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Seite VI <strong>berufsbildung</strong> <strong>aktuell</strong> 2 | Mai 2012<br />
Von Europas Einzug<br />
in die Berufsbildung<br />
„Einigung über DQR“ – diese Meldung<br />
Anfang des Jahres werden wohl nur Bildungsexperten<br />
aufmerksam gelesen haben.<br />
Schlüsselbegriffe wie „Europäischer Qualifi<br />
kationsrahmen“, kurz EQR, oder „Deutscher<br />
Qualifi kationsrahmen“, kurz DQR,<br />
sagen den Meisten erst einmal nichts. Hinter<br />
ihnen verbirgt sich die zunehmende Europäisierung<br />
der Bildungspolitik, die schon<br />
bald erhebliche Auswirkungen auf das deutsche<br />
Bildungssystem haben wird. Denn mit<br />
dem Deutschen Qualifi kationsrahmen ist<br />
ein Ranking zwischen allen Bildungszertifi<br />
katen geschaffen worden. Und auf allen<br />
diesen Zertifi katen wird in naher Zukunft<br />
der Hinweis zu fi nden sein, welcher Stufe<br />
des DQR der Abschluss entspricht. Das<br />
gilt unter anderem auch für die Aus- oder<br />
Fortbildungszeugnisse der IHK. So ist für<br />
jeden Unternehmer leicht erkennbar, wie<br />
wertig ein Abschluss ist.<br />
Vom EQR zum DQR<br />
Angefangen hat alles auf europäischer<br />
Ebene. Hier hat die Bildungspolitik im letzten<br />
Jahrzehnt erheblich an Bedeutung gewonnen.<br />
Ziel ist die Schaffung eines gemeinsamen<br />
europäischen Bildungsraumes.<br />
Erster Schritt war die EU-weite Einführung<br />
von Bachelor- und Masterabschlüssen<br />
an den Hochschulen. Mit der Erarbeitung<br />
des Europäischen Qualifi kations rahmens<br />
Foto: IMAGO _McPHOTO<br />
hat die EU einen weiteren Schritt in Richtung<br />
eines einheitlichen Bildungseuropas<br />
getan. Der EQR wurde 2007 von der EU<br />
geschaffen, um schulische, berufl iche und<br />
akademische Abschlüsse auf europäischer<br />
Ebene vergleichbar zu machen. So wird die<br />
Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt<br />
erhöht. Der EQR ordnet alle staatlich<br />
anerkannten Lernergebnisse (Qualifi -<br />
kationen) einer von acht Niveaustufen zu,<br />
angefangen von grundlegenden allgemeinen<br />
Kenntnissen und Fertigkeiten (Stufe 1)<br />
bis zur Beherrschung eines hoch spezialisierten<br />
Wissensgebiets (Stufe 8). Entscheidend<br />
für die Einordnung ist nur, was jemand<br />
kann (learning outcome), nicht aber<br />
wo, wie und wie lange er hierfür gelernt hat<br />
(learning input).<br />
Deshalb beschreibt der EQR abstrakt<br />
und losgelöst von einer konkreten Tätigkeit,<br />
welche Kompetenzen die Beschäftigten<br />
oder die Lernenden auf einer bestimmten<br />
Niveaustufe haben.<br />
Was kompliziert klingt – aber Sinn macht,<br />
wenn zahllose Abschlüsse in ganz Europa<br />
vergleichbar gemacht werden sollen. Gäbe<br />
es eine entsprechende Einordnung für<br />
sportliche Leistungen klänge das etwa so:<br />
Ein Kandidat läuft 100 Meter in zwölf Sekunden<br />
(outcome). Das wäre beispielsweise<br />
eine Europäische Qualifi kation von Niveau<br />
6. Dabei wäre es egal, ob der Kandidat<br />
professioneller Läufer, durchtrainierter<br />
Amateur oder schlicht ein Naturtalent wäre<br />
(input).<br />
(Siehe Beispiel 1: Zwei von acht Niveauebenen<br />
des Europäischen Qualifi kationsrahmens)<br />
Die Bildungsabschlüsse der einzelnen<br />
EU-Mitgliedsstaaten werden dabei nicht<br />
direkt in den EQR eingeordnet. Der EUweite<br />
Vergleich der Abschlüsse wird wie<br />
folgt hergestellt: Jedes Land erstellt seinen<br />
eigenen Nationalen Qualifi kationsrahmen<br />
(NQR) mit Stufen, in die es seine Abschlüsse<br />
einordnet. Dieser NQR kann, muss aber<br />
nicht zwingend ebenfalls acht Stufen ha-<br />
Beispiel 1: Zwei von acht Niveauebenen des Europäischen Qualifi kationsrahmens EQR<br />
Niveau Kenntnisse<br />
4 Breites Spektrum<br />
an Theorie- und<br />
Faktenwissen in<br />
einem Arbeits-<br />
oder Lernbereich<br />
1<br />
Grundlegendes<br />
Allgemeinwissen<br />
Fertigkeiten Kompetenzen<br />
Eine Reihe kognitiver<br />
und praktischer<br />
Fertigkeiten, die<br />
erforderlich sind,<br />
um Lösungen für<br />
spezielle Probleme<br />
in einem Arbeits-<br />
oder Lernbereich<br />
zu fi nden<br />
Grundlegende<br />
Fertigkeiten, die<br />
zur Ausführung<br />
einfacher Aufgaben<br />
erforderlich sind<br />
Selbstständiges Tätigwerden<br />
innerhalb der Handlungsparameter<br />
von Arbeits- oder Lernkontexten,<br />
die in der Regel bekannt<br />
sind, sich jedoch ändern können;<br />
Beaufsichtigung der Routinearbeit<br />
anderer Personen, wobei<br />
eine gewisse Verantwortung für<br />
die Bewertung und Verbesserung<br />
der Arbeits- oder Lernaktivitäten<br />
übernommen wird<br />
Arbeiten oder Lernen unter direkter<br />
Anleitung in einem vorstrukturierten<br />
Kontext