Mitteilungen 11.2000 - Deutsche Gesellschaft für Archäologie des ...
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Konstanz. Urlandschaft und Siedlungsraum in der<br />
Antike und im Mittelalter<br />
Marianne Dumitrache,<br />
Stuttgart<br />
30<br />
Archäologische Beobachtungen der letzten Jahre am Altuferbereich<br />
<strong>des</strong> Bodensees haben den Kenntnisstand zur Urlandschaft und zum<br />
Siedlungsraum erweitert.<br />
Die Lage am Bodensee und Seerhein bedeutete sowohl <strong>für</strong><br />
den antiken als auch mittelalterlichen Ort eine ständige Auseinandersetzung<br />
mit dem Wasser. Das jährlich durch die Schneeschmelze<br />
in den Alpen verursachte Hochwasser <strong>des</strong> Bodensees bestimmte<br />
ursprünglich den Siedlungsraum. Überschwemmungen waren eine<br />
ständige Bedrohung bis in jüngste Zeit. Der antike und frühmittelalterliche<br />
Siedlungsraum beschränkte sich auf die Hochlagen auf<br />
dem Münsterhügel und in der sogenannten Niederburg.<br />
1993 entdeckte Siedlungsreste am Seerhein jedoch belegen,<br />
daß eine Besiedlung im ausgehenden 1. Jahrhundert bis Anfang<br />
<strong>des</strong> 2. Jahrhunderts n. Chr. – entgegen der bislang vertretenen<br />
Meinung – auch auf tieferliegenden Flächen möglich gewesen war,<br />
Hinweis auf einen niedrigen Wasserstand <strong>des</strong> Bodensees.<br />
Ab der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 3. Jahrhunderts n. Chr. ist aber<br />
mit Hochwasserständen zu rechnen, die die Erosion eines Landstreifens<br />
im seeseitigen Bereich <strong>des</strong> Münsterhügels von unbekannter<br />
Breite und Länge verursachten und so die besiedelbare Fläche<br />
reduzierten (Grabungsergebnisse in der Hofhalde 1995).<br />
Auch in der Frühzeit der Stadtentwicklung waren die Bewohner<br />
an natürliche Vorgaben gebunden. Hafenausbau und Baulandgewinnung<br />
der hochmittelalterlichen Stadt führten zu einer Überformung<br />
der Urlandschaft. Eine schrittweise erfolgte Höherlegung<br />
von Landstegen oder der künstlichen Landzungen dürfte einen<br />
Anstieg <strong>des</strong> Wasserstan<strong>des</strong> <strong>des</strong> Bodensees anzeigen, wobei in Erwägung<br />
zu ziehen ist, ob es nur natürliche oder auch anthropogen<br />
bedingte Ursachen waren.<br />
Urwald oder Kulturlandschaft?<br />
Archäologische und botanische Fragen zum Mythos der Siedlungsgründung an<br />
Beispielen <strong>des</strong> 12. und 13. Jahrhunderts aus dem Kanton Bern (Schweiz)<br />
Daniel Gutscher, Bern<br />
Nun beliebte es Hertzog Berchtolden, in dem Eich-Wald darinn unnd<br />
davon die Statt gebawet werden sollte, ein kurtzweiliges Gejägt<br />
anzusehen, und als <strong>für</strong> das erste Gewild den Jägern ein starcker<br />
Bär <strong>für</strong>kommen, welchen sie auch ihrem begehren nach erlegten,<br />
und denselben Berchtoldo ihrem thewren Fürsten zubrachten,<br />
nahme ihme bemelter Fürst diesen so namhafften fang zu einer<br />
erwünschten Vordeutung an, unn entschlosse sich, die newe Statt<br />
im Sack Aareschlaufe dem Bären nach Bern zu nennen.....<br />
Gründungsaussage Berns, nach Stettler 1623/24<br />
Erzählungen von Städten und Klöstern gehen immer wieder davon<br />
aus, vor der Gründung sei der Platz vollkommene Wildnis gewesen.<br />
Es ist der Topos der Wildnis – nicht der Gründung im Grünen –, der<br />
von der Zeit der ersten Klostergründung irischer Wandermönche<br />
bis zu den spätmittelalterlichen Stadtgründungen festen Bestand-