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Gemeinsam leben und lernen – Ist Inklusion normal?1

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4. Zurück zur Ausgangsfrage: <strong>Ist</strong> <strong>Inklusion</strong> „<strong>normal</strong>“?Normalität zu definieren, das haben wir gesehen, ist äußerst problematisch. Wer von denjenigen,die sich der Gruppe der „Normalen“ zugehörig fühlen, kann für sich das Recht in Anspruch nehmendarüber zu entscheiden, wer noch zu dieser Gruppe zählen darf <strong>und</strong> wer nicht?, fragt CorMeijer, der Direktor der European Agency for Development in Special Needs Education. 44Die Frage „<strong>Ist</strong> <strong>Inklusion</strong> <strong>normal</strong>?“ möchte ich so beantworten: Es kommt darauf an!1. Es kommt darauf an, wo <strong>und</strong> wem wir diese Frage stellen:Norweger würden sie sicher mit JA beantworten. An norwegischen Schulen ist gemeinsames Leben<strong>und</strong> Lernen aller Kinder seit Langem üblich. Sonderschulen sind seit den 1980er Jahren fastvöllig abgeschafft; die Regelschulen haben sich auf eine „Pädagogik der Vielfalt“ eingestellt <strong>und</strong>ein durchdachtes Unterstützungssystem geschaffen.2. Es kommt darauf an, für welche Altersgruppe wir fragen:In Berlin <strong>und</strong> in Bremen gehen deutlich über 90% der Kinder mit besonderem Förderbedarf in Kindertageseinrichtungenfür alle Kinder. Hier sind die Weichen gestellt, dass <strong>Inklusion</strong> mehr <strong>und</strong>mehr zum Regelfall werden kann. Anders sieht es aus, wenn man sich den Sek<strong>und</strong>arbereich ansieht:Nicht einmal Berlin <strong>und</strong> Schleswig-Holstein kommen über eine Quote von 40%. Für dieMehrzahl der deutschen Sek<strong>und</strong>arschüler mit einer Behinderung liegt schulische <strong>Inklusion</strong> noch inweiter Ferne.3. Es kommt darauf an, wie weit entwickelt eine Schule <strong>und</strong> ihr Umfeld ist:Auch in Deutschland gibt es eine Reihe von Schulen, an denen die Frage ohne Zögern bejaht würde.Beispiele sind die bisherigen Preisträger des Jakob-Muth-Preises bzw. des Deutschen Schulpreises(so u. a. die Sophie-Scholl-Schule Gießen oder die Waldhofschule Templin nördlich vonBerlin). Für diese Schulen ist <strong>Inklusion</strong> kein einmal erreichtes Ziel, aber ein Leitbild, an dem sie sichorientieren. Auf der anderen Seite fürchten viele Lehrer <strong>und</strong> Schulleiter von Förderschulen um denFortbestand ihrer Schule <strong>und</strong> lehnen schon allein deshalb die Idee der <strong>Inklusion</strong> ab.124. Es kommt darauf an, für wen <strong>Inklusion</strong> „<strong>normal</strong>“ sein soll.Betrachtet man Kinder ohne <strong>und</strong> mit besonderem Förderbedarf, so stellt sich die Frage „Normaloder a<strong>normal</strong>“ i. d. R. gar nicht erst – vorausgesetzt, sie er<strong>leben</strong> das Zusammensein aller Kinderbereits im Kindergarten als etwas Selbstverständliches, das sich in der Schulzeit fortsetzt. „An denKindern kann’s nicht liegen“, hat dementsprechend auch Irmtraud Schnell in ihrer Untersuchungzum Stand des gemeinsamen Lernens festgestellt. 45Auch für Eltern gilt: Je länger die Erfahrungen mit <strong>Gemeinsam</strong>em Unterricht, umso höher die Zufriedenheithiermit <strong>und</strong> umso weniger wird die Zusammengehörigkeit der Schüler in Frage gestellt.4644 S. http://www.european-agency.org/news/news-files/cor-meijer.pdf45 Vgl. Schnell (2006); http://bidok.uibk.ac.at/library/schnell-schule.html46 Vgl. Demmer-Dieckmann/Preuss-Lausitz; http://www.akgem-berlin.org/index.php?menuid=24&reporeid=25.

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