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Wolfram Ette KRITIK DER TRAGÖDIE Über dramatische ...

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73 Müller, Das Garather Gespräch, 64.<br />

74 Marx, Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848–1850, 85: Die Revolutionen sind die<br />

Lokomotiven der Geschichte. – Benjamin, Das Passagen-Werk, 1232: Marx sagt,<br />

die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte. Aber vielleicht ist dem<br />

gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zuge reisenden<br />

Menschengeschlechts nach der Notbremse.<br />

75 Rosa hat die Literatur zum Thema der gesellschaftlichen Akzelerationsdynamik<br />

umfassend aufgearbeitet; ich verzichte daher darauf, sie hier anzuführen und ziehe<br />

im folgenden nur einige wenige Beispiele heran, die mir wichtig erscheinen.<br />

76 Ihr Kern sind der kapitalistische Wachstumszwang und die Vorgänge, die Marx in<br />

der Theorie des relativen Mehrwerts analysiert hat: der immer nur zeitlich befristete<br />

Vorsprung, den man durch eine technisch erzeugte Verdichtung der Produktion,<br />

sprich: Rationalisierung, erzielen kann; woraus ein allgemeiner Innovationszwang<br />

resultiert. Vgl. Marx, Das Kapital, Band 1, Vierter Abschnitt: »Die Produktion des<br />

relativen Mehrwerts«.<br />

77 Nachweise bei Rosa, Beschleunigung, 10 f.<br />

78 Ebd., 475.<br />

79 Ebd., 472.<br />

80 Ebd., 118 ff. Rosas Analyse kann auf eine Reihe von Vorläufern zurückblicken. Bei<br />

Norbert Elias findet sich die <strong>Über</strong>legung, daß gesellschaftliche Beschleunigungsimperative<br />

dann entstehen, wenn der Grad der gesellschaftlichen Vermittlung zunimmt;<br />

die »Eigenzeiten« der einzelnen Systeme müssen miteinander koordiniert<br />

werden und die Zeitnot, die man als Einzelner erfährt, ergibt sich aus den Synchronisationsproblemen,<br />

die dabei entstehen (Elias, <strong>Über</strong> den Prozeß der Zivilisation, II,<br />

337 f.: Das gesellschaftliche ›Tempo‹ ist in der Tat nichts anderes als ein Ausdruck<br />

für die Menge der Verflechtungsketten, die sich in der einzelnen gesellschaftlichen<br />

Funktion verknoten). Gesellschaftliche Vermittlung hängt in der Neuzeit zentral am<br />

Geld; dementsprechend analysiert Simmels ›Philosophie des Geldes‹ die Steigerung<br />

des Lebenstempos als eine von der Zunahme des Geldverkehrs direkt abhängige Variable<br />

(Simmel, Philosophie des Geldes, 737 ff.). Blumenberg, der freilich die Ebene<br />

der Beschreibung nicht verläßt, stellt das Phänomen im Lichte der sich historisch<br />

immer weiter öffnenden Rivalität von Lebenszeit und Weltzeit dar (Blumenberg,<br />

Lebenszeit und Weltzeit, 27; vgl. vor allem den zweiten Teil des Buches, 69 ff.). In<br />

der Formel des ›rasenden Stillstands‹, die vor allem durch Virilio populär geworden<br />

ist, hat diese Erfahrung ihren drastischsten und zugleich katastrophennächsten Ausdruck<br />

gefunden (Strenggenommen handelt es sich um die <strong>Über</strong>setzung von Virilios<br />

›L’inertie polaire‹. Vgl daraus bes. Kap. 2). Eine frühe poetische Vorwegnahme dieser<br />

Diagnose is Poes ›A Descent into the Maelstroem‹. Dazu Heinrich, Versuch über<br />

die Schwierigkeit nein zu sagen, 137 f.: Der vom Maelström Erfaßte sieht sich an<br />

den Innenwänden eines Trichters schweben, der obschon in rasender Bewegung,<br />

stillzustehen scheint. Die mahlende Bewegung des Wasserschlunds hat alle Geräusche<br />

verstummen gemacht, mit ihnen die Angst. Unfähig, sich zu rühren, treibt er in<br />

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