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Europäisches Kulturzentrum Aachen - Bauhaus Europa

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<strong>Europäisches</strong> <strong>Kulturzentrum</strong><br />

<strong>Aachen</strong><br />

Konzeptentwurf (Synopse)<br />

für die Dauerausstellung<br />

Bonn, im Februar 2006<br />

Prof. Dr. Hermann Schäfer<br />

Dr. Andrea Mork<br />

Dr. Brigitta Thomas


Vorbemerkungen<br />

I. Prolog<br />

1. Was ist <strong>Europa</strong>?<br />

2. Wer ist <strong>Europa</strong>?<br />

3. Wo ist <strong>Europa</strong>?<br />

II. Genese <strong>Europa</strong>s<br />

Gliederung<br />

1. 800 Krönung Karls des Großen<br />

2. 1122 Wormser Konkordat<br />

3. 1492 Zeitalter der Entdeckungen<br />

4. 1648 Der Westfälischer Friede<br />

5. 1683 Niederlage der Osmanen vor Wien<br />

6. 1776 Adam Smith „An Inquiry into the Nature and Causes of Wealth of<br />

Nations“<br />

7. 1789 Französische Revolution<br />

8. 1914/18, 1939/45 Der Erste und der Zweite Weltkrieg<br />

9. 1957 Die Römischen Verträge<br />

III. Was ist <strong>Europa</strong> heute?<br />

1. Symbole<br />

2. Aktuelle EU-Fragen und –themen<br />

IV. Epilog: <strong>Europa</strong> in <strong>Aachen</strong><br />

1. Der Karlspreis<br />

2. Die Karlsmedaille für europäische Medien<br />

V. Ausgangsbereich<br />

Abkürzungen


Vorbemerkungen<br />

Konzeptentwurf für das Europäische <strong>Kulturzentrum</strong><br />

Der vorliegende Konzeptentwurf für die Dauerausstellung zielt darauf ab, einem<br />

breiten Publikum die Relevanz der maßgeblich mit <strong>Aachen</strong> verbundenen<br />

europäischen Geschichte näher zubringen und das Wissen über dieses ebenso<br />

komplexe wie politische Thema zu vergrößern. Ziel ist, zu einem besseren<br />

Verständnis zugleich der europäischen Traditionen, der Themen von aktueller<br />

Bedeutung und der europapolitischen Zukunftsperspektiven beizutragen.<br />

Die Ausstellung knüpft an die Alltagserfahrungen der Besucher an und folgt der<br />

aktuellen Fragegestellung „Was ist <strong>Europa</strong>?“. Dem Besucher werden die<br />

spezifischen Merkmalen des heutigen <strong>Europa</strong> bewusst gemacht und deren Genese<br />

in einem historischen Rückblick erklärt: Die Ausstellung macht deutlich, welche<br />

Verkettung von Entwicklungen dazu geführt hat, dass eine spezifisch europäische<br />

Kultur entstanden ist, die weltgeschichtlich signifikante Besonderheiten und<br />

Unterscheidungsmerkmale zu anderen Kulturen aufweist. Es handelt sich um<br />

signifikante Ergebnisse der europäischen Entwicklung, für die bis in die Antike<br />

zurückreichende Bedingungsfaktoren maßgeblich sind, die aufzuzeigen den roten<br />

Faden der Dauerausstellung bildet.<br />

Die Ausstellung ist chronologisch-thematisch aufgebaut und hebt neun<br />

Schlüsseljahre hervor, die jeweils eine wegweisende historische Zäsur markieren. Mit<br />

Hilfe dieser Ereignisse lassen sich größere thematische Zusammenhänge darstellen<br />

und weiter in der Geschichte zurückliegende Einflussfaktoren angliedern.<br />

Die vorliegende Synopse ist in drei Spalten gegliedert, um die zentralen Inhalte des<br />

Ausstellungskonzepts übersichtlich vor Augen zu führen:<br />

1. Thema<br />

2. Vermittlungsziele<br />

3. Objekte


Jeder der zehn Ausstellungseinheiten ist eine Zusammenfassung der zentralen<br />

Vermittlungsziele vorangestellt (Fettdruck). Zwischenüberschriften akzentuieren<br />

schlaglichtartig die Kernaussage der Unterkapitel (Balken). Mit Blick auf die<br />

praktische Umsetzung dieses Ausstellungskonzepts wird mit diesen Kernsätzen die<br />

unterste Vermittlungsebene beschrieben, d.h. die Information, die selbst der<br />

uninformierte und eilige Besucher der Ausstellung erfassen sollte. Gelegentlich<br />

musste dabei auch sehr vereinfachend formuliert werden. Die Objektlisten (bzw. -<br />

wünsche oder -ideen) in der dritten Spalte laufen parallel zu den Themenbereichen,<br />

die sie visualisieren sollen.<br />

Das Ausstellungskonzept stellt einen Entwurf dar, der im weiteren Fortgang der<br />

Arbeiten zu differenzieren und zu ergänzen ist. Bewusst wurde die synoptische<br />

Konzeptübersicht gewählt, weil sie bereits die räumliche Gliederung der Ausstellung<br />

andeutet, die Vermittlungsziele für den Besucher in den Blick nimmt und erste<br />

Überlegungen zu denkbaren Exponaten – ob Originale oder Kopien/<br />

Repliken sei dahingestellt – aufzeigt, um die nächsten Arbeitsschritte in<br />

Zusammenarbeit mit Ausstellungsgestaltern, Architekten, Medientechnikern und<br />

sonstigen Spezialisten vorzubereiten und zu erleichtern. Konkret sind Fragen der<br />

Gestaltung der Ausstellung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu beantworten. Die<br />

Liste der Objekte enthält somit verschiedenartige Vorschläge unterschiedlichster<br />

Objektgattungen, die auf ihre konkrete Eignung hin erst geprüft werden können,<br />

sobald die Ausstellungsgestaltung konkretere Formen annimmt.<br />

Als roter Faden durch die Ausstellung ist ein interaktives Fragespiel geplant, an dem<br />

sich der Besucher mittels einer Chipkarte (Arbeitstitel: „Euro-Card“) beteiligen kann,<br />

um zu <strong>Europa</strong> und insbesondere zu Themen der Ausstellung befragt zu werden. Auf<br />

spielerische Art und Weise macht er sich dabei im Gang durch die Ausstellung<br />

bewusst, wie stark sein auf <strong>Europa</strong> bezogenes Wissen, Traditionsbewusstsein und<br />

Engagement ausgeprägt ist. Die Synopse zeigt an drei Beispielen, wie solche Fragen<br />

lauten könnten.<br />

Bonn, im Februar 2006<br />

Prof. Dr. Hermann Schäfer Dr. Andrea Mork Dr. Brigitta Thomas


Synopse<br />

<strong>Aachen</strong>, <strong>Europäisches</strong> <strong>Kulturzentrum</strong><br />

Thema Vermittlungsziele Objekte<br />

I. Prolog<br />

I. 1. Was ist <strong>Europa</strong>?<br />

Der Besucher wird eingangs mit einer Auswahl markanter Phänomene<br />

konfrontiert, die für das Selbstverständnis <strong>Europa</strong>s als paradigmatisch<br />

gelten und auch für den Laien auf Anhieb als solche erkennbar sind.<br />

Folgende Aspekte kommen z.B. in Frage:<br />

• Sprachliche und kulturelle Vielfalt<br />

• Christentum und Papsttum<br />

• Rationalismus und Aufklärung<br />

• Kapitalismus<br />

• Nationalstaat<br />

• Demokratie<br />

Diese werden mit einem ausdrucksstarken und als Solitär<br />

präsentierten Objekt dargestellt:<br />

Die sich anschließende Chronologie der Schlüsseljahre soll dem<br />

• Wörterbücher<br />

• Tiara, Rosenkranz oder Kreuz<br />

• Wissenschaftliches Instrument<br />

• Requisit Londoner Börse<br />

• Fahnen, Hymnen<br />

• Wahlurne<br />

• Und/oder: Videopräsentation zu o.g.<br />

Themenbereichen (Panoramawand)<br />

1


Besucher ein historisches Verständnis dafür vermitteln, wie diese<br />

Charakteristika <strong>Europa</strong>s entstanden sind. (s. Kapitel 2)<br />

Wandzitate / Beispiele:<br />

„Der Europäer isst alles, sagt der Indier, und sein feiner Geruch hat<br />

schon vor den Ausdünstungen desselben einen Abscheu.“ (Joh.<br />

Gottfried Herder)<br />

„<strong>Europa</strong> ist das Land der Freiheit, das heißt der Bildung durch den<br />

Wettstreit vereinzelter und mannichfach eigenthümlicher Kräfte. Diese<br />

Mannichfaltigkeit ist durch alle Zeiten Charakter der europäischen<br />

Bildung geworden...“ (Friedrich von Schlegel, Über die neuere<br />

Geschichte, 1810)<br />

„Nährboden des <strong>Europa</strong>gedankens ist die Vorstellung, dass<br />

<strong>Europa</strong> nicht nur eine geographische Größe ist, sondern vielmehr<br />

eine historische Einheit bildet, die sich als Zivilisationsraum,<br />

Völkerfamilie, Wertegemeinschaft oder Kultureinheit versteht, von der<br />

Zeit Karls des Großen bis zum 16. Jahrhundert durch den Begriff<br />

„Abendland“ getragen.“ (Jacob Burckhardt)<br />

„<strong>Europa</strong> steht auf drei Hügeln: Der Akropolis, Golgotha und dem<br />

Kapitol.“ (Theodor Heuss)<br />

„Jerusalem, Athen und Rom – das ist die charakteristische<br />

• AV-Station: Stimmen zur Frage „Was<br />

ist <strong>Europa</strong>?“ (Blick von innen und von<br />

außen, exemplarische Sichtweisen<br />

von Laien und Experten)<br />

2


I. 2. Wer ist <strong>Europa</strong>?<br />

Spannung zwischen Monotheismus, Wissenschaft und<br />

republikanischer Tradition, die der Westen aushalten muss, ohne zu<br />

versuchen, eins ans andere zu assimilieren.“ (Jürgen Habermas)<br />

„Die Ursprünge des vereinten <strong>Europa</strong>s liegen im bürgerlichen<br />

Engagement aus christlich-sozialem Geist.“ (Romano Prodi)<br />

„<strong>Europa</strong>, das kann man nicht oft genug wiederholen, ist kein Ort,<br />

sondern eine Idee.“ (Bernhard-Henri Lèvy)<br />

„Damit ist eins der entscheidenden Elemente europäischer<br />

Identität benannt: Die Vielfalt der Ideen, Kulturen, Regionen und<br />

Staaten, die sich dadurch auszeichnet, dass sie dauerhaft bleibt, also<br />

nie für längere Zeit der Vorherrschaft einer Idee, einer Kultur oder<br />

eines Staates anheimfällt.“ (Hagen Schulze)<br />

„Freiheit verbunden mit sozialem Ausgleich, Rechtssicherheit,<br />

Vielfalt der Kulturen – all das zeichnet den „european way of life“<br />

aus.“ (Horst Köhler)<br />

Eine Collage aus Bildern von bekannten Personen aus <strong>Europa</strong> rückt<br />

die historische Tiefe und kulturelle Vielfalt des Themas in den Blick.<br />

• Collage: z.B. Aristoteles, Augustinus,<br />

Benedikt von Nursia, Hildegard von<br />

Bingen, Galilei, Dante, Kopernikus,<br />

Luther, Friedrich II, Voltaire, Goethe,<br />

Mozart, Heine, Marx, Chopin, Bertha<br />

von Suttner, Einstein, Picasso,<br />

3


I. 3. Wo ist <strong>Europa</strong>?<br />

Weltkarten aus Antike, Mittelalter und Neuzeit veranschaulichen die<br />

geographischen Vorstellungen von <strong>Europa</strong> im historischen Wandel.<br />

Johannes Paul II., Hannah Arendt,<br />

Simone de Beauvoir, Frère Roger,<br />

Mutter Theresa, Beatles ...<br />

• Weltkarte aus Antike, Mittelalter und<br />

Neuzeit: <strong>Europa</strong> und die anderen<br />

Kontinente: z.B. T-Karte (Weltkarte<br />

mit Asia, <strong>Europa</strong>, Africa, in: Isidor von<br />

Sevilla, Abschrift aus 12. Jh.; Paris<br />

Bibliothèque national) evt. mit Tabula<br />

Peutingeriana (4. Jh.); Ebstorfer<br />

Weltkarte (14.Jh.); Weltkarte von<br />

Mercator (1569)<br />

Satellitenkarte (ESA Paris).<br />

4


Besucher-Eurocard<br />

Der Besucher erhält eine persönliche „Eurocard“ (Arbeitstitel). Im<br />

Gang durch die Ausstellung kann er sich mit dieser Karte an<br />

verschiedenen Stellen in interaktive Terminals einloggen, um anhand<br />

von Fragen zu unterschiedlichen europäischen Themenbereichen sein<br />

Wissen, Traditionsbewusstsein und Interesse bzw. Engagement zu<br />

testen. Das Fragespiel soll auf unterhaltende Art und Weise die<br />

Aufmerksamkeit des Besuchers für Ausstellungsthemen schüren und<br />

ihm vor Augen führen, wie stark er selbst alltäglich in europäische<br />

Zusammenhänge und Traditionen eingebunden ist.<br />

• Als Prototypen siehe die Fragen am<br />

Ende der Ausstellungsbereiche 2.1,<br />

2.3 und 2.9.<br />

• Über die derzeitige Unterscheidung<br />

zwischen Fragen für Erwachsene und<br />

für Jugendliche hinaus wären weitere<br />

Differenzierungen denkbar.<br />

• Die Anzahl der Fragen ist erweiterbar.<br />

5


II. Genese <strong>Europa</strong>s/Schlüsseljahre der<br />

europäischen Geschichte<br />

II.1. 800 Krönung Karls des Großen<br />

Kaiser Karl schuf eine erste politische und kulturelle Einheit<br />

<strong>Europa</strong>.<br />

Karl der Große errichtete in Westeuropa ein Großreich, das den<br />

Rahmen für die Entwicklung einer politischen und kulturellen<br />

Einheit bildete, aus dem später die ersten europäischen Nationen<br />

entstanden sind. Die innere Konsolidierung des in vielfacher<br />

Hinsicht heterogenen Frankenreichs stand im Zeichen von<br />

Christentum und Wiederentdeckung der antiken Bildung. Kaiser<br />

Karl wurde von Zeitgenossen als „Vater <strong>Europa</strong>s“ (Paderborner<br />

Epos) und „<strong>Europa</strong>s überragender Leuchtturm“ (Einhard)<br />

gepriesen, <strong>Europa</strong> als der „Kontinent des Glaubens“ (Alkuin)<br />

bezeichnet. Das mittelalterliche Imperium leitete seine Staaten<br />

übergreifende Kaiseridee vom römischen Weltreich der Antike<br />

und vom Christentum ab, die – wenngleich verblassend – bis in<br />

das frühe 19. Jahrhundert tradiert wurde. Die Erneuerung des<br />

römischen Imperium im fränkischen Reich führte dazu, dass der<br />

<strong>Europa</strong>gedanke lange Zeit hinter der Reichsidee zurücktrat.<br />

• Reichskrone, 10-11. Jh. (Leitobjekt<br />

auch für Teil 2.2) und andere<br />

Reichskleinodien (Reichsschwert,<br />

Szepter, Zeremonienschwert)<br />

• AV-Station mit Wahlmodus:<br />

Historiker-Statements „Karl der Große<br />

– ein Ahnherr der Einheit <strong>Europa</strong>s?“<br />

• Reiterstatuette, um 870 ( Louvre)<br />

6


• Renovatio imperii Romani<br />

• Karl der Große als pater <strong>Europa</strong>e<br />

Kaiser Karl erneuerte das römische Kaisertum im Westen.<br />

Die Kaiserkrönung Karl des Großen 800 durch Papst Leo III. gab der<br />

imperialen Qualität seiner Herrschaft sichtbaren Ausdruck. In schneller<br />

Folge hatte Karl die Grenzen seines Reiches in alle Richtungen<br />

ausgedehnt. In der Nachfolge des untergegangenen Römischen<br />

Reichs stand das Frankenreich, das den Kernbereich Westeuropas<br />

umfasste: Großteile von Deutschland und Italien, ganz Frankreich, die<br />

Beneluxstaaten, die Schweiz und Österreich. Der politische<br />

Schwerpunkt verlagerte sich aus dem Mittelmeerraum in den<br />

Nordwesten <strong>Europa</strong>s. Das von Karl geschaffene Kaisertum hatte -<br />

über viele Wandlungen - hinweg Bestand bis 1806.<br />

Kaiser Karl schuf eine Einheit christlichen Zusammenlebens.<br />

Stärkste Klammer für die Einheit war die Kirche. Kaiser Karl verstand<br />

sich als Glaubenswächter und als Schutzherr der Kirche. Sein Ziel war<br />

es, im Kaiserreich eine „Einheit christlichen Zusammenlebens“ (Horst<br />

Fuhrmann) herzustellen. Er zwang die Sachsen zur Annahme des<br />

Christentums, reformierte die Kirchenordnung, erneuerte die<br />

Kirchenprovinzen, errichtete zahlreiche Bischofssitze, Abteien und<br />

Kirchen. Von weltge-schichtlicher Bedeutung wurde der Bund des<br />

Frankenreichs mit dem Papsttum.<br />

• Buchillustration: Kaiserkrönung Rom<br />

• Münze: Karl als Imperator mit<br />

Lorbeerkranz, Mainz nach 800<br />

(Bibliothèque Nationale de France)<br />

• Karte: Das Reich Karls des Großen<br />

(mit historischer Spezifizierung)<br />

• Gemälde: Karl der Große mit Kirche<br />

• Glasfenster: Karl der Große, der das<br />

Oktogon der Marienkirche in Händen<br />

hält, 16520/20 (Frankenburg) oder:<br />

• Kirchenfenster: Karl der Große, 12.<br />

Jh. (Replik aus Straßburger Dom)<br />

• Evangelienbuch, karolingisch<br />

7


• Zentralisierung und Festigung der<br />

Herrschaft<br />

• Karolingische Renaissance<br />

Karl der Große erstrebte die Vereinheitlichung von<br />

Herrschaftsordnung und Gerichtsbarkeit.<br />

Der inneren Konsolidierung des kulturell, religiös und politisch<br />

heterogenen Reichs diente der Aufbau einer einheitlichen<br />

Herrschaftsstruktur und Verwaltung (auf Grundlage der Grafschaft und<br />

durch systematische Verbreitung der Vasallenbindung und<br />

Belehnung). Königliche Gesetzgebung trat zwecks Verordnung<br />

einheitlicher Normen neben die Stammesrechte. Autonome<br />

Fürstentümer wurden ausgeschaltet. Die Reichsverwaltung durch<br />

Grafen und Bischöfe legte das Fundament der mittelalterlichen<br />

Gesellschaft: Grundherrschaft und Lehnswesen.<br />

Karl der Große legte das Fundament für die christlich-<br />

europäische Kultur.<br />

Karl der Große und der um ihn versammelte Gelehrtenkreis<br />

verwirklichten ein ehrgeiziges Bildungsprogramm, das in der<br />

Erneuerung von wissenschaftlichen und kulturellen Traditionen ein<br />

Erbe bewahrt und damit die Basis aller weiteren abendländischen<br />

Geistesgeschichte geschaffen hat. Von zentraler Bedeutung und<br />

prägend für das spätere <strong>Europa</strong> war die Rückbesinnung auf das antike<br />

Bildungserbe. Antike, Christentum und Germanentum verschmolzen<br />

zu einer für das abendländische Mittelalter spezifischen Synthese. Die<br />

Übernahme der lateinischen Sprache war Grundvoraussetzung für die<br />

Erschließung der antiken römischen Kultur in immer neuen Anläufen<br />

und für die Entstehung der lateinischen Christenheit.<br />

• Sammlung germanischer Volksrechte<br />

(Stiftsbib. St. Paul i. Lavanttal) und<br />

Kapitularien<br />

• Urkunde von Karl, z.B. Schenkung an<br />

Kloster Hersfeld, (Marburg,<br />

Staatsarchiv)<br />

• Predigtsammlung des Paulus<br />

Diaconus (zur Vereinheitlichung des<br />

Gottesdienstes), (Badische<br />

Landesbibl. Karlsruhe)<br />

• Albrecht Dürer: Karl der Große im<br />

Krönungsornat (mit Reichskrone,<br />

Zeremonienschwert, Reichsapfel),<br />

1512, (Kopie AC)<br />

• Heilige Lanze (der Legende nach 774<br />

von Papst Hadrian an Karl geschenkt,<br />

galt als Verbindungs-glied zwischen<br />

Imperium Romanum und späterem<br />

Heiligen Römischen Reich) (Kopie<br />

AC)<br />

• Kulisse/Inszenierung: <strong>Aachen</strong>er<br />

Hofbibliothek und Hofschule<br />

• Karte: Verbreitung der drei<br />

Sprachfamilien Romanisch,<br />

Germanisch, Slawisch<br />

8


Als Kaiserpfalz (seit 806 ständige Residenz) wurde <strong>Aachen</strong> zu einem<br />

politischen und kulturellen Mittelpunkt des karolingischen Reiches an<br />

der Nahtstelle zwischen romanisch geprägtem Westen und<br />

germanischem Osten. Die <strong>Aachen</strong>er Hofschule bildete die Elite des<br />

Reiches, Kleriker und Adligen aus. Karl der Große befahl, Kloster- und<br />

Domschulen zu gründen und die Buchbestände aufzubessern.<br />

Mit der Entwicklung einer gut lesbaren Schrift, der karolingischen<br />

Minuskel, wurde die Grundlage der gesamten späteren<br />

abendländischen Schriftkultur gelegt.<br />

• Handschriften Vergil, Ovid,Cicero 9.<br />

Jh.<br />

• Arzneibuch aus Kloster Lorsch (antike<br />

Rezepte + theologisches Vorwort)<br />

• Karolingische Arzneipflanzen (Seh-<br />

und Riechproben)<br />

• Großes Stadtsiegel „Karolus Magnus<br />

– Romanoru(m) Imp(erator)r<br />

Augustu(s)“, 12. Jh.<br />

• Modell und Plan: Kaiserpfalz <strong>Aachen</strong><br />

(Frankenburg)<br />

• Röm. und fränkische Altfunde (AC)<br />

• Zitat Karlsepos/Einhard: „Er (Karl) ist<br />

aber auch Herr einer Stadt, wo sich ein<br />

zweites Rom in neuer Blüte mit großer,<br />

gewaltiger Masse zum Himmel erhebt, mit<br />

hohen Kuppelbauten bis an die Sterne<br />

reicht.“<br />

• Text in karolingische Minuskel und<br />

heutiger Antiqua (vereinfachte<br />

Minuskel)<br />

• Karlslegenden: Vita Karoli Magni und<br />

Gesta Karoli Magni (StAA Hs.ö173)<br />

9


Sichtachsen:<br />

Kaiserkrönungen in AC<br />

Napoleon<br />

Abendlandbewegung nach 1945<br />

Karlspreis<br />

• Zitate/Beispiele<br />

Ausblick: Karl der Große verkörperte das Ideal eines christlichen<br />

Herrschers, verklärt in Sagen und Geschichtsschreibung , auf das sich<br />

die westfränkisch-französischen Könige ebenso beriefen wie die<br />

östfränkisch-deutsche zur besseren Legitimierung der eigenen<br />

Herrschaft.<br />

• Otto I. begründete 936 mit seiner Königskrönung in <strong>Aachen</strong><br />

eine an Karl d. Großen anknüpfende Tradition, der sich bis<br />

1531 dreißig deutsche Könige verpflichtet fühlten.<br />

• Friedrich I. Barbarossa ließ Karl den Großen 1165 heilig<br />

sprechen.<br />

• Auch in der Neuzeit wurde an Karl den Großen angeknüpft<br />

und die herausragende Herrscherpersönlichkeit zu<br />

Legitimationszwecken instrumentalisiert.<br />

• An seine bis in die Gegenwart reichende Bedeutung für die<br />

Entwicklung des Abendlandes erinnert der Karlspreis.<br />

„Das Imperium Carls hatte den großen Segen mit sich, die<br />

europäischen Völker zu einem Culturganzen zusammen-<br />

zugewöhnen...“ (Jacob Burckhardt)<br />

„Karl der Große (hat) das Fundament jener Geschichte gelegt, um<br />

die sich die moderne Historie <strong>Europa</strong>s bis heute bemüht: die<br />

Geschichte europäischer Gemeinsamkeit und nationaler Sonderung,<br />

staatlicher Ordnung und gesellschaftlicher Gliederung, christlicher<br />

Sittlichkeit und antiker Bildung, verpflichtender Überlieferung und<br />

lockender Freiheit.“ (Arno Borst)<br />

• Krönungsgeschenke<br />

• Druck der Goldenen Bulle, 1356, AC<br />

als Krönungsort (StAA)<br />

• Schrift zur Krönung Maximilians I,<br />

1521 „Römischer Kuniglicher<br />

Majestät Krönung zu Ach geschehen“<br />

(StAA Bibl. DA 25)<br />

• Krönungssiegel, (StAA)<br />

• Armreliquiar, von Barbarorssa in<br />

Auftrag gegeben (erste bildhaftes<br />

Zeugnis der liturgischen Verehrung<br />

Karls) (Louvre)<br />

• Wandzitate oder<br />

• Laufendes Videoband<br />

10


„Die politische und kulturelle Grundlegung <strong>Europa</strong>s um 800 hat<br />

Karl der Große zu einer Schlüsselfigur unserer Geschichte<br />

gemacht.“ (Max Kerner)<br />

„...als Auftakt einer durch die Jahrhunderte fortwirkenden<br />

Tradition pflegen wir die Kaiserkrönung Karls des Großen zu<br />

sehen....“ (Rudolf Schieffer)<br />

„Erste( r ) Kaiser, der <strong>Europa</strong> zu vereinen wusste“ (Wolfgang<br />

Braunsfels)<br />

„Vater des lateinisch-abendländischen <strong>Europa</strong> ... Baumeister<br />

<strong>Europa</strong>s“ (Franz-Reiner Erkens)<br />

„Wir alle verdanken der karolingischen Renaissance einen<br />

wesentlichen Bestandteil unserer Kultur...“ (Francois L. Ganshof)<br />

„Wissenschaft und Schule, der erneuerte Lateinunterricht legten die<br />

Grundlagen für den intellektuellen Aufstieg des Abendlandes.“<br />

(Johannes Fried)<br />

„Karl der Große beabsichtigte, das „Alte Rom“ nach <strong>Aachen</strong> zu<br />

verlegen.“ (Walter Ullmann)<br />

11


• „Eurocard“-Spiel / Beispiel I<br />

Erwachsene<br />

Kinder<br />

II.2. 1122 Wormser Konkordat<br />

1. Kennen Sie die <strong>Aachen</strong>er Therme? (Interesse/Engagement)<br />

2. Warum war <strong>Aachen</strong> für Karl den Großen eine attraktive<br />

Residenz? A) Landschaft B) Quellen C) Grundbesitz (Wissen)<br />

3. Waren Sie schon einmal auf einer Wallfahrt? (Tradition)<br />

1. Warst Du schon mal im <strong>Aachen</strong>er Dom? (Interesse)<br />

2. Warum hat Karl den Beinamen der Große? A) Wegen seiner<br />

Bedeutung B) Weil er ein Riese war (Wissen)<br />

3. Hast Du schon einmal eine Rittergeschichte gelesen?<br />

(Traditionsbewusstsein)<br />

Die beiden Zentralgewalten Kaisertum und Papsttum prägten<br />

<strong>Europa</strong> im Mittelalter.<br />

Für die Beziehungen zwischen Kirche und Reich war die<br />

Zweigewaltenlehre richtungsweisend, die dem Papst die höchste<br />

geistliche und dem Kaiser die höchste weltliche Gewalt zuteilte.<br />

Das gleichberechtigte Nebeneinander der geistlichen und<br />

weltlichen Gewalten zerbrach im Zuge der Kirchenreform des 11.<br />

Jhdts. und des Investiturstreits (Kompromisslösung durch das<br />

• Terminal<br />

• Miniatur: Kaiser und Papst<br />

• Dictatus papae von Gregor VII. (27<br />

Leitsätze des Papsttums)<br />

• Sternenmantel Kaiser Heinrichs II.<br />

12


• Papsttum und Kirche<br />

Wormser Konkordat 1122) und wurde vom universalen<br />

Herrschaftsanspruch des Papsttums abgelöst. Den hegemonialen<br />

Machtanspruch des Kaisertums begrenzten sowohl die<br />

erstarkenden nationalen europäischen Königreiche als auch die<br />

entstehenden Territorialstaaten der deutschen Fürsten, Kräfte,<br />

durch die das künftige <strong>Europa</strong> seine staatlichen Konturen erhielt.<br />

Das Christentum entwickelt eine einheitliche<br />

Organisationsstruktur für <strong>Europa</strong>.<br />

Der Papst war das unbestrittene Oberhaupt der römisch-katholischen<br />

Kirche. Zentrum der Christenheit, die als allesumfassende Weltkirche<br />

verstanden wurde, waren die Städte Rom und Byzanz. Mit dem<br />

Schisma von 1054 trennten sie sich in die katholische West- und die<br />

orthodoxe Ostkirche mit Nachwirkungen bis auf den heutigen Tag.<br />

Die lateinische Kirche entwickelte einen hohen Organisationsgrad.<br />

Kirchliches Recht galt einheitlich in ganz <strong>Europa</strong>. Durch die<br />

Christianisierung von Skandinaviern, Ungarn und Slawen vergrößerte<br />

sich der Einflussbereich auch des Papstes.<br />

• Politische Karte <strong>Europa</strong>s im Hoch-<br />

und Spätmittelalter<br />

• Kreuz (Irland)<br />

• Tiara<br />

• Papstsiegel<br />

• Stadtansichten von Rom und Byzanz<br />

• Karte lateinische und griechische<br />

Kirche<br />

• Foto: Hagia Sophia<br />

• Heinrich IV. in Canossa, Buch-<br />

malerei aus der vita Mathildis, 1114<br />

• Miniatur: Wormser Konkordat<br />

• Papstbulle<br />

• Miniatur aus dem Evangeliar Ottos<br />

III.: die huldigenden Provinzen Roma,<br />

Gallia, Germania, Slavinia<br />

• Miniatur Knut der Große, dänischer<br />

und englischer König mit Kreuz<br />

13


Eine religiöse Erneuerungs- und Reformbewegung der Kirche ging von<br />

Cluny aus. Neue Ordensgemeinschaften, die verschiedene Aufgaben<br />

wahrnahmen, entstanden: Krankenpflege, Mission, Seelsorge,<br />

Armenfürsorge, Landwirtschaft, Kreuzzug, Bettelorden, Wissenschaft,<br />

Kirchenreform. Die Orden waren universal organisiert, Teilnehmer aus<br />

ganz <strong>Europa</strong> trafen sich bei Versammlungen des Generalkapitels.<br />

Die Pilgerreise gewann im mittelalterlichen <strong>Europa</strong> zentrale religiöse<br />

Bedeutung. Hauptziele der Pilger waren Jerusalem, Rom und<br />

Santiago de Compostela, zu denen verschiedene Pilgerrouten<br />

entstanden. <strong>Aachen</strong> wurde im Spätmittelalter zum bedeutendsten<br />

Pilgerziel nördlich der Alpen.<br />

Die Kreuzzüge waren von der Kirche geförderte Kriegszüge zur<br />

Rückeroberung des Heiligen Landes und zur Ausbreitung bzw.<br />

Wiederherstellung des christlichen Glaubens verbunden mit<br />

verschiedenen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen.<br />

Papst Urban II. rief 1095 die Christenheit zum 1. Kreuzzug auf. Das<br />

Kreuzfahrerheer setzte sich aus vielen europäischen Nationalitäten<br />

unter dem Zeichen des Kreuzes zusammen. Neue geistliche<br />

Ritterorden wurden zum Leitbild ihrer Zeit: Johanniter, Lazariter,<br />

Templer, Malteser, Deutscher Orden.<br />

• Sankt Galler Klosterplan<br />

• Miniatur: mönchisches Leben<br />

• Mönchshabit<br />

• Bild Cluny<br />

• Verbrüderungsbuch des Klosters<br />

Reichenau<br />

• Karte Pilgerrouten<br />

• Pilgerführer: Liber Sancti Jacobi,<br />

1139<br />

• Bild: Pilgertracht und Jakobsmuschel<br />

• Die sieben <strong>Aachen</strong>er Heiligtümer<br />

• <strong>Aachen</strong>er Pilgerzeichen<br />

• Ölgemälde <strong>Aachen</strong>er Heiligtumsfahrt<br />

1622<br />

• Oxforder Weltkarte mit Jerusalem im<br />

Zentrum, 1110<br />

• Papst Urban ruft auf der Synode von<br />

Clermont zum Kreuzzug auf, Miniatur,<br />

1490<br />

• Die Kreuzfahrer im Kampf mit den<br />

Mauren, Miniatur, 1. Hälfte 14. Jhdt.,<br />

Brüssel<br />

• Eroberung von Jerusalem 1099,<br />

14


• Feudalismus/Lehenswesen<br />

• Stadt und städtische Kultur<br />

Mit den Kreuzzügen begann in West- und Mitteleuropa die Verfolgung<br />

der Juden, die schließlich die Auswanderung der mittelalterlichen<br />

Juden in die osteuropäischen Länder zur Folge hatte.<br />

Das Lehnswesen war die Grundlage der europäischen Rechts-<br />

und Gesellschaftsordnung im Mittelalter.<br />

Es beruhte auf dem gegenseitigen Treueverhältnis von Herr und<br />

Vasallen und der Bereitstellung von Grundbesitz als Leihgabe für den<br />

Vasallen. Aus der Anwesenheit der Vasallen am Hofe entwickelten<br />

sich Land- und Reichstage. Die Gesellschaft differenzierte sich<br />

zunehmend.<br />

Mit dem Rittertum entstand in <strong>Europa</strong> ein berittenes Berufskriegerheer.<br />

Ritterliche und höfische Kultur und Lebensformen prägten ausgehend<br />

von Frankreich <strong>Europa</strong>. Die ritterliche Ethik bestand in der Treue<br />

gegenüber dem Lehnsherren und dem Schutz der Witwen, Waisen<br />

und Schwachen.<br />

Städtische Kultur prägt das Leben in <strong>Europa</strong> seit dem Mittelalter<br />

bis heute.<br />

Ein Charakteristikum <strong>Europa</strong>s im Mittelalter war die Entwicklung eines<br />

Miniatur, Paris<br />

• Ordentracht mit rotem Kreuz auf der<br />

Schulter<br />

• Foto Marienburg<br />

• Lehnspyramide<br />

• Lehnseid: Text und Bild<br />

• Bild Landtage<br />

• Bild Ständeordnung von J. Worcester<br />

• Magna Charta<br />

• Modell und Bild einer Burg<br />

• Ritterrüstung<br />

• Schwert, Lanze, Schild, Wappen<br />

• Miniatur Minne, Hörstation Minnesang<br />

• Lancelot oder Rolands-Lied<br />

• Ritterspiegel von Rothe, 14. Jhdt.<br />

• Ritterturnier, Miniatur aus dem Libro<br />

de Caballeros<br />

• Karte: mittelalterliche Städte in<br />

<strong>Europa</strong><br />

• Modell der <strong>Aachen</strong>er<br />

15


ausgeprägten Städtewesens mit eigenen politischen Strukturen. Frühe<br />

Städtelandschaften entstanden seit dem ausgehenden 11. Jhdt. mit<br />

und ohne Anknüpfung an antike Vorgänger in Norditalien und Flandern<br />

sowie im Rhein-Maas-Raum, seit dem 13. Jhdt. auch in den<br />

ostmitteleuropäischen Kolonisationsgebieten. Die besondere Leistung<br />

der mittelalterlichen Städte bestand in der Konzentration von Handel<br />

und Gewerbe, dem Aufbau von Märkten, einer eigenen Gerichtsbarkeit<br />

und einer wirtschaftlichen Beherrschung des Umlandes. Zu den<br />

spezifischen Rechten zählten neben dem Marktrecht das Recht auf<br />

Selbstverwaltung (Ratsverfassung), die niedere Gerichtsbarkeit, das<br />

Zunftwesen und das Recht auf Selbstverteidigung. <strong>Aachen</strong> wurde die<br />

bedeutendste deutsche Tuchstadt im Mittelalter. Die mittelalterliche<br />

Stadt entwickelte eine blühende Laienkultur mit kirchlichen und<br />

profanen Bauten.<br />

Juden sind in der europäischen Geschichte bereits seit der Spatantike<br />

als prägende Kraft gegenwärtig. Die jüdischen Händler sind Teil der<br />

europäischen Stadtkultur. Worms war eines der Zentren der<br />

europäischen Juden im Mittelalter. Phasen von Toleranz und<br />

Verfolgung wechselten sich ab. Eine bekannte Figur ist der jüdische<br />

Minnesänger Süßkind von Trimberg, dessen Lieder in der<br />

Manessischen Handschrift aufbewahrt wurden.<br />

Städtebünde wie die Hanse, die oberdeutschen<br />

Handelsgesellschaften, die die Handelsinteressen der in ihr<br />

organisierten Städte vertraten, sowie Messeorte für verschiedene<br />

Stadtbefestigung<br />

• Barbarossas Marktprivileg für <strong>Aachen</strong><br />

• AV-Station: Mittelalterliches<br />

Handwerk<br />

• Video-Projektion des Bildes „Die gute<br />

Regierung“ von Ambrogio Lorenzetti<br />

• Rolle der <strong>Aachen</strong>er Wollenambacht<br />

• Rechnungsbuch eines Kaufmanns<br />

• Stadtansicht <strong>Aachen</strong>s im Mittelalter<br />

• Thorarolle<br />

• Siebenarmiger Leuchter<br />

• Objekt: jüdisches Ghetto Venedig<br />

• Objekt: Wormser Judengemeinde<br />

• Judenhut zusammen mit<br />

• Miniatur von Süßkind von Trimberg,<br />

Manessische Handschrift (14. Jh.)<br />

• Karte der Hanse-Städte<br />

• Bild: Handelskontor in Brügge<br />

16


Handelsprodukte (die bedeutendsten waren die Champagne-Messen)<br />

entstanden und belebten den Binnen- und Fernhandel.<br />

Ab dem 11. Jahrhundert wurden Universitäten in <strong>Europa</strong> gegründet,<br />

die erste 1088 in Bologna, es folgten Paris und Oxford. Das<br />

Wissensmonopol der Domschulen und Klöster wurde aufgebrochen.<br />

Die Universität bildete eine neue Art von Korporationswesen.<br />

Studenten aus ganz <strong>Europa</strong> studierten dort, sie schlossen sich gemäß<br />

ihrer Nationalitäten zusammen. Studenten und Professoren reisten<br />

quer durch <strong>Europa</strong>, wodurch ein Austausch des Wissens zustande<br />

kam. Die Abschlüsse baccalaureus, licentiatus, magister und doctor<br />

waren in ganz <strong>Europa</strong> einheitlich.<br />

Romanik und Gotik schufen in <strong>Europa</strong> eine einheitliche künstlerische<br />

Formensprache. Am Bau der großen europäischen Kathedralen<br />

beteiligte Handwerker verschiedener Disziplinen schlossen sich in<br />

Bauhütten zusammen. Die Hüttenmitglieder wanderten mit ihrem<br />

Spezialwissen durch ganz <strong>Europa</strong> und wurden so zu wichtigen<br />

Kulturvermittlern.<br />

• Verschiedene Münzen: Florin,<br />

Dukaten, Gulden<br />

• Miniatur: Champagne-Messe<br />

• Stich: Universität Oxford<br />

• Siegel der Universität Bologna<br />

• mittelalterliches Privileg für die<br />

Universität Paris<br />

• Liber ethicorum des Henricus de<br />

Allemania<br />

• Abzeichen einer Nation<br />

• Die sieben freien Künste, Miniatur<br />

aus dem Paradiesgarten der Herrad<br />

von Landsberg<br />

• Der Mönch Amalrich von Bena hält<br />

eine Vorlesung an der Universität<br />

Paris, Miniatur aus den Chroniques<br />

de France<br />

• Beispiele für Romanik und Gotik aus<br />

dem Bereich der Architektur, Skulptur<br />

und Malerei: der Dom zu Speyer,<br />

Notre Dame in Reims, Antelamis<br />

Reliefs am Dom von Modena, der<br />

Moses-Brunnen von Sluter, die<br />

Fresken Cimabues in San Francesco<br />

in Assisi, das Stundenbuch des Duc<br />

17


• Zitate/Beispiele<br />

„Während des ganzen Mittelalters hat der mächtige Einfluss des<br />

Christentums, das ständig große, vom Boden abgelöste Strömungen<br />

christlicher Zivilisation über die ungefestigten Grenzen<br />

kaleidoskopischer Königreiche trug, daran mitgewirkt, den<br />

Menschen im Abendland ungeachtet aller Trennungslinien ein<br />

gemeinsames Bewusstsein zu verleihen, ein Bewusstsein, das,<br />

nach und nach säkularisiert, ein europäisches Bewusststein<br />

geworden ist.“ (Lucien Febre)<br />

„Das Mittelalter ist die Zeit der größten Leidenschaften. Weder<br />

das Altertum noch unsere Zeit hat diese Ausweitung der Seele.“<br />

(Friedrich Nietzsche)<br />

„Die europäische Welt als solche ist eine Schöpfung des<br />

Mittelalters, an der fast gleichzeitig die zumindest relative Einheit der<br />

Mittelmeerkultur zerbrach und die alles verschmelzen ließ, die einst<br />

romanisierten Völker im bunten Gemisch mit denen, die Rom nie<br />

erobert hatte. So wurde <strong>Europa</strong> im menschlichen Sinn des Wortes<br />

geboren...Und die so definierte europäische Welt wurde seither<br />

ununterbrochen von gemeinsamen Strömungen durchzogen.“ (Marc<br />

Bloch)<br />

„Das Mittelalter hat die realen und problematischen Merkmale<br />

<strong>Europa</strong>s sichtbar gemacht und vielfach begründet: Die<br />

de Berry<br />

• Bauhüttenbuch<br />

18


Verknüpfung der potentiellen Einheit mit einer fundamentalen<br />

Vielfalt....das einigende Primat der Kultur.“ (Jacques Le Goff)<br />

19


II.3. 1492 Zeitalter der Entdeckungen<br />

• Entdeckung und Eroberung der<br />

Neuen Welt<br />

Das Zeitalter der Entdeckungen stärkte das europäische<br />

Selbstbewusstsein und rückte das Individuum in den Mittelpunkt.<br />

Mit der Entdeckung der neuen Welt eroberte <strong>Europa</strong> den Raum<br />

für seine imperiale wirtschaftliche und politische Machtentfaltung<br />

und entwickelte mit Renaissance, Humanismus und Reformation<br />

ein geistiges Klima, das in seiner Diesseitsorientiertheit und mit<br />

der Idee individueller Glaubens- und Urteilsfreiheit die<br />

Grundfesten des mittelalterlichen Weltbildes erschütterte. In der<br />

Konfrontation mit der „neuen“ Welt begriff <strong>Europa</strong> sich als<br />

überlegener politischer und kultureller Machtfaktor im<br />

Weltgeschehen. Das „Fremde“ – aus dem Blickwinkel<br />

europäischer Überlegenheit betrachtet - wurde im Zuge der<br />

Kolonialisierung erobert und zerstört.<br />

Die Entdeckung der Neuen Welt stärkte die ökonomische und<br />

politische Überlegenheit <strong>Europa</strong>s.<br />

Die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492 und des<br />

Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama 1498 veränderte das<br />

Weltbild der Europäer. Die Begegnung mit fremden Kulturen wirkte<br />

sich in verschiedensten Beziehungen aus: Eroberung und<br />

Unterdrückung, Handel und Diplomatie, materielle und geistige<br />

Bereichung, Verfeinerung der Lebensweisen. <strong>Europäisches</strong><br />

Überlegenheitsdenken verschmolz mit christlichem<br />

Sendungsbewusstsein. Zur europäischen Kolonialisierung Amerikas<br />

wurden Millionen von Afrikanern versklavt. Der Welthandel beförderte<br />

• Erdglobus Gerhard Mercator, 1541<br />

• Mikroskop (1601 Niederlande), Zirkel,<br />

Teleskop, Pantograph<br />

• Setzkasten mit Kupferbuchstaben<br />

• Kompaß<br />

• Inszenierung: Karavelle mit Schiffs-<br />

tagebuch Kolumbus 9.9.1492: „Nach<br />

diesen Beobachtungen muß also im<br />

Westen Land sein.“<br />

• Weltkarte Benediktinerinnenkloster<br />

Ebstorf, 1230: Scheibe, drei Erdteile:<br />

Asien, <strong>Europa</strong>, Afrika<br />

• Globus, Erdkugel von Martin Behaim,<br />

1491/92 (Germ. Nationalmuseum<br />

Nürnberg)<br />

• „Ich bin überzeugt, Erlauchteste Fürsten,<br />

20


die europäische Wirtschaftsentwicklung.<br />

dass alle diese Leute gute Christen<br />

würden, sobald fromme und gläubige<br />

Männer ihre Sprache beherrschen<br />

werden. Deshalb hoffe ich zu Gott, dass<br />

Eure Hoheiten sich baldigst dazu<br />

verstehen werden, derartige Männer<br />

hierherzusenden, um so große Völker zu<br />

bekehren und dem Schoß der Kirche<br />

einver-leiben zu können, nicht anders wie<br />

jene Völker vernichtet worden sind, die<br />

sich nicht zur Dreieinigkeit von Vater,<br />

Sohn und Heiligem Geist bekennen<br />

wollten.“ (Kolumbus, Bordbuch 1492)<br />

• Tapisserie: Neu entdeckte Länder<br />

• Amerigo Vespucci: Mundus Novus<br />

(1502)<br />

• Waren aus Orient und Amerika:<br />

Edelstein, Perle, Pfeffer, Gewürz,<br />

Teppich, Kartoffel, Kakao, Kaffee,<br />

Tabak<br />

• Abbildung, Objekt zur europäischen<br />

„Schokoladentrinkstube“<br />

• Objekt zur Einführung der Kartoffel<br />

• Zeichnung 16. Jh. „Jakob Fugger in<br />

seinem Kantor mit Hauptbuchhalter<br />

Schwarz (nennt seine europäische<br />

Handelsniederlassungen)<br />

21


• Humanismus und Renaissance<br />

Der Mensch rückte in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen<br />

Beschäftigung mit der Welt.<br />

Humanismus und Renaissance leiteten einen geistesgeschichtlichen<br />

Umbruch ein: Das Individuum löste sich aus der traditionellen<br />

Dogmatik hierarchisch-christlichen Denkens. Von der italienischen<br />

Renaissance ausgehend entstand im Rahmen der Wiederent-deckung<br />

der griechischen Antike ein neues, diesseitsorientiertes Menschen-<br />

und Weltbild. Die geistige Elite in <strong>Europa</strong> las die gleichen Bücher und<br />

benutzte die gleichen Quellen. Neben das Studium antiker Texte trat<br />

die naturwissenschaftliche Beobachtung mit Hilfe revolutionärer<br />

Erfindungen wie Mikroskop und Teleskop. Der naturwissenschaftliche<br />

Blick auf den Menschen zu Beginn der Neuzeit spiegelt sich<br />

paradigmatisch in den anatomischen Studien des Flamen Andreas<br />

Vesalius.<br />

• Kreditbrief<br />

• Inkunable eines Werks Artistoteles<br />

• Quellen zu Dante, Petrarca,<br />

Boccaccio<br />

• Modell/Zeichnung der Flugmaschine<br />

von Leonardo Da Vinci (um 1486)<br />

• Modell einer Villa, Andrea Palladio<br />

• Zeichnung/Replik Michelangelos<br />

„David“<br />

• Andreas Vesalius „Anatomie“, (1543)<br />

• Albrecht Dürer „Lehre von der<br />

menschlichen Proportionen“, (1528)<br />

• Adam Riese „Rechenbuch“, (1550)<br />

• Modell des menschlichen Auges<br />

• Comenius „Vorrede an die Europäer“<br />

• Erasmus von Rotterdam, Der<br />

Humanist bei der Arbeit am<br />

Schreibpult, (Albrecht Dürer)<br />

• AV-Station mit Wahlmodus:<br />

Europäische Wissenschaftler<br />

Kopernikus (1473-1543), Galilei<br />

(1564-1642), Harvey (1578-1657),<br />

22


• Erfindung des Buchdrucks<br />

• 1517 Thesenanschlag Luthers/<br />

Reformation<br />

Das Buch wurde Leitmedium <strong>Europa</strong>s.<br />

Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern macht die<br />

Schrift erstmalig einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich. Das<br />

Buch wurde für Jahrhunderte zum Medium der Verständigung und des<br />

kulturellen Gedächtnisses. Mit Hilfe der neuen Reproduktionsverfahren<br />

fanden die Gläubigen im Buch eine Autorität, auf die sie sich<br />

gegenüber der bis dahin unwidersprochenen Geltungsmacht des<br />

kirchlichen Dogmas berufen konnten.<br />

<strong>Europa</strong> wurde konfessionell gespalten.<br />

Die Reformation führte zur religiösen Spaltung <strong>Europa</strong>s. Luthers im<br />

Kampf gegen das Primat der römischen Kurie entwickelter Begriff des<br />

„freien Christenmenschen“ ist Ausdruck eines neuen Verständnisses<br />

von Individualität, das für die weitere Entwicklung des Abendlandes<br />

grundlegend wurde. Der Reformator rief die Heilige Schrift zum<br />

Descartes (1596-1650), Newton,<br />

Leibnitz (1646-1716) u.a.m., darüber<br />

Wandzitate: z.B. „Mathematik ist das<br />

Alphabet, mit dessen Hilfe Gott das<br />

Universum beschrieben hat“ (Galilei),<br />

„cogito ergo sum“ (Descartes)<br />

• Druckpresse<br />

• Gutenbergbibel (Wolfenbüttel)<br />

• Luther „Von der Freiheit des<br />

Christenmenschen“(1520)<br />

• Ablassbrief<br />

• Holzschnitte: Spottblätter auf<br />

Papsttum und Klerus, nach Lucas<br />

Cranach, (1545)<br />

23


• Kaiser Karls V. Anspruch auf<br />

Universalherrschaft<br />

• „Eurocard“ - Fragespiel / Beispiel II<br />

Erwachsene<br />

Kinder<br />

Schiedsrichter für dogmatische Fragen an und berief sich in Fragen<br />

des persönlichen Glaubens auf die individuelle Freiheit und<br />

selbständige Urteilskraft des Einzelnen. Die Radikalität seiner<br />

Prämissen leitete eine grundlegende Neuordnung des geistigen<br />

Lebens im Sinne einer umfassenden Befreiung der menschlichen<br />

Denk- und Kritikfähigkeit aus dem Monopol der Theologie ein.<br />

Der Versuch, <strong>Europa</strong> erneut im katholischen Glauben zu einigen,<br />

scheiterte.<br />

Karl V. hielt am universalen Herrschaftsanspruch fest und wollte das<br />

Heilige Römische Reich wiedererstehen lassen. Er gründete seinen<br />

Herrschaftsanspruch auf die Universalität der Religion. <strong>Europa</strong> aber<br />

befand sich in einem Prozess innerer Differenzierung und war nicht<br />

mehr von päpstlicher oder kaiserlicher Zentralgewalt zu formen.<br />

1. Haben Sie unsere europäischen Nachbarn schon besucht?<br />

(Engagement/Interesse)<br />

2. War KolumbusItaliener, Spanier oder Portugiese?<br />

3.Spielt das Buch für Sie noch eine Rolle? (Tradition)<br />

1.Lernst Du eine Fremdsprache? (Interesse/Engagement)<br />

2. Wer hat die Kartoffel als Grundlage für Pommes Frites und Chips<br />

weltweit populär gemacht? (Traditionsbewusstsein)<br />

3 .Wer entdeckte Amerika? (Wissen)<br />

• Lutherbibel<br />

• Luther Zitat: „Denn das kann niemant<br />

leucken, das eyn iglicher Christen gottis<br />

wort hatt/ und von gott gelert/ und<br />

gesalbet ist tzum priester.“<br />

• Karte: Verbreitung der Reformation<br />

• Rittermantel Karl V.<br />

• Gebetbuch Karls V., mit Darstellung<br />

Karls des Großen (Öst. Nationalbibl.)<br />

• Herrscherporträt Karl V, Lucas<br />

Cranach, Holzschnitt 1548<br />

• Terminal<br />

24


II.4. 1648 Der Westfälische Friede<br />

• Staat und Religion<br />

Die Glaubenskriege führten zu einem Aufschwung der<br />

europäischen Nationalstaatsentwicklung.<br />

Die mit der Reformation seit 1517 eingetretene Spaltung der<br />

Kirche führte im 16. und 17. Jahrhundert zu zahlreichen<br />

Religionskriegen in <strong>Europa</strong> (u.a. Hugenottenkriege in Frankreich,<br />

Revolution in England). Diese weiteten sich im Dreißigjährigen<br />

Krieg (1618-1648) zum ersten Krieg von gesamteuropäischen<br />

Dimensionen aus. Das Verhältnis von Staat und Kirche in <strong>Europa</strong><br />

ordnete sich in einer bis heute relevanten Weise neu.<br />

Die Religion verlor ihren bestimmenden Einfluss auf die Politik.<br />

Der in Münster und Osnabrück geschlossene Westfälische Frieden<br />

von 1648 beendete den Dreißigjährigen Krieg mit einer europäischen<br />

Friedenslösung, die sowohl die Stellung des Kaisers wie auch des<br />

Papstes schwächte. Der Calvinismus wurde neben dem<br />

Protestantismus und dem Katholizismus als Konfession im Reich<br />

anerkannt. Damit wurde eine erste Grundlage für konfessionelle<br />

Toleranz in <strong>Europa</strong> geschaffen. Die Konfessions-grenzen in <strong>Europa</strong><br />

verfestigten sich auf dem Stand von 1624. Bei einem<br />

Konfessionswechsel waren die Untertanen nicht länger zu einem<br />

Religionswechsel verpflichtet. Politik und Religion wurden durch<br />

Rechtsregelungen stärker voneinander getrennt.<br />

• Projektion: europäische Herrscher,<br />

Bilder vom Krieg, Hexen-<br />

verbrennung, Friedensfeste<br />

• Bild „Der Westfälische Frieden“,<br />

Gerhard Terborch 1648<br />

• Titelblatt, Allgemeines Völkerrecht<br />

1666, Wien<br />

• Bild „Die Bartholomäusnacht“,<br />

Fran ois Clouet<br />

• Kupferstich „Der Schrecken des<br />

Kriegs“ von Jacques Callot, Paris<br />

• Stapel von Flugblättern<br />

• Skulptur vom Rumpf des<br />

schwedischen Kriegsschiffs Vasa<br />

• Hörstation Kriegsmusik, Musik von<br />

Friedensfesten und geistliche Musik<br />

• „Man wird, so hoffe ich, nunmehr deutlich<br />

sehen, welches der Zweck dieses neuen<br />

Staatensystems war, nämlich ganz<br />

<strong>Europa</strong> unter eine gewisse Anzahl von<br />

Mächten zu teilen, welche einander weder<br />

25


• Staatenordnung<br />

Eine neue Staatenordnung entstand in <strong>Europa</strong>.<br />

Der Westfälische Frieden begründete eine neue europäische Ordnung<br />

prinzipiell gleichberechtigter Staaten auf der Basis des sich<br />

entwickelnden konfessionell neutralen Völkerrechts. Staatliche<br />

Souveränität und zwischenstaatliche Kooperation traten an die Stelle<br />

religiös begründeter Politik. Im Reich verlagerte sich der politische<br />

Schwerpunkt vom Kaiser auf die Territorien.<br />

wegen ihrer Ungleichheit beneiden, noch<br />

in Absicht auf das zwischen ihnen nötige<br />

Gleichgewicht fürchten müssten. Ihre Zahl<br />

war auf 15 gesetzt.“, Maximilien Duc de<br />

Sully, Mémoires des sages et royales<br />

oeconomies d’estat, 1638<br />

• Kassette zur Aufbewahrung des<br />

Friedensvertrags, Den Haag<br />

• Friedenstaler von Engelbert Ketteler<br />

• Dokument Augsburger<br />

Religionsfrieden<br />

• Foto der Schweidnitzer<br />

Friedenskirche<br />

• <strong>Europa</strong>kanne und <strong>Europa</strong>schale von<br />

Johannes Lencker<br />

• Grotius, „Drei Bücher vom Recht des<br />

Krieges und des Friedens“, 1625<br />

• Bild „Die Allianz von Gerechtigkeit<br />

und Frieden“, Theodor van Thulden<br />

1649<br />

• <strong>Europa</strong>karte von Johan Blaeu, 1662<br />

• Thomas Hobbes, Leviathan<br />

• Bild Kaiser und Reichsstände<br />

26


• Zitate/Beispiele:<br />

«1648 wurden aber noch in anderer Hinsicht Weichen für die politische<br />

Kultur <strong>Europa</strong>s gestellt. Indem damals Politik und Religion durch<br />

Rechtsregelungen getrennt wurden, war eine Entscheidung von<br />

universalgeschichtlicher Tragweite gefallen.“ (Heinz Schilling)<br />

„Die Souveränität als umfassende und vollständige äußere und<br />

innere Unabhängigkeit und Selbstbestimmung gegenüber jeder<br />

anderen Macht wurde zum tragenden Prinzip der europäischen<br />

Ordnung.“ (Heinhard Steiger)<br />

27


II.5. 1683 Niederlage der Osmanen vor<br />

Wien<br />

• Intellektueller und wirtschaftlicher<br />

Austausch mit der arabischen Welt<br />

Abwehr und Austausch bestimmten das Verhältnis des<br />

christlichen Abendlandes zur islamischen Welt.<br />

Die islamisch geprägte Welt beeinflusste die abendländische Welt<br />

maßgeblich auf zweierlei Weise: sowohl als politischer und<br />

religiöser Hauptantagonist als auch als Handelpartner und<br />

geistige Inspirationsquelle. Furcht und Bewunderung prägten das<br />

Bild vom Islam. Die Niederlage der türkischen Osmanen 1683 vor<br />

Wien leitete die Wende im Machtverhältnis zwischen Kaiser und<br />

Sultan und den allmählichen Niedergang des Osmanenreichs ein.<br />

Das Abendland bewunderte die Überlegenheit der Araber in<br />

Wissenschaft und Technik.<br />

Über Jahrhunderte stand das christliche <strong>Europa</strong> in regem Austausch<br />

mit der technisch und wissenschaftlich überlegenen arabischen Welt.<br />

Nach dem Einbruch der Araber 711 war ein Großteil der Iberischen<br />

Halbinsel für Jahrhunderte ein islamisch beherrschter Teil <strong>Europa</strong>s.<br />

Händler, Pilger, Kreuzfahrer, Gesandtschaften vermittelten zahlreiche<br />

Erfindungen und Entdeckungen aus dem islamischen Kulturkreis nach<br />

<strong>Europa</strong>. Kenntnisse der griechischen Antike brachten Künstler und<br />

Gelehrte, die nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken<br />

geflohen waren, in den Westen.<br />

• Inszenierung: Kulturtechniken und<br />

Waren aus dem islamischen Raum<br />

z.B. Zahlensystem, Trompete,<br />

Schachspiel, in Padua hergestellt<br />

Nachahmungen der türkischen Iznik-<br />

Keramik, türkisches Marmorpapier,<br />

Seidenstoffe, osmanische Tulpe<br />

• Schild: Venezianisches<br />

Handelskontor in Byzanz/Istanbul<br />

• Bild: Venezianische Kaufleute beim<br />

Sultan<br />

28


• Abwehrkampf gegen das<br />

Osmanische Reichs<br />

Im christlichen <strong>Europa</strong> herrschte Angst vor Islamisierung<br />

angesichts der Expansion des Osmanischen Reichs.<br />

Die abendländische Welt sah sich seit Mitte des 14. Jh. von dem<br />

machtvoll aufstrebenden Osmanischen Reich bedroht. Ein Fanal war<br />

die Eroberung von Konstantinopel 1453. Der imperiale, durch den<br />

Balkan auf Mitteleuropa zielende Feldzug der Türken bedrohte das<br />

christliche Abendland in seiner physischen und geistigen Existenz.<br />

Das Bild des schreckenerregenden Türken mit Krummschwert<br />

beherrschte die Phantasie der Europäer. Mit der Niederlage der<br />

osmanischen Truppen vor Wien 1683 wurde die „türkische Gefahr“<br />

abgewehrt. Diese Befreiungsschlacht 1683 ebnete der „Türkenmode“<br />

des 18. Jahrhunderts den Weg: die osmanische Gefahr war gebannt,<br />

exotische Motive des Orients spiegeln tabuisierte Wünsche des<br />

Europäers.<br />

• Trophäen aus den Türkenkriegen:<br />

Waffen (Rundschild, Dolch,<br />

Feldflasche, Säbel) (Landesmuseum<br />

Karlsruhe)<br />

• Karte: Ausbreitung des Osmanischen<br />

Reichs bis 1683<br />

• „Erster Türkenkalender“, 1454,<br />

Gutenberg, (Warnung vor der<br />

Türkengefahr) (Exotik 123)<br />

• Zitat des späteren Papst Pius II.<br />

(1458-64): „Wir können nicht glauben,<br />

das Ihr so wenig von den Dingen wisst,<br />

die uns betreffen, dass ihr nicht seht, wie<br />

groß die Macht des Christenvolkes ist, wie<br />

tapfer Spanien, wie kriegerisch<br />

Frankreich, wie volkreich Deutschland,<br />

wie stark England, wie kühn Polen, wie<br />

tatkräftig Italien ist.“ (zit. Mythos<br />

<strong>Europa</strong>: 35)<br />

• <strong>Europa</strong> in Gestalt der Jungfrau, 1583<br />

• Türkenlied oder klerikale Hetzschrift<br />

gegen die Türken (Ausdruck von<br />

Furcht und Haß)<br />

• Holzschnitt „Wie Christen von Türken<br />

verkaufft werden“, 1596<br />

• Schlachtenbild „Türken vor Wien“<br />

29


II.6. 1776 Adam Smith „An Inquiry into the<br />

Nature and Causes of the Wealth of<br />

Nations“<br />

• Kapitalismus<br />

Kapitalismus und Liberalismus sind europäische Erfindungen.<br />

Die von Großbritannien ausgehende Industrialisierung erfasste<br />

phasenverzögert die europäischen Kontinentalstaaten. <strong>Europa</strong><br />

wurde im 19. Jahrhundert zum führenden Wirtschaftsraum. Das<br />

auf Privateigentum, Profitmaximierung und Arbeitsteilung<br />

basierenden System der kapitalistischen Marktwirtschaft setzte<br />

sich durch. An die Stelle der relativ statischen Adels- und<br />

Agrargesellschaft trat die moderne bürgerliche Gesellschaft.<br />

Kapitalismus und Liberalismus wurden Grundlage der<br />

europäischen Wirtschaft.<br />

Theoretisch begründet wurde der Kapitalismus von Adam Smith, der<br />

aus den Grundfaktoren Arbeit, persönliches Gewinnstreben und<br />

• Zierfigur „Türkischer Gefangener in<br />

Ketten“, um 1700 (Allegorie des<br />

Triumphes über den Islam)<br />

• Porzellanplastik „Der türkische<br />

Kaiser“ (dokumentiert den Wandel im<br />

Bild eines einst gefürchteten<br />

Gegners) (Exotik 163)<br />

• Bühnenbild „Entführung aus dem<br />

Serail“ oder Notenblatt „Türkischer<br />

Marsch“/Mozart.<br />

• Adam Smith „An Inquiry into the<br />

Nature and Causes of the Wealth of<br />

Nations“,1776<br />

• Dampfmaschine von James Watt<br />

(1782-84)<br />

• Porträt: Unternehmer vor Industrie-<br />

landschaft mit rauchenden Schloten,<br />

1770 ff.<br />

• Stechuhr 19. Jahrhundert<br />

• Brit. Erfindung: Schieneneisenbahn<br />

oder: Friedrich List: Karte „Das<br />

deutsche Eisenbahn-System“, 1833<br />

30


• Industrialisierung<br />

• Klassengesellschaft<br />

Freiheit den Wirtschaftsliberalismus ableitete. Seine Erkenntnisse<br />

hatten für die praktische Durchsetzung des Kapitalismus als<br />

weltumspannendes Marktsystem große Bedeutung.<br />

Amsterdam und London waren die Schrittmacher für die Entwicklung<br />

des kapitalistischen Wirtschaftssystems, dessen geschichtliche<br />

Anfänge im Mittelmeerraum bis in das 12. Jahrhundert<br />

zurückzuverfolgen sind (Sichtachse: Stadtkultur, Bürgertum, Handel<br />

2.2) Die kapitalistische Wirtschaftsordnung ist entscheidend vom<br />

Individualismus, Rationalismus und Fortschrittsoptimismus der<br />

Aufklärung bestimmt. (Sichtachse: 2.7. Aufklärung)<br />

Der Kapitalismus entfaltete sich im 19. Jh. in ganz <strong>Europa</strong>.<br />

Nach englischem Vorbild entstanden im 19. Jahrhundert europäische<br />

Industriestaaten, zuerst im Norden und Westen <strong>Europa</strong>s: Belgien,<br />

Schweiz, Frankreich, Holland, Deutschland, Schweden, später und<br />

weniger ausgeprägt in Süd- und Osteuropas. Mit Hilfe neuer<br />

Techniken, Produktionsverfahren und Rationalisierung<br />

(Mechanisierung, später Automatisierung) konnten die europäischen<br />

Industrieländer ihren Entwicklungsvorsprung vor anderen<br />

Hochkulturen in vollem Maße ausschöpfen.<br />

Die soziale Frage wurde Schlüsselthema der europäischen<br />

Gesellschaft.<br />

• Objekt: Montanindustrie<br />

• Gründeraktie der Liverpool and<br />

Manchester Railway Company<br />

• Objekt zur Börse: Aktie mit<br />

Couponschein<br />

• Plakat oder Foto: Weltausstellung<br />

• Patentschriften<br />

• Gemälde Adolph von Menzel:<br />

Eisengiesserei<br />

• Plakat: Internationale Elektro-<br />

Technische Ausstellung, Frankfurt am<br />

Main 1891<br />

• Werbeschilder: z.B. Osram<br />

Verkaufsstelle<br />

• Fotoserie: Massenproduktion,<br />

Maschinenhalle, Industrieanlage (um<br />

1900)<br />

• Karl Marx und Friedrich Engels: „Das<br />

Kommunistische Manifest“, 1848<br />

31


Die Industrialisierung veränderte Wirtschaft und Gesellschaft von<br />

Grund auf. Der Konflikt zwischen den sozialen Klassen wurde zum<br />

Schlüsselthema der europäischen Klassengesellschaften. Die<br />

Unterschichten lebten in bitterster Armut. Die Arbeiterbewegung trat<br />

auf den Plan. Sozialstaatliche Maßnahmen sollten die Sprengkraft von<br />

sozialer und politischer Ungleichheit eindämmen und harte<br />

Ungerechtigkeiten und Notlagen mindern.<br />

• Friedrich Engels „Die Lage der<br />

arbeitenden Klasse in England“<br />

• Karl Marx „Das Kapital“, 1867<br />

• Plakat Erste Internationale, London<br />

1864<br />

• Zeichnung oder Fotoserie:<br />

Arbeitersiedlung, z.B. Krupp<br />

• Lithografie: Ferdinand Lasalle als<br />

Kämpfer gegen die Kapitalmacht,<br />

Ende 19. Jahrhundert<br />

• Erinnerungsstück an Internationalen<br />

Arbeiterkongress Paris 1889<br />

• Litfasssäule mit Parteiwerbung,<br />

europaweit<br />

• Gewerkschaften: Mitglieder-ausweis,<br />

Informationsmaterial (Großbritannien<br />

1875)<br />

• Dokument: Deutschen Kranken- und<br />

Unfallversicherung (1883, 1884)<br />

• Literatur zur sozialen Frage:<br />

Hauptmann: Die Weber, Hugo: Les<br />

Miserables u.a.m.<br />

• Objekt zur Weltausstellungen<br />

London, Paris, Wien (Apotheose des<br />

Fortschrittsglaubens)<br />

32


• Kolonialismus<br />

II.7. 1789 Französische Revolution<br />

Im Zuge der Industrialisierung baute <strong>Europa</strong> seine Kolonialmacht<br />

aus.<br />

Die europäischen Kolonialmächte bauten ihre Herrschafts- und<br />

Einflussgebiete weltweit aus, um sich Rohstoffquellen und<br />

Absatzmärkte zu sichern. Schon in der Zeit von Absolutismus und<br />

Merkantilismus hatten Kolonien substantielle Bedeutung. Zwischen<br />

1875 bis 1900 machten sie sich ein Fünftel des Erdballs untertan.<br />

<strong>Europa</strong> wurde zur weltbestimmenden Macht. Das größte Opfer des<br />

Kolonialismus war Afrika. Sozialdarwinistisch und rassistisch<br />

unterfütterte Ideologien sollten den Imperialismus legitimieren. <strong>Europa</strong><br />

war treibender Motor der Globalisierung und ist noch heute, wiewohl<br />

es seine Führungsrolle an die USA und Japan abgetreten hat, ein<br />

maßgeblicher Faktor auf dem Weltmarkt.<br />

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ wurden politische Ideale<br />

europaweit.<br />

Die politische Zukunft <strong>Europa</strong>s wurde entscheidend durch die<br />

Französische Revolution geprägt. <strong>Europa</strong> erlebte im 19. Jh. den<br />

nahezu flächendeckenden Ausbruch von Freiheits- und<br />

Nationalstaatsbewegungen. Die Prinzipien der Französischen<br />

Revolution gelten bis heute als Fundament von Demokratie und<br />

Rechtsstaat.<br />

• Photo Eiffelturm<br />

• Schild „Kolonialwarengeschäft“<br />

• Eintrittkarte, Programm Hagenbeck:<br />

Panoptikum - Völkershow<br />

• Karte: Aufteilung Afrikas und Asiens<br />

durch Europäer<br />

• Werbematerial für die Ideen von 1789<br />

mit Freiheitsgöttin<br />

• Jakobinermütze mit Kokade in den<br />

Farben der frz. Republik<br />

• Gemälde „Napoleon von der Zeit<br />

gekrönt, den Code civil schreibend,<br />

1833<br />

33


• Zeitalter der Aufklärung<br />

• Menschen-, Bürgerrechte und Code<br />

Civil<br />

Der Glaube an die Vernunft wurde treibende Kraft der<br />

europäischen Entwicklung.<br />

Vordenker der Revolution waren die Philosophen der Aufklärung. Der<br />

Glaube an Vernunft und Fortschritt beflügelte ihr Denken.<br />

Symbolfigur der Aufklärung war Voltaire, der in seinen Werken<br />

Fortschritt, Gerechtigkeit und Toleranz einforderte und als einer der<br />

überzeugendsten Verfechter <strong>Europa</strong>s trotz der politischen<br />

Zersplitterung die kulturelle Einheit des Kontinents betonte.<br />

Philosophen und Denker aus ganz <strong>Europa</strong> diskutierten über Fragen<br />

der Aufklärung in den Pariser Salons. Französisch blieb bis ins 20 Jh.<br />

die Sprache der europäischen Elite.<br />

Die Ideale „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ veränderten<br />

<strong>Europa</strong> von Grund auf.<br />

Die aufklärerischen Ideale „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“<br />

entfalteten 1789 ihre revolutionäre Sprengkraft. Mit der Proklamation<br />

der Menschenrechte wurde das traditionelle monarchisch-ständische<br />

Staatsverständnis zugunsten der Vorstellung einer bürgerlichen<br />

• Büste von Voltaire<br />

• Bild: Pariser Salon<br />

• «Es gibt heute keine Franzosen,<br />

Deutschen, Spanier, selbst keine<br />

Engländer mehr… ; es gibt nur noch<br />

Europäer. Alle haben die gleichen<br />

Neigungen, Passionen, Sitten...“ (Jean<br />

Jacques Rousseau, Considérations<br />

sur le gouvernement de Pologne)<br />

• Diderot, d´Alembert: Encyclopédie ou<br />

Dictionnaire raisonné des sciences,<br />

des arts et des metiers (1751 –1772)<br />

• Zitate: Kant „Unmündigkeit ist das<br />

Unvermögen des Einzelnen, sich seines<br />

Verstandes ohne die Leitung eines<br />

anderen zu bedienen.“ Montesquieu zur<br />

Gewaltenteilung, Voltaire zu<br />

Gerechtigkeit u.a.m.<br />

• Stich nach Jean-Jacques-Francois Le<br />

Barbier d.Ä. „Die Erklärung der<br />

Menschen- und Bürgerrechte“, 1789<br />

• „Wie einst Sparta in Griechenland – so<br />

befreist auch Du, Frankreich, <strong>Europa</strong> von<br />

seinen Despoten.“ (Joseph Görres,<br />

1795)<br />

34


• Demokratie und Nationalstaat<br />

Gesellschaftsordnung im Zeichen von Liberalismus, Demokratie und<br />

nationaler Selbstbestimmung in Frage gestellt.<br />

Sichtbezug/Rückblick: Napoleon, Vollstrecker der Revolution, sah sich<br />

als wiedergeborener Karl der Große, durch den Frankreich wieder die<br />

Grenzen des Karlsreiches erhalten sollte.<br />

In ganz <strong>Europa</strong> setzten sich demokratische Regierungsformen in<br />

nationalstaatlichem Rahmen durch.<br />

Im 19. Jh. erfasste die Revolutionsbewegung nahezu ganz <strong>Europa</strong>.<br />

Im Zuge der schrittweise vollzogenen Demokratisierung und<br />

Parlamentarisierung entstand das Spektrum sozialistischer, liberaler<br />

und konservativer Parteien, das für die politische Kultur in <strong>Europa</strong><br />

bestimmend wurde.<br />

1806 ging das Heilige Römische Reich deutscher Nation unter. Der<br />

moderne Begriff der Nation bildete sich heraus als ein auf kulturelle<br />

(Kulturnation) oder territoriale (Staatsnation) Ordnungsmodelle<br />

gründendes nationales „Wir-Gefühl“ und wurde in den<br />

Nationalbewegungen zur bestimmenden politischen Idee. Neue<br />

Staaten bildeten sich: Belgien, Griechenland, Italien, Deutschland,<br />

Norwegen.<br />

• Napoleon Zitat „Ich bin Karl der Große,<br />

denn wie Karl der Große vereinige ich die<br />

Krone Frankreichs mit jener der<br />

Lombarden.“ (Brief an Kardinal Fesch,<br />

frz. Botschafter in Rom) zusammen<br />

mit<br />

• Krone Karls des Großen, Paris 1804,<br />

Kopie (Louvre) und/oder<br />

• Medaille: Napoleon neben<br />

Charlemagne, 1806 (AC, Privatslg.)<br />

• AV-Station: Die europäischen<br />

Nationen und die Geschichte ihrer<br />

Demokratisierung (Wahlmodus)<br />

• Parteiplakate, Aufrufe, Einladungen<br />

pol. Klubs, Parteien<br />

• Völkertafel: Kurze Beschreibung der<br />

in <strong>Europa</strong> befintlichen Völcker und<br />

Ihren Aigenschaften, 1725<br />

• Barrikadenkampf 1848, Extrablatt<br />

„Revolution in Paris“, Forderungen<br />

des Volks<br />

• Karikatur „Die freie Presse“, 1849<br />

• Zeitungsständer: europ. Zeitungen<br />

• Nationale Symbole damals/heute:<br />

35


II.8. 1914/18, 1939/45; Der Erste und der<br />

Zweite Weltkrieg<br />

Die Weltkriege führten ganz <strong>Europa</strong> in die Katastrophe und ließen<br />

paneuropäische Ideen entstehen.<br />

Nationalismus und Imperialismus verschärften sich derart, dass<br />

die Mittelmächte Österreich-Ungarn und Deutschland Serbien<br />

bzw. Russland und Frankreich den Krieg erklärten und damit den<br />

Ersten Weltkrieg auslösten. Der Nationalsozialismus versuchte<br />

seit 1933, eine rassenideologisch begründete <strong>Europa</strong>-Idee in die<br />

Tat umzusetzen, in der die Völker Westeuropas unter der<br />

Herrschaft des deutschen Reiches zusammengezwungen und im<br />

Osten neuer „Lebensraum“ erobert werden sollte. Das<br />

europäische Gleichgewicht der Mächte zerfiel. <strong>Europa</strong> büßte<br />

seine welthistorische Machtstellung ein. Amerika und Russland<br />

stiegen zu Supermächten auf, die die europäischen Staaten in die<br />

von ihnen ausgehende ideologische und machtpolitische<br />

Blockbildung einbezogen. Aus der Erfahrung der Kriege<br />

entwickelten sich zahlreiche Projekte zur Einigung <strong>Europa</strong>s.<br />

Germania/D-Mark, Mutter<br />

Dänemark/Wikinger, Mazzini mit<br />

Calabreser Schlapphut/Turm von<br />

Pisa, Marianne/Baskenmütze, John<br />

Bulle/Queen, Freiheitskämpfer/<br />

Solidarnosc, Kaiser Franz-Joseph/<br />

Lipizzaner usw.<br />

• Britische Königshymne, Marseillaise,<br />

Lied der Deutschen<br />

• Projektion zum Thema Krieg (Erster und<br />

Zweiter Weltkrieg), Zerstörung,<br />

Kriegsszenen, Schützengräben,<br />

Kriegsgräber, Massenelend, Holocaust,<br />

Flucht, Vertreibung<br />

• „In ganz <strong>Europa</strong> gehen die Lichter aus: Wir<br />

werden es nicht mehr erleben, dass sie wieder<br />

angezündet werden.“ (Edward Grey, 5.8.1914)<br />

• Waffen<br />

• Gasmaske<br />

36


• Der Erste Weltkrieg<br />

• <strong>Europa</strong> in der Zwischenkriegszeit<br />

Der Erste Weltkrieg zerstörte die europäische Staatenordnung<br />

und die Sicherheit der bürgerlichen Welt.<br />

Der Erste Weltkrieg entwickelte sich zu einer bis dahin unbekannten<br />

Materialschlacht und sinnlosen Massenvernichtung, dessen<br />

Hauptkriegsschauplätze in <strong>Europa</strong> lagen. Der Kriegseintritt der USA<br />

brachte die Wende, die schließlich zum Friedensvertrag von Versailles<br />

führte. Durch Nationalstaatsbildungen in Mittel- und Osteuropa wurde<br />

die politische Landkarte <strong>Europa</strong>s verändert. In Russland übernahmen<br />

Arbeiter- und Soldatenräte 1917 mit der bolschewistischen Revolution<br />

die Macht.<br />

Die <strong>Europa</strong>bewegung fand zahlreiche Anhänger.<br />

Die Katastrophe des Ersten Weltkriegs veranlasste Politiker und<br />

Intellektuelle zu einer verstärkten Suche nach europäischen<br />

Lösungen, die im Gegensatz zu dem vorherrschendem Bestreben der<br />

Staaten nach Protektionismus und Autarkie standen. Die bekannteste<br />

Initiative ging von dem österreichischenDiplomaten Richard Nikolaus<br />

• Karte: <strong>Europa</strong> 1914 und 1918<br />

• Punch-Karikatur 1908: „Der kochende<br />

Kessel“<br />

• Dokument: österreichische<br />

Kriegserklärung<br />

• englischer Kriegsbilderbogen, 1914<br />

• Feldpost<br />

• Kriegsspielzeug<br />

• Foto: Mobilmachung in <strong>Aachen</strong><br />

• Flugblatt mit dem 14-Punkte-Plan von<br />

US-Präsident Wilson<br />

• Versailler Vertrag<br />

• Otto Dix: Der Schützengraben<br />

• Karte: Osteuropa<br />

• Dekret von Lenin<br />

• Lenin-Statue<br />

• Bronzeplastik „Der Triumph der<br />

Humanität“, Michel de Tarnowsky<br />

• Bild: Coudenhove-Kalergi<br />

• Foto: erster Paneuropa-Kongress 1926<br />

• Zeitschrift „Paneuropa“<br />

• Vertrag von Locarno, 1925<br />

• Büste: Aristide Briand<br />

• Foto: erste Sitzung des Völkerbundes<br />

• Foto zur Weltwirtschaftskrise, hungernde<br />

37


• Der Zweite Weltkrieg<br />

Graf Coudenhove-Kalergi unter dem Schlagwort „Paneuropa“ aus und<br />

fand schnell zahlreiche Anhänger in allen europäischen Staaten. Im<br />

Zeichen des Vertrags von Locarno entwickelte der französische<br />

Politiker Aristide Briand einen <strong>Europa</strong>plan. US-Präsident Wilson<br />

propagierte die Idee eines Völkerbundes.<br />

Die Zwischenkriegszeit war in <strong>Europa</strong> durch politisch und wirtschaftlich<br />

schwache und instabile Systeme in den meisten Staaten bestimmt, die<br />

daher anfällig für den Aufstieg faschistischer und militärischer<br />

Diktaturen wurden.<br />

Der Nationalsozialismus bedeutete einen Generalangriff auf die<br />

europäischen Werte.<br />

Die mit den Zielen der rassistischen Judenvernichtung und der<br />

„Lebensraumerweiterung im Osten“ angetretene NS-Diktatur löste den<br />

Zweiten Weltkrieg aus. <strong>Europa</strong> sollte unter das Diktat Nazi-<br />

Deutschlands gestellt werden. Die Propaganda sprach von einem<br />

„Kreuzzug <strong>Europa</strong>s gegen die bolschewistische Gefahr“. Die Symbole<br />

des Heiligen Römischen Reiches dienten den Nazis zu ihrer<br />

Herrschaftslegitimation. Der Holocaust war in seinen schrecklichen<br />

Dimensionen einmalig in der Geschichte. Millionen von Toten, Flucht<br />

und Vertreibung, die Teilung Deutschlands und <strong>Europa</strong>s waren das<br />

Ergebnis des Krieges. In Jalta und Potsdam wurden von Churchill,<br />

Truman und Stalin die Weichen für die Nachkriegsordnung <strong>Europa</strong>s<br />

gestellt.<br />

Das „ Projekt <strong>Europa</strong>“ lebte jedoch auch während des Zweiten<br />

Weltkriegs im Widerstands weiter.<br />

französische Bürger<br />

• Foto: Mussolinis Marsch auf Rom<br />

• Plakat: „Unsere letzte Hoffnung: Hitler“,<br />

1932<br />

• Picasso: „Guernica“<br />

• Dokument: Verbot der Paneuropa-<br />

Bewegung durch die Nazis<br />

• Foto: Warschauer Ghetto<br />

• Foto: KZ<br />

• Salvador Dali, Le visage de la guerre<br />

• Felix Nussbaum : «Der Triumph des<br />

Todes“<br />

• „Der Krieg“, Arbeiter-Illustrierte Zeitung<br />

1933<br />

• Druckschrift: „Internationaler Völkerbrei<br />

oder Vereinigte Nationalstaaten<br />

<strong>Europa</strong>s?, Robert Ley, 1941<br />

• Plakat: „Deutschlands europäische<br />

Sendung“, 1941<br />

• Anweisung Hitlers, die Reichskrone nach<br />

Nürnberg zu verbringen.<br />

Photo/Hitler andächtig vor der Krone<br />

38


• Zitate/Beispiele:<br />

„Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George F. Kennan)<br />

„Das kontinentale <strong>Europa</strong> von Portugal bis Polen wird sich<br />

entweder zu einem Überstaat zusammenschließen oder noch im<br />

Laufe dieses Jahrhunderts politisch, wirtschaftlich und kulturell<br />

zugrunde gehen.“ (Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi<br />

1922)<br />

„Wir wollen kein deutsches <strong>Europa</strong>, sondern ein europäisches<br />

Deutschland.“ (Thomas Mann)<br />

„Der Friede bringt eine einheitliche europäische<br />

• Plakat: „Das neue <strong>Europa</strong> im Werden –<br />

Stand am 1.9.1941 nach 2 Jahren“<br />

• Foto: Flucht und Vertreibung<br />

• Foto: zerstörtes <strong>Aachen</strong><br />

• Foto: „Die großen Drei in Potsdam“<br />

• Foto Sergio Spinelli und Ernesto Rossi<br />

• Dokument „Das Manifest von Ventotene“,<br />

1941<br />

• Deklaration zugunsten einer<br />

europäischen Föderation<br />

• Flipchart. Europäische Orte 1945 und<br />

heute: z.B. <strong>Aachen</strong>, Guernica, Monte<br />

Cassino, Coventry, Warschau, Leuven<br />

39


II.9. 1957 Die Römischen Verträge<br />

• Nachkriegszeit<br />

Souveränität...Der oberste Gesetzgeber des Europäischen Staates ist<br />

den einzelnen Staatsbürgern verantwortlich, nicht den<br />

Selbstverwaltungs-körpern“, (Helmuth James Graf von Moltke<br />

24.4.1941)<br />

„Wir wollen nie wieder Krieg. Wir werden alles tun, um einen neuen<br />

Krieg unmöglich zu machen...Unser oberstes Ziel ist es, in<br />

Zusammenarbeit mit allen sozialistisch geführten Staaten zu<br />

einer europäischen Staatengemeinschaft zu kommen...“ (Manifest<br />

von Buchenwald, 13.4.1945)<br />

<strong>Europa</strong> wuchs politisch und wirtschaftlich zusammen.<br />

Die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs sowie die Bedrohung im<br />

Kalten Krieg führten zu der Erkenntnis, dass eine Einigung<br />

<strong>Europa</strong>s aus politischen und wirtschaftlichen Gründen zwingend<br />

notwendig wäre. Seit 1945 wuchs <strong>Europa</strong> trotz zahlreicher Krisen<br />

und Rückschläge zunehmend auf vielen Ebenen zusammen,<br />

wobei ein ständiges Spannungsverhältnis zwischen den<br />

Interessen der Nationalstaaten und der Erfordernis eines höheren<br />

Maßes an Supranationalität bestand.<br />

<strong>Europa</strong> sollte politisch geeint werden.<br />

Nach dem Krieg entstanden in allen europäischen Ländern politische<br />

Bewegungen, die eine europäische Einigung anstrebten. Über 1000<br />

großenteils prominente <strong>Europa</strong>-Befürworter unterschiedlicher<br />

• Großfoto Vertragsunterzeichnung in<br />

Rom 1957<br />

• Großfoto Begrüßung De<br />

Gaulle/Adenauer auf Bonner<br />

Marktplatz mit Plakat „Vive l´Europe“<br />

• EU-Reisepass<br />

• Euro-Entwurf<br />

• Tondokument: Churchills Züricher<br />

Rede 1946 („Die Vereinigten Staaten<br />

von <strong>Europa</strong>“)<br />

40


politischer Richtung trafen sich 1948 auf dem Haager Kongress. Aus<br />

dieser Initiative ging 1949 die Gründung des <strong>Europa</strong>rats hervor.<br />

Im Kalten Krieg standen sich jedoch Westeuropa unter<br />

amerikanischem Einfluss und Osteuropa unter sowjetischer Kontrolle<br />

gegenüber, die den Kontinent in zwei antagonistische Machtblöcke<br />

teilten.<br />

<strong>Europa</strong>s Wirtschaft sollte wieder aufgebaut werden.<br />

Erste Anstöße für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit in<br />

<strong>Europa</strong> gingen von der amerikanischen Marshall-Plan-Hilfe aus, die<br />

den Wiederaufbau der europäischen Volkswirtschaften förderte. Zu<br />

diesem Zweck wurde 1948 die Organisation für Europäische<br />

Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) gegründet.<br />

• Foto: Haager Kongress<br />

• Stimmkarte<br />

• Mitgliedsausweis der <strong>Europa</strong>-Union<br />

mit Symbol des grünen E<br />

• Foto der ersten Sitzung des<br />

<strong>Europa</strong>rats<br />

• Karte der Mitgliedsländer<br />

• Plakat: Europäische<br />

Menschenrechtskonvention<br />

• Foto: Europäischer Gerichtshof und<br />

Richterrobe<br />

• Karikatur Kalter Krieg<br />

• Foto: Berlin-Blockade<br />

• Stalin-Note<br />

• Sowjetische Skulptur „Die UdSSR ist<br />

das Bollwerk des Friedens in der<br />

ganzen Welt“<br />

• Coca-Cola-Plakat<br />

• Care-Paket<br />

• Marshall-Plan-Plakate aus<br />

verschiedenen europäischen Ländern<br />

• Foto Wiederaufbau<br />

41


• Europäische Integration<br />

• EG/EU-Erweiterung<br />

<strong>Europa</strong> schloss sich institutionell zusammen.<br />

Grundstein für die europäische Einigung war der Schuman-Plan, der<br />

1952 zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und<br />

Stahl (EGKS) führte. Damit wurde der „Erbfeindschaft“ zwischen<br />

Deutschland und Frankreich der Boden entzogen und ein<br />

gemeinsamer Markt für Kohle und Stahl in <strong>Europa</strong> geschaffen.<br />

Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft<br />

bildeten die Römischen Verträge von 1957 einen entscheidenden<br />

Meilenstein in der Geschichte der europäischen Einigung nach 1945.<br />

Die sechs EGKS-Länder gründeten die Europäische Wirtschafts- und<br />

die Europäische Atomgemeinschaft. Neben der wirtschaftlichen<br />

Einigung <strong>Europa</strong>s strebte man eine politische Einigung und eine<br />

engere Beziehung zwischen den europäischen Staaten an. Neue<br />

europäische Institutionen entstanden.<br />

Die Zahl der Mitglieder wuchs kontinuierlich.<br />

Die wirtschaftliche und politische europäische Zusammenarbeit übte<br />

starke Anziehungskraft auf andere Staaten aus. So wuchs die<br />

Sechser-Gemeinschaft in bisher fünf Etappen zum <strong>Europa</strong> der 25. In<br />

der ersten Erweiterungsrunde traten 1973 Großbritannien, Dänemark<br />

und Irland bei, die letzte und größte Erweiterungsrunde war die<br />

Osterweiterung im Jahr 2004 mit dem Beitritt von 10 neuen<br />

Mitgliedsländern.<br />

• EGKS-Vertrag<br />

• Foto der Vertragsunterzeichnung<br />

• erster europäischer Stahl-Gussblock<br />

• französisches Plakat gegen EVG<br />

• EWG- und Euratom-Vertrag<br />

• Plakate zu den Römischen Verträgen<br />

aus verschiedenen europäischen<br />

Ländern<br />

• Zeitungsschlagzeilen<br />

• Goldmünze der Stadt Rom für die<br />

Unterzeichner<br />

• Füller von der Unterzeichnung<br />

• Karte mit Standorten von EU-<br />

Institutionen<br />

• Karten mit EG/EU-Mitgliedsländern<br />

1957, 1973, 1981, 1986, 1995, 2004<br />

• AV: Statistiken zu den neuen<br />

Mitgliedsländern (Bevölkerung,<br />

Wirtschaft, Stimmengewicht in der EU<br />

etc.)<br />

• Protesttransparent von britischen<br />

Beitrittsgegnern<br />

• Karikatur zur Osterweiterung<br />

• Beitrittsverträge<br />

42


• West- und Osteuropa<br />

Die Entspannungspolitik erreichte gesamteuropäische<br />

Dimensionen.<br />

Wirtschaftliche Probleme und gesellschaftliche Spannungen<br />

destabilisierten die Situation in Osteuropa zunehmend. Die<br />

Schlussakte der KSZE-Konferenz versuchte 1975, den Ost- West-<br />

Konflikt zu entschärfen. Sie ermutigte die osteuropäische Opposition in<br />

ihrem Kampf gegen Diktatur und Unterdrückung. Doch erst mit dem<br />

Fall der Mauer fand der Kalte Krieg 1989 sein Ende.<br />

Die europäische Integration intensivierte sich trotz Krisen.<br />

Die Einigungsbestrebungen durchlebten aufgrund unterschiedlicher<br />

politischer und wirtschaftlicher <strong>Europa</strong>-Vorstellungen der Politiker<br />

immer wieder Krisenzeiten. Dennoch schritt die Einigung <strong>Europa</strong>s<br />

voran. Mehr Bürgerbeteiligung brachte die erste Direktwahl zum<br />

europäischen Parlament 1979. Der 1993 in Kraft getretene<br />

Maastrichter Vertrag fixierte sowohl das Ziel einer umfassenden,<br />

politisch vertieften Union als auch die Basis einer Wirtschafts- und<br />

Währungsunion. Das Schengener Abkommen von 1995 führte zu<br />

einem weitgehenden Grenzabbau innerhalb <strong>Europa</strong>s.<br />

• Programm zu grenzüberschreitenden<br />

Feiern anlässlich der Osterweiterung<br />

• Puzzle <strong>Europa</strong><br />

• Foto Prager Frühling<br />

• Foto Solidarnosc<br />

• Foto KSZE-Konferenz<br />

• Foto Reagan und Gorbatschow<br />

• Spiegel-Titel Abrüstung<br />

• durchgesägter Grenzzaun<br />

• Stück Berliner Mauer<br />

• Videoprojektion Mauerfall<br />

• Inszenierung Butterberg und Milchsee<br />

• Protest-Tranparent europäischer<br />

Bauern<br />

• Plakat Arbeitslosigkeit in <strong>Europa</strong><br />

• Karte Strukturförderung<br />

• Airbus A 380/Modell oder<br />

Teilsegment<br />

• Zeitungsartikel oder Karikatur zu<br />

Fouchet-Plänen mit Foto de Gaulles<br />

• Titelblatt Simplicissimus „Eine Dame<br />

namens <strong>Europa</strong>“, 1962<br />

• Schaubild: Etappen der europäischen<br />

43


Einigung<br />

• Wahlzettel und –plakate aus<br />

verschiedenen europäischen Ländern<br />

• AV: Ausschnitte aus Debatten im<br />

Europäischen Parlament in Straßburg<br />

• Foto: <strong>Europa</strong>-Gebäude<br />

• Maastrichter Vertrag<br />

• Tempelmodell: „Die drei Säulen der<br />

europäischen Einigung“<br />

• AV: „Die Organe der EU“<br />

• Schaubild „Die vier Freiheiten des<br />

Binnenmarktes“<br />

• Karikatur EU-Bürokratie<br />

• Foto: Erasmus-Studenten<br />

• Flughafenpasskontrollschilder<br />

EU/NON-EU<br />

• Inszenierung: aufgeklappter Koffer,<br />

Innenfutter blau mit goldenen<br />

Sternen, gefüllt mit Souvenirs aus<br />

europäischen Ländern<br />

• Karikatur „Festung <strong>Europa</strong>“<br />

44


III. Was ist <strong>Europa</strong> heute?<br />

III. 1. Symbole<br />

Die bekannten <strong>Europa</strong>symbole sollen dazu beitragen, eine<br />

europäische Identität zu stiften.<br />

Fahne: Der Kreis der 12 goldenen Sterne auf der europäischen Fahne<br />

steht für Einheit, Solidarität und Harmonie zwischen den europäischen<br />

Völkern.<br />

Hymne: Sie war zunächst seit 1972 die Hymne des <strong>Europa</strong>rats, ab<br />

1985 wurde sie die offizielle Hymne der EU<br />

<strong>Europa</strong>tag: Seit 1985 feiert die EU den 9. Mai als <strong>Europa</strong>tag, was auf<br />

die Verkündung des Schuman-Plans am 9. Mai 1950 zurückgeht, der<br />

als die Geburtsstunde der Europäischen Gemeinschaft betrachtet<br />

wird.<br />

Motto: Der Leitspruch der Europäischen Union lautet „In Vielfalt geeint.<br />

Er wird in der Verfassung erstmals als offizielles europäisches Symbol<br />

festgelegt.<br />

Euro: Seit dem 1.1.2002 gilt der Euro als ein wichtiges Symbol der<br />

Einheit <strong>Europa</strong>s. Die Banknoten verweisen auf die gemeinsamen<br />

Epochen der europäischen Kulturgeschichte. Die Münzen stellen die<br />

Vielfalt der nationalen Symbole dar.<br />

• Objekte zur Symbolik der 12 Sterne<br />

auf blauem Grund wie z.B. Flagge,<br />

Glühbirne, Kerze , Filmrolle<br />

• AV: Melodie aus der Ode an die<br />

Freude aus der Neunten Symphonie<br />

von Beethoven, gespielt von einem<br />

europäischen Orchester<br />

• Partitur<br />

• Plakate <strong>Europa</strong>tag in verschiedenen<br />

Sprachen<br />

• Veranstaltungsprogramm zum<br />

<strong>Europa</strong>tag<br />

• Plakat „In Vielfalt geeint“<br />

• Postkarte/Poster o.ä. „The Perfect<br />

European should be...“<br />

• verschiedene Euro-Münzen<br />

• Umrechnungstabelle DM – Euro<br />

• doppelt ausgezeichnetes Preisschild<br />

• AV: Umfrage in verschiedenen<br />

europäischen Ländern: „Rechnen Sie<br />

in Euro oder in ihrer alten nationalen<br />

Währung?“<br />

45


• Zitate/Beispiele: „Die Einheit <strong>Europa</strong>s war ein Traum weniger. Sie wurde die eine<br />

Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“<br />

(Konrad Adenauer)<br />

„<strong>Europa</strong> lässt sich nicht mit einem Schlag herstellen, und auch<br />

nicht durch eine einfache Zusammenfassung: Es wird durch<br />

konkrete Handlungen entstehen, die zunächst eine Solidarität der<br />

Tat schaffen.“ (Robert Schuman 1950)<br />

„<strong>Europa</strong> wird nicht an einem Tag und nicht ohne Schmerzen<br />

entstehen. Nichts Dauerhaftes wird leicht vollendet...Diese Idee<br />

„<strong>Europa</strong>“ wird allen die gemeinsamen Grundlagen unserer Zivilisation<br />

vor Augen führen und nach und nach ein Band schaffen, ähnlich dem<br />

der Vaterländer..“ (Jean Monnet 1976)<br />

„Die einen sind für das, was man das <strong>Europa</strong> der Vaterländer<br />

nennt, die anderen für das, was man das supranationale <strong>Europa</strong><br />

nennt.“ (Paul Henri Spaak 1964)<br />

„<strong>Europa</strong> muß über die Zweideutigkeit seines Beitrages für die<br />

Welt nachdenken, denn dazu gehören nicht nur die<br />

Menschenrechte, sondern auch der Holocaust.“ (Vaclav Havel)<br />

„Das moderne europäische Selbstverständnis ist darüber hinaus<br />

auf andere Institutionen bezogen als die nationalen Identitäten.“<br />

(Hartmut Kaelble)<br />

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• „Eurocard-Fragespiel“ / Beispiel III<br />

Erwachsene<br />

Kinder<br />

III.2. Aktuelle EU-Fragen und -themen<br />

„Manches, was uns heute als Bürokratie erscheint, hat früher auf<br />

die Schlachtfelder <strong>Europa</strong>s geführt.“<br />

Joschka Fischer<br />

1. Haben Sie sich an der letzten <strong>Europa</strong>wahl beteiligt?<br />

(Interesse/Engagement)<br />

2. Wo leben mehr Bürger – in den USA oder in der EU? (Wissen)<br />

3. Kennen Sie einen europäischen Preis?<br />

(Traditionsbewusstsein)<br />

1. Hattest du schon einmal einen Austauschschüler zu Gast?<br />

(Interesse/Engagement)<br />

2. Habt Ihr zu Hause einen Weihnachtsbaum?<br />

(Traditionsbewusstsein)<br />

3. Wieviele Länder umfasst die EU? (Wissen)<br />

In dieser Ausstellungseinheit sollen die jeweils aktuellen Themen<br />

in der <strong>Europa</strong>-Diskussion dargestellt werden. Sie macht daher<br />

eine ständige Aktualisierung erforderlich. Zur Zeit stehen die<br />

Themen Vertiefung und Erweiterung der EU im Brennpunkt des<br />

Interesses.<br />

• Terminal<br />

47


• Europäische Verfassungsdiskussion<br />

• Beitritt der Türkei<br />

IV. Epilog: <strong>Europa</strong> in <strong>Aachen</strong><br />

IV.1. Der Karlspreis<br />

Am 24.10.2004 unterzeichneten die europäischen Staats- und<br />

Regierungschefs in Rom den Verfassungsvertrag Er ist bei den<br />

Bürgern umstritten. Franzosen und Niederländer sprachen sich in<br />

Volksabstimmungen gegen die europäische Verfassung aus. Die<br />

europäischen Einigungsbestrebungen gerieten in eine Krise. Die<br />

Frage nach den Möglichkeiten viel stärkerer politischer Integration<br />

bestimmten die Diskussion.<br />

Die Türkei, seit 1952 Mitglied des <strong>Europa</strong>rat, bemühte sich seit den<br />

1960er Jahren um eine Aufnahme in die EU. 1963 schloss sie ein<br />

Assoziierungsabkommen mit der EWG ab. Im Oktober 2005 nahm die<br />

EU Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf und löste damit erneut<br />

Debatten über die geographische und kulturelle Identität <strong>Europa</strong>s aus.<br />

Der Karlspreis gilt als die bedeutendste politische Auszeichnung für<br />

Verdienste um <strong>Europa</strong>. Er wurde 1949 von einem Kreis <strong>Aachen</strong>er<br />

Bürger gestiftet und 1950 erstmals verliehen. Mit der Namensgebung<br />

ist ein Rückbezug auf Karl den Großen und die Idee des christlichen<br />

• Werbematerial der<br />

Verfassungsbefürworter aus<br />

verschiedenen EU-Ländern<br />

• Plakate der Verfassungs-Gegner<br />

• Foto: Verfassungskonvent<br />

• Dokument: Verfassung<br />

• Foto Vertragsunterzeichnung<br />

• „Bild“-Titelseite: Zeugnis für die<br />

Türkei<br />

• neue türkische Liramünze<br />

(Ähnlichkeit mit Euro)<br />

• Foto Beitrittsbefürworter und Gegner<br />

in der Türkei<br />

• Türkischer Beitrittsantrag<br />

• AV: Umfrage: „Sind Sie für oder<br />

gegen die türkische EU-<br />

Mitgliedschaft?“<br />

• Proklamation von 1949<br />

• Urkunde<br />

• Auszeichnung<br />

• Preisträgerliste<br />

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IV.2. Die Karlsmedaille für europäische<br />

Medien<br />

V. Ausgangsbereich<br />

Abendlandes verbunden. Die traditionell am Christi Himmelfahrtstag<br />

stattfindende Preisverleihung soll dazu dienen, internationale<br />

Persönlichkeiten, die zur europäischen Einigung beigetragen haben,<br />

zu würdigen, wobei das politische Profil des Karlspreises immer weiter<br />

geschärft wurde.<br />

Die Karlsmedaille wird jährlich vom Europäischen Medieninstitut, von<br />

der Landesanstalt für Rundfunk NRW und der Stadt <strong>Aachen</strong> an eine<br />

Persönlichkeit aus dem Medienbereich für Verdienste um Einheit und<br />

Identitätsbildung <strong>Europa</strong>s verliehen.<br />

Webcam: zentrale europäische Plätze, Live-Schaltung<br />

Terminal mit Angabe eines individuellen Protokolls aller Antworten aus<br />

„Euro-card“-Terminals. Hier soll versucht werden, den Besuch mit<br />

einem „PASS“ zum <strong>Europa</strong>bewußtsein zu verknüpfen. (Nach dem<br />

• Goldenes Buch der Stadt <strong>Aachen</strong><br />

• Fotos von der Verleihung<br />

• Urkunde aus dem 13. Jhdt. mit der<br />

ältesten Abschrift der sogenannten<br />

Karlshymne „Urbs Aquensis“<br />

• Objekte aus dem persönlichen Besitz<br />

der einzelnen Karlspreisträger<br />

• AV: Ausschnitte aus Reden der<br />

Karlspreisträger<br />

• Medaille<br />

• Fotos von der Verleihung<br />

• Liste der Preisträger<br />

• Piazza Navona, Eiffelturm, Piccadilly<br />

Circus, Wenzelsbrücke Prag u.a.m.<br />

• Terminal<br />

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Abkürzungen<br />

AV = Audio-Visuelle Station<br />

AC = <strong>Aachen</strong><br />

StAA = Stadtarchiv <strong>Aachen</strong><br />

O:\MORK\Synopse <strong>Aachen</strong> VII.doc<br />

Motto: Ihr Wissen zu <strong>Europa</strong> wird bewertet mit...; Ihr Gefühl zu <strong>Europa</strong><br />

erscheint positiv/skeptisch/negativ zu sein...). Alle Fragen und<br />

Kategorien müssen noch detailliert entwickelt werden.<br />

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