ngen atur empfohlen von Bill Hybels - Willow Creek
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Die gute alte Zeit<br />
Damals war die Welt noch in Ordnung.<br />
Man saß mit Jugendlichen<br />
und Gitarre um das Lagerfeuer<br />
und schmetterte hingebungsvoll geistliche<br />
Lieder. Es war die Zeit <strong>von</strong> Flanelltafeln<br />
im Kindergottesdienst und Hagebuttentee<br />
nach der Jugendstunde. „Damaris<br />
Joy“ und „Arno & Andreas“ waren allen<br />
christlichen Jugendlichen ein Begriff und<br />
„Twix“ hieß noch „Raider“. Ja, die Welt<br />
war noch so, wie sie heute sein sollte!<br />
Diejenigen, die sich früher mit den<br />
jeweiligen geistigen und geistlichen<br />
Strömu<strong>ngen</strong> auseinander gesetzt haben,<br />
revolutionierende Erkenntnisse<br />
entdeckten und sich mit persönlichen<br />
Erkenntnissen in la<strong>ngen</strong> Diskussionen<br />
das Unverständnis der „älteren<br />
Geschwister“ zugezogen haben, sind<br />
heute in vielen Gemeinden am „Ruder“,<br />
beeinfl ussen das geistliche Leben<br />
der Gemeinde. Viele <strong>von</strong> ihnen machen<br />
eine gute Arbeit. Unbestritten.<br />
Aber bekanntlich sind wir alle nur<br />
Menschen. Und Menschen lieben ein<br />
gewisses Maß an Sicherheit. So war es.<br />
So ist es. Wahrscheinlich wird es immer<br />
so bleiben. Zurzeit wird Sicherheit<br />
verstärkt in einem „Neodogmatismus“<br />
gesucht. Die wilden Jahre als junger<br />
denkender suchender Mensch werden<br />
ausgeblendet. Man ergießt sich in im-<br />
: VON TORSTEN HEBEL<br />
mer wieder neue alte Lehrsätze. Je sicherer<br />
diese Meinu<strong>ngen</strong> und Lehrsätze<br />
ausgesprochen, je öfter sie in einschlägigen<br />
christlichen Veröffentlichu<strong>ngen</strong><br />
wiederholt werden, desto wahrer sind<br />
sie. „Glaubt“ man zumindest. Das Ende<br />
des Denkens ist erreicht. So ist es. So ist<br />
Gott. Das bedeutet Christsein. Punkt.<br />
Wer anders lebt, denkt und glaubt, ist<br />
„nicht mehr auf dem Weg“.<br />
Jesus sagt: „Ich bin der<br />
Weg“ – nicht: „Ich bin der<br />
Standpunkt“<br />
In einer christlichen Gemeinschaft<br />
muss es erlaubt sein, laut und offen<br />
nachzudenken. Wir alle haben eine Entwicklung<br />
hinter uns. Wir alle streben<br />
nach der Wahrheit. Wir alle haben Gründe,<br />
die oft in unserer Biographie liegen,<br />
warum wir das eine glauben und anderes<br />
nicht. Wir alle haben Überzeugu<strong>ngen</strong><br />
verloren und gewonnen oder wieder gewonnen.<br />
Warum haben viele Gemeinden<br />
Angst, sich den Fragen und neuen Herausforderu<strong>ngen</strong><br />
durch die junge Generation<br />
zu stellen? Weil sie Angst haben,<br />
durch gute Argumentationen ihre Dogmen<br />
und damit ihre Sicherheit zu verlieren?<br />
Flüchten sich Menschen deshalb in<br />
fundamentalistische Strukturen, weil sie<br />
Angst haben, dass all die Antworten, die<br />
man sich auf die Komplexität des Lebens<br />
gegeben hat, nicht halten?<br />
Wichtig erscheint mir die Kultur<br />
<strong>von</strong> sachlichem Austausch, einer neuen<br />
Toleranz für „Andersgläubige“ und<br />
das Kennzeichen eines Christen – der<br />
Liebe nämlich – als bindende Substanz<br />
im Umgang miteinander, wieder neu<br />
zu entdecken und zu fördern.<br />
Warum schreibe ich das? Es treibt<br />
mich die Frage um, warum sich viele<br />
junge Menschen nicht mehr für Glauben<br />
und Gemeinde interessieren.<br />
Warum fi nden sich immer weniger<br />
Jugendliche in den „normalen“ Gottesdiensten?<br />
Vielleicht, weil sie sich dort<br />
nicht wiederfi nden?<br />
Jugendliche sind<br />
lösungsorientiert<br />
„Jugendliche heute haben ein hohes<br />
Maß an Bewusstsein für die großen<br />
WillOW-tReND<br />
Themen der Gesellschaft. Vom demografi<br />
schen Wandel über Probleme am<br />
Arbeitsmarkt bis hin zu ihren eigenen<br />
Zukunftsperspektiven: Jugendliche stellen<br />
sich den Herausforderu<strong>ngen</strong>. Was<br />
auch auf sie zukommt – sie suchen eine<br />
Lösung“, sagt die Shell-Jugendstudie.<br />
Das ist der Punkt: Überall in der Gesellschaft<br />
werden junge Menschen herausgefordert<br />
eigene Lösu<strong>ngen</strong> für ihre Probleme<br />
zu fi nden. Ein übergeordnetes<br />
Wertesystem – man mag das bedauern<br />
– existiert nicht mehr. Individuelle Lösu<strong>ngen</strong><br />
müssen gefunden werden.<br />
Der Lebensweg eines Jugendlichen<br />
war in den 70er Jahren noch vorgezeichnet.<br />
Heute nicht mehr. Damit<br />
verändert sich auch das Denken und<br />
Handeln. Junge Menschen müssen sich<br />
dem System anpassen um fl exibel auf<br />
die Herausforderu<strong>ngen</strong> ihres Lebens reagieren<br />
zu können. Sie müssen ständig<br />
denken, Entscheidu<strong>ngen</strong> treffen und<br />
handeln. Sollte das ausgerechnet in unseren<br />
Gemeinden nicht möglich sein?<br />
Kirche darf mutig<br />
Kontaktfl ächen für<br />
Experimente bieten<br />
Ich vermisse in breiten Teilen unserer<br />
Gemeindelandschaft Kontaktfl ächen<br />
für junge Menschen, auf denen<br />
man frei und ohne ausgegrenzt zu<br />
werden denken darf. Ich wünsche mir,<br />
dass wir uns Gutes unterstellen, auch<br />
wenn in brennenden Fragen keine Einigung<br />
in Sicht ist. Echte Liebe misst<br />
sich immer am Andersdenkenden. Jugendliche<br />
haben ein feines Gespür für<br />
Echtheit und Authentizität. Sie wissen<br />
intuitiv, was in ihr Leben passt – und<br />
was nicht. Jesus ist nicht nur der Weg,<br />
sondern auch die Wahrheit und das Leben.<br />
Mit einer gelu<strong>ngen</strong>en Integration<br />
<strong>von</strong> ju<strong>ngen</strong> Menschen in unsere Gemeindestruktur<br />
geben wir Älteren und<br />
Ju<strong>ngen</strong> neue Chancen, auf „dem Weg“<br />
weiter voran zu kommen.<br />
Torsten Hebel ist Leiter <strong>von</strong><br />
blu:boks Berlin, einem Jugendsozialprojekt<br />
vom Blauen<br />
Kreuz. Er ist Referent beim Kongress<br />
„Jugend und junge Erwachsene“<br />
(1.–3. Mai 2009, Nürnberg).<br />
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