
und Jugendlichen. Aber auch die<br />
Projektpräsentation in der <strong>Schwedische</strong>n<br />
<strong>Botschaft</strong> und die Besprechungen<br />
zweier Architekturbüros mit<br />
NCC Deutschland wurden begleitet.<br />
PROGRAMMFINDUNG<br />
Die Architekten wählten unterschiedliche<br />
Methoden, um in den<br />
Entwurfsprozess und Dialog mit<br />
den Schülern einzusteigen. Teilweise<br />
konnten sie auf eine Vorbereitung<br />
der Schüler, die im Vorfeld an den<br />
Schulen stattfand, aufbauen. So<br />
hatte eine der jüngeren Schulklassen<br />
bereits im Unterricht Bilder mit ihren<br />
»Traumhäusern« gemalt. Die<br />
Traumhäuser besaßen teilweise<br />
sehr außergewöhnliche Fähigkeiten,<br />
wie z. B. »fliegen zu können« oder<br />
beinhalteten besondere Nutzungsformen,<br />
wie z. B. ein Gefängnis.<br />
Ein Bild zeigte ein Haus, das gleich<br />
mehrere Nutzungen unter einem<br />
Dach vereint, wie einen Kaufladen,<br />
eine Bibliothek, eine Tapetenstube,<br />
Wohnräume und eine Wasserrutsche.<br />
Das Haus sollte allerdings nur für<br />
Mädchen zugänglich sein. Diese<br />
Bilder brachten die von der Schulklasse<br />
gewählten Vertreter zu dem<br />
Treffen im Architekturbüro mit, damit<br />
die Gruppe anhand der Vorstellungen<br />
der gesamten Klasse und nicht<br />
nur vereinzelter Schüler das Ausstellungsobjekt<br />
entwickeln konnte.<br />
Eine andere Gruppe hatte die in<br />
einer Schul-AG vorab erarbeitete<br />
Wunschliste zur Gestaltung des<br />
Schulvorplatzes als Ausgangsbasis<br />
zur Verfügung, da das Objekt, wie<br />
bereits erwähnt, nach der Ausstellung<br />
dorthin umziehen wird. So<br />
sollte der Vorplatz ein Treffpunkt für<br />
Freunde und Nachbarn werden und<br />
Aufenthaltsqualitäten wie Sauberkeit<br />
und Ruhe waren gewünscht.<br />
Auch wurden in der Schul-AG schon<br />
konkrete räumliche Ideen formuliert,<br />
wie der Wunsch nach einer Sitzlandschaft,<br />
Regenschutz, Spielplatz<br />
und Cafeteria. Des Weiteren beinhaltete<br />
die Liste Überlegungen für<br />
mögliche Aktionen, die auf dem<br />
Vorplatz stattfinden sollten, wie<br />
Ausstellungen zeigen, Blumen pflanzen<br />
und Tanzabende veranstalten.<br />
Diese Wunschliste wurde von den<br />
Architekten und Jugendlichen gemeinsam<br />
diskutiert, um zuerst auszuwählen,<br />
welche Punkte dem<br />
Team besonders wichtig sind und<br />
um diese anschließend im Entwurf<br />
umzusetzen. Da durch den Vorplatz<br />
auch ein konkretes »Grundstück«<br />
vorgegeben war, unternahm die<br />
Gruppe eine gemeinsame Ortsbegehung,<br />
um dort einen oder mehrere<br />
mögliche Standorte zu finden und<br />
das Objekt an die Anforderungen<br />
des Ortes anpassen zu können.<br />
Ein weiteres Architektenteam<br />
erkundete die Vorstellungen der<br />
Kinder durch ausgewählte Fragen,<br />
die diese zunächst schriftlich und<br />
zeichnerisch beantworteten und<br />
anschließend gemeinsam diskutierten.<br />
Zentrale Fragen an die Kinder<br />
waren: »Wo bist du am liebsten?«,<br />
»Welche Räume sind in deiner Wohnung<br />
überflüssig, welche fehlen?«,<br />
»Was willst du mit in das Haus in<br />
der <strong>Schwedische</strong>n <strong>Botschaft</strong> bringen?«,<br />
»Hast du Haustiere?«. Trotz<br />
zahlreicher Fragen war es nach<br />
Aussage der Architekten anfangs<br />
schwierig, das Raumprogramm für<br />
das Ausstellungsgebäude zu erstellen,<br />
da in der Diskussion besonders<br />
die Frage nach dem Haustier eine<br />
zu starke Bedeutung bekam. Dennoch<br />
konnten die grundlegenden Anforderungen<br />
der Kinder an den <strong>Building</strong><br />
Block herausgefiltert werden.<br />
Besonders wichtig war sowohl die<br />
Gestaltung eines eigenen kleinen<br />
Reiches für jeden einzelnen Schüler,<br />
als auch eines großen Bereiches,<br />
wo sich alle Schüler gemeinsam<br />
aufhalten können.<br />
Von Architekturbüchern ließ sich<br />
eine vierte Gruppe zu Beginn inspirieren.<br />
Schüler und Architekten<br />
traten auch hier unvorbereitet an<br />
die Aufgabe heran, entweder »Bauherr«<br />
zu sein oder aber »jugendliche<br />
Bauherren« zu beraten. So sahen<br />
es die Architekten als ihre Aufgabe,<br />
die Jugendlichen über das<br />
Verständnis von Architektur mittels<br />
theoretischer Vorträge aufzuklären<br />
und diesen folgten abstrakte Diskussionen<br />
über Themen wie Raum,<br />
Licht und Atmos phäre. Die »Nutzung«<br />
des Objekts geriet in diesem<br />
Fall eher in den Hinter grund, stattdessen<br />
waren die Gestalt und die<br />
gewollte Stimmung des Gebäudes<br />
für den Entwurf maßgeblich.<br />
BEDÜRFNISSE<br />
Die Bedürfnisanalysen der Architekten<br />
brachten viele verschiedene<br />
Vorstellungen zu Tage, die auch<br />
manches Mal denen der Erwachsenen<br />
gleichkamen. So war es in allen<br />
Gruppen wichtig, sowohl Rückzugsorte<br />
zum Entspannen als auch Gemeinschaftsräume<br />
zu gestalten. Den<br />
Kindern eigen war die Begeisterung<br />
für Treppen, Rampen und Rutschen.<br />
Diese bieten viele Möglichkeiten der<br />
Bespielung: Raum zum Verstecken,<br />
Sitzen und Spielen und vor allem ein<br />
Perspektivwechsel durch den Blick<br />
von oben. Insbesondere die Rampen<br />
und Rutschen waren jedoch kaum auf<br />
dem zur Verfügung stehenden kleinen<br />
Raum von 4×4×4 Metern realisierbar.<br />
Hier musste die Balance gefunden<br />
werden, die Ideen zwar ernst<br />
zu nehmen, aber auch zu erklären,<br />
warum sie nicht realisierbar sind<br />
und alternative, interessante architektonische<br />
Lösungen zu entwickeln.<br />
32 33<br />
Im Verlauf der Beobachtungen konnte<br />
festgestellt werden, dass abhängig<br />
sowohl vom Alter als auch vom sozialen<br />
Hintergrund die Kinder und<br />
Jugendlichen mal unabhängiger<br />
oder auch verhafteter in den Normen<br />
der »Erwachsenenwelt« waren. Vor<br />
allem die Jüngsten hatten noch keine<br />
Probleme, sich »Unmögliches«<br />
oder »Ungewöhnliches« wie »fliegende<br />
Kaffeehäuser« und einen »Weg<br />
aus Luftmatratzen« vorzustellen, wohingegen<br />
die 10-Jährigen sich einerseits<br />
zwar »Falltüren« wünschten,<br />
aber gleichzeitig auch schon stärker<br />
an das ihnen bekannte »Wohnhaus«<br />
dachten. So fragten sie nach dem<br />
Verbleib der Toiletten im Gebäude<br />
und wollten anfangs Vieles, das<br />
sie von zu Hause kannten, auch in<br />
ihrem Entwurf wiederfinden. Die<br />
älteren Schüler sahen zwar das<br />
Ausstellungsstück nicht als äquivalent<br />
zu ihrer Wohnung oder gar als<br />
ein »Minihaus«, jedoch konnte aufgrund<br />
der teilweise sehr pragmatischen<br />
und nüchternen Anmerkungen<br />
der Schüler so manche kreative<br />
Idee der Architekten nicht bestehen.<br />
KOMMUNIKATION<br />
Generell war Sprache das Hauptkommunikationsmittel<br />
in allen Entwurfsgruppen<br />
und wurde sowohl<br />
für gemeinsame Dialoge als auch<br />
Monologe der Architekten genutzt.<br />
Letzteres kann entweder kritisch<br />
gesehen oder aber als Bedürfnis<br />
interpretiert werden, den Kindern<br />
und Jugendlichen auch Architekturwissen<br />
mitzugeben.<br />
Manchmal zeichneten die Architekten,<br />
wie auch in ihrem Alltag und Umgang<br />
mit erwachsenen Bauherren,<br />
Skizzen zur bildlichen Erklärung ihrer<br />
Worte. Die Kinder hingegen wurden<br />
nicht immer ermutigt, selbst zu entwerfen<br />
oder zu skizzieren. Teilweise<br />
war dies sogar explizit nicht erwünscht,<br />
und so manche zu Hause gezeichneten<br />
Bilder blieben in der Tasche und<br />
wurden gar nicht erst gezeigt. Andere<br />
Gruppen bauten wiederum sehr<br />
stark auf die Bilder der Kinder, oder<br />
die Schüler bastelten während eines<br />
Treffens Collagen, um das gewünschte<br />
Ambiente im <strong>Building</strong> Block auf diese<br />
Weise zu illustrieren. In einem Fall<br />
wurden die Schüler sogar ermutigt,
auch selbst Pappe, Schere und<br />
Kleber in die Hand zu nehmen, um<br />
sich darin zu versuchen, ihre Ideen<br />
unter Anleitung der Architekten<br />
räumlich darzustellen. Aus den erstellten<br />
Modellen der Schüler entwickelten<br />
die Architekten schließlich<br />
das eigentliche Abgabemodell.<br />
Alle anderen Architekturbüros<br />
bauten, wie im beruflichen Alltag,<br />
mindestens ein Anschauungs-<br />
modell (in manchen Fällen auch<br />
mehrere), anhand derer die Schüler<br />
überprüfen konnten, ob ihre Forderungen<br />
umgesetzt wurden oder ob<br />
noch änderungen notwendig waren.<br />
HERAUSFORDERUNGEN<br />
IM ENTWURFSPROZESS<br />
Obwohl vielseitige Methoden ein-<br />
gesetzt wurden, waren verschiedene<br />
Schwierigkeiten in den Entwurfsprozessen<br />
zu beobachten. Insbesondere<br />
bei den jüngeren Schülern<br />
war die klassische Dialogführung<br />
nicht einfach, da hier die Konzentration<br />
nicht lange aufrecht zu halten war.<br />
Die Kinder hatten schlicht ein größeres<br />
Interesse am Spielen als am Diskutieren.<br />
Solange der Entwurfsprozess<br />
eine spielerische Komponente<br />
hatte, waren die Kinder bei der Sache,<br />
aber während der Dialoge oder<br />
Monologe der Architekten war es<br />
kaum möglich, die Aufmerksamkeit<br />
länger auf eine Thematik zu richten.<br />
Die jüngeren Schüler hatten dafür<br />
wenig Hemmungen, ihre Gedanken<br />
zu äußern, nahmen aber gleichzeitig<br />
Ideen der Architekten gern<br />
an, sofern diese mit guten und<br />
für sie verständlichen Argumenten<br />
vorgebracht wurden. Das bedeutet,<br />
dass die Architekten – sofern gewollt<br />
– mit etwas Geschick den Entwurfsprozess<br />
auch lenken konnten.<br />
Dennoch war eine Verunsicherung<br />
auf Seiten der Architekten zu<br />
beobachten, d. h. sie waren sich<br />
bewusst, dass gerade die jüngeren<br />
Kinder manchmal etwas »unberechenbar«<br />
sind und die Reaktionen<br />
nicht immer vorhersehbar waren.<br />
Bei den älteren Schülern war zwar<br />
Konzentration kein Problem, aber<br />
dafür bedurfte es einer gewissen<br />
Anlaufphase, sich in der Rolle<br />
des »Bauherren« einzufinden und<br />
»adhoc« Wünsche und Ideen zu formulieren<br />
oder auch selbst kreativ<br />
zu sein. Die älteren äußerten alle<br />
ihre Meinung und beharrten zudem<br />
stärker als die Jüngeren auf eigenen<br />
Programm- und Gestaltungsideen,<br />
obwohl auch in diesen Gruppen die<br />
Architekten durchaus Versuche<br />
unternahmen, ebenfalls eigene Ideen<br />
in den Entwurf mit einzubringen.<br />
Gleichzeitig waren bei manchen<br />
Schülern Unsicherheiten zu spüren,<br />
da ein Verhandeln auf »Augenhöhe«<br />
nicht selbstverständlich gelang.<br />
Zwar sollten die Schüler in die Rolle<br />
der Bauherren schlüpfen, aber<br />
schon aufgrund des Altersunterschiedes<br />
und der beruflichen Position<br />
der Architekten erinnerte die<br />
Kommunikation und das Verhalten<br />
in allen Gruppen an das von Lehrern<br />
und Schülern. Und wie auch in der<br />
Schule waren demnach vereinzelte<br />
Schüler schüchterner, ihre Auffassungen<br />
zu vertreten, andere dagegen<br />
ganz offen oder sogar vorlaut.<br />
Auch die Tatsache, dass manchmal<br />
neben den Architekten noch viele<br />
weitere »Beobachter« im Raum anwesend<br />
waren, führte dazu, dass<br />
die Schüler manchmal gehemmter<br />
waren. Generell war zu beobachten,<br />
dass manche Gruppen eher etwas<br />
schwieriger zu begeistern waren<br />
und andere vielleicht gerne selbst<br />
noch mehr zum Entwurfsprozess<br />
beigetragen hätten, aber eher ausgebremst<br />
wurden.<br />
FAZIT & AUSBLICK<br />
Aufgrund der Altersunterschiede<br />
und verschiedenen sozialen<br />
Prägungen der Schüler war die<br />
Anforderung an die Architekten,<br />
die Bedürfnisse der Kinder und<br />
Jugendlichen zu erkennen, zu verstehen<br />
und schließlich räumlich<br />
umzusetzen, in jeder Gruppe sehr<br />
unterschiedlich und allgemein eine<br />
für Architekten ungewohnte Heraus-forderung.<br />
Es ist keine alltägliche<br />
Situation in Architekturbüros,<br />
Kinder und Jugendliche als Bauherren<br />
zu haben und bedeutet demnach<br />
ein neues Terrain für Architektinnen<br />
und Architekten.<br />
Derzeit werden in Deutschland viele<br />
Schulen und Kindertagesstätten<br />
renoviert, umgebaut oder neu gebaut.<br />
Hier sind Kinder im Grunde<br />
bereits Teil der Bauherrengemeinschaft.<br />
Es gilt ihre Ideen und Stimmen<br />
einzufangen und in die Gestaltung<br />
der Gebäude einfließen zu<br />
lassen. Gute realisierte Beispiele<br />
und die <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> zeigen, dass<br />
dies möglich ist. Das Projekt lässt<br />
erkennen, dass Kinder und Jugendliche<br />
die Bauherrenrolle ausfüllen<br />
können, aber dass sie auch eine<br />
besondere Sensibilität von Seiten<br />
der Architekten brauchen. Diese<br />
haben gerade in der Arbeit mit Kindern<br />
nicht nur die Rolle als Übersetzer<br />
von Raumbedürfnissen, sondern<br />
auch die Rolle als Vermittler. Neben<br />
Entwurfsgeschick sind auch Kommunikationsstrategien<br />
gefragt. Dabei<br />
kommt die starke Fokussierung<br />
auf Sprache schnell an ihre Grenzen,<br />
vor allem wenn man mit jüngeren<br />
oder sprachlich weniger versierten<br />
Zielgruppen zusammenarbeitet.<br />
Gleichzeitig wirft die Kooperation<br />
mit Kindern und Jugend-<br />
lichen auch die Frage auf, inwiefern<br />
die Ideen der jungen Bauherren<br />
durch die Interpretation der Gestalter<br />
an Kraft gewinnen oder auch<br />
verlieren. Es ist anzunehmen, dass<br />
es sich bei dem Projekt <strong>Building</strong><br />
<strong>Blocks</strong> um einen wertvollen Lernprozess<br />
sowohl für die Architekten<br />
als auch für die Kinder und Jugendlichen<br />
handelte. Das können wir<br />
jedoch nur erahnen, weil die Befragungen<br />
der Teilnehmer im Rahmen<br />
der <strong>Building</strong>-<strong>Blocks</strong>-Treffen dies-<br />
bezüglich noch nicht in die Tiefe<br />
gegangen sind. Das ist sicherlich<br />
ein spannendes Forschungsfeld für<br />
die Zukunft!<br />
Dipl.-Ing. Agnes Katharina Müller<br />
Prof. Dr.-Ing. Angela Uttke<br />
TU Berlin, FG Städtebau und<br />
Siedlungswesen<br />
Performative Architektur<br />
Dieser Beitrag basiert auf Gesprächen<br />
mit dem in Stockholm ansässigen<br />
Design- und Kommunikationsbüro<br />
Medium, das zusammen mit Färgfabriken<br />
(Kunsthalle und »Gegenwartslabor«)<br />
das Konzept für <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong><br />
entwickelt hat. An dem Gespräch<br />
mit Medium über deren Sicht auf die<br />
Prozess arbeit im Vorfeld der Aus-<br />
stellung <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> hat auch die<br />
Architektin und Redakteurin der schwedischen<br />
Zeitschrift Arkitektur Matilda<br />
Stannow teilgenommen.<br />
DER ARCHITEKTONISCHE<br />
PROZESS<br />
Im Projekt <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> wird in<br />
besonderer Weise deutlich, wie erstaunlich<br />
selten uns alltägliche Architekturprozesse<br />
nahegebracht werden. Indem<br />
man den Auftraggeber in den Mittelpunkt<br />
stellt und ihn außerdem ein Kind<br />
sein lässt, schafft <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong><br />
Spielraum für individuelle Dialoge.<br />
Dabei sollte zugleich unterstrichen<br />
werden, dass es sich hier um ein Experiment<br />
handelt, was bedeutet, dass es<br />
sowohl gelingen als auch fehlschlagen<br />
kann. Auch wenn es in der Ausstellung<br />
in gewisser Weise um erbaute Strukturen<br />
geht, werden eher Spuren eines<br />
Pro zesses vorgestellt als dessen End-<br />
er gebnisse. Meist – und besonders<br />
bei Architektur – beurteilen wir ein Resultat.<br />
Diese Beurteilung basiert ihrerseits<br />
auf einer Abstraktion (oder Re-<br />
präsentation) eines Ergebnisses in Form<br />
von maßstabsgetreuen Modellen,<br />
Material mustern und Zeichnungen.<br />
Bei <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> streben Medium<br />
und Färgfabriken danach, »einen Ort<br />
zu schaffen, wo ein Prozess beurteilt<br />
werden kann, indem sowohl der Anforderungskatalog<br />
(engl. brief) als auch<br />
das eigentliche Bauwerk gezeigt werden«.<br />
Mit anderen Worten besteht die<br />
Idee darin, der Öffentlichkeit den Gestaltungsprozess<br />
vor Augen zu führen<br />
und die Sicht auf Architektur zu be-<br />
einflussen, indem man aufzeigt, wie<br />
sich das Bauwerk zum ursprünglichen<br />
Anforderungskatalog verhält.<br />
Ehrlich gesagt sind Architekturaus-<br />
stellungen oft recht einförmig, ja sogar<br />
langweilig. Damit meine ich nicht,<br />
dass sie dazu neigen, ihrem seriösen<br />
34 35<br />
Ansatz oder ihren pädagogischen<br />
Ambitionen nicht gerecht zu werden.<br />
Es ist eine eher provokative Feststellung,<br />
dass bei der Präsentation von<br />
Architektur für eine breite Öffentlich-<br />
keit die Ausstellungen immer noch<br />
zu einer extrem konservativen und<br />
sogar paternalistischen Haltung<br />
gegenüber dem angesprochenen<br />
Publikum tendieren. Aus kuratorischer<br />
und pädagogischer Sicht konzentrieren<br />
sich Architekturausstellungen immer<br />
noch oft auf das Material, auf Modelle,<br />
Grundrisse, einen speziellen historischen<br />
Stil oder die architektonischen<br />
Prozesse in der Arbeit eines einzelnen<br />
Architekten.<br />
In dieser Ausstellung erhält stattdessen<br />
die Rolle des Architekten gegenüber<br />
dem Auftraggeber eine zentrale Bedeutung,<br />
was wiederum interessante und<br />
unbequeme Fragen aufwirft. In gewisser<br />
Weise ermöglicht uns die Ausstellung,<br />
»Kind zu sein« und die grundlegenden,<br />
naiven Fragen zu stellen, die viele formulieren,<br />
aber nur wenige beantworten<br />
können. Diese Fragen können recht einfacher<br />
Natur sein, doch die Antworten<br />
sind nicht immer so offensichtlich wie<br />
in H. C. Andersens »Des Kaisers neue<br />
Kleider«. Abgesehen von Größenordnung<br />
und Projektbudget: Worin besteht<br />
der Unterschied zwischen beispielsweise<br />
einem Kind, das bei einem renommierten<br />
Architekturbüro eine Pyramide<br />
in Auftrag gibt und der Pyramide des<br />
Friedens und der Eintracht des Stararchitekten<br />
Norman Foster in der kasachischen<br />
Hauptstadt mit Opernhaus im<br />
Keller und Details wie Bleifenstern von<br />
Brian Clarke?<br />
Ein anderer Aspekt besteht darin, dass<br />
man als Architekt sowohl Dienstleistungen<br />
als auch Produkte verkauft, oder<br />
besser ausgedrückt: kulturelle Ideen. Wie<br />
wirkt sich das auf die Beziehungen zum<br />
Kunden aus?<br />
Der Architekt bietet eine Dienstleistung<br />
an, eine Dienstleistung, die anders<br />
aussehen könnte, aber wie, fragt Medium?<br />
Und welche Bedeutung kommt<br />
eigentlich dem Auftraggeber im architektonischen<br />
Prozess zu? Was steht im<br />
Mittelpunkt, wenn ein Kind als Auftraggeber<br />
fungiert?<br />
Medium, das sind Jake Ford, Martin<br />
Frostner und Lisa Olausson. Medium beschäftigt<br />
sich mit öffentlichen Räumen,<br />
Architektur und visueller Kultur. Bei ihren<br />
oft spielerischen Projekten geht es um<br />
vertraute Zusammenhänge, das Alltägliche,<br />
das oft unbemerkt stattfindet oder<br />
das wir als gegeben hinnehmen.<br />
Die Pyramide des Friedens und der Eintracht<br />
(The Palace of Peace and Reconciliation)<br />
ist ein 77 Meter hohes Gebäude<br />
in Astana, der Hauptstadt Kasachstans,<br />
entworfen von Foster & Partners. Es<br />
wurde 2006 fertiggestellt und beherbergt<br />
unter anderem eine Oper.<br />
Für architectural brief verwenden schwedische<br />
Architekten oft gemeinhin den<br />
Anglizismus briefen, der sich im Prinzip<br />
auf alles beziehen kann – von Spezifikationen,<br />
Wunschlisten, Aufträgen und Vorschlägen<br />
bis hin zu einem spezialisierten<br />
Detailplan mit Anforderungen an Barrierefreiheit<br />
oder Sicherheit, einer kreativen<br />
Herausforderung, einer programmatischen<br />
Beschreibung der Bedingungen<br />
oder aus ihrem Zusammenhang gerissenen<br />
Ideen eines Auftraggebers.
KINDER<br />
ALS AUFTRAGGEBER<br />
Eine Antwort ist natürlich, dass die<br />
Methode an Bedeutung gewinnt. Kinder<br />
liefern oft eine Kombination aus verbalen<br />
Anweisungen und Skizzen (vielleicht<br />
sollten wir sie Partitur nennen) und können<br />
in ihrer Rolle als Auftraggeber als<br />
fordernd aufgefasst werden. Ob dies<br />
damit zusammenhängt, wie sich der<br />
Architekt des Auftrages annimmt oder<br />
dass die Kinder ganz einfach mehr Respekt<br />
vor dem eigentlichen Bauwerk als<br />
vor der Architektur haben, ist eine andere<br />
Frage. Kinder formulieren oft extreme<br />
Ideen, was jedoch nicht bedeutet, dass<br />
sie extreme Forderungen stellen. Während<br />
der Arbeit an der Ausstellung fiel<br />
es den Kindern beispielsweise manchmal<br />
schwer, Sinn und Zweck des Ganzen zu<br />
verstehen, was den Architekten fordert,<br />
allerdings in anderer Weise als jemand,<br />
der Dinge unbedingt auf seine Art umgesetzt<br />
haben will. Das Kind als Auftraggeber<br />
erhält mit anderen Worten eine<br />
kreativere und dominantere Rolle im<br />
Schaffensprozess. Eine Rolle, die vielleicht<br />
mit der eines zeitgenössischen<br />
Komponisten oder Choreografen verglichen<br />
werden könnte. Medium stellt<br />
fest: »Das Kind als Auftraggeber lässt<br />
enorme Unkenntnis zu. Es wird deutlich,<br />
dass persönliche Beziehungen und Verhandlungsvermögen<br />
wichtig sind. Bei<br />
der Architektur geht es in erster Linie um<br />
Politik, wie die Vorstellung von Dominanz.«<br />
Der architektonische Prozess umfasst<br />
eine Reihe von Personen, und die simple<br />
Idee dieser Ausstellung besteht darin,<br />
den Prozess zu veranschaulichen und<br />
die verschiedenen Rollen zu verdeutlichen<br />
– indem man ganz einfach ein<br />
Element austauscht. Vielleicht kann ein<br />
zukünftiges Projekt darin bestehen,<br />
»das Kind als Auftraggeber durch einen<br />
Affen zu ersetzen«, sagt Medium ganz<br />
ohne Ironie. »Das Wichtige ist, dass der<br />
Rest des Arbeitsprozesses so ›normal‹<br />
wie möglich abläuft.«<br />
ARCHITEKT UND AUFTRAG<br />
Was aber ist dann ein »normaler«<br />
Prozess? Meist beginnt ein Architekturprojekt<br />
mit einem Auftrag. Dem Architekten<br />
muss eine von allen Seiten<br />
akzeptierte Bestellung vorliegen. Doch<br />
diese kann sehr unterschiedlich<br />
aus-sehen. Der schwedische Architekt<br />
Anders Wilhelmson soll beispielsweise<br />
einmal ausgehend von der Bestellung<br />
»Hell, groß, wow!« gearbeitet haben.<br />
Beim Stockholmer <strong>Building</strong>-<strong>Blocks</strong>-<br />
Projekt handelte es sich stattdessen<br />
manchmal um lange, komplizierte<br />
Erzählungen – eine Herausforderung<br />
für die Architekten. Je abstrakter der<br />
Anforderungskatalog formuliert ist,<br />
desto weniger Einfluss nimmt man auf<br />
den Vorschlag, den man erhält. Aber<br />
auch wenn der Auftraggeber eine<br />
zentrale Rolle spielt, kommt man nicht<br />
an der bekannten Tatsache vorbei,<br />
dass man den gleichen Anforderungskatalog<br />
an eine Anzahl von Architekturbüros<br />
übergeben kann und garantiert<br />
ebenso viele unterschiedliche Entwürfe<br />
zurückbekommt. Eine ganz eigene<br />
Geschichte haben Architekturwettbewerbe<br />
mit alternativen Entwürfen, bei<br />
denen vor allem änderungen im Anforderungs-katalog<br />
vorgenommen wurden.<br />
Wie beim Wettbewerb für das<br />
Centre Pompidou in den 1970er Jahren,<br />
den Renzo Piano und Richard Rogers<br />
gewannen, nachdem die Architekten<br />
ihrerseits die Bestellung umgeschrieben<br />
hatten und keinen Beitrag für den<br />
Bau eines »Kulturzentrums« einreichten,<br />
sondern die Idee eines »Lebens-<br />
zentrums« präsentierten, eines Zentrums<br />
für lebendige Erfahrungen.<br />
Jake Ford von Medium sagt, er sei<br />
neugierig auf die Variationen dessen,<br />
was Kinder als konstitutive Teile des<br />
Hauses betrachten: »Sie können sich<br />
radikal von den Normen der Erwachsenen<br />
unterscheiden, aber sie können<br />
auch ebenso gut identisch sein – vielleicht<br />
sind die Bereiche des Hauses im<br />
Grunde recht simpel: Schlafen, Essen,<br />
Klo.« Oder anders ausgedrückt: Die<br />
Architektur ist einzigartig verglichen mit<br />
allen anderen kulturellen Bestrebungen,<br />
weil sie so stark mit unseren alltäglichen<br />
Bedürfnissen und Erfahrungen verflochten<br />
ist. Das Design des Hauses<br />
definiert ganz einfach die Plätze, wo wir<br />
arbeiten, essen, schlafen und spielen.<br />
Unzählige Ausstellungen zur zeitgenössischen<br />
Kunst haben dies thematisiert<br />
(soziologisch, ideologisch, ästhetisch),<br />
doch trotz der großen kulturellen und<br />
sozialen Bedeutung des Hausdesigns ist<br />
die traditionelle Art der Gestaltung von<br />
Architekturausstellungen schwer zu<br />
lenken. Möglicherweise liegt das an der<br />
Vorstellung von einem Bedürfnis, Gebäude<br />
durch Zeichnungen, Modelle und<br />
Fotografien zu »erklären«. Jedenfalls<br />
scheint es, als ob die Architektur in<br />
gewisser Weise weiter vom Design entkoppelt<br />
oder sogar zu einer mystifizierten<br />
Form von Design im Verhältnis zur Öffentlichkeit<br />
geworden ist. Dieser Spagat<br />
zwingt Architekturausstellungen oft zur<br />
Vermittlung von Second-Hand-Erlebnissen,<br />
indem sie dem Publikum die<br />
Möglichkeit verweigern, dem echten<br />
»Ausstellungsexponat« zu begegnen.<br />
»Aus diesem Grunde haben wir beschlossen,<br />
die Idee eines errichteten<br />
Artefakts zu präsentieren«, so Ford. »Wir<br />
stellen das architektonische Objekt<br />
auf die Bühne – als endgültige Manifestation<br />
der Vision des Architekten.«<br />
Eine andere Frage, die sich im Laufe<br />
des Prozesses unbequem deutlich gestellt<br />
hat, ist die, inwieweit Begrenzungen<br />
im Anforderungskatalog notwendig<br />
sind, um den kreativen Wurf zu vollbringen.<br />
»Der Anforderungskatalog<br />
kann nie ein Problem darstellen. Interessante<br />
Gebäude entstehen nicht durch<br />
Anforderungs kataloge«, sagt Medium.<br />
»Das Interesse und Engagement der<br />
Auftraggeber und Nutzer kann ein kreativer<br />
Teil des Gestaltungsprozesses<br />
sein. Wir werden das testen, wenn auch<br />
nur in einem verkürzten Prozess. Eine<br />
sehr spezifische Bestellung könnte<br />
ebenso gut die Grundlage für eine viel<br />
interessantere Lösung bilden.«<br />
DER ARCHITEKT – GESCHICKTER<br />
BAUMEISTER ODER<br />
KÜNSTLERISCHES GENIE?<br />
Das Wort Architekt bedeutete ursprünglich<br />
»geschickter Baumeister«. In diesem<br />
Projekt wird die historisch jüngere<br />
Renaissance-Idee vom Genie oder dem<br />
Architekten als Künstler durch die Beleuchtung<br />
der täglichen Arbeitspraxis<br />
des Architekten infrage gestellt. Heutzutage<br />
besteht die hauptsächliche<br />
Funktion der Architektur in der Erarbeitung<br />
von Entwürfen (Repräsentationen).<br />
Der ita lienische Architekt und Kunsttheoretiker<br />
Alberti, der in gewisser<br />
Weise die Architekturtheorie erfand,<br />
trennte auch den Beruf des Architekten<br />
vom Baumeister des Mittelalters. Im<br />
Prinzip handelte es sich bis dahin formell<br />
betrachtet um ein und dieselbe Person.<br />
Alberti verdeutlichte, dass der Architekt<br />
Entwürfe oder Ideen kreiert, wodurch<br />
er zum Urheber des Bauwerkes wird.<br />
Der Baumeister realisiert die Vision,<br />
denn Architekten bauen keine Häuser.<br />
36 37<br />
Der Architekt erhält seine Visionen<br />
direkt von Gott, was ihn zum Genie<br />
macht. Alberti formulierte auch das<br />
gegenseitige Verhältnis Auftrag geber-<br />
Erbauer-Architekt wie folgt: Der Architekt<br />
muss (abstrakte oder konkrete)<br />
Entwürfe der Gebäude erschaffen, um<br />
den Auftraggeber zu »verführen«, der<br />
seinerseits für sie bezahlen soll. Hauptaufgabe<br />
des Architekten ist es somit,<br />
den Auftraggeber zu seinen Ideen<br />
zu überreden und Material in Form von<br />
Zeichnungen und Modellen für den<br />
Baumeister bereitzuhalten, damit das<br />
Gebäude der Vision entsprechend<br />
errichtet werden kann. Albertis Auf-<br />
fassung vom Beruf des Architekten lebte<br />
bis weit in den heroischen Modernismus<br />
hinein weiter. Der Gedanke, dass der<br />
Architekt eine Dienstleistung anbietet,<br />
ist also noch nicht sehr alt.<br />
Er kann mit einer nachkriegsmodernistischen<br />
Kritik an der undemokratischen<br />
Idee vom Architektengenie verknüpft<br />
werden. Und vielleicht erhielt der architektonische<br />
Prozess erst durch Architekten<br />
wie Cedric Price größere Beachtung<br />
als die Auffassung von Architektur<br />
als Ansammlung statischer Artefakte.<br />
Bei Price bildete der Zeitaspekt von<br />
Architektur den Kernpunkt der Arbeit.<br />
In seinem bekanntesten (aber nie<br />
realisierten) Projekt The Fun Palace<br />
sollte das Gebäude wechselnden<br />
Bedürfnissen angepasst werden können<br />
und eine auf 20 Jahre begrenzte<br />
Lebensdauer haben.<br />
Aus Sicht des Architekten basiert ein<br />
guter Anforderungskatalog mehr auf<br />
Respekt und Interesse für den Bauprozess<br />
als für die Architektur an sich. Mit<br />
dem Kind als Auftraggeber wird diese<br />
Frage außerordentlich interessant,<br />
nicht nur aus sozialer, politischer und<br />
pädago-gischer Sicht, sondern auch als<br />
subversive Methode, um den Architekturprozess<br />
als solchen zu exponieren – da<br />
die meisten Architekturausstellungen<br />
Ideen von fertiggestellten Projekten in<br />
Form von Entwürfen oder Bildern zeigen.<br />
Bilder und Modelle sind entkoppelt<br />
vom physischen Erleben des Sehens<br />
und Interagierens mit einem endgültigen,<br />
wenn auch kleinen Gebäude. Wie<br />
bescheiden dieses Haus in seinem<br />
Maßstab auch sein mag, so ist die<br />
Interaktion mit der letztendlichen Konstruktion<br />
etwas radikal Anderes als das<br />
Betrachten eines Modells.<br />
CEDRIC PRICE (1934–2003) Cedric Price<br />
war ein englischer Architekt, einflussreicher<br />
Lehrer und Journalist. Eines seiner<br />
bekannteren Werke war das Projekt The<br />
Fun Palace (1961), das zwar nie verwirklicht<br />
wurde, aber mit seinen Raumlösungen<br />
andere Architekten inspirierte,<br />
wie zum Beispiel Richard Rogers und<br />
Renzo Piano, die in ihrem Centre Georges<br />
Pompidou in Paris viele von Prices Ideen<br />
weiterentwickelten.<br />
ALBERTI (1404–1472) Leon Battista Alberti<br />
war ein italienischer Architekt, Bildhauer,<br />
Goldschmied und Kunsttheoretiker, der in<br />
seinem Werk »De re aedificatoria« (1452)<br />
eine Theorie über Architektur formulierte.<br />
Zu Albertis bedeutendsten Bauwerken<br />
zählt die von der Antike inspirierte Kirche<br />
San Francesco (1450, auch bekannt<br />
als Tempio Malatestiano) in Rimini. Als<br />
Humanist betonte Alberti die vernunftbasierte<br />
und wissenschaftliche Natur der<br />
Künste und nahm damit Abstand vom<br />
religiös Symbolischen und Funktionalen.<br />
Er war ein Verfechter der Rückkehr zu<br />
einer klassischen Denkweise.
BOUNCY BUILDINGS (2007) Bouncy <strong>Building</strong>s<br />
ist ein jährlich wiederkehrendes<br />
Projekt, das »direkte« Architektur zeigt.<br />
Jedes Mal steht ein Land im Mittelpunkt,<br />
dessen beste Architekten – etablierte<br />
solche und vielversprechende Talente<br />
– eingeladen werden, eine Hüpfburg<br />
zu entwerfen. Die aufblasbaren Bauten<br />
werden bei einer Reihe von Freiluftveranstaltungen<br />
aufgestellt, bei denen die<br />
Öffentlichkeit die Möglichkeit erhält, das<br />
Ergebnis zu testen. Die ersten Hüpfburgen<br />
werden in London, Stockholm und<br />
Tokio zu erleben sein.<br />
EXTRA ORDINARY (2005) Eine Ausstellung<br />
im Stockholmer Kulturhuset, bei der<br />
dreißig mitwirkende Künstler und Designer<br />
wie unter anderem Martin Creed,<br />
Dunne & Raby, Maywa Denki, El Ultimo<br />
Grito, FAT, Front, Jeppe Hein und Noam<br />
Toran surrealistische, poetische und<br />
irrationale Wohnobjekte zeigten.<br />
BARNENS KONSTMUSEUM (2007) Der<br />
Künstler Jacob Dahlgren lud Medium ein,<br />
ein Kunstmuseum für Kinder zu entwerfen.<br />
Das kleinmaßige Gebäude wurde in<br />
der Großen Galerie des Kunstmuseums<br />
der Stadt Västerås ausgestellt.<br />
EINFACH & KOMPLEX<br />
Kurz gefasst kann Architektur mit ihren<br />
Prozessen als etwas sehr Komplexes<br />
aufgefasst werden, aber auch als<br />
etwas sehr Einfaches. Bei <strong>Building</strong><br />
<strong>Blocks</strong> wird deutlich, dass nicht immer<br />
von Anfang an klar ist, welche Komplexitäten<br />
entstehen werden. Vielleicht<br />
könnte man es beschreiben als wirklichen<br />
»Hausbau versus Papierarchitektur«.<br />
Das heißt nicht, dass die eine<br />
Form komplexer ist als die andere<br />
oder dass ein einfacher Prozess ein<br />
vorhersehbarer ist. Obwohl die Ausstellung<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> nicht vornehmlich<br />
Bilder oder Entwürfe unge bauter<br />
Architektur zeigt, sagt sie dennoch viel<br />
über die architektonische Vorgehensweise<br />
aus.<br />
Medium arbeitet in anderen Projekten<br />
ähnlich. So beispielsweise in dem<br />
Projekt Bouncy <strong>Building</strong>s über »direkte«<br />
Architektur oder »instant architecture«,<br />
in dem Medium gut und weniger<br />
gut etablierte Architekten einlädt,<br />
Hüpfburgen zu entwerfen, aufblasbare<br />
Bauten, die an Orten aufgestellt werden,<br />
an denen die Öffentlichkeit die<br />
Ergebnisse testen kann. (Hier können<br />
wir auch eine Verbindung zu Cedric<br />
Price und seiner Idee eines Bouncing<br />
Museum erahnen, die er kurz vor seinem<br />
Tod 2003 mit Hans Ulrich Obrist<br />
diskutierte.) Schon 2005 kuratierten<br />
Mitglieder von Medium die Ausstellung<br />
Extra Ordinary im Stockholmer Kulturhuset<br />
(kuratiert von Lisa Olausson,<br />
Stella D’Ailly und Maja Sten). Diese<br />
Ausstellung zeigte Funktions-objekte<br />
mit irrationalen oder »dysfunktionalen«<br />
Eigenschaften, wie Bathroom Sweet<br />
von FAT mit einer Toilette für zwei und<br />
Lizzie Ridouts Welcome mat aus Kreide,<br />
die während der Ausstellungszeit verwischt<br />
wurde und auf der gesamten<br />
Ausstellungs fläche weiße Spuren hinterließ.<br />
Medium wurde zudem vom<br />
Künstler Jacob Dahlgren und dem<br />
Kunstmuseum Västerås eingeladen,<br />
ein Kunstmuseum für Kinder und den<br />
dazugehörigen Katalog zu entwerfen.<br />
Auch in diesem Zusammenhang ging<br />
es um ein kleinmaßiges Gebäude,<br />
das in der Hauptgalerie des Museums<br />
aufgebaut wurde. Doch im Unterschied<br />
zu dieser »Ausstellung in der Ausstellung«<br />
behandelt <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> auch<br />
den Beruf und den »code of conduct«<br />
des Architekten.<br />
KOMMUNIKATION & FUNKTION<br />
Mit anderen Worten, es wird gezeigt,<br />
dass der Architekt einen Auftraggeber<br />
braucht. Im Unterschied zu vielen<br />
Künstlern (und immer mehr Designern)<br />
produzieren Architekten im Normalfall<br />
keine eigenen Gebäude. Der Anforderungskatalog<br />
ist ein zentraler Bestandteil<br />
der Arbeit, der sich meist aus dem<br />
Bedarf des Auftraggebers oder einer<br />
Gruppe von Auftrag gebern ergibt.<br />
Im Dialog findet dann gemeinsam mit<br />
einem Architekten, der den Anforderungskatalog<br />
interpretiert und auf ihn<br />
reagiert, ein Entwicklungsprozess statt.<br />
Bei <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> ergaben sich die Anforderungen<br />
aus mündlichen Gesprächen<br />
zwischen Kindern und Architekten,<br />
und die Architekturbüros wählten unterschiedliche<br />
Interpretationen – einige<br />
erstellten regelrechte Anforderungskataloge,<br />
andere schrieben hauptsächlich<br />
Notizen nieder und gingen dann<br />
direkt zum Bau von Modellen oder zur<br />
Anfertigung von Entwürfen über.<br />
Die meisten Gebäude auf der Welt<br />
werden tatsächlich ohne Anforderungskatalog<br />
errichtet – und ohne Architekten.<br />
Weltweit betrachtet ist die generische<br />
Architektur in den Slums,<br />
Armenvierteln und Favelas die dominierende<br />
Wohnform unserer Zeit. Auch<br />
Katalog- und Fertighäuser sind mittlerweile<br />
üblich. Die Frage lautet daher vielleicht,<br />
was Architekten heute eigentlich<br />
anzubieten haben. Betrachtet man<br />
die von Medium repräsentierte Art von<br />
Architektur, lautet die Antwort: »eine<br />
enorme Breite der Expertise, wie das<br />
Entwerfen von Gebäuden im Verhältnis<br />
zu einem Budget, das gleichzeitig<br />
komplexe Faktoren wie Umweltauswirkungen<br />
und Materialtechnologie berücksichtigt.«<br />
Zur Erhaltung und Weiterentwicklung<br />
dieser Kompetenz muss<br />
Raum für Forschung und Spiel geschaffen<br />
werden. Elemente der Forschung gibt<br />
es in fast allen Büros, und die Architekten<br />
können mit jedem Projekt experimentieren,<br />
um ihre eigenen Ideen zu testen<br />
– und nicht nur die des Auftraggebers.<br />
Auch wenn dies einen möglichen Misserfolg<br />
einschließt, steht das Experiment<br />
also in keiner Weise im Gegensatz<br />
zur Funk tionalität. Das zeigt sich nicht<br />
zuletzt in diesem Projekt, in dem<br />
der extreme Funktionalismus der Kinder<br />
deutlich wird. Die Architekturjourna-<br />
listin Matilda Stannow vertritt die<br />
Auffassung, dass Kinder »alles richtig<br />
machen wollen«, wenn sie in diese<br />
Art von Prozess eingebunden werden,<br />
und ich neige dazu, ihr beizupflichten –<br />
wie es in den Wald hineinschallt, so<br />
schallt es auch wieder heraus. Sagt<br />
man einem Kind, man möchte ein Haus,<br />
dann liefert es im Prinzip die Idee eines<br />
Hauses, komplett mit Satteldach und<br />
Fenstersprossen. Aber bittet man<br />
es um einen geschützten Ort, einen<br />
Platz zum Schlafen, Essen, Spielen<br />
usw., ohne das Wort »Haus« zu er-<br />
wähnen, sehen die Ergebnisse anders<br />
aus (ein Prinzip, das im Übrigen auch<br />
für Erwachsene gilt, nicht zuletzt für<br />
praktizierende Architekten).<br />
Ein Beispiel für einen Kommunikationsprozess,<br />
den man möglicherweise als<br />
erfolgreich bezeichnen könnte, ist der<br />
Prozess von Kod Arkitekter im Zusammenhang<br />
mit dem Ausstellungsprojekt<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> in der Stockholmer<br />
Färgfabriken im Jahr 2010. Hier passten<br />
die Kinder ihre extravaganten Ideen<br />
schnell an eine praktische und finanzielle<br />
Wirklichkeit an. Als sie darauf hingewiesen<br />
wurden, dass der Einbau eines<br />
Fahrstuhls teuer werden könnte, schlugen<br />
die Kinder stattdessen eine Leiter<br />
vor, und als die Architekten einwendeten,<br />
dass eine Leiter für Körperbehinderte<br />
schwierig sein könnte, nahmen sie auch<br />
dazu Stellung.<br />
Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang<br />
das Konzept der »Funktionalität«<br />
definieren. Seit Robert Venturis<br />
und Denise Scott-Browns bahnbrechender<br />
und unterhaltsamer Arbeit<br />
Ende der 1960er Jahre (»Der Parkplatz<br />
von Atlantic & Pacific oder: Was lehrt<br />
uns Las Vegas?«) ist das wirklich Interessante<br />
aus Sicht der Architektur nicht<br />
immer das Aussehen und die Konstruktion<br />
des einzelnen Hauskörpers. Mit<br />
den dekorierten Bruchbuden in Las<br />
Vegas als extremem Beispiel werden<br />
die rein modernistischen Ideale<br />
dekonstruiert. Gleichzeitig zeigen sie,<br />
in welcher Weise Funktion eine kulturell<br />
gebundene Symbolsprache ist. Funk-<br />
tion muss nicht weiße Wände bedeuten<br />
oder reine Linien. Es kann bei ihr<br />
ebenso gut darum gehen, durch überdien-sionierte<br />
Fassaden, Schilder,<br />
Symbole und blinkende Pfeile entlang<br />
der Hauptverkehrsstraße Inhalte zu<br />
vermitteln. Wie in Sweetie House, das<br />
zusammen mit dem Architekturbüro<br />
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AOC konstruiert wurde und wo ein<br />
Kind eine riesige Küche zum Kuchen-<br />
backen haben wollte und außer<br />
dem großen Ofen auch noch eine<br />
enorme Kirsche mit Aussichtspunkt.<br />
Am wichtigsten war dem Kind aber<br />
nicht der Ofen, sondern »die Kirsche<br />
obendrauf« (übrigens auch eine<br />
idiomatische Wendung aus dem Englischen,<br />
entsprechend dem »Sahne-<br />
häubchen« oder dem Tüpfelchen auf<br />
dem »i«). Oder das Golden Sky House,<br />
bei dem alles golden glänzen sollte.<br />
Und nicht zuletzt geht es bei diesem<br />
Projekt um das Spiel. In der in dieser<br />
Ausstellung präsentierten performativen<br />
architektonischen Denkweise<br />
kommt dem Spielerischen eine zentrale<br />
Bedeutung zu. Es ist ein ernstes Spiel,<br />
etwas, womit wir als Erwachsene oftmals<br />
zu kämpfen haben und wo wir mitunter<br />
die Hilfe von Kindern benötigen,<br />
um dazuzulernen oder die kreativen<br />
Impulse vermittelt zu bekommen, die<br />
wir brauchen, um diese Fähigkeit und<br />
Kraft wiederzuentdecken. Hoffentlich<br />
kann diese Ausstellung von Architektur<br />
– oder sagen wir Gebäuden – Erwachsene<br />
und Kinder gleichermaßen in-<br />
spirieren, sich ernsthaft und spielerisch<br />
mit Architektur zu beschäftigen, mit<br />
den Gebäuden und »<strong>Blocks</strong>«, die uns<br />
in dem, wer wir sind und wie wir uns<br />
verhalten, ständig beeinflussen.<br />
Jonatan Habib Engqvist<br />
Die Eheleute Robert Venturi (*1925)<br />
und Denise Scott Brown (*1931) werden<br />
aufgrund ihrer Architektur- und Planungsprojekte<br />
sowie ihrer theoretischen<br />
Schriften und Lehrtätigkeit zu den einflussreichsten<br />
Architekten des 20. Jahrhunderts<br />
gerechnet.<br />
Jonatan Habib Engqvist ist Kurator und<br />
Wissenschaftler mit Schwerpunkt Philosophie<br />
und ästhetik. Er arbeitete als<br />
Intendant am Moderna Museet (Museum<br />
für zeitgenössische Kunst) in Stockholm<br />
und ist gegenwärtig als Projektleiter beim<br />
schwedischen internationalen Künstleraustauschprogramm<br />
Iaspis tätig. Zusammen<br />
mit Maria Lantz zeichnet er für die<br />
Redaktion des Buches »Dharavi – Documenting<br />
Informalities« (Stockholm 2008;<br />
Neu Dehli 2009) verantwortlich, und er<br />
kuratierte (In)dependent People beim<br />
Reykjavik Arts Festival <strong>2012</strong>. Jonatan<br />
Habib Engqvist schreibt und hält regelmäßig<br />
Vorträge über Architektur, Kunst<br />
und Philosophie.
Wir danken unseren Partnern,<br />
Sponsoren und Förderern:<br />
Hauptsponsor:<br />
Sponsoren und Förderer:<br />
Institutionelle Partner:<br />
Dänische <strong>Botschaft</strong><br />
Medienpartner:<br />
<br />
<br />
<br />
Dank an: Alle Lehrlinge und Mitarbeiter der FAW, insbesondere Kirsten<br />
Schmitt, Bert Plöger, Sandro Wällisch, Marvin Wenger, Stefanie Kranzin,<br />
Steven Meyer, Hans-Martin Rösener, Martin Schauer, Robert Ziche,<br />
Christian Angrick, Marcus Brause, Christian Mierse, Eric Müller, Maik<br />
Becker, Philipp Bergemann, Franziska Finke, Willi Misys, Philipp Roscher,<br />
Sandro Wenger, David Zimmermann, Adelheit Gaertig, Ingo Hillmann,<br />
Peter Glöckner, Ulrike Fischer, Marie Weidner, Thorsten Finger, Olaf<br />
Hoffmann; alle NCC-Mitarbeiter insbesondere Nils Olov Boback, Steffen<br />
Hanisch, Olaf Tertel, Katja Kargert; An gela Uttke, Andrea Benze, Agnes<br />
Müller, Christina Jiménez Mattsson, Jessica Waldera, Adam Page, Katharina<br />
Fial, Elke Ackermann, Florentine Baumann, Lutz Breddin, Anna Maske,<br />
Petra Petersson, Vanessa Mirian Carlow, Matthias Rick, Florian Förster,<br />
Emilia Rosenqvist, Joachim Granit, Jake Ford, Martin Frostner, Lisa Olausson,<br />
Jonatan H. Engqvist, Ursula Pischel, Mari Hellsén u. v. a.<br />
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Als einer der Hauptförderer unterstützt<br />
die IKEA Stiftung das Ausstellungsprojekt<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong>,<br />
weil das stimmige Konzept Berliner<br />
Kinder und Jugendliche am<br />
Bauen der Zukunft beteiligt. So<br />
werden zwei Förderschwerpunkte<br />
der Stiftung – Wohnkultur und die<br />
Belange von Kindern – in idealer<br />
Weise zusammengeführt.
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> – Children as the architects client<br />
<strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> is a project involving children<br />
in the process of design and construction:<br />
they take on the role of client and commission<br />
Berlin architects to design a building.<br />
The five groups of children, with ages spanning<br />
from 6 to 16, have been selected from different<br />
schools in Berlin. They work in groups, each<br />
with a selected architecture office, discussing<br />
their wishes and visions, and participate<br />
in building models of their dream houses.<br />
The architects proposals are then presented<br />
as full-scale buildings in the Nordic embassies’<br />
exhibition space in Berlin.<br />
The exhibition is complemented by guided<br />
tours, workshops on architecture and urban<br />
planning for children and adults, as well<br />
as a conference for professionals.<br />
The concept for <strong>Building</strong> <strong>Blocks</strong> was developed<br />
by Färgfabriken/Medium and has<br />
previously been realised with great success<br />
in Stockholm in 2010 and Oslo in 2011.<br />
www.buildingblocksberlin.de