Interview mit dem CEO - Nobel Biocare Annual Report 2010
Interview mit dem CEO - Nobel Biocare Annual Report 2010
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14 <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> Jahresbericht <strong>2010</strong> — Jahresrückblick<br />
<strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>CEO</strong><br />
Herr Scala, wie beurteilen Sie das Jahr <strong>2010</strong> von <strong>Nobel</strong><br />
<strong>Biocare</strong>?<br />
<strong>2010</strong> war für <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> ein Jahr <strong>mit</strong> zwei Gesichtern:<br />
Einerseits war es unser Ziel, zum Marktwachstum aufzuschliessen.<br />
Dieses Ziel haben wir noch nicht erreicht, und deshalb<br />
können wir <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Jahr nicht zufrieden sein. Andererseits<br />
haben wir deutliche Fortschritte beim Ausbau des Produktportfolios,<br />
an der Kundenfront und in der Stärkung unserer<br />
Organisation erzielt. Das stimmt mich zuversichtlich, dass wir<br />
auf <strong>dem</strong> richtigen Weg sind und <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> auf den<br />
Wachstumspfad zurückkehrt.<br />
Weshalb wurde die Zielsetzung nicht erreicht?<br />
Das Problem ist nicht neu. Historisch betrachtet sind wir überproportional<br />
stark im Hochpreissegment vertreten, das heisst<br />
bei umfangreichen und <strong>dem</strong>zufolge teuren Zahnrestaurationen.<br />
Um vom konjunkturell stabileren Normalgeschäft<br />
profitieren zu können, fehlten uns die entsprechenden<br />
Produkte. In den letzten beiden Jahren sind wir dieses Defizit<br />
aber entschlossen angegangen. Wir haben mehrere neue<br />
Technologien entwickelt und einen wesentlichen Teil unseres<br />
Produktportfolios erneuert. Heute kann <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> Behandlungslösungen<br />
zu verschiedenen Preispunkten anbieten<br />
– das ist neu und ein grosser Vorteil. Mit <strong>dem</strong> neuen Portfolio<br />
sind wir deutlich besser aufgestellt als in der Vergangenheit.<br />
Wann wirken sich die neuen Produkte auf den Umsatz<br />
aus?<br />
Innovationen lassen sich natürlich nicht über Nacht entwickeln<br />
und im Markt einführen. Zumal unsere Ansprüche an<br />
Qualität und klinische Sicherheit sehr hoch sind. Nun sind die<br />
neuen Produkte aber verfügbar. Und die Resonanz im Markt<br />
ist sehr ermutigend. Einige Produkte erzielen bereits zweistellige<br />
Wachstumsraten, etwa das neue Implantat <strong>Nobel</strong>Active,<br />
das Behandlungskonzept All-on-4 oder einzelne Prothetikprodukte<br />
wie Steglösungen. Bei <strong>Nobel</strong>Procera waren wir<br />
hingegen etwas zu optimistisch. Das neue Prothetikportfolio<br />
bringt derzeit noch nicht den Umsatzbeitrag, den wir uns<br />
vorgenommen haben. In einigen Regionen leiden die Kunden<br />
immer noch unter der Wirtschaftskrise. Deshalb warten sie<br />
<strong>mit</strong> Investitionen in unsere neue <strong>Nobel</strong>Procera Techno logie<br />
teilweise noch zu.<br />
Was braucht es, da<strong>mit</strong> sich die neuen Produkte auf<br />
breiter Front durchsetzen?<br />
Von zentraler Bedeutung ist die Schulung unseres Verkaufspersonals<br />
und der Kunden auf den neuen Produkten. Bei<br />
<strong>Nobel</strong>Active gelingt uns das sehr gut. Wir betreiben hier ausgiebige<br />
Trainings, und das zahlt sich aus. Wir gewinnen neue<br />
Kunden und binden bestehende an uns. Mit <strong>Nobel</strong>Procera<br />
stossen wir jedoch in neue Geschäftsfelder vor. Dies verlangt<br />
einen sorgfältigen Aufbau des Geschäfts, auch durch umfangreiche<br />
Schulung aller Beteiligten. Um bewährte und neue<br />
Produkte vorzustellen und neue Kunden anzusprechen, haben<br />
wir <strong>2010</strong> in den wichtigsten Märkten wissenschaftliche<br />
Symposien durchgeführt. Die Resonanz der Teilnehmer und<br />
die Rückmeldungen waren sehr erfreulich, und wir sehen<br />
einen positiven Effekt dieser Veranstaltungen.<br />
Der Turnaround lässt auf sich warten. Die Geduld der<br />
Aktionäre wird auf die Probe gestellt. Haben Sie die<br />
richtigen Massnahmen getroffen, um <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong><br />
wieder auf Kurs zu bringen?<br />
Ich verstehe die Ungeduld. Auch wir haben das grösste<br />
Interesse, <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> rasch wieder auf den Erfolgspfad zu<br />
führen. Dies kann jedoch nur über ein gutes Produktportfolio,<br />
überzeugenden Service und <strong>mit</strong> guten Mitarbeitern geschehen.<br />
Diese Themen sind unsere Prioritäten. Aber wir hinterfragen<br />
unsere Entscheide auch stets kritisch. Wenn ich <strong>Nobel</strong><br />
<strong>Biocare</strong> heute anschaue und sehe, was alles geleistet wurde,<br />
dann bin ich überzeugt, dass die richtigen Massnahmen im<br />
Interesse des Unternehmens und der Aktionäre getroffen<br />
wurden. Haben wir bereits alles erreicht? Nein, es gibt noch<br />
einiges zu tun. Aber wir sind auf <strong>dem</strong> richtigen Weg.<br />
Sie haben in den letzten beiden Jahren einen grossen<br />
Teil des Führungsteams ausgewechselt. Was war der<br />
Hintergrund?<br />
Es war uns wichtig, sowohl die zahnmedizinische als auch<br />
die funktionale Kompetenz auf allen Ebenen in der Firma zu<br />
stärken. Viele ausgezeichnete Fachleute haben in den vergangenen<br />
zwei Jahren zu uns gewechselt. Sie sind vom eingeschlagenen<br />
Weg überzeugt und sehen, wie wir <strong>Nobel</strong><br />
<strong>Biocare</strong> entwickeln wollen. Heute verfügen wir über deutlich<br />
mehr zahnmedizinisches Know-how – in allen Funktionen und<br />
auf allen Ebenen. Die Organisation ist heute deutlich stärker.<br />
Wie hat sich das Geschäft in den einzelnen Regionen<br />
entwickelt?<br />
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich die USA rascher<br />
erholen als Europa. <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> erzielte in den USA eine<br />
Umsatzentwicklung auf Vorjahresniveau, die Geschäftsentwicklung<br />
ist aber besser als in den meisten anderen Märkten.<br />
In Europa präsentiert sich das Bild uneinheitlich: Gutes<br />
Wachstum verzeichnen wir in Italien, Frankreich, Belgien,<br />
Russland und einigen kleineren Märkten. Spanien leidet
Bericht des <strong>CEO</strong><br />
15<br />
Domenico Scala<br />
Chief Executive Officer
16<br />
<strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> Jahresbericht <strong>2010</strong> — Jahresrückblick<br />
hingegen nach wie vor stark unter der Wirtschaftskrise, was<br />
wir besonders spüren, da es einer unserer grössten Märkte<br />
ist. Im wichtigen deutschen Markt vermochten wir unsere<br />
Reputation weiter zu verbessern und den Geschäftsverlauf zu<br />
stabilisieren. In Asien stärken wir das Geschäft weiterhin –<br />
etwa in Japan, obwohl wir dort bereits <strong>mit</strong> Abstand Marktführer<br />
sind.<br />
Hat <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> <strong>2010</strong> Marktanteile verloren?<br />
<strong>2010</strong> haben wir in einigen Märkten etwas an Anteil eingebüsst,<br />
so in den USA oder in Spanien. Andererseits legen wir<br />
in Japan, Italien, Frankreich und Australien zu. Und wir gewinnen<br />
neue Kunden, was ganz wichtig ist. So verbreitern<br />
wir unsere Kundenbasis.<br />
Die Margen sind <strong>2010</strong> zurückgegangen. Was ist der<br />
Grund dafür?<br />
Wir sind in einem Geschäft <strong>mit</strong> hohen Brutto-Margen tätig.<br />
Das hat den Vorteil, dass sich steigende Umsätze direkt im<br />
Gewinn niederschlagen. Sinkt der Umsatz jedoch, tritt der<br />
gegenteilige Effekt ein: Jeder fehlende Euro Umsatz drückt<br />
direkt auf die Profitabilität. Das traf <strong>2010</strong> auf <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong><br />
zu. Aus diesem Grund haben wir erhebliche Mittel in die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Unternehmens investiert. Das wirkt sich<br />
natürlich nicht kurzfristig auf das Ergebnis aus, ist für den<br />
nachhaltigen Erfolg aber umso wichtiger. Wir sind überzeugt,<br />
dass die Margen wieder steigen werden.<br />
Sie haben erhebliche Mittel in neue Produkte<br />
investiert, insbesondere in das CAD/CAM-Geschäft<br />
<strong>mit</strong> <strong>Nobel</strong>Procera. Wo stehen Sie hier?<br />
CAD/CAM-basierte Prothetik ist einer der schnellst wachsenden<br />
Bereiche in der Zahnmedizin. Sie gilt zusammen <strong>mit</strong> der<br />
Digitalisierung als wichtigster Trend für die kommenden Jahre<br />
und wird die Arbeitsweise von Zahnarzt, Dentallabor und<br />
Industrie grundlegend verändern. Wer diese Entwicklung aktiv<br />
<strong>mit</strong>gestalten möchte, muss Innovationen bieten. Wir haben<br />
deshalb <strong>mit</strong> <strong>Nobel</strong>Procera die grösste Prothetikoffensive in<br />
der Geschichte von <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> lanciert. Dank <strong>Nobel</strong> Procera<br />
ist es uns möglich, komplette Zahnrestaurationen anzubieten,<br />
von der Wurzel bis zum Zahn, und dies für jede Indikation.<br />
Das ist einzigartig im Markt. Wir erwarten, dass sich das<br />
Wachstum in diesem Geschäftsbereich 2011 beschleunigt.<br />
Und wie präsentiert sich die Situation im Kerngeschäft<br />
<strong>mit</strong> Implantaten?<br />
Wir stellten gegen Ende des Jahres eine leichte Belebung im<br />
Geschäft <strong>mit</strong> Implantaten fest. Unsere Produkte sind bewährt,<br />
zuverlässig und gehören zum Besten, was es in der Branche<br />
gibt. Mit <strong>dem</strong> Branemark-Implantat, <strong>dem</strong> weltweit meistgenutzten<br />
System <strong>Nobel</strong>Replace und nun <strong>mit</strong> <strong>Nobel</strong>Active<br />
verfügen wir über ein starkes Implantatportfolio. Und wir<br />
arbeiten bereits an einer neuen Generation von <strong>Nobel</strong>Replace,<br />
welche 2011 vorgestellt wird. Unser Implantatgeschäft ist<br />
heute besser aufgestellt denn je.<br />
Sie sprechen Innovationen an. Was tut sich<br />
diesbezüglich bei <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> sonst noch?<br />
2011 werden wir insgesamt drei neue Implantate lancieren.<br />
Für <strong>Nobel</strong>Procera werden einige weitere Prothetikprodukte<br />
folgen. Zu<strong>dem</strong> arbeiten wir weiterhin an einem intraoralen<br />
Scanner und an der Weiterentwicklung unserer Prothetiksoftware.<br />
Auch Implantatoberflächen, digitale Diagnose, Behandlungsplanung,<br />
geführte Chirurgie und minimalinvasive<br />
Behandlungen sind für uns zentrale Themen, wo wir Neuerungen<br />
vorantreiben. Zu<strong>dem</strong> pflegen wir Entwicklungs- und<br />
Forschungskooperationen <strong>mit</strong> führenden aka<strong>dem</strong>ischen und<br />
Forschungsinstitutionen weltweit. Unsere Pipeline ist also gut<br />
gefüllt.<br />
Wie schätzen Sie die Zukunft des Dentalmarkts ein?<br />
Die Dentalbranche bleibt attraktiv und bietet viele Möglichkeiten.<br />
Wir schliessen nicht aus, dass der Markt in den kommenden<br />
Jahren wieder zweistellig wächst. Interessante Bereiche sind<br />
die CAD/CAM-basierte Prothetik oder die Digitalisierung der<br />
Wertschöpfungskette von Zahnarzt und Dentallabor. Auch neue<br />
Behandlungskonzepte, die auf die individuellen Bedürfnisse der<br />
Patienten eingehen, bieten Potenzial. Wer sich bei diesen Zukunftsthemen<br />
durchsetzen will, muss proaktiv und entschlossen<br />
handeln. Wir müssen die Trends antizipieren und Innovationen<br />
rascher auf den Markt bringen.<br />
Billiganbieter tauchen in letzter Zeit auch bei<br />
Dentalimplantaten auf. Stellt das für <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> eine<br />
Bedrohung dar?<br />
Billiganbieter sind an und für sich nichts Neues in unserer<br />
Branche. Billiganbieter bieten jedoch nur einzelne Produkte<br />
und differenzieren sich primär über den Preis. Unser Vorteil<br />
als Anbieter von Qualitätsprodukten und Komplettlösungen<br />
ist, dass wir aufeinander abgestimmte Komponenten und<br />
gesamte Behandlungskonzepte anbieten. Das ist ein wichtiger<br />
Vorteil und gibt sowohl unseren Kunden als auch den Patienten<br />
Sicherheit. Für den Patienten sind die Gesamtkosten der<br />
Behandlung ausschlaggebend. Durch Konzepte, die beispielsweise<br />
weniger Sitzungen benötigen, können wir diese<br />
Gesamtkosten optimieren.
Bericht des <strong>CEO</strong><br />
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Was ist Ihr Ziel <strong>mit</strong> <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong>?<br />
Das kurzfristige Ziel heisst klar: wieder zum Markt aufschliessen.<br />
Wir müssen wieder wachsen und die Profitabilität steigern.<br />
Langfristig wollen wir nichts weniger als <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong><br />
zum besten Unternehmen der Branche machen. <strong>Nobel</strong><br />
<strong>Biocare</strong> hat die Zahnimplantologie seit ihren Anfängen <strong>mit</strong>geprägt.<br />
Wir sehen das als Verpflichtung. Als Verpflichtung,<br />
führend in unserem Markt zu sein, <strong>mit</strong> Innovationen die Trends<br />
zu setzen, unseren Kunden die besten Produkte und den besten<br />
Service zu bieten und über die besten Mitarbeiter zu verfügen.<br />
Das ist unser Ziel. Wachstum und Rendite sind dann<br />
die logische Konsequenz.<br />
Und wie wird der Patient davon profitieren?<br />
Alle unsere Anstrengungen gelten letztlich <strong>dem</strong> Patienten.<br />
Unsere Kunden und wir haben bei unseren Aktivitäten immer<br />
das Interesse des Patienten im Blick. Er profitiert in verschiedener<br />
Hinsicht: Er kann sich auf qualitativ hochstehende und<br />
sichere Behandlungen verlassen, er erhält ein sehr präzises,<br />
ästhetisches Ergebnis, und minimalinvasive Behandlungsverfahren<br />
nehmen weniger Zeit in Anspruch. Der Patient ist<br />
so<strong>mit</strong> ganz klar der Gewinner dieser Entwicklung.<br />
<strong>2010</strong> war für <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> ein intensives Jahr. Was<br />
hat Ihnen persönlich <strong>2010</strong> Freude gemacht?<br />
Freude bereitet mir, wenn ich sehe, wie gross die Identifi kation<br />
von Kunden und Mitarbeitenden <strong>mit</strong> <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> ist. Das<br />
ist sehr motivierend. <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong> ist in der Branche etwas<br />
Besonderes. Das Unternehmen hat die Industrie seit ihren<br />
Anfängen geprägt. Ebenso hat mich gefreut, wie sich unsere<br />
Mitarbeitenden im vergangenen Jahr für <strong>Nobel</strong> <strong>Biocare</strong><br />
engagiert haben. Die letzten beiden Jahre waren für die Mitarbeitenden<br />
nicht leicht. Dennoch haben viele einen aussergewöhnlichen<br />
Einsatz geleistet, um ihren persönlichen Beitrag<br />
zum Erfolg der Firma zu leisten. Das verdient Anerkennung,<br />
und ich danke dafür im Namen des gesamten Managements.<br />
Domenico Scala<br />
Chief Executive Officer