Franz VeichtMalermeisterFarb- und LacktechnikerBereichsleiter<strong>Jugendwerkstatt</strong> RosenheimWelche Aufgabe die <strong>Jugendwerkstatt</strong> erfüllt, wird an an<strong>der</strong>erStelle bereits ausführlich beschrieben, z. B. <strong>in</strong> denverschiedenen Konzeptionen, Leistungshandbüchern, imJahresbericht des Diakonischen Werks Rosenheim und<strong>in</strong> unseren Flyern. Trotzdem sei hier e<strong>in</strong>e kurze Übersichterlaubt:Die <strong>Jugendwerkstatt</strong> gehört zum Geschäftsbereich flexibleund berufsbezogene Jugendhilfe <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> JugendhilfeOberbayern.Die berufsbezogene Jugendhilfe begleitet <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendwerkstatt</strong>Rosenheim und <strong>in</strong> externen Ausbildungsstellenjunge Menschen <strong>in</strong>s Berufsleben.Am Übergang von <strong>der</strong> Schule <strong>in</strong> die Arbeitswelt kann siejungen Menschen, die nicht im ersten Anlauf im BerufsalltagFuß fassen, Hilfe auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> selbstständigesLeben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft geben.Was heißt das konkret? Was läuft da und wie?Ich arbeitefür dieJugendhilfeOberbayernDie Ausgangssituation<strong>E<strong>in</strong></strong> junger Mensch hat die Schulzeit h<strong>in</strong>ter sich gebracht. Fastalle Jugendlichen haben die För<strong>der</strong>schule o<strong>der</strong> die Hauptschulebesucht, meist ohne Abschluss und mit eher schlechtenZeugnisnoten. Die Beurteilungen s<strong>in</strong>d wenig positiv, obwohldas eigentlich nicht se<strong>in</strong> dürfte. Wie man e<strong>in</strong>e ordentlicheBewerbung schreibt, haben sie nie gelernt und e<strong>in</strong>en funktionierendenPC haben auch nur wenige.Unter diesen Voraussetzungen e<strong>in</strong>e Ausbildungsstelle zuf<strong>in</strong>den, ist be<strong>in</strong>ahe unmöglich, zudem die Jugendlichen vonihrem familiären Umfeld wenig o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong>e Unterstützungerfahren.Viele s<strong>in</strong>d Scheidungsk<strong>in</strong><strong>der</strong> und leben mit Mutter und Geschwistern<strong>in</strong> beengten Verhältnissen <strong>in</strong> Wohnungen <strong>in</strong> sozialenBrennpunkten. Geld ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie knapp, die Mutterversucht, mit kle<strong>in</strong>en Jobs die Familie über Wasser zu halten,die K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d sich selbst überlassen, e<strong>in</strong>e gezielte För<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> f<strong>in</strong>det nicht statt. In <strong>der</strong> Familie, im Freundeskreisund <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarschaft hat kaum jemand Arbeit, natürlicheVorbil<strong>der</strong> fehlen.Manche versuchen, e<strong>in</strong>e Arbeit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Hilfstätigkeitauszuüben, wobei sie vielfach scheitern. Die Hürden, die unsereLeistungsgesellschaft aufstellt, können nicht überwundenwerden. So vergehen oft viele Monate ohne Arbeit, dasvorher schon kaum vorhandene Selbstwertgefühl schlägt um<strong>in</strong> Mutlosigkeit, bei Jungen oft auch <strong>in</strong> Gewaltbereitschaft undKrim<strong>in</strong>alität. Psychische Erkrankungen o<strong>der</strong> Auffälligkeitenwerden vermehrt festgestellt. Drogen und Alkohol verschaffenkurze Auszeiten aus <strong>der</strong> Misere, die Folgen s<strong>in</strong>d bekannt.Die ersten SchritteNun erfahren sie von irgendwoher, dass es die <strong>Jugendwerkstatt</strong>gibt. Manche werden von <strong>der</strong> ARGE o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsagenturgeschickt, auch die verschiedenen Beratungsstellen <strong>der</strong>kommunalen Behörden o<strong>der</strong> <strong>der</strong> sozialen Wohlfahrtsverbändegeben diese Information weiter.Viel glaubwürdiger für e<strong>in</strong>en Jugendlichen ist aber <strong>der</strong> Tippe<strong>in</strong>es Gleichaltrigen. Persönliche Empfehlungen und Erfahrungsberichtehaben e<strong>in</strong>en wesentlich höheren Stellenwertals je<strong>der</strong> Rat e<strong>in</strong>es Erwachsenen.Manchmal ruft e<strong>in</strong> Jugendlicher selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Jugendwerkstatt</strong>an, um e<strong>in</strong>en Gesprächsterm<strong>in</strong> zu vere<strong>in</strong>baren, öfter jedochsteht er o<strong>der</strong> sie plötzlich im Haus und blickt unsichersuchend umher.
Jetzt beg<strong>in</strong>nt unser Job. Wer auch immer den ersten Kontakthat, jetzt ist sofortige und vor allem freundliche Hilfe gefragt.Der Jugendliche wird zu den für die Erstgespräche zuständigenMitarbeitern geführt und e<strong>in</strong> erstes ausführliches Informationsgesprächf<strong>in</strong>det statt.Dabei werden möglichst alle relevanten Fakten erfragt, ume<strong>in</strong>e zügige Zuweisung durch die zuständige Behörde zu erreichen.Dies hört sich leicht an, erfor<strong>der</strong>t aber e<strong>in</strong>iges an Verwaltungsaufwanddurch die Sozialpädagogen <strong>der</strong> <strong>Jugendwerkstatt</strong>und die Sachbearbeiter <strong>der</strong> Behörden.Oft s<strong>in</strong>d umfangreiche Eignungstests o<strong>der</strong> psychologischeund mediz<strong>in</strong>ische Gutachten nötig. Diese führen die Arbeitsagenturo<strong>der</strong> auch unsere haus<strong>in</strong>ternen Fachdienste durch, jenach Sachlage. Es wird entschieden, welche <strong>der</strong> Maßnahmenfür den Jugendlichen die optimale För<strong>der</strong>ung bietet. Es gibtdie Vorschaltmaßnahme „Arbeiten und Lernen“ (im Regelfallzehn Monate) und die wohnortnahe Reha-Ausbildung (e<strong>in</strong>eFachwerkerausbildung mit Abschluss von <strong>der</strong> IHK o<strong>der</strong> HWK),diese hat oft e<strong>in</strong>en erheblichen Vorlauf, da sie sehr zeitaufwendigund kosten<strong>in</strong>tensiv ist. Wenn dies alles positiv gelaufenist, geht es richtig los. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Probearbeit kann beg<strong>in</strong>nen,die – wenn alles normal läuft – sofort <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Arbeitsverhältnismündet.Wenn dies alles positiv gelaufen ist, geht es richtig los.<strong>E<strong>in</strong></strong>e Probearbeit kann beg<strong>in</strong>nen, die – wenn alles normalläuft – sofort <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Arbeitsverhältnis mündet.Endlich e<strong>in</strong>e Arbeit!Diese Arbeit zu beschreiben ist nicht e<strong>in</strong>fach, denn es gibtviele Möglichkeiten:In unseren firmeneigenen Ausbildungswerkstätten werdenlernbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Jugendliche zu Holzfachwerkern, Malerfachwerkern,Gartenbaufachwerkern und Floristenfachwerkernausgebildet und es gibt auch Ausbildungsmöglichkeiten <strong>in</strong> vielenan<strong>der</strong>en Berufen auf diesem Niveau <strong>in</strong> unseren Kooperationsbetrieben,z. B. im Verkauf, <strong>in</strong> Friseurbetrieben, <strong>in</strong> Lebensmittelverarbeitenden Berufen usw.Ebenfalls <strong>in</strong> unseren Werkstätten und <strong>in</strong> Kooperationsbetriebenwerden junge Menschen durch unsere Vorschaltmaßnahmezehn Monate auf das Berufsleben vorbereitet,unterstützt durch e<strong>in</strong>en wohldurchdachten Katalog von Bildungse<strong>in</strong>heiten.Diese Maßnahme soll e<strong>in</strong>e problemlose Überleitung<strong>in</strong> e<strong>in</strong> festes Arbeitsverhältnis o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Berufsausbildunggewährleisten. Beide Maßnahmen bestehen aus jeweilsdrei Säulen: handwerkliche bzw. berufliche Qualifizierung,sozialpädagogische Betreuung und Vermittlung vonWissen. Jede Tätigkeit hat ihre berufsspezifischen Beson<strong>der</strong>heiten.Als Beispiel wähle ich die Ausbildungswerkstatt fürMalerfachwerker mit e<strong>in</strong>em fiktiven „Musterazubi“.Der Arbeitsalltag e<strong>in</strong>es JugendlichenDas Leben ist hart, denkt sich jetzt so mancher Jugendliche,<strong>der</strong> sich noch vor kurzem nichts sehnlicher als e<strong>in</strong>e Arbeit gewünschthat.Um 06:00 Uhr aufstehen, duschen, anziehen und ab zumBus o<strong>der</strong> aufs Rad. Und das fünfmal die Woche, Woche fürWoche, wie e<strong>in</strong> Uhrwerk, denkt unser Azubi.Mit knapper Mühe gerade mal nur fünf M<strong>in</strong>uten zu spätgekommen, passt schon, denkt er ... und schon wird es ungemütlich.Der Meister erwartet e<strong>in</strong>e Entschuldigung. Der Sozialpädagogebittet <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Büro. <strong>E<strong>in</strong></strong> ruhiges, aber ernstesGespräch wird geführt, die Wichtigkeit des pünktlichen Ersche<strong>in</strong>ensbetont, mögliche Ursachen erfragt: „Hast du e<strong>in</strong>enWecker, hast du ihn auch richtig gestellt? Bist du zu spät aufgestanden?Solltest du vielleicht den früheren Bus nehmen?“.Die Ermahnung, künftig pünktlich zu ersche<strong>in</strong>en, bleibt ihmnicht erspart.Endlich zurück <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstatt wird esauch schon hektisch:Der Meister hat <strong>in</strong>zwischen den an<strong>der</strong>enAuszubildenden den heutigen Auftrag erklärt,woh<strong>in</strong> es geht, welche Arbeit zu erledigenist, welche Materialien und Werkzeugemitzunehmen s<strong>in</strong>d. Unser Azubi hilftmit, die Sachen <strong>in</strong> den Transporter zu verstauen, und schongeht es los und sie fahren ab. Er fragt den Lehrl<strong>in</strong>g neben sich,was heute läuft, und <strong>der</strong> erklärt es ihm, so gut er es sich ebenmerken konnte.Vor Ort angekommen, schauen alle: e<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten <strong>der</strong>Diakonie.Zuerst gehen alle zusammen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und werden <strong>der</strong> Gruppenleiter<strong>in</strong>vorgestellt. Der Meister erklärt <strong>der</strong> Arbeitsgruppenoch e<strong>in</strong>mal, was wie zu erledigen ist und teilt die Arbeitenden e<strong>in</strong>zelnen Lehrl<strong>in</strong>gen zu. Wer jetzt nicht gut aufgepasstund auch nicht nachfragt, hat ganz schnell e<strong>in</strong> Problem.So e<strong>in</strong> Auftrag soll ablaufen wie am Schnürchen, Teamworkist jetzt gefragt. Vieles kann man schlecht alle<strong>in</strong> erledigen,man muss zusammenarbeiten und Hand <strong>in</strong> Handarbeiten. Der Meister for<strong>der</strong>t immer wie<strong>der</strong> den sorgsamenUmgang mit den Möbeln, <strong>der</strong> Parkettboden ist kratzempf<strong>in</strong>dlich,alles muss sorgfältig abgedeckt werden.