P.T.MAGAZIN 03/2015
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Über das Buch:<br />
Detlev Mares: Margaret Thatcher. Die Dramatisierung<br />
des Politischen. Reihe Persönlichkeit<br />
und Geschichte, Band 171. Muster-<br />
Schmidt Verlag: Gleichen – Zürich 2014. 118<br />
Seiten, 14 Euro. ISBN: 978-3788101718<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 3/<strong>2015</strong><br />
vorsitzende und Oppositionsführerin im<br />
Unterhaus wollte Thatcher das Land ab<br />
1975 einer Rosskur unterziehen, ausgerichtet<br />
an den Fixsternen „Markt, Moral<br />
und Monetarismus“, laut Mares das<br />
„nationale Regenerationsprogramm der<br />
Oppositionsführerin“. Thatcher hatte<br />
allen Grund für diesen Kampf, denn<br />
seit den 1960er Jahren befand sich das<br />
Land im wirtschaftlichen Niedergang<br />
und schließlich auch im Würgegriff der<br />
Gewerkschaften. Die vermeintlichen<br />
Segnungen sozialdemokratischer Politik<br />
(Verschuldung, Arbeitslosigkeit, steigende<br />
Steuern und Inflation) beutelten<br />
Britannien.<br />
Sozialdemokratische „Segnungen“<br />
beutelten Britannien<br />
Thatcher, die keine Intellektuelle war, sich<br />
aber durchaus an intellektuellen Debatten<br />
erfreuen konnte (waren das noch<br />
Zeiten…), bediente sich aus dem Fundus<br />
verschiedener Denkfabriken. Dabei vertrat<br />
die Politikerin keinen „Hyper-Individualismus“,<br />
denn das Individuum sollte<br />
in seiner Entfaltung durch klassische<br />
familiäre und nationale Bande gezügelt<br />
werden. Mares verschweigt nicht, dass<br />
die Spätfolgen der Politik der „Eisernen<br />
Lady“ letztlich auch zur Verherrlichung<br />
von Profitgier und Konsumansprüchen<br />
führte. Mit dem klugen Wahlspruch<br />
„Labour isn’t working“ (Labour funktioniert<br />
nicht) kam sie schließlich an die<br />
Macht und krempelte das Land nach<br />
ihren Vorstellungen um. Sie brach das<br />
Rückgrat der Gewerkschaften. Der produzierende<br />
Sektor schrumpfte. Das Land<br />
wurde abhängiger von Dienstleistungen.<br />
Ein Grund, warum Deutschland besser<br />
durch die Krise gekommen ist als das einseitig<br />
deindustrialisierte Großbritannien.<br />
Die unangenehmen Seiten ihres<br />
Charakters wurden unter anderem in<br />
ihrem wenig kollegialen Regierungsstil<br />
deutlich. Im Verlauf ihrer Amtszeit<br />
verließen insgesamt 36 Minister das<br />
Kabinett. Im Gegensatz zu weinerlichen<br />
Frauenpolitikerinnen à la Manuela<br />
Schwesig setzte sich Thatcher auch bei<br />
„harten“ politischen Themen wie Wirtschaft<br />
und Verteidigung durch, ohne<br />
ihre weibliche Seite dabei zu verleugnen.<br />
Man liest mit einem gewissen Schmunzeln,<br />
dass die Dame mit der ondulierten<br />
Turmfrisur auf einige Männer in ihrem<br />
politischen Umfeld „geradezu erotisierend<br />
wirkte“. Thatcher war eine professionelle<br />
Medienpolitikerin, die in<br />
Debatten schlagfertig kontern konnte<br />
und akribisch an ihren Parteitagsreden<br />
feilte. Gegen Ende ihrer Regierungszeit<br />
wurde sie immer störrischer. Ihre Haltung<br />
zur deutschen Einheit kann nur als<br />
katastrophal bezeichnet werden, gerade<br />
auch deshalb, weil sie rein reaktiv war:<br />
Thatcher hatte Angst vor einem wiedervereinigten<br />
Deutschland, das bald zur<br />
Zentralmacht der Kontinents avancieren<br />
sollte. Auch ihre Haltung zum chilenischen<br />
Diktator Pinochet war nicht von<br />
moralischer und politischer Weitsicht<br />
geprägt.<br />
Man kann sich keine Politiker backen.<br />
Jede Zeit bringt auch die politischen<br />
Charaktere hervor, die offenbar bei den<br />
Wählern und den Politikern punkten<br />
können. Während Thatcher das Land<br />
umgestaltete, war ihr das Schicksal der<br />
einzelnen Bürger herzlich egal. Diese<br />
demonstrative Kühle ist nicht erstrebenswert.<br />
An die klare Kante und das<br />
Zusammenpassen von Persönlichkeit<br />
und Politik denkt man angesichts der<br />
derzeitigen weichgespülten Lenor-Politik<br />
allerdings mit Wehmut zurück. ó<br />
Über den Autor<br />
Ansgar Lange<br />
Ansgar Lange ist als Journalist und in der<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig, war<br />
eine Zeit lang Chefredakteur der Zeitschrift<br />
Criticón und publiziert in Wirtschaftsmedien<br />
wie dem P.T. Magazin sowie Wirtschaftsbild,<br />
eigentümlich frei und anderen. Er ist<br />
Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Rat<br />
der Stadt Remscheid.