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Jahresbericht 2014

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<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2014</strong>


Inhalt<br />

3<br />

Editorial 3<br />

Der Stiftungsrat 4<br />

Die Mitarbeitenden 5<br />

Die Märtplatzleitung 7<br />

Berufsausbildungen 8<br />

Berufsschule als Herausforderung 9<br />

Übersicht über die Theateranlässe im <strong>2014</strong> 11<br />

Gemeinschaft Märtplatz, individuelle Geschichten 13<br />

Lehrabschlüsse am Märtplatz <strong>2014</strong> 15<br />

Projekt Wohnplatz Embrach 17<br />

Statistik 18<br />

Verdankung 21<br />

Bericht der Revisionsstelle 23<br />

Jahresrechnung mit Bilanz 25<br />

Erläuterungen zur Stiftungsrechnung 30


Editorial<br />

3<br />

Der letzte <strong>Jahresbericht</strong> war ein Gemeinschaftswerk mit Lernenden und Ausbildnern.<br />

Die Fotografien und die ansprechende Grafik wurden von Lehrlingen und<br />

Ausbildnern aus der Foto- und der Medienwerkstatt gemacht. Das Echo auf den<br />

<strong>Jahresbericht</strong> hat Mut gemacht, in diesem Stil weiterzufahren, in der Hoffnung, aus<br />

der einfachen Notwendigkeit, ein leserfreundliches und informatives Druckerzeugnis<br />

herzustellen.<br />

Zu Beginn des Jahres <strong>2014</strong> habe ich Dave gefragt, ob er mit persönlichen Texten<br />

aus seiner Sicht den <strong>Jahresbericht</strong> bereichern würde. Dave ist Lernender im<br />

1. Lehrjahr als Büroassistent, und es freut mich sehr, mit ihm zusammen über dieses<br />

Jahr zu berichten. Samuel ist Lernender als Fotofachmann und hat anregende<br />

Bilder aus unseren Bilder aus unseren Werkstätten gemacht. Die Leserinnen<br />

und Leser des <strong>Jahresbericht</strong>es sollen einen vielfältigen Einblick in die Aktivität am<br />

Märtplatz erhalten.<br />

Mit dem <strong>Jahresbericht</strong> erstattet die Märtplatzleitung Rechenschaft über das Geschäftsjahr.<br />

Wir sind froh, dass die Jahresrechnung wiederum ein positives Betriebsergebnis<br />

aufzeigt. Für die Weiterentwicklung und die Qualität unserer Arbeit<br />

ist die ausgeglichene Jahresbilanz ein sehr wichtiger Indikator. Immer wieder stellt<br />

sich die Frage, ob wir mit dem verfügbaren Geld genügend finanzielle Ressourcen<br />

für die Ausbildung und Betreuung der Lernenden zur Verfügung haben. Auf einer<br />

gesicherten finanziellen Grundlage können wir uns mit Geduld und Ausdauer für<br />

die Lernenden und ihre Ausbildung einsetzen.<br />

Allen die dazu beitragen, den Mitarbeitenden auf den IV Stellen, den Stiftungsrätinnen<br />

und -räten, den vielen Spenderinnen und Spendern, den mitarbeitenden<br />

Kolleginnen und Kollegen am Märtplatz sei herzlich gedankt für ihren unermüdlichen<br />

und grossartigen Einsatz.<br />

Kuno Stürziger<br />

Märtplatzleiter


4<br />

Der stiftungsrat<br />

Im Stiftungsrat hat es <strong>2014</strong> keine personellen Wechsel gegeben.<br />

Es fanden insgesamt vier Sitzungen statt. Ein grosses Thema hat<br />

den Märtplatz besonders beschäftigt. Der Stiftungsrat hat bereits<br />

Ende 2013 entschieden, an der Zürcherstrasse in Embrach eine<br />

Liegenschaft zu erwerben. Das ganze Jahr hindurch wurde geplant.<br />

Zwei Arbeitsgruppen – Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte<br />

sowie Märtplatzmitarbeitende – wurden gebildet, Baukommission<br />

und Fundraisinggruppe haben intensiv gearbeitet. Die<br />

Liegenschaft soll um- und neugebaut werden. Der Landkauf und<br />

Hausbau ist Neuland für den Märtplatz. Alle sind sich jedoch<br />

darüber einig, dass dieses grosse Projekt für den Märtplatz ein<br />

wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir möchten<br />

damit Wohnraum für 10 bis 14 Lernende und gute Bedingungen<br />

für die Wohnbegleitung schaffen. Mit diesem Projekt<br />

leistet der Stiftungsrat konkrete Unterstützung für die zukünftigen<br />

Lernenden.<br />

Die Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte:<br />

Die Amtsdauer betrifft die Jahre 2013 bis 2016.<br />

Bernard Glauser, Präsident, pensionierter Pilot, Teufen<br />

Urs Pape, Vizepräsident, pensionierter Bankdirektor, Neerach<br />

Hanna Brauchli, Sozialarbeiterin im Unruhestand, Rorbas<br />

Peter Dürsteler, Jurist, Bezirksratsschreiber, Winterthur<br />

Erich Tschirky, Fürsprecher, MBA, Zürich<br />

Leni Robert, Alt-Regierungsrätin, Muri BE<br />

Katharina Birrer, Goldschmiedin, Bülach<br />

Priska Seiler Graf, Kantonsrätin und Stadträtin, Kloten<br />

Jürge Jegge, Ehrenpräsident der Stiftung Märtplatz, Freienstein


Diese halbseite ist am enstehen<br />

5<br />

Die Mitarbeitenden<br />

<strong>2014</strong> hat es einige personelle Wechsel gegeben. René Fuchs, Lehrmeister im Bereich<br />

Keramik, hat den Märtplatz per 1. Mai verlassen, und wir haben uns entschieden,<br />

die Keramikwerkstatt nicht mehr weiter zu betreiben. Auch Natalie Péclard,<br />

Ausbildnerin in der Schneiderei sowie Bruno Bissegger, Ausbildner in der Theaterwerkstatt,<br />

haben den Märtplatz nach vielen Jahren engagierter Mitarbeit verlassen.<br />

An dieser Stelle danken wir den drei Ausbildnern nochmals sehr herzlich für den<br />

ausdauernden Einsatz für die Lernenden am Märtplatz. Wir wünschen ihnen alles<br />

Gute für die Zukunft.<br />

Die Aufgaben in der Geschäftsführung sind gewachsen. Neue Berufsausbildungen<br />

und eine grössere Anzahl Lernender geben mehr zu tun. Wir sind froh, dass Karin<br />

Wenger wortgewandt und erfahren im Büro der Märtplatzleitung engagiert mitarbeitet.


7<br />

Die Märtplatzleitung<br />

Im Herbst <strong>2014</strong> hat Bruno Bissegger, Lehrmeister-Delegierter<br />

in der Geschäftsleitung, den Märtplatz verlassen. Der<br />

Lehrmeisterrat hatte die Aufgabe, dem Stiftungsrat einen<br />

neuen Delegierten vorzuschlagen. Im September <strong>2014</strong> hat<br />

der Stiftungsrat dem Vorschlag entsprochen und Markus<br />

Schellenberg als Lehrmeisterdelegierten in die Geschäftsleitung<br />

gewählt.<br />

Folgende Personen bilden heute die Märtplatzleitung:<br />

Märtplatzleiter:<br />

Kuno Stürzinger, 100%<br />

Leitungsstellvertreter:<br />

Laurent Orizet, 100%<br />

Leitung Administration:<br />

Andrea Sailer, 80%<br />

Martin Ciocarelli, 100%<br />

Lehrmeister-Delegierter:<br />

Markus Schellenberg, 100%<br />

Berufsbildner Köchinnen und Köche


8<br />

Berufsausbildungen<br />

An den Märtplatz kommen junge Menschen mit psychischen und sozialen Schwierigkeiten. Ohne Unterstützung<br />

wäre es diesen jungen Menschen nicht möglich, eine Lehrstelle zu finden. Dementsprechend<br />

wäre auch der Zugang zur Arbeitswelt mit allen bekannten Folgen gefährdet.<br />

Die jungen Menschen melden sich auf Empfehlung der Invalidenversicherung oder einem Sozialamt<br />

bei uns. Viele haben unvollständige Schulabschlüsse, abgebrochene Lehren und sind oftmals in<br />

psychiatrischer Behandlung. Die Auswahl an Ausbildungsplätzen in der freien Wirtschaft ist für solche<br />

Menschen minimal. Resignation und Ratlosigkeit über die Zukunftsaussichten haben sich breit gemacht.<br />

Wenn nach ersten Gesprächen und einem Rundgang am Märtplatz klar geworden ist, dass trotz allen<br />

Umständen eine Ausbildung möglich ist und zudem die Finanzierung geklärt ist, gilt es, in einer Schnupperwoche<br />

herauszufinden, ob der gewählte Beruf der richtige und die Werkstatt passend ist. Bei den<br />

aktuell etwa 36 Ausbildungsplätzen gibt es pro Jahr ca. 10 bis 14 freie Lehrstellen.<br />

<strong>2014</strong> haben insgesamt 19 Menschen eine Ausbildung oder eine Abklärung begonnen. Im Bildungsangebot<br />

hat sich dieses Jahr einiges geändert. Die Keramikwerkstatt wurde geschlossen, die keramischen<br />

Berufe bieten wir nicht mehr an. In dieser Werkstatt haben wir nun die Polsterei und das Wohntextilatelier<br />

eingerichtet. Unsere Vermieterin, die Blumer Söhne & Cie. AG, hat den Hochbau im Areal umfassend<br />

renoviert. Durch den Umbau sind Loftwohnungen und grosse Büros entstanden. Der Märtplatz<br />

hat im Mai eines dieser Grossraumbüros bezogen und bietet dort die Ausbildungen für Mediendesigner,<br />

Büroassistenten und Informatikpraktiker an. Per Sommer 2015 planen wir die Eröffnung einer Zweiradwerkstatt<br />

und Schreinerei.<br />

Unser Ausbildungsangebot <strong>2014</strong> sieht so aus:<br />

EFZ Ausbildungen EBA/Attest Ausbildungen Österreichische Abschlüsse<br />

Fachmann/frau Betriebsunterhalt EFZ<br />

Betriebspraktiker/in EBA<br />

Büroassistent/in EBA<br />

Fotofachfrau/mann EFZ<br />

Fotograf/in<br />

Wohntextilgestalter/in EFZ Dekorationsnäher/in EBA Tapezierer und Dekorateur/in<br />

Informatikpraktiker/in EBA<br />

Koch/Köchin EFZ<br />

Küchenangestellte/r EBA<br />

Mediendesigner/in<br />

Bekleidungsgestalter/in EFZ<br />

Maler/in EFZ<br />

Bekleidungsnäher/in EBA<br />

Malerpraktiker/in EBA


9<br />

Zudem bieten wir Abklärungen, Arbeitstrainings und Ausbildungsvorbereitungen<br />

an. Diese Angebote sind als Einstieg in die Berufswelt sehr geeignet. Es<br />

können unterschiedliche Tätigkeiten auf die Eignung ausprobiert und getestet<br />

werden. Die Abklärung kann für umfangreiches Schnuppern in verschiedenen<br />

Werkstätten genutzt werden.<br />

Berufsschule als<br />

Herausforderung<br />

Offizielle Grundberufsausbildungen sind in der Schweiz immer mit dem Besuch<br />

der Berufsschule verknüpft. Das duale Bildungssystem ist ein anerkanntes und<br />

beispielhaftes Erfolgsmodell. Für die Lernenden am Märtplatz ist jedoch die Berufsschule<br />

oftmals mit Widerständen aufgrund von schlechten Erlebnissen in der<br />

früheren Schulzeit verbunden. Diese Erlebnisse sitzen tief und lassen sich nicht<br />

einfach durch gutes Zureden aus der Welt schaffen.<br />

Die Einführung der Attestlehren ist grundsätzlich eine gute Sache. Sie öffnen auch<br />

schwächeren Lernenden die Türe zu einer qualifizierten Berufsausbildung und<br />

ebnen zudem den Weg zu einer Anschlussausbildung im gleichen Berufsfeld.<br />

Da aber im Zuge der Einführung der Attestausbildungen die Anlehren abgeschafft<br />

werden, verschwindet die Form einer milden und machbaren Berufsausbildung<br />

für Lernende am Märtplatz. Nun werden auch bei praktischen und handwerklichen<br />

Berufen vermehrt hohe Ansprüche an den theoretischen Unterricht gestellt.<br />

Für Lernende am Märtplatz ist dies auch mit Nachteilen verbunden.<br />

Der Märtplatz kann in einigen wenigen Berufen auch eine Lehrabschlussprüfung<br />

in Österreich anbieten. Diese Ausbildungsgänge werden bei uns intern geschult.<br />

Für Menschen, denen ein Schulbesuch beispielsweise aufgrund von Ängsten unmöglich<br />

ist, bietet dieser Weg eine gangbare Alternative.


10<br />

Einzug 06.01.<strong>2014</strong><br />

Einstieg in ein neues Leben (Dave)<br />

Endlich ist es soweit, ich ziehe in meine erste eigene Wohnung ein. Die<br />

letzten paar Wochen habe ich in der Gästewohnung des Märtplatz verbracht<br />

und mich schon einmal darin geübt, wie es denn so sein könnte,<br />

wenn man eigenständig für sich sorgen muss oder darf. Freundlicherweise<br />

durfte ich zwischen zwei Wohnungen aussuchen, eine in Embrach an<br />

der Illingerstrasse und eine in Freienstein im Hagacker. Die Wohnung<br />

in Embrach ist sehr modern und mit einem Balkon, dafür aber etwas<br />

kleiner als die ein wenig in die Jahre gekommene Wohnung in Freienstein.<br />

Ich entschied mich für die Wohnung im Hagacker aus dem einfachen<br />

Grund, dass ich es gewohnt bin, immer viel Platz zu haben und mir diese<br />

Wohnung daher sehr entspricht, auch da sie nur knapp zwei Minuten von<br />

meinem Arbeitsort entfernt ist.<br />

Ich bekam also die Schlüssel überreicht und durfte mich nun offiziell in der<br />

Wohnung ausbreiten und es mir gemütlich machen. In den Ferien putzte<br />

ich die ganze Wohnung einmal von oben nach unten und von hinten<br />

nach vorne, richtete sie mit meinen persönlichen Gegenständen ein und<br />

bestückte die Küche mit neuem Geschirr und ein paar wenigen Küchengeräten.<br />

Im Schlafzimmer und im Wohnzimmer strich ich zwei Wände neu,<br />

und schon entsprach die Wohnung genau meinen Bedürfnissen. In den<br />

folgenden Wochen veränderten sich nur noch wenige Kleinigkeiten, und<br />

so konnte ich in einen neuen und hoffentlich erfolgreichen Abschnitt meines<br />

Lebens starten.


12.11. bis 04.11.<strong>2014</strong><br />

Lesetheater (Dave)<br />

Kultur wird am Märtplatz gross geschrieben.<br />

Nebst Theater- und Opernbesuchen mit<br />

Lernenden und Lehrmeistern finden auch in<br />

unserem eigenen Theater immer wieder Kulturveranstaltungen<br />

statt. Im Dezember <strong>2014</strong> hatte<br />

ich dann die Ehre, selbst bei einem Lesetheater<br />

mitzuwirken. Wir lasen ein etwas abgeändertes<br />

Stück vor mit dem Titel «Schweyk im<br />

2. Weltkrieg». Zusammen mit Jürg Jegge, zwei<br />

professionellen Schauspielern und einem Musiker<br />

lasen wir abwechselnd und unseren Rollen<br />

entsprechend, etwa eine Stunde und 15 Minuten<br />

vor. Anschliessend gab es noch ein kleines<br />

Nachtessen, und wir genossen den Abend. Der<br />

Reaktion des Publikums nach nehme ich an,<br />

dass es gefallen hat und es sich lohnt, auch ein<br />

anderes Mal hereinzuschauen.<br />

11<br />

Übersicht über die Theateranlässe<br />

im <strong>2014</strong><br />

23.01.<strong>2014</strong><br />

Sebastian Krähenbühl – Die Bedürfnisse der Pflanzen<br />

06.03.<strong>2014</strong><br />

Theater Katerland – Die Verschwundenen<br />

09.04.<strong>2014</strong><br />

Theater Ariane – Valeria und ihre Vögel<br />

06.05.<strong>2014</strong><br />

Gian Rupf und Hans Hassler – Sez Ner<br />

24.09.<strong>2014</strong><br />

Hartmut Liebsch – Herrmann geht nach Engelland<br />

05.11.<strong>2014</strong><br />

Alfred Dorfer – bis jetzt-solo<br />

04.12.<strong>2014</strong><br />

Schweyk im 2. Weltkrieg – Lernende und Lehrmeister vom Märtplatz,<br />

Graziella Rossi, Helmut Vogel, Daniel Fueter, Jürg Jegge


13<br />

Gemeinschaft Märtplatz,<br />

individuelle Geschichten<br />

Das Wohlergehen der Menschen am Märtplatz ist eine wichtige<br />

Grundlage für eine erfolgreiche Berufsausbildung. Kurze<br />

Begegnungen, viele zufällige oder auch vereinbarte Gespräche<br />

gehören zum Alltag. Der Märtplatz versucht, soweit wie<br />

möglich ausschliessende Regelungen zu verhindern. In Gesprächen<br />

und Auseinandersetzungen lassen sich individuelle<br />

Vorgehensweisen herausarbeiten. Bei Schwierigkeiten wird<br />

mit Geduld und Verständnis nach einer speziell auf die Bedürfnisse<br />

der Lernenden zugeschnittenen Lösung gesucht.<br />

Das ist sehr oft lohnenswert. <strong>2014</strong> zum Beispiel, hat ein junger<br />

Mann die Ausbildung als Malereiarbeiter abgeschlossen.<br />

Ein mutiger Kerl, ein Draufgänger der sich sehr oft am Rand des<br />

Machbaren und Erlaubten bewegte. In manchen Gesprächen<br />

forderte er wutentbrannt Unmögliches und kannte dabei keine<br />

Höflichkeitsgrenze. In ruhigen Phasen betonte er manchmal,<br />

dass er uns sehr dankbar sei, er wisse selbst, dass wir ihn schon<br />

etliche Male hätten rausschmeissen können. Da er sehr mutig<br />

war und überall hinaufkletterte, haben wir uns zusammen mit<br />

der IV dazu entschlossen, ihm nach der Lehrabschlussprüfung<br />

noch einen Kletterkurs für Gebäudearbeiter zu ermöglichen.<br />

Dieser Kurs hat ihm dann erstmals zu einem temporären Job<br />

verholfen. Wir sind gespannt wie es weitergeht.


14<br />

Abschlussabend 10.07.<strong>2014</strong><br />

Abschied der Lernenden <strong>2014</strong> (Dave)<br />

Es ist ja nichts Aussergewöhnliches im Märtplatzalltag, dass man sich um<br />

16:00 Uhr in der «Stube» trifft und etwas feiert, und ich bin ganz ehrlich:<br />

Mir war an diesem Tag auch nicht bewusst, dass wir diverse Menschen zu<br />

verabschieden hatten. Ich setzte mich also nach einer Zigarette mit einem<br />

Glas Sekt an einen freien Platz und liess das geschehen, was an einem<br />

solchen Tag nun mal passiert. Ich hatte keine Erwartungen, und trotzdem<br />

wurden sie übertroffen. Nach einer kleinen Ansprache von Kuno und einem<br />

kräftigen Applaus für jeden, der es bis hier hin geschafft hatte, begann ich<br />

mit genau diesen Leuten zu sprechen, die nach den Sommerferien nicht<br />

mehr jeden Tag zu sehen sein werden. Ich sprach mit Lernenden, mit<br />

denen ich bisher so gut wie keinen Kontakt hatte. Und genau an diesem<br />

Abend wurde mir das erste Mal bewusst, was meine Lehre hier so einzigartig<br />

macht. Es ist das Gefühl, einer grossen und speziellen Gemeinschaft<br />

anzugehören. Mit einigen quatschte ich bis spät in den Abend hinein. Wir<br />

tranken zusammen das eine oder andere Glas Wein und genossen noch<br />

einmal das Ambiente, welches es so nie wieder geben würde.<br />

Eine kurze Konversation mit einem Lernenden wird mir wohl im Gedächtnis<br />

bleiben, mindestens bis zu dem Tag, an dem ich den Märtplatz verlassen<br />

werde. Er sagte mir, dass diese Zeit in der Lehre mit Abstand die<br />

schönste seines Lebens gewesen sei und er wohl noch nie soviel fürs<br />

Leben gelernt habe wie während diesen drei Jahren. Ich fragte mich danach<br />

oft, ob das bei mir genau so sein wird, und ich komme jedes Mal zum<br />

selben Schluss: Eindeutig Ja!<br />

Zugegeben, es fiel mir an diesem Abend nicht leicht, nach Hause zu gehen.<br />

Meiner Meinung nach ist es typisch am Märtplatz, dass man einander<br />

eigentlich schon vermisst, wenn man am Abend nach Hause geht, weil der<br />

Zusammenhalt so gross ist. Und wenn man nach so einem tollen Abend<br />

für längere Zeit auf Wiedersehen sagen muss, dann werde ich besonders<br />

sentimental.


15<br />

Lehrabschlüsse<br />

am Märtplatz<br />

<strong>2014</strong>:<br />

1 Fotofachfrau EFZ und 1 Fotofachmann EFZ (teilbestanden)<br />

1 Fotograf österreichischer Abschluss (teilbestanden)<br />

1 Malereiarbeiter, Anlehre<br />

2 Bekleidungsgestalter/in EFZ<br />

1 Bekleidungsgestalter/in, Anlehre<br />

1 Keramiker, österreichischer Abschluss<br />

1 Bildhauerin, österreichischer Abschluss<br />

1 Mediendesignerin, österreichischer Abschluss<br />

1 Innendekorateur Praktikant, Anlehre


16<br />

Beginn 14.05. bis 16.6.<strong>2014</strong><br />

Ein Projekt von A bis Z (Dave)<br />

Im Jahr <strong>2014</strong> gab es ein Projekt, das mich über längere Zeit beschäftigt hat. Mit Martin Ciocarelli<br />

zusammen, und anfangs mit meinem Oberstift und meinem Lehrmeister Andrea Casalini, hatten wir<br />

das Projekt, für eine Kantonalbank die Teilnehmeradministration für ein halbtägiges Bauseminar zu<br />

verschiedenen Themen zu übernehmen. Wir hatten viele kleine aber auch ein paar grössere Aufgaben:<br />

Flyer aktualisieren, Briefvorlagen erstellen, Serienbriefe verschicken, Telefonate entgegennehmen,<br />

neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ein Excel-Dokument eintragen, Präsentationen<br />

über die Betreuung einzelner Kunden mit Sonderwünschen und speziellen Fragen erstellen. Vom<br />

Einrichten der Präsentationsräume im Hotel Ramada Plaza in Basel, bis hin zur Auswertung der<br />

von den Kunden abgegebenen Fragebögen, war alles dabei. Doch das grosse Highlight war am<br />

15. November <strong>2014</strong>. Ich war am Freitagabend direkt nach der Schule nach Basel gereist und traf<br />

mich dort mit Martin in den Seminarräumen des Hotels, in welchem die Bauseminare stattfinden<br />

sollten. Wir bestückten die verschieden grossen Räume mit Laptops und liessen uns erklären, wie<br />

man das Licht, die Klimaanlage, die Vorhänge und den Beamer bedient und probierten alle möglichen<br />

Dinge aus. Nach etwa zwei bis drei Stunden waren wir fertig. In sämtlichen Räumen stand<br />

alles bereit, damit wir am nächsten Morgen nur noch die Computer einschalten und den Beamer<br />

in Gang setzen mussten. Wir assen noch ein typisches Basler Gericht zu Abend und begaben uns<br />

dann ins Hotel. Nach einer kurzen aber sehr angenehmen Nacht, schlüpfte ich in meinen extra für<br />

diesen Event gekauften Anzug, bediente mich mit Martin zusammen am Frühstücksbuffet, und ehe<br />

ich mich versah, standen wir wieder im Ramada Plaza. Wir wurden den Angestellten der Kantonalbank<br />

vorgestellt und begrüssten nach und nach die Referenten und die Gäste, die neu dazu kamen.<br />

Wir hatten für alle ein Frühstücksbuffet mit verschiedenen Getränken und dem üblichen Gebäck organisiert.<br />

Als dann der erste Vortrag startete, konnten wir eigentlich nur noch hoffen, dass alles gut<br />

geht und keine unangenehmen Situationen entstehen. Abgesehen von den digitalen Beschriftungen<br />

vor den Seminarräumen, welche kurze Zeit nicht ganz stimmten, verlief der Morgen aber reibungslos.<br />

Zwischen den einzelnen Präsentationen standen wir den Besucherinnen und Besuchern mit Rat<br />

und Tat zur Seite und halfen wo immer wir konnten. Ich war nach dem Anlass zwar völlig gerädert,<br />

aber auch total glücklich. Wenn ich mich zurückerinnere, wie ich diese Arbeit manchmal zum Teufel<br />

gewünscht und mir geschworen hatte, so etwas nie wieder zu tun, und wie befriedigend es trotzdem<br />

war, die Besucher zufrieden und gut gelaunt nach Hause gehen zu sehen, dann hat sich der ganze<br />

Aufwand mehr als gelohnt. Arbeitstechnisch war das für mich eindeutig der Höhepunkt des Jahres.<br />

Wir hatten lange an diesem Projekt gearbeitet, und manchmal schien es einfach nicht enden zu<br />

wollen. Aber der erwähnte Samstag entschuldigte alles!


17<br />

Projekt Wohnplatz<br />

Embrach<br />

Die Stiftung Märtplatz ist seit Ende 2013 stolze Besitzerin eines Geländes mit zwei<br />

Häusern in Embrach. Durch einen glücklichen Zufall erfuhren wir von einem zum<br />

Verkauf stehenden Stück Land inmitten des alten Dorfkerns von Embrach. Mit der<br />

Absicht, für unsere Lernenden geeignete Studios als Wohnungen einzurichten, haben<br />

wir dieses Landstück mit den zwei Häusern gekauft. Zurzeit sind zwei Arbeitsgruppen<br />

intensiv am Arbeiten. Eine Gruppe beschäftigt sich mit der Bauplanung,<br />

eine andere mit dem Fundraising. Dieses Projekt wird den Märtplatz noch eine<br />

Weile beschäftigen. Wenn alles nach Plan verläuft, können im Sommer 2017 12<br />

Lernende in Embrach einziehen. Wir werden Sie, geschätzte Leserinnen und Leser,<br />

zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer über dieses Projekt informieren.


18<br />

Statistik<br />

Auswertung der jährlichen Umfrage<br />

Für die Umfrage <strong>2014</strong> haben wir 115 Ehemalige befragt, die zwischen den Jahren 1999<br />

und <strong>2014</strong> ausgetreten sind. 71 von ihnen haben unsere Fragen beantwortet. Hinter<br />

den Zahlen verbergen sich Lehrabgänger, die uns Auskunft geben, wie sie ihr Leben<br />

gestalten und finanzieren. Wir stellen erneut fest, dass in den ersten drei, vier Jahren<br />

nach ihrem Weggang vom Märtplatz, die bedeutendsten Verschiebungen innerhalb<br />

der Eingliederungskategorien geschehen. Selten verschlechtert sich der Gesundheitszustand<br />

nach einigen Jahren so, dass jemand später noch eine Vollrente bekommt. Es<br />

gibt Abgänger, die sich nach der Sprechung einer Teilrente wieder ins Arbeitsleben<br />

integrieren und mit der Zeit keine Unterstützung mehr brauchen. Andere entwickeln<br />

sich nach ersten Unterstützungsphasen durch die Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe<br />

in ein finanziell eigenständiges Leben.<br />

Die Eingliederungskategorien sind:<br />

IV-Vollrente ohne Erwerbstätigkeit<br />

Unterstützung durch Sozialhilfe oder Arbeitslosentaggeld ohne Erwerb<br />

IV-Vollrente mit Erwerbstätigkeit<br />

Unterstützung durch Sozialhilfe oder Arbeitslosentaggeld mit Erwerb<br />

IV-Teilrente mit Erwerbstätigkeit<br />

Ohne Unterstützung durch öffentliche Hand<br />

27 Personen sind finanziell völlig eigenständig. Sie leben ohne jede Unterstützung<br />

durch die öffentliche Hand. Das sind 38%.<br />

19 Personen sind teilintegriert. 10 von ihnen arbeiten und beziehen eine IV-Teilrente.<br />

9 dieser 19 arbeiten und werden zusätzlich von der Sozialhilfe unterstützt.<br />

64% oder 46 Ehemalige sind demnach voll- oder teilintegriert.


Integration der Ausgetretenen<br />

pro Jahr von 1999 bis <strong>2014</strong><br />

19<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1<br />

1 2<br />

1<br />

3<br />

3<br />

2 2<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

5<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 <strong>2014</strong><br />

1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

3<br />

1<br />

3<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

2<br />

1<br />

4<br />

1<br />

4 *<br />

3<br />

2<br />

IV-Vollrente ohne Erwerbstätigkeit<br />

Unterstützung durch Sozialhilfe oder Arbeitslosentaggeld ohne Erwerb<br />

IV-Vollrente mit Erwerbstätigkeit<br />

Unterstützung durch Sozialhilfe oder Arbeitslosentaggeld mit Erwerb<br />

IV-Teilrente mit Erwerbstätigkeit<br />

Ohne Unterstützung durch öffentliche Hand<br />

* Eine Person, die 2013 austrat, befindet sich in Weiterbildung<br />

4 Personen, die <strong>2014</strong> ihre Ausbildung beendeten, waren am Stichtag noch in der Ausbildung und<br />

wurden deshalb nicht befragt.


Danke<br />

21<br />

Ohne den Einsatz der Lernenden der Fotowerkstatt, Samuel<br />

Visscher und David Raschle sowie Dave Spuler, Lernender<br />

Büroassistent, wäre dieser Einblick in das Geschehen am<br />

Märtplatz weit weniger attraktiv ausgefallen. Das ansprechende<br />

und schön gestaltete Layout verdanken wir Luzia<br />

Buchmann, Berufsbildnerin Mediendesign. Die umfangreiche<br />

Auswertung der Statistik erarbeitete Christoph Schönberger,<br />

Sozialarbeiter. Andrea Casalini, Berufsbildner Büroassistent/in,<br />

lektorierte den gesamten Text.<br />

Am Märtplatz mitzuwirken, – sei es als Stiftungsrätin oder<br />

Stiftungsrat, als Ausbildnerin oder Ausbildner, als Mitarbeitender<br />

oder Leitungsmitglied, – ist immer mit grossem Engagement<br />

verbunden. Jeder bewegt mit und wird mitbewegt.<br />

Ich möchte an dieser Stelle allen am «Projekt Märtplatz»<br />

Beteiligten herzlich danken.<br />

Kuno Stürziger<br />

Märtplatzleiter

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