Hauptmann-Thannhauser- Muskeldystrophie
Hauptmann-Thannhauser- Muskeldystrophie
Hauptmann-Thannhauser- Muskeldystrophie
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MANAGEMENT OF<br />
NEUROMUSCULAR DISEASES<br />
LETTER NR. 28<br />
Kernhüllenerkrankungen<br />
(Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong>,<br />
<strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong>,<br />
hereditäre sensomotorische Neuropathie Typ 2B)<br />
Frank Hanisch und Stephan Zierz<br />
Zusammenfassung<br />
Erst seit einigen Jahren ist bekannt,<br />
dass Veränderungen an Kernhüllenproteinen<br />
gewebsspezifische, häufig<br />
neuromuskuläre Veränderungen zur<br />
Folge haben können. Zurzeit sind zwei<br />
Kernhüllenproteine bekannt, das<br />
Lamin A/C auf dem LMNA-Gen und<br />
Emerin auf dem STA-Gen, bei denen<br />
Mutationen zu phänotypisch definierbaren<br />
Erkrankungen führen.<br />
Die Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
mit X-chromosomalem Erbgang (XR-<br />
EDMD) ist klinisch neben den muskulären<br />
Symptomen durch Kontrakturen<br />
und eine später einsetzende kardiale<br />
Beteiligung (Herzrhythmusstörungen)<br />
gekennzeichnet. Die kardia-<br />
le Beteiligung ist für die Prognose von<br />
entscheidender Bedeutung.<br />
Die klinischen Manifestationsformen<br />
einer Mutation auf dem LMNA-Gen<br />
umfassen die autosomal-dominant<br />
vererbte <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong> (HTMD, häufig auch<br />
als autosomal-dominante Form der<br />
Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
bezeichnet), die Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
1B (LGMD 1B), die dilatative<br />
Kardiomyopathie 1A (DCM1A)<br />
und die familiäre partielle Lipodystrophie<br />
Typ Dunnigan (FPLD Dunnigan),<br />
die autosomal-rezessiv vererbte hereditäre<br />
sensomotorische Neuropathie<br />
Typ 2B (HSMN 2B) und die mandibulo-
2<br />
akrale Dysplasie sowie verschiedene<br />
Progerieformen (Tabelle 1). X-chromosomal<br />
rezessive Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
und autosomal-dominante<strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
sind klinisch kaum unterscheidbar.<br />
Es ist bislang noch ungeklärt,<br />
wie Art und Lokalisation einer<br />
Mutation auf dem LMNA-Gen den Phänotyp<br />
beeinflussen und worauf die<br />
Funktionsstörung des Lamin A/C-Proteins<br />
beruht [1].<br />
Emerin-Protein und STA-Gen<br />
Emerin ist ein transmembranales, in<br />
der inneren Kernhüllenmembran verankertes<br />
und ins Nukleoplasma reichendes<br />
Protein mit einem Molekulargewicht<br />
von 34 kDa und wird durch<br />
das auf dem distalen Xq28-Chromosom<br />
lokalisierte STA-Gen kodiert [2].<br />
Die Mehrzahl der über das gesamte<br />
Gen verteilten Mutationen stellen<br />
Punktmutationen (47,3 %) oder zu<br />
einer Verschiebung des Leserasters<br />
führende kleinere Deletionen (32,5 %)<br />
Abbildung 1:<br />
Schematische Darstellung der Kernhülle mit ausgewählten Kernhüllenproteinen.<br />
LAP – laminassoziiertes Protein, LBR – Lamin-B-Rezeptor.<br />
(Abbildung erstellt von Thorsten Schmidt)
Tabelle 1:<br />
Übersicht über Krankheiten, die auf Defekten der Kernhülle beruhen.<br />
Krankheit Abkürzung Vererbungsmodus Gen Genprodukt<br />
Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong> XR-EDMD XR STA Emerin<br />
<strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong> AD-EDMD AD, (AR) LMNA Lamin A/C<br />
Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong> Typ 1B LGMD 1B 1 AD LMNA Lamin A/C<br />
Dilatative Kardiomyopathie 1A DCM 1A AD LMNA Lamin A/C<br />
Familiäre partielle Lipodystrophie FPLD AD LMNA Lamin A/C<br />
Typ Dunnigan Typ Dunnigan<br />
Hereditäre sensomotorische Neuropathie HSMN 2B AR LMNA Lamin A/C<br />
Typ 2B<br />
Mandibuloakrale Dysplasie MAD AR LMNA Lamin A/C<br />
Hutchinson-Gilbert-Progerie-Syndrom HGPS AD LMNA Lamin A/C<br />
Werner-Syndrom 2 AD LMNA Lamin A/C<br />
1 - (engl.) Limb Girdle Muscular Dystrophy<br />
2 - progerieähnliches Syndrom<br />
AD – autosomal-dominant, AR – autosomal-rezessiv, XR – X-chromosomal-rezessiv<br />
oder Insertionen (10,9 %) dar, die zu<br />
einem Abbruch der Translation und in<br />
Folge dessen zu einem trunkierten Protein<br />
führen. In ca. 95 % der Fälle kann<br />
die Diagnose durch das Fehlen einer<br />
34 kDa Bande im Western-Blot oder<br />
reduzierte bzw. fehlende Immunreaktivität<br />
für Emerin in der Haut- oder Muskelbiopsie<br />
gestellt werden [3] (Abbildung<br />
1, 2a, Tabelle 2).<br />
Lamin A/C-Proteine und<br />
LMNA-Gen<br />
Das LMNA-Gen befindet sich auf dem<br />
Locus 1q21.2-1q21.3, umfasst 24 kb<br />
und besteht aus 12 Exons [4]. Durch<br />
alternatives Spleißen innerhalb des<br />
Exon 10 entstehen mRNAs, die Lamin<br />
A (80 kDa) und Lamin C (65 kDa) kodie-<br />
ren. Die nukleären Lamine (Lamin A/C,<br />
B1) sind netzartig angeordnete, der<br />
inneren Kernmembran aufliegende<br />
Intermediärfilament-Proteine.<br />
Bisher wurden etwa 40 Punktmutationen<br />
in allen Exons, eine Nonsense-<br />
Mutation, fünf Deletionen und eine<br />
Mutation am Ort des Spleißens<br />
beschrieben. Nur vier Mutationen<br />
haben ein trunkiertes, nicht funktionsfähiges<br />
Protein zur Folge [4,5]. Bei den<br />
anderen Mutationen vermutet man als<br />
Mechanismus eine Haploinsuffizienz:<br />
Die Menge des vom normalen Allel<br />
exprimierten Proteins scheint nicht<br />
ausreichend, ein funktionsfähiges<br />
Laminnetzwerk zu gewährleisten. In<br />
diesen Fällen stellt sich das Lamin A/C-<br />
Protein jedoch immunhistologisch<br />
3
4<br />
unauffällig dar. Bei klinischem Verdacht<br />
auf eine Störung des Lamin A/C-<br />
Proteins ist das Sequenzieren des<br />
gesamten LMNA-Gens erforderlich<br />
(Abbildung 1, 2b, Tabelle 2).<br />
Abbildung 2:<br />
Regelrechte immunhistochemische<br />
Darstellung der Zellkerne im Muskelgewebe<br />
mit Antikörpern gegen Emerin<br />
(a) und Lamin A/C (b). Nur in<br />
wenigen Fällen hat eine Mutation im<br />
Lamin A/C-Gen eine verminderte<br />
Darstellung des Proteins zur Folge.<br />
Aufgrund der Lokalisation von Emerin<br />
und Lamin A/C wird eine Funktion im<br />
Aufbau und der Erhaltung der Kernhülle,<br />
aber auch zur Chromosomenposition<br />
vermutet.<br />
Bislang ist es nicht möglich, aus der<br />
Lokalisation oder Art der zugrunde liegenden<br />
Mutation eine Vorhersage des<br />
zu erwartenden Phänotyps oder des<br />
Verlaufs zu treffen. Mögliche, den Phänotyp<br />
modifizierende Mechanismen<br />
sind bislang ebenso unbekannt. Häufig<br />
besteht bei allen im Folgenden<br />
geschilderten Erkrankungen eine<br />
große inter- und intrafamiliäre Variabilität<br />
[1,8]<br />
Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
(XR-EDMD)<br />
1966 beschrieben Emery und Dreifuss<br />
männliche Mitglieder einer amerikanischen<br />
Familie mit Gliedergürtelsyndrom,<br />
Kontrakturen, kardialer Beteiligung<br />
und Anhalt für einen X-chromosomalen<br />
Erbmodus [3].<br />
Die Emery-Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
manifestiert sich überwiegend im Kindesalter,<br />
jedoch selten vor dem zweiten<br />
Lebensjahr mit Gangstörungen<br />
und häufigen Stürzen. Im Verlauf der<br />
zweiten Lebensdekade treten skapulohumeral<br />
betonte Atrophien, im Gliedergürtel<br />
bzw. humeroperoneal betonte<br />
Paresen, Kontrakturen im Ellbogenund<br />
Sprunggelenk, seltener im Hüftoder<br />
Kniegelenk und eine verminderte<br />
Wirbelsäulenbeweglichkeit auf. Leich-
Tabelle 2:<br />
Protein- und Gendiagnostik bei Verdacht auf Kernhüllenerkrankung.<br />
Histochemie Emerinopathie Laminopathie<br />
Immunreaktivität in ~ 95 % fehlend in ~ 95 % normal<br />
Western-Blot in ~ 95 % fehlende in ~ 95 % normale<br />
34 kDa Bande 70 kDa Bande<br />
Gen-Sequenzierung in 5 % erforderlich in 95 % erforderlich<br />
te Gehbehinderungen sind ab der 4.<br />
Lebensdekade häufig, selbst im höheren<br />
Lebensalter ist die notwendige<br />
Benutzung eines Rollstuhls selten<br />
gegeben. Verlaufsformen mit einer<br />
raschen Progredienz muskulärer Symptome<br />
und einem schweren Behinderungsgrad<br />
sind jedoch möglich.<br />
Wadenhypertrophie oder Fußdeformitäten<br />
können vorkommen. Die Kreatinkinase<br />
ist normal bis mäßig erhöht.<br />
Histologisch sind gering- bis mäßiggradige<br />
myopathische Veränderungen<br />
nachweisbar. Die Achillessehnenverkürzung<br />
kann operativ-orthopädisch<br />
versorgt werden [3,7].<br />
Die kardialen Symptome sind prognosebestimmend<br />
(AV-Block, Vorhofflimmern-<br />
und -flattern). Die Penetranz der<br />
kardialen Symptome liegt ab dem 30.<br />
Lebensjahr bei > 95 %. Nach Diagnosestellung<br />
sollten mindestens jährlich ein<br />
Ruhe-EKG, ein 24-h-Holter-EKG und<br />
eine transthorakale Echokardiographie<br />
durchgeführt werden. Wegen der<br />
Gefahr eines plötzlichen Herztodes<br />
sollte schon bei asymptomatischen<br />
Patienten mit beginnenden Auffällig-<br />
keiten im EKG ein Schrittmacher mit<br />
zusätzlicher Defibrillatorfunktion implantiert<br />
werden. Beim Nachweis<br />
supraventrikulärer Überleitungsstörungen<br />
ist eine Antikoagulanzientherapie<br />
indiziert.<br />
Im Gegensatz zu den anderen X-chromosomal<br />
rezessiven <strong>Muskeldystrophie</strong>n<br />
vom Typ Duchenne und Becker fallen<br />
Konduktorinnen nur selten durch<br />
eine erhöhte Kreatinkinase auf. Mit<br />
zunehmendem Lebensalter nimmt bei<br />
Konduktorinnen das Risiko atrioventrikulärer<br />
Überleitungsstörungen zu.<br />
Deshalb gelten die oben genannten<br />
Empfehlungen für asymptomatische<br />
männliche Mutationsträger als auch<br />
Konduktorinnen [3,8].<br />
<strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
(HTMD, häufig auch als autosomaldominante<br />
Form der Emery-Dreifuss-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong> bezeichnet)<br />
Die zwei aus Deutschland emigrierten<br />
Ärzte <strong>Hauptmann</strong> und <strong>Thannhauser</strong><br />
beschrieben 1941 neun Mitglieder<br />
einer Familie mit "muscular shortening<br />
5
6<br />
Abbildung 3 a, b:<br />
16-jähriger Patient mit <strong>Hauptmann</strong>-<br />
<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
infolge der Missense-Mutation<br />
R401C. Auffällig sind Lordose,<br />
Beugekontrakturen der Ellbogenund<br />
Hüftgelenke, humeroperoneal<br />
betonte Atrophien und beidseitige<br />
Scapula alata.<br />
and dystrophy". Im anglophonen<br />
Sprachgebrauch ist jedoch die Bezeichnung<br />
autosomal-dominante Emery-<br />
Dreifuss-<strong>Muskeldystrophie</strong> üblich [9].<br />
Phänotypisch sind die X-chromosomal<br />
rezessive Emery-Dreyfuss-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
und die <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
nicht sicher<br />
unterscheidbar [3] (Tabelle 3, Abbildung<br />
3).<br />
Ab der 2., meist jedoch im Verlauf der<br />
3. Lebensdekade werden, zunächst<br />
überwiegend asymptomatisch, Herzrhythmusstörungen<br />
(Bradykardie,<br />
atrioventrikulärer Block I-III) auffällig.<br />
Das Risiko, im mittleren Lebensalter<br />
einen plötzlichen Herztod zu erleiden,<br />
ist hoch. Parallel zu den Überleitungsstörungen<br />
kann sich eine dilatative<br />
Kardiomyopathie manifestieren. [5].<br />
Da infolge einer progredienten dilatativen<br />
Kardiomyopathie das Risiko für ein<br />
Sick-Sinus-Syndrom oder ventrikuläre<br />
Tachykardien besteht, sollten die Patienten<br />
mit einem Schrittmacher mit<br />
zusätzlicher Defibrillatorfunktion versorgt<br />
werden. Aus den oben genannten<br />
Gründen ist die Anlage eines Herzschrittmachers<br />
schon bei asymptomatischen<br />
Patienten bei Auftreten von<br />
Sinus- oder av-Knotenstörungen zu<br />
empfehlen. Bei einem Teil der Patienten<br />
wird eine Herztransplantation<br />
erforderlich.<br />
Es erscheint sinnvoll, bei allen Mutationsträgern<br />
ab der 2. Lebensdekade<br />
mindestens jährlich eine 24-h-Holter-<br />
EKG-Untersuchung und eine transthorakale<br />
Echokardiographie durchzuführen.<br />
Beim Nachweis supraventrikulärer<br />
Überleitungsstörungen ist eine<br />
Antikoagulanzientherapie indiziert<br />
[4,5,8,10].<br />
Bisher sind mehr als 20 über das
Tabelle 3:<br />
Synopsis zu Emery-Dreifuss (XR-EDMD)- und <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong> (AD-EDMD) sowie Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
Typ 1B (LGMD 1B).<br />
Emery-Dreifuss- <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>- Gliedergürtel-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong> <strong>Muskeldystrophie</strong> <strong>Muskeldystrophie</strong> 1B<br />
Manifestationsbeginn 1.-2. Dekade 1. Dekade 1.-3. Dekade<br />
Atrophien/Paresen Beginn 1.-2. Dekade Beginn 1.-2. Dekade Beginn: 1.-(3.) Dekade<br />
Schultergürtel/ Schultergürtel/ Hüftgürtel<br />
humeroperoneal humeroperoneal<br />
im Verlauf proximal und distal im Verlauf proximal und distal im Verlauf Schultergürtel<br />
Progredienz langsam progredient langsam progredient langsam progredient<br />
Extremitäten-Kontrakturen Beginn: 1.-2. Dekade Beginn: 1.-2. Dekade fehlend oder minimal<br />
häufig: Ellbogen- häufig: Ellbogenund<br />
Sprunggelenk und Sprunggelenk<br />
seltener: Hüft- und seltener: Hüft- und selten: Ellbogen/<br />
Kniegelenk Kniegelenk Sprunggelenk<br />
Wirbelsäulenkontraktur häufig, zervikal betont häufig, zervikal betont fehlend<br />
(Rigid Spine) leichte Skoliose in 30 % leichte Skoliose in 30 % Skoliose selten<br />
Achillessehnenverlängerungs-OP<br />
häufig erforderlich häufig erforderlich selten erforderlich<br />
Creatinkinase normal – mäßig erhöht normal – mäßig erhöht normal – mäßig erhöht<br />
av-Überleitungsstörungen Beginn: (2.)-3. Dekade Beginn: (2.)-3. Dekade Beginn: (3.)-4. Dekade<br />
Dilatative<br />
Kardiomyopathie (DCM)<br />
selten 35 % der Fälle 35 % der Fälle<br />
Herzschrittmacher mit<br />
Defibrillatorfunktion<br />
notwendig > 95 % ab 30. LJ notwendig > 95 % ab 30. LJ notwendig > 95 % ab 35. LJ<br />
Herztransplantation selten erforderlich häufig, wenn DCM vorliegend häufig, wenn DCM vorliegend<br />
gesamte Gen verteilte Punktmutationen,<br />
die Nonsense-Mutation Q6X und 2<br />
"in frame"-Deletionen beschrieben, die<br />
einen für die <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<br />
<strong>Muskeldystrophie</strong> typischen Phänotyp<br />
bedingen. Es gibt zunehmend Hinweise<br />
dafür, dass die Penetranz des muskulären,<br />
aber auch kardialen Phänotyps<br />
der <strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-Mus-<br />
keldystrophie geringer als ursprünglich<br />
angenommen ist [11].<br />
Die Existenz einer autosomal-rezessiven<br />
Variante konnten di Barletta und Mitarbeiter<br />
(2000) an einer Familie (asymptomatische<br />
heterozygote Eltern und symptomatischer<br />
homozygoter Sohn) mit der<br />
C664T-Mutation auf dem LMNA-Gen<br />
nachweisen [12].<br />
7
8<br />
Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
1B<br />
(limb girdle muscular dystrophy 1B –<br />
LGMD 1B)<br />
Bei der Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
1B (LGMD 1B) mit autosomaldominantem<br />
Erbgang konnte entweder<br />
eine Missense-Mutation, eine "in<br />
frame"-Deletion oder eine "splice<br />
donor site"-Mutation auf dem LMNA-<br />
Gen identifiziert werden. Nur bei letzterer<br />
Mutation war ein trunkiertes Lamin<br />
A/C-Protein nachweisbar [13,14].<br />
In der Hälfte der Fälle manifestiert<br />
sich die Erkrankung im Kindesalter,<br />
bei den anderen in der 2. oder 3.<br />
Lebensdekade. Paresen betreffen<br />
zunächst den Hüftgürtel und die<br />
Oberarmmuskulatur. Typisch ist die<br />
Aussparung der tibialen und peronealen<br />
Muskeln sowie eine Atrophie<br />
des M. biceps brachii ab der 4. Dekade.<br />
Gelegentlich ist eine Wadenhypertrophie<br />
auffällig.<br />
Die Erkrankung verläuft hinsichtlich<br />
der skelettmuskulären Beteiligung<br />
gering progredient. Klinisch scheint<br />
eine Abgrenzung zur <strong>Hauptmann</strong>-<br />
<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
berechtigt, da Bewegungseinschränkungen<br />
im Wirbelsäulenbereich bislang<br />
nicht beschrieben wurden und<br />
Kontrakturen im Ellbogen- oder<br />
Sprunggelenk sich erst spät manifestierten<br />
oder nur gering ausgeprägt<br />
sind. Die Kreatinkinase kann normwertig<br />
oder gering erhöht sein (Tabelle 3).<br />
Kardiale Symptome, in der Regel atrioventrikuläre<br />
Überleitungsstörungen,<br />
selten eine dilatative Kardiomyopathie,<br />
treten im Verlauf der 3. – 4. Lebensdekade<br />
auf. Auch bei dieser Erkrankungsform<br />
sollten nach Diagnosestellung<br />
wegen des Risikos eines plötzlichen<br />
Herztodes in jährlichen Abständen ein<br />
24-h-Holter-EKG und eine transthorakale<br />
Echokardiographie durchgeführt<br />
werden und großzügig die Indikation<br />
für eine Schrittmacherimplantation mit<br />
zusätzlicher Defibrillatorfunktion gestellt<br />
werden. Beim Nachweis supraventrikulärer<br />
Überleitungsstörungen<br />
ist eine Antikoagulanzientherapie indiziert<br />
[8].<br />
Dilatative Kardiomyopathie 1A<br />
(DCM 1A)<br />
Die dilatative Kardiomyopathie vom<br />
Typ 1A (DCM 1A) ist die erste familiäre<br />
DCM mit autosomal-dominantem<br />
Erbgang, bei der Genort und zugrunde<br />
liegendes Genprodukt identifiziert<br />
wurden [15]. Typisch ist die sich überwiegend<br />
in der 3. – 4. Lebensdekade<br />
manifestierende Kombination aus<br />
dilatativer Kardiomyopathie und atrioventrikulären<br />
Überleitungsstörungen.<br />
Eine Skelettmuskelbeteiligung ist häufig<br />
nicht nachweisbar. Sie kann sich<br />
jedoch in einer asymptomatischen<br />
Kreatinkinaseerhöhung oder dem<br />
gering ausgeprägten Phänotyp einer<br />
<strong>Hauptmann</strong>-<strong>Thannhauser</strong>-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
bzw. einer Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
manifestieren [5,8,15,16].
Hereditäre sensomotorische<br />
Neuropathie Typ 2B<br />
(HSMN 2B; englisch: Charcot-Marie-<br />
Tooth Type 2B)<br />
Die genetisch unterschiedlichen, seltenen<br />
hereditären sensomotorischen<br />
Neuropathien mit axonaler Schädigung<br />
und autosomal-rezessivem Erbgang<br />
wurden bislang meist in maghrebinischen<br />
Ländern aufgrund der häufigen<br />
Ehen zwischen Blutsverwandten<br />
identifiziert. Die HSMN 2B wurde in<br />
zehn algerischen, teilweise blutsverwandten,<br />
Familien beschrieben.<br />
Ursächlich war ausschließlich die<br />
homozygote C892T-Mutation.<br />
Die Erkrankung manifestiert sich am<br />
Ende der 1. oder im Verlauf der 2.<br />
Lebensdekade mit Steppergang infolge<br />
Parese und Atrophie der Mm. peronei<br />
longus et tibiales anteriores. Ein<br />
Pes cavus ist in allen Fällen nachweisbar.<br />
Im Verlauf breiten sich Schwäche<br />
und Atrophie auf die distale Muskulatur<br />
der oberen Extremität, aber auch<br />
die Hüftmuskulatur aus. Eine sensible<br />
Störung mit strumpfförmiger Verteilung<br />
ist klinisch weniger bedeutend.<br />
Bei ca. 50 % der Betroffenen führt die<br />
Mutation schon während der 3. und 4.<br />
Lebensdekade zu erheblichen Gehbehinderungen<br />
und einer deutlichen<br />
Beeinträchtigung der Handfunktion in<br />
täglichen Aufgaben. Der Krankheitsverlauf<br />
ist von Fall zu Fall jedoch recht<br />
heterogen [17].<br />
Eine Fettverteilungsstörung oder eine<br />
kardiale Mitbeteiligung wurde bislang<br />
bei keinem Patienten festgestellt.<br />
Neuromuskuläre oder kardiale<br />
Symptome bei anderen<br />
Krankheiten mit LMNA-Mutation<br />
Neben den Erkrankungen mit primär<br />
neuromuskulärer oder kardialer Beteiligung<br />
sind weitere Syndrome<br />
bekannt, die auf LMNA-Mutationen<br />
beruhen. Dazu gehören die familiäre<br />
partielle Lipodystrophie Typ Dunnigan<br />
(FPLD), die mandibuloakrale Dysplasie<br />
(MAD), das Hutchinson-Gilbert-Progerie-Syndrom<br />
und das Werner-Syndrom<br />
(Tabelle 1).<br />
Die FPLD ist einerseits durch eine Atrophie<br />
des subkutanen Fettgewebes in<br />
Extremitäten und Rumpf, andererseits<br />
durch eine Lipidakkumulation in<br />
Gesicht und Nacken gekennzeichnet.<br />
Klinisch stehen die Folgen einer Insulinresistenz<br />
und Dyslipidämie mit den<br />
sich daraus ergebenden atherosklerotischen<br />
Komplikationen im Vordergrund<br />
[18].<br />
Bei drei Familien und einem Einzelfall<br />
mit FPLD konnten zusätzliche Symptome<br />
im Sinne einer kardialen Mitbeteiligung<br />
oder Gliedergürtel-<strong>Muskeldystrophie</strong><br />
nachgewiesen werden [13,19].<br />
Auch die MAD kann mit partieller oder<br />
generalisierter Lipodystrophie und<br />
Gelenkkontrakturen einhergehen [20].<br />
9
10<br />
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Impressum:<br />
DGM · Deutsche Gesellschaft<br />
für Muskelkranke e.V.<br />
Im Moos 4 · 79112 Freiburg<br />
Tel.: 07665/9 44 70<br />
Anschrift der Verfasser:<br />
Prof. Dr. med. Stephan Zierz<br />
Klinik und Poliklinik für Neurologie<br />
Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg<br />
Ernst-Grube-Str. 40<br />
06097 Halle/Saale<br />
Kontaktadresse:<br />
Dr. med. F. Hanisch<br />
Klinik und Poliklinik für Neurologie<br />
Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg<br />
Ernst-Grube-Str. 40<br />
06097 Halle/Saale<br />
E-Mail:<br />
frank.hanisch@medizin.uni-halle.de<br />
Telefon: 0345/557-2934<br />
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Herausgeber der Schriftenreihe:<br />
Prof. Dr. med. R. Dengler · Hannover<br />
Prof. Dr. med. D. Pongratz · München<br />
Verantwortlich für den Inhalt<br />
dieser Ausgabe:<br />
Prof. Dr. med. D. Pongratz · München<br />
Aventis Pharma Deutschland GmbH<br />
Geschäftseinheit:<br />
Innovation Praxis & Klinik<br />
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Tel.: 069/305 220 44<br />
Management of Neuromuscular<br />
Diseases<br />
Kernhüllenerkrankungen<br />
ARCIS Verlag GmbH · München<br />
ISSN 0949-1503<br />
9. Jahrgang<br />
313 407