Kleines Land – große Unternehmer Carlo Hess: ein innovativer - DSV
Kleines Land – große Unternehmer Carlo Hess: ein innovativer - DSV
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Reportage<br />
<strong>Kl<strong>ein</strong>es</strong> <strong>Land</strong> –<br />
große <strong>Unternehmer</strong><br />
<strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong>: <strong>ein</strong> <strong>innovativer</strong> Betrieb<br />
Wolfgang Fisch, <strong>DSV</strong> · Deutsche Saatveredelung, Niedersgegen<br />
Im Herzen von Europa liegt das Großherzogtum<br />
Luxemburg, das durch den Europäischen<br />
Gerichtshof bekannt ist und zu den<br />
bedeutendsten Finanzzentren der Welt zählt.<br />
<strong>Land</strong>wirtschaftlich unterteilen wir dieses<br />
relativ kl<strong>ein</strong>e <strong>Land</strong> (ca. 480.000 Einwohner)<br />
in den Norden, geprägt durch die hügelige<br />
Eifellandschaft, den so genannten Ösling,<br />
und in den Süden, wo sich das fruchtbare<br />
Gutland anschließt, welches neben intensivem<br />
Ackerbau auch den Anbau von Gemüse<br />
und W<strong>ein</strong> zulässt. Hauptstandb<strong>ein</strong> der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe im ganzen <strong>Land</strong><br />
ist neben dem Ackerbau die Produktion von<br />
Milch und Fleisch, also die Rindviehhaltung.<br />
Inmitten dieser Mittelgebirgslandschaft liegt<br />
Oberglabach, Wohnort und Produktionsstätte<br />
von <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong>. Seit 10 Jahren vermehrt <strong>Carlo</strong><br />
<strong>Hess</strong> auf s<strong>ein</strong>em 310 ha großen Betrieb Gräser<br />
und Raps für die Deutsche Saatveredelung AG –<br />
Zweigstelle Niedersgegen, welche sich unweit<br />
des Betriebes an der deutsch-luxemburgischen<br />
Grenze (5 km) befindet. In dieser Zeit konnten wir<br />
beobachten, wie sich der Betrieb durch Flexibilität,<br />
Dynamik und Innovation entwickelt hat<br />
und sich so dem stetig steigenden Wettbewerbs-<br />
8 · Innovation 4/2006<br />
druck stellt. Der 44-jährige Betriebsleiter und s<strong>ein</strong>e<br />
39-jährige Ehefrau Monique bewirtschaften<br />
den Familienbesitz in der 5. Generation. Nach <strong>ein</strong>er<br />
landwirtschaftlichen Ausbildung, welche er<br />
1980 in Carlsbourg (Belgien) abschloss, kehrte er<br />
in s<strong>ein</strong>en elterlichen Betrieb zurück. Die Betriebsgröße<br />
von 70 ha LN mit 45 Milchkühen war für<br />
die damaligen Verhältnisse vorzeigewürdig. Ein<br />
Mähdrescher war s<strong>ein</strong>erzeit der Anfang für weitere<br />
Lohnarbeiten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe,<br />
die sich fortan durch freie Kapazitäten steigerte.<br />
1992 übernahm <strong>Hess</strong> den elterlichen Betrieb<br />
mit Schwerpunkten in der Milchproduktion<br />
und der Saatgutvermehrung. Auf <strong>ein</strong>em Teil s<strong>ein</strong>er<br />
heutigen 170 ha Ackerfläche produziert er W-<br />
Weizen (u.a.Akteur), So-Weizen (Triso),W-Gerste<br />
und So-Gerste für die Luxemburger Saatbaugenossenschaft<br />
(LSG) mit Sitz in Mersch. Sie ist mit<br />
rund 80 Mitgliedsbetrieben und über 2.000 ha<br />
Luxemburg<br />
<strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong> hat 50 % des Pflug<strong>ein</strong>satzes<br />
durch Grubber- und Mulchsaattechnik ersetzt.<br />
Getreidevermehrungsfläche in Luxemburg sehr<br />
gut positioniert und bietet seit 45 Jahren in erster<br />
Linie für den luxemburgischen Markt, aber auch<br />
für Belgien, Frankreich und Deutschland <strong>ein</strong> breit<br />
gefächertes Sortiment an. Über den guten Kontakt<br />
der LSG zur <strong>DSV</strong> AG-Niedersgegen kam der<br />
heutige <strong>DSV</strong>-Aktionär <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong> zur Gräser- und<br />
Rapsvermehrung.<br />
Deckungsbeiträge haben<br />
Priorität<br />
Die Produktion von Einjährigem Weidelgras<br />
sieht er als Kombination von Futterleistung und<br />
Samenertrag. Außerdem ist nach s<strong>ein</strong>er Überzeugung<br />
der Fruchfolgeaspekt beim Anbau der<br />
Gräser nicht zu unterschätzen. Denn gerade<br />
durch den hohen Anteil Getreidevermehrung<br />
im Betrieb muss konsequent darauf geachtet<br />
werden, dass es nicht zu Problemen mit Durch-<br />
wuchs in den <strong>ein</strong>zelnen Kulturen kommt. In diese<br />
Fruchtfolge passt auch sehr gut der Raps,<br />
von dem <strong>ein</strong> Teil auch als Vermehrung für die<br />
<strong>DSV</strong> produziert wird.<br />
„Erste Priorität haben für mich die Deckungsbeiträge<br />
des gesamten Ackerbaus und nicht all<strong>ein</strong><br />
die Marktleistungen der <strong>ein</strong>zelnen Kulturen“, erklärt<br />
<strong>Hess</strong>. So überprüft er alle Bearbeitungsgänge<br />
auf Rentabilität. Auf diese Weise hat er den<br />
Pflug<strong>ein</strong>satz auf weit unter 50% reduziert und<br />
den Pflug durch moderne Grubber- und Mulchsaattechnik<br />
ersetzt. „Ich muss weiterhin die Flexibilität<br />
in der Bodenbearbeitung erhöhen“, m<strong>ein</strong>t<br />
der Betriebsleiter und fügt hinzu, dass man individuell<br />
je nach Witterung, Bodenart und Zustand<br />
des Bodens die Fläche zur Saat vorbereiten sollte.<br />
Auf s<strong>ein</strong>em Betrieb in Oberglabach, auf 350 m<br />
über NN bei ca. 750 mm Jahresniederschlag finden<br />
sich vom anlehmigen Sand bis zum schweren<br />
Ton verschiedene Bodenarten. „Daher halte ich<br />
<strong>ein</strong>en großen Maschinenpark mit enormer<br />
Schlagkraft in der Bearbeitungstechnik vor, den<br />
ich in m<strong>ein</strong>em Lohnunternehmen optimal auslasten<br />
kann“, so <strong>Hess</strong>.<br />
Das Hauptstandb<strong>ein</strong> des Betriebes sind 75<br />
Milchkühe mit eigener Nachzucht. Außerdem<br />
mästet <strong>Hess</strong> ca. 150 Mastbullen der Rasse<br />
Limousin und Charolais. Des Weiteren betreibt<br />
er Färsenaufzucht für andere Betriebe.<br />
Ein Erfolgsrezept für hervorragende Grundfutterleistung,<br />
so m<strong>ein</strong>t <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong>, ist die intensive<br />
Nutzung (mindestens 4 Schnitte) s<strong>ein</strong>er vorhandenen<br />
Wiesen und Weiden. Der jährliche<br />
Einsatz des Grünlandstriegels auf allen Flächen<br />
mit gleichzeitiger Nachsaat (COUNTRY Energy<br />
2021) trägt zur Verbesserung der Ertragsfähigkeit<br />
und der Narbendichte bei. Diese prophylaktische<br />
Maßnahme führt zu steigenden Energiewerten<br />
in der Grassilage und damit zu <strong>ein</strong>er<br />
höheren Effizienz aus dem Grundfutter.<br />
Steckenpferd „Lohnbetrieb“<br />
Erstaunlich ist, dass der landwirtschaftliche Be-<br />
trieb fast ausschließlich von der Familie und<br />
<strong>ein</strong>igen Saisonarbeitskräften bewältigt wird.<br />
Tatkräftige Unterstützung erhält das Ehepaar<br />
von den drei Kindern Stephanie (17 Jahre),Yves<br />
(15 Jahre) und Luc (11 Jahre). Nach dem Motto:<br />
„Gem<strong>ein</strong>sam sind wir stark“, hält <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong><br />
COUNTRY – Frühjahrsaussaat<br />
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Innovation 4/2006 · 9
Reportage<br />
310 ha LN<br />
140 ha Grünland, davon<br />
80 ha intensive Grünlandnutzung<br />
30 ha extensive Viehhaltung<br />
(Hanglage)<br />
30 ha Trockenlage (Heunutzung)<br />
170 ha AF<br />
30 ha Mais (Prominent, Liberal,<br />
Abakus)<br />
sich die Option frei, sich um s<strong>ein</strong> Steckenpferd-<br />
Standb<strong>ein</strong> zu kümmern, den Lohnbetrieb.<br />
Seit 2004 betreibt er das Lohnunternehmen<br />
„<strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong> Agrar-Service“ als eigenständige<br />
Firma. 6 Mähdrescher mit <strong>ein</strong>er beernteten Fläche<br />
von über 2.000 ha (1/4 davon in Deutschland)<br />
stehen zurzeit zur Verfügung. Des<br />
Weiteren übernimmt er für vier andere landwirtschaftliche<br />
Betriebe (insges. 250 ha) die<br />
komplette Außenwirtschaft in Form von Bodenbearbeitung,<br />
Aussaat, Pflege und Düngung sowie<br />
alle Ernte- und Transportarbeiten. Der<br />
Leistungsumfang reicht bis zum Ausfüllen von<br />
Ackerschlagkarteien und Flächenanträgen. Die<br />
Vorteile sind für beide Vertragspartner unübersehbar.<br />
Der Eigentümer hat zusätzlich freie<br />
Kapazitäten, nur <strong>ein</strong> Ansprechpartner und vor<br />
allem k<strong>ein</strong>e Kapitalbindung in Maschinen, die<br />
er aufgrund s<strong>ein</strong>er geringen Flächengröße nicht<br />
auslasten kann. Der Leistungserbringer erhöht<br />
demgegenüber s<strong>ein</strong>e Auslastung der Maschinen,<br />
ist von der Technik und der Leistungsstärke<br />
10 · Innovation 4/2006<br />
Betriebsspiegel <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong> 2006<br />
Seit 2 Jahren bietet <strong>Carlo</strong> <strong>Hess</strong> zusätzlich das Vermitteln,<br />
Mahlen und den Transport von feuchtem Körnermais an.<br />
35 ha Raps<br />
(Billy Vermehrung, Titan, Trabant, Oase)<br />
35 ha W-Weizen<br />
(Akteur u.a.)<br />
25 ha W-Gerste<br />
10 ha So-Gerste<br />
12 ha Einjähriges Weidelgras<br />
(Pollanum Vermehrung)<br />
8 ha So-Weizen (Triso)<br />
15 ha Stilllegung<br />
immer auf dem neuesten Stand und erledigt<br />
durch Flexibilität termingerecht die anstehenden<br />
Arbeiten. Diese Unternehmungsform könnte<br />
auch für viele andere Betriebe <strong>ein</strong>e interessante<br />
Alternative darstellen.<br />
Mais mahlen im Lohn<br />
Darüber hinaus hat sich der Lohnbetrieb neben<br />
vielen anderen Angeboten (im Internet unter<br />
www.hess.lu) <strong>ein</strong>er Besonderheit zugewandt.<br />
Seit 2 Jahren bietet er zusätzlich das Vermitteln,<br />
Mahlen und den Transport von feuchtem<br />
Körnermais an. Der Grundgedanke ist entstanden,<br />
als die hohen Trocknungskosten den Körnermaisanbau<br />
enorm verteuerten. Der feucht<br />
gedroschene Mais wird nach dem Mahlen <strong>ein</strong>siliert<br />
und stellt somit <strong>ein</strong> hoch konzentriertes<br />
Energiefutter für die Milchviehhaltung dar. Nach<br />
Auskunft von Praktikern, so stellt <strong>Hess</strong> fest,<br />
wirkt sich diese Futterkomponente überaus positiv<br />
auf den Milcheiweißgehalt aus. Die Folge<br />
sind höhere Milchauszahlungspreise. Auch für<br />
Familie <strong>Hess</strong> (links) und die <strong>DSV</strong>-Berater<br />
Wolfgang Fisch und Norbert Schenten<br />
den Energiemarkt ist dieser Feuchtmais interessant.<br />
Denn bedingt durch <strong>ein</strong>e rasant wachsende<br />
Zahl von Biogasanlagen in der Eifel-<br />
Ardennen-Region hat sich <strong>ein</strong>e rege Nachfrage<br />
nach Kosubstraten, hier vor allem Mais, entwikkelt.<br />
Weite Transportwege senken allerdings<br />
hierbei stark die Wirtschaftlichkeit. Feucht gemahlener<br />
Körnermais hingegen reduziert die<br />
Transportkosten. „Ich fahre nur die Energie zur<br />
Biogasanlage, das Stroh lasse ich auf dem Feld.<br />
Und auch für <strong>ein</strong>e Biogasanlage ist die Energie<br />
der wichtigste Punkt“, ist <strong>Hess</strong> überzeugt.<br />
Bei der Arbeitsbewältigung im Lohnbetrieb<br />
bekommt er Unterstützung durch <strong>ein</strong>en fest angestellten<br />
Mechaniker sowie mehrere Top-<br />
Aushilfsfahrer mit guten Maschinen- und Betriebskenntnissen.<br />
Nach s<strong>ein</strong>er Aussage sind beste<br />
Fahrer und top in Ordnung gehaltene<br />
Maschinen die Basis für die überdurchschnittlich<br />
wachsenden Aufträge der letzten Jahre. Nicht<br />
zuletzt nimmt <strong>Hess</strong> noch ehrenamtliche Tätigkeiten<br />
im landwirtschaftlichen Bereich wahr.<br />
Zum Beispiel war er bis 2004 acht Jahre lang<br />
Vorsitzender des Maschinenrings Luxemburg<br />
oder ist bis heute stellvertretender Vorsitzender<br />
der luxemburgischen Saatbaugenossenschaft.<br />
Wolfgang Fisch<br />
Fon 0 65 66/4 08<br />
Fax 0 65 66/12 13<br />
fisch@dsv-saaten.de