Darmflora und Stuhldiagnostik - Biovis
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Darmbakterien beeinflussen den Menschen<br />
auf vielfältiger Art <strong>und</strong> Weise<br />
Die Aufklärung des Darm - Mikrobioms ist schwierig, sie gelingt über Anzuchtmethoden,<br />
in neuerer Zeit auch über genetische Verfahren. Über die Anzucht können<br />
ca. 30-40 % der Darmbakterien identifiziert werden. Trotz der Einschränkung<br />
reicht das, um erste Bewertungen treffen zu können. Mit Hilfe der genetischen<br />
Verfahren können seit einigen Jahren auch die verbleibenden 60-70% der Darmbakterien<br />
untersucht werden. Auf der Basis der genetischen Analysen (16S–rRNA–<br />
Bestimmung) finden sich im Darm:<br />
ca. 1.800 Bakterien-Gattungen<br />
ca. 40.000 Bakterien-Arten.<br />
ihr Gewicht beträgt bis zu 2 kg<br />
ihre Zahl übersteigt 100 Trillionen!<br />
Darmbakterien beeinflussen den Menschen auf vielfältige Art <strong>und</strong> Weise. Sie<br />
schützen durch Aufbau einer sog. Kolonisationsresistenz vor endogenen Infektionen,<br />
in dem sie das Darmmilieu (pH-Wert) verändern <strong>und</strong> Rezeptoren an den<br />
Schleimhäuten besetzen. Durch Darmbakterien wird das Mukosaimmunsystem<br />
aktiviert <strong>und</strong> die Bildung <strong>und</strong> Sekretion von sIgA (sekretorisches Immunglobulin<br />
A) reguliert. SIgA schützt nicht nur vor endogenen Infektionen, sondern verhindert<br />
durch Neutralisierung von Erregern <strong>und</strong> Antigenestrukturen auf der Schleimhautoberfläche<br />
eine übermäßige Belastung der systemischen Körperabwehr.<br />
Hier an dieser Stelle kann nicht auf alle diese Zusammenhänge im Einzelnen ein-<br />
gegangen werden, dass würde Bände füllen, es sollen aber zumindest kurz einige<br />
aktuelle Erkenntnisse aufgezeigt werden, die die Bedeutung der Mikrobiota unterstreichen:<br />
biovis Fachinformation 4/2012 <strong>Darmflora</strong> <strong>und</strong> <strong>Stuhldiagnostik</strong> biovis Fachinformation 4/2012 <strong>Darmflora</strong> <strong>und</strong> <strong>Stuhldiagnostik</strong><br />
Mikroorganismen<br />
<strong>und</strong> das Nervensystem<br />
Vordergründig besteht zwischen den Darmbakterien <strong>und</strong> den zentralen <strong>und</strong> peri-<br />
pheren Nervenfunktionen kein Zusammenhang, aber Forschungsergebnisse deu-<br />
ten darauf hin, dass es eine unmittelbare Verbindung gibt, wie am Beispiel der<br />
Leber zu sehen ist:<br />
Leberversagen führt zur hepatischen Enzephalopathie mit kognitiven Defiziten,<br />
Tremor <strong>und</strong> Demenzzeichen. Maßgeblichen Anteil daran haben Urease - bildende<br />
Darmbakterien, die Ammoniak <strong>und</strong> andere neurotoxische Metabolite freisetzen.<br />
Werden diese von der Leber nicht mehr abgebaut, kommt es zur systemischen<br />
„Vergiftung“. Mit einer oralen Gabe von nicht resorbierbaren Antibiotika kann man<br />
die Bakterien <strong>und</strong> damit die Ammoniakbildung zurück drängen <strong>und</strong> das Zustandsbild<br />
bessern. Ähnlich gelagerte Zusammenhänge sind für eine Reihe von weiteren<br />
Erkrankungen bekannt geworden.<br />
Mikroorganismen <strong>und</strong> Schmerzempfindungen<br />
Spezielle Laktobazillen – Stämme induzieren im Darmepithel die Expression von<br />
Cannabinoid- <strong>und</strong> µ-Opioidrezeptoren <strong>und</strong> begünstigen auf diese Weise analgetische<br />
Effekte, ähnlich dem Morphin, eine Erklärung für die individuell unterschiedliche<br />
viszerale Schmerzempfindungen.<br />
Mikroorganismen <strong>und</strong> die Hypothalamus– Hypophysenachse<br />
Für die Depression wird heute eine veränderte Funktion der Hypothalamus– Hy-<br />
pophysenachse mitverantwortlich gemacht, denn vielfach weisen depressive Pa-<br />
tienten erhöhte Cortisol- <strong>und</strong> CRH-Spiegel auf. Stress gilt als Co–Faktor für die Ent-<br />
stehung einer Depression <strong>und</strong> wirkt sich außerdem auf die Zusammensetzung des<br />
Mikrobioms im Darm aus. Unter Stress vermehren sich z.B. potentiell pathogene<br />
Bakterien besonders stark. Der Auslöser für das Wachstum in der Darmschleimhaut<br />
sind Interaktionen mit wirtseigenem Adrenalin / Noradrenalin. Es resultiert<br />
ein Signal für die Transkription von Virulenzgenen in den Bakterien, das spezifisch<br />
durch adrenerge Antagonisten blockiert werden kann!