Die Orchideen im hessischen Westtaunus - BioFrankfurt
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Geobot. Kolloq. 18, 9-16 Frankfurt am Main, März 2005 ISSN 0940-6581<br />
<strong>Die</strong> <strong>Orchideen</strong> <strong>im</strong> <strong>hessischen</strong> <strong>Westtaunus</strong><br />
W. EHMKE<br />
Eingegangen: 12.11.2004; überarbeitet angenommen: 02.12.2004<br />
ORCHIDS IN THE WESTERN TAUNUS MOUNTAINS IN HESSE, GERMANY<br />
SUMMARY: The prevalence of orchids in the western areas of the Taunus region is in most cases directly attributable to soil<br />
requirements and in a number of those cases possibly also to cl<strong>im</strong>atic requirements and altitude (e.g. Coeloglossum viride and<br />
Pseudorchis albida). Geological circumstances (predominantly acidic soils) result in an altogether markedly modest inventory<br />
of orchid species in the Taunus region. Of the 28 species listed, five species are already extinct (Aceras anthropophorum,<br />
Cypripedium calceolus, Epipactis palustris, Goodyera repens and Spiranthes spiralis). A further six species are found in only<br />
one or two locations, each with fewer than ten individual plants in places, which would indicate that they too are threatened<br />
with extinction in the Taunus region. The majority of orchids occurring nowadays are found on grasslands. Some of them<br />
are typical species of dry-grassland while others prefer wet-meadows (see individual species portraits). A number of typical<br />
forest orchids such as Cephalanthera-species and Neottia nidus-avis can also be observed.<br />
Key words: Flora of Hesse, Orchidaceae, Taunus<br />
1 EINLEITUNG<br />
Im vorliegenden Heft über die Pflanzenwelt des Taunus<br />
sollen die <strong>Orchideen</strong> eine besondere Behandlung erfahren.<br />
<strong>Die</strong>s mag dadurch gerechtfertigt erscheinen, dass sie aufgrund<br />
der Schönheit und Seltenheit der meisten Arten, aber<br />
auch wegen verschiedenartiger biologischer Besonderheiten<br />
eine gesteigerte Aufmerksamkeit der botanisch interessierten<br />
Öffentlichkeit geniessen. <strong>Die</strong>se Unterschiede zu anderen<br />
Pflanzen sollen hier kurz beschrieben werden.<br />
<strong>Die</strong> Familie der Orchidaceae stellt nicht nur die jüngste,<br />
sondern auch weltweit die artenreichste Pflanzenfamilie dar.<br />
Schätzungen belaufen sich auf ca. 30.000 Sippen, wovon<br />
die allermeisten in den Tropen vorkommen. Jährlich werden<br />
in den Regenwäldern neue Sippen gefunden. Dagegen erscheint<br />
die Zahl der in Deutschland vorkommenden Sippen<br />
- je nach Zählweise mit 65 (KORNECK et al. 1998) oder 79<br />
(WISSKIRCHEN & HAEUPLER 1998) angegeben - recht kümmerlich<br />
und umfasst nur etwa zwei Promille des Weltbestandes.<br />
Noch geringer ist der Artenbesatz <strong>im</strong> <strong>Westtaunus</strong>, der<br />
früher max<strong>im</strong>al 27 Sippen umfasste, von denen inzwischen<br />
vier als ausgestorben gelten (siehe unten). Alle hier vorkommenden<br />
<strong>Orchideen</strong> sind erdbewohnende Arten, die zumeist<br />
aus unterirdischen Speicherorganen Triebe bilden. Deren<br />
Erscheinen unterliegt sehr starken interannuellen Schwankungen,<br />
weil unsere he<strong>im</strong>ischen <strong>Orchideen</strong> empfindlich<br />
auf aktuelle Witterungsverhältnisse reagieren. So kann es<br />
durchaus sein, dass bei einer floristischen Erhebung auf einer<br />
Fläche keine <strong>Orchideen</strong> erfasst werden, während sie <strong>im</strong><br />
nächsten Jahr dort in grosser Zahl anzutreffen sind.<br />
Aufgrund ihres stammesgeschichtlich geringen Alters - sichere<br />
paläobotanische Nachweise von <strong>Orchideen</strong> stammen<br />
erst aus dem Spättertiär vor wenigen Millionen Jahren<br />
(SCHMID & SCHMID 1973) – ist die Artbildung bei dieser<br />
Pflanzenfamilie noch bei weitem nicht abgeschlossen. Deswegen<br />
sind auch viele Sippen vor allem <strong>im</strong> Mittelmeerraum<br />
und insbesondere bei der Gattung Ophrys nur schwer voneinander<br />
abzugrenzen. Ein weiteres Kennzeichen des noch<br />
laufenden Entwicklungsprozesses ist die starke Neigung zur<br />
Bildung von Hybriden oder Bastarden. Da aber die Ansprache<br />
der Arten <strong>im</strong> Taunus keine Probleme bereitet, sei dies<br />
hier nur am Rande erwähnt.<br />
Eine weitere Besonderheit der <strong>Orchideen</strong> ist ihr spezifischer<br />
Aufbau der Blüte, der in vielen Fällen als "Sexualtäuschblüte"<br />
bezeichnet werden kann. Viele Sippen sind nämlich auf<br />
eine einzige Insektenart oder eine eng begrenzte Gruppe als<br />
Bestäuber angewiesen. Sie ahmen mit ihrer Blütenform und<br />
- wie neuere Forschungen zeigen, auch mit spezifischen Sexualduftstoffen<br />
- die Existenz eines weiblichen Insekts nach<br />
und verleiten so deren Männchen zu einer Pseudokopulation.<br />
In deren Verlauf entnehmen sie der <strong>Orchideen</strong>blüte die<br />
Staubgefässe (Pollinien) und tragen sie zur nächsten Blüte,<br />
wo sie zur Befruchtung auf die Narbe gelangen.<br />
<strong>Die</strong> einzelnen <strong>Orchideen</strong>samen, die mit dem Wind verbreitet<br />
werden, sind mit dem Auge nicht zu erkennen. 100.000<br />
Samenkörner wiegen weniger als ein Gramm. Sie bestehen<br />
aus einem undifferenzierten Embryo ohne Nahrungsgewebe<br />
wie bei anderen Pflanzen, der deshalb be<strong>im</strong> Ke<strong>im</strong>en auf<br />
die Nahrungszufuhr durch einen spezifischen Pilz angewiesen<br />
ist (Ke<strong>im</strong>-Mykotrophie). <strong>Die</strong> meisten <strong>Orchideen</strong>sippen<br />
bleiben lebenslang an die Wurzelsymbiose mit ihrem Partnerpilz<br />
(Mykorrhiza) gebunden, der ganz spezifische öko-<br />
9
Geobot. Kolloq. 18<br />
logische Wuchsbedingungen erfordert. Deswegen führt ein<br />
Ausgraben und Umpflanzen fast <strong>im</strong>mer zum Absterben des<br />
Individuums.<br />
<strong>Die</strong>se und weitere Eigenarten unterscheiden die <strong>Orchideen</strong><br />
von anderen Pflanzenfamilien. Sie sind deshalb besonders<br />
empfindlich gegenüber Änderungen der ökologischen Verhältnisse<br />
an ihrem Standort und dessen Umgebung, wenn<br />
man die Ansprüche ihrer spezifischen Bestäuberinsekten<br />
berücksichtigt. Darum erscheinen sie in besonderem Masse<br />
geeignet, als Indikatorpflanzen die Qualitäten von Lebensräumen<br />
und Landschaften sowie dort ablaufende Änderungsprozesse<br />
anzuzeigen (EHMKE <strong>im</strong> Druck).<br />
Zu weiteren Einzelheiten über das Untersuchungsgebiet<br />
(Abgrenzung, abiotische Faktoren usw.) siehe den Beitrag<br />
von WITTIG et al. (2005a, in diesem Heft).<br />
2 DIE ORCHIDEENSIPPEN IM HESSISCHEN WEST-<br />
TAUNUS<br />
2.1 Zur Häufigkeit der Sippen<br />
Im Bearbeitungsgebiet der ersten und zweiten Phase der<br />
Kartierung der Gefäßplanzenarten des Taunus (s. WITTIG<br />
et al. 2005a, in diesem Heft) sind bisher 27 <strong>Orchideen</strong>sippen<br />
nachgewiesen worden, von denen vier als ausgestorben<br />
gelten. <strong>Die</strong> aktuell noch vorkommenden 23 Sippen (siehe<br />
10<br />
Tab. 1 <strong>Orchideen</strong>sippen <strong>im</strong> Bereich der 1. und 2. Phase der Taunuskartierung<br />
Table 1: Orchids in the area of the 1 st and 2 nd phase of the mapping of the Taunusflora<br />
lfd.Nr. Sippe<br />
Tab. 1) repräsentieren somit <strong>im</strong>merhin etwa 60% der in Hessen<br />
belegten 39 Arten (AHO Hessen 2002; BUTTLER et al.<br />
1996). <strong>Die</strong>s erstaunt angesichts der geologischen Verhältnisse,<br />
denn die vorherrschenden Hunsrückschiefer und der<br />
Taunusquarzit des Devon bringen nur saure und nährstoffarme<br />
Böden hervor, die von den meisten <strong>Orchideen</strong>sippen gemieden<br />
werden. So konzentrieren sich die Lebensräume der<br />
hiesigen <strong>Orchideen</strong> auch auf besser versorgte und wärmere<br />
Böden <strong>im</strong> Vortaunus, auf Lössauflagen sowie auf Feuchtgebiete.<br />
Allerdings fällt bei näherer Betrachtung der Tabelle 1 die<br />
geringe Fundorthäufigkeit vieler Arten auf. Es gibt nur<br />
wenige Sippen, die mehr als 10 Fundorte aufweisen - eine<br />
wichtige Grundlage für eine dauerhafte Erhaltung der Arten.<br />
Ein weiteres Kriterium für die Sicherheit des Vorkommens<br />
ist die Grösse der Population. Erst ab ca. 50 Pflanzen (mit<br />
gewisser Variationsbreite bei den einzelnen Arten) erscheint<br />
eine Population so stabil, dass sie als dauerhaft angesehen<br />
werden kann. Viele der hier betrachteten Fundorte weisen<br />
aber nur 10 oder noch weniger Exemplare auf, so dass die<br />
Gefährdungssituation der <strong>Orchideen</strong> <strong>im</strong> <strong>Westtaunus</strong> doch<br />
gravierender ist, als es die reine Betrachtung der Sippenzahl<br />
suggeriert.<br />
Für zwei der hier beschriebenen Arten tragen wir in dieser<br />
Region sogar eine besondere Verantwortung: der Fundort<br />
Gefährdungsstufen Zahl der Fundorte<br />
BRD HE HE-NW RTW seit 1990<br />
1 Cephalanthera damasonium * * * 3 > 10<br />
2 Cephalanthera longifolia V 3 3 3 15<br />
3 Cephalanthera rubra V 3 3 2 8<br />
4 Coeloglossum viride<br />
Dactylorhiza maculata<br />
3 2 1 1 1<br />
5 - ssp. maculata 3 3 3 3 > 20<br />
6 - ssp. fuchsii o.A. o.A. o.A. o.A. 2<br />
7 Dactylorhiza majalis 3 3 3 3 > 20<br />
8 Epipactis helleborine * * * * > 12<br />
9 Epipactis leptochila V * * R 2<br />
10 Epipactis purpurata V * * V 4<br />
11 Gymnadenia conopsea V V 2 2 4<br />
12 H<strong>im</strong>antoglossum hircinum 3 2 1 1 1<br />
13 Listera ovata * * * * > 11<br />
14 Neottia nidus-avis * * * V 5<br />
15 Ophrys apifera 2 3 3 2 1<br />
16 Orchis mascula ssp. mascula * V 3 3 > 32<br />
17 Orchis militaris 3 3 2 2 3<br />
18 Orchis morio ssp. morio 2 2 3 2 5<br />
19 Orchis purpurea 3 3 3 3 3<br />
20 Orchis ustulata 2 2 2 2 7<br />
21 Platanthera bifolia 3 3 3 3 > 14<br />
22 Platanthera chlorantha 3 * * 3 4<br />
23 Pseudorchis albida ssp. albida 2 1 1 o.A. 1<br />
Erläuterungen<br />
Gefährdungsstufen BRD: KORNECK et al. (1998)<br />
Gefährdungsstufen Hessen und Hessen-NW: BUTTLER et al. (1996)<br />
Gefährdungsstufen RTW (Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden): STREITZ (in Vorbereitung)
von Pseudorchis albida auf dem Grossen Feldberg ist zugleich<br />
der einzige, noch verbliebene Fundort in Hessen.<br />
Allerdings ist die Population dort stabil; jährlich erscheinen<br />
dort je nach Witterung 60 bis 80 Exemplare ohne Rückgangstendenzen,<br />
nicht zuletzt aufgrund einer gut angepassten<br />
Pflege der artenreichen Bergwiese. <strong>Die</strong> andere Art von<br />
zumindest hessenweiter Bedeutung ist Coeloglossum viride,<br />
die ebenfalls nur noch einen Fundort <strong>im</strong> Taunus (Rabengrund<br />
nördlich Wiesbaden) aufweist. Deren Bestandssituation<br />
erscheint aber wesentlich prekärer, da hier nur noch<br />
sechs bis acht Individuen in unregelmässigen Abständen<br />
auftauchen. Offensichtlich muss hier die Pflege der Fläche<br />
noch opt<strong>im</strong>iert werden. Beide Fundorte sind in das Fundort-Monitoring<br />
des AHO Hessen aufgenommen (EHMKE <strong>im</strong><br />
Druck) und werden jetzt intensiv betreut.<br />
2.2 <strong>Die</strong> aktuell vorkommenden <strong>Orchideen</strong>sippen<br />
In Tabelle 1 sind die aktuellen Sippen in alphabetischer Reihenfolge<br />
mit ihren Gefährdungsstufen und Fundortzahlen<br />
aufgeführt. <strong>Die</strong> Definition der Gefährdungsstufen ist bei den<br />
entsprechenden Autoren nachzulesen; "o.A." bedeutet ohne<br />
Angabe, d.h. der jeweilige Autor hat für die betreffende Art<br />
keine Angaben über deren Gefährdung gemacht.<br />
<strong>Die</strong> Fundortzahlen basieren auf STREITZ (<strong>im</strong> Druck), unveröffentlichten<br />
Erhebungen von BURCKARD und eigenen Aufzeichnungen.<br />
Naturgemäss stellt sich die Gefährdungssituation auf jeder<br />
Ebene anders dar. Nur zwei Arten (Epipactis helleborine,<br />
Listera ovata) gelten durchweg als ungefährdet, und vier<br />
weitere Arten weisen auf allen Ebenen den gleichen Gefährdungsgrad<br />
auf. Alle anderen Sippen werden hinsichtlich<br />
ihrer Bestandssituation auf nationaler, auf Landes- und auf<br />
regionaler Ebene unterschiedlich bewertet. Am prekärsten<br />
ist die Lage für die schon erwähnten Coeloglossum und<br />
Pseudorchis sowie für H<strong>im</strong>antoglossum hircinum, wobei<br />
letztere in den übrigen Landesteilen eine zunehmende Tendenz<br />
aufweist, die wohl mit dem laufenden Kl<strong>im</strong>awandel<br />
zusammenhängt.<br />
Im folgenden sollen die einzelnen Sippen mit kurzen Artportraits<br />
vorgestellt werden.<br />
Cephalanthera damasonium (MILLER) DRUCE - Weisses<br />
Waldvögelein<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Mai bis Mitte Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: Charakterart des Carici-Fagetum<br />
(Seggen- oder <strong>Orchideen</strong>-Buchenwald) und des Unterverbandes<br />
Cephalanthero-Fagenion<br />
� Vorkommen in schattigen bis halbschattigen Laub- und<br />
Mischwäldern, auch auf schattigen Waldwegen oder unter<br />
Büschen; sehr schattentolerant (mykotroph!); <strong>im</strong> Vollschatten<br />
Kümmerexemplare (steril oder mit wenigen Blüten)<br />
� Bodenansprüche: nährstoffreiche bis schwach saure Böden<br />
� Geselligkeit: an manchen Fundorten mehrere hundert Exemplare;<br />
starke Schwankungen der Bestandszahlen<br />
� Verbreitungsschwerpunkte <strong>im</strong> Taunus: Wispertal, Buchenwälder<br />
<strong>im</strong> Vortaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (z.B. durch Verdichten der Böden durch<br />
Ehmke<br />
Maschinen, Einsatz von Pestiziden oder sauren Düngemitteln,<br />
reiner Nadelholzanbau)<br />
Cephalanthera longifolia (L.) FRITSCH - Schwertblättriges<br />
Waldvögelein<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Mai bis Mitte Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: Lichte bis halbschattige Laub- und<br />
Mischwälder; auch auf Magerwiesen, aber dann meist<br />
teilweise beschattet (Waldrand oder Büsche)<br />
� Bodenansprüche: nährstoffreiche bis schwach saure Böden<br />
� Geselligkeit: an manchen Fundorten mehrere hundert Exemplare<br />
(z.B. bei Schlangenbad), starke Schwankungen<br />
der Bestandszahlen<br />
� Verbreitungsschwerpunkte <strong>im</strong> Taunus: Wispertal, Buchenwälder<br />
<strong>im</strong> Vortaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (z.B. durch Verdichten der Böden durch<br />
Maschinen, Einsatz von Pestiziden oder sauren Düngemitteln,<br />
reiner Nadelholzanbau); auf Wiesen: zu frühe Mahdtermine<br />
(vor August)<br />
Cephalanthera rubra (L.) L.C.M. RICHARD - Rotes Waldvögelein<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Juni bis Mitte Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: Charakterart des Carici-Fagetum<br />
(Seggen- oder <strong>Orchideen</strong>-Buchenwald) und des Cephalanthero-Fagenion;<br />
Vorkommen in halbschattigen bis<br />
lichten Laub- und Mischwäldern (hier meist thermophile<br />
Eichenwälder) und auf Lichtungen<br />
� Bodenansprüche: karbonat- und nährstoffreiche Mullböden;<br />
benötigt wohl höhere pH-Werte als die beiden anderen<br />
Cephalanthera-Arten<br />
� Geselligkeit: <strong>im</strong> Taunus meist nur Einzelexemplare; max<strong>im</strong>al<br />
100 Exemplare an einem Fundort<br />
� Verbreitungsschwerpunkte <strong>im</strong> Taunus: nur in zwei Bereichen<br />
des Rheingaugebirges (Schittkamm und nördlich<br />
Geisenhe<strong>im</strong>)<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (z.B. durch Verdichten der Böden durch<br />
Maschinen, Einsatz von Pestiziden oder sauren Düngemitteln,<br />
reiner Nadelholzanbau wie z.B. Douglasie); Abpflücken<br />
oder Ausgraben der attraktiven Pflanzen; Wildverbiß.<br />
Coeloglossum viride (L.) HARTMAN - Grüne Hohlzunge<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Mai bis Mitte Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: Voll besonnte Auen-Magerwiesen <strong>im</strong><br />
Übergang zur Pfeifengraswiese; <strong>im</strong> Bereich von Nebeln<br />
und Kaltluftabflüssen<br />
� Bodenansprüche: schwach sauer, wechselfeucht<br />
� Geselligkeit: am letzten Fundort nur noch sechs bis acht<br />
Exemplare; 2003 keine Pflanze erschienen<br />
� Verbreitung: nur <strong>im</strong> NSG Rabengrund nördlich Wiesbaden<br />
� Gefährdungsfaktoren: diese typische Art der montanen<br />
Wiesen und Zwergstrauchheiden hat wohl mit den ansteigenden<br />
Temperaturen infolge des Kl<strong>im</strong>awandels zu kämpfen.<br />
Ausserdem wird sie als konkurrenzschwache Art von<br />
den anderen Wiesenpflanzen überwachsen, deren Höhe<br />
und Deckungsgrad durch Stickstoffzufuhr aus der Atmosphäre<br />
weiter zun<strong>im</strong>mt<br />
11
Geobot. Kolloq. 18<br />
Dactylorhiza maculata ssp. maculata (L.) SOÓ - Geflecktes<br />
Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Juni bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: häufig in Feuchtwiesen des Calthion<br />
und Molinion; auch in halbschattigen bis offenen Magerwiesen;<br />
manchmal wechseltrockene, meist wechselfeuchte<br />
bis feuchte, gelegentlich auch nasse Standorte (Binsensümpfe);<br />
seltener in Wäldern, aber oft auf feuchten Lichtungen<br />
� Bodenansprüche: wechseltrockene (weil oft tonige) bis<br />
nasse, schwach bis stark saure Böden; hat relativ wenig<br />
spezifische Standortansprüche<br />
� Geselligkeit: oft in grossen Herden mit mehreren hundert<br />
Exemplaren<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: <strong>im</strong> Bereich des Vortaunus und<br />
des Hintertaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: durch Trockenlegung und Düngung<br />
von Wiesen; sonst relativ unempfindlich<br />
� Anmerkung: Bildet an gemeinsamen Wuchsorten mit<br />
Dactylorhiza majalis manchmal Hybriden aus; die Abtrennung<br />
der nachfolgenden ssp. fuchsii ist umstritten und<br />
mit Geländemerkmalen nicht <strong>im</strong>mer einfach möglich<br />
Dactylorhiza maculata ssp. fuchsii (DRUCE) N. HYLANDER<br />
- Fuchs’ Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Juni bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: hier nur zwei Fundorte auf wechselfeuchten<br />
Magerwiesen zusammen mit Dactylorhiza maculata<br />
s.str. und Dactylorhiza majalis; in anderen Gegenden<br />
laut Literatur eher auf trockeneren Wiesen und in trockenen<br />
Waldsäumen<br />
� Bodenansprüche: soll laut Literatur vorwiegend auf kalkreichen<br />
Böden wachsen, was aber auf die hiesigen Fundorte<br />
nicht zutrifft<br />
� Geselligkeit: in kleinen Herden bis ca. 50 Exemplare<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: nur zwei Fundorte am Rand<br />
des Hochtaunus und auf der Kemeler Heide<br />
� Gefährdungsfaktoren: durch Trockenlegung und Düngung<br />
bzw. Überbeweidung der Wiesen; wegen der geringen Anzahl<br />
potentiell gefährdet<br />
� Anmerkung: die Abtrennung von Dactylorhiza maculata<br />
s.str. ist umstritten (siehe oben)<br />
Dactylorhiza majalis (REICHENB.) P.F. HUNT & SUMMER-<br />
HAYES - Breitblättriges Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Mai bis Ende Mai<br />
� Bevorzugte Biotope: Wiesen des Verbandes Calthion<br />
(nährstoffreiche Feuchtwiesen), insbesondere in der Crepis<br />
paludosa-Juncus acutiflorus-Gesellschaft (s. z.B. WIT-<br />
TIG et al. 2005b, in diesem Heft); feuchte bis nasse Wiesen,<br />
Sumpfstellen <strong>im</strong> Grünland<br />
� Bodenansprüche: saure, nasse Böden, meist aus der Gley-<br />
Gruppe<br />
� Geselligkeit: oft in Gruppen von 20 bis 100 Exemplaren<br />
� Verbreitungsschwerpunkte (s. Abb. 1): <strong>im</strong> ganzen Taunus<br />
in Feuchtgebieten<br />
� Gefährdungsfaktoren: Wiesenmelioration (Trockenlegung,<br />
Düngung); Bodenverdichtung durch Viehtritt oder<br />
Walzen; allerdings wird Rinderbeweidung bei geringer<br />
Besatzdichte offensichtlich vertragen<br />
12<br />
� Anmerkung: <strong>im</strong> Feldbergmassiv kommt ein kleiner, dauerhafter<br />
Bestand von Dactylorhiza majalis forma alborosacea<br />
vor (Blüten hellrosa)<br />
Epipactis helleborine (L.) CRANTZ - Breitblättrige Stendelwurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Juli bis Anfang August<br />
� Bevorzugte Biotope: breite Spanne an Standorten: halbschattige<br />
bis schattige Wälder; dichte Gebüsche; aber<br />
auch halbschattige Gärten, Parke, Friedhöfe usw. (z.B.<br />
Nordfriedhof Wiesbaden)<br />
� Bodenansprüche: relativ indifferent: mässig trockene bis<br />
frische, schwach saure bis kalkreiche Böden<br />
� Geselligkeit: unterschiedlich (in Einzelpflanzen oder kleinen<br />
Gruppen)<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: besonders Rheingaugebirge<br />
und Vortaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (siehe Cephalanthera)<br />
Epipactis leptochila (GODFERY) GODFERY - Schmallippige<br />
Stendelwurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Juni bis Ende Juli (vor Epipactis<br />
helleborine)<br />
� Bevorzugte Biotope: Lichte Laubwälder (meist Eichen-<br />
Hainbuchenwälder), Waldränder, Waldwege<br />
� Bodenansprüche: trockene, nährstoff- und kalkreiche<br />
Mullböden<br />
� Geselligkeit: in kleinen Gruppen<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: beide Fundorte liegen <strong>im</strong> unteren<br />
Wispertal<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (siehe Cephalanthera).<br />
� Gesamtbestand nur max<strong>im</strong>al 30 Exemplare, daher stark<br />
gefährdet<br />
Epipactis purpurata J.E. SMITH - Violette Stendelwurz<br />
(Synonym: Epipactis viridiflora Hoffmann ex Krocker)<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Juli bis Mitte August (etwas<br />
später als E. helleborine)<br />
� Bevorzugte Biotope: Schattige bis halbschattige Laub-<br />
und Mischwälder und deren Ränder<br />
� Bodenansprüche: frische, tiefgründige Mullböden <strong>im</strong><br />
schwach sauren Bereich<br />
� Geselligkeit: oft in grossen Herden, aber die Einzelpflanzen<br />
weit auseinander<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: Rheingaugebirge sowie Nordfriedhof<br />
Wiesbaden; <strong>im</strong> nördlichen Taunus (Raum Weilburg<br />
- Wetzlar) offensichtlich häufiger<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung (siehe Cephalanthera).<br />
� Gesamtbestand nur ca. 150 Individuen<br />
Gymnadenia conopsea (L.) R. BROWN - Mücken-Händelwurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Ende Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: frische bis mässig trockene Mähwiesen<br />
� Bodenansprüche: nährstoff- und kalkreiche Böden<br />
� Geselligkeit: in kleinen Gruppen zu 20 bis 40 Exemplaren<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: Halbtrockenrasen des Vortaunus<br />
nördlich Wiesbaden<br />
� Gefährdungsfaktoren: zu frühe Mahd; Wiesendüngung;<br />
Bodenaufwühlen durch Schwarzwild
Abb. 1: Rasterkarte der Fundpunkte von Dactylorhiza majalis <strong>im</strong> Bereich der 1. und 2. Phase der Taunuskartierung.<br />
Fig. 1: Dot grid map of the findings of Dactylorhiza majalis in the area of the 1 st and 2 nd phase of the mapping of the<br />
Taunus flora<br />
Abb. 2: Rasterkarte der Fundpunkte von Orchis militaris <strong>im</strong> Bereich der 1. und 2. Phase der Taunuskartierung.<br />
Fig. 2: Dot grid map of the findings of Orchis militaris in the area of the 1 st and 2 nd phase of the mapping of the<br />
Taunus flora<br />
Ehmke<br />
13
Geobot. Kolloq. 18<br />
H<strong>im</strong>antoglossum hircinum (L.) SPRENGEL - Bocks-Riemenzunge<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Mai bis Mitte Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: Vollsonnige Halbtrockenrasen, lichtes<br />
Gebüsch, Wegränder<br />
� Bodenansprüche: trockene bis sehr trockene, kalkreiche<br />
und oft flachgründige Böden<br />
� Geselligkeit: hier nur Einzelpflanze<br />
� Verbreitung: nur ein Fundort am Strassenrand bei Idstein<br />
� Gefährdungsfaktoren: zu frühe Mahd; Strassenbaumassnahmen;<br />
Pestizideinsatz; Ausgraben<br />
� Anmerkung: die betreffende Einzelpflanze erscheint seit<br />
einigen Jahren regelmässig und wird bis 80 cm hoch; es<br />
bleibt abzuwarten, ob die anderenorts beobachtete Ausbreitungstendenz<br />
von H. hircinum, die wohl durch den<br />
Kl<strong>im</strong>awandel bedingt ist, auch <strong>im</strong> Taunus zu weiteren<br />
Funden führen wird<br />
Listera ovata (L.) R. BROWN - Grosses Zweiblatt<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Juni bis Mitte Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: lichte Wälder, Waldränder und Gebüsche;<br />
feuchte bis trockene Wiesen; weist wenig spezifische<br />
Standortansprüche auf<br />
� Bodenansprüche: breite Spanne von sauer bis basisch,<br />
feucht bis trocken<br />
� Geselligkeit: oft in kleinen Herden<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: Vortaunus und Wispertal<br />
� Gefährdungsfaktoren: aufgrund ihrer Häufigkeit und grossen<br />
ökologischen Amplitude erscheint diese Orchidee wenig<br />
gefährdet<br />
Neottia nidus-avis (L.) L.C.M. RICHARD - Vogel-Nestwurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: Charakterart der Ordnung Fagetalia<br />
sylvaticae (Buchen- und Edellaubmischwälder); schattige<br />
bis halbschattige Buchenwälder ohne Nadelbäume<br />
� Bodenansprüche: vor allem nährstoffreiche Kalkverwitterungsböden<br />
mit viel Mull oder Moder, seltener auch<br />
schwach saure Böden; Feuchtestufen: frisch bis mässig<br />
trocken<br />
� Geselligkeit: oft in kleinen Herden<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: Vortaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: Intensivierung der forstlichen Nutzung<br />
(siehe Cephalanthera); während N. nidus-avis am<br />
nördlichen Taunusrand entlang des Lahntales häufiger<br />
auftritt, ist sie <strong>im</strong> <strong>Westtaunus</strong> selten geworden<br />
Ophrys apifera HUDSON - Bienen-Ragwurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Juni bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: am hiesigen Fundort halbschattig neben<br />
einer Strasse in einem verbuschenden Magerrasen<br />
� Bodenansprüche: flachgründiger, kalkhaltiger, warmer<br />
Boden (neben Strasse!)<br />
� Geselligkeit: verstreute Einzelpflanzen (10 Exemplare) in<br />
lockerer Herde<br />
� Verbreitung: nur ein Fundort bei Schlangenbad (Hang des<br />
Walluftales)<br />
� Gefährdungsfaktoren: Überwachsen durch Schlehen;<br />
Strassenbaumassnahmen; Abpflücken oder Ausgraben der<br />
attraktiven Pflanzen<br />
14<br />
Orchis mascula ssp. mascula (L .) L. - Stattliches Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus : Ende April bis Mitte Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: lichte, flachgründige Laubwälder;<br />
trockene Wiesen; gern auch in der Nähe von Burgruinen<br />
� Bodenansprüche: flachgründige, nährstoffarme, aber<br />
humusreiche Böden in warmer Lage; Säurewerte von<br />
schwach sauer bis stark basisch<br />
� Geselligkeit: meist in kleinen Gruppen von 5 bis 20 Exemplaren<br />
oder Einzelpflanzen<br />
� Verbreitung: aufgrund der weiten ökologischen Spanne<br />
kommt die Pflanze noch an zahlreichen Fundorten <strong>im</strong><br />
Taunus vor<br />
� Gefährdungsfaktoren: an Waldwuchsorten zu starke Beschattung;<br />
auf Wiesen Düngung und zu frühe Mahd; Ausgraben<br />
und Abpflücken<br />
Orchis militaris L. - Helm-Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Ende Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: gilt als Charakterart des Verbandes<br />
Mesobromion (Trespen-Halbtrockenrasen); hier in<br />
lichtem, flachgründigen Laubwald und an halbschattiger<br />
Strassenböschung<br />
� Bodenansprüche: flachgründige, warme, schwach saure<br />
bis kalkhaltige Böden<br />
� Geselligkeit: am Waldfundort eine Gruppe von ca. 10 Exemplaren;<br />
an der Böschung zwei Pflanzen<br />
� Verbreitung: <strong>im</strong> Taunus aktuell nur drei Fundorte (s.<br />
Abb. 2), davon zwei <strong>im</strong> Wispertal; war hier wegen des<br />
fehlenden Kalkes schon <strong>im</strong>mer sehr selten<br />
� Gefährdungsfaktoren: zu frühe Mahd an der Autobahnböschung<br />
bei Idstein; <strong>im</strong> Wald Umnutzung des Standortes,<br />
z.B. durch Gebüsch- oder Baumpflanzung<br />
Orchis morio ssp. morio L. - Kleines Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte April bis Mitte Mai<br />
� Bevorzugte Biotope: sonnige, mässig trockene bis frische,<br />
schwach saure und nährstoffarme Wiesen<br />
� Bodenansprüche: hier schwach saure, tiefgründige, nährstoffarme<br />
Böden in warmer Lage<br />
� Geselligkeit: sehr gesellig! Oft grosse Herden mit mehreren<br />
hundert Pflanzen<br />
� Verbreitungsschwerpunkt: in den Wiesen des Vortaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: nicht angepasste Wiesenpflege (z.B.<br />
Düngen, Abwalzen <strong>im</strong> Frühjahr, Silageschnitt, Intensivbeweidung);<br />
vor allem wegen der Düngung stark zurückgegangen<br />
Orchis purpurea Hudson - Purpur-Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Anfang Mai bis Anfang Juni<br />
� Bevorzugte Biotope: Sonnige Wiesen und lichte Laubwälder<br />
� Bodenansprüche: schwach saure bis leicht basische, nährstoffarme<br />
und trockene Böden<br />
� Geselligkeit: oft in grossen Herden<br />
� Verbreitungsschwerpunkt: individuenreichster Fundort<br />
liegt <strong>im</strong> Wispertal (Schittkamm)<br />
� Gefährdungsfaktoren: <strong>im</strong> Wald durch zu starke Beschattung,<br />
auf Wiesen durch Düngung, Abwalzen, zu frühe<br />
Mahd (vor August), Intensivbeweidung
Orchis ustulata L. - Brand-Knabenkraut<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Ende Juni – teils bis<br />
Mitte Juli (ssp. aestivalis?)<br />
� Bevorzugte Biotope: Sonnige, trockene Wiesen<br />
� Bodenansprüche: schwach saure bis schwach basische,<br />
trockene Böden (meist aus Grünschiefer, Bunte Schiefer<br />
und Serizitgneis bzw. Löss <strong>im</strong> Vortaunus)<br />
� Geselligkeit: meist in kleinen Gruppen von 10 bis 20 Pflanzen<br />
� Verbreitungsschwerpunkt: Vortaunus (Rabengrund, Goldsteintal,<br />
Trockenborn)<br />
� Gefährdungsfaktoren: nicht angepasste Wiesenpflege, besonders<br />
Düngen und zu frühe Mahd<br />
� Anmerkung: bisher wurde <strong>im</strong> Gebiet nicht die spätblühende<br />
ssp. aestivalis mit längerem, lockeren Blütenstand<br />
unterschieden. Bestäubung nur durch eine Insektenart aus<br />
der Gruppe der Dipteren; dadurch starke Abhängigkeit<br />
von deren Vorkommen<br />
Platanthera bifolia (L.) L.C.M. RICHARD - Weisse Waldhyazinthe<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: frische bis trockene, sonnige Wiesen;<br />
auch lichte Laubwälder<br />
� Bodenansprüche: stark bis schwach saure, frische bis trockene<br />
Böden<br />
� Geselligkeit: einzeln oder in Herden bis zu 100 Exemplaren<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: über den ganzen Taunus verteilt;<br />
weniger <strong>im</strong> Hochtaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: nicht angepasste Wiesenpflege, besonders<br />
Düngen und zu frühe Mahd; Sukzession (Verbuschung);<br />
intensive Beweidung<br />
Platanthera chlorantha (Custer) REICHENBACH - Grünliche<br />
Waldhyazinthe<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Ende Mai bis Anfang Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: frische bis trockene, sonnige bis<br />
halbschattige Wiesen<br />
� Bodenansprüche: schwach saure bis schwach basische,<br />
aber nährstoffarme Böden (etwas anspruchsvoller als P.<br />
bifolia und deshalb <strong>im</strong> Taunus seltener)<br />
� Geselligkeit: in kleinen Gruppen bis zu 20 Pflanzen<br />
� Verbreitungsschwerpunkte: nur wenige Fundorte <strong>im</strong> Hintertaunus<br />
� Gefährdungsfaktoren: nicht angepasste Wiesenpflege, besonders<br />
Düngen und zu frühe Mahd; Sukzession (Verbuschung);<br />
intensive Beweidung<br />
Pseudorchis albida ssp. albida (L.) A. & D. LÖVE - Weisse<br />
Höswurz<br />
� Blütezeit <strong>im</strong> Taunus: Mitte Juni bis Mitte Juli<br />
� Bevorzugte Biotope: letzter hessischer Fundort in einem<br />
sonnigen montanen Borstgrasrasen<br />
� Bodenansprüche: saurer, frischer bis mässig feuchter, sehr<br />
nährstoffarmer Boden<br />
� Geselligkeit: in einer Herde von ca. 60 Pflanzen<br />
� Verbreitung: nur ein Fundort am Grossen Feldberg<br />
� Gefährdungsfaktoren: nicht angepasste Wiesenpflege<br />
(Düngung und zu frühe Mahd)<br />
Ehmke<br />
2.3 <strong>Die</strong> <strong>im</strong> Taunus ausgestorbenen <strong>Orchideen</strong>sippen<br />
Wie erwähnt, gelten von den früher hier nachgewiesenen<br />
28 Arten fünf als ausgestorben oder verschollen. Aceras<br />
anthropophorum (L.) W.T. Aiton - der Ohnsporn oder Hängende<br />
Mensch - kam noch Ende der 80er Jahre des vorigen<br />
Jahrhunderts auf der Ranseler Heide nordostwärts von<br />
Lorch/Rhein vor. Aceras wuchs dort ohnehin auf einem<br />
Marginalstandort, bezogen auf dessen ökologische Ansprüche,<br />
insbesondere an den Kalkgehalt <strong>im</strong> Boden. Mit laufender<br />
Verschlechtung der Biotopqualität der Ranseler Heide,<br />
vor allem durch mangelnde Pflege bzw. Nutzung und starke<br />
Verbuschung, hohen Schwarzwildbestand und die allgemeine<br />
Landschaftseutrophierung durch Luftstickstoff kam<br />
für diese empfindlichen Pflanzen dort das Aus. Der nächste<br />
Fundort befindet sich bei Niederbrechen südostwärts L<strong>im</strong>burg/Lahn.<br />
Ebenfalls nachweislich ausgestorben ist der Frauenschuh<br />
(Cypripedium calceolus L.), der zuletzt 1967 aus dem Naturschutzgebiet<br />
Schittkamm <strong>im</strong> Wispertal gemeldet worden<br />
war (GROSSMANN 1976). <strong>Die</strong>se wohl schönste he<strong>im</strong>ische Orchidee<br />
ist ebenfalls kalkliebend und deshalb <strong>im</strong> Taunus nur<br />
an wenigen Stellen überhaupt lebensfähig.<br />
Ein weiterer Verlust unserer <strong>Orchideen</strong>flora betrifft das<br />
Kriechende Netzblatt (Goodyera repens (L.) R. BROWN),<br />
eine Art der halbschattigen Nadelwälder mit kalkhaltigen<br />
Böden und saurer Nadelstreuauflage wie z.B. in den Bergsträsser<br />
Kiefernwäldern. Letztmalig fand Korneck diese<br />
Pflanze 1971 in den Wäldern am Steinkopf bei Wiesbaden-<br />
Naurod (STREITZ <strong>im</strong> Druck).<br />
Erst vor kurzem erloschen ist die Herbst-Drehwurz (Spiranthes<br />
spiralis (L.) Chevallier), die überall in Deutschland<br />
stark zurückgeht. Sie kam zuletzt <strong>im</strong> Rabengrund nördlich<br />
Wiesbaden vor. Dort wurden 2001 die letzten beiden blühenden<br />
und fruchtenden Pflanzen beobachtet. Noch um 1985<br />
waren dort über 100 Exemplare gemeldet worden. <strong>Die</strong>se<br />
typische Art der offenen Schafweiden verträgt kein Überwachsen<br />
durch andere Pflanzen, die durch die Einstellung<br />
der Beweidung und die fortwährende Stickstoffdüngung aus<br />
der Luft gefördert werden. Da noch eine gewisse Chance<br />
des Wiederauftauchens besteht, versucht der AHO durch gezielte<br />
Pflege und Monitoring diesen Fundort zu erhalten.<br />
Eine Auflistung der früheren Fundpunkte von Epipactis palustris<br />
findet sich bei NAWRATH (2005, in diesem Heft).<br />
3 ZUSAMMENFASSUNG<br />
Der Schwerpunkt der <strong>Orchideen</strong>verbreitung innerhalb des<br />
Taunus liegt <strong>im</strong> Westen, was bei vielen Arten sicherlich<br />
auf die Bodenansprüche, bei einigen eventuell auch auf die<br />
kl<strong>im</strong>atischen Bedürfnisse und die Höhenlage (z.B. bei Coeloglossum<br />
viride und Pseudorchis albida) zurückzuführen<br />
ist. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten (vorwiegend<br />
saure Böden) ist das Inventar an <strong>Orchideen</strong>sippen <strong>im</strong><br />
Taunus insgesamt ausgesprochen bescheiden. Von den früher<br />
berichteten 28 Arten sind heute fünf Arten ausgestorben<br />
(Aceras anthropophorum, Cypripedium calceolus, Epipactis<br />
palustris, Goodyera repens und Spiranthes spiralis). Weitere<br />
sechs Sippen sind nur noch mit einem oder zwei Fundorten<br />
und teilweise unter zehn Individuen vertreten, was de-<br />
15
Geobot. Kolloq. 18<br />
ren mögliches Aussterben <strong>im</strong> Taunus befürchten lässt. <strong>Die</strong><br />
Mehrzahl der aktuell noch vorkommenden <strong>Orchideen</strong> hat<br />
ihren Schwerpunkt <strong>im</strong> Grünland, wobei sowohl typische<br />
Trockenrasen- als auch typische Feuchtwiesenarten vorkommen<br />
(siehe die einzelnen Artportraits). Daneben sind aber<br />
auch einige typische Waldorchideen wie die Cephalanthera-<br />
und Epipactis-Arten vertreten.<br />
LITERATUR<br />
AHO HESSEN (2002): Verbreitungsübersicht der <strong>Orchideen</strong><br />
in Hessen.- Broschüre, Büdingen.<br />
BUTTLER, K. P., FREDE, A., KUBOSCH, R., GREGOR, T., HAND,<br />
R., CEZANNE, R., HODVINA, S., GOTTSCHLICH, G., WEBER, H.<br />
E. & JUNG, K. (1996): Rote Liste der Farn- und Samenpflanzen<br />
Hessens. 3. Fassung. Hrsg.: Hessisches Ministerium des<br />
Innern und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz.<br />
Wiesbaden.<br />
EHMKE, W. (<strong>im</strong> Druck): Das Fundort-Monitoring für besonders<br />
gefährdete <strong>Orchideen</strong>arten in Hessen.- Tagungsberichte<br />
AHO Thüringen, Jena 2004.<br />
GROSSMANN, H. (1976): Flora vom Rheingau.- Senckenberg-Buch<br />
55; Kramer, W. Frankfurt/M.<br />
KORNECK, D., SCHNITTLER, M., KLINGENSTEIN, F., LUDWIG,<br />
G., TAKLA, M., BOHN U. & MAY, R. (1998): Warum verarmt<br />
unsere Flora? Auswertung der Roten Liste der Farn- und<br />
Blütenpflanzen Deutschlands.- Schr.R.Vegetationskunde 29:<br />
299-444. BfN, Bonn-Bad Godesberg.<br />
NAWRATH, S. (2005): Verbreitung und Gefährdung der Gefäßpflanzen<br />
der Kalk-Kleinseggenriede <strong>im</strong> südöstlichen<br />
Taunus.- Geobot. Kolloq. 18: 17-24.<br />
SCHMID, R. & SCHMID, J.M. (1973): Fossils attributed to the<br />
Orchidaceae.- Amer. Orch. Soc. Bull. 42: 17-27.<br />
STREITZ, H. (in Vorbereitung): <strong>Die</strong> Farn- und Blütenpflanzen<br />
von Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis.<br />
16<br />
DANK<br />
Bei folgenden Personen, die diesen Beitrag unterstützt haben, bedanke<br />
ich mich herzlich: Thomas Burckard (Geisenhe<strong>im</strong>) und Dr.<br />
Harald Streitz (Wiesbaden) gewährten mir Einblick in ihre privaten<br />
Fundortdateien; Ortwin Heinrich (Büdingen) sandte mir Informationen<br />
aus der zentralen Fundortdatei des AHO Hessen; Henry Riechmann-Kastl<br />
(Universität Frankfurt/M.) lieferte die beiden Verbreitungskarten<br />
der <strong>Orchideen</strong> <strong>im</strong> Taunus. Vor allem aber herzlichen<br />
Dank an Herrn Prof. Dr. Rüdiger Wittig (Universität Frankfurt/M.),<br />
der die Abfassung dieses Beitrags anregte und ermöglichte.<br />
WITTIG, R., EHMKE, W., NAWRATH, S., RIECHMANN, H. &<br />
UEBELER, M. (2005a): Stand der Kartierung der Gefäßpflanzenflora<br />
des Taunus.- Geobot. Kolloq. 18: 3-8.<br />
WITTIG, R., NAWRATH, S., RIECHMANN, H., UEBELER, M. &<br />
ALBERTERNST, B. (2005b): Flora, Vegetation und Schutzwürdigkeit<br />
des NSG Schmittröder Wiesen bei Königstein<br />
(Taunus).- Geobot. Kolloq. 18: 51-64.<br />
WISSKIRCHEN, R. & HAEUPLER, H. (1998): Standardliste der<br />
Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands.- E. Ulmer, Stuttgart.<br />
Adresse des Autors:<br />
Dr. Wolfgang Ehmke<br />
Lindenstraße 2<br />
65232 Taunusstein<br />
Deutschland<br />
eMail:<br />
WolfgangEhmke@aol.com